Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 393/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4859/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.09.2011 wird zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 wegen einer Tätigkeit als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson (§ 3 Satz 1 Nr. 1a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI).
Die Mutter der 1951 geborenen Klägerin zog sich im Juni 2009 bei einem Sturz im häuslichen Bereich eine vordere und hintere Beckenringfraktur zu. Nach Akutbehandlung im Krankenhaus, einer geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlung, der Rehabilitationsversorgung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung und der Pflege durch eine Schwester der Klägerin zog die Mutter der Klägerin Ende Oktober 2009 wieder in ihren eigenen Haushalt nach Coburg. Um ihre Mutter dort zu pflegen, ließ sich die Klägerin vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 von ihrem Arbeitgeber auf der Grundlage des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) von ihrer Arbeitsleistung freistellen (Bl. 60 Bekl.-Akte).
Mit Bescheid vom 13.07.2009 gewährte die Beigeladene der Mutter der Klägerin zunächst ab 02.07.2009 Leistungen entsprechend der Pflegestufe I (gesamter Pflegeaufwand mindestens 90 Minuten, davon Grundpflege mindestens 45 Minuten) gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SBG XI), eine Überprüfung der Pflegesituation wurde erstmals zum 31.12.2009 in Aussicht gestellt (Bl. 66 f. LSG-Akte). Auf den Widerspruch der Mutter der Klägerin gegen diesen Bescheid übernahm die Beigeladene mit Bescheid vom 13.10.2009 Leistungen entsprechend der Pflegestufe II (gesamter Pflegeaufwand mindestens 180 Minuten, davon Grundpflege mindestens 120 Minuten) gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB XI (Bl. 62 LSG-Akte). Hintergrund für diese Abhilfeentscheidung war ein Pflegegutachten der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung N. und im Lande B. (MDK N. und B. ) vom 30.09.2009 (Bl. 59 Bekl.-Akte), das seit Juni 2009 einen Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 121 Minuten pro Tag und für die hauswirtschaftliche Versorgung in Höhe von 60 Minuten pro Tag auswies.
Im Rahmen einer Nachuntersuchung am 07.12.2009 gelangte ein späteres Pflegegutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) B. vom 10.12.2009 (Bl. 16 Akte Beigel.; Bl. 45 Bekl.-Akte) zum Ergebnis, dass sich der Grundpflegeaufwand auf 46 Minuten am Tag und der Pflegeaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung auf 45 Minuten am Tag reduziert habe. Damit erfüllte die Mutter der Klägerin lediglich noch die Voraussetzungen zur Zuerkennung der Pflegestufe I. Nach einem weiteren, nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 12.02.2010 (Bl. 41 Akte Beigel.) durch den MDK B. erhöhte sich zwar der Aufwand für die Grundpflege auf 49 Minuten am Tag, die Empfehlung einer Einstufung in Pflegestufe I ab Dezember 2009 bestand allerdings weiter fort.
Mit Schreiben vom 11.11.2009 beantragte die Klägerin zunächst bei der Beigeladenen die Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen mit der Begründung, sie pflege ihre Mutter vom 01.11.2009 bis vorerst 31.12.2009 (Bl. 2 f. Akte Beigel.). Diesen Antrag lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 15.12.2009 und der Begründung ab, die von Klägerin geleisteten Pflegetätigkeiten erreichten keinen Mindestumfang von 14 Stunden in der Woche (Bl. 22 Akte Beigel.). Nach Widerspruch durch die Klägerin leitete die Beigeladene den Antrag zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht an die Beklagte (Bl. 19 Bekl.-Akte) weiter. Auch diese lehnte den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson mit (Erst-)Bescheid vom 07.05.2010 wegen fehlender Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI ab (Bl. 25 Bekl.-Akte). Auf Grundlage der Feststellungen in den Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 10.09.2010 lediglich für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis 06.12.2009 ab (Bl. 67 Bekl.-Akte). Den von der Klägerin für den Zeitraum vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 zurück (Bl. 80 Bekl.-Akte).
Die von der Klägerin dagegen am 10.02.2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht Konstanz (SG) mit Urteil vom 15.09.2011 abgewiesen. Bei der Ermittlung des Umfangs der Mindestpflegezeit im Umfang von 14 Stunden wöchentlich nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI hat das SG die in § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege sowie die zur hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlichen Zeiten berücksichtigt. Danach habe der Hilfebedarf der Mutter der Klägerin seit dem 07.12.2009 - so das SG unter Berufung auf die vorliegenden Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 - weniger als 14 Stunden wöchentlich betragen. Mit dem Wegfall der Voraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sei auch die Versicherungspflicht der Klägerin entfallen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen.
