Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 262/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 461/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. Oktober 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Altersrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 und die Erstattung von 6.243,42 EUR streitig.
Die am ... 1944 geborene Klägerin - nach ihren Angaben gelernte Blumenbinderin, zuletzt bis zur Wende als Arbeiterin in einer Schlosserei beschäftigt - beantragte am 4. November 2003 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, die Bewilligung von Altersrente für Frauen wegen der Vollendung des 60. Lebensjahres gem. § 237a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Die Klägerin bezog seit dem 1. Januar 2003 Arbeitslosenhilfe und war seit dem 2. Januar 2003 zunächst in geringfügigem Umfang als Zeitungszustellerin bei der M. Z. mbH tätig. Das entsprechende sechs Seiten umfassende, maschinenschriftlich durch die Mitarbeiterin der A- und B-Stelle der LVA N. ausgefüllte Rentenantragsformular enthält u.a. folgende Angaben: Die Frage 6.2 "Sind Sie geringfügig beschäftigt (400,-EUR-Beschäftigung)?" ist mit "ja" angekreuzt mit dem Zusatz "01.01.03-lfd." und der Benennung der M. Z. als Arbeitgeber. Die Frage 10.4 "Bei Antrag auf Altersrente: Sind Sie versicherungspflichtig bzw. geringfügig beschäftigt?" wurde bejaht. Ferner ist angekreuzt, dass die Entgeltvorausbescheinigung (Vordruck R250) der Klägerin ausgehändigt worden sei. Die weitere Frage unter 10.4 "Bei Antrag auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres: Werden Sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt oder steuerrechtliche Gewinne ( ) oder Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis ( ) erzielen?" ist mit "nein" angekreuzt. Zum Rentenbeginn ist angegeben, die Rente solle zum frühest möglichen Zeitpunkt, am 1. Februar 2004, beginnen.
Der Rentenantrag wurde von der Klägerin auf der hierfür vorgesehenen Seite 6 nicht unterschrieben. Die Unterschrift der Klägerin befindet sich lediglich auf dem Zusatzblatt "Antrag auf Versichertenrente". Dieses enthält folgenden Passus: "Am 04.11.2003 habe ich obigen Antrag gestellt. Dieser beinhaltet Antrag auf Versichertenrente, Fragebogen zur Prüfung des Vertrauensschutzes und Meldung zur KVdR. Mir wurde ein Ausdruck der Antragsdaten übergeben. Durch meine Unterschrift bestätige ich ausdrücklich die Richtigkeit der im Ausdruck übergebenen Antragsdaten." Ferner enthält das Zusatzblatt die "Erklärung der Antragstellerin/des Antragstellers": "Ich versichere, dass ich sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, dass wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können. Ich verpflichte mich, den zuständigen Rentenversicherungsträger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrages bis zum Rentenbeginn
eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen bzw. nach Arbeitsunfähigkeit wieder ausgeübt wird oder
sich eine Änderung der Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens ergibt oder "
Mit Bescheid vom 27. November 2003 bewilligte die LVA der Klägerin eine Altersrente für Frauen ab dem 1. Februar 2004 mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 688,67 EUR. Auf Seite 3 des Rentenbescheides war unter Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten angegeben: "Die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Zum Einkommen in diesem Sinne zählen:
Arbeitsentgelte (Bruttoverdienst aus Beschäftigung)
Arbeitseinkommen ( ) sowie
vergleichbares Einkommen ( ).
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, das sind bei Beginn der laufenden Zahlung 345,00 EUR. Änderungen der Bezugsgröße erfolgen zum 01.01. eines Jahres. Es besteht bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bzw. den Betrag von vergleichbaren Einkommen in entsprechender Höhe unverzüglich mitzuteilen. Die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze ergibt sich aus der Anlage 19." Auf Seite 2 der Anlage 19 ist unter der Überschrift "Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen" ausgeführt: "Eine Rente wegen Alters kann bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nur geleistet werden, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten hält. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen, die davon abhängig ist, ob die Altersrente als Vollrente oder als Teilrente geleistet wird, wird auf dieser Anlage dargestellt."
Unter dem 26. Februar 2008 erhielt die Beklagte eine Warnmeldung zur Überprüfung der Altersrente der Klägerin aufgrund der Übermittlung von DEÜV-Daten durch die Krankenkasse. Auf Anforderung der Beklagten teilte die M. Z. mbH in H. mit Schreiben vom 11. und 27. März 2008 die konkreten Arbeitsentgelte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2004 bis zum 29. Februar 2008 mit. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 25 bis 26 und 39 bis 40 der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2008 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass beabsichtigt sei, den Bescheid vom 27. November 2003 mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2004 teilweise zurückzunehmen und die Rente wegen Alters zu mindern. Der genannte Bescheid sei bereits seit seiner Erteilung rechtswidrig, weil die Klägerin Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung beziehe, welches eine Überprüfung des Hinzuverdienstes nach § 34 SGB VI zur Folge habe. Ab dem 1. Dezember 2004 habe die Klägerin die Hinzuverdienstgrenzen soweit überschritten, dass ihr nur noch eine "halbe Teilrente" zustehe. Durch schwankendes Arbeitsentgelt ändere sich die Höhe der Rente. Die unterschiedlichen Teilrenten seien der vorhergehenden Auflistung zu entnehmen. Ein zweimaliges zulässiges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen im jeweiligen Kalenderjahr sei berücksichtigt worden. Für die Zeit vom 1. bis zum 30. November 2006 und vom 1. bis zum 30. November 2007 entfalle der Anspruch auf Rente wegen Alters, weil die höchste Hinzuverdienstgrenze überschritten worden sei. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) seien erfüllt, weil die Klägerin in ihrem Antrag vom 4. November 2003 vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Im Antrag habe sie die Frage "Werden Sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt erzielen?" verneint. Die Klägerin habe im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen in Höhe von 6.228,87 EUR zu Unrecht erhalten. Als Anlagen waren u.a. Berechnungen vom 23. und 29. Mai und 9. Juni 2008 beigefügt, aus denen sich die Gesamtüberzahlung ergebe. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2008 wandte sich die Klägerin gegen die angekündigte Vorgehensweise der Beklagten. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie auf dem Antrag die Frage nach Arbeitsentgelt verneint habe. Jedenfalls sei dies versehentlich geschehen, da sie mit Rentenbeginn die Nebentätigkeit habe einstellen wollen. Sie wisse auch nicht mehr, aus welchen Gründen es dazu nicht gekommen sei. Da sich diese Angabe nicht auf ihre Rente ausgewirkt hätte, könne dies nicht absichtlich oder grob fahrlässig gewesen sein. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Beklagten erst nach viereinhalb Jahren ihre Beschäftigung aufgefallen sei. Schließlich habe ihr Arbeitgeber regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Mit Bescheid vom 15. September 2008 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27. November 2003 mit Wirkung vom 1. Dezember 2004 teilweise zurück. Sie teilte unter Darlegung der dafür maßgeblichen Gründe mit, dass sich entgegen der Anhörung vom 20. Juni 2008 die Höhe der Überzahlung geändert habe. Insoweit verwies sie auf die beigefügten Berechnungen vom 21. und 29. August sowie 2. September 2008. Ansonsten minderte sie die Rente ab dem 1. Dezember 2004 aus den in dem Schreiben vom 20. Juni 2008 genannten Gründen und forderte die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von nunmehr 6.243,42 EUR.
