Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 485/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Insolvenzanfechtung: Zahlung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung durch den Insolvenzschuldner
Bemerkung
Zahlt der künftige Insolvenzschuldner aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitnehmer dessen Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung aus dem Nettolohn des Arbeitnehmers an die Krankenkasse, so ist die Zahlung dieser Beiträge nicht gem. § 130 Abs
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.695,77 EUR nebst vier Prozent Zinsen seit dem 07.12.2012 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beitragsschuld des Klägers erfüllt ist.
Der Kläger ist seit dem 01.05.2008 bei der Beklagten freiwillig versichert. Er war Arbeitnehmer der W. GmbH (im Folgenden Arbeitgeberin). Der Kläger hatte mit seiner Arbeitgeberin vereinbart, dass diese die freiwilligen Beiträge zusammen mit dem Zuschuss zum Beitrag zur Krankenversicherung von seinem Nettogehalt abzieht und sie direkt an die Beklagte überweist bzw. der Beklagten insoweit eine Einzugsermächtigung erteilt. Die Beklagte am 15.12.2008 den Beitrag für November 2008 in Höhe von 527,40 EUR, am 15.01.2009 den Beitrag für Dezember 2008 in Höhe von 527,40 EUR und am 16.02.2009 den Beitrag für Januar 2009 in Höhe von 641,29 EUR zog per Einzugsermächtigung ein.
Am 11.03.2009 stellte die Arbeitgeberin beim Amtsgericht Dresden einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 31.05.2011 erklärte der bestellte Insolvenzverwalter R. gegenüber der Beklagten unter anderem die Anfechtung eines Betrages in Höhe der vorgenannten Beiträge.
Mit Schreiben vom 28.06.2011 teilte die Beklagte dem Insolvenzverwalter R. mit, dass es sich bei den angefochtenen Beträgen um Lohnanteile des Klägers handele, die eigentlich an den Arbeitnehmer direkt ausgezahlt würden. Die Weiterleitung durch die Arbeitgeberin sei lediglich eine Serviceleistung. Daraufhin antwortete der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 17.08.2011, dass es sich nachweislich um Zahlungen aus dem Vermögen der Schuldnerin handeln würde, die der Anfechtung nach § 130 Insolvenzordnung (InsO) unterliegen würden. Die Beklagte überwies daraufhin dem Insolvenzverwalter einen Betrag in Höhe von 1.695,77 EUR zuzüglich der von ihm geforderten Zinsen in Höhe von 211,86 EUR.
Mit Schreiben vom 01.03.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Insolvenzverwalter die streitgegenständlichen Zahlungen nach § 130 InsO angefochten habe. Da die Forderung durch die Beklagte an den Insolvenzverwalter erstattet worden sei, seien diese Beiträge auf dem Beitragskonto des Klägers nunmehr offen. Sie forderte den Kläger auf, noch Beiträge in Höhe von 1.695,77 EUR an die Beklagte zu bezahlen.
Mit Schreiben vom 03.04.2012 wandte sich der Kläger gegen die nochmalige Zahlung der Beitragsforderung. Die Beklagte habe übersehen, dass es sich bei der durch die Anfechtung betroffenen Forderungen nicht um die Arbeitgeberanteile zu den Beiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung gehandelt habe. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2012 unter Hinweis auf § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass der Betrag aufgrund der Anfechtung auszukehren gewesen sei und nunmehr von dem Kläger als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu fordern sei. Die Beklagte mahnte den Kläger mit Schreiben vom 02.07.2012 und 08.08.2012 und kündigte das Ruhen seiner Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung an.
