L 11 R 4497/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 646/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4497/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4).

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1963 geborene Beigeladene zu 1) ist freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (der Beigeladenen zu 3). Zuletzt wurden für ihn nach seinen Angaben im Juli 1983 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.

Die Klägerin, die 1989 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach ihren eigenen Angaben zu den zehn führenden mittelständischen Informations- und Kommunikationsdienstleistern in Deutschland. Sie bietet IT-Services und Lösungen an. Zur Zeit beschäftigt sie (im Rahmen ihrer Gruppe) ca 450 fest angestellte und ca. 300 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (www.s.de/ueber-uns/unternehmen.html, recherchiert am 19.02.2014).

Der Beigeladene zu 1) war in der Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 für die Klägerin tätig. Zugrunde lag ein mit "Beauftragung" überschriebener Vertrag vom 18.07.2008, in dem die Klägerin als "Auftraggeber" den Beigeladenen zu 1) als "Auftragnehmer" beauftragte, Beratungs- und Dienstleistungen im geplanten Leistungszeitraum 01.08.2008 bis 31.10.2008 mit einem geplanten Leistungsumfang von 520 Projektstunden, einem Stundensatz von 27,00 EUR und einem Gesamtvolumen von 14.040,00 EUR für den Kunden Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Einsatzort N. zu erbringen. Auszugsweise lautete der Vertrag wie folgt:

Leistungsbeschreibung: Operator für das Projekt C. (Control Center extern) bei der BA im Auftrag von T-S ... Inhalte der Aufgabe sind in der Leistungsbeschreibung der BA Nr 121 ..., sowie das entsprechende Angebot von T-S. vom 25.03.2008 als auch alle Fragenkataloge.

Vertragsbedingungen:

1. Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang

a) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Kapitel "Leistungsbeschreibung" näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen.

b) Der angegebene geplante Leistungszeitraum und der geplante Leistungsumfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen.

c) Der vereinbarte Stundensatz gilt unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und an welchem Ort die Arbeiten durchgeführt werden.

d) Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet.

e) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für eine gegebenenfalls notwendige Gewerbeanmeldung wird der Auftragnehmer selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt.

f) Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich.

g) Sollte der Auftraggeber an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen, die die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, er bleibt jedoch für die ordnungsmäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich.

h) Im Leistungsnachweis sind der Einsatzort sowie der Umfang der Tätigkeit für jeden Einsatztag entsprechend auszuweisen.

i) Soweit Leistungen beim Auftraggeber oder dessen Kunden durchgeführt werden, sind die dort geltenden Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften sowie Ordnungsbestimmungen einzuhalten.

j) Der Auftragnehmer wird alle ihm übertragenen Aufgaben durch qualifiziertes Personal mit großer Sorgfalt und unter Berücksichtigung des neuesten Stands der Technik durchführen. Er wird die mit dem Auftraggeber bzw dessen Kunden abgestimmten Methoden/Prozesse, Werkzeuge und Qualitätssicherungssysteme anwenden bzw einsetzen.

2. Geheimhaltung/Verschwiegenheit

3. Laufzeit des Vertrags/Kündigung

a) Die Beauftragung kann aus wichtigem Grund, insbesondere wichtigen wirtschaftlichen Gründen wie der Stornierung des Gesamtauftrages durch den Kunden des Auftraggebers oder, wenn dem Kunden die Qualität und die Quantität der geleisteten Arbeit nicht genügen, ohne Frist schriftlich gekündigt werden.

b) Kündigt der Auftraggeber, so werden dem Auftragnehmer bereits entstandene Kosten und Auslagen für bereits geleistete Arbeiten vertragsgemäß entsprechend dem erzielten Leistungsstand ersetzt.

c)

4. Abrechnung/Rechnungsstelle

a) Der Auftragnehmer wird monatlich Rechnungen stellen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen. Ebenso muss die Auftragsnummer jeweils auf dem Leistungsnachweis und den Rechnungen angegeben sein.

b) Die monatliche Abrechnung erfolgt nach Aufwand auf Basis der von dem Auftraggeber oder dessen Kunden gegengezeichneten Leistungsnachweise, die den Rechnungen beizufügen sind. Der Leistungsnachweis muss die Auftragsnummer beinhalten und ist spätestens am 3. Arbeitstag des Folgemonats vorzulegen.