Dagegen erhob die Klägerin am 15. Oktober 2008 Widerspruch und machte geltend, ihr könne eine Verletzung der ihr obliegenden Sorgfalt bei Ausfüllung des Rentenantrages in einem besonders schweren Maße nicht zur Last gelegt werden. Sie habe den Rentenantrag vom 4. November 2003 nicht unterschrieben, sondern lediglich die Erklärung zur Antragstellung. Im Übrigen sei im Antrag unter Punkt 6.2 ihre Auskunft über ihre geringfügige Beschäftigung von der "Rentenberaterin" aufgenommen worden. Dass unter Punkt 10.4 keine Angabe erfolgt sei, sei nicht ihr, sondern der "Rentenberaterin" anzulasten, die eine richtige Ein- und Zuordnung des von ihr - der Klägerin - geschilderten Sachverhaltes hätte vornehmen müssen. Sie habe sich auf die Richtigkeit der im Antrag aufgenommen Angaben verlassen. Ihr Vertrauen sei zudem durch den jahrelangen Rentenbezug ohne Beanstandungen durch die Beklagte verstärkt worden. Die Erstattung des geforderten Betrages stelle ferner eine besondere Härte dar. Die in der Vergangenheit bezogene Rente habe sie zur Deckung ihres persönlichen Lebensbedarfs verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Rücknahme des Bescheides vom 27. November 2003 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ab dem 1. Dezember 2004 sowie die Rückforderung des Betrages in Höhe von 6.243,42 EUR, den Gesamtzeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 betreffend, sei nicht zu beanstanden. Die geringfügige Beschäftigung habe bereits vor Rentenbeginn und darüber hinaus bestanden. Eine Altersrente könne nur gewährt werden, wenn die erforderlichen Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI nicht überschritten würden. Demzufolge hätte bereits eine Einkommensanrechnung durchgeführt werden müssen. Die Einkommensanrechnung wirke sich infolge des schwankenden Arbeitsentgeltes erst zum 1. Dezember 2004 aus. Durch die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen für einzelne Zeiträume, die sich erst ab dem 1. Dezember 2004 auswirke, sei der Bescheid von Beginn an rechtswidrig gewesen. Die Klägerin habe bei der Rentenantragstellung nicht angegeben, dass sie ab dem Rentenbeginn, dem 1. Februar 2004, weiterhin Arbeitsentgelt erzielen werde, obwohl sie auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen worden sei. Durch ihre Unterschrift auf der Erklärung zur Antragstellung habe sie ausdrücklich die Richtigkeit der im Ausdruck übergebenen Antragsdaten bestätigt. Eine fehlerhafte Übertragung von Daten der den Antrag aufnehmenden Mitarbeiterin anlasten zu wollen, sei von der Klägerin unredlich. Aus dem ersten Schreiben der Klägerin vom 19. Juli 2008 als Reaktion zur Anhörung ergebe sich sogar, dass sie die geringfügige Beschäftigung zum Rentenbeginn habe aufgeben wollen. Dies beweise, dass die den Antrag aufnehmende Mitarbeiterin die Angabe unter Punkt 10.4 völlig korrekt gemacht habe. Erst in dem Widerspruch habe die Klägerin einen gegenteiligen Sachverhalt geschildert. Letztlich hätte sie als Folge der Weiterbeschäftigung die Entgeltbescheinigungen vorlegen müssen, was sie nicht getan habe. Ein Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses lasse sich gerade aus Punkt 10.4 nicht ableiten. Die Klägerin sei ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung grob fahrlässig nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X lägen damit vor. Die vom Gesetzgeber eingeräumten Ausschlussfristen gemäß § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB X seien gewahrt. Ein Verschulden der Beklagten liege nicht vor. Die Ermittlung des Hinzuverdienstes habe erst erfolgen können, als die Meldung durch die Krankenkasse im Februar 2008 eingegangen sei. Für die Beklagte hätten sich aus dem Antrag der Klägerin keine Anhaltspunkte ergeben, die Rentenberechnung zu überprüfen. Ermessensrelevante Gesichtspunkte, die für eine Entscheidung zugunsten der Klägerin sprächen, ergäben sich aus der Aktenlage nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. April 2009 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben, welches mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2012 den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 aufgehoben hat. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 27. November 2003 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X lägen nicht vollständig vor. Der Bescheid vom 27. November 2003 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil bereits bei seinem Erlass die Hinzuverdienstgrenzen überschritten gewesen seien. Er habe auch auf Angaben der Klägerin beruht, die diese in wesentlicher Beziehung (Pkt. 10.4) unrichtig bzw. unvollständig gemacht habe. Nach der von ihr abgegebenen Erklärung sei die Beklagte bei der Rentenfestsetzung davon ausgegangen, dass die Klägerin ab dem Rentenbeginn (1. Februar 2004) keine Arbeitsentgelte beziehen werde. Die insoweit fehlerhaften/unvollständigen Angaben seien indes nicht grob fahrlässig gewesen. Die Klägerin habe ihre Beschäftigungsaufnahme zum 1. Januar 2003 und die laufende geringfügige Beschäftigung bei der M. Z. bei der Antragsaufnahme ordnungsgemäß und vollständig angegeben. Lediglich die Frage, ob sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt erzielt werde, habe sie verneint. Man könne der Klägerin somit zugute halten, dass sie davon habe ausgehen können, mit der Beantwortung hinsichtlich der geringfügigen Beschäftigung alle notwendigen Angaben korrekt und vollständig getätigt zu haben. Ferner sei auch nicht auszuschließen gewesen, dass die Klägerin zunächst geplant habe, ihre geringfügige Beschäftigung mit Rentenbeginn zu beenden. In diesem Fall wäre die Verneinung der strittigen Frage (Pkt. 10.4) zum Zeitpunkt der Antragstellung sogar richtig gewesen. Die Beklagte könne der Klägerin eine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Falschangabe von wesentlichen Tatsachen nicht nachweisen. Eine Wahlmöglichkeit zwischen § 45 SGB X und § 48 SGB X bestehe nicht. Da der Bewilligungsbescheid vom 27. November 2003 bereits im Erlasszeitpunkt rechtswidrig gewesen sei, komme als Ermächtigungsgrundlage ausschließlich § 45 SGB X in Betracht. Im Übrigen könne nach endgültiger Feststellung der Arbeitsentgelte ohnehin nur § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (nachträgliche Einkommenserzielung) zum Tragen kommen. Eine Umdeutung der Aufhebungsentscheidung, konkret ein Stützen derselben auf eine andere Rechtsgrundlage, verbiete sich schon deshalb, weil sie die Klägerin wegen des gravierenden Unterschiedes zwischen § 45 und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in einer unvertretbaren Weise benachteiligen würde.
Gegen das ihr am 25. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. November 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Entgegen der Auffassung im Urteil des Sozialgerichts könne sich die Klägerin auf ein subjektives Vertrauen in die Richtigkeit der Rentenbewilligung nicht berufen. Sie habe die Ursache dafür gesetzt, dass die Rente von Anfang an fehlerhaft berechnet worden sei. Ihr sei bekannt gewesen bzw. sie hätte bei der von ihr zu erwartenden Sorgfalt zumindest wissen müssen, dass die Rente fehlerhaft - weil ohne Berücksichtigung der neben der Rente erzielten Hinzuverdienste - geleistet worden sei. Dass die Entgelte aus einer Beschäftigung den Altersrentenanspruch berührten, sei der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bekannt gewesen. Sie habe damals mitgeteilt, ab Beginn der Altersrente die Beschäftigung zu beenden. Dass dennoch nach Rentenbeginn weiter gegen Arbeitsentgelt gearbeitet worden sei, habe die Klägerin dann nicht mitgeteilt. Jedenfalls spätestens mit Erhalt des Altersrentenbescheides vom 27. November 2003 habe der Klägerin bei (zu erwartender) Lektüre des Bescheides deutlich sein müssen, dass die Rentenfestsetzung fehlerhaft gewesen sei. Die Klägerin sei hierdurch erneut "gewarnt" gewesen, da eine (korrigierte) Mitteilung an den Rentenversicherungsträger erforderlich gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. Oktober 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 ist hinsichtlich der im Entscheidungssatz zum Ausdruck kommenden Regelung der teilweisen Aufhebung des maßgebenden Bewilligungsbescheides vom 27. November 2003 für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 und der Erstattung in Höhe von 6.243,42 EUR rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Altersrente als Vollrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007, sondern aufgrund des die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen übersteigenden Verdienstes aus der Beschäftigung bei der M. Z. mbH nur in Höhe einer Teilrente bzw. für einzelne Monate in Höhe einer Nullrente.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten ist Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 27. November 2003 über die Bewilligung der Altersrente mit Wirkung vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 nicht § 45 Abs. 1 Satz 2 SGB X, sondern § 48 Abs. 1 SGB X.