Am 14.08.2012 hat der Kläger (Vollstreckungsabwehr-) Klage erhoben. Die Beitragsfestsetzung der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Monate November 2008 bis Januar 2009 werde nicht weiter beanstandet, die zugrundeliegenden vollstreckbaren Beitragsbescheide seien bestandskräftig. Allerdings seien die Beitragsforderungen für die streitgegenständlichen Monate November 2008 bis Januar 2009 bereits erfüllt worden. Soweit der freiwillige Versicherungsbeitrag vom Arbeitgeber abgeführt werde, gelte er als Zahlung des Mitglieds, das schließlich auch Bescheidadressat der Beitragsforderungen sei. In Fällen der Tilgung fremder Verbindlichkeiten habe die Anfechtung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Dritten, hier also dem Kläger, zu erfolgen. Die Beklagte hätte die Insolvenzanfechtung nicht anerkennen dürfen. Die Vollstreckungsabwehrklage sei zulässig, da ein vollstreckbarer Bescheid vorliege und die Beklagte trotz mehrfacher außergerichtlicher Aufforderungen nicht auf die Geltendmachung ihrer vermeintlichen Beitragsforderungen verzichtet, sondern diese vielmehr angemahnt habe. Der Kläger hat gleichzeitig mit der Klage unter dem Az. S 25 KR 483/12 ER vorläufigen Rechtsschutz erhoben, den das Sozialgericht mit Beschluss vom 16.08.2012 ablehnte. Im Beschwerdeverfahren hat sich die Beklagte bereiterklärt, zunächst von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Mit Schreiben vom 16.10.2012 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass für die Zeit der Stundung Stundungszinsen erhoben werden. Daraufhin hat der Kläger unter dem 05.11.2012 der Beklagten einen Betrag in Höhe von 1.695,77 EUR unter Vorbehalt überwiesen. Seine Klage richtet sich nun im Wege der Klageänderung auf die Rückzahlung des vorgenannten Betrages.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.695,77 EUR nebst 4 % Zinsen ab dem 07.12.2012 zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum November 2008 bis Januar 2009 gemäß den Beitragsbescheiden vom 01.07.2008 und vom 30.01.2009 in Höhe von 491,40 EUR für November und Dezember 2008 sowie in Höhe von 641,29 EUR für Januar 2009 schuldbefreiend am 15.12.2008, 15.01.2009 und 16.02.2009 geleistet wurden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei den streitgegenständlichen Zahlungen liege eine Gläubigerbenachteiligung vor. Auch wenn eine Anfechtung gemäß § 130 Abs. 1 InsO daran scheitere, dass die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Zahlungen nicht Insolvenzgläubiger der Arbeitgeberin gewesen sei, so lägen die Voraussetzungen des § 133 InsO für eine Anfechtung vor. Die Arbeitgeberin habe sich seit Ende 2008 in ständiger Vollstreckung bei der Beklagten befunden. Mahnungen und Zahlungsaufforderungen seien im Vorfeld erfolgt. Aufgrund der Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft seien der Beklagten die Umstände bekannt, die auf die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin schließen ließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Nach erfolgter Klageänderung ist die Klage als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.695,77 EUR. Der Kläger hat den entsprechenden Betrag unter dem 05.11.2012 ohne Rechtsgrund an die Beklagte gezahlt.
Die Beklagte hatte keinen Anspruch auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrages. Zwar schuldete der Kläger aufgrund der entsprechenden bestandskräftigen Beitragsbescheide unstreitig einen entsprechenden Betrag. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Beiträge ist jedoch durch Erfüllung erloschen. Die von der Beklagten per Einzugsermächtigung bei der Arbeitgeberin eingezogenen Beträge stellen sich als Zahlung der freiwilligen Beiträge des Klägers dar, die dieser von seinem Nettoentgelt leistete. Dies ist auch insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Erfüllungswirkung ist auch nicht durch die von dem Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 31.05.2011 erklärte Anfechtung mit nachfolgender Zahlung des entsprechenden Betrages der Beklagten an den Insolvenzverwalter erloschen. Zwar lebt die Forderung gem. § 144 Abs. 1 InsO wieder auf, wenn der der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück gewährt. Vorliegend war die Leistung jedoch nicht gegenüber der Beklagten anfechtbar. Der von dem Insolvenzverwalter angegebene Anfechtungsgrund des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO liegt nicht vor. Nach der vorgenannten Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Vorliegend wurde durch die von der Beklagten vom Konto der Arbeitgeberin eingezogenen Beiträge keine Schuld der Arbeitgeberin, sondern eine Schuld des Klägers getilgt. Insoweit hat der Insolvenzverwalter die Anfechtung gegenüber dem falschen Anfechtungsgegner erklärt.
