Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 462/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3800/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.08.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am 1957 geborene Klägerin absolvierte in der damaligen S. (heute K.) von 1981 bis 1983 eine Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin und siedelte im Dezember 1993 in die Bundesrepublik über. Im Anschluss an eine einjährige berufliche Anpassungsmaßnahme arbeitete sie dann bis 1997 als pharmazeutisch-technische Assistentin in Apotheken und von 1999 bis 2000 als Kassiererin. Von 2000 bis 2003 war sie vollschichtig in der digitalen Fotoverarbeitung tätig. Nach betriebsbedingtem Arbeitsplatzverlust ist sie seit November 2003 arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezieht seit 01.01.2005 fortlaufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Die Klägerin beantragte im Mai 2010 eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und veranlasste eine fachinternistische Begutachtung durch Dr. D ... Diese gelangte in ihrem Gutachten vom Juli 2010 u.a. zu den Diagnosen eines chronischen Schmerzsyndroms mit Somatisierungsstörung, einer depressiven Störung mit derzeit leichtgradiger Ausprägung, eines chronisch rezidivierenden Wirbelsäulensyndroms ohne neurologische Ausfälle und einer Arrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung bestimmter qualitativer Einschränkungen - Vermeidung von erhöhter Stressbelastung/Zeitdruck, von anhaltenden Wirbelsäulenzwangshaltungen, von Leiter- und Gerüstarbeiten sowie von gehäuftem Bücken, Treppensteigen und Überkopfarbeiten - sowohl ihre letzte Tätigkeit als Fotobearbeiterin wie auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 03.08.2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 13.01.2011 ab.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.02.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim mit der Begründung erhoben, ihre behandelnden Ärzte seien der Meinung, sie könne nicht mehr arbeiten. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Während der Nervenfacharzt Dr. P. bei von ihm diagnostizierten depressiven Episoden, zur Zeit mit mittelgradiger Ausprägung, sowie somatoformer Schmerzstörung ein Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten angenommen hat, ist der behandelnde Internist und Kardiologe Dr. J. (permanentes Vorhofflimmern) von einem Leistungsvermögen von über sechs Stunden täglich ausgegangen. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. wiederum hat orthopädischerseits - bei Diagnose einer Polyarthrose, eines Ganzkörperschmerzes, von Herberden- und Bouchardarthrosen beidseits sowie Handgelenksarthrosen - ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesehen. Das Sozialgericht hat weiterhin eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch den Internisten und Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. veranlasst. Dieser hat bei der Klägerin u.a. eine Dysthymia mit Somatisierungstendenzen, ein Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle und Hinweise auf ein blandes Carpaltunnelsyndrom rechts diagnostiziert. Die Klägerin könne demnach noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von acht Stunden täglich ausüben. Dabei sollten Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrten Anforderungen an das geistige und psychische Leistungsvermögen und mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential, ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermieden werden. Die Tätigkeiten sollten überwiegend zu ebener Erde sein. Gleichfalls hat der Sachverständige gehäuftes Bücken, Treppensteigen oder Überkopfarbeiten sowie widrige klimatische Bedingungen als nicht leidensgerecht erachtet. Die Klägerin hat u.a. einen "attestorischen Befundbericht" des Dr. R. vom November 2011 vorgelegt, in dem dieser ausgeführt hat, er habe im Rahmen der Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht eine berufliche Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten für sechs Stunden täglich festgestellt. Hierbei habe es sich um einen Tippfehler gehandelt; die korrigierte Einschätzung laute: leichte Tätigkeiten für drei Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2012 hat das Sozialgericht die von der zwischenzeitlich rechtskundig vertretenen Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogene (Schriftsatz vom 28.10.2011) Klage abgewiesen. Das Gericht hat eine Erwerbsminderung verneint und sich dabei auf das Gutachten des Dr. S. , dessen Feststellungen sich vollständig mit denjenigen der Dr. D. decken würden, gestützt. Dr. P. ist das Gericht dagegen nicht gefolgt, da dieser seiner Einschätzung allein subjektive Angaben der Klägerin zu Grunde gelegt habe, ohne diese einer objektiven Überprüfung unterzogen zu haben. Für die von Dr. R. vorgebrachte deutliche Zunahme der bestehenden degenerativen Veränderungen fehle es an entsprechenden Röntgenbefunden.