Der Rentenbewilligungsbescheid vom 27. November 2003 ist nicht im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X von Anfang an teilweise rechtswidrig gewesen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 27. November 2003, mit welchem der Klägerin laufende Geldleistungen ab dem 1. Februar 2004 bewilligt worden sind, stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Dieser Bescheid ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen. Im Zeitpunkt seines Erlasses stand der Klägerin Altersrente in voller Höhe ab dem 1. Februar 2004 zu, da der Verdienst aus der ab diesem Zeitpunkt weiterhin ausgeübten Beschäftigung bei der M. Z. mbH in Höhe von 137,92 EUR die Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente in Höhe von 345,00 EUR nicht überschritt. Allein die Fortführung der geringfügigen Beschäftigung über den Rentenbeginn am 1. Februar 2004 hinaus führte nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27. November 2003. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 27. November 2003 ist erst nachträglich ab dem 1. Dezember 2004 insoweit rechtswidrig geworden, als der ab diesem Zeitpunkt erzielte Verdienst die Hinzuverdienstgrenze bereits zum dritten Mal überschritt mit der Folge der Minderung bzw. des Wegfalls der Rente.
Rechtsgrundlage für den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).
Da der Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides auf § 48 SGB X gestützt werden kann, ist eine Umdeutung im Sinne von § 43 SGB X nicht erforderlich. Vielmehr findet lediglich ein Wechsel der Rechtsgrundlage des Rücknahmebescheides hinsichtlich der teilweisen Aufhebung - bei gleichbleibender Regelung - statt. Eine unzulässige Änderung des Regelungsumfangs oder Wesensgehalts des Verwaltungsaktes tritt hier nicht ein, soweit als Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X an Stelle von § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB X herangezogen wird. Die §§ 45 und 48 SGB X sind auf dasselbe Ziel, nämlich die Beseitigung eines Verwaltungsaktes, gerichtet, sodass ein Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig ist. Allerdings kann der Verfügungssatz eines Bescheides nicht auf eine andere Begründung gestützt werden, wenn dadurch die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert würde. Darauf kann sich jedoch die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Denn das bloße, vom Wunsch der Vermeidung des tatsächlichen Eintritts einer Belastung getragene Interesse des Betroffenen daran, dass ein belastender Verwaltungsakt nicht nachträglich auf eine ihn tragende Rechtsgrundlage gestützt wird, ist rechtlich nicht geschützt. Der Schutz des Betroffenen ist insoweit darauf beschränkt, dass die Rechtsfolgen für ihn nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen des fehlerhaft begründeten Verwaltungsaktes (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R - juris; Urteil vom 18. September 1997 - 11 RAr 9/97 - DBlR 4454a zu § 152 AFG; Urteil vom 29. Juni 2000 - B 11 AL 85/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr. 9).
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung und Rückforderung der bewilligten Altersrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 liegen nach § 48 Abs. 1 SGB X vor.
Die wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X besteht darin, dass die Klägerin aufgrund des aus der geringfügigen Beschäftigung bei der M. Z. mbH erzielten - schwankenden - monatlichen Verdienstes ab dem 1. Dezember 2004 die für die Altersrente maßgebliche Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente zum dritten Mal überschritten hat.
Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI in der vom 1. August 2004 bis zum 31. Dezember 2007 geltenden und damit hier anwendbaren Fassung besteht Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Erreichen des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI
bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße,
bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von
einem Drittel der Vollrente das 23,3fache,
der Hälfte der Vollrente das 17,5fache,
zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache
des aktuellen Rentenwertes (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens mit 1,5 Entgeltpunkten.
Vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2005 betrug die monatliche Bezugsgröße nach § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) 2.415,00 EUR und vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007 2.450,00 EUR (vgl. Tabellenteil in Eichler/Haase/Reichenbach, Die Rentenversicherung im SGB, Tabelle 1.2). Damit ergibt sich eine Hinzuverdienstgrenze für eine Altersrente als Vollrente in Höhe von 345,00 EUR bzw. 350,00 EUR. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. Juni 2007 unverändert 22,97 EUR und vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 23,09 EUR (vgl. Tabellenteil, a.a.O., Tabelle 2.1). Dieser vervielfältigt mit 11,7 (§ 34 Abs. 3 Nr. 2c SGB VI) und 1,5 Entgeltpunkten (vgl. Seite 2 der Anlage 19 des Bescheides vom 27. November 2003) ergibt für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. Juni 2007 eine Hinzuverdienstgrenze für die Altersrente als Teilrente zu zwei Dritteln der Vollrente in Höhe von 403,12 EUR monatlich, für die Altersrente als Teilrente zur Hälfte der Vollrente in Höhe von 602,96 EUR monatlich und für die Altersrente als Teilrente zu einem Drittel der Vollrente in Höhe von 802,80 EUR monatlich. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 23,09 EUR (vgl. Tabellenteil, a.a.O., Tabelle 2.1). Dieser vervielfältigt mit 11,7 (§ 34 Abs. 3 Nr. 2c SGB VI) und 1,5 Entgeltpunkten ergibt für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 für die Altersrente als Teilrente zu zwei Dritteln der Vollrente einen Betrag in Höhe von 405,23 EUR monatlich, für die Altersrente als Teilrente zur Hälfte der Vollrente einen Betrag in Höhe von 606,11 EUR monatlich und für die Altersrente als Teilrente zu einem Drittel der Vollrente einen Betrag in Höhe von 807,00 EUR monatlich. Die Beklagte hat in ihrem angefochtenen Bescheid unter Zugrundelegung der monatlichen Arbeitseinkünfte der Klägerin ordnungsgemäß - auch unter Beachtung eines zulässigen zweimaligen Überschreitens der zulässigen Hinzuverdienstgrenzen in jedem Kalenderjahr gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2. Halbsatz SGB VI - die der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 zustehende Rentenleistung ermittelt, deren Höhe die Klägerin nicht beanstandet hat.
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X liegen damit vor, da die Klägerin vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 Einkommen erzielt hat, das zur Minderung bzw. zum Wegfall ihres Anspruchs auf Bewilligung von Altersrente geführt hat.