Gleiches gilt im Ergebnis für den Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO. Nach der vorgenannten Vorschrift ist anfechtbar eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Voraussetzung ist eine Rechtshandlung des zukünftigen Insolvenzschuldners, die die Gläubiger benachteiligt. Hierzu ist festzustellen, dass die Zahlung der freiwilligen Beiträge zwar rein tatsächlich durch die Arbeitgeberin dadurch erfolgte, dass sie der Beklagten eine entsprechende Einzugsermächtigung erteilt hatte. Die Leistung wurde jedoch aus dem Vermögen des Klägers erbracht. Dieser hatte mit der Arbeitgeberin die Vereinbarung, dass dieser die freiwilligen Beiträge aus seinem Nettoarbeitsentgelt zahlt. Dass die freiwilligen Beiträge tatsächlich aus dem Nettoarbeitsentgelt erbracht wurden, ergibt sich aus den von dem Kläger vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge für die Monate November 2008 bis Januar 2009. Die Zahlung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge an die Beklagte stellt sich daher als Zahlung des Klägers an die Beklagte dar. Vorliegend liegt auch keine mittelbare Zuwendung vor. Der Bundesgerichtshof hat zwar für die Zahlung der Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch den Arbeitgeber angenommen, dass die Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers entnommen werden. Dem stehe auch die Zuordnung des hälftigen Arbeitnehmeranteils an dem Gesamtbetrag zum Vermögen der Schuldnerin die Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV zum 01.01.2008 nicht entgegen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 05.11.2009 angenommen, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag unmittelbar aus dem Vermögen des Arbeitgebers erbracht wird. Diese Zahlung könne nicht als zweiter Teil einer Leistungskette verstanden werden, weil eine Rechtshandlung des Arbeitnehmers fehle und der Arbeitgeber durch dieselbe Rechtshandlung, Teilzurechnung des Arbeitnehmers, auch dessen Bruttolohnanspruch erfülle (BGH, Urteil vom 05.11.2009, Az. IX ZR 233/08, juris, Rn. 13). Jedenfalls durch die Erfüllung des Bruttolohnanspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer erbringe der Arbeitgeber auch bei dieser fingierten Fallgestaltung ein eigenes Vermögensopfer, welches zur Benachteiligung seiner Gläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO führe. Für die fiktive Begründung einer eigennützigen Treuhand des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers fehlten hinreichende deutliche Anhaltspunkte (BGH, a.a.O.). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von dem vom BGH zu beurteilenden. Für die Beitragszahlung aus dem Arbeitsentgelt sieht § 253 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV vor, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch den Arbeitgeber zu zahlen ist. Dagegen haben freiwillige Mitglieder gemäß § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V die freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung selber an die Krankenversicherung zu zahlen. Im Gegensatz zu dem von dem BGH zu beurteilenden Sachverhalt liegt hier auch eine Rechtshandlung des Arbeitnehmers vor. Dieser ist in der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu sehen, dass dieser die freiwilligen Beiträge aus dem Nettoarbeitsentgelt zahlt. Insofern ist die Zahlung der freiwilligen Beiträge - anders als die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags - als zweiter Teil einer Leistungskette zu verstehen. Für diese Fallgestaltung geht der BGH davon aus, dass die Zahlung nur gegenüber dem Arbeitnehmer anzufechten ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 15).