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 06.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04.09.2012 Berufung eingelegt und diese zum einen mit der Verschlechterung der internistischen und kardiologischen Situation begründet. Die Klägerin habe sich diesbezüglich in stationäre Behandlung in das Klinikum M. begeben müssen. Zum anderen habe Dr. P. das Vorliegen einer depressiven Symptomatik der Klägerin in mittel- bis schwergradiger Form konstatiert. Sie könne mittlerweile nach eigenen Angaben ihren Tagesablauf nicht mehr strukturieren und den Haushalt nicht mehr führen. Die Klägerin hat der Berufungsbegründung einen vorläufigen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums M. vom Dezember 2012 beigefügt. Darin wird u. a. die Diagnose einer dilatativen Kardiomyopathie bei Ausschluss einer koronaren Herzerkran¬kung sowie von Niereninfarkten beidseits bei Verdacht auf kardiogene Embolie im Rahmen von chronischem Vorhofflimmern bei Milzinfarkt gestellt. Bei der Klägerin habe sich eine hochgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion des Herzens gefunden.
Die Klägerin hat im Laufe des Berufungsverfahrens einen weiteren Arztbrief des Universitätsklinikums M. vom Mai 2013 vorgelegt. Danach hat sich die linksventrikuläre Funktion unter der medikamentösen frequenzregulierenden Herzinsuffizienztherapie normalisiert. Im gleich¬¬falls vorgelegten Befundbericht des Privatdozenten Dr. K. , Internist und Kardiologe, vom April 2013 hat dieser mitgeteilt, echokardiographisch bestehe mittlerweile eine leicht- bis allenfalls mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Funktion. Ein Belastungs-EKG ist bis 100 Watt möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.08.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2011 zu verurteilen, ihr ab dem 01.06.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. H. vom März 2013 (Bl. 31 bis 32 der Berufungsakte) sowie des Dr. H. , Lungenarzt, vom Juli 2013 (Bl. 51 der Berufungsakte).
Der Senat hat den Nervenfacharzt Dr. P. ergänzend als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat im Oktober 2013 mitgeteilt, es bestehe seit seiner erstmaligen Stellungnahme gegenüber dem Sozialgericht Mannheim aus dem Juli 2011 eine depressive Symptomatik in mittel- bis schwergradiger Form weitgehend unverändert fort.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtliche Grundlage für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. S. und Dr. D. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die im Verlaufe des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar hat sich ausweislich des Entlassungsberichts des Universitätsklinikums M. im Dezember 2012 zwischenzeitlich eine Verschlechterung der kardiologischen Situation der Klägerin eingestellt. Danach sind bei der Klägerin eine dilatative Kardiomyopathie bei Ausschluss einer Kreislaufherzerkrankung diagnostiziert worden, des Weiteren beidseitige Niereninfarkte im Rahmen des chronischen Vorhofflimmerns sowie ein Milzinfarkt. Im Rahmen einer diagnostischen Laparoskopie haben sich wenige Verwachsungen im Bereich Darm und Dünndarm gezeigt, die problemlos gelöst worden sind. Ferner ist bei Vorhandensein einer Deserosierung im Bereich der ersten Schlinge eine ortsständige Übernähung erfolgt. Der postoperative Verlauf hat sich insoweit komplikationslos gestaltet. Der vorläufige Entlassungsbericht beschreibt allerdings eine mittel- bis hochgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion (LV-Funktion) mit einer Ejektionsfraktion (EF) von ca. 34%. Demnach ist es zu einer Zunahme der Herzprobleme mit einem Auftreten von kardioembolisch bedingten Niereninfarkten und Embolien im Bereich der Arteria mesenterica superio linksseitig bei schon chronischem Vorhofflimmern gekommen.