Zudem ist auch der Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt. Die Klägerin ist ihrer Meldepflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) nicht nachgekommen. Danach haben Bezieher von Sozialleistungen, zu denen die Klägerin gehört, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Fortführung der geringfügigen Beschäftigung über den Rentenbeginn am 1. Februar 2004 hinaus und insbesondere der daraus erzielte, die Hinzuverdienstgrenze überschreitende Verdienst waren meldepflichtige Tatsachen. Dieser Mitteilungspflicht ist die Klägerin grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X). Der Begriff der groben Fahrlässigkeit setzt demnach ein gesteigertes Verschulden voraus. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene seine Mitwirkungspflicht aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R - SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist kein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und das Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände das Falles abzustellen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, a.a.O.). Die Klägerin war in der von ihr unterschriebenen Erklärung vom 4. November 2003 und im Bescheid vom 27. November 2003 unmissverständlich auf die bestehende gesetzliche Verpflichtung hingewiesen worden, jede Beschäftigung, bei der das erzielte Entgelt die zulässige Hinzuverdienstgrenze übersteigt, mitzuteilen. Neben den in der Anlage 19 des Bescheides vom 27. November 2003 betragsmäßig aufgeführten Hinzuverdienstgrenzen war insbesondere auf der Seite 3 des Rentenbescheides ausdrücklich auf die Hinzuverdienstgrenze für eine Altersrente als Vollrente in Höhe von 345,00 EUR ab dem 1. Februar 2004, dem Beginn der laufenden Zahlung der Altersrente, zumindest bis zum Ende des Jahres 2004 hingewiesen worden. Durch diese konkreten Hinweise hat die Klägerin aufgrund einfachster Überlegungen erkennen müssen, dass sie mit ihren aus der Beschäftigung bei der M. Z. mbH erzielten Verdiensten in Höhe von 365,33 EUR im September 2004, in Höhe von 410,60 EUR im November 2004 und in Höhe von 460,07 EUR im Dezember 2004 über dem Betrag von 345,00 EUR, der zulässigen Hinzuverdienstgrenzen für eine Vollrente, gelegen hat. Unerheblich für die Mitteilungspflicht ist, dass sich aufgrund des gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB VI zulässigen zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen erst das Arbeitsentgelt für Dezember 2004 auf die Altersrente auswirkte. Selbst wenn die Klägerin den Rentenbescheid vom 27. November 2003 nicht genau gelesen hätte, müsste ihr dies als grobes Verschulden angerechnet werden, denn es besteht die Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (BSG, a.a.O.). Obgleich die Klägerin zuletzt als Arbeiterin in einer Schlosserei tätig war und insoweit eher wenig Erfahrung im Umgang mit behördlichen Schreiben hat, war sie zur Überzeugung des Senats in der Lage, die dort dargestellten Hinweise, speziell die konkret angegebene Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 345,00 EUR, zu verstehen. Schließlich war ihr aufgrund der bei Antragstellung abgefragten Daten und der Aushändigung der Entgeltvorausbescheinigung bekannt, dass der bei Fortführung der Beschäftigung über den Rentenbeginn hinaus erzielte Verdienst rentenschädliche Auswirkungen auf ihre Altersrente haben konnte.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt rückwirkend vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufgehoben werden. "Soll" bedeutet, dass dies in aller Regel zu geschehen hat. Nur in Ausnahmefällen - in sogenannten atypischen Fällen - kann er allein für die Zukunft aufgehoben werden. Jedoch ist der Verwaltung in diesen Fällen - und auch nur in diesen Fällen - ein von ihr auszuübendes Ermessen eingeräumt, auch dann noch für die Vergangenheit aufzuheben (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, 2010, § 48 Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 6. November 1985 - 10 RKg 3/84 - SozR 1300 § 48 Nr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen, wann ein atypischer Fall vorliegt, in dem eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr ist dies stets nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu bestimmen und hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1988 - 7 RAr 55/86 - SozR 1300 § 48 Nr. 44). Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Wege der Ermessensausübung zu klären, sondern vielmehr als Rechtsvoraussetzung von den Gerichten zu überprüfen (BSG, Urteil vom 6. November 1985, a.a.O.; Urteil vom 11. Februar 1988, a.a.O.).
Ein atypischer Fall ist zur Überzeugung des Senats nicht gegeben. Die eingetretene Überzahlung beruhte nicht auf einem mitwirkenden Fehlverhalten auf der Seite des Versicherungsträgers, der Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1986 - 7 RAr 126/84 -, SozR 1300 § 48 Nr. 25), sondern fällt ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Es liegt gerade der typische Fall der Überzahlung vor, die auf der grob fahrlässigen Verletzung der Mitteilungspflichten durch die Klägerin beruht. Nach der durch die Krankenkasse erfolgten Übermittlung von DEÜV-Daten, die Anlass für die Warnmeldung bei der Beklagten am 26. Februar 2008 war, reagierte diese unverzüglich und hörte, nachdem die M. Z. mbH unter dem 11. und 27. März 2008 die monatlichen Arbeitsentgelte der Klägerin mitgeteilt hatte, diese zu der beabsichtigten teilweisen Aufhebung an.
Zudem stellt die mit der rückwirkenden Aufhebung verbundene Erstattungspflicht der Klägerin keine besondere Härte dar. Diese würde vorliegen, wenn die Rückerstattung nach Lage des Falles den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ein irreversibler Verbrauch der erhaltenen Überzahlung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne der Nr. 3 des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Allerdings hat das BSG einen atypischen Fall dann angenommen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer Umstände nicht damit zu rechnen brauchte, erstattungspflichtig zu werden, und er im Vertrauen darauf das nachträglich erzielte Einkommen, aus dem er sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, ausgegeben hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1994 - 1 RK 45/93 - SozR 3-3000 § 48 Nr. 33). Für das Vorliegen von solchen besonderen Umständen bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Überzahlung ist zunächst nicht aufgefallen, ohne dass die Beklagte hieran ein Mitverschulden trifft. Aufgrund der Angaben bei Rentenantragstellung, die Beschäftigung bei der M. Z. aufgeben zu wollen, bestand auch keine Veranlassung bei der Beklagten zu weiteren Nachfragen bei der Klägerin. Sollte diese zu einer Rückzahlung nicht in der Lage sein, besteht für sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Ratenzahlung, Stundung oder Niederschlagung bei der Beklagten zu stellen.
Die Beklagte hat die Jahresfrist für die Aufhebung des Verwaltungsaktes seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung des Dauerverwaltungsaktes bei Änderung der Verhältnisse für die Vergangenheit rechtfertigt, eingehalten. Die Einjahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt mit Kenntnis des Aufhebungsgrundes. Hierzu gehört jedenfalls die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich die wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen bei Erlass des früheren Verwaltungsaktes ergibt. Insoweit kommt es auch auf den Umfang der Rechtswidrigkeit an, weil der Verwaltungsakt nur aufgehoben werden soll, "soweit" eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei der "entsprechenden" Anwendung der Jahresfristregelung auf die Aufhebungsvorschrift des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X muss das maßgebende Wissen der Behörde sämtliche Tatsachen und Umstände betreffen, die die wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei Erlass der aufzuhebenden Verwaltungsaktes darstellen. Die Höhe des monatlichen Verdienstes der Klägerin war der Beklagten erst nach der Auskunftserteilung durch die M. Z. mbH mit Schreiben vom 11. und 27. März 2008 bekannt. Eine frühere Kenntnis ergibt sich auch nicht aus der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages durch die M. Z. mbH; dieser ist an die Barmer Ersatzkasse als gemäß § 28h SGB IV hierfür zuständige Einzugsstelle geleistet worden.
Schließlich hat die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Zwar fehlt es vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 15. September 2008 an der Anhörung zur Höhe des letztlich gegenüber der Klägerin geltend gemachten Erstattungsbetrages in Höhe von 6.243,42 EUR. Im Anhörungsschreiben vom 20. Juni 2008 wurde ein Erstattungsbetrag in Höhe von lediglich 6.228,87 EUR aufgeführt. Dieser Verfahrensfehler ist jedoch nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X durch die Nachholung der unterbliebenen Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Soweit die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Altersrente rückwirkend aufzuheben, ist die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X zur Rückzahlung verpflichtet. Die Klägerin hat der Beklagten die im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 zu Unrecht gezahlte Rente in Höhe von 6.243,42 EUR zu erstatten. Gegen die Berechnung des Erstattungsbetrages bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat hierzu auch keine Einwände vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Altersrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 und die Erstattung von 6.243,42 EUR streitig.