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 22.11.2012 (Az. IX ZR 22/12, juris). In dem genannten Urteil geht es zwar auch um die Zahlung freiwilliger Beiträge durch den Arbeitgeber. Der dem BGH vorliegende Sachverhalt beurteilte dieser als Tilgung einer fremden Schuld. Er geht davon aus, dass durch ein und dieselbe Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin sowohl die Beitragsschuld ihrer freiwillig versicherten Beschäftigten nach den Vorschriften des SGB V erfüllt worden ist, als auch die Verpflichtung im Deckungsverhältnis zu den Beschäftigten. Dies ist jedoch jedenfalls für den vorliegenden Sachverhalt unzutreffend. Vorliegend wurden die freiwilligen Beiträge nicht durch ein und dieselbe Rechtshandlung gezahlt. Durch die Vereinbarung des Klägers mit dem Arbeitgeber, die Beiträge aus seinem Nettoarbeitsentgelt zu zahlen, stellt sich die Zahlung der freiwilligen Beiträge als zweiter Teil einer Leistungskette dar.
Der Fall unterscheidet sich insoweit auch von der Beurteilung der Zahlung der von den Arbeitnehmern geschuldeten Lohnsteuer durch den Arbeitgeber. Zwar ist Schuldner der Steuer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) allein der Arbeitnehmer. Gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber für Rechnung der Arbeitnehmer die Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt weiterzuleiten, § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Einbehalt der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber ist damit ebenso wie die Zahlung der Arbeitnehmeranteile im Rahmen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gesetzlich geregelt. Die Weiterleitung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber bedarf damit keiner weiteren Rechtshandlung des Schuldners. Anders liegt der Fall hier. Die Zahlung der freiwilligen Beiträge durch den Arbeitgeber bedurfte einer Vereinbarung zwischen dem Kläger als Arbeitnehmer und seiner Arbeitgeberin, da grundsätzlich das Nettoarbeitsentgelt auszuzahlen ist (vgl. zum Sachverhalt des Lohnsteuerabzugs BGH, Urteil vom 22.01.2004, Az. IX ZR 39/03, juris, Rn. 33). Die Zahlung der freiwilligen Beiträge stellt sich damit als eine Leistung aus dem Nettoarbeitsentgelt des Klägers und damit dessen Vermögen dar. Soweit die Zahlung des Nettoarbeitsentgelts an den Kläger anfechtbar wäre, so hätte eine Anfechtung gegenüber dem Kläger erfolgen müssen.
Unabhängig davon, dass keine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners vorgelegen hat, liegt auch keine Kenntnis eines etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Arbeitgeberin vor. Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz liegt dann vor, wenn der Anfechtungsgegner den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO. Darüber hinaus wird die Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Für § 133 Abs. 1 Satz 1 ist die positive Kenntnis erforderlich, selbst grob fahrlässige Unkenntnis steht der positiven Kenntnis nicht gleich (vgl. Ganter/Weinland in Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 InsO, Rn. 66 m.w.N.). Eine solche Kenntnis wird selbst von der Beklagten nicht vorgetragen. Die Kammer ist jedoch auch davon überzeugt, dass der Tatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht vorliegt. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass sich die Arbeitgeberin seit 2008 in ständiger Vollstreckung bei der Beklagten befunden habe, wobei sie hierzu keine näheren Angaben zum Zeitpunkt oder dem Umfang und dem Stand der Maßnahmen gemacht hat. Für den Eintritt der Vermutung wird vorausgesetzt, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt, die Kenntnis einzelner Tatsachen reicht nicht aus, wenn sie nur die ungewisse Möglichkeit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen (vgl. Ganter/Weinland a.a.O., Rn. 76). Die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen reicht allein nicht aus, um auf Zahlungsunfähigkeit zu schließen. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Beklagte die drei streitgegenständlichen Beiträge pünktlich zum Fälligkeitsdatum jeweils bei dem Arbeitgeber per Einzugsermächtigung einziehen konnte. Ausweislich der Akte kam es erst für den Beitragsmonat Februar 2009 zu einer Rücklastschrift. Aus den nach Aktenlage bekannten Gesamtumständen konnte durch die Beklagte bis zum Zeitpunkt der letzten Zahlung am 15.02.2009 nicht auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden.