Dem Arztbrief des Universitätsklinikums M. vom Mai 2013, beruhend auf einer ambulanten Behandlung im März 2013, und dem Arztbrief des PD Dr. K. vom April 2013 lässt sich dann aber eine deutliche Besserung der Herzproblematik entnehmen. Danach hat sich im Rahmen der echokardiographischen Untersuchung im Universitätsklinikum M. eine normale linksventrikuläre Funktion und eine gute rechtsventrikuläre Funktion gezeigt. Die Herzfrequenz ist auf einen Normalwert von 74 bis 86/Minute zurückgegangen. Bei PD Dr. K. hat die Klägerin auf dem Fahrradergometer bis 100 Watt belastet werden können, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung und Dyspnoe erfolgt ist. Echokardiographisch hat PD Dr. K. eine EF von 47% ermittelt. Angesichts dieser Befunde ist Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom Juli 2013 aus kardiologischer Sicht, für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, zu einem weiterhin vollschichtigen Leistungsvermögen für mindestens leichte Tätigkeiten gelangt. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ein reduziertes Leistungsvermögen auch nicht aus der vom Universitätsklinikum M. vorgenommenen Verordnung eines Badelifters sowie eines Leichtgewicht¬rol¬lators entnommen werden. Denn diese Verordnung datiert vom Dezember 2012 (Bl. 28 LSG-Akte) und ist unter dem Eindruck der damals hochgradig eingeschränkten linksventrikulären Funktion gestanden. Nachdem aber insoweit, wie bereits dargestellt, eine deutliche Befundbesserung eingetreten ist, kann aus diesen Verordnungen nichts hergeleitet werden.
Aber auch die geltend gemachten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet können eine quantitative Leistungsminderung nicht rechtfertigen. Soweit der behandelnde Orthopäde Dr. R. in seinem Attest vom November 2011 seine im Rahmen der schriftlichen Zeugenvernehmung gegenüber dem Sozialgericht getroffene Leistungseinschätzung von sechs Stunden täglich auf nur noch drei Stunden täglich korrigiert hat, kann dem aus den vom Sozialgericht bereits genannten Gründen nicht gefolgt werden. In der Tat lässt sich aus den von Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft mitgeteilten Befunden (auf Grund einmaliger Konsultation) eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten nicht ableiten. Entsprechend hat Dr. R. ursprünglich im Hinblick auf die in der Untersuchung vom April 2011 festgestellten Schmerzzustände (Ganzkörperschmerz, Schmerzen der Finger- und Handgelenke) auch nur qualitative Einschränkungen (keine einseitigen Körperhaltungen, keine Zwangshaltungen, keine Lastenmanipulationen über 5 kg, keine Tätigkeiten mit Sturz-/Ab¬sturz-gefahr, keine ungünstigen Witterungsbedingungen und keine Schichtarbeit) angenommen. Seine Ausführungen im Attest vom 29.11.2011 beruhen auf keiner veränderten Befundsituation. Die Klägerin hat Dr. R. nach April 2011 erst wieder am 29.11.2011 aufgesucht, wobei Dr. R. in der Anamnese unveränderte Beschwerden im Bereich der Hände und im Befund das Vorliegen von schmerzhaften Sehnenscheiden und einen Belastungsschmerz im Handgelenksbereich bds. beschrieben hat. Damit hat eine unveränderte Situation bestanden. Seine im Attest aufgestellte Behauptung einer deutlichen Zunahme der degenerativen Veränderungen in den letzten zwölf Monaten, in denen Dr. R. die Klägerin nur im April 2011 und im November 2011 untersucht hat, kann somit nicht nachvollzogen werden. Röntgenaufnahmen hat Dr. R. zu keinem dieser Zeitpunkte angefertigt, was der Feststellung einer Zunahme degenerativer Veränderungen ohnehin entgegen steht. Soweit Dr. R. im Attest vom November 2011 seine frühere Leistungseinschätzung (leichte Tätigkeiten bis sechs Stunden) als Tippfehler beschreibt und auf drei Stunden korrigiert, liefert er keine Begründung für ein solches abgesunkenes Leistungsvermögen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bei Beachtung der von ihm angeführten qualitativen Einschränkungen nur noch drei Stunden täglich arbeiten können soll.
