Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 58/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 111/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung können nach den ausbildungsförderungsrechtlichen Regelungen nur in Höhe der gesetzlich festgelegten Pauschalen vom Einkommen abgezogen werden.
2. Über die Abzugspauschalen hinausgehende Aufwendungen für Versicherungsbeiträge können ausnahmsweise nach Maßgabe der Härtefallregelung in § 25 Abs. 6 BAföG anrechnungsfrei bleiben.
2. Über die Abzugspauschalen hinausgehende Aufwendungen für Versicherungsbeiträge können ausnahmsweise nach Maßgabe der Härtefallregelung in § 25 Abs. 6 BAföG anrechnungsfrei bleiben.
I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 26. April 2013 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Az. S 1 AL 58/13 ab Antragstellung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt , als Bevollmächtigter beigeordnet. Derzeit sind weder Raten zu zahlen noch Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten.
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren. In der Hauptsache begehrt sie höheres Berufsausbildungsgeld.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 23. Oktober 2012 Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 3. September 2012 bis zum 28. Februar 2014. Hierbei legte sie einen monatlichen Gesamtbedarf in Höhe von 844,00 EUR zu Grunde und zog hiervon unter anderem ein bereinigtes Gesamteinkommen des Vaters der Klägerin in Höhe von 554,25 EUR ab.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass die Beiträge ihres Vaters zur privaten Krankenversicherung und die ihrer Mutter zur Krankenversicherung bei der AOK als sonstige Belastungen berücksichtigt werden müssten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013 zurück. Aufwendungen zur sozialen Sicherung seien nur in Form von Pauschalen abzugelten. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 22. Januar 2013 zugestellt.
Die Klägerin hat am 22. Februar 2013 Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass auch die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die sich bei ihrem Vater auf 683,22 EUR und bei ihrer Mutter auf 322,25 EUR belaufen würden, in Abzug zu bringen seien. Ihre Eltern hätten, weil sie die Altersgrenzen überschritten hätten, nicht die Möglichkeit, wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung zu gelangen. Es sei bei der Einkommensberechnung auf die tatsächlichen und nicht auf die fiktiven Einkommensverhältnisse abzustellen. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Eltern sei maßgebend.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 26. April 2013 abgelehnt. Aufwendungen zur sozialen Absicherung seien nur nach Maßgabe der gesetzlich festgelegten Sozialpauschalen abzuziehen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 6. Mai 2013 zugestellten Beschluss am 3. Juni 2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie ergänzend auf das Urteil des Sozialgerichtes Leipzig vom 10. Juli 2012 (Az. S 8 KR 373/10), das zu einer vergleichbaren Problematik ergangen sei.
Die Staatskasse hat sich zur Beschwerde geäußert. Die Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Keiner der in § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier maßgebenden, vom 11. August 2010 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 6 des Gesetzes vom 5. August 2010 [BGBl. I S. 1127]) aufgeführten Ausschlussgründe ist gegeben.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin hat bei der gebotenen summarischen Prüfung nach Aktenlage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Einkommensanrechnung bei der Ermittlung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe ist § 67 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB III gelten für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen § 11 Abs. 4 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (§§ 21 bis 25 BAföG) mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG gilt als Einkommen – vorbehaltlich der Sätze 3 und 4, der Absätze 2a, 3 und 4 – die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG können die für den Berechnungszeitraum zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit sowie die geleisteten freiwilligen Aufwendungen zur Sozialversicherung und für eine private Kranken-, Pflege-, Unfall- oder Lebensversicherung in angemessenem Umfang abgezogen werden. Zur Abgeltung der Abzüge nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG wird von der – um die Beträge nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 BAföG und § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG geminderten – Summe der positiven Einkünfte ein Betrag in Höhe eines der in § 21 Abs. 2 Satz 1 BAföG aufgeführten Vomhundertsätze dieses Gesamtbetrages abgesetzt. Für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und für Auszubildende ist dies 21,3 vom Hundert, höchstens jedoch ein Betrag von jährlich 12.100,00 EUR (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG). Auf der Grundlage dieser allgemeinen Regelungen ist die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.
