Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 EG 559/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2191/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.03.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr ihrer Tochter C. M. (im Folgenden C).
Die 1975 geborene Klägerin ist serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und kam 1987 als Asylbewerberin nach Deutschland. Sie war bis 24.02.2008 nur geduldet, ab dem 25.02.2008 war sie im Besitz einer bis 14.08.2008 gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Klägerin ist Mutter der Kinder D. (geb 22.01.2001), A. (geb 27.12.2002), T. (geb 10.02.2006) und C (geb 19.12.2006). Sie ist nicht verheiratet und lebt mit dem Vater von C, der griechischer Staatsangehöriger ist und ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland gemäß § 4a Abs 1 Freizügigkeitsgesetz EU (FreizügG/EU) hat, nicht zusammen. Die Klägerin und ihre Kinder bezogen seit 07.07.2004 zunächst Grundleistungen nach §§ 1, 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und ab 25.02.2008 laufende Leistungen nach § 2 AsylbLG. C ist griechische Staatsangehörige und erhielt am 17.03.2008 eine bis 16.03.2009 gültige Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU.
Am 30.01.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr von C. Mit Bescheid vom 29.03.2007 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass ausländische Antragsteller ua Anspruch auf Erziehungsgeld hätten, wenn sie im Besitz einer Niederlassungserlaubnis seien oder eine Aufenthaltserlaubnis besäßen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtige. Diese Voraussetzungen seien von der Klägerin nicht erfüllt.
Am 30.07.2009 beantragte die Klägerin erneut Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr von C. Mit Bescheid vom 17.06.2008 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und führte zur Begründung aus, der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG berechtige nur dann zum Erziehungsgeldbezug, wenn der ausländische Antragsteller sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalte und hier berechtigt erwerbstätig sei, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehe oder Elterngeld in Anspruch nehme.
Mit ihrem Widerspruch vom 24.06.2008 machte die Klägerin geltend, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG habe und ihre Tochter C die griechische Staatsangehörigkeit besitze. Für ihren Sohn T. erhalte sie Landeserziehungsgeld. Der Bevollmächtigte der Klägerin schaltete sich in das Widerspruchsverfahren ein und führte aus, dass die Versagung des Erziehungsgeldes gegen Art 12 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag; jetzt Art 18 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) verstoße. Die Versagung der Leistung benachteilige das Kind aus dem bloßen Umstand, dass seine Mutter die falsche Staatsangehörigkeit habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 6 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei zuerst im Besitz einer Duldung gewesen, was zur Gewährung des Bundeserziehungsgeldes nicht ausreiche. Erst nach Ablauf des Bezugszeitraumes (19.12.2006 bis 18.12.2007) sei ihr am 25.02.2008 eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG mit dem Zusatz "Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt" erteilt worden. Dies wirke jedoch nicht auf frühere Zeiträume zurück.
Hiergegen richtet sich die am 23.01.2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, dass sie schon im ersten Lebensjahr des Kindes ein europarechtliches Aufenthaltsrecht gehabt habe, da C ein solches Recht besessen habe. C besitze die griechische Staatsangehörigkeit, ihr mit der Klägerin nicht verheirateter Vater lebe als Arbeitnehmer in Deutschland. Habe das Kind ein europarechtliches Aufenthaltsrecht, dürfe die Mutter nach europarechtlichen Grundsätzen von ihm nicht getrennt werden (unter Hinweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.10.2004, C 200/02 - Chen; 23.02.2010, C 480/08 - Teixeira; 14.10.2008 - C 353/06, Grunki-Paul; 23.02.2010, C 310/08 - Ibrahim). Da die Aufenthaltserlaubnis in diesen Fällen nur deklaratorische Bedeutung habe, komme es nicht darauf an, ob der Klägerin überhaupt ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei und welcher. Zudem werde C wegen ihrer drittstaatigen Mutter durch Verweigerung des Leistungsbezugs diskriminiert; auch indirekte Diskriminierungen verbiete das Europarecht (EuGH 16.12.2010, C 137/09 - Josemans). Zudem sei § 1 Abs 6 Satz 2 BErzGG verfassungswidrig, soweit er die Anforderung enthalte, bei Innehabung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs 5 AufenthG eine Beschäftigung nachzuweisen. Dies sei mit Art 6 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, die Klägerin sei im ersten Lebensjahr von C (19.12.2006 bis 18.12.2007) unstreitig lediglich im Besitz einer Duldung gewesen. Eine solche gebe keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld. Es spiele auch keine Rolle, ob die Klägerin eventuell Anspruch auf eine andere Aufenthaltserlaubnis gehabt hätte. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Frage der Rechtmäßigkeit dieser formalen Voraussetzungen und deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz für das BErzGG ausführlich erörtert und nicht beanstandet (unter Hinweis auf BSG 02.10.1997, 14 REg 1/97 und 24.03.1992, 14d/4 REg 23/91, BSGE 70, 197). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in der Entscheidung vom 06.07.2004 (1 BvR 2515/95) ausdrücklich bestätigt, dass die Berechtigung zum Bezug von Bundeserziehungsgeld grundsätzlich vom Besitz eines Aufenthaltstitels abhängig gemacht werden könne. Der Gesetzgeber habe für das Erziehungsgeld nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ("besitzt") nicht an eine Prognose, sondern an das Vorliegen der ausländerbehördlichen Entscheidung angeknüpft. Die Klägerin könne als serbische Staatsangehörige keinen eigenen europarechtlichen Anspruch geltend machen. Sie mache einen Anspruch aus abgeleitetem Unionsrecht geltend, da C Unionsbürgerin sei. Der Kindsvater könne keinen europarechtlichen Anspruch vermitteln, da die Klägerin nicht mit ihm verheiratet sei und nicht mit ihm zusammenlebe. Die maßgeblichen europarechtlichen Regelungen, auf denen die vom Bevollmächtigten der Klägerin benannten Urteile des EuGH beruhten, seien die Verordnungen (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 1612/68. Bereits der persönliche Anwendungsbereich der VO (EWG) 1408/71 sei nicht eröffnet, denn weder die Klägerin selbst noch ihr Kind seien Arbeitnehmer oder Selbständige bzw Hinterbliebene von solchen, noch seien sie Studierende (Art 2). Es sei auch nicht ersichtlich, warum die VO (EWG) 1612/68, in der es um Ansprüche auf Zugang zum innergemeinschaftlichen Arbeitsmarkt gehe, der Klägerin einen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld gewähren sollte.