c) Nach Beendigung der Leistung wird vom Auftragnehmer eine Schlussrechnung erstellt. Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlussrechnung ist die von dem Auftraggeber bzw dessen Kunden schriftlich bestätigte Bescheinigung der vollständigen und ordnungsgemäß erbrachten Leistung und eventuell die schriftlich bestätigte vollständige Übergabe von Ergebnissen. Ohne die schriftlich bestätigte Übergabe von Ergebnissen bzw schriftlich bestätigte Bescheinigung der vollständig und ordnungsgemäß erbrachten Leistungen wird die Schlussrechnung bzw. die letzte gestellte Rechnung nicht fällig.

d) Falls der Auftragnehmer für die Durchführung der beauftragten Tätigkeiten Subunternehmer beauftragt, trägt der Auftragnehmer dafür Sorge, dass seine Subunternehmer zur Einhaltung der sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen und organisatorischen Regelungen verpflichtet wird.

e) Sämtliche Rechnungen sind innerhalb von 15 Tagen nach Zugang zur Zahlung fällig. Für die Schlussrechnung gilt gesondert, dass die unter c) genannten Bescheinigungen/Nachweise vorliegen.

5. Herausgabe von Unterlagen.

6. Wettbewerbsklausel

a) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für die Dauer dieses Vertrags mit dem Auftraggeber nicht in Konkurrenz zu treten und die Kunden des Auftraggebers, für die der Auftragnehmer im Rahmen der vertraglichen Beziehung tätig war, nicht abzuwerben.

b) Der Auftragnehmer verpflichtet sich weiter, für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weder mittelbar noch unmittelbar Arbeitskräfte und freie Mitarbeiter des Auftraggebers und der Kunden des Auftraggebers, für die der Auftragnehmer tätig war, abzuwerben bzw an Dritte zu vermitteln.

c) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung

7. Abwerbungsverbot.

8. Betriebshaftpflichtversicherung/Versicherung

Der Auftragnehmer verpflichtet sich zum Abschluss einer separaten Betriebshaftpflichtversicherung, die dem Arbeitgeber gegenüber nachzuweisen ist.

9. Sonstiges/Schlussbestimmungen e) Im Übrigen gelten die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Werk- und Dienstleistungen des Auftraggebers.

Die Beauftragung wurde über den 31.10.2008 hinaus verlängert bis zuletzt 30.06.2010. Der Beigeladene zu 1) übte die Tätigkeit für die Klägerin sowohl von zu Hause aus als auch am Betriebssitz des Kunden aus. Er ließ sich die geleisteten Stunden von Mitarbeitern des Endkunden bestätigen und rechnete die geleisteten Stunden monatlich gegenüber der Klägerin mit Umsatzsteuer ab. Im gesamten Zeitraum rechnete der Beigeladene zu 1) gegenüber der Klägerin monatlich zwischen 120 Stunden (Ausreißer nach unten im August 2009) und 188 Stunden ab.

Am 10.10.2008 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Klägerin. Zu seinem Antrag und im Rahmen der schriftlichen Anhörung mit Schreiben vom 16.02.2009 gab er an, er sei als Freelancer freiberuflich tätig. Er führe das Projekt selbst aus und sei zu 100% für die Klägerin tätig. Es sei ein Stundensatz vereinbart worden und ein Stundenkontingent nach seiner Kalkulation geordert worden für die Sicherstellung der Lösung eines Arbeitspakets. Er könne die Aufgabe vor Ort beim Kunden oder im Homeoffice arbeitsvorbereitend erfüllen. Lediglich bei Arbeiten, bei denen ein direkter Zugriff nur über die IT der BA nötig sei, sei eine vor Ort Tätigkeit unumgänglich. Die Arbeitspakete erhalte er vom Projektleiter der Klägerin. Diese würden dann von ihm hinsichtlich Priorität eingeteilt und selbstständig und eigenverantwortlich abgearbeitet.

