L 5 R 2875/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2810/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2875/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.03.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die.1958 in der T. geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Im Jahr 1981 zog sie in die Bundesrepublik Deutschland. Dort war sie mit Unterbrechungen im Zeitraum vom 15.09.1987 bis 30.06.1994 als Zuschneiderin in einer Textilfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Das Versicherungskonto der Klägerin (Versicherungsverlauf vom 06.02.2014) weist rentenrechtlich relevante Zeiten bis 31.12.2013 aus. Insgesamt sind Beitragszeiten im Umfang von mehr als fünf Jahren vorhanden.

Am 18.07.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie damals an, sie sei seit dem 01.03.2004 wegen Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ II, Depressionen und Wirbelsäulenbeschwerden erwerbsgemindert. Die Beklagte ließ die Klägerin von Dr. H., Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, am 16.08.2006 begutachten. Er stellte einen Kombinationskopfschmerz, eine milde arterielle Hypertonie (medikamentös eingestellt und ohne Folgeschäden), einen Diabetes mellitus Typ II bei Übergewicht (medikamentös behandelt und ohne Folgeschäden) und degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Fehlstellung und Gefühlsstörungen ohne Bewegungseinschränkungen und ohne neurologische Ausfallerscheinungen fest. Trotz der Erkrankungen sei die Klägerin unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen in der Lage leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Mit Bescheid vom 22.08.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Rechtsbehelfe wurden nicht eingelegt.

Am 14.07.2008 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Nunmehr gab die Klägerin an, seit 1998 wegen eines Kopfschmerzsyndroms, Migräne, Depressionen, Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, Diabetes mellitus und Bluthochdruck erwerbsgemindert zu sein. Am 25.04.2008 hatte die Versorgungsverwaltung im Gerichtsverfahren beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit Az. S 7 SB 4861/06 nach einer nervenfachärztlichen Begutachtung durch Dr. M. im Dezember 2007 einen GdB von 60 seit dem 28.03.2006 anerkannt. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten ein. Dr. P., Facharzt für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin, Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie, stellte bei der Begutachtung am 09.09.2008 die Diagnosen kombinierter Kopfschmerz (Migräne mit Aura, Spannungskopfschmerz, V.a. analgetikainduzierter Kopfschmerz), medikamentös behandelter Bluthochdruck ohne Folgeschäden, medikamentös behandelter Diabetes mellitus Typ II bei Übergewicht ohne Folgeschäden, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Fehlstellung und Gefühlsstörungen ohne Bewegungseinschränkungen und ohne neurologische Ausfallerscheinungen und anamnestisch eine leicht- bis mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (Gutachten von Dr. M. vom 10.12.2007 im Verfahren S 7 SB 4861/06) fest. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde weiterhin ein über 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne häufige und längerdauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne Überkopfarbeiten. Mit Bescheid vom 18.09.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Rechtsbehelfe wurden nicht eingelegt.

Vom 12.05.2009 bis 16.06.2009 absolvierte die Klägerin in der M.-B.-Klinik in K. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, aus der sie arbeitsfähig entlassen wurde. Im Entlassungsbericht heißt es, die Klägerin sei in der Lage sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Zeitdruck und nicht in Nachtschicht zu verrichten.

Am 15.03.2010 stellte die Klägerin, anwaltlich vertreten, einen Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und zugleich einen neuen Rentenantrag. Bislang sei nicht berücksichtigt worden, dass die Klägerin seit ca. 2007 an einer Depression erkrankt sei. Dies ergebe sich aus dem beigefügten Attest des Hausarztes Dr. Sch., dessen Angaben auf dem ausführlichen, seit Jahren dokumentierten Befund des Nervenarztes Dr. M. beruhten.

Nach einer ergänzenden Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der Beklagten, wonach leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig verrichtet werden könnten, lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag und den neuen Rentenantrag mit Bescheid vom 04.05.2010 ab.

Hiergegen legte die Klägerin am 10.05.2010 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 zurückgewiesen wurde.

Am 26.08.2010 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, sie sei aufgrund ihrer Erkrankungen nicht mehr in der Lage, regelmäßig sechs Stunden leichte Tätigkeiten zu verrichten. Trotz intensiver ambulanter Therapie und stationärer Rehabilitation seien die Beschwerden nicht besser geworden.