Gegen das der Klägerin am 19.10.2011 zugestellte Urteil hat diese am 08.11.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und insbesondere die Verletzung von Vertrauensschutzgesichtspunkten gerügt, da sie zum damaligen Zeitpunkt auf die Anerkennung des Pflegeumfangs durch die Pflegekasse von mindestens 14 Stunden wöchentlich vertraut und entsprechende Dispositionen getroffen habe.
Die Klägerin beantragt (Bl. 32, 31 LSG-Akte),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.09.2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 07.05.2010 in der Gestalt des Bescheides vom 10.09.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 abzuändern und festzustellen, dass sie auch in der Zeit vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege ihrer Mutter gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI versicherungspflichtig war, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Klägerin bestand in der Zeit vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 keine Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI mehr.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 07.05.2010 und 10.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011. Der mit Widerspruch angefochtene Bescheid der Beigeladenen vom 15.12.2009 ist durch Weiterleitung des Antrags der Klägerin an die vorliegend für die Feststellung der Versicherungspflicht allein zuständige Beklagte (dazu später) gegenstandslos geworden. Denn mit der Weiterleitung gab die Beigeladene zu erkennen, dass sie an ihrem Bescheid nicht festhalten wollte (vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -).
Die Klage ist zulässig. Insbesondere mit Blick auf die Anfechtungsklage ist die Klägerin mit der Ablehnung der Feststellung ihrer Versicherungspflicht trotz des nach § 122 SGB VI geltenden Monatsprinzips - das dazu führt, dass im Versicherungsverlauf der Klägerin der Monat Dezember 2009 als ganzer Monat mit einer Pflichtbeitragszeit belegt ist, auch wenn die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nur für einen Bruchteil des Monats (hier bis 06.12.2009) anerkannt ist - wegen § 166 Abs. 2 SGB VI beschwert. Denn das auf der Grundlage des § 166 Abs. 2 SGB VI fingierte Einkommen kann sich - nach taggenauer Feststellung - auf die Höhe der im Monat Dezember 2009 erworbenen Entgeltpunkte und damit auf die künftige Rentenhöhe auswirken. Entsprechend besteht auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Versicherungspflicht der Klägerin für die Pflege ihrer Mutter am 06.12.2009 endete. Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit rentenversicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat.
Zuständig für die Feststellung der Versicherungspflicht einer nichterwerbsmäßig tätigen Pflegeperson ist die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht die Beigeladene als Trägerin der sozialen Pflegeversicherung (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 10 m.w.N.).
Die Rentenversicherungspflicht einer Pflegeperson im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI tritt unabhängig von einem Antrag der Pflegeperson kraft Gesetzes ab dem Zeitpunkt ein, in dem alle in § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Reinhardt in LPK-SGB VI, 3. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 12; Segebrecht in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 16; Kreike¬bohm/Kuszynski in Eichenhofer/Rische/Schmähl, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, 2. Aufl. 2012, Kap. 10 Rdnr. 28). Im Umkehrschluss endet dementsprechend eine nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI begründete Versicherungspflicht auch kraft Gesetzes an dem Tag, an dem eine der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht wieder entfällt (vgl. Reinhardt, a.a.O., Rdnr. 13; Segebrecht, a.a.O., Rdnr. 17). Davon geht auch das Bundessozialgericht (BSG) aus, indem es die Versicherungspflicht der Pflegepersonen von der Zeit abhängig macht, in der sie den Pflegebedürftigen tatsächlich pflegen (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2001, B 12 P 3/00 R in SozR 3-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 27).
Den Beginn und das Ende der Versicherungspflicht wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege auf den Tag genau in Abhängigkeit von der tatsächlichen Erbringung von Pflegeleistungen festzulegen, wird auch vom Wortlaut der Regelung gestützt, da § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI in Gestalt einer eigenständigen Tatbestandsvoraussetzung auf die Zeit abstellt, "in der" die Pflegeperson den Pflegebedürftigen wenigstens 14 Stunden in der Woche - tatsächlich - pflegt; auch der letzte Halbsatz der Nr. 1a stellt auf die tatsächlich geleistete "Mindeststundenzahl" von 14 Stunden ab. Eine solche Auslegung entspricht außerdem der vorrangigen Zielsetzung der Regelung des Versicherungspflichttatbestandes nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI, Lücken in der Versicherungsbiografie der Pflegeperson zu schließen, die anderenfalls einträten, weil bei den in der Vorschrift genannten Tatbeständen eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausgeübt wird und daher durch sie - in dieser Zeit - keine (anderen) Pflichtbeitragszeiten erworben werden können (vgl. Segebrecht, a.a.O., Rdnr. 2). Berücksichtigt man schließlich, dass das bis 01.01.1992 geltende Monatsprinzip (§ 1227 Abs. 1 Satz 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), § 2 Abs. 2 Satz 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG)) gerade nicht in das SGB VI übernommen wurde (so KassKomm/Gürtner, Sozialversicherungsrecht, § 1 SGB VI Rdnr. 4), entspricht die vorliegende Auslegung, die Versicherungspflicht taggenau vom Eintritt oder Wegfall eines bestimmten Sachverhalts abhängig zu machen, auch der Regelungssystematik des SGB VI.