Wesentliche Einschränkungen im Bereich der Hände hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. S. bei seiner Untersuchung der Klägerin im September 2011 nicht beschrieben. Danach sind sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten aktiv und passiv beweglich gewesen; lediglich bei endgradigen Bewegungen der Schultergelenke und der Kniegelenke hat die Klägerin Beschwerden beklagt. Störungen der Feinmotorik der Hände bzw. der Finger hat der Sachverständige nicht feststellen können.
Dr. S. ist gleichwohl vom Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms und wechselnder Gelenkbeschwerden ausgegangen und hat auch diese Beschwerden sowie den auch von Dr. R. beschriebenen Ganzkörperschmerz als Somatisierungsstörung mit überwiegender Projektion auf das muskulo-skelettale System bei seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt.
Auf nervenfachärztlichem Gebiet liegt ausweislich der Bekundungen des behandelnden Nervenfacharztes Dr. P. seit Juli 2011 eine weitgehend unveränderte Symptomatik vor. Damit ist entgegen dem Vortrag der Klägerin keine Verschlechterung der psychiatrischen Gesundheitsstörungen eingetreten. Es bleibt folglich bei der Leistungsbeurteilung des Dr. S. , die sich der Senat, auch insoweit dem Sozialgericht folgend, in vollem Umfang zu eigen macht. Weder der Stellungnahme des Dr. P. im Rahmen seiner sachverständigen Zeugenaussage im April 2011 noch derjenigen vom Oktober 2013 gegenüber dem Senat können Befunde entnommen werden, die die Annahme einer depressiven Symptomatik in mittel- bis hin zu schwergradiger Form und damit einhergehend ein in quantitativer Hinsicht reduziertes Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. In beiden Stellungnahmen referiert der sachverständige Zeuge im Wesentlichen die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin. Der von ihm erhobene psychopathologische Befund wiederum ist wenig aussagekräftig. Demgegenüber hat Dr. S. in seinem Gutachten sehr ausführlich dargelegt, wie er zu der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin gelangt ist (vgl. hierzu insbesondere Bl. 105 f. der SG-Akte). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auch insofern auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung.
Der Umstand, dass bei der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft und darüber hinaus ein Grad der Behinderung von mittlerweile 60 anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten).
Gleiches gilt für das Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4- 3250 § 146 Nr. 1, und damit geringere Anforderungen als bei der Wegefähigkeit).
Sonstige Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit sind bei der Klägerin nicht ersichtlich. Es liegen weder auf kardiologischem noch auf orthopädischem Fachgebiet Erkrankungen vor, welche die Fähigkeit der Klägerin beeinträchtigen würden, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Für eine Einschränkung der Wegefähigkeit auf nervenfachärztlichem Gebiet liegen gleichfalls keine Anzeichen vor. Dr. P. referiert insoweit lediglich die subjektive Einschätzung der Klägerin, wegen der Kraftlosigkeit der Beine sei ihr Laufen kaum möglich. Demgegenüber hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. angegeben, sie würde sehr gerne laufen, dürfe dies aber wegen "Pulsproblemen" nicht. Im Gangbild hat sich die Klägerin bei Dr. S. als etwas rechtshinkend gezeigt; eine neurogene Gangstörung hat dabei indes nicht festgestellt werden können. Nachdem sich die linksventrikuläre Funktion des Herzens wieder weitgehend normalisiert hat und bei der Klägerin auch keine sonstigen internistischen Krankheiten mit Einfluss auf die Wegefähigkeit wie beispielsweise eine schwere arterielle Verschlusskrankheit vorliegen, lässt sich auch insoweit eine Einschränkung nicht ableiten. Des Weiteren liegt bei der Klägerin auch keine soziale Phobie vor, die sie an der Benutzung von Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs abhalten könnte. Vielmehr nutzt die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel. So ist sie auch zur Begutachtung durch Dr. S. gekommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Die am 1957 geborene Klägerin absolvierte in der damaligen S. (heute K.) von 1981 bis 1983 eine Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin und siedelte im Dezember 1993 in die Bundesrepublik über. Im Anschluss an eine einjährige berufliche Anpassungsmaßnahme arbeitete sie dann bis 1997 als pharmazeutisch-technische Assistentin in Apotheken und von 1999 bis 2000 als Kassiererin. Von 2000 bis 2003 war sie vollschichtig in der digitalen Fotoverarbeitung tätig. Nach betriebsbedingtem Arbeitsplatzverlust ist sie seit November 2003 arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezieht seit 01.01.2005 fortlaufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Die Klägerin beantragte im Mai 2010 eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und veranlasste eine fachinternistische Begutachtung durch Dr. D ... Diese gelangte in ihrem Gutachten vom Juli 2010 u.a. zu den Diagnosen eines chronischen Schmerzsyndroms mit Somatisierungsstörung, einer depressiven Störung mit derzeit leichtgradiger Ausprägung, eines chronisch rezidivierenden Wirbelsäulensyndroms ohne neurologische Ausfälle und einer Arrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung bestimmter qualitativer Einschränkungen - Vermeidung von erhöhter Stressbelastung/Zeitdruck, von anhaltenden Wirbelsäulenzwangshaltungen, von Leiter- und Gerüstarbeiten sowie von gehäuftem Bücken, Treppensteigen und Überkopfarbeiten - sowohl ihre letzte Tätigkeit als Fotobearbeiterin wie auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 03.08.2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 13.01.2011 ab.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.02.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim mit der Begründung erhoben, ihre behandelnden Ärzte seien der Meinung, sie könne nicht mehr arbeiten. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Während der Nervenfacharzt Dr. P. bei von ihm diagnostizierten depressiven Episoden, zur Zeit mit mittelgradiger Ausprägung, sowie somatoformer Schmerzstörung ein Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten angenommen hat, ist der behandelnde Internist und Kardiologe Dr. J. (permanentes Vorhofflimmern) von einem Leistungsvermögen von über sechs Stunden täglich ausgegangen. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. wiederum hat orthopädischerseits - bei Diagnose einer Polyarthrose, eines Ganzkörperschmerzes, von Herberden- und Bouchardarthrosen beidseits sowie Handgelenksarthrosen - ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesehen. Das Sozialgericht hat weiterhin eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch den Internisten und Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. veranlasst. Dieser hat bei der Klägerin u.a. eine Dysthymia mit Somatisierungstendenzen, ein Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle und Hinweise auf ein blandes Carpaltunnelsyndrom rechts diagnostiziert. Die Klägerin könne demnach noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von acht Stunden täglich ausüben. Dabei sollten Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrten Anforderungen an das geistige und psychische Leistungsvermögen und mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential, ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermieden werden. Die Tätigkeiten sollten überwiegend zu ebener Erde sein. Gleichfalls hat der Sachverständige gehäuftes Bücken, Treppensteigen oder Überkopfarbeiten sowie widrige klimatische Bedingungen als nicht leidensgerecht erachtet. Die Klägerin hat u.a. einen "attestorischen Befundbericht" des Dr. R. vom November 2011 vorgelegt, in dem dieser ausgeführt hat, er habe im Rahmen der Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht eine berufliche Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten für sechs Stunden täglich festgestellt. Hierbei habe es sich um einen Tippfehler gehandelt; die korrigierte Einschätzung laute: leichte Tätigkeiten für drei Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2012 hat das Sozialgericht die von der zwischenzeitlich rechtskundig vertretenen Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogene (Schriftsatz vom 28.10.2011) Klage abgewiesen. Das Gericht hat eine Erwerbsminderung verneint und sich dabei auf das Gutachten des Dr. S. , dessen Feststellungen sich vollständig mit denjenigen der Dr. D. decken würden, gestützt. Dr. P. ist das Gericht dagegen nicht gefolgt, da dieser seiner Einschätzung allein subjektive Angaben der Klägerin zu Grunde gelegt habe, ohne diese einer objektiven Überprüfung unterzogen zu haben. Für die von Dr. R. vorgebrachte deutliche Zunahme der bestehenden degenerativen Veränderungen fehle es an entsprechenden Röntgenbefunden.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 06.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04.09.2012 Berufung eingelegt und diese zum einen mit der Verschlechterung der internistischen und kardiologischen Situation begründet. Die Klägerin habe sich diesbezüglich in stationäre Behandlung in das Klinikum M. begeben müssen. Zum anderen habe Dr. P. das Vorliegen einer depressiven Symptomatik der Klägerin in mittel- bis schwergradiger Form konstatiert. Sie könne mittlerweile nach eigenen Angaben ihren Tagesablauf nicht mehr strukturieren und den Haushalt nicht mehr führen. Die Klägerin hat der Berufungsbegründung einen vorläufigen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums M. vom Dezember 2012 beigefügt. Darin wird u. a. die Diagnose einer dilatativen Kardiomyopathie bei Ausschluss einer koronaren Herzerkran¬kung sowie von Niereninfarkten beidseits bei Verdacht auf kardiogene Embolie im Rahmen von chronischem Vorhofflimmern bei Milzinfarkt gestellt. Bei der Klägerin habe sich eine hochgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion des Herzens gefunden.