Die am ... 1944 geborene Klägerin - nach ihren Angaben gelernte Blumenbinderin, zuletzt bis zur Wende als Arbeiterin in einer Schlosserei beschäftigt - beantragte am 4. November 2003 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, die Bewilligung von Altersrente für Frauen wegen der Vollendung des 60. Lebensjahres gem. § 237a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Die Klägerin bezog seit dem 1. Januar 2003 Arbeitslosenhilfe und war seit dem 2. Januar 2003 zunächst in geringfügigem Umfang als Zeitungszustellerin bei der M. Z. mbH tätig. Das entsprechende sechs Seiten umfassende, maschinenschriftlich durch die Mitarbeiterin der A- und B-Stelle der LVA N. ausgefüllte Rentenantragsformular enthält u.a. folgende Angaben: Die Frage 6.2 "Sind Sie geringfügig beschäftigt (400,-EUR-Beschäftigung)?" ist mit "ja" angekreuzt mit dem Zusatz "01.01.03-lfd." und der Benennung der M. Z. als Arbeitgeber. Die Frage 10.4 "Bei Antrag auf Altersrente: Sind Sie versicherungspflichtig bzw. geringfügig beschäftigt?" wurde bejaht. Ferner ist angekreuzt, dass die Entgeltvorausbescheinigung (Vordruck R250) der Klägerin ausgehändigt worden sei. Die weitere Frage unter 10.4 "Bei Antrag auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres: Werden Sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt oder steuerrechtliche Gewinne ( ) oder Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis ( ) erzielen?" ist mit "nein" angekreuzt. Zum Rentenbeginn ist angegeben, die Rente solle zum frühest möglichen Zeitpunkt, am 1. Februar 2004, beginnen.
Der Rentenantrag wurde von der Klägerin auf der hierfür vorgesehenen Seite 6 nicht unterschrieben. Die Unterschrift der Klägerin befindet sich lediglich auf dem Zusatzblatt "Antrag auf Versichertenrente". Dieses enthält folgenden Passus: "Am 04.11.2003 habe ich obigen Antrag gestellt. Dieser beinhaltet Antrag auf Versichertenrente, Fragebogen zur Prüfung des Vertrauensschutzes und Meldung zur KVdR. Mir wurde ein Ausdruck der Antragsdaten übergeben. Durch meine Unterschrift bestätige ich ausdrücklich die Richtigkeit der im Ausdruck übergebenen Antragsdaten." Ferner enthält das Zusatzblatt die "Erklärung der Antragstellerin/des Antragstellers": "Ich versichere, dass ich sämtliche Angaben nach bestem Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, dass wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können. Ich verpflichte mich, den zuständigen Rentenversicherungsträger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrages bis zum Rentenbeginn
eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen bzw. nach Arbeitsunfähigkeit wieder ausgeübt wird oder
sich eine Änderung der Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens ergibt oder "
Mit Bescheid vom 27. November 2003 bewilligte die LVA der Klägerin eine Altersrente für Frauen ab dem 1. Februar 2004 mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 688,67 EUR. Auf Seite 3 des Rentenbescheides war unter Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten angegeben: "Die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Zum Einkommen in diesem Sinne zählen:
Arbeitsentgelte (Bruttoverdienst aus Beschäftigung)
Arbeitseinkommen ( ) sowie
vergleichbares Einkommen ( ).
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, das sind bei Beginn der laufenden Zahlung 345,00 EUR. Änderungen der Bezugsgröße erfolgen zum 01.01. eines Jahres. Es besteht bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bzw. den Betrag von vergleichbaren Einkommen in entsprechender Höhe unverzüglich mitzuteilen. Die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze ergibt sich aus der Anlage 19." Auf Seite 2 der Anlage 19 ist unter der Überschrift "Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen" ausgeführt: "Eine Rente wegen Alters kann bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nur geleistet werden, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten hält. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen, die davon abhängig ist, ob die Altersrente als Vollrente oder als Teilrente geleistet wird, wird auf dieser Anlage dargestellt."
Unter dem 26. Februar 2008 erhielt die Beklagte eine Warnmeldung zur Überprüfung der Altersrente der Klägerin aufgrund der Übermittlung von DEÜV-Daten durch die Krankenkasse. Auf Anforderung der Beklagten teilte die M. Z. mbH in H. mit Schreiben vom 11. und 27. März 2008 die konkreten Arbeitsentgelte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2004 bis zum 29. Februar 2008 mit. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 25 bis 26 und 39 bis 40 der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2008 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass beabsichtigt sei, den Bescheid vom 27. November 2003 mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2004 teilweise zurückzunehmen und die Rente wegen Alters zu mindern. Der genannte Bescheid sei bereits seit seiner Erteilung rechtswidrig, weil die Klägerin Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung beziehe, welches eine Überprüfung des Hinzuverdienstes nach § 34 SGB VI zur Folge habe. Ab dem 1. Dezember 2004 habe die Klägerin die Hinzuverdienstgrenzen soweit überschritten, dass ihr nur noch eine "halbe Teilrente" zustehe. Durch schwankendes Arbeitsentgelt ändere sich die Höhe der Rente. Die unterschiedlichen Teilrenten seien der vorhergehenden Auflistung zu entnehmen. Ein zweimaliges zulässiges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen im jeweiligen Kalenderjahr sei berücksichtigt worden. Für die Zeit vom 1. bis zum 30. November 2006 und vom 1. bis zum 30. November 2007 entfalle der Anspruch auf Rente wegen Alters, weil die höchste Hinzuverdienstgrenze überschritten worden sei. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) seien erfüllt, weil die Klägerin in ihrem Antrag vom 4. November 2003 vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Im Antrag habe sie die Frage "Werden Sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt erzielen?" verneint. Die Klägerin habe im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen in Höhe von 6.228,87 EUR zu Unrecht erhalten. Als Anlagen waren u.a. Berechnungen vom 23. und 29. Mai und 9. Juni 2008 beigefügt, aus denen sich die Gesamtüberzahlung ergebe. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2008 wandte sich die Klägerin gegen die angekündigte Vorgehensweise der Beklagten. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie auf dem Antrag die Frage nach Arbeitsentgelt verneint habe. Jedenfalls sei dies versehentlich geschehen, da sie mit Rentenbeginn die Nebentätigkeit habe einstellen wollen. Sie wisse auch nicht mehr, aus welchen Gründen es dazu nicht gekommen sei. Da sich diese Angabe nicht auf ihre Rente ausgewirkt hätte, könne dies nicht absichtlich oder grob fahrlässig gewesen sein. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Beklagten erst nach viereinhalb Jahren ihre Beschäftigung aufgefallen sei. Schließlich habe ihr Arbeitgeber regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Mit Bescheid vom 15. September 2008 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27. November 2003 mit Wirkung vom 1. Dezember 2004 teilweise zurück. Sie teilte unter Darlegung der dafür maßgeblichen Gründe mit, dass sich entgegen der Anhörung vom 20. Juni 2008 die Höhe der Überzahlung geändert habe. Insoweit verwies sie auf die beigefügten Berechnungen vom 21. und 29. August sowie 2. September 2008. Ansonsten minderte sie die Rente ab dem 1. Dezember 2004 aus den in dem Schreiben vom 20. Juni 2008 genannten Gründen und forderte die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von nunmehr 6.243,42 EUR.