Das SG hat die Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. M., Neurologe und Psychiater, teilte im Oktober 2010 mit, er habe die Klägerin im Dezember 2007 begutachtet und behandele sie seit November 2008. Bei der Klägerin bestünden Beeinträchtigungen der psychischen Belastbarkeit im Rahmen einer komplexen psychischen Erkrankung einschließlich anhaltender somatoformer Schmerzstörung. Des Weiteren bestünden körperliche Einschränkungen im Rahmen eines Kombinationskopfschmerzes. Aufgrund der Erkrankungen bestünden seinerseits Bedenken, ob die Klägerin leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden verrichten könne. Der Schmerztherapeut Dr. M. gab im Oktober 2010 an, dass sich die Klägerin von 2001 bis Juni 2009 in seiner Behandlung befunden habe. Die rezidivierenden Kopfschmerzen mit teilweise erheblicher Beeinträchtigung im Tagesablauf und rezidivierende Lumbalgien bedingten funktionelle Einschränkungen. Das Heben von Lasten (über 20 kg) sei ihr nicht mehr zumutbar. Eine aktuelle Leistungseinschätzung könne nicht abgegeben werden. Der Hausarzt der Klägerin Dr. Sch. teilte im November 2010 mit, er behandele die Klägerin seit 1997. Im Vordergrund des Krankheitsbildes stünde ein chronisches Schmerzsyndrom mit Spannungskopfschmerzen und degenerativen Veränderungen vor allem in der Halswirbelsäule. Während der Kopfschmerzattacken sei die Klägerin nicht leistungsfähig. Die Therapieresistenz habe zur psychischen Fixierung geführt. Nur in guten Phasen wäre sie noch in der Lage, die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen; die beobachte er aber nur äußerst selten.

Das SG holte daraufhin ein nervenfachärztliches Gutachten ein. Dr. St., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie/Psychotherapie und psychosomatische Medizin, stellte ausweislich seines Gutachtens vom 20.05.2011 aufgrund ambulanter Untersuchung und Exploration der Klägerin (unter Beisein einer Dolmetscherin) am 09.05.2011 folgende Gesundheitsstörungen fest: Angst, depressive Störung, Kombinationskopfschmerz. Die psychische Störung habe Krankheitswert. Die damit verbundenen psychischen Funktionsstörungen seien jedoch so gering, dass aus eigener Willensanstrengung eine regelmäßige Tätigkeit möglich sei. Es handele sich um eine leichte psychische Störung. Durch die Gewährung einer Rente würde die Störung wohl etwas stabilisiert. Aus nervenärztlicher Sicht sollten Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Die Klägerin könne mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen. Es seien jetzt keine als schwerwiegend einzustufenden, therapieresistenten psychischen Funktionsstörungen feststellbar, die einer regelmäßigen Leistungserbringung entgegenstünden.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG ein weiteres nervenfachärztliches Gutachten ein. Dr. Ö., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, stellte bei der Begutachtung am 26.09.2011 eine mittelgradige bis schwere depressive Episode fest. Außerdem berichtet er von den Gesundheitsstörungen Adipositas, Diabetes mellitus, Schlafapnoe, Schmerzen im Bereich des Schulter- und Nackenbereichs, hinkendes Gangbild bei ausstrahlenden Schmerzen in der linken Hüfte, Fußheberschwäche links, positivem Lasegue-Test links, Verdacht auf Bandscheibenproblematik der Lendenwirbelsäule und von einer Schwindelsymptomatik. Die Migräne werde derzeit suffizient behandelt. Der letzte Anfall sei vor ca. sechs Monaten gewesen. Die Gesundheitsstörungen wirkten sich deutlich auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin aus. Sie könne keine 4 x 500 m arbeitstäglich in zumutbarem Zeitaufwand zurücklegen. Die kurze Wegstrecke, die von ihm beobachtet worden sei, sei von einem hinkenden Gangbild mit anschließender Schmerzsymptomatik der linken Hüfte gekennzeichnet. Die Klägerin neige eher zur Überforderung mit anschließender Dekompensation. Sie müsse lernen sich zu belasten, und nicht zu überlasten. Sie könne drei bis vier Stunden an fünf Tagen in der Woche leichte Tätigkeiten ausüben. Die Klägerin sei aktuell durch die massive Traumatisierung, insbesondere durch einen Betrug um 200.000 DM im Jahre 1999, in ihrer Lebensmotivation herabgemindert und in ihrer Lebenskraft geschwächt. Die Sichtweise sei massiv depressiv gefärbt. Die bestehende Mehrfachmedikation scheine die Klägerin ruhig zu stellen. Eine Wirkung auf die Schmerzen scheine sie nicht zu haben. Die Leistungseinschränkung sei seit dem Jahr 2007 nachweisbar. Es handele sich um Befunde mit Dauercharakter.