Die Klägerin hat im Laufe des Berufungsverfahrens einen weiteren Arztbrief des Universitätsklinikums M. vom Mai 2013 vorgelegt. Danach hat sich die linksventrikuläre Funktion unter der medikamentösen frequenzregulierenden Herzinsuffizienztherapie normalisiert. Im gleich¬¬falls vorgelegten Befundbericht des Privatdozenten Dr. K. , Internist und Kardiologe, vom April 2013 hat dieser mitgeteilt, echokardiographisch bestehe mittlerweile eine leicht- bis allenfalls mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Funktion. Ein Belastungs-EKG ist bis 100 Watt möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.08.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2011 zu verurteilen, ihr ab dem 01.06.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen des Dr. H. vom März 2013 (Bl. 31 bis 32 der Berufungsakte) sowie des Dr. H. , Lungenarzt, vom Juli 2013 (Bl. 51 der Berufungsakte).
Der Senat hat den Nervenfacharzt Dr. P. ergänzend als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat im Oktober 2013 mitgeteilt, es bestehe seit seiner erstmaligen Stellungnahme gegenüber dem Sozialgericht Mannheim aus dem Juli 2011 eine depressive Symptomatik in mittel- bis schwergradiger Form weitgehend unverändert fort.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtliche Grundlage für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§ 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. S. und Dr. D. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die im Verlaufe des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar hat sich ausweislich des Entlassungsberichts des Universitätsklinikums M. im Dezember 2012 zwischenzeitlich eine Verschlechterung der kardiologischen Situation der Klägerin eingestellt. Danach sind bei der Klägerin eine dilatative Kardiomyopathie bei Ausschluss einer Kreislaufherzerkrankung diagnostiziert worden, des Weiteren beidseitige Niereninfarkte im Rahmen des chronischen Vorhofflimmerns sowie ein Milzinfarkt. Im Rahmen einer diagnostischen Laparoskopie haben sich wenige Verwachsungen im Bereich Darm und Dünndarm gezeigt, die problemlos gelöst worden sind. Ferner ist bei Vorhandensein einer Deserosierung im Bereich der ersten Schlinge eine ortsständige Übernähung erfolgt. Der postoperative Verlauf hat sich insoweit komplikationslos gestaltet. Der vorläufige Entlassungsbericht beschreibt allerdings eine mittel- bis hochgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion (LV-Funktion) mit einer Ejektionsfraktion (EF) von ca. 34%. Demnach ist es zu einer Zunahme der Herzprobleme mit einem Auftreten von kardioembolisch bedingten Niereninfarkten und Embolien im Bereich der Arteria mesenterica superio linksseitig bei schon chronischem Vorhofflimmern gekommen.