Nach alledem ist die Forderung der Beklagten nicht nach der Vorschrift des § 144 Abs. 1 InsO wieder aufgelebt, so dass der Kläger die Rückzahlung des von ihm ohne Rechtsgrund geleisteten Betrages in Höhe von 1.695,77 EUR verlangen kann. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beitragsschuld des Klägers erfüllt ist.
Der Kläger ist seit dem 01.05.2008 bei der Beklagten freiwillig versichert. Er war Arbeitnehmer der W. GmbH (im Folgenden Arbeitgeberin). Der Kläger hatte mit seiner Arbeitgeberin vereinbart, dass diese die freiwilligen Beiträge zusammen mit dem Zuschuss zum Beitrag zur Krankenversicherung von seinem Nettogehalt abzieht und sie direkt an die Beklagte überweist bzw. der Beklagten insoweit eine Einzugsermächtigung erteilt. Die Beklagte am 15.12.2008 den Beitrag für November 2008 in Höhe von 527,40 EUR, am 15.01.2009 den Beitrag für Dezember 2008 in Höhe von 527,40 EUR und am 16.02.2009 den Beitrag für Januar 2009 in Höhe von 641,29 EUR zog per Einzugsermächtigung ein.
Am 11.03.2009 stellte die Arbeitgeberin beim Amtsgericht Dresden einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 31.05.2011 erklärte der bestellte Insolvenzverwalter R. gegenüber der Beklagten unter anderem die Anfechtung eines Betrages in Höhe der vorgenannten Beiträge.
Mit Schreiben vom 28.06.2011 teilte die Beklagte dem Insolvenzverwalter R. mit, dass es sich bei den angefochtenen Beträgen um Lohnanteile des Klägers handele, die eigentlich an den Arbeitnehmer direkt ausgezahlt würden. Die Weiterleitung durch die Arbeitgeberin sei lediglich eine Serviceleistung. Daraufhin antwortete der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 17.08.2011, dass es sich nachweislich um Zahlungen aus dem Vermögen der Schuldnerin handeln würde, die der Anfechtung nach § 130 Insolvenzordnung (InsO) unterliegen würden. Die Beklagte überwies daraufhin dem Insolvenzverwalter einen Betrag in Höhe von 1.695,77 EUR zuzüglich der von ihm geforderten Zinsen in Höhe von 211,86 EUR.
Mit Schreiben vom 01.03.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Insolvenzverwalter die streitgegenständlichen Zahlungen nach § 130 InsO angefochten habe. Da die Forderung durch die Beklagte an den Insolvenzverwalter erstattet worden sei, seien diese Beiträge auf dem Beitragskonto des Klägers nunmehr offen. Sie forderte den Kläger auf, noch Beiträge in Höhe von 1.695,77 EUR an die Beklagte zu bezahlen.
Mit Schreiben vom 03.04.2012 wandte sich der Kläger gegen die nochmalige Zahlung der Beitragsforderung. Die Beklagte habe übersehen, dass es sich bei der durch die Anfechtung betroffenen Forderungen nicht um die Arbeitgeberanteile zu den Beiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung gehandelt habe. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2012 unter Hinweis auf § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass der Betrag aufgrund der Anfechtung auszukehren gewesen sei und nunmehr von dem Kläger als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu fordern sei. Die Beklagte mahnte den Kläger mit Schreiben vom 02.07.2012 und 08.08.2012 und kündigte das Ruhen seiner Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung an.