Zusammenfassend heißt dies, dass das Vorliegen der Versicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen entscheidend von der Erfüllung der tatsächlichen wöchentlichen Pflegezeit von 14 Stunden abhängt. Es kann vorliegend deshalb dahinstehen, ob und ggf. wie lange der Mutter der Klägerin durch die Beigeladene über den 06.12.2009 hinaus noch Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung gewährt wurden.
Vorliegend endete auf dieser Grundlage die Versicherungspflicht der Klägerin als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI mit Ablauf des 06.12.2009 kraft Gesetzes; denn mit dem Unterschreiten des anzurechnenden Pflegeaufwands auf unter 14 Stunden wöchentlich zumindest seit dem 07.12.2009 lag eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht mehr vor. Dies steht für den Senat auf Grund der Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 fest. Das MDK-Gutachten vom 12.02.2010 setzte den festgestellten Hilfebedarf in der Grundpflege auf 49 Minuten fest und erhöhte ihn gegenüber dem MDK-Gutachten vom 10.12.2009 um vier Minuten am Tag. Zusammen mit dem - in beiden Gutachten gleichgebliebenen - Pflegeaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung von täglich 60 Mi¬nuten lag der zu berücksichtigende Gesamtpflegebedarf ab 07.12.2009 bei 109 Minuten täglich; damit betrug er weniger als täglich 120 Minuten, die für das (Fort-)Be¬stehen der Versicherungspflicht der Klägerin erforderlich gewesen wäre.
Bei der Berechnung des mindestens 14-stündigen Pflegeaufwands im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigte die Beklagte zu Recht nur solche Tätigkeiten, die für die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grund¬pflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und hauswirtschaftlichen Versorgung er¬forder¬lich waren. Weitergehende andere Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI erhalten sind, etwa die Zeit, die für Betreu¬ungsleistungen aufgewendet wird und die in § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Berechnung des Umfangs der (Mindest-) Pfle¬ge¬zeit nicht zu berücksichtigen (so BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 13 ff. m.w.N.; bestätigend BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 9/10 R in SozR 4 § 3 Nr. 6, juris Rdnr. 18 f.). Hinweise darauf, dass die im Gutachten vom 12.02.2010 zu Grunde gelegten Zeiten für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung unzutreffend wären, finden sich nicht. Letztlich hat auch die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen tatsächlich höheren Pflegeaufwand geltend gemacht, vielmehr wies sie in ihrem Widerspruchsschreiben gegen den Bescheid vom 07.05.2010 selbst darauf hin, ihre Mutter habe sich beim Besuch des MDK am 07.12.2009 so weit stabilisiert gehabt, dass der tatsächliche Pflegaufwand nun geringer gewesen sei (Bl. 30 Bekl.-Akte).
Auch aus der vom BSG postulierten "Akzessorietät" (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 16 m.w.N.) der Rentenversicherungspflicht und ihrer Voraussetzungen zu den Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegeversicherung bzw. der angenommenen "Kongruenz" zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen und die pflegende Person folgt nichts anderes. Abgesehen davon, dass die Entscheidung des BSG keine abweichenden Aussagen zum Ende der Versicherungspflicht trifft und sich an der von der Klägerin zitierten (Bl. 30 f. LSG-Akte) Stelle (BSG, a.a.O., juris Rdnr. 16) damit beschäftigt, welche Pflegeleistungen bei der Berechnung des mindestens 14-stündigen Pflegeaufwands im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI zu Grunde zu legen sind (gerade keine sonstigen Betreuungsleistungen, sondern nur solche Leistungen, die auch Gegenstand für die Einstufung der Pflegestufe sind, vgl. BSG, a.a.O, juris Rdnr. 15 ff.), entbindet die Annahme einer Akzessorietät oder Kongruenz gerade nicht von der Tatbestandsvoraussetzung des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI, dass die jeweilige Pflegeperson tatsächlich auch mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegt.