Dem Arztbrief des Universitätsklinikums M. vom Mai 2013, beruhend auf einer ambulanten Behandlung im März 2013, und dem Arztbrief des PD Dr. K. vom April 2013 lässt sich dann aber eine deutliche Besserung der Herzproblematik entnehmen. Danach hat sich im Rahmen der echokardiographischen Untersuchung im Universitätsklinikum M. eine normale linksventrikuläre Funktion und eine gute rechtsventrikuläre Funktion gezeigt. Die Herzfrequenz ist auf einen Normalwert von 74 bis 86/Minute zurückgegangen. Bei PD Dr. K. hat die Klägerin auf dem Fahrradergometer bis 100 Watt belastet werden können, wobei der Abbruch wegen peripherer Erschöpfung und Dyspnoe erfolgt ist. Echokardiographisch hat PD Dr. K. eine EF von 47% ermittelt. Angesichts dieser Befunde ist Dr. H. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom Juli 2013 aus kardiologischer Sicht, für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, zu einem weiterhin vollschichtigen Leistungsvermögen für mindestens leichte Tätigkeiten gelangt. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ein reduziertes Leistungsvermögen auch nicht aus der vom Universitätsklinikum M. vorgenommenen Verordnung eines Badelifters sowie eines Leichtgewicht¬rol¬lators entnommen werden. Denn diese Verordnung datiert vom Dezember 2012 (Bl. 28 LSG-Akte) und ist unter dem Eindruck der damals hochgradig eingeschränkten linksventrikulären Funktion gestanden. Nachdem aber insoweit, wie bereits dargestellt, eine deutliche Befundbesserung eingetreten ist, kann aus diesen Verordnungen nichts hergeleitet werden.
Aber auch die geltend gemachten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet können eine quantitative Leistungsminderung nicht rechtfertigen. Soweit der behandelnde Orthopäde Dr. R. in seinem Attest vom November 2011 seine im Rahmen der schriftlichen Zeugenvernehmung gegenüber dem Sozialgericht getroffene Leistungseinschätzung von sechs Stunden täglich auf nur noch drei Stunden täglich korrigiert hat, kann dem aus den vom Sozialgericht bereits genannten Gründen nicht gefolgt werden. In der Tat lässt sich aus den von Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft mitgeteilten Befunden (auf Grund einmaliger Konsultation) eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten nicht ableiten. Entsprechend hat Dr. R. ursprünglich im Hinblick auf die in der Untersuchung vom April 2011 festgestellten Schmerzzustände (Ganzkörperschmerz, Schmerzen der Finger- und Handgelenke) auch nur qualitative Einschränkungen (keine einseitigen Körperhaltungen, keine Zwangshaltungen, keine Lastenmanipulationen über 5 kg, keine Tätigkeiten mit Sturz-/Ab¬sturz-gefahr, keine ungünstigen Witterungsbedingungen und keine Schichtarbeit) angenommen. Seine Ausführungen im Attest vom 29.11.2011 beruhen auf keiner veränderten Befundsituation. Die Klägerin hat Dr. R. nach April 2011 erst wieder am 29.11.2011 aufgesucht, wobei Dr. R. in der Anamnese unveränderte Beschwerden im Bereich der Hände und im Befund das Vorliegen von schmerzhaften Sehnenscheiden und einen Belastungsschmerz im Handgelenksbereich bds. beschrieben hat. Damit hat eine unveränderte Situation bestanden. Seine im Attest aufgestellte Behauptung einer deutlichen Zunahme der degenerativen Veränderungen in den letzten zwölf Monaten, in denen Dr. R. die Klägerin nur im April 2011 und im November 2011 untersucht hat, kann somit nicht nachvollzogen werden. Röntgenaufnahmen hat Dr. R. zu keinem dieser Zeitpunkte angefertigt, was der Feststellung einer Zunahme degenerativer Veränderungen ohnehin entgegen steht. Soweit Dr. R. im Attest vom November 2011 seine frühere Leistungseinschätzung (leichte Tätigkeiten bis sechs Stunden) als Tippfehler beschreibt und auf drei Stunden korrigiert, liefert er keine Begründung für ein solches abgesunkenes Leistungsvermögen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bei Beachtung der von ihm angeführten qualitativen Einschränkungen nur noch drei Stunden täglich arbeiten können soll.