Am 14.08.2012 hat der Kläger (Vollstreckungsabwehr-) Klage erhoben. Die Beitragsfestsetzung der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Monate November 2008 bis Januar 2009 werde nicht weiter beanstandet, die zugrundeliegenden vollstreckbaren Beitragsbescheide seien bestandskräftig. Allerdings seien die Beitragsforderungen für die streitgegenständlichen Monate November 2008 bis Januar 2009 bereits erfüllt worden. Soweit der freiwillige Versicherungsbeitrag vom Arbeitgeber abgeführt werde, gelte er als Zahlung des Mitglieds, das schließlich auch Bescheidadressat der Beitragsforderungen sei. In Fällen der Tilgung fremder Verbindlichkeiten habe die Anfechtung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Dritten, hier also dem Kläger, zu erfolgen. Die Beklagte hätte die Insolvenzanfechtung nicht anerkennen dürfen. Die Vollstreckungsabwehrklage sei zulässig, da ein vollstreckbarer Bescheid vorliege und die Beklagte trotz mehrfacher außergerichtlicher Aufforderungen nicht auf die Geltendmachung ihrer vermeintlichen Beitragsforderungen verzichtet, sondern diese vielmehr angemahnt habe. Der Kläger hat gleichzeitig mit der Klage unter dem Az. S 25 KR 483/12 ER vorläufigen Rechtsschutz erhoben, den das Sozialgericht mit Beschluss vom 16.08.2012 ablehnte. Im Beschwerdeverfahren hat sich die Beklagte bereiterklärt, zunächst von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Mit Schreiben vom 16.10.2012 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass für die Zeit der Stundung Stundungszinsen erhoben werden. Daraufhin hat der Kläger unter dem 05.11.2012 der Beklagten einen Betrag in Höhe von 1.695,77 EUR unter Vorbehalt überwiesen. Seine Klage richtet sich nun im Wege der Klageänderung auf die Rückzahlung des vorgenannten Betrages.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.695,77 EUR nebst 4 % Zinsen ab dem 07.12.2012 zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum November 2008 bis Januar 2009 gemäß den Beitragsbescheiden vom 01.07.2008 und vom 30.01.2009 in Höhe von 491,40 EUR für November und Dezember 2008 sowie in Höhe von 641,29 EUR für Januar 2009 schuldbefreiend am 15.12.2008, 15.01.2009 und 16.02.2009 geleistet wurden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei den streitgegenständlichen Zahlungen liege eine Gläubigerbenachteiligung vor. Auch wenn eine Anfechtung gemäß § 130 Abs. 1 InsO daran scheitere, dass die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Zahlungen nicht Insolvenzgläubiger der Arbeitgeberin gewesen sei, so lägen die Voraussetzungen des § 133 InsO für eine Anfechtung vor. Die Arbeitgeberin habe sich seit Ende 2008 in ständiger Vollstreckung bei der Beklagten befunden. Mahnungen und Zahlungsaufforderungen seien im Vorfeld erfolgt. Aufgrund der Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft seien der Beklagten die Umstände bekannt, die auf die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin schließen ließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Nach erfolgter Klageänderung ist die Klage als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.695,77 EUR. Der Kläger hat den entsprechenden Betrag unter dem 05.11.2012 ohne Rechtsgrund an die Beklagte gezahlt.
Die Beklagte hatte keinen Anspruch auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrages. Zwar schuldete der Kläger aufgrund der entsprechenden bestandskräftigen Beitragsbescheide unstreitig einen entsprechenden Betrag. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Beiträge ist jedoch durch Erfüllung erloschen. Die von der Beklagten per Einzugsermächtigung bei der Arbeitgeberin eingezogenen Beträge stellen sich als Zahlung der freiwilligen Beiträge des Klägers dar, die dieser von seinem Nettoentgelt leistete. Dies ist auch insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Erfüllungswirkung ist auch nicht durch die von dem Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 31.05.2011 erklärte Anfechtung mit nachfolgender Zahlung des entsprechenden Betrages der Beklagten an den Insolvenzverwalter erloschen. Zwar lebt die Forderung gem. § 144 Abs. 1 InsO wieder auf, wenn der der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück gewährt. Vorliegend war die Leistung jedoch nicht gegenüber der Beklagten anfechtbar. Der von dem Insolvenzverwalter angegebene Anfechtungsgrund des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO liegt nicht vor. Nach der vorgenannten Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Vorliegend wurde durch die von der Beklagten vom Konto der Arbeitgeberin eingezogenen Beiträge keine Schuld der Arbeitgeberin, sondern eine Schuld des Klägers getilgt. Insoweit hat der Insolvenzverwalter die Anfechtung gegenüber dem falschen Anfechtungsgegner erklärt.