Mit Urteil vom 24.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Anspruch der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 stehe der Leistungsausschluss nach § 1 Abs 6 BErzGG entgegen. Die Klägerin habe als Nicht-EU-Bürgerin kein originäres Freizügigkeitsrecht. Sie könne ein solches Recht auch nicht von dem freizügigkeitsberechtigten Vater ihrer Tochter oder von C ableiten. Da sie mit dem Vater von C nicht verheiratet sei, könne sie lediglich ein von C abgeleitetes Freizügigkeitsrecht haben. Voraussetzung für eine Familienangehörigkeit nach § 3 Abs 2 Nr 2 FreizügG/EU sei jedoch, dass der Klägerin von C Unterhalt gezahlt werde. Dies entspreche der gesetzgeberischen Intention, in dem Fall, in dem kein Aufenthaltsrecht vom Vater des Kindes abgeleitet werden könne, dieses auch nicht indirekt ohne weitere Voraussetzung über die Tochter von diesem ableiten zu können. Allein der Status als Unionsbürger falle noch nicht in das Freizügigkeitsrecht. So seien auch nicht erwerbstätige Unionsbürger nur Freizügigkeitsberechtigte nach § 2 Abs 2 Nr 5 iVm § 4 Satz 1 FreizügG/EU, wenn sie finanziell abgesichert seien. C habe das Freizügigkeitsrecht nur, weil ihr Vater daueraufenthaltsberechtigt sei und sie mit ihm in gerader absteigender Linie verwandt sei (§ 2 Abs 2 Nr 7 FreizügG/EU). Nur in diesem Fall müsse anders als im Fall des § 2 Abs 2 Nr 6 FreizügG/EU die finanzielle Absicherung des Familienangehörigen ausnahmsweise nicht sichergestellt sein. Entgegen der Auffassung der Klägerseite gebiete es die Rechtsprechung des EuGH nicht, diese Vorschriften entgegen dem Wortlaut anders auszulegen. Die Klägerin habe bisher keine Erwerbstätigkeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt und sei somit keine Arbeitnehmerin. Ein Aufenthaltsrecht werde in der Regel dadurch verliehen, dass der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger dem Familienangehörigen Unterhalt gewähre. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Es liege auch nicht die Konstellation des Falles Chen (EuGH 19.10.2004, C 200/02) vor, in der der Angehörige des Drittstaates dem minderjährigen Unionsbürger Unterhalt gewährt habe. Die Klägerin beziehe seit 2004 Leistungen nach dem AsylbLG und sei zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, ihren Kindern Unterhalt zu gewähren. Ihr werde auch kein Unterhalt vom Vater des Kindes, weder für sich noch für das Kind, gewährt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den weiteren, von Seiten der Klägerin angeführten Urteilen. Die Entscheidungen im Fall Sala (12.05.1998, C 85/96), dem Fall Keck (24.11.1993, C 267/91 und C 268/91), in der Rechtssache Zambrano (08.03.2011, C 34/08) und in der Sache Teixeira (23.02.2010, C 480/08) unterschieden sich vom vorliegenden Sachverhalt bereits dadurch, dass die Kläger Unionsbürger gewesen seien und bereits zumindest teilweise Erwerbstätigkeiten im Aufnahmestaat ausgeübt hätten. Im Fall Zambrano sei vom Nichtunionsbürger und Kläger Unterhalt an den Unionsbürger geleistet worden. Im Fall Ibrahim (EuGH 23.02.2010, C 310/08) sei Unterhalt vom Vater des Kindes an die Mutter, welche nicht Unionsbürgerin gewesen sei, geleistet worden. Hiervon unterscheide sich der vorliegende Fall, in welchem zu keinem Zeitpunkt des Aufenthalts der Klägerin in der Bundesrepublik deren Lebensunterhalt sichergestellt gewesen sei. Da die Klägerin keinerlei Einkommen erziele und sie und ihre Tochter auf die Gewährung von Sozialleistungen angewiesen seien, stehe ihr somit kein Freizügigkeitsrecht nach der Rechtsprechung des EuGH zu. Sie habe im maßgeblichen Zeitraum nur eine Duldung nach § 60a AufenthG und damit keinen den Voraussetzungen des § 1 Abs 6 BErzGG entsprechenden Aufenthaltsstatus gehabt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei es mit dem Grundgesetz vereinbar, dass Ausländer mit lediglich geduldetem Aufenthalt nach § 1 Abs 6 BErzGG keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld hätten. Im Unterschied zu den Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs 1 AufenthG sowie §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG (dazu Vorlagebeschluss des BSG vom 03.12.2009, B 10 EG 5/08 R zum BVerfG) hege das BSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Leistungsausschluss. Die Kammer schließe sich der Rechtsprechung des BSG an.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 30.04.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.05.2012 beim SG eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG beharre auf den Voraussetzungen des § 3 Abs 2 FreizügG/EU und sehe nicht, dass es auch außerhalb dieser Vorschriften, abgeleitet aus europäischem Primärrecht, ein Aufenthaltsrecht gebe. Dies folge zunächst aus den Grundsätzen des Urteils Zambrano. Die Kinder seien allein auf die Klägerin zur Regelung ihrer alltäglichen Angelegenheiten angewiesen. Es wäre unzumutbar, die Kinder auf Griechenland zu verweisen, da die Klägerin die griechische Sprache nicht beherrsche und damit dort nicht für die Angelegenheiten des Alltags sorgen könnte. Auf ihr Herkunftsland dürfe die Klägerin nicht verwiesen werden, da die Kinder in diesem Fall das Gebiet der Union verlassen müssten. Hinzu komme, dass die Generalanwältin T. in einem Schlussantrag vom 15.05.2012 (C 40/11 - Iida) ausgeführt habe, dass sich der sorgeberechtigte Vater als Drittstaatsangehöriger vorliegend nicht unmittelbar auf die in Art 20 und 21 AEUV verbürgte Freizügigkeit oder ein Bleiberecht aufgrund der Unionsbürgerschaft berufen könne. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs könne aber der Unionsbürgerstatus des Unionsbürgers im Einzelfall dazu führen, dass dem ausländischen drittstaatsangehörigen Familienmitglied ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zuerkannt werde. Der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta im Sinne ihres Art 51 Abs 1 Satz 2 sei eröffnet, soweit die Versagung des Aufenthaltsrechts das Freizügigkeitsrecht der Tochter nach Art 21 AEUV beeinträchtige und somit die Durchführung des Rechts der Union in Rede stehe. Grundrechtlich relevant seien insbesondere das Recht des Kindes auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen (Art 24 Abs 3 der Grundrechtecharta) und die Achtung des Familienlebens (Art 7 der Grundrechtecharta). Auch vorliegend geböten Art 7 und 24 Abs 3 Grundrechtecharta, der Klägerin einen europarechtlichen Aufenthaltsanspruch zuzuerkennen und damit zugleich einen Anspruch auf die streitige Leistung. Zugleich werde mittelbare Diskriminierung der Kinder geltend gemacht. Die streitige Sozialleistung solle dazu dienen, die Betreuung der Kinder zu intensivieren. Durch die Versagung der Leistung würden die freizügigen Kinder mittelbar diskriminiert. Solche mittelbare Diskriminierungen seien unzulässig, wie der EuGH im Fall Josemans verdeutlicht habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Bundeserziehungsgeld im Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin lege weiterhin nicht dar, inwieweit die Entscheidungen des EuGH der Klägerin einen Anspruch auf Erziehungsgeld vermitteln sollten. Die Klägerin sei im Bezugszeitraum nicht im Besitz einer zum Bezug von Erziehungsgeld berechtigenden Aufenthaltserlaubnis gewesen, sondern lediglich im Besitz einer Duldung gemäß § 60a AufenthG. Diese berechtige nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht zum Bezug von Erziehungsgeld (unter Hinweis auf BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R). Das BSG habe ausdrücklich ausgeführt, dass es unerheblich sei, ob dem einzelnen Ausländer gegenüber die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt worden sei oder ob diese früher hätte erteilt werden können oder müssen. Das nach § 1 Abs 6 BErzGG erforderliche Merkmal des Besitzes, also das tatsächliche Innehaben einer Aufenthaltserlaubnis mit Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Anspruchszeitraum, würde selbst dann durch die Klägerin nicht erfüllt werden, wenn ihr ein entsprechender Aufenthaltstitel europarechtlich nicht hätte verweigert werden dürfen. Denn auch in diesem Fall würde nicht ohne Weiteres folgen, dass damit im Rahmen des BErzGG auch der Besitz eines solchen Titels hätte fingiert werden müssen. Auch beim Vorbringen des Urteils des EuGH (08.03.2011, C 34/09 - Zambrano) bleibe die Klägerin eine Begründung dafür schuldig, inwiefern diese Entscheidung zu der Frage des tatsächlichen Besitzes eine für sie günstige Aussage enthalte. Das Urteil des EuGH, ebenso wie die bisher vorgebrachten europarechtlichen Entscheidungen, sage hierzu gerade nichts aus. Die Rechtsprechung des BSG beantworte im Gegensatz dazu allerdings die aufgeworfene Frage im oben dargestellten Sinne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte und auch ansonsten statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Bundeserziehungsgeld im streitigen Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007.
Maßgebend für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 BErzGG idF des Art 3 Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (AuslAnsprG) vom 13.12.2006 (BGBl I 2915). Nach § 1 Abs 1 BErzGG hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer (1.) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, (2.) mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, (3.) dieses Kind selbst betreut und erzieht und (4.) keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Diese Grundvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BErzGG hat die Klägerin unstreitig erfüllt. Sie hat ihren Wohnsitz in Deutschland, lebt mit C, für die ihr die Personensorge zusteht, in einem Haushalt, betreut und erzieht C selbst und übt keine Erwerbstätigkeit aus. Nach § 1 Abs 6 BErzGG ist ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur anspruchsberechtigt, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, c) nach § 23 Abs 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder 3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.
Ausgangspunkt des § 1 Abs 6 BErzGG ist es, dass ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur dann einen Leistungsanspruch hat, wenn er eine Niederlassungserlaubnis besitzt (§ 9 AufenthG) oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis ist, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Diesen Grundsatz, dass jeder (ehemals) zur Arbeit berechtigte Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis Anspruch auf Bundeserziehungsgeld haben soll, hat der Gesetzgeber für konkret benannte Fallkonstellationen (vgl § 1 Abs 6 Nr 2 Buchst a bis c, letztere iVm Nr 3 BErzGG) wieder eingeschränkt. Durch § 1 Abs 6 Nr 2 Buchst a und b BErzGG gänzlich ausgeschlossen sind Ausländer mit Aufenthaltstiteln zum Studium bzw zur Ausbildung (§§ 16, 17 AufenthG) sowie Ausländer, die eine Arbeitsberechtigung aufgrund der Gegebenheiten des deutschen Arbeitsmarktes von vornherein nur vorübergehend erhalten haben (§ 18 Abs 2 AufenthG).
Die Klägerin ist Staatsangehörige von Serbien und Montenegro und gehört damit nicht zu den freizügigkeitsberechtigten Ausländern. Sie besaß im hier streitigen Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 lediglich eine Duldung nach § 60a AufenthG. Damit besaß sie keinen Aufenthaltstitel, der nach § 1 Abs 6 BErzGG eine Anspruchsberechtigung vermittelt hätte; lediglich die Abschiebung war vorübergehend ausgesetzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt der Besitz eines zum Bezug von Bundeserziehungsgeld berechtigenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels einen für die Bezugszeit geltenden Verwaltungsakt der Ausländerbehörde voraus. Das Aufenthaltsrecht muss also durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein. Nicht ausreichend ist hingegen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf einen entsprechenden Aufenthaltstitel. Es ist nämlich nicht Aufgabe der für die Bewilligung von Bundeserziehungsgeld zuständigen Behörden, darüber zu entscheiden, ob einem Ausländer ein zum Bezug des Bundeserziehungsgeld berechtigender Titel zusteht. Insoweit kommt der Entscheidung der Ausländerbehörde Tatbestandswirkung zu. Für den Anspruch auf Bundeserziehungsgeld entfaltet die Erteilung eines solchen Titels selbst dann keine rückwirkende Kraft, wenn der Beginn der Geltungsdauer des Titels auf einen Zeitpunkt vor seiner tatsächlichen Erteilung zurückreicht (BSG 24.03.1992, 14b/4 REg 23/91, BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr 7; BSG 09.02.1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr 12; BSG 28.02.1996, 14 REg 8/95, SozR 3-7833 § 1 Nr 18; BSG 02.10.1997, 14 REg 1/97, SozR 3-1200 § 14 Nr 24; BSG 30.09.2010, B 10 EG 6/09 R, juris).