Die Klägerin äußerte im Anhörungsverfahren, sie habe bei dem Endkunden ein Gesamtprojekt, wobei die Verantwortung der Projektkoordination dem Projektleiter der Klägerin obliege. Dieser stimme mit dem Beigeladenen zu 1) Arbeitspakete ab, die der Beigeladene zu 1) ausarbeite. Der Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsgebunden und in der Wahl der Art und Weise der Lösungsausarbeitung frei. Er könne auch einen Teil der Ausarbeitung an einen Dritten weitergeben oder das übergebene Arbeitspaket komplett von Dritten ausarbeiten lassen. Bei Tätigkeiten, welche die Nutzung der Kunden-DV erforderten, seien Arbeitsmittel und Arbeitsort aus Sicherheitsgründen vom Endkunden vorgegeben. Im Außenverhältnis habe man die Endkundin bereits vor dem Projektstart informiert, dass für den vom Beigeladenen zu 1) durchzuführenden Projektteil aus Kapazitätsgründen kein eigener Mitarbeiter vorhanden sei. Dies sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Der Beigeladene zu 1) sei in keinerlei betriebliche Abläufe der Klägerin eingegliedert gewesen.

Mit Bescheiden vom 25.03.2009 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin seit dem 01.08.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Modalitäten der Leistungserbringung seien zwischen der Klägerin und ihrem Kunden vereinbart und lediglich an den Beigeladenen zu 1) delegiert worden. Eigene maßgebliche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und Art und Weise der Leistungserbringung bestünden demnach nicht. Die Tätigkeit werde überwiegend in den Räumen des Kunden mit den dortigen Betriebsmitteln ausgeübt. Der Beigeladene zu 1) unterstehe der Projektleitung, die mit ihm die Arbeitspakete abstimme. Gewisse Spielräume ergäben sich aus der fachlichen Qualifikation. Als Vergütung werde eine feste, nicht an einen erkennbaren Arbeitserfolg geknüpfte Stundenvergütung gezahlt. Schwankungen der Honorare seien mit dem Entgeltrisiko vergleichbar, welches stundenweise beschäftigte Arbeitnehmer zu tragen hätten. Allein die formale Berechtigung, die Leistung durch einen Dritten erbringen zu lassen, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisse nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Nach Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung, da die Antragstellung nicht innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsaufnahme erfolgt sei (§ 7a Abs 6 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)).

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Klägerin (am 02.04.2009) als auch der Beigeladene zu 1) (am 27.04.2009) Widerspruch. Die Klägerin führte aus, von ihrer Seite gebe es keine Stundensatzvorgaben, diese seien direkt mit dem Beigeladenen zu 1) vereinbart worden, worin sich auch dessen unternehmerisches Risiko zeige. Der Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsabhängig, weder fachlich noch hinsichtlich zeitlicher Einteilung, er habe jedoch selbstverständlich die Wünsche und Belange des eigenen Kunden sowie des Endkunden zu berücksichtigen. Für einen höheren zeitlichen Aufwand als für das Arbeitspaket veranschlagt, trage der Beigeladene zu 1) das Risiko, ein geringerer Aufwand komme ihm zugute. Unabhängig von Schadensersatzansprüchen sei das Projekt auch zeitlich begrenzt, so dass der Beigeladene zu 1) für Folgeaufträge selbst verantwortlich sei und das Risiko des Ausbleibens von Aufträgen trage. Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Endkunde bestimmte Rahmenbedingungen direkt mit dem Beigeladenen zu 1) vereinbare, insbesondere über den Arbeitsablauf. Es sei üblich, dass umfangreiche IT-Projekte in den Räumen des Kunden erbracht würden.