Für die Forderung des Klägerbevollmächtigten, beim Abzugsposten im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse abzustellen, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Denn die Abgeltung von bestimmten Aufwendungen in Form von Pauschalen war eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im Urteil vom 13. Dezember 1979 ausgeführt, dass Ausbildungsförderung grundsätzlich nur geleistet werde, wenn und soweit die Eltern des Auszubildenden außerstande seien, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Ausbildung ihres Kindes zu tragen. Die Anrechnungsvorschriften im Bundesausbildungsförderungsgesetz seien zwar am bürgerlichen Unterhaltsrecht orientiert. Um das Bundesausbildungsförderungsgesetz vollzugsfähig zu gestalten, sei es jedoch untunlich gewesen, die Leistungsfähigkeit der Eltern von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig zu machen. Der Gesetzgeber habe hierfür vielmehr das gesetzestechnische Mittel der Pauschalierung und Typisierung verwendet. Das Gesetz gehe davon aus, dass die Pauschalen im Regelfall ausreichend seien, um die Kosten der Lebensführung für die Eltern und ihre Kinder zu decken, und mute den Eltern zu, das oberhalb der Pauschbeträge verbleibende Einkommen für den Lebensunterhalt und die Ausbildung des Auszubildenden einzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [207] = JURIS-Dokument Rdnr. 33; vgl. auch VG München, Urteil vom 1. März 2006 – M 15 K 05.2798 – JURIS-Dokument Rdnr. 43; Hartmann, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz [5. Aufl., Stand: 36. Erg.-Lfg., Sept. 2013], § 21 Rdnr. 17 und 14.1; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG [4. Aufl., 2005], § 21 Rdnr. 18).
Weder die Beklagte noch das Sozialgericht haben aber bislang die Härtefallregelung in § 25 Abs. 6 BAföG in den Blick genommen. Danach kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben (vgl. § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG). Hierunter fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b des Einkommensteuergesetzes sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist (vgl. § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG). Zu den pauschal anzusetzenden Freibeträgen tritt dann ein individuell zu errechnender Freibetrag, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [208] = JURIS-Dokument Rdnr. 34).
Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes in aller Regel nicht gerechtfertigt, für Aufwendungen von Eltern für ihre Altersversorgung einen weiteren Freibetrag vom Einkommen nach § 25 Abs. 6 BAföG anzusetzen. Denn das Gesetz verweise die Eltern nicht darauf, derartige Aufwendungen aus den pauschalierten Freibeträgen des § 25 Abs. 1 bis 3 BAföG zu tragen. Den Eltern würden Mittel für die Altersvorsorge vielmehr dadurch belassen, dass die Aufwendungen für die Alterssicherung schon bei der Ermittlung des Einkommens (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG) berücksichtigt seien (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [209] = JURIS-Dokument Rdnr. 36). Dem Wesen der Typisierung und Pauschalierung entspreche es, dass über die Pauschbeträge hinausgehende Aufwendungen für die Altersvorsorge in der Regel nicht berücksichtigt werden könnten. Die insoweit geltende Spezialregelung gehe auch der Freibetragsregelung des § 25 Abs. 6 BAföG vor. Jedoch seien auch in diesem Zusammenhang einer an sachbezogenen Merkmalen zu orientierenden Typisierung Grenzen durch den insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz verflochtenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogen In außergewöhnlichen, eindeutig atypischen Fällen könne die Verweisung allein auf die Pauschale für den Einkommensbezieher mit einer unbilligen Härte verbunden sein. Dann aber sei nach Maßgabe des § 25 Abs. 6 BAföG ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, a. a. O.; Hartmann, a. a. O., Rdnr. 14.1; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a. a. O., Rdnr. 24).
Wegen dieser Härtefallregelung, die geeignet ist, im Einzelfall die tatsächlichen finanziellen Belastungen von Eltern, deren Einkommen bei der Leistungsberechnung anzurechnen ist, mit zu berücksichtigen, ist der vom Klägerbevollmächtigten bemühte Vergleich mit der Rechtslage und der Rechtsprechung in anderen Sozialrechtsgebieten nicht erforderlich.