Das BVerfG hat es in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 (1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) als sachgerecht angesehen, diejenigen Ausländer vom Bundeserziehungsgeld-Bezug auszuschließen, die aus Rechtsgründen ohnehin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften. Die Gewährung einer Sozialleistung, die Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will, verfehlt ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist. Da der betreffende (nicht freizügigkeitsberechtigte) Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben darf, wenn er im Besitz einer entsprechenden Berechtigung ist (vgl § 4 Abs 2 Satz 1 AufenthG), ist es sinnvoll, darauf abzustellen, ob er einen entsprechenden Titel tatsächlich in der Hand hat. Der Zweck des Bundeserziehungsgelds, Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Berufstätigkeit zu sichern, kann nämlich nicht durch eine rückwirkend erteilte Beschäftigungserlaubnis erreicht werden (BSG 09.02.1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr 12). Ebenso wenig ist es sachgerecht, der für die Bewilligung von Bundeserziehungsgeld zuständigen Behörde die eigenständige Prüfung aufzuerlegen, ob der Ausländer - unabhängig von dem tatsächlich vorliegenden Aufenthaltstitel - zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, dh ob er Anspruch auf einen entsprechenden Titel hat. Denn dabei sind nicht nur ausländerrechtliche Umstände zu prüfen, sondern ggf ist auch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ausschlaggebend (§ 4 Abs 2 Satz 3, § 39 AufenthG). Dem Gesetzgeber ist vom BVerfG nicht untersagt worden, für die Anspruchsberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer an den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zu knüpfen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2; BSG 28.11.2012, B 10 EG 14/12 B, juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen 13.03.2013, L 13 EG 35/12 NZB, juris). Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin materiell Anspruch auf einen geeigneten Aufenthaltstitel iSv § 1 Abs 6 BErzGG gehabt hätte und ob die entsprechende Erteilung durch die Ausländerbehörde konstitutiven oder nur deklaratorischen Charakter gehabt hätte.
Dass der Ausschluss von Leistungen nach dem BErzGG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist, nicht verfassungswidrig ist, ist durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG bestätigt worden (BVerfG 10.07.2012, 1 BvL 2/10 ua, BGBl I 2012, 1898; BVerfG 04.12.2012, 1 BvL 4/12, juris). Das BVerfG hat zwar § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG in der hier maßgebenden Fassung wegen Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 und 3 GG für nichtig erklärt (BVerfG 10.07.2012, 1 BvL 2/10 ua, aaO), es hat dabei aber das gesetzgeberische Ziel, dass nur die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländer Bundeserziehungsgeld erhalten sollen, ausdrücklich gebilligt. Anknüpfend an dieses Ziel hat das BVerfG darauf abgestellt, dass nur diejenigen, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländer Bundeserziehungsgeld erhalten sollen, die bei der Geburt des Kindes kraft des ihnen erteilten Aufenthaltstitels auch eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland hatten. Anders als bei Aufenthaltstiteln, die nach dem 5. Abschnitt des AufenthG aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt werden und die eine Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt nicht ausschließen, weil sie sich nach § 26 Abs 1 und 4 AufenthG verfestigen können bis hin zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, stellte sich die Bleibeperspektive für die Klägerin dar, denn sie hatte überhaupt keinen Aufenthaltstitel. Aus dem Vorliegen einer Duldung nach § 60a AufenthG, die lediglich die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung darstellt, kann keinesfalls eine dauerhafte Bleibeperspektive abgeleitet werden. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs 1 Satz 1 AufenthG (eingeführt durch Art 1 Nr 82 Gesetz vom 19.08.2007, BGBl I 1970 mWv 28.08.2007), mit der der Gesetzgeber eine Altfallregelung bei Vorliegen sogenannter Kettenduldungen getroffen hat, um "dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung" zu tragen (BT-Drucks 16/5065 S 201), ist der Klägerin ebenfalls nicht erteilt worden (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst d BEEG idF vom 19.08.2007 vgl BSG 15.12.2011, B 10 EG 15/10 R, juris und BVerfG 04.12.2012, 1 BvL 4/12, juris). Erst ab 25.02.2008 und damit außerhalb des hier streitigen Zeitraums hatte die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG.
Aus der von ihr zitierten Rechtsprechung des EuGH kann die Klägerin nichts für den geltend gemachten Anspruch herleiten. Die Frage, ob der Klägerin als Drittstaatsangehöriger mit einem minderjährigen Kind, das Unionsbürger ist, der Aufenthalt in Deutschland überhaupt verwehrt werden kann (vgl dazu bei Unterhaltsleistung durch den Drittstaatsangehörigen an den minderjährigen Unionsbürger: EuGH 08.03.2011, C 34/09 - Zambrano) und ob ihr daraus folgend ein Aufenthaltsrecht zustünde, spielt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da es für den Bezug von Bundeserziehungsgeld, wie oben ausgeführt, auf den Besitz eines entsprechenden Aufenthaltstitels ankommt, den die Klägerin im hier streitigen Zeitraum zweifellos nicht hatte. Nicht nachvollziehen kann der Senat, welche Rechtsfolgen sich zugunsten der Klägerin aus der wiederholt zitierten Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Josemans (16.12.2010, C 137/09) ergeben sollten. Dort hatte der EuGH entschieden, dass eine kommunale Regelung, die verbietet, Gebietsfremden den Zutritt zu Coffeeshops (in denen als weiche Drogen eingestufte Betäubungsmittel verkauft werden) zu gestatten, zwar eine Beschränkung der im EG-Vertrag verankerten Dienstleistungsfreiheit darstellt, diese Beschränkung jedoch durch das Ziel der Bekämpfung des Drogentourismus und der damit einhergehenden Belästigungen gerechtfertigt sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr ihrer Tochter C. M. (im Folgenden C).