Gleiches gilt im Ergebnis für den Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO. Nach der vorgenannten Vorschrift ist anfechtbar eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Voraussetzung ist eine Rechtshandlung des zukünftigen Insolvenzschuldners, die die Gläubiger benachteiligt. Hierzu ist festzustellen, dass die Zahlung der freiwilligen Beiträge zwar rein tatsächlich durch die Arbeitgeberin dadurch erfolgte, dass sie der Beklagten eine entsprechende Einzugsermächtigung erteilt hatte. Die Leistung wurde jedoch aus dem Vermögen des Klägers erbracht. Dieser hatte mit der Arbeitgeberin die Vereinbarung, dass dieser die freiwilligen Beiträge aus seinem Nettoarbeitsentgelt zahlt. Dass die freiwilligen Beiträge tatsächlich aus dem Nettoarbeitsentgelt erbracht wurden, ergibt sich aus den von dem Kläger vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge für die Monate November 2008 bis Januar 2009. Die Zahlung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge an die Beklagte stellt sich daher als Zahlung des Klägers an die Beklagte dar. Vorliegend liegt auch keine mittelbare Zuwendung vor. Der Bundesgerichtshof hat zwar für die Zahlung der Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch den Arbeitgeber angenommen, dass die Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers entnommen werden. Dem stehe auch die Zuordnung des hälftigen Arbeitnehmeranteils an dem Gesamtbetrag zum Vermögen der Schuldnerin die Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV zum 01.01.2008 nicht entgegen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 05.11.2009 angenommen, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag unmittelbar aus dem Vermögen des Arbeitgebers erbracht wird. Diese Zahlung könne nicht als zweiter Teil einer Leistungskette verstanden werden, weil eine Rechtshandlung des Arbeitnehmers fehle und der Arbeitgeber durch dieselbe Rechtshandlung, Teilzurechnung des Arbeitnehmers, auch dessen Bruttolohnanspruch erfülle (BGH, Urteil vom 05.11.2009, Az. IX ZR 233/08, juris, Rn. 13). Jedenfalls durch die Erfüllung des Bruttolohnanspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer erbringe der Arbeitgeber auch bei dieser fingierten Fallgestaltung ein eigenes Vermögensopfer, welches zur Benachteiligung seiner Gläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO führe. Für die fiktive Begründung einer eigennützigen Treuhand des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers fehlten hinreichende deutliche Anhaltspunkte (BGH, a.a.O.). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von dem vom BGH zu beurteilenden. Für die Beitragszahlung aus dem Arbeitsentgelt sieht § 253 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV vor, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch den Arbeitgeber zu zahlen ist. Dagegen haben freiwillige Mitglieder gemäß § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V die freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung selber an die Krankenversicherung zu zahlen. Im Gegensatz zu dem von dem BGH zu beurteilenden Sachverhalt liegt hier auch eine Rechtshandlung des Arbeitnehmers vor. Dieser ist in der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu sehen, dass dieser die freiwilligen Beiträge aus dem Nettoarbeitsentgelt zahlt. Insofern ist die Zahlung der freiwilligen Beiträge - anders als die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags - als zweiter Teil einer Leistungskette zu verstehen. Für diese Fallgestaltung geht der BGH davon aus, dass die Zahlung nur gegenüber dem Arbeitnehmer anzufechten ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 15).
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 22.11.2012 (Az. IX ZR 22/12, juris). In dem genannten Urteil geht es zwar auch um die Zahlung freiwilliger Beiträge durch den Arbeitgeber. Der dem BGH vorliegende Sachverhalt beurteilte dieser als Tilgung einer fremden Schuld. Er geht davon aus, dass durch ein und dieselbe Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin sowohl die Beitragsschuld ihrer freiwillig versicherten Beschäftigten nach den Vorschriften des SGB V erfüllt worden ist, als auch die Verpflichtung im Deckungsverhältnis zu den Beschäftigten. Dies ist jedoch jedenfalls für den vorliegenden Sachverhalt unzutreffend. Vorliegend wurden die freiwilligen Beiträge nicht durch ein und dieselbe Rechtshandlung gezahlt. Durch die Vereinbarung des Klägers mit dem Arbeitgeber, die Beiträge aus seinem Nettoarbeitsentgelt zu zahlen, stellt sich die Zahlung der freiwilligen Beiträge als zweiter Teil einer Leistungskette dar.