Im Weiteren wendet die Klägerin zu Unrecht Vertrauensschutzgesichtspunkte ein (Bl. 29 ff. LSG-Akte), die zu einem Weiterbestehen ihrer nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI begründeten Versicherungspflicht bis 31.12.2009 führen könnten. Ein Vertrauensschutztatbestand ist weder durch die Freistellung nach dem PflegeZG noch durch Maßnahmen der Beigeladenen begründet worden.
So kann die Tatsache, dass sich die Klägerin vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 von ihrem Arbeitgeber auf der Grundlage des PflegeZG von ihrer Arbeitsleistung freistellen ließ (Bl. 29 f. LSG-Akte), kein schützenswertes Vertrauen mit Blick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslösen. Denn bei dieser Freistellung handelt es sich um ein arbeitsrechtliches Instrument zur Ermöglichung der Pflege naher Angehöriger (§ 1 PflegeZG), das Pflegepersonen allein arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. Freistellung § 3 Pflege¬ZG) eröffnet bzw. Schutzrechte (Kündigungsschutz § 5 PflegeZG) begründet, aber gerade keine Gestaltungswirkung sozialversicherungsrechtlicher Rechtsverhältnisse bewirken kann, zumal die Träger der Sozialversicherung bei der Freistellung in keiner Weise beteiligt sind.
Soweit sich die Klägerin außerdem darauf beruft, im MDK-Gutachten vom 30.09.2009 sei die Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II ohne zeitliche Befristung empfohlen worden und die Beigeladene habe mit (Abhilfe-)Bescheid vom 13.10.2009 Pflegegeldleistungen entsprechend der Pflegestufe II bewilligt (Bl. 31, 45, 46 LSG-Akte), können auch daraus keine Vertrauensschutzgesichtspunkte abgeleitet werden. Zwar räumt § 18 SGB XI dem MDK bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit eine zentrale Stellung ein, allerdings trifft er keine eigenständigen Entscheidungen mit Außenwirkung. Bei den Gutachten des MDK (bzw. eines von der Pflegekasse beauftragten Gutachters) handelt es sich um Verwaltungsgutachten, die lediglich eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgenden Entscheidungen der Pflegekasse darstellen. Hinzu kommt, dass das Gutachten vom 30.09.2009 durch die nachfolgenden Gutachten über die geringere Pflegebedürftigkeit der Mutter der Klägerin überholt ist.
Auch die - an die Mutter der Klägerin als Pflegebedürftige und nicht an die Klägerin als Pflegeperson adressierten - Bescheide der Beigeladenen konnten - mangels einer sogenannten Tatbestandswirkung - keinen Vertrauensschutz der Klägerin mit Blick auf ihre Versicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson bewirken: Wie bereits vorstehend dargelegt, ist die Beigeladene als Pflegekasse gar nicht zuständig, Feststellungen zur Versicherungspflicht gegenüber der Klägerin zu treffen. Solche Feststellungen traf sie in den Bewilligungsbescheiden auch nicht. Mit der Bewilligung von Pflegeleistungen auf der Grundlage einer bestimmten Pflegestufe gegenüber dem Pflegebedürftigen wird inhaltlich keine Aussage darüber getroffen, welche Pflegeperson in welchem Umfang die Pflegeleistungen tatsächlich erbringt. Denn erst das tatsächliche Erbringen von Pflegeleistungen im Umfang von mindestens 14 Stunden durch eine einzige Pflegeperson vermag - neben dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen - die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI zu begründen. Schließlich unterliegen derartige Leistungsbewilligungen grundsätzlich dem Vorbehalt späterer Änderungen (vgl. § 48 SGB X), so dass durch eine auf die Zukunft bezogene, unbefristete Leistungsbewilligung als solchen - entgegen der Auffassung der Klägerin - kein Vertrauenstatbestand gegen die Berücksichtigung tatsächlicher späterer Veränderungen geschaffen wird.
Aus den eben dargestellten Gründen verbietet es sich auch, in dem Pflegegutachten vom 30.09.2009 bzw. dem - an die Mutter der Klägerin adressierten - Abhilfebescheid vom 13.10.2009 eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X zu sehen (Bl. 30 LSG-Akte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 wegen einer Tätigkeit als nicht erwerbsmäßige Pflegeperson (§ 3 Satz 1 Nr. 1a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI).