Die 1975 geborene Klägerin ist serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und kam 1987 als Asylbewerberin nach Deutschland. Sie war bis 24.02.2008 nur geduldet, ab dem 25.02.2008 war sie im Besitz einer bis 14.08.2008 gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Klägerin ist Mutter der Kinder D. (geb 22.01.2001), A. (geb 27.12.2002), T. (geb 10.02.2006) und C (geb 19.12.2006). Sie ist nicht verheiratet und lebt mit dem Vater von C, der griechischer Staatsangehöriger ist und ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland gemäß § 4a Abs 1 Freizügigkeitsgesetz EU (FreizügG/EU) hat, nicht zusammen. Die Klägerin und ihre Kinder bezogen seit 07.07.2004 zunächst Grundleistungen nach §§ 1, 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und ab 25.02.2008 laufende Leistungen nach § 2 AsylbLG. C ist griechische Staatsangehörige und erhielt am 17.03.2008 eine bis 16.03.2009 gültige Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU.
Am 30.01.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr von C. Mit Bescheid vom 29.03.2007 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass ausländische Antragsteller ua Anspruch auf Erziehungsgeld hätten, wenn sie im Besitz einer Niederlassungserlaubnis seien oder eine Aufenthaltserlaubnis besäßen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtige. Diese Voraussetzungen seien von der Klägerin nicht erfüllt.
Am 30.07.2009 beantragte die Klägerin erneut Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr von C. Mit Bescheid vom 17.06.2008 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und führte zur Begründung aus, der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG berechtige nur dann zum Erziehungsgeldbezug, wenn der ausländische Antragsteller sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalte und hier berechtigt erwerbstätig sei, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehe oder Elterngeld in Anspruch nehme.
Mit ihrem Widerspruch vom 24.06.2008 machte die Klägerin geltend, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG habe und ihre Tochter C die griechische Staatsangehörigkeit besitze. Für ihren Sohn T. erhalte sie Landeserziehungsgeld. Der Bevollmächtigte der Klägerin schaltete sich in das Widerspruchsverfahren ein und führte aus, dass die Versagung des Erziehungsgeldes gegen Art 12 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag; jetzt Art 18 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) verstoße. Die Versagung der Leistung benachteilige das Kind aus dem bloßen Umstand, dass seine Mutter die falsche Staatsangehörigkeit habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 6 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei zuerst im Besitz einer Duldung gewesen, was zur Gewährung des Bundeserziehungsgeldes nicht ausreiche. Erst nach Ablauf des Bezugszeitraumes (19.12.2006 bis 18.12.2007) sei ihr am 25.02.2008 eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG mit dem Zusatz "Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt" erteilt worden. Dies wirke jedoch nicht auf frühere Zeiträume zurück.
Hiergegen richtet sich die am 23.01.2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, dass sie schon im ersten Lebensjahr des Kindes ein europarechtliches Aufenthaltsrecht gehabt habe, da C ein solches Recht besessen habe. C besitze die griechische Staatsangehörigkeit, ihr mit der Klägerin nicht verheirateter Vater lebe als Arbeitnehmer in Deutschland. Habe das Kind ein europarechtliches Aufenthaltsrecht, dürfe die Mutter nach europarechtlichen Grundsätzen von ihm nicht getrennt werden (unter Hinweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.10.2004, C 200/02 - Chen; 23.02.2010, C 480/08 - Teixeira; 14.10.2008 - C 353/06, Grunki-Paul; 23.02.2010, C 310/08 - Ibrahim). Da die Aufenthaltserlaubnis in diesen Fällen nur deklaratorische Bedeutung habe, komme es nicht darauf an, ob der Klägerin überhaupt ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei und welcher. Zudem werde C wegen ihrer drittstaatigen Mutter durch Verweigerung des Leistungsbezugs diskriminiert; auch indirekte Diskriminierungen verbiete das Europarecht (EuGH 16.12.2010, C 137/09 - Josemans). Zudem sei § 1 Abs 6 Satz 2 BErzGG verfassungswidrig, soweit er die Anforderung enthalte, bei Innehabung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs 5 AufenthG eine Beschäftigung nachzuweisen. Dies sei mit Art 6 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, die Klägerin sei im ersten Lebensjahr von C (19.12.2006 bis 18.12.2007) unstreitig lediglich im Besitz einer Duldung gewesen. Eine solche gebe keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld. Es spiele auch keine Rolle, ob die Klägerin eventuell Anspruch auf eine andere Aufenthaltserlaubnis gehabt hätte. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Frage der Rechtmäßigkeit dieser formalen Voraussetzungen und deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz für das BErzGG ausführlich erörtert und nicht beanstandet (unter Hinweis auf BSG 02.10.1997, 14 REg 1/97 und 24.03.1992, 14d/4 REg 23/91, BSGE 70, 197). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in der Entscheidung vom 06.07.2004 (1 BvR 2515/95) ausdrücklich bestätigt, dass die Berechtigung zum Bezug von Bundeserziehungsgeld grundsätzlich vom Besitz eines Aufenthaltstitels abhängig gemacht werden könne. Der Gesetzgeber habe für das Erziehungsgeld nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ("besitzt") nicht an eine Prognose, sondern an das Vorliegen der ausländerbehördlichen Entscheidung angeknüpft. Die Klägerin könne als serbische Staatsangehörige keinen eigenen europarechtlichen Anspruch geltend machen. Sie mache einen Anspruch aus abgeleitetem Unionsrecht geltend, da C Unionsbürgerin sei. Der Kindsvater könne keinen europarechtlichen Anspruch vermitteln, da die Klägerin nicht mit ihm verheiratet sei und nicht mit ihm zusammenlebe. Die maßgeblichen europarechtlichen Regelungen, auf denen die vom Bevollmächtigten der Klägerin benannten Urteile des EuGH beruhten, seien die Verordnungen (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 1612/68. Bereits der persönliche Anwendungsbereich der VO (EWG) 1408/71 sei nicht eröffnet, denn weder die Klägerin selbst noch ihr Kind seien Arbeitnehmer oder Selbständige bzw Hinterbliebene von solchen, noch seien sie Studierende (Art 2). Es sei auch nicht ersichtlich, warum die VO (EWG) 1612/68, in der es um Ansprüche auf Zugang zum innergemeinschaftlichen Arbeitsmarkt gehe, der Klägerin einen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld gewähren sollte.