Dagegen erhob die Klägerin am 15. Oktober 2008 Widerspruch und machte geltend, ihr könne eine Verletzung der ihr obliegenden Sorgfalt bei Ausfüllung des Rentenantrages in einem besonders schweren Maße nicht zur Last gelegt werden. Sie habe den Rentenantrag vom 4. November 2003 nicht unterschrieben, sondern lediglich die Erklärung zur Antragstellung. Im Übrigen sei im Antrag unter Punkt 6.2 ihre Auskunft über ihre geringfügige Beschäftigung von der "Rentenberaterin" aufgenommen worden. Dass unter Punkt 10.4 keine Angabe erfolgt sei, sei nicht ihr, sondern der "Rentenberaterin" anzulasten, die eine richtige Ein- und Zuordnung des von ihr - der Klägerin - geschilderten Sachverhaltes hätte vornehmen müssen. Sie habe sich auf die Richtigkeit der im Antrag aufgenommen Angaben verlassen. Ihr Vertrauen sei zudem durch den jahrelangen Rentenbezug ohne Beanstandungen durch die Beklagte verstärkt worden. Die Erstattung des geforderten Betrages stelle ferner eine besondere Härte dar. Die in der Vergangenheit bezogene Rente habe sie zur Deckung ihres persönlichen Lebensbedarfs verbraucht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Rücknahme des Bescheides vom 27. November 2003 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ab dem 1. Dezember 2004 sowie die Rückforderung des Betrages in Höhe von 6.243,42 EUR, den Gesamtzeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 betreffend, sei nicht zu beanstanden. Die geringfügige Beschäftigung habe bereits vor Rentenbeginn und darüber hinaus bestanden. Eine Altersrente könne nur gewährt werden, wenn die erforderlichen Hinzuverdienstgrenzen des § 34 SGB VI nicht überschritten würden. Demzufolge hätte bereits eine Einkommensanrechnung durchgeführt werden müssen. Die Einkommensanrechnung wirke sich infolge des schwankenden Arbeitsentgeltes erst zum 1. Dezember 2004 aus. Durch die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen für einzelne Zeiträume, die sich erst ab dem 1. Dezember 2004 auswirke, sei der Bescheid von Beginn an rechtswidrig gewesen. Die Klägerin habe bei der Rentenantragstellung nicht angegeben, dass sie ab dem Rentenbeginn, dem 1. Februar 2004, weiterhin Arbeitsentgelt erzielen werde, obwohl sie auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen worden sei. Durch ihre Unterschrift auf der Erklärung zur Antragstellung habe sie ausdrücklich die Richtigkeit der im Ausdruck übergebenen Antragsdaten bestätigt. Eine fehlerhafte Übertragung von Daten der den Antrag aufnehmenden Mitarbeiterin anlasten zu wollen, sei von der Klägerin unredlich. Aus dem ersten Schreiben der Klägerin vom 19. Juli 2008 als Reaktion zur Anhörung ergebe sich sogar, dass sie die geringfügige Beschäftigung zum Rentenbeginn habe aufgeben wollen. Dies beweise, dass die den Antrag aufnehmende Mitarbeiterin die Angabe unter Punkt 10.4 völlig korrekt gemacht habe. Erst in dem Widerspruch habe die Klägerin einen gegenteiligen Sachverhalt geschildert. Letztlich hätte sie als Folge der Weiterbeschäftigung die Entgeltbescheinigungen vorlegen müssen, was sie nicht getan habe. Ein Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses lasse sich gerade aus Punkt 10.4 nicht ableiten. Die Klägerin sei ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung grob fahrlässig nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X lägen damit vor. Die vom Gesetzgeber eingeräumten Ausschlussfristen gemäß § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB X seien gewahrt. Ein Verschulden der Beklagten liege nicht vor. Die Ermittlung des Hinzuverdienstes habe erst erfolgen können, als die Meldung durch die Krankenkasse im Februar 2008 eingegangen sei. Für die Beklagte hätten sich aus dem Antrag der Klägerin keine Anhaltspunkte ergeben, die Rentenberechnung zu überprüfen. Ermessensrelevante Gesichtspunkte, die für eine Entscheidung zugunsten der Klägerin sprächen, ergäben sich aus der Aktenlage nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. April 2009 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben, welches mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2012 den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 aufgehoben hat. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 27. November 2003 gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X lägen nicht vollständig vor. Der Bescheid vom 27. November 2003 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil bereits bei seinem Erlass die Hinzuverdienstgrenzen überschritten gewesen seien. Er habe auch auf Angaben der Klägerin beruht, die diese in wesentlicher Beziehung (Pkt. 10.4) unrichtig bzw. unvollständig gemacht habe. Nach der von ihr abgegebenen Erklärung sei die Beklagte bei der Rentenfestsetzung davon ausgegangen, dass die Klägerin ab dem Rentenbeginn (1. Februar 2004) keine Arbeitsentgelte beziehen werde. Die insoweit fehlerhaften/unvollständigen Angaben seien indes nicht grob fahrlässig gewesen. Die Klägerin habe ihre Beschäftigungsaufnahme zum 1. Januar 2003 und die laufende geringfügige Beschäftigung bei der M. Z. bei der Antragsaufnahme ordnungsgemäß und vollständig angegeben. Lediglich die Frage, ob sie ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt erzielt werde, habe sie verneint. Man könne der Klägerin somit zugute halten, dass sie davon habe ausgehen können, mit der Beantwortung hinsichtlich der geringfügigen Beschäftigung alle notwendigen Angaben korrekt und vollständig getätigt zu haben. Ferner sei auch nicht auszuschließen gewesen, dass die Klägerin zunächst geplant habe, ihre geringfügige Beschäftigung mit Rentenbeginn zu beenden. In diesem Fall wäre die Verneinung der strittigen Frage (Pkt. 10.4) zum Zeitpunkt der Antragstellung sogar richtig gewesen. Die Beklagte könne der Klägerin eine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Falschangabe von wesentlichen Tatsachen nicht nachweisen. Eine Wahlmöglichkeit zwischen § 45 SGB X und § 48 SGB X bestehe nicht. Da der Bewilligungsbescheid vom 27. November 2003 bereits im Erlasszeitpunkt rechtswidrig gewesen sei, komme als Ermächtigungsgrundlage ausschließlich § 45 SGB X in Betracht. Im Übrigen könne nach endgültiger Feststellung der Arbeitsentgelte ohnehin nur § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (nachträgliche Einkommenserzielung) zum Tragen kommen. Eine Umdeutung der Aufhebungsentscheidung, konkret ein Stützen derselben auf eine andere Rechtsgrundlage, verbiete sich schon deshalb, weil sie die Klägerin wegen des gravierenden Unterschiedes zwischen § 45 und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in einer unvertretbaren Weise benachteiligen würde.
Gegen das ihr am 25. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. November 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Entgegen der Auffassung im Urteil des Sozialgerichts könne sich die Klägerin auf ein subjektives Vertrauen in die Richtigkeit der Rentenbewilligung nicht berufen. Sie habe die Ursache dafür gesetzt, dass die Rente von Anfang an fehlerhaft berechnet worden sei. Ihr sei bekannt gewesen bzw. sie hätte bei der von ihr zu erwartenden Sorgfalt zumindest wissen müssen, dass die Rente fehlerhaft - weil ohne Berücksichtigung der neben der Rente erzielten Hinzuverdienste - geleistet worden sei. Dass die Entgelte aus einer Beschäftigung den Altersrentenanspruch berührten, sei der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bekannt gewesen. Sie habe damals mitgeteilt, ab Beginn der Altersrente die Beschäftigung zu beenden. Dass dennoch nach Rentenbeginn weiter gegen Arbeitsentgelt gearbeitet worden sei, habe die Klägerin dann nicht mitgeteilt. Jedenfalls spätestens mit Erhalt des Altersrentenbescheides vom 27. November 2003 habe der Klägerin bei (zu erwartender) Lektüre des Bescheides deutlich sein müssen, dass die Rentenfestsetzung fehlerhaft gewesen sei. Die Klägerin sei hierdurch erneut "gewarnt" gewesen, da eine (korrigierte) Mitteilung an den Rentenversicherungsträger erforderlich gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. Oktober 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 ist hinsichtlich der im Entscheidungssatz zum Ausdruck kommenden Regelung der teilweisen Aufhebung des maßgebenden Bewilligungsbescheides vom 27. November 2003 für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 und der Erstattung in Höhe von 6.243,42 EUR rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Altersrente als Vollrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007, sondern aufgrund des die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen übersteigenden Verdienstes aus der Beschäftigung bei der M. Z. mbH nur in Höhe einer Teilrente bzw. für einzelne Monate in Höhe einer Nullrente.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten ist Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 27. November 2003 über die Bewilligung der Altersrente mit Wirkung vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 nicht § 45 Abs. 1 Satz 2 SGB X, sondern § 48 Abs. 1 SGB X.