Die Mutter der 1951 geborenen Klägerin zog sich im Juni 2009 bei einem Sturz im häuslichen Bereich eine vordere und hintere Beckenringfraktur zu. Nach Akutbehandlung im Krankenhaus, einer geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlung, der Rehabilitationsversorgung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung und der Pflege durch eine Schwester der Klägerin zog die Mutter der Klägerin Ende Oktober 2009 wieder in ihren eigenen Haushalt nach Coburg. Um ihre Mutter dort zu pflegen, ließ sich die Klägerin vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 von ihrem Arbeitgeber auf der Grundlage des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) von ihrer Arbeitsleistung freistellen (Bl. 60 Bekl.-Akte).
Mit Bescheid vom 13.07.2009 gewährte die Beigeladene der Mutter der Klägerin zunächst ab 02.07.2009 Leistungen entsprechend der Pflegestufe I (gesamter Pflegeaufwand mindestens 90 Minuten, davon Grundpflege mindestens 45 Minuten) gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SBG XI), eine Überprüfung der Pflegesituation wurde erstmals zum 31.12.2009 in Aussicht gestellt (Bl. 66 f. LSG-Akte). Auf den Widerspruch der Mutter der Klägerin gegen diesen Bescheid übernahm die Beigeladene mit Bescheid vom 13.10.2009 Leistungen entsprechend der Pflegestufe II (gesamter Pflegeaufwand mindestens 180 Minuten, davon Grundpflege mindestens 120 Minuten) gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB XI (Bl. 62 LSG-Akte). Hintergrund für diese Abhilfeentscheidung war ein Pflegegutachten der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung N. und im Lande B. (MDK N. und B. ) vom 30.09.2009 (Bl. 59 Bekl.-Akte), das seit Juni 2009 einen Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 121 Minuten pro Tag und für die hauswirtschaftliche Versorgung in Höhe von 60 Minuten pro Tag auswies.
Im Rahmen einer Nachuntersuchung am 07.12.2009 gelangte ein späteres Pflegegutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) B. vom 10.12.2009 (Bl. 16 Akte Beigel.; Bl. 45 Bekl.-Akte) zum Ergebnis, dass sich der Grundpflegeaufwand auf 46 Minuten am Tag und der Pflegeaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung auf 45 Minuten am Tag reduziert habe. Damit erfüllte die Mutter der Klägerin lediglich noch die Voraussetzungen zur Zuerkennung der Pflegestufe I. Nach einem weiteren, nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 12.02.2010 (Bl. 41 Akte Beigel.) durch den MDK B. erhöhte sich zwar der Aufwand für die Grundpflege auf 49 Minuten am Tag, die Empfehlung einer Einstufung in Pflegestufe I ab Dezember 2009 bestand allerdings weiter fort.
Mit Schreiben vom 11.11.2009 beantragte die Klägerin zunächst bei der Beigeladenen die Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen mit der Begründung, sie pflege ihre Mutter vom 01.11.2009 bis vorerst 31.12.2009 (Bl. 2 f. Akte Beigel.). Diesen Antrag lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 15.12.2009 und der Begründung ab, die von Klägerin geleisteten Pflegetätigkeiten erreichten keinen Mindestumfang von 14 Stunden in der Woche (Bl. 22 Akte Beigel.). Nach Widerspruch durch die Klägerin leitete die Beigeladene den Antrag zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht an die Beklagte (Bl. 19 Bekl.-Akte) weiter. Auch diese lehnte den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Pflegeperson mit (Erst-)Bescheid vom 07.05.2010 wegen fehlender Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI ab (Bl. 25 Bekl.-Akte). Auf Grundlage der Feststellungen in den Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 10.09.2010 lediglich für den Zeitraum vom 01.11.2009 bis 06.12.2009 ab (Bl. 67 Bekl.-Akte). Den von der Klägerin für den Zeitraum vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 zurück (Bl. 80 Bekl.-Akte).
Die von der Klägerin dagegen am 10.02.2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht Konstanz (SG) mit Urteil vom 15.09.2011 abgewiesen. Bei der Ermittlung des Umfangs der Mindestpflegezeit im Umfang von 14 Stunden wöchentlich nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI hat das SG die in § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege sowie die zur hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlichen Zeiten berücksichtigt. Danach habe der Hilfebedarf der Mutter der Klägerin seit dem 07.12.2009 - so das SG unter Berufung auf die vorliegenden Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 - weniger als 14 Stunden wöchentlich betragen. Mit dem Wegfall der Voraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sei auch die Versicherungspflicht der Klägerin entfallen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen.