Mit Urteil vom 13.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor. Die Klägerin sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dem Gutachten von Dr. Ö. könne nicht gefolgt werden. Dr. Ö. gebe mehr oder weniger pauschal an, er ginge davon aus, dass der von ihm festgestellte Zustand schon seit 2007 bestünde. Eine Begründung anhand objektivierbarer Befunde liefere er nicht. Gegen einen Leistungsfall im Jahr 2007 spreche zudem die Tatsache, dass weder im Rahmen der Begutachtung durch die Beklagte noch anlässlich der Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2009 eine entsprechend starke Einschränkung festgestellt worden sei. Angesichts dessen, dass Dr. St. keine mittel- bis schwergradige depressive Störung habe feststellen können, sei nicht im notwendigen Maße nachgewiesen, dass entsprechende Gesundheitsstörungen vorlägen. Es liege zur Überzeugung der Kammer auch keine Wegeunfähigkeit vor. Dr. Ö. begründe seine diesbezüglichen Angaben ebenfalls nicht mit Befunden. Hinzu komme, dass von keinem Gutachter bisher Zweifel an der Wegefähigkeit geäußert worden seien.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 29.06.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.07.2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, es sei der Leistungseinschätzung des Gutachters Dr. Ö. zu folgen. Bestätigt werde diese von der sachverständigen Zeugenaussage und dem Gutachten des sozialmedizinisch erfahrenen Nervenarztes Dr. M. aus dem Jahr 2007. Das Gutachten von Dr. Ö. sei in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Er habe die Vorgeschichte der Klägerin in sehr viel größerem Umfang als Dr. St. erhoben. Die Exploration habe bei Dr. St. nur 1 Stunde 15 Minuten gedauert. Der vegetativen Anamnese sei Dr. St. nicht nachgegangen. Dr. Ö. setze sich mit dem Gutachten von Dr. St. auseinander. Soweit dieser ausführe, die Klägerin schildere nicht einmal ihre Schmerzsymptomatik, verweise Dr. Ö. nachvollziehbar auf die für eine Depression typische Vergesslichkeit der Klägerin. Die relevanten psychischen Funktionsbereiche seien von Dr. St. nicht angemessen untersucht worden. Teilweise seien diese dem Gutachten von Dr. M. entnommen worden. Zudem seien auch schon dem Gutachten der Beklagten und dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsmaßnahme Symptome einer Depression zu entnehmen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dort die Diagnose der Depression nicht festgestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.03.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 18.09.2008 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2008, hilfsweise ab 01.03.2010 bis 31.01.2017 zu gewähren,

hilfsweise, von Amts wegen ein weiteres nervenärztliches Gutachten einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und auf die Ausführungen im Urteil verwiesen.

Das LSG hat weiter Beweis erhoben und ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. H. eingeholt. Im Gutachten vom 04.12.2012 führt der Nervenarzt aus, er habe nach Untersuchung und Exploration (unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin) auf neurologischem Fachgebiet einen Kombinationskopfschmerz festgestellt. Außerhalb akuter schwerer Kopfschmerzattacken komme dem keine funktionelle Leistungsminderung zu. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine depressive Erkrankung vor, wobei aktuell die Kriterien für das Vorliegen einer leichten depressiven Episode erfüllt seien. Die Stimmungslage sei leicht gedrückt, wobei es themenabhängig auch zu einer gewissen Auflockerung gekommen sei. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht reduziert, die Psychomotorik eher etwas starr. Auch der Antrieb sei leicht reduziert. Eine mittelgradige oder gar schwere depressive Episode habe jedoch nicht vorgelegen. Auch ein phasenhafter Krankheitsverlauf im Sinne einer rezidivierenden depressiven Störung habe sich nicht herausarbeiten lassen. Die Kriterien für eine somatoforme Störung, Angsterkrankung und/oder posttraumatische Belastungsstörung seien nicht erfüllt. Kognitive Leistungseinschränkungen hätten sich ebenfalls nicht gezeigt. Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögen und Gedächtnis seien durchweg intakt gewesen. Über die Lebensgeschichte habe sie flüssig und konzentriert berichtet. Qualitativ seien Akkordarbeit, Nachtarbeit und Arbeiten unter besonderem Zeitdruck zu vermeiden. Dies gelte gleichermaßen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Dies sei so zu verstehen, dass Tätigkeiten mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung nicht verrichtet werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei die Klägerin in der Lage leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Von dem Gutachten von Dr. Ö. ergebe sich eine Abweichung insoweit, als jetzt keinesfalls eine mittelgradige bis schwere depressive Episode habe festgestellt werden können. Insoweit sei auch seine Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin hat Einwände gegen den Ablauf der Begutachtung durch Dr. H. erhoben. Eine ordnungsgemäße Begutachtung habe nicht stattgefunden. Insbesondere habe sich der Gutachter nicht ausreichend Zeit für die Anamnese und Untersuchung genommen. Dr. H. hat hierzu die ergänzende Stellungnahme vom 24.01.2013 abgegeben. Er hat angegeben, er habe sich in ausreichendem Umfang Zeit genommen und auch der Klägerin in ausreichendem Umfang Zeit gegeben, ihre Beschwerden zu schildern.

