Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 589/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 994/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Februar 2014 abgeändert und der Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 10. Februar 2014 bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 29. Januar 2014 und längstens bis 31. Mai 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des den Antragstellern zustehenden Regelbedarfs zuzüglich monatlicher Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren L 13 AS 994/14 ER-B ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M. J. A.-Weg xx, xxx O., beigeordnet.
Der Antragsgegner trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Beschwerde ist auch - soweit ihr der Senat stattgegeben hat - begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange der Antragsteller. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Auflage 2012, § 86b Rn. 42).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist den Antragstellern im Wege der Folgenabwägung vorläufig der Regelbedarf der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zur Gewährleistung des Existenzminimums zuzusprechen, weil im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs nicht abschließend geklärt werden kann.
Die Antragsteller zu 1 und zu 2 erfüllen die grundsätzlichen materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Kosten der Unterkunft (KdU) und für Heizung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich der Altersgrenze, sind hilfebedürftig sowie erwerbsfähig und haben seit 4. April 2013 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Anspruch eines Antragstellers auf Alg II ist allerdings nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, wonach vom grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis diejenigen Ausländer ausgeschlossen sind, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
Für nichtdeutsche Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) - um solche handelt es sich bei den Antragstellern mit griechischer Staatsangehörigkeit - besteht grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht nur nach Maßgabe des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU; zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 17. Juni 2013, BGBl. I 1555).
Gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder Berufsausbildung aufhalten wollen, Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikel 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, nicht erwerbstätige Unionsbürger, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen, Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 FreizügG/EU genannten Unionsbürger, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, Familienangehörige, wenn sie Unionsbürger begleiten oder ihnen nachziehen, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen, Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU bleibt das Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall (Nr. 1), unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (Nr. 2) und bei Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht, was nicht erforderlich ist, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat (Nr. 3). Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU).
Ob unfreiwillige Arbeitslosigkeit vorliegt, was der Beklagte allein auf Grund einer schriftlichen Äußerung des Arbeitgebers (Stellungnahme zur Kündigung: "Fehlende Teamfähigkeit. Störung Betriebsklima"), der die Arbeitsverhältnisse der Antragstellerin zu 1 und des Antragstellers zu 2 "mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin" gekündigt hat, annimmt, ist vorliegend strittig. Der Senat ist hier - vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren zu klärenden näheren Umstände - der vorläufigen Auffassung, dass die Antragsteller zu 1 und 2 auf Grund der Kündigung des Arbeitgebers nicht freiwillig arbeitslos geworden sind. Ob durch die verhaltensbedingten Kündigungen leistungsrechtliche Sanktionen in Betracht kommen, ist insoweit nicht relevant und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu prüfen. Dementsprechend ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragsteller bereits aus § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU für die Dauer von sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift vorliegend somit nicht.
Soweit das Aufenthaltsrecht der nicht erwerbstätigen Antragsteller zu 1 und 2 allein auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU (zur Arbeitssuche) beruhen sollte, wären sie grundsätzlich dem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst. Hierauf stützt der Beklagte auch seine die begehrten Leistungen versagende Entscheidung.
Allerdings bestehen im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG (Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R) entscheidungserhebliche Zweifel daran bestehen, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelte Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen im vorliegenden Fall europarechtskonform ist (vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21. Juni 2013, L 12 AS 1432/13 ER-B und 5. März 2014, L 2 AS 486/14 ER-B; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 20. Dezember 2013, L 12 AS 2265/13 B ER und L 12 AS 2266/13 B, sowie 10. Oktober 2013, L 19 AS 129/13; a. A. u. a. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2014, L 13 AS 266/13 B ER). Auch das SG hat im angefochtenen Beschluss zutreffend die europarechtlichen Bedenken dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insofern auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Zusammengefasst bestehen für den Senat im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG im Beschluss vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R, in Juris) somit entscheidungserhebliche Zweifel daran, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II angeordnete Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen im vorliegenden Fall europarechtskonform ist (so auch Beschluss des Senats vom 13. März 2014 L 13 AS 1121/14 ER-B) und eine Folgenabwägung vorzunehmen ist, die hier dazu führt, dass den Antragstellern zu 1 und 2 Leistungen im einstweiligen Rechtsschutz vorläufig darlehensweise zu gewähren sind.
Der Anspruch auf Gewährung des Existenzminimums umfasst auch die Übernahme angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) gemäß § 22 Abs. 1 SGB II. Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachten KdU nicht angemessen sind, liegen nicht vor und wären ggf. in einem Hauptsacheverfahren zu prüfen.
Da den Antragstellern zu 1 und 2 die Leistungen vorläufig zu gewähren sind, sind sie auch deren minderjähriger, am 18. Juni 1997 geborenen Tochter zu leisten.
Allerdings hat der Senat im Rahmen des Ermessens von der Möglichkeit die Leistungen zeitlich zu begrenzen Gebrauch gemacht. Die Beschwerde war wegen der zeitlich unbegrenzten Antragstellung teilweise zurückzuweisen.
Aus den vorstehenden Gründen besteht auch ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (vgl. § 73a SGG i.V.m. § 114 Abs.1 Satz1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Auf Grund der generellen Leistungsverweigerung des Beklagten hält es der Senat im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessens für billig, den Beklagten zur vollen Kostenerstattung zu verpflichten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren L 13 AS 994/14 ER-B ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M. J. A.-Weg xx, xxx O., beigeordnet.