Der Beigeladene zu 1) äußerte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ua, er sei nicht in den Betrieb der Klägerin eingliedert. Er habe seinen Stundensatz frei verhandelt, andere Kollegen hätten andere Sätze erhalten. Da die Vergütung über der eines Angestellten in vergleichbarer Position liege, erziele er höhere Gewinne während der Projektlaufzeit. Andererseits könnten Regressansprüche geltend gemacht werden, wenn die Leistung fehlerhaft sei. Im Übrigen sei bei Kollegen von ihm, die im gleichen Projekt tätig seien, die Selbstständigkeit von der Beklagten anerkannt worden.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 21.01.2010 wies die Beklagte sodann die Widersprüche zurück. Der Beigeladene zu 1) sei vor Ort in den Räumen der BA unter Nutzung von deren Hard- und Software tätig. Die im Einzelnen zu erbringende Leistung werde ihm in Form von Arbeitspaketen durch den Projektleiter der Klägerin zugewiesen. Auch bei vielen Beschäftigten bestehe die Arbeitsleistung in der eigenen Arbeitsplanung und eigenständigen Abarbeitung der gestellten Aufgaben. Vorliegend würden konkrete Weisungen hinsichtlich Arbeitsort und -zeit von der Klägerin erteilt. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation setze nicht das Eingebundensein in Arbeitsabläufe am Betriebssitz des Auftraggebers voraus, sondern könne auch bei auswärts zu erfüllenden Aufgaben bereits durch die Übertragung einer konkreten Funktion zur Erfüllung einer vom Auftraggeber übernommenen Verpflichtung vorliegen. Die Klägerin setze den Beigeladenen zu 1) ein, um eine mit der T-S. vereinbarte Verpflichtung zu erfüllen. Der Beigeladene zu 1) habe kein erhebliches Unternehmerrisiko getragen. Er habe kein maßgebliches Kapital für eine eigene Betriebsstätte, Arbeitsmittel und Software aufgewendet, auch habe er seine Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt angesichts der festen Vergütung von 27,00 EUR pro Arbeitsstunde.

Hiergegen richtet sich die am 01.02.2010 von der Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

Mit Änderungsbescheiden vom 02.09.2010 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) hat die Beklagte die Bescheide vom 25.03.2009 dahingehend abgeändert, dass in der vom Beigeladenen zu 1) ab 01.08.2008 ausgeübten Beschäftigung bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Das SG hat mit Urteil vom 27.09.2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Bezug genommen auf das Senatsurteil vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) und sich der Beurteilung des Senats im Hinblick auf die weitgehend gleichlautenden Vertragstexte zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) angeschlossen. Auch im vorliegenden Fall sei der Leistungsinhalt in der "Beauftragung" vom 18.07.2008 nicht konkret umschrieben, sondern der Beigeladene zu 1) sei mit der Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen als Operator für das Projekt C. bei der BA beauftragt worden. Die Arbeitspakete seien dem Beigeladenen zu 1) von dem Projektleiter der Klägerin zugeteilt worden, so dass damit auch der Vertragsgegenstand hinsichtlich der zu erbringenden Arbeitsleistungen konkretisiert worden sei. Bestimmte Leistungen seien in den Räumen der Endkundin in Nürnberg zu erledigen gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe einen Nachweis über den tatsächlich benötigten zeitlichen Aufwand zu führen gehabt, der vom Projektleiter der Klägerin bzw dem Endkunden abzuzeichnen gewesen sei, so dass eine entsprechende Kontrolle erfolgt sei. Weiter habe der Beigeladene zu 1) kein wesentliches Unternehmerrisiko getragen. Er sei nach geleisteten Arbeitsstunden zu einem vereinbarten Stundensatz vergütet worden und zwar - soweit erkennbar - ohne Abzüge für etwaige Schlechtleistungen. Auch aus der Haftung für eine fehlerhafte Arbeitsausführung ergebe sich allein kein Unternehmerrisiko, da diese, wenn auch in der Regel eingeschränkt, auch Arbeitnehmer treffe. Das Vorhalten eines häuslichen Arbeitszimmers und einer betrieblichen Haftpflichtversicherung, die von der Klägerin verlangt worden sei, falle gegenüber dem Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht deutlich ins Gewicht.