Der Rentenbewilligungsbescheid vom 27. November 2003 ist nicht im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X von Anfang an teilweise rechtswidrig gewesen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 27. November 2003, mit welchem der Klägerin laufende Geldleistungen ab dem 1. Februar 2004 bewilligt worden sind, stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Dieser Bescheid ist bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen. Im Zeitpunkt seines Erlasses stand der Klägerin Altersrente in voller Höhe ab dem 1. Februar 2004 zu, da der Verdienst aus der ab diesem Zeitpunkt weiterhin ausgeübten Beschäftigung bei der M. Z. mbH in Höhe von 137,92 EUR die Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente in Höhe von 345,00 EUR nicht überschritt. Allein die Fortführung der geringfügigen Beschäftigung über den Rentenbeginn am 1. Februar 2004 hinaus führte nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27. November 2003. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 27. November 2003 ist erst nachträglich ab dem 1. Dezember 2004 insoweit rechtswidrig geworden, als der ab diesem Zeitpunkt erzielte Verdienst die Hinzuverdienstgrenze bereits zum dritten Mal überschritt mit der Folge der Minderung bzw. des Wegfalls der Rente.
Rechtsgrundlage für den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2009 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).
Da der Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides auf § 48 SGB X gestützt werden kann, ist eine Umdeutung im Sinne von § 43 SGB X nicht erforderlich. Vielmehr findet lediglich ein Wechsel der Rechtsgrundlage des Rücknahmebescheides hinsichtlich der teilweisen Aufhebung - bei gleichbleibender Regelung - statt. Eine unzulässige Änderung des Regelungsumfangs oder Wesensgehalts des Verwaltungsaktes tritt hier nicht ein, soweit als Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X an Stelle von § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB X herangezogen wird. Die §§ 45 und 48 SGB X sind auf dasselbe Ziel, nämlich die Beseitigung eines Verwaltungsaktes, gerichtet, sodass ein Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig ist. Allerdings kann der Verfügungssatz eines Bescheides nicht auf eine andere Begründung gestützt werden, wenn dadurch die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert würde. Darauf kann sich jedoch die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Denn das bloße, vom Wunsch der Vermeidung des tatsächlichen Eintritts einer Belastung getragene Interesse des Betroffenen daran, dass ein belastender Verwaltungsakt nicht nachträglich auf eine ihn tragende Rechtsgrundlage gestützt wird, ist rechtlich nicht geschützt. Der Schutz des Betroffenen ist insoweit darauf beschränkt, dass die Rechtsfolgen für ihn nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen des fehlerhaft begründeten Verwaltungsaktes (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R - juris; Urteil vom 18. September 1997 - 11 RAr 9/97 - DBlR 4454a zu § 152 AFG; Urteil vom 29. Juni 2000 - B 11 AL 85/99 R - SozR 3-4100 § 152 Nr. 9).
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung und Rückforderung der bewilligten Altersrente für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 liegen nach § 48 Abs. 1 SGB X vor.
Die wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X besteht darin, dass die Klägerin aufgrund des aus der geringfügigen Beschäftigung bei der M. Z. mbH erzielten - schwankenden - monatlichen Verdienstes ab dem 1. Dezember 2004 die für die Altersrente maßgebliche Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente zum dritten Mal überschritten hat.
Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI in der vom 1. August 2004 bis zum 31. Dezember 2007 geltenden und damit hier anwendbaren Fassung besteht Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Erreichen des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI
bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße,
bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von
einem Drittel der Vollrente das 23,3fache,
der Hälfte der Vollrente das 17,5fache,
zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache
des aktuellen Rentenwertes (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens mit 1,5 Entgeltpunkten.
Vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2005 betrug die monatliche Bezugsgröße nach § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) 2.415,00 EUR und vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007 2.450,00 EUR (vgl. Tabellenteil in Eichler/Haase/Reichenbach, Die Rentenversicherung im SGB, Tabelle 1.2). Damit ergibt sich eine Hinzuverdienstgrenze für eine Altersrente als Vollrente in Höhe von 345,00 EUR bzw. 350,00 EUR. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. Juni 2007 unverändert 22,97 EUR und vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 23,09 EUR (vgl. Tabellenteil, a.a.O., Tabelle 2.1). Dieser vervielfältigt mit 11,7 (§ 34 Abs. 3 Nr. 2c SGB VI) und 1,5 Entgeltpunkten (vgl. Seite 2 der Anlage 19 des Bescheides vom 27. November 2003) ergibt für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. Juni 2007 eine Hinzuverdienstgrenze für die Altersrente als Teilrente zu zwei Dritteln der Vollrente in Höhe von 403,12 EUR monatlich, für die Altersrente als Teilrente zur Hälfte der Vollrente in Höhe von 602,96 EUR monatlich und für die Altersrente als Teilrente zu einem Drittel der Vollrente in Höhe von 802,80 EUR monatlich. Der aktuelle Rentenwert (Ost) betrug vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 23,09 EUR (vgl. Tabellenteil, a.a.O., Tabelle 2.1). Dieser vervielfältigt mit 11,7 (§ 34 Abs. 3 Nr. 2c SGB VI) und 1,5 Entgeltpunkten ergibt für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 für die Altersrente als Teilrente zu zwei Dritteln der Vollrente einen Betrag in Höhe von 405,23 EUR monatlich, für die Altersrente als Teilrente zur Hälfte der Vollrente einen Betrag in Höhe von 606,11 EUR monatlich und für die Altersrente als Teilrente zu einem Drittel der Vollrente einen Betrag in Höhe von 807,00 EUR monatlich. Die Beklagte hat in ihrem angefochtenen Bescheid unter Zugrundelegung der monatlichen Arbeitseinkünfte der Klägerin ordnungsgemäß - auch unter Beachtung eines zulässigen zweimaligen Überschreitens der zulässigen Hinzuverdienstgrenzen in jedem Kalenderjahr gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2. Halbsatz SGB VI - die der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 zustehende Rentenleistung ermittelt, deren Höhe die Klägerin nicht beanstandet hat.
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X liegen damit vor, da die Klägerin vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 Einkommen erzielt hat, das zur Minderung bzw. zum Wegfall ihres Anspruchs auf Bewilligung von Altersrente geführt hat.