Wesentliche Einschränkungen im Bereich der Hände hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. S. bei seiner Untersuchung der Klägerin im September 2011 nicht beschrieben. Danach sind sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten aktiv und passiv beweglich gewesen; lediglich bei endgradigen Bewegungen der Schultergelenke und der Kniegelenke hat die Klägerin Beschwerden beklagt. Störungen der Feinmotorik der Hände bzw. der Finger hat der Sachverständige nicht feststellen können.
Dr. S. ist gleichwohl vom Vorliegen eines Wirbelsäulensyndroms und wechselnder Gelenkbeschwerden ausgegangen und hat auch diese Beschwerden sowie den auch von Dr. R. beschriebenen Ganzkörperschmerz als Somatisierungsstörung mit überwiegender Projektion auf das muskulo-skelettale System bei seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt.
Auf nervenfachärztlichem Gebiet liegt ausweislich der Bekundungen des behandelnden Nervenfacharztes Dr. P. seit Juli 2011 eine weitgehend unveränderte Symptomatik vor. Damit ist entgegen dem Vortrag der Klägerin keine Verschlechterung der psychiatrischen Gesundheitsstörungen eingetreten. Es bleibt folglich bei der Leistungsbeurteilung des Dr. S. , die sich der Senat, auch insoweit dem Sozialgericht folgend, in vollem Umfang zu eigen macht. Weder der Stellungnahme des Dr. P. im Rahmen seiner sachverständigen Zeugenaussage im April 2011 noch derjenigen vom Oktober 2013 gegenüber dem Senat können Befunde entnommen werden, die die Annahme einer depressiven Symptomatik in mittel- bis hin zu schwergradiger Form und damit einhergehend ein in quantitativer Hinsicht reduziertes Leistungsvermögen rechtfertigen könnten. In beiden Stellungnahmen referiert der sachverständige Zeuge im Wesentlichen die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin. Der von ihm erhobene psychopathologische Befund wiederum ist wenig aussagekräftig. Demgegenüber hat Dr. S. in seinem Gutachten sehr ausführlich dargelegt, wie er zu der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin gelangt ist (vgl. hierzu insbesondere Bl. 105 f. der SG-Akte). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auch insofern auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung.
Der Umstand, dass bei der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft und darüber hinaus ein Grad der Behinderung von mittlerweile 60 anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten).
Gleiches gilt für das Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4- 3250 § 146 Nr. 1, und damit geringere Anforderungen als bei der Wegefähigkeit).
Sonstige Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit sind bei der Klägerin nicht ersichtlich. Es liegen weder auf kardiologischem noch auf orthopädischem Fachgebiet Erkrankungen vor, welche die Fähigkeit der Klägerin beeinträchtigen würden, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Für eine Einschränkung der Wegefähigkeit auf nervenfachärztlichem Gebiet liegen gleichfalls keine Anzeichen vor. Dr. P. referiert insoweit lediglich die subjektive Einschätzung der Klägerin, wegen der Kraftlosigkeit der Beine sei ihr Laufen kaum möglich. Demgegenüber hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. angegeben, sie würde sehr gerne laufen, dürfe dies aber wegen "Pulsproblemen" nicht. Im Gangbild hat sich die Klägerin bei Dr. S. als etwas rechtshinkend gezeigt; eine neurogene Gangstörung hat dabei indes nicht festgestellt werden können. Nachdem sich die linksventrikuläre Funktion des Herzens wieder weitgehend normalisiert hat und bei der Klägerin auch keine sonstigen internistischen Krankheiten mit Einfluss auf die Wegefähigkeit wie beispielsweise eine schwere arterielle Verschlusskrankheit vorliegen, lässt sich auch insoweit eine Einschränkung nicht ableiten. Des Weiteren liegt bei der Klägerin auch keine soziale Phobie vor, die sie an der Benutzung von Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs abhalten könnte. Vielmehr nutzt die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel. So ist sie auch zur Begutachtung durch Dr. S. gekommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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