Gegen das ihr am 10.10.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.10.2012 eingelegte Berufung der Klägerin. Der Einsatz von selbstständigen EDV-Ingenieuren sei in Großunternehmen weit verbreitet. Zur Auslegung des § 7 SGB IV bei IT-Dienstleistungen von Freelancern gebe es keine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Die vom Senat im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11) aufgestellten Rechtssätze stünden im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG (wird ausgeführt). Vorliegend sei eine Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Die vorliegende Leistungsbeschreibung mit "Erbringung von Beratungs- und Dienstleistungen als Operator für das Projekt C." sei ausreichend und bedürfe keiner weiteren Konkretisierung durch die Klägerin. Alle Beteiligten wüssten, was zu tun ist. Gerade im Rahmen einer Beratung könne eine Leistungsbeschreibung nicht präziser sein. Der Beigeladene zu 1) habe auch ein Unternehmerrisiko. Er trete am Markt als Unternehmer auf, werbe für sich und unterhalte eine eigene EDV. Er setze damit eigenes Kapital ein auch mit der Gefahr des Verlustes. Branchenspezifische Besonderheiten dürften nicht unberücksichtigt bleiben. Sämtliche Dienstleistungsbereiche seien als betriebsmittelarm einzustufen. Insbesondere unterliege der Beigeladene zu 1) einem Haftungsrisiko. Sollte der Haftungsfall eintreten, könnten diesbezügliche Ansprüche das Honorar auch übersteigen, so dass die Gefahr eines Verlustes bestehe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.09.2012 und die Bescheide der Beklagten vom 25.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.01.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.09.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Operator für die Klägerin in der Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. In der Berufungsbegründung würden keine entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung der Rechtsauffassung der Beklagten rechtfertigten.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Bescheide vom 25.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.01.2010, abgeändert durch Bescheide vom 02.09.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 bestand Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen, zudem hat die Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 02.09.2010 die Anforderungen erfüllt, die das BSG an eine Statusfeststellung gestellt hat. Danach genügt nicht die losgelöste Entscheidung über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern es ist ebenso eine Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht zu treffen (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2 mit Anmerkung von Plagemann, EWiR 2009, 689; 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271).

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigeladene zu 1) am 10.10.2008 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).

Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012 aaO).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 bei der Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Klägerin führte bei ihrem Kunden T-S. Projekte durch, in deren Rahmen der Beigeladene zu 1) für die Klägerin bei dem Endkunden tätig war. Die Tätigkeit umfasste Beratungs- und Dienstleistungen für das Projekt C ... Eine derartige Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern grundsätzlich auch als freier Mitarbeiter (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Abgesehen davon hat der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt.

Vorliegend spricht die konkrete Vertragsbeziehung dafür, dass der Beigeladene zu 1) der Klägerin allein seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Durch die Einbindung in ein Projekt, dessen Durchführung Gegenstand eines Vertragsverhältnisses der Klägerin mit ihrem Kunden T-S. war, liegt eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in den Betrieb der Klägerin vor. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Leistung des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin benötigt wird, damit diese ein von ihr ihrem Kunden im Rahmen eines Werkvertrags geschuldetes Projekt realisieren kann. Die Leistungsbeschreibung in den Vertragsbedingungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) bezieht sich ausdrücklich auf eine Dienstleistung bei dem Endkunden. Erschöpfte sich die Verpflichtung der Klägerin gegenüber ihrem Kunden demgegenüber in der Zurverfügungstellung des Beigeladenen zu 1), läge unzweifelhaft ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vor (BAG 09.11.2004, 7 AZR 217/94, juris), der nach § 1 Abs 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz einer Erlaubnis bedürfte. Keine Arbeitnehmerüberlassung ist dagegen anzunehmen, wenn - wie hier - nur die Klägerin dem Kunden für die Erfüllung der im Vertrag mit diesem vereinbarten Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Dies setzt allerdings voraus, dass sie über einen ausreichenden Einfluss auf die von ihr zur Ausführung des Vertrags mit dem Kunden eingesetzten Arbeitskräfte verfügt. Ein entsprechender Einfluss ist hier vertraglich vorgesehen, der insoweit einer arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis vergleichbar ist. Dies ergibt sich aus den AGB für Subunternehmer, die nach Nr 9 Buchst e des Vertrags zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ergänzend gelten. Nr 2.2 der AGB lautet: "Die von S. vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele entbinden den Auftragnehmer nicht von seiner Verantwortung für eine technisch einwandfreie und wirtschaftliche Lösung." In Nr 2.3 der AGB ist geregelt: "Sofern beim Erbringen der vertraglichen Leistung noch Veränderungen beim Leistungsinhalt und -umfang notwendig erscheinen, wird der Auftragnehmer S. hiervon unverzüglich unterrichten und die Entscheidung einholen, ob der Auftrag in geänderter Form weitergeführt werden soll. Zusatz- oder Änderungsleistungen, die ohne vorherige Zustimmung von S. erbracht werden, begründen keinen Vergütungsanspruch. S. kann schriftlich Änderungen oder Zusatzleistungen verlangen. Der Arbeitnehmer wird diese, wenn und soweit sie realisierbar sind, nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen vornehmen." Mit diesen Regelungen hat sich die Klägerin das Recht gesichert, einen bestimmenden Einfluss auf den Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und ihre Ausführung zu nehmen. Wie der Senat bereits im Urteil vom 14.02.2012 (L 11 KR 3007/11, juris) ausgeführt hat, welches ebenfalls die Klägerin betraf, können die AGB ohne konkreten Bezug auf den Inhalt des mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Vertrag nicht so verstanden werden, dass damit lediglich die vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistung ein- und abgegrenzt wird. Die geschuldete Dienstleistung ist nicht so bestimmt gefasst, dass die von der Klägerin "vorgegebenen Leistungswünsche, -merkmale und -ziele" bzw die gewünschten "Änderungen oder Zusatzleistungen" nicht auch Zeit und Ort der Arbeitsleistung umfassen könnten. Ob die Klägerin von ihrer Rechtsmacht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich (Senatsurteil vom 14.02.2012, aaO).