Der Fall unterscheidet sich insoweit auch von der Beurteilung der Zahlung der von den Arbeitnehmern geschuldeten Lohnsteuer durch den Arbeitgeber. Zwar ist Schuldner der Steuer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) allein der Arbeitnehmer. Gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber für Rechnung der Arbeitnehmer die Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt weiterzuleiten, § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Einbehalt der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber ist damit ebenso wie die Zahlung der Arbeitnehmeranteile im Rahmen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gesetzlich geregelt. Die Weiterleitung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber bedarf damit keiner weiteren Rechtshandlung des Schuldners. Anders liegt der Fall hier. Die Zahlung der freiwilligen Beiträge durch den Arbeitgeber bedurfte einer Vereinbarung zwischen dem Kläger als Arbeitnehmer und seiner Arbeitgeberin, da grundsätzlich das Nettoarbeitsentgelt auszuzahlen ist (vgl. zum Sachverhalt des Lohnsteuerabzugs BGH, Urteil vom 22.01.2004, Az. IX ZR 39/03, juris, Rn. 33). Die Zahlung der freiwilligen Beiträge stellt sich damit als eine Leistung aus dem Nettoarbeitsentgelt des Klägers und damit dessen Vermögen dar. Soweit die Zahlung des Nettoarbeitsentgelts an den Kläger anfechtbar wäre, so hätte eine Anfechtung gegenüber dem Kläger erfolgen müssen.
Unabhängig davon, dass keine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners vorgelegen hat, liegt auch keine Kenntnis eines etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Arbeitgeberin vor. Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz liegt dann vor, wenn der Anfechtungsgegner den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO. Darüber hinaus wird die Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Für § 133 Abs. 1 Satz 1 ist die positive Kenntnis erforderlich, selbst grob fahrlässige Unkenntnis steht der positiven Kenntnis nicht gleich (vgl. Ganter/Weinland in Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 InsO, Rn. 66 m.w.N.). Eine solche Kenntnis wird selbst von der Beklagten nicht vorgetragen. Die Kammer ist jedoch auch davon überzeugt, dass der Tatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht vorliegt. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass sich die Arbeitgeberin seit 2008 in ständiger Vollstreckung bei der Beklagten befunden habe, wobei sie hierzu keine näheren Angaben zum Zeitpunkt oder dem Umfang und dem Stand der Maßnahmen gemacht hat. Für den Eintritt der Vermutung wird vorausgesetzt, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt, die Kenntnis einzelner Tatsachen reicht nicht aus, wenn sie nur die ungewisse Möglichkeit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen (vgl. Ganter/Weinland a.a.O., Rn. 76). Die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen reicht allein nicht aus, um auf Zahlungsunfähigkeit zu schließen. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Beklagte die drei streitgegenständlichen Beiträge pünktlich zum Fälligkeitsdatum jeweils bei dem Arbeitgeber per Einzugsermächtigung einziehen konnte. Ausweislich der Akte kam es erst für den Beitragsmonat Februar 2009 zu einer Rücklastschrift. Aus den nach Aktenlage bekannten Gesamtumständen konnte durch die Beklagte bis zum Zeitpunkt der letzten Zahlung am 15.02.2009 nicht auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden.
Nach alledem ist die Forderung der Beklagten nicht nach der Vorschrift des § 144 Abs. 1 InsO wieder aufgelebt, so dass der Kläger die Rückzahlung des von ihm ohne Rechtsgrund geleisteten Betrages in Höhe von 1.695,77 EUR verlangen kann. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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