Gegen das der Klägerin am 19.10.2011 zugestellte Urteil hat diese am 08.11.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und insbesondere die Verletzung von Vertrauensschutzgesichtspunkten gerügt, da sie zum damaligen Zeitpunkt auf die Anerkennung des Pflegeumfangs durch die Pflegekasse von mindestens 14 Stunden wöchentlich vertraut und entsprechende Dispositionen getroffen habe.
Die Klägerin beantragt (Bl. 32, 31 LSG-Akte),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.09.2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 07.05.2010 in der Gestalt des Bescheides vom 10.09.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 abzuändern und festzustellen, dass sie auch in der Zeit vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege ihrer Mutter gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI versicherungspflichtig war, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Klägerin bestand in der Zeit vom 07.12.2009 bis 31.12.2009 keine Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI mehr.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 07.05.2010 und 10.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011. Der mit Widerspruch angefochtene Bescheid der Beigeladenen vom 15.12.2009 ist durch Weiterleitung des Antrags der Klägerin an die vorliegend für die Feststellung der Versicherungspflicht allein zuständige Beklagte (dazu später) gegenstandslos geworden. Denn mit der Weiterleitung gab die Beigeladene zu erkennen, dass sie an ihrem Bescheid nicht festhalten wollte (vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -).
Die Klage ist zulässig. Insbesondere mit Blick auf die Anfechtungsklage ist die Klägerin mit der Ablehnung der Feststellung ihrer Versicherungspflicht trotz des nach § 122 SGB VI geltenden Monatsprinzips - das dazu führt, dass im Versicherungsverlauf der Klägerin der Monat Dezember 2009 als ganzer Monat mit einer Pflichtbeitragszeit belegt ist, auch wenn die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nur für einen Bruchteil des Monats (hier bis 06.12.2009) anerkannt ist - wegen § 166 Abs. 2 SGB VI beschwert. Denn das auf der Grundlage des § 166 Abs. 2 SGB VI fingierte Einkommen kann sich - nach taggenauer Feststellung - auf die Höhe der im Monat Dezember 2009 erworbenen Entgeltpunkte und damit auf die künftige Rentenhöhe auswirken. Entsprechend besteht auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Versicherungspflicht der Klägerin für die Pflege ihrer Mutter am 06.12.2009 endete. Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit rentenversicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat.
Zuständig für die Feststellung der Versicherungspflicht einer nichterwerbsmäßig tätigen Pflegeperson ist die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht die Beigeladene als Trägerin der sozialen Pflegeversicherung (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 10 m.w.N.).
Die Rentenversicherungspflicht einer Pflegeperson im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI tritt unabhängig von einem Antrag der Pflegeperson kraft Gesetzes ab dem Zeitpunkt ein, in dem alle in § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Reinhardt in LPK-SGB VI, 3. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 12; Segebrecht in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 3 Rdnr. 16; Kreike¬bohm/Kuszynski in Eichenhofer/Rische/Schmähl, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, 2. Aufl. 2012, Kap. 10 Rdnr. 28). Im Umkehrschluss endet dementsprechend eine nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI begründete Versicherungspflicht auch kraft Gesetzes an dem Tag, an dem eine der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht wieder entfällt (vgl. Reinhardt, a.a.O., Rdnr. 13; Segebrecht, a.a.O., Rdnr. 17). Davon geht auch das Bundessozialgericht (BSG) aus, indem es die Versicherungspflicht der Pflegepersonen von der Zeit abhängig macht, in der sie den Pflegebedürftigen tatsächlich pflegen (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2001, B 12 P 3/00 R in SozR 3-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 27).
Den Beginn und das Ende der Versicherungspflicht wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege auf den Tag genau in Abhängigkeit von der tatsächlichen Erbringung von Pflegeleistungen festzulegen, wird auch vom Wortlaut der Regelung gestützt, da § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI in Gestalt einer eigenständigen Tatbestandsvoraussetzung auf die Zeit abstellt, "in der" die Pflegeperson den Pflegebedürftigen wenigstens 14 Stunden in der Woche - tatsächlich - pflegt; auch der letzte Halbsatz der Nr. 1a stellt auf die tatsächlich geleistete "Mindeststundenzahl" von 14 Stunden ab. Eine solche Auslegung entspricht außerdem der vorrangigen Zielsetzung der Regelung des Versicherungspflichttatbestandes nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI, Lücken in der Versicherungsbiografie der Pflegeperson zu schließen, die anderenfalls einträten, weil bei den in der Vorschrift genannten Tatbeständen eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausgeübt wird und daher durch sie - in dieser Zeit - keine (anderen) Pflichtbeitragszeiten erworben werden können (vgl. Segebrecht, a.a.O., Rdnr. 2). Berücksichtigt man schließlich, dass das bis 01.01.1992 geltende Monatsprinzip (§ 1227 Abs. 1 Satz 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), § 2 Abs. 2 Satz 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG)) gerade nicht in das SGB VI übernommen wurde (so KassKomm/Gürtner, Sozialversicherungsrecht, § 1 SGB VI Rdnr. 4), entspricht die vorliegende Auslegung, die Versicherungspflicht taggenau vom Eintritt oder Wegfall eines bestimmten Sachverhalts abhängig zu machen, auch der Regelungssystematik des SGB VI.