Dagegen spricht nicht, dass Weisungen in fachlicher Hinsicht nicht erforderlich waren. Das Weisungsrecht kann insbesondere bei Diensten höherer Art auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein, wenn der Beschäftigte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 19). Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ergibt sich aus der von ihm zitierten Rechtsprechung des BSG (27.11.1980, 8a RU 26/80 und 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R) nicht, dass Anweisungen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags zur Beeinflussung der Erfüllung des Auftrags in ähnlicher Form wie Weisungen möglich wären, ohne dass dies auf die Stellung als selbstständig tätige oder abhängig beschäftigte Person durchschlagen würde. In den genannten Entscheidungen zu Ringtourenfahrern bzw einem Dozenten an der Volkshochschule waren die als selbstständig eingestuften Tätigkeiten zwar keineswegs frei von jeglicher Bindung, die Einflussnahme erfolgte indes nicht durch Einzelanordnungen, sondern durch entsprechende Rahmenvereinbarungen oder -pläne. Umstände, die bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall in der zugrunde liegenden rechtlichen Gestaltung, aufgrund derer auch im laufenden Betrieb - wie oben ausgeführt - eine Einflussnahme der Klägerin auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) möglich war und auch tatsächlich erfolgte, denn dem Beigeladenen zu 1) wurden vom Projektleiter der Klägerin Arbeitspakete zugeteilt, mit denen die konkret zu erledigenden Aufgaben erst konkretisiert wurden (vgl hierzu Senatsurteil vom 14.02.2012, L 11 KR 3007/11, aaO). Hierzu hat der Prokurist der Beklagten Weiß in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, dass die genauen Abläufe sich erst im Rahmen des Projekts konkretisierten, die Mitarbeiter müssten an Projektsitzungen teilnehmen zur Abstimmung der einzelnen Arbeiten, die teilweise auch voneinander abhängig seien. Dies bestätigt eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin über die Einbindung in das (Teil-)Projekt, das durch den Projektleiter der Klägerin koordiniert worden ist. Eine konkret abgrenzbare Tätigkeit, die der Beigeladene zu 1) tatsächlich weisungsfrei hätte verrichten können, ist bei der vorliegenden Gestaltung nicht zu erkennen.

Der Beigeladene zu 1) war in der Gestaltung von Arbeitszeit und -ort nur teilweise frei, denn er musste überwiegend am Betriebssitz des Endkunden tätig sein, da er keinen Remote-Zugang hatte und der Endkunde aus Sicherheitsgründen nur eine Tätigkeit in seinem Betrieb mit seinem Betriebsmitteln erlaubte. Dies liegt allerdings in der Natur der Sache und ist daher kein entscheidendes Kriterium. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass wenn auch ein konkretes Weisungsrecht diesbezüglich in der "Beauftragung" des Beigeladenen zu 1) nicht geregelt war, sich gleichwohl Einflussmöglichkeiten der Klägerin aus den ebenfalls maßgeblichen AGB ergeben. Im Übrigen sind Freiheit und Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit auch bei leitenden Angestellten möglich.