Der Antragsgegner trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Beschwerde ist auch - soweit ihr der Senat stattgegeben hat - begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange der Antragsteller. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Auflage 2012, § 86b Rn. 42).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist den Antragstellern im Wege der Folgenabwägung vorläufig der Regelbedarf der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zur Gewährleistung des Existenzminimums zuzusprechen, weil im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs nicht abschließend geklärt werden kann.
Die Antragsteller zu 1 und zu 2 erfüllen die grundsätzlichen materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Kosten der Unterkunft (KdU) und für Heizung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich der Altersgrenze, sind hilfebedürftig sowie erwerbsfähig und haben seit 4. April 2013 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Anspruch eines Antragstellers auf Alg II ist allerdings nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, wonach vom grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis diejenigen Ausländer ausgeschlossen sind, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
Für nichtdeutsche Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) - um solche handelt es sich bei den Antragstellern mit griechischer Staatsangehörigkeit - besteht grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht nur nach Maßgabe des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU – FreizügG/EU; zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 17. Juni 2013, BGBl. I 1555).
Gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder Berufsausbildung aufhalten wollen, Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikel 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, nicht erwerbstätige Unionsbürger, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen, Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 FreizügG/EU genannten Unionsbürger, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, Familienangehörige, wenn sie Unionsbürger begleiten oder ihnen nachziehen, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen, Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU bleibt das Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall (Nr. 1), unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (Nr. 2) und bei Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht, was nicht erforderlich ist, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat (Nr. 3). Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU).
Ob unfreiwillige Arbeitslosigkeit vorliegt, was der Beklagte allein auf Grund einer schriftlichen Äußerung des Arbeitgebers (Stellungnahme zur Kündigung: "Fehlende Teamfähigkeit. Störung Betriebsklima"), der die Arbeitsverhältnisse der Antragstellerin zu 1 und des Antragstellers zu 2 "mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin" gekündigt hat, annimmt, ist vorliegend strittig. Der Senat ist hier - vorbehaltlich der im Hauptsacheverfahren zu klärenden näheren Umstände - der vorläufigen Auffassung, dass die Antragsteller zu 1 und 2 auf Grund der Kündigung des Arbeitgebers nicht freiwillig arbeitslos geworden sind. Ob durch die verhaltensbedingten Kündigungen leistungsrechtliche Sanktionen in Betracht kommen, ist insoweit nicht relevant und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu prüfen. Dementsprechend ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragsteller bereits aus § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU für die Dauer von sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift vorliegend somit nicht.
Soweit das Aufenthaltsrecht der nicht erwerbstätigen Antragsteller zu 1 und 2 allein auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU (zur Arbeitssuche) beruhen sollte, wären sie grundsätzlich dem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst. Hierauf stützt der Beklagte auch seine die begehrten Leistungen versagende Entscheidung.
Allerdings bestehen im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG (Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R) entscheidungserhebliche Zweifel daran bestehen, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelte Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen im vorliegenden Fall europarechtskonform ist (vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21. Juni 2013, L 12 AS 1432/13 ER-B und 5. März 2014, L 2 AS 486/14 ER-B; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 20. Dezember 2013, L 12 AS 2265/13 B ER und L 12 AS 2266/13 B, sowie 10. Oktober 2013, L 19 AS 129/13; a. A. u. a. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2014, L 13 AS 266/13 B ER). Auch das SG hat im angefochtenen Beschluss zutreffend die europarechtlichen Bedenken dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insofern auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Zusammengefasst bestehen für den Senat im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des BSG im Beschluss vom 12. Dezember 2013 (B 4 AS 9/13 R, in Juris) somit entscheidungserhebliche Zweifel daran, dass der in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II angeordnete Ausschluss von Unionsbürgern von Leistungen im vorliegenden Fall europarechtskonform ist (so auch Beschluss des Senats vom 13. März 2014 L 13 AS 1121/14 ER-B) und eine Folgenabwägung vorzunehmen ist, die hier dazu führt, dass den Antragstellern zu 1 und 2 Leistungen im einstweiligen Rechtsschutz vorläufig darlehensweise zu gewähren sind.
Der Anspruch auf Gewährung des Existenzminimums umfasst auch die Übernahme angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) gemäß § 22 Abs. 1 SGB II. Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachten KdU nicht angemessen sind, liegen nicht vor und wären ggf. in einem Hauptsacheverfahren zu prüfen.
Da den Antragstellern zu 1 und 2 die Leistungen vorläufig zu gewähren sind, sind sie auch deren minderjähriger, am 18. Juni 1997 geborenen Tochter zu leisten.
Allerdings hat der Senat im Rahmen des Ermessens von der Möglichkeit die Leistungen zeitlich zu begrenzen Gebrauch gemacht. Die Beschwerde war wegen der zeitlich unbegrenzten Antragstellung teilweise zurückzuweisen.
Aus den vorstehenden Gründen besteht auch ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (vgl. § 73a SGG i.V.m. § 114 Abs.1 Satz1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Auf Grund der generellen Leistungsverweigerung des Beklagten hält es der Senat im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessens für billig, den Beklagten zur vollen Kostenerstattung zu verpflichten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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