Die Klägerin hat sodann eine schriftliche Stellungnahme von Dr. M. vom 07.03.2013 zum Gutachten von Dr. H. vorgelegt und vorgetragen, das Gutachten von Dr. H. sei nicht verwertbar. Es müsse ein neues Gutachten eingeholt werden. Das Gutachten von Dr. H. enthalte keine ausführliche testpsychologische Diagnostik. Außerdem habe Dr. H. keine fremdanamnestischen Angaben berücksichtigt. Dr. M. weise darauf hin, dass er bei seinen Untersuchungen ständig darauf angewiesen sei, dass die Tochter der Klägerin über den Gesundheitszustand ihrer Mutter Angaben mache. Von der Klägerin erhalte er nur zurückhaltende und wenig verwertbare Angaben. Der Gutachter erwähne auch nicht, dass die Klägerin nicht ohne ihre Tochter das Haus verlassen könne. Fremdanamnestisch seien Dr. M. Orientierungsprobleme beschrieben worden.

Der Ärztliche Dienst der Beklagten (Stellungnahme Dr. E.-D. vom 10.04.2013) hat hierauf erwidert, das Gutachten von Dr. H. sei schlüssig, ausführlich und nachvollziehbar. Ein testpsychologisches Verfahren dürfe bei fremdsprachiger Muttersprache nicht angewendet werden. Zudem seien solche Verfahren für die Begutachtungssituation nicht validiert. Außerdem habe Dr. H. klinisch keinerlei kognitive Defizite feststellen können. Soweit bemängelt werde, dass keine Fremdanamnese erhoben worden sei, werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin während der Begutachtung sehr detaillierte Angaben zu ihrer Anamnese gemacht habe. Wie von Dr. H. beschrieben, habe die Klägerin ihre Lebensgeschichte flüssig, konzentriert und präzise schildern können. Orientierungsschwierigkeiten konnten nicht festgestellt werden. Eine weitere Begutachtung sei nicht erforderlich.

Zuletzt hat die Klägerin noch den Bericht der Universitätshautklinik T. vom 22.01.2014 (Diagnose Prurigo nodularis) sowie den Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 12.02.2014 vorgelegt. Dr. M. vertrat die Auffassung, es sei unvorstellbar, dass die Klägerin beruflich aktiv werden könnte, nicht einmal stundenweise, weswegen eine Korrektur der bisherigen Rentenablehnung aus psychiatrischer Sicht angezeigt sei.

Für die Beklagte vertrat die Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. L. (Stellungnahme vom 18.02.2014) die Auffassung, für die Leistungsbeurteilung in quantitativer Hinsicht sei die Hauterkrankung unerheblich. Wegen der erhöhten Empfindlichkeit sei der Kontakt mit hautbelastenden Stoffen zu vermeiden. Schmutz- und Nässearbeiten sowie Arbeiten in Hitze seien unzumutbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 18.09.2008 und rückwirkende Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Sie hat aber auch keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente für die Zeit ab der erneuten Antragstellung am 12.03.2010.

Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 18.09.2008 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es darüber hinaus mit dem Bescheid vom 04.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 zu Recht abgelehnt, der Klägerin aufgrund ihres Rentenantrags vom 12.03.2010 eine Erwerbsminderungsrente zu gewähren.

Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung ergeben sich aus § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I 554). Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil sie noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.

Die Klägerin leidet an einer leichten depressiven Episode, einem Kombinationskopfschmerz (Migräne und Spannungskopfschmerz), Diabetes mellitus Typ II, Bluthochdruck, einem Schlafapnoesyndrom und degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule. Dies entnimmt der Senat dem nervenfachärztlichen Gerichtsgutachten von Dr. H. und dem im Auftrag der Beklagten erstellten, allgemein- und sozialmedizinischen Gutachten von Dr. P ...

Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, Akkordarbeit, Nachtarbeit und Arbeiten mit übermäßigem Zeitdruck, mit häufigen und längerdauernden Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Überkopfarbeiten durchzuführen. Außerdem kann sie Tätigkeiten mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung nicht verrichten. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen kann sie aber jedenfalls noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. H. und dem im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten von Dr. P ...

Die nervenfachärztliche Befunderhebung durch Dr. H. ergab eine nur leicht gedrückte Stimmung und etwas starre Psychomotorik, wobei sich die Stimmung in der Untersuchungssituation themenabhängig sogar teilweise auflockern ließ. Auch der Antrieb und die affektive Schwingungsfähigkeit sind nach den Feststellungen des Gutachters nur leicht reduziert. Einschränkungen der Auffassung, Konzentration und des Durchhaltevermögens liegen nicht vor. Merkfähigkeit und Gedächtnis sind ungestört. Auch der formale Gedankengang ist geordnet und nicht verlangsamt. Über die Lebensgeschichte berichtete die Klägerin flüssig, konzentriert und präzise. Auch Defizite im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit, die den Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen bestimmen (Urt. des Senats vom 22.01.2014 - L 5 R 2202/11; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 14.12.2010 – L 11 R 3243/09, v. 20.07.2010 – L 11 R 5140/09 und v. 24.09.2009 – L 11 R 742/09), konnte der Gutachter nicht in relevantem Ausmaß feststellen. Die Klägerin gab zwar an, dass sie sich nicht gerne unter Menschen aufhalte. Zugleich berichtete sie aber auch von ihren mangelnden Deutschkenntnissen und ihrer Annahme, dass über sie schlecht gesprochen werde, wenn sich zwei Leute unterhielten. Aus ihrem Verhalten kann deshalb nicht ohne Weiteres auf psychisch bedingte Rückzugstendenzen geschlossen werden, zumal sie angab, gerne allein zu sein und Kontakt zu jedenfalls einer Freundin und ihrer Tochter zu haben. Der geschilderte Tagesablauf lässt zudem eine hinreichende Strukturierung und Alltagsaktivitäten erkennen. Insgesamt kommt der Gerichtsgutachter deshalb für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet keine zeitliche Limitierung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bedingen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des vom Gutachter festgestellten und in den Akten dokumentierten Kombinationskopfschmerzes, der außerhalb akuter schwerer Kopfschmerzattacken keine funktionelle Leistungsminderung verursacht. Damit ist zwar von einer zeitweisen Arbeitsunfähigkeit, nicht aber von einer Erwerbsminderung auszugehen. Hinzu kommt, dass auch der Gutachter nach § 109 SGG, Dr. Ö., die Migräne als aktuell suffizient behandelt bezeichnet und von einem zuletzt aufgetretenen Anfall sechs Monate vor der Begutachtung berichtet.

Bestätigt wird die Leistungseinschätzung des Gutachters Dr. H. von dem Gutachter der Beklagten Dr. P., dem vom SG eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten von Dr. St. und von den Ärzten der M.-B.-Klinik, in der die Klägerin vom 12.05.2009 bis 16.06.2009 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme absolvierte. Keiner der Ärzte und Gutachter konnte eine mittel- oder gar schwergradige depressive Erkrankung bei der Klägerin feststellen. Dies ist vor dem Hintergrund der von diesen Ärzten und Gutachter dokumentierten Befunde auch für den Senat nachvollziehbar. Gegenüber Dr. St. zeigte sich die Klägerin "keinesfalls depressiv", "durchaus energievoll" und allenfalls leicht bedrückt. Eine Antriebsminderung ließ sich nicht erfassen. Die affektive Schwingungsfähigkeit war nicht aufgehoben, der Gedankengang zusammenhängend ohne auffällige Denkinhalte. Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit und die Fähigkeit zur Interaktion und Kommunikation bezeichnete auch Dr. St. als ungestört.