Mit Urteil vom 24.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Anspruch der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 stehe der Leistungsausschluss nach § 1 Abs 6 BErzGG entgegen. Die Klägerin habe als Nicht-EU-Bürgerin kein originäres Freizügigkeitsrecht. Sie könne ein solches Recht auch nicht von dem freizügigkeitsberechtigten Vater ihrer Tochter oder von C ableiten. Da sie mit dem Vater von C nicht verheiratet sei, könne sie lediglich ein von C abgeleitetes Freizügigkeitsrecht haben. Voraussetzung für eine Familienangehörigkeit nach § 3 Abs 2 Nr 2 FreizügG/EU sei jedoch, dass der Klägerin von C Unterhalt gezahlt werde. Dies entspreche der gesetzgeberischen Intention, in dem Fall, in dem kein Aufenthaltsrecht vom Vater des Kindes abgeleitet werden könne, dieses auch nicht indirekt ohne weitere Voraussetzung über die Tochter von diesem ableiten zu können. Allein der Status als Unionsbürger falle noch nicht in das Freizügigkeitsrecht. So seien auch nicht erwerbstätige Unionsbürger nur Freizügigkeitsberechtigte nach § 2 Abs 2 Nr 5 iVm § 4 Satz 1 FreizügG/EU, wenn sie finanziell abgesichert seien. C habe das Freizügigkeitsrecht nur, weil ihr Vater daueraufenthaltsberechtigt sei und sie mit ihm in gerader absteigender Linie verwandt sei (§ 2 Abs 2 Nr 7 FreizügG/EU). Nur in diesem Fall müsse anders als im Fall des § 2 Abs 2 Nr 6 FreizügG/EU die finanzielle Absicherung des Familienangehörigen ausnahmsweise nicht sichergestellt sein. Entgegen der Auffassung der Klägerseite gebiete es die Rechtsprechung des EuGH nicht, diese Vorschriften entgegen dem Wortlaut anders auszulegen. Die Klägerin habe bisher keine Erwerbstätigkeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt und sei somit keine Arbeitnehmerin. Ein Aufenthaltsrecht werde in der Regel dadurch verliehen, dass der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger dem Familienangehörigen Unterhalt gewähre. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Es liege auch nicht die Konstellation des Falles Chen (EuGH 19.10.2004, C 200/02) vor, in der der Angehörige des Drittstaates dem minderjährigen Unionsbürger Unterhalt gewährt habe. Die Klägerin beziehe seit 2004 Leistungen nach dem AsylbLG und sei zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, ihren Kindern Unterhalt zu gewähren. Ihr werde auch kein Unterhalt vom Vater des Kindes, weder für sich noch für das Kind, gewährt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den weiteren, von Seiten der Klägerin angeführten Urteilen. Die Entscheidungen im Fall Sala (12.05.1998, C 85/96), dem Fall Keck (24.11.1993, C 267/91 und C 268/91), in der Rechtssache Zambrano (08.03.2011, C 34/08) und in der Sache Teixeira (23.02.2010, C 480/08) unterschieden sich vom vorliegenden Sachverhalt bereits dadurch, dass die Kläger Unionsbürger gewesen seien und bereits zumindest teilweise Erwerbstätigkeiten im Aufnahmestaat ausgeübt hätten. Im Fall Zambrano sei vom Nichtunionsbürger und Kläger Unterhalt an den Unionsbürger geleistet worden. Im Fall Ibrahim (EuGH 23.02.2010, C 310/08) sei Unterhalt vom Vater des Kindes an die Mutter, welche nicht Unionsbürgerin gewesen sei, geleistet worden. Hiervon unterscheide sich der vorliegende Fall, in welchem zu keinem Zeitpunkt des Aufenthalts der Klägerin in der Bundesrepublik deren Lebensunterhalt sichergestellt gewesen sei. Da die Klägerin keinerlei Einkommen erziele und sie und ihre Tochter auf die Gewährung von Sozialleistungen angewiesen seien, stehe ihr somit kein Freizügigkeitsrecht nach der Rechtsprechung des EuGH zu. Sie habe im maßgeblichen Zeitraum nur eine Duldung nach § 60a AufenthG und damit keinen den Voraussetzungen des § 1 Abs 6 BErzGG entsprechenden Aufenthaltsstatus gehabt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei es mit dem Grundgesetz vereinbar, dass Ausländer mit lediglich geduldetem Aufenthalt nach § 1 Abs 6 BErzGG keinen Anspruch auf Bundeserziehungsgeld hätten. Im Unterschied zu den Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs 1 AufenthG sowie §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 AufenthG (dazu Vorlagebeschluss des BSG vom 03.12.2009, B 10 EG 5/08 R zum BVerfG) hege das BSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Leistungsausschluss. Die Kammer schließe sich der Rechtsprechung des BSG an.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 30.04.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.05.2012 beim SG eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG beharre auf den Voraussetzungen des § 3 Abs 2 FreizügG/EU und sehe nicht, dass es auch außerhalb dieser Vorschriften, abgeleitet aus europäischem Primärrecht, ein Aufenthaltsrecht gebe. Dies folge zunächst aus den Grundsätzen des Urteils Zambrano. Die Kinder seien allein auf die Klägerin zur Regelung ihrer alltäglichen Angelegenheiten angewiesen. Es wäre unzumutbar, die Kinder auf Griechenland zu verweisen, da die Klägerin die griechische Sprache nicht beherrsche und damit dort nicht für die Angelegenheiten des Alltags sorgen könnte. Auf ihr Herkunftsland dürfe die Klägerin nicht verwiesen werden, da die Kinder in diesem Fall das Gebiet der Union verlassen müssten. Hinzu komme, dass die Generalanwältin T. in einem Schlussantrag vom 15.05.2012 (C 40/11 - Iida) ausgeführt habe, dass sich der sorgeberechtigte Vater als Drittstaatsangehöriger vorliegend nicht unmittelbar auf die in Art 20 und 21 AEUV verbürgte Freizügigkeit oder ein Bleiberecht aufgrund der Unionsbürgerschaft berufen könne. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs könne aber der Unionsbürgerstatus des Unionsbürgers im Einzelfall dazu führen, dass dem ausländischen drittstaatsangehörigen Familienmitglied ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zuerkannt werde. Der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta im Sinne ihres Art 51 Abs 1 Satz 2 sei eröffnet, soweit die Versagung des Aufenthaltsrechts das Freizügigkeitsrecht der Tochter nach Art 21 AEUV beeinträchtige und somit die Durchführung des Rechts der Union in Rede stehe. Grundrechtlich relevant seien insbesondere das Recht des Kindes auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakt zu beiden Elternteilen (Art 24 Abs 3 der Grundrechtecharta) und die Achtung des Familienlebens (Art 7 der Grundrechtecharta). Auch vorliegend geböten Art 7 und 24 Abs 3 Grundrechtecharta, der Klägerin einen europarechtlichen Aufenthaltsanspruch zuzuerkennen und damit zugleich einen Anspruch auf die streitige Leistung. Zugleich werde mittelbare Diskriminierung der Kinder geltend gemacht. Die streitige Sozialleistung solle dazu dienen, die Betreuung der Kinder zu intensivieren. Durch die Versagung der Leistung würden die freizügigen Kinder mittelbar diskriminiert. Solche mittelbare Diskriminierungen seien unzulässig, wie der EuGH im Fall Josemans verdeutlicht habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Bundeserziehungsgeld im Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin lege weiterhin nicht dar, inwieweit die Entscheidungen des EuGH der Klägerin einen Anspruch auf Erziehungsgeld vermitteln sollten. Die Klägerin sei im Bezugszeitraum nicht im Besitz einer zum Bezug von Erziehungsgeld berechtigenden Aufenthaltserlaubnis gewesen, sondern lediglich im Besitz einer Duldung gemäß § 60a AufenthG. Diese berechtige nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht zum Bezug von Erziehungsgeld (unter Hinweis auf BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R). Das BSG habe ausdrücklich ausgeführt, dass es unerheblich sei, ob dem einzelnen Ausländer gegenüber die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt worden sei oder ob diese früher hätte erteilt werden können oder müssen. Das nach § 1 Abs 6 BErzGG erforderliche Merkmal des Besitzes, also das tatsächliche Innehaben einer Aufenthaltserlaubnis mit Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Anspruchszeitraum, würde selbst dann durch die Klägerin nicht erfüllt werden, wenn ihr ein entsprechender Aufenthaltstitel europarechtlich nicht hätte verweigert werden dürfen. Denn auch in diesem Fall würde nicht ohne Weiteres folgen, dass damit im Rahmen des BErzGG auch der Besitz eines solchen Titels hätte fingiert werden müssen. Auch beim Vorbringen des Urteils des EuGH (08.03.2011, C 34/09 - Zambrano) bleibe die Klägerin eine Begründung dafür schuldig, inwiefern diese Entscheidung zu der Frage des tatsächlichen Besitzes eine für sie günstige Aussage enthalte. Das Urteil des EuGH, ebenso wie die bisher vorgebrachten europarechtlichen Entscheidungen, sage hierzu gerade nichts aus. Die Rechtsprechung des BSG beantworte im Gegensatz dazu allerdings die aufgeworfene Frage im oben dargestellten Sinne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte und auch ansonsten statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 17.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Bundeserziehungsgeld im streitigen Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007.
Maßgebend für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 BErzGG idF des Art 3 Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (AuslAnsprG) vom 13.12.2006 (BGBl I 2915). Nach § 1 Abs 1 BErzGG hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer (1.) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, (2.) mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, (3.) dieses Kind selbst betreut und erzieht und (4.) keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Diese Grundvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BErzGG hat die Klägerin unstreitig erfüllt. Sie hat ihren Wohnsitz in Deutschland, lebt mit C, für die ihr die Personensorge zusteht, in einem Haushalt, betreut und erzieht C selbst und übt keine Erwerbstätigkeit aus. Nach § 1 Abs 6 BErzGG ist ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur anspruchsberechtigt, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, c) nach § 23 Abs 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder 3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.
Ausgangspunkt des § 1 Abs 6 BErzGG ist es, dass ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur dann einen Leistungsanspruch hat, wenn er eine Niederlassungserlaubnis besitzt (§ 9 AufenthG) oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis ist, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Diesen Grundsatz, dass jeder (ehemals) zur Arbeit berechtigte Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis Anspruch auf Bundeserziehungsgeld haben soll, hat der Gesetzgeber für konkret benannte Fallkonstellationen (vgl § 1 Abs 6 Nr 2 Buchst a bis c, letztere iVm Nr 3 BErzGG) wieder eingeschränkt. Durch § 1 Abs 6 Nr 2 Buchst a und b BErzGG gänzlich ausgeschlossen sind Ausländer mit Aufenthaltstiteln zum Studium bzw zur Ausbildung (§§ 16, 17 AufenthG) sowie Ausländer, die eine Arbeitsberechtigung aufgrund der Gegebenheiten des deutschen Arbeitsmarktes von vornherein nur vorübergehend erhalten haben (§ 18 Abs 2 AufenthG).
Die Klägerin ist Staatsangehörige von Serbien und Montenegro und gehört damit nicht zu den freizügigkeitsberechtigten Ausländern. Sie besaß im hier streitigen Zeitraum vom 19.12.2006 bis 18.12.2007 lediglich eine Duldung nach § 60a AufenthG. Damit besaß sie keinen Aufenthaltstitel, der nach § 1 Abs 6 BErzGG eine Anspruchsberechtigung vermittelt hätte; lediglich die Abschiebung war vorübergehend ausgesetzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt der Besitz eines zum Bezug von Bundeserziehungsgeld berechtigenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels einen für die Bezugszeit geltenden Verwaltungsakt der Ausländerbehörde voraus. Das Aufenthaltsrecht muss also durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein. Nicht ausreichend ist hingegen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf einen entsprechenden Aufenthaltstitel. Es ist nämlich nicht Aufgabe der für die Bewilligung von Bundeserziehungsgeld zuständigen Behörden, darüber zu entscheiden, ob einem Ausländer ein zum Bezug des Bundeserziehungsgeld berechtigender Titel zusteht. Insoweit kommt der Entscheidung der Ausländerbehörde Tatbestandswirkung zu. Für den Anspruch auf Bundeserziehungsgeld entfaltet die Erteilung eines solchen Titels selbst dann keine rückwirkende Kraft, wenn der Beginn der Geltungsdauer des Titels auf einen Zeitpunkt vor seiner tatsächlichen Erteilung zurückreicht (BSG 24.03.1992, 14b/4 REg 23/91, BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr 7; BSG 09.02.1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr 12; BSG 28.02.1996, 14 REg 8/95, SozR 3-7833 § 1 Nr 18; BSG 02.10.1997, 14 REg 1/97, SozR 3-1200 § 14 Nr 24; BSG 30.09.2010, B 10 EG 6/09 R, juris).