Zudem ist auch der Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt. Die Klägerin ist ihrer Meldepflicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) nicht nachgekommen. Danach haben Bezieher von Sozialleistungen, zu denen die Klägerin gehört, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Fortführung der geringfügigen Beschäftigung über den Rentenbeginn am 1. Februar 2004 hinaus und insbesondere der daraus erzielte, die Hinzuverdienstgrenze überschreitende Verdienst waren meldepflichtige Tatsachen. Dieser Mitteilungspflicht ist die Klägerin grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X). Der Begriff der groben Fahrlässigkeit setzt demnach ein gesteigertes Verschulden voraus. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene seine Mitwirkungspflicht aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R - SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist kein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und das Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände das Falles abzustellen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, a.a.O.). Die Klägerin war in der von ihr unterschriebenen Erklärung vom 4. November 2003 und im Bescheid vom 27. November 2003 unmissverständlich auf die bestehende gesetzliche Verpflichtung hingewiesen worden, jede Beschäftigung, bei der das erzielte Entgelt die zulässige Hinzuverdienstgrenze übersteigt, mitzuteilen. Neben den in der Anlage 19 des Bescheides vom 27. November 2003 betragsmäßig aufgeführten Hinzuverdienstgrenzen war insbesondere auf der Seite 3 des Rentenbescheides ausdrücklich auf die Hinzuverdienstgrenze für eine Altersrente als Vollrente in Höhe von 345,00 EUR ab dem 1. Februar 2004, dem Beginn der laufenden Zahlung der Altersrente, zumindest bis zum Ende des Jahres 2004 hingewiesen worden. Durch diese konkreten Hinweise hat die Klägerin aufgrund einfachster Überlegungen erkennen müssen, dass sie mit ihren aus der Beschäftigung bei der M. Z. mbH erzielten Verdiensten in Höhe von 365,33 EUR im September 2004, in Höhe von 410,60 EUR im November 2004 und in Höhe von 460,07 EUR im Dezember 2004 über dem Betrag von 345,00 EUR, der zulässigen Hinzuverdienstgrenzen für eine Vollrente, gelegen hat. Unerheblich für die Mitteilungspflicht ist, dass sich aufgrund des gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB VI zulässigen zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen erst das Arbeitsentgelt für Dezember 2004 auf die Altersrente auswirkte. Selbst wenn die Klägerin den Rentenbescheid vom 27. November 2003 nicht genau gelesen hätte, müsste ihr dies als grobes Verschulden angerechnet werden, denn es besteht die Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (BSG, a.a.O.). Obgleich die Klägerin zuletzt als Arbeiterin in einer Schlosserei tätig war und insoweit eher wenig Erfahrung im Umgang mit behördlichen Schreiben hat, war sie zur Überzeugung des Senats in der Lage, die dort dargestellten Hinweise, speziell die konkret angegebene Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 345,00 EUR, zu verstehen. Schließlich war ihr aufgrund der bei Antragstellung abgefragten Daten und der Aushändigung der Entgeltvorausbescheinigung bekannt, dass der bei Fortführung der Beschäftigung über den Rentenbeginn hinaus erzielte Verdienst rentenschädliche Auswirkungen auf ihre Altersrente haben konnte.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt rückwirkend vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufgehoben werden. "Soll" bedeutet, dass dies in aller Regel zu geschehen hat. Nur in Ausnahmefällen - in sogenannten atypischen Fällen - kann er allein für die Zukunft aufgehoben werden. Jedoch ist der Verwaltung in diesen Fällen - und auch nur in diesen Fällen - ein von ihr auszuübendes Ermessen eingeräumt, auch dann noch für die Vergangenheit aufzuheben (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, 2010, § 48 Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 6. November 1985 - 10 RKg 3/84 - SozR 1300 § 48 Nr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen, wann ein atypischer Fall vorliegt, in dem eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr ist dies stets nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu bestimmen und hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1988 - 7 RAr 55/86 - SozR 1300 § 48 Nr. 44). Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Wege der Ermessensausübung zu klären, sondern vielmehr als Rechtsvoraussetzung von den Gerichten zu überprüfen (BSG, Urteil vom 6. November 1985, a.a.O.; Urteil vom 11. Februar 1988, a.a.O.).
Ein atypischer Fall ist zur Überzeugung des Senats nicht gegeben. Die eingetretene Überzahlung beruhte nicht auf einem mitwirkenden Fehlverhalten auf der Seite des Versicherungsträgers, der Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 1986 - 7 RAr 126/84 -, SozR 1300 § 48 Nr. 25), sondern fällt ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Es liegt gerade der typische Fall der Überzahlung vor, die auf der grob fahrlässigen Verletzung der Mitteilungspflichten durch die Klägerin beruht. Nach der durch die Krankenkasse erfolgten Übermittlung von DEÜV-Daten, die Anlass für die Warnmeldung bei der Beklagten am 26. Februar 2008 war, reagierte diese unverzüglich und hörte, nachdem die M. Z. mbH unter dem 11. und 27. März 2008 die monatlichen Arbeitsentgelte der Klägerin mitgeteilt hatte, diese zu der beabsichtigten teilweisen Aufhebung an.
Zudem stellt die mit der rückwirkenden Aufhebung verbundene Erstattungspflicht der Klägerin keine besondere Härte dar. Diese würde vorliegen, wenn die Rückerstattung nach Lage des Falles den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ein irreversibler Verbrauch der erhaltenen Überzahlung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne der Nr. 3 des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Allerdings hat das BSG einen atypischen Fall dann angenommen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer Umstände nicht damit zu rechnen brauchte, erstattungspflichtig zu werden, und er im Vertrauen darauf das nachträglich erzielte Einkommen, aus dem er sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, ausgegeben hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1994 - 1 RK 45/93 - SozR 3-3000 § 48 Nr. 33). Für das Vorliegen von solchen besonderen Umständen bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Überzahlung ist zunächst nicht aufgefallen, ohne dass die Beklagte hieran ein Mitverschulden trifft. Aufgrund der Angaben bei Rentenantragstellung, die Beschäftigung bei der M. Z. aufgeben zu wollen, bestand auch keine Veranlassung bei der Beklagten zu weiteren Nachfragen bei der Klägerin. Sollte diese zu einer Rückzahlung nicht in der Lage sein, besteht für sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Ratenzahlung, Stundung oder Niederschlagung bei der Beklagten zu stellen.
Die Beklagte hat die Jahresfrist für die Aufhebung des Verwaltungsaktes seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung des Dauerverwaltungsaktes bei Änderung der Verhältnisse für die Vergangenheit rechtfertigt, eingehalten. Die Einjahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt mit Kenntnis des Aufhebungsgrundes. Hierzu gehört jedenfalls die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich die wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen bei Erlass des früheren Verwaltungsaktes ergibt. Insoweit kommt es auch auf den Umfang der Rechtswidrigkeit an, weil der Verwaltungsakt nur aufgehoben werden soll, "soweit" eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei der "entsprechenden" Anwendung der Jahresfristregelung auf die Aufhebungsvorschrift des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X muss das maßgebende Wissen der Behörde sämtliche Tatsachen und Umstände betreffen, die die wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei Erlass der aufzuhebenden Verwaltungsaktes darstellen. Die Höhe des monatlichen Verdienstes der Klägerin war der Beklagten erst nach der Auskunftserteilung durch die M. Z. mbH mit Schreiben vom 11. und 27. März 2008 bekannt. Eine frühere Kenntnis ergibt sich auch nicht aus der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages durch die M. Z. mbH; dieser ist an die Barmer Ersatzkasse als gemäß § 28h SGB IV hierfür zuständige Einzugsstelle geleistet worden.
Schließlich hat die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Zwar fehlt es vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 15. September 2008 an der Anhörung zur Höhe des letztlich gegenüber der Klägerin geltend gemachten Erstattungsbetrages in Höhe von 6.243,42 EUR. Im Anhörungsschreiben vom 20. Juni 2008 wurde ein Erstattungsbetrag in Höhe von lediglich 6.228,87 EUR aufgeführt. Dieser Verfahrensfehler ist jedoch nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X durch die Nachholung der unterbliebenen Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Soweit die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Altersrente rückwirkend aufzuheben, ist die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X zur Rückzahlung verpflichtet. Die Klägerin hat der Beklagten die im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2007 zu Unrecht gezahlte Rente in Höhe von 6.243,42 EUR zu erstatten. Gegen die Berechnung des Erstattungsbetrages bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat hierzu auch keine Einwände vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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