Dem Gutachten nach § 109 SGG, Dr. Ö., kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden, zumal es ganz überwiegend auf den subjektiven Schilderungen der Klägerin beruht, ohne die Angaben zu objektivieren. Dies aber wäre notwendig gewesen, nachdem bereits Dr. St. in seinem Gutachten von einer Aggravation in Bezug auf Beschwerdeschilderung und -darstellung berichtete, die er an dem vorherrschenden Bericht der Klägerin in Superlativen und absoluten Stellungnahmen und Ausdrücken festmachte. Es ist daher für den Senat nicht nachvollziehbar, dass Dr. Ö. "keine Hinweise" auf Aggravation sah, zumal er selbst im Rahmen des psychischen Befunds von einer Tendenz, bestimmte Ereignisse gänzlich zu vergessen, schreibt, während die testpsychologische Befunderhebung keine Beeinträchtigungen im Bereich Merkfähigkeit und Erinnerungsfähigkeit ergab. Die Schlussfolgerung, dass eine Aggravation nicht vorliege, weil der Klägerin die aus Sicht des Gutachters die Depression hervorrufenden bzw. unterhaltenden Lebensereignisse "aus der Nase gezogen werden" mussten, überzeugt nicht. Nicht nachvollziehbar ist auch, dass Dr. Ö. nicht hinterfragt, warum die Testpsychologie ergibt, dass die Klägerin "wach" ist, zugleich aber mit einer "müden, trägen Sprache" auftritt. Schließlich wird das Gutachten von Dr. Ö. dadurch gänzlich unverständlich, dass er eine – sogar mittel- bis schwergradige – Depression bejaht, obwohl er selbst der Auffassung ist, dass "man sich darüber, ob die depressive Stimmung vorliege" streiten könne.

Die Einwände der Klägerin, die sie gegen das Gutachten von Dr. H. erhebt, sind dagegen nicht begründet. Der Gutachter hat zu den erhobenen Vorwürfen in Bezug auf den Ablauf der Begutachtung ausführlich Stellung genommen. Er konnte zur Überzeugung des Senats sämtliche Einwände entkräften. Er bestätigte auch, dass mit Hilfe der Dolmetscherin eine Verständigung mit der Klägerin ohne Schwierigkeiten möglich war. Soweit seitens der Klägerin das Gutachten von Dr. H. deshalb für unverwertbar gehalten wird, weil eine testpsychologische Diagnostik nicht zur Anwendung kam, ist für den Senat nicht zu erkennen, inwiefern hier testpsychologische Untersuchungen erforderlich gewesen wären. Der Senat stützt sich insoweit auf die nachvollziehbaren Ausführungen des Ärztlichen Dienstes der Beklagten. Bereits die klinische Untersuchung ergab keinerlei kognitive Defizite bei der Klägerin. Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögen und Merkfähigkeit waren nicht auffällig. Der Gutachter sah sich deshalb nachvollziehbar nicht dazu gedrängt, weitere Verfahren zur Befunderhebung anzuwenden. Hinzu kommt, dass pathologische Ergebnisse solcher Testverfahren vor dem Hintergrund der dokumentierten Hinweise auf Aggravation kaum verwertbar wären. Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Gutachter keine Fremdanamnese erhoben hat. Dr. H. hatte keine Verständigungsprobleme. Die Klägerin machte im Gegenteil sehr detaillierte Angaben. Von daher bestand keine Notwendigkeit, Erlebnisberichte Dritter einzubeziehen. Ist eine ausreichende Verständigung möglich, sind vielmehr die eigenen Angaben des Untersuchten relevant. Da die Befunderhebung und Leistungseinschätzung des Nervenarztes der Klägerin, Dr. M., nach seinem eigenen Vortrag im Wesentlichen ("ständig darauf angewiesen") auf den Angaben der Tochter der Klägerin basieren, können auch seine Ausführungen den Senat nicht überzeugen.