Um entscheiden zu können, ob vorliegend die formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Härtefall im Sinne von § 25 Abs. 6 BAföG gegeben ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [210 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 37 ff.; BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1998 – 5 C 14/97 – BVerwGE 107, 164 [166 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.), sind zunächst die entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln, Sodann ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zur Frage eines Härtefalles Stellung zu nehmen. Diese noch ausstehenden prozessrechtlichen Schritte sind für eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im prozesskostenhilferechtlichen Sinne.
b) Die Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Unterlagen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
c) Die Vertretung der Klägerin zu 2 durch eine Prozessbevollmächtigte erscheint erforderlich (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO).
3. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren. In der Hauptsache begehrt sie höheres Berufsausbildungsgeld.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 23. Oktober 2012 Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 3. September 2012 bis zum 28. Februar 2014. Hierbei legte sie einen monatlichen Gesamtbedarf in Höhe von 844,00 EUR zu Grunde und zog hiervon unter anderem ein bereinigtes Gesamteinkommen des Vaters der Klägerin in Höhe von 554,25 EUR ab.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass die Beiträge ihres Vaters zur privaten Krankenversicherung und die ihrer Mutter zur Krankenversicherung bei der AOK als sonstige Belastungen berücksichtigt werden müssten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013 zurück. Aufwendungen zur sozialen Sicherung seien nur in Form von Pauschalen abzugelten. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 22. Januar 2013 zugestellt.
Die Klägerin hat am 22. Februar 2013 Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass auch die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die sich bei ihrem Vater auf 683,22 EUR und bei ihrer Mutter auf 322,25 EUR belaufen würden, in Abzug zu bringen seien. Ihre Eltern hätten, weil sie die Altersgrenzen überschritten hätten, nicht die Möglichkeit, wieder in eine gesetzliche Krankenversicherung zu gelangen. Es sei bei der Einkommensberechnung auf die tatsächlichen und nicht auf die fiktiven Einkommensverhältnisse abzustellen. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Eltern sei maßgebend.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 26. April 2013 abgelehnt. Aufwendungen zur sozialen Absicherung seien nur nach Maßgabe der gesetzlich festgelegten Sozialpauschalen abzuziehen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 6. Mai 2013 zugestellten Beschluss am 3. Juni 2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie ergänzend auf das Urteil des Sozialgerichtes Leipzig vom 10. Juli 2012 (Az. S 8 KR 373/10), das zu einer vergleichbaren Problematik ergangen sei.
Die Staatskasse hat sich zur Beschwerde geäußert. Die Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Keiner der in § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier maßgebenden, vom 11. August 2010 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 6 des Gesetzes vom 5. August 2010 [BGBl. I S. 1127]) aufgeführten Ausschlussgründe ist gegeben.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin hat bei der gebotenen summarischen Prüfung nach Aktenlage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Einkommensanrechnung bei der Ermittlung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe ist § 67 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB III gelten für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen § 11 Abs. 4 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (§§ 21 bis 25 BAföG) mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG gilt als Einkommen – vorbehaltlich der Sätze 3 und 4, der Absätze 2a, 3 und 4 – die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG können die für den Berechnungszeitraum zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit sowie die geleisteten freiwilligen Aufwendungen zur Sozialversicherung und für eine private Kranken-, Pflege-, Unfall- oder Lebensversicherung in angemessenem Umfang abgezogen werden. Zur Abgeltung der Abzüge nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG wird von der – um die Beträge nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 BAföG und § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG geminderten – Summe der positiven Einkünfte ein Betrag in Höhe eines der in § 21 Abs. 2 Satz 1 BAföG aufgeführten Vomhundertsätze dieses Gesamtbetrages abgesetzt. Für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und für Auszubildende ist dies 21,3 vom Hundert, höchstens jedoch ein Betrag von jährlich 12.100,00 EUR (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG). Auf der Grundlage dieser allgemeinen Regelungen ist die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.