Zusammenfassend heißt dies, dass das Vorliegen der Versicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen entscheidend von der Erfüllung der tatsächlichen wöchentlichen Pflegezeit von 14 Stunden abhängt. Es kann vorliegend deshalb dahinstehen, ob und ggf. wie lange der Mutter der Klägerin durch die Beigeladene über den 06.12.2009 hinaus noch Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung gewährt wurden.
Vorliegend endete auf dieser Grundlage die Versicherungspflicht der Klägerin als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI mit Ablauf des 06.12.2009 kraft Gesetzes; denn mit dem Unterschreiten des anzurechnenden Pflegeaufwands auf unter 14 Stunden wöchentlich zumindest seit dem 07.12.2009 lag eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht mehr vor. Dies steht für den Senat auf Grund der Pflegegutachten vom 10.12.2009 und 12.02.2010 fest. Das MDK-Gutachten vom 12.02.2010 setzte den festgestellten Hilfebedarf in der Grundpflege auf 49 Minuten fest und erhöhte ihn gegenüber dem MDK-Gutachten vom 10.12.2009 um vier Minuten am Tag. Zusammen mit dem - in beiden Gutachten gleichgebliebenen - Pflegeaufwand für hauswirtschaftliche Versorgung von täglich 60 Mi¬nuten lag der zu berücksichtigende Gesamtpflegebedarf ab 07.12.2009 bei 109 Minuten täglich; damit betrug er weniger als täglich 120 Minuten, die für das (Fort-)Be¬stehen der Versicherungspflicht der Klägerin erforderlich gewesen wäre.
Bei der Berechnung des mindestens 14-stündigen Pflegeaufwands im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI berücksichtigte die Beklagte zu Recht nur solche Tätigkeiten, die für die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grund¬pflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und hauswirtschaftlichen Versorgung er¬forder¬lich waren. Weitergehende andere Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI erhalten sind, etwa die Zeit, die für Betreu¬ungsleistungen aufgewendet wird und die in § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Berechnung des Umfangs der (Mindest-) Pfle¬ge¬zeit nicht zu berücksichtigen (so BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 13 ff. m.w.N.; bestätigend BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 9/10 R in SozR 4 § 3 Nr. 6, juris Rdnr. 18 f.). Hinweise darauf, dass die im Gutachten vom 12.02.2010 zu Grunde gelegten Zeiten für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung unzutreffend wären, finden sich nicht. Letztlich hat auch die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen tatsächlich höheren Pflegeaufwand geltend gemacht, vielmehr wies sie in ihrem Widerspruchsschreiben gegen den Bescheid vom 07.05.2010 selbst darauf hin, ihre Mutter habe sich beim Besuch des MDK am 07.12.2009 so weit stabilisiert gehabt, dass der tatsächliche Pflegaufwand nun geringer gewesen sei (Bl. 30 Bekl.-Akte).
Auch aus der vom BSG postulierten "Akzessorietät" (BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 12 R 6/09 R in SozR 4-2600 § 3 Nr. 5, juris Rdnr. 16 m.w.N.) der Rentenversicherungspflicht und ihrer Voraussetzungen zu den Voraussetzungen für die Leistungen der Pflegeversicherung bzw. der angenommenen "Kongruenz" zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen und die pflegende Person folgt nichts anderes. Abgesehen davon, dass die Entscheidung des BSG keine abweichenden Aussagen zum Ende der Versicherungspflicht trifft und sich an der von der Klägerin zitierten (Bl. 30 f. LSG-Akte) Stelle (BSG, a.a.O., juris Rdnr. 16) damit beschäftigt, welche Pflegeleistungen bei der Berechnung des mindestens 14-stündigen Pflegeaufwands im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI zu Grunde zu legen sind (gerade keine sonstigen Betreuungsleistungen, sondern nur solche Leistungen, die auch Gegenstand für die Einstufung der Pflegestufe sind, vgl. BSG, a.a.O, juris Rdnr. 15 ff.), entbindet die Annahme einer Akzessorietät oder Kongruenz gerade nicht von der Tatbestandsvoraussetzung des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI, dass die jeweilige Pflegeperson tatsächlich auch mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegt.