Dies gilt auch für den von der Klägerin zuletzt vorgelegten Bericht dieses Arztes vom 12.02.2014. Auch dort stehen an erster Stelle die Angaben des begleitenden Ehemannes. Ansonsten wiederholt Dr. M. seine bereits bekannte abweichende ärztliche Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin ohne aber eine Verschlechterung der depressiven Erkrankung der Klägerin im Einzelnen anhand der konkreten Befundlage herauszuarbeiten. Dr. M. hat das Leistungsvermögen der Klägerin schon lange als zeitlich vermindert eingeschätzt, seine Bewertung ist jedoch weder von den Ärzten der M.-B.-Klinik noch von den vom SG und vom Senat von Amts wegen herangezogenen Sachverständigen Dr. St. und Dr. H. bestätigt worden. Da nachvollziehbare Gründe für eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des psychiatrischen Gesundheitszustands der Klägerin im Bericht vom 12.02.2014 nicht mitgeteilt werden, bedarf es allein wegen der (erneut) abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. M. keiner weiteren Nachprüfung des medizinischen Sachverhalts durch einen Sachverständigen. Dem Hilfsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin war somit nicht zu entsprechen.

Auch von Seiten der sonstigen Gesundheitsstörungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet kann nicht auf eine zeitliche Limitierung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin geschlossen werden. Der Diabetes mellitus Typ II, Bluthochdruck, das Schlafapnoesyndrom und die degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule bedingen keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Keiner der Gutachter kam zu diesem Ergebnis, insbesondere nicht der allgemein- und sozialmedizinische Gutachter Dr. P ... Auch der Hausarzt der Klägerin berichtete nicht von Folgeerkrankungen durch den Diabetes mellitus und den Bluthochdruck. Durch seine Behandlung sei vielmehr eine gute Blutzuckereinstellung erzielt worden. In Bezug auf das Schlafapnoesyndrom ist die Klägerin mit einer nächtlichen Atemmaske versorgt. Sie berichtete gegenüber den Gutachtern zwar von einer Tagesmüdigkeit. Dr. H., dessen Gutachten für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ist, stellte jedoch keine Störung der Aufmerksamkeit und Konzentration fest. Schließlich sind auch keine gravierenden Wirbelsäulenerkrankungen dokumentiert. Die Begutachtung durch Dr. H. ergab keine Befunde in diesem Bereich. Ein Druck- oder Klopfschmerz über der Wirbelsäule wurde von der Klägerin sogar ausdrücklich verneint. Die von Dr. Ö. beschriebenen Auffälligkeiten mit Verdacht auf eine Bandscheibenproblematik der Lendenwirbelsäule konnten von Dr. H. nicht bestätigt werden. Da auch nach der Begutachtung bei Dr. Ö. insoweit keine Befunde oder Diagnosen dokumentiert sind, die diesen Verdacht bestätigen, ist davon auszugehen, dass es sich (allenfalls) um eine vorübergehende Symptomatik handelte. Darüber hinaus befindet sich die Klägerin auch nicht in orthopädischer Behandlung.

Auch die von der Klägerin zuletzt noch angeführte Hauterkrankung führt zu keiner anderen Bewertung ihres Leistungsvermögens. Dem Bericht der Universitätshautklinik T. vom 22.01.2014 lassen sich keine Anzeichen für eine schwere Erkrankung entnehmen, zumal nur eine örtliche Behandlung mit Basiscreme und mit Medikamenten gegen den Juckreiz empfohlen wird. Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat bei dieser Befundlage überzeugend ausgeführt, dass sich eine Einschränkung des zeitlichen Leitungsvermögens aus der Hauterkrankung nicht ergibt und dieser mit qualitativen Einschränkungen durch Meidung von Nässe- und Schmutzarbeiten sowie Arbeiten in Hitze Rechnung getragen werden kann.

Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass sie noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. BSG Urt. v. 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Wegefähigkeit ist ebenfalls nicht eingeschränkt (zu den Voraussetzungen: BSG Urt. v. 17.12.1991 – 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; Urt. v. 19.11.1997 – 5 RJ 16/97, SozR 3-2600 § 44 Nr. 10; Urt. v. 30.01.2002 – B 5 RJ 36/01 R, juris). Die Klägerin ist noch in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und auch öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu nutzen. Dr. H. stellte ein sicheres und flüssiges Gangbild fest. Soweit Dr. Ö. demgegenüber ein hinkendes Gangbild feststellte, ist dieses auf die vorübergehende Symptomatik an der Wirbelsäule zurückzuführen (s.o.).

Damit liegen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 43 SGB VI.

Dem Senat drängen sich angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen nicht auf. Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Die vorhandenen Gutachten bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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