Das BVerfG hat es in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 (1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4) als sachgerecht angesehen, diejenigen Ausländer vom Bundeserziehungsgeld-Bezug auszuschließen, die aus Rechtsgründen ohnehin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften. Die Gewährung einer Sozialleistung, die Eltern einen Anreiz zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit geben will, verfehlt ihr Ziel, wenn eine solche Erwerbstätigkeit demjenigen Elternteil, der zur Betreuung des Kindes bereit ist, rechtlich nicht erlaubt ist. Da der betreffende (nicht freizügigkeitsberechtigte) Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben darf, wenn er im Besitz einer entsprechenden Berechtigung ist (vgl § 4 Abs 2 Satz 1 AufenthG), ist es sinnvoll, darauf abzustellen, ob er einen entsprechenden Titel tatsächlich in der Hand hat. Der Zweck des Bundeserziehungsgelds, Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Berufstätigkeit zu sichern, kann nämlich nicht durch eine rückwirkend erteilte Beschäftigungserlaubnis erreicht werden (BSG 09.02.1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr 12). Ebenso wenig ist es sachgerecht, der für die Bewilligung von Bundeserziehungsgeld zuständigen Behörde die eigenständige Prüfung aufzuerlegen, ob der Ausländer - unabhängig von dem tatsächlich vorliegenden Aufenthaltstitel - zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, dh ob er Anspruch auf einen entsprechenden Titel hat. Denn dabei sind nicht nur ausländerrechtliche Umstände zu prüfen, sondern ggf ist auch eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ausschlaggebend (§ 4 Abs 2 Satz 3, § 39 AufenthG). Dem Gesetzgeber ist vom BVerfG nicht untersagt worden, für die Anspruchsberechtigung nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer an den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zu knüpfen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2; BSG 28.11.2012, B 10 EG 14/12 B, juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen 13.03.2013, L 13 EG 35/12 NZB, juris). Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin materiell Anspruch auf einen geeigneten Aufenthaltstitel iSv § 1 Abs 6 BErzGG gehabt hätte und ob die entsprechende Erteilung durch die Ausländerbehörde konstitutiven oder nur deklaratorischen Charakter gehabt hätte.
Dass der Ausschluss von Leistungen nach dem BErzGG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist, nicht verfassungswidrig ist, ist durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG bestätigt worden (BVerfG 10.07.2012, 1 BvL 2/10 ua, BGBl I 2012, 1898; BVerfG 04.12.2012, 1 BvL 4/12, juris). Das BVerfG hat zwar § 1 Abs 6 Nr 3 Buchst b BErzGG in der hier maßgebenden Fassung wegen Verstoßes gegen Art 3 Abs 1 und 3 GG für nichtig erklärt (BVerfG 10.07.2012, 1 BvL 2/10 ua, aaO), es hat dabei aber das gesetzgeberische Ziel, dass nur die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländer Bundeserziehungsgeld erhalten sollen, ausdrücklich gebilligt. Anknüpfend an dieses Ziel hat das BVerfG darauf abgestellt, dass nur diejenigen, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländer Bundeserziehungsgeld erhalten sollen, die bei der Geburt des Kindes kraft des ihnen erteilten Aufenthaltstitels auch eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland hatten. Anders als bei Aufenthaltstiteln, die nach dem 5. Abschnitt des AufenthG aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt werden und die eine Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt nicht ausschließen, weil sie sich nach § 26 Abs 1 und 4 AufenthG verfestigen können bis hin zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, stellte sich die Bleibeperspektive für die Klägerin dar, denn sie hatte überhaupt keinen Aufenthaltstitel. Aus dem Vorliegen einer Duldung nach § 60a AufenthG, die lediglich die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung darstellt, kann keinesfalls eine dauerhafte Bleibeperspektive abgeleitet werden. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs 1 Satz 1 AufenthG (eingeführt durch Art 1 Nr 82 Gesetz vom 19.08.2007, BGBl I 1970 mWv 28.08.2007), mit der der Gesetzgeber eine Altfallregelung bei Vorliegen sogenannter Kettenduldungen getroffen hat, um "dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung" zu tragen (BT-Drucks 16/5065 S 201), ist der Klägerin ebenfalls nicht erteilt worden (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst d BEEG idF vom 19.08.2007 vgl BSG 15.12.2011, B 10 EG 15/10 R, juris und BVerfG 04.12.2012, 1 BvL 4/12, juris). Erst ab 25.02.2008 und damit außerhalb des hier streitigen Zeitraums hatte die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG.
Aus der von ihr zitierten Rechtsprechung des EuGH kann die Klägerin nichts für den geltend gemachten Anspruch herleiten. Die Frage, ob der Klägerin als Drittstaatsangehöriger mit einem minderjährigen Kind, das Unionsbürger ist, der Aufenthalt in Deutschland überhaupt verwehrt werden kann (vgl dazu bei Unterhaltsleistung durch den Drittstaatsangehörigen an den minderjährigen Unionsbürger: EuGH 08.03.2011, C 34/09 - Zambrano) und ob ihr daraus folgend ein Aufenthaltsrecht zustünde, spielt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da es für den Bezug von Bundeserziehungsgeld, wie oben ausgeführt, auf den Besitz eines entsprechenden Aufenthaltstitels ankommt, den die Klägerin im hier streitigen Zeitraum zweifellos nicht hatte. Nicht nachvollziehen kann der Senat, welche Rechtsfolgen sich zugunsten der Klägerin aus der wiederholt zitierten Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Josemans (16.12.2010, C 137/09) ergeben sollten. Dort hatte der EuGH entschieden, dass eine kommunale Regelung, die verbietet, Gebietsfremden den Zutritt zu Coffeeshops (in denen als weiche Drogen eingestufte Betäubungsmittel verkauft werden) zu gestatten, zwar eine Beschränkung der im EG-Vertrag verankerten Dienstleistungsfreiheit darstellt, diese Beschränkung jedoch durch das Ziel der Bekämpfung des Drogentourismus und der damit einhergehenden Belästigungen gerechtfertigt sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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