Im Weiteren wendet die Klägerin zu Unrecht Vertrauensschutzgesichtspunkte ein (Bl. 29 ff. LSG-Akte), die zu einem Weiterbestehen ihrer nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI begründeten Versicherungspflicht bis 31.12.2009 führen könnten. Ein Vertrauensschutztatbestand ist weder durch die Freistellung nach dem PflegeZG noch durch Maßnahmen der Beigeladenen begründet worden.
So kann die Tatsache, dass sich die Klägerin vom 01.11.2009 bis 31.12.2009 von ihrem Arbeitgeber auf der Grundlage des PflegeZG von ihrer Arbeitsleistung freistellen ließ (Bl. 29 f. LSG-Akte), kein schützenswertes Vertrauen mit Blick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslösen. Denn bei dieser Freistellung handelt es sich um ein arbeitsrechtliches Instrument zur Ermöglichung der Pflege naher Angehöriger (§ 1 PflegeZG), das Pflegepersonen allein arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. Freistellung § 3 Pflege¬ZG) eröffnet bzw. Schutzrechte (Kündigungsschutz § 5 PflegeZG) begründet, aber gerade keine Gestaltungswirkung sozialversicherungsrechtlicher Rechtsverhältnisse bewirken kann, zumal die Träger der Sozialversicherung bei der Freistellung in keiner Weise beteiligt sind.
Soweit sich die Klägerin außerdem darauf beruft, im MDK-Gutachten vom 30.09.2009 sei die Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II ohne zeitliche Befristung empfohlen worden und die Beigeladene habe mit (Abhilfe-)Bescheid vom 13.10.2009 Pflegegeldleistungen entsprechend der Pflegestufe II bewilligt (Bl. 31, 45, 46 LSG-Akte), können auch daraus keine Vertrauensschutzgesichtspunkte abgeleitet werden. Zwar räumt § 18 SGB XI dem MDK bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit eine zentrale Stellung ein, allerdings trifft er keine eigenständigen Entscheidungen mit Außenwirkung. Bei den Gutachten des MDK (bzw. eines von der Pflegekasse beauftragten Gutachters) handelt es sich um Verwaltungsgutachten, die lediglich eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgenden Entscheidungen der Pflegekasse darstellen. Hinzu kommt, dass das Gutachten vom 30.09.2009 durch die nachfolgenden Gutachten über die geringere Pflegebedürftigkeit der Mutter der Klägerin überholt ist.
Auch die - an die Mutter der Klägerin als Pflegebedürftige und nicht an die Klägerin als Pflegeperson adressierten - Bescheide der Beigeladenen konnten - mangels einer sogenannten Tatbestandswirkung - keinen Vertrauensschutz der Klägerin mit Blick auf ihre Versicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson bewirken: Wie bereits vorstehend dargelegt, ist die Beigeladene als Pflegekasse gar nicht zuständig, Feststellungen zur Versicherungspflicht gegenüber der Klägerin zu treffen. Solche Feststellungen traf sie in den Bewilligungsbescheiden auch nicht. Mit der Bewilligung von Pflegeleistungen auf der Grundlage einer bestimmten Pflegestufe gegenüber dem Pflegebedürftigen wird inhaltlich keine Aussage darüber getroffen, welche Pflegeperson in welchem Umfang die Pflegeleistungen tatsächlich erbringt. Denn erst das tatsächliche Erbringen von Pflegeleistungen im Umfang von mindestens 14 Stunden durch eine einzige Pflegeperson vermag - neben dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen - die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI zu begründen. Schließlich unterliegen derartige Leistungsbewilligungen grundsätzlich dem Vorbehalt späterer Änderungen (vgl. § 48 SGB X), so dass durch eine auf die Zukunft bezogene, unbefristete Leistungsbewilligung als solchen - entgegen der Auffassung der Klägerin - kein Vertrauenstatbestand gegen die Berücksichtigung tatsächlicher späterer Veränderungen geschaffen wird.
Aus den eben dargestellten Gründen verbietet es sich auch, in dem Pflegegutachten vom 30.09.2009 bzw. dem - an die Mutter der Klägerin adressierten - Abhilfebescheid vom 13.10.2009 eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X zu sehen (Bl. 30 LSG-Akte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
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