Die vertraglich eingeräumte Möglichkeit, sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen zu bedienen, spricht weder für noch gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Die Befugnis zu Delegation allein ist kein entscheidendes Kriterium, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird und überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (BSG 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, juris). Tatsächlich hat der Beigeladene zu 1) keine anderen Personen eingesetzt; es kann daher auch offenbleiben, inwieweit der Einsatz Dritter beim Endkunden schon aus Sicherheitsgründen überhaupt möglich gewesen wäre.

Ein wesentliches unternehmerisches Risiko hat der Beigeladene zu 1) vorliegend nicht getragen. Maßgebend ist insoweit das einzelne Auftragsverhältnis, weshalb es ohne Bedeutung ist, dass der Beigeladene zu 1) vor und nach Abwicklung eines Auftragsverhältnisses das Risiko einer Beschäftigung trägt. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Erhebliche eigene Betriebsmittel hat der Beigeladene zu 1) mit PC, Laptop und Unterhaltung eines Homeoffice nicht eingesetzt. Insoweit ist allerdings als branchenspezifisch zu berücksichtigen, dass Dienstleistungen, wie sie der Beigeladene zu 1) anbietet, generell betriebsmittelarm sind. In gleicher Weise liegt es in der Natur der Sache, dass dem Beigeladenen zu 1) von der Endkundin aus Sicherheitsgründen Zugang zu ihrer Hard- und Software und ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend ist aber, dass der Beigeladene zu 1) nicht das Risiko zu tragen hatte, ob der Einsatz seiner Arbeitskraft überhaupt mit einem Entgelt entlohnt wird, denn es erfolgte eine Vergütung mit festem Stundenlohn nach geleisteten Arbeitsstunden. Insoweit war gerade nicht ein Erfolg im Rahmen eines Werkvertrags geschuldet, sondern die Dienstleistung. Zwar war in den AGB eine Mängelbeseitigungsklausel (Nr 3.2) vorgesehen, grundsätzlich wurden jedoch die geleisteten Arbeitsstunden vergütet. War nur eine Dienstleistung und kein Erfolg geschuldet, konnte der Beigeladene zu 1) auch nach der Beauftragung nicht für eine bestimmte Lösung eines Problems haften. Vergütet wurden auch nur die tatsächlich geleisteten Stunden; selbst wenn der Beigeladene zu 1) zur Erfüllung einer Aufgabe weniger Stunden gebraucht hätte, als veranschlagt, hätte sich dadurch sein Verdienst - anders als der Gewinn bei einem Unternehmer, der das Kalkulationsrisiko trägt - nicht erhöht. Auf der anderen Seite bestand auch keine Gefahr, dass der Beigeladene zu 1) zur Zielerreichung hätte zusätzliche Stunden leisten müssen, die nicht vergütet worden wären.

Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).

In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.

Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und dem folgend in der Pflegeversicherung steht nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) eine Vergütung erzielt hat, die oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt. Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der vom 01.07.2008 bis 21.12.2010 geltenden Fassung (Gesetz vom 26.03.2007, BGBl I 378) sind versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist inzwischen geklärt, dass das Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze auch Personen mit einem Einkommen oberhalb dieser Grenze erfasst, die vor Beginn ihrer Beschäftigung aufgrund selbstständiger Tätigkeit nicht in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert waren (BSG 27.06.2012, B 12 KR 6/10 R, juris). Da selbstständige Tätigkeiten in den Dreijahreszeitraum nicht einzurechnen sind, hat der Beigeladene zu 1) nicht unmittelbar vor Beschäftigungsaufnahme in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten und ist damit auch nicht versicherungsfrei.

Die Beklagte hat nach alledem zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin für T-S. bei der BA vom 01.08.2008 bis 30.06.2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht war. Da der Beigeladene zu 1) den Antrag nach § 7a SGB IV auch nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt hat, kam auch ein späterer Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht nach § 7a Abs 6 SGB IV nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin nicht aufzuerlegen, weil diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Rechtskraft
Aus
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