Für die Forderung des Klägerbevollmächtigten, beim Abzugsposten im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse abzustellen, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Denn die Abgeltung von bestimmten Aufwendungen in Form von Pauschalen war eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im Urteil vom 13. Dezember 1979 ausgeführt, dass Ausbildungsförderung grundsätzlich nur geleistet werde, wenn und soweit die Eltern des Auszubildenden außerstande seien, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Ausbildung ihres Kindes zu tragen. Die Anrechnungsvorschriften im Bundesausbildungsförderungsgesetz seien zwar am bürgerlichen Unterhaltsrecht orientiert. Um das Bundesausbildungsförderungsgesetz vollzugsfähig zu gestalten, sei es jedoch untunlich gewesen, die Leistungsfähigkeit der Eltern von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig zu machen. Der Gesetzgeber habe hierfür vielmehr das gesetzestechnische Mittel der Pauschalierung und Typisierung verwendet. Das Gesetz gehe davon aus, dass die Pauschalen im Regelfall ausreichend seien, um die Kosten der Lebensführung für die Eltern und ihre Kinder zu decken, und mute den Eltern zu, das oberhalb der Pauschbeträge verbleibende Einkommen für den Lebensunterhalt und die Ausbildung des Auszubildenden einzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [207] = JURIS-Dokument Rdnr. 33; vgl. auch VG München, Urteil vom 1. März 2006 – M 15 K 05.2798 – JURIS-Dokument Rdnr. 43; Hartmann, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz [5. Aufl., Stand: 36. Erg.-Lfg., Sept. 2013], § 21 Rdnr. 17 und 14.1; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG [4. Aufl., 2005], § 21 Rdnr. 18).
Weder die Beklagte noch das Sozialgericht haben aber bislang die Härtefallregelung in § 25 Abs. 6 BAföG in den Blick genommen. Danach kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben (vgl. § 25 Abs. 6 Satz 1 BAföG). Hierunter fallen insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33b des Einkommensteuergesetzes sowie Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist (vgl. § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG). Zu den pauschal anzusetzenden Freibeträgen tritt dann ein individuell zu errechnender Freibetrag, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [208] = JURIS-Dokument Rdnr. 34).
Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes in aller Regel nicht gerechtfertigt, für Aufwendungen von Eltern für ihre Altersversorgung einen weiteren Freibetrag vom Einkommen nach § 25 Abs. 6 BAföG anzusetzen. Denn das Gesetz verweise die Eltern nicht darauf, derartige Aufwendungen aus den pauschalierten Freibeträgen des § 25 Abs. 1 bis 3 BAföG zu tragen. Den Eltern würden Mittel für die Altersvorsorge vielmehr dadurch belassen, dass die Aufwendungen für die Alterssicherung schon bei der Ermittlung des Einkommens (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG) berücksichtigt seien (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [209] = JURIS-Dokument Rdnr. 36). Dem Wesen der Typisierung und Pauschalierung entspreche es, dass über die Pauschbeträge hinausgehende Aufwendungen für die Altersvorsorge in der Regel nicht berücksichtigt werden könnten. Die insoweit geltende Spezialregelung gehe auch der Freibetragsregelung des § 25 Abs. 6 BAföG vor. Jedoch seien auch in diesem Zusammenhang einer an sachbezogenen Merkmalen zu orientierenden Typisierung Grenzen durch den insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz verflochtenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogen In außergewöhnlichen, eindeutig atypischen Fällen könne die Verweisung allein auf die Pauschale für den Einkommensbezieher mit einer unbilligen Härte verbunden sein. Dann aber sei nach Maßgabe des § 25 Abs. 6 BAföG ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, a. a. O.; Hartmann, a. a. O., Rdnr. 14.1; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a. a. O., Rdnr. 24).
Wegen dieser Härtefallregelung, die geeignet ist, im Einzelfall die tatsächlichen finanziellen Belastungen von Eltern, deren Einkommen bei der Leistungsberechnung anzurechnen ist, mit zu berücksichtigen, ist der vom Klägerbevollmächtigten bemühte Vergleich mit der Rechtslage und der Rechtsprechung in anderen Sozialrechtsgebieten nicht erforderlich.
Um entscheiden zu können, ob vorliegend die formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Härtefall im Sinne von § 25 Abs. 6 BAföG gegeben ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 – 5 C 60/78 – BVerwGE 59, 204 [210 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 37 ff.; BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1998 – 5 C 14/97 – BVerwGE 107, 164 [166 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.), sind zunächst die entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln, Sodann ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zur Frage eines Härtefalles Stellung zu nehmen. Diese noch ausstehenden prozessrechtlichen Schritte sind für eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im prozesskostenhilferechtlichen Sinne.
b) Die Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Unterlagen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
c) Die Vertretung der Klägerin zu 2 durch eine Prozessbevollmächtigte erscheint erforderlich (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO).
3. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved