L 3 U 3995/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4095/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 3995/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. August 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls vom 18.02.2008.

Der am 30.03.1954 geborene Kläger, der als Kraftfahrer für die A. B. GmbH, C. tätig war, verunglückte am 18.02.2008 auf dem Weg von seinem Wohnort zur Betriebsstätte seines Arbeitgebers in D. mit seinem PKW, als auf der Bundesautobahn A 81 auf einem einspurigen Streckenabschnitt ein anderes Fahrzeug von hinten seitlich auf ihn auffuhr und sich sein Kraftfahrzeug deswegen mehrfach um die eigene Achse drehte. Gegenüber dem Durchgangsarzt berichtete der Kläger noch am gleichen Tag zunächst über Schmerzen in der rechten Schulter und in der Halswirbelsäule sowie im rechten Kniegelenk. Nach einer röntgenologischen Untersuchung, anlässlich derer zwar keine frischen knöchernen Verletzungen, jedoch eine ältere Absprengung an der Halswirbelsäule befundet wurde, wurde beim Kläger eine HWS-Distorsion, eine hypotone Kreislaufdysregulation sowie eine Schulterprellung rechts diagnostiziert. Der Kläger befand sich sodann bis zum 26.02.2008 in stationärer Behandlung im Krankenhaus am Plattenwald.

Die Dres. E.-F. und G., Augenärzte, diagnostizierten anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 07.03.2008 bei diesem eine Schädelprellung, eine Glaskörpertrübung und eine Glaskörperabhebung. Der Kläger wurde für arbeitsfähig erachtet. Im Rahmen einer neurologischen Untersuchung durch Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, am 03.06.2008 schilderte der Kläger, dass er an bewegungs- und belastungsabhängigen erheblichen Rückenschmerzen, Schmerzen im Knie und bewegungsabhängigem Drehschwindel leide. Eine neurologische Therapieempfehlung gab Dr. H. nicht ab, er regte jedoch eine weitergehende Diagnostik auf HNO-ärztlichem Gebiet an. Unter dem 27.08.2008 berichtete der Chirurg Dr. I. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik R., dass der Kläger anlässlich einer Untersuchung am 25.08.2008 von noch bestehenden Beschwerden an der LWS und dem rechten Kniegelenk, anhaltendem Schwindel und Schmerzen an der HWS und einem unfallunabhängigen Carpaltunnelsyndrom berichtet habe. Am 05. und am 16.09.2008 stellte sich der Kläger in der HNO-Klinik des Klinikums Ludwigsburg vor. Deren ärztlicher Direktor, Prof. Dr. J., führte in seinem HNO-ärztlichen Befundbericht vom 22.09.2008 aus, dass ein Schwindel oder eine Hörminderung initial nicht aufgefallen seien. Ein vor dem Unfall bereits bestehendes Ohrgeräusch auf dem rechten Ohr bestünde unverändert fort. Anlässlich einer MRT-Untersuchung der HWS und des Schädels hätten sich ein kleiner Substanzdefekt occipital li. und schwerste degenerative Veränderungen der HWS gezeigt. In seiner zusammenfassenden Beurteilung äußerte Prof. Dr. J. den Verdacht auf (V.a.) einen zervikal bedingten Schwindel. Unfallunabhängig bestehe eine Schwerhörigkeit links sowie der Verdacht auf eine vorbestehende zentral kompensierte Vestibulopathie li. Unter dem 03.02.2009 berichtete Dr. H. über Schwindelbeschwerden des Klägers. Der neurologische Befund sei unauffällig. Dr. H. führte aus, eine zentrale Störung des Gleichgewichtsempfindens lasse sich nicht begründen. Die im MRT dargestellten zerebralen Läsionen seien durch den Unfallhergang nicht erklärbar. In einem weiteren Befundbericht vom 11.02.2009 berichtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Badelt von einer deutlichen funktionellen Ausweitung des Beschwerdebildes. Der Kläger habe angegeben, kurz bewusstlos gewesen zu sein. Von einer retrograden Erinnerungslücke habe er nicht berichtet.

Die Beklagte zog sodann das bei der für den Kläger zuständigen Krankenkasse, der AOK Baden- Württemberg, geführte Vorerkrankungsverzeichnis bei, in dem sich u.a. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden finden.

Vom 09. - 11.02.2009 wurde der Kläger zur Reha-Abklärung in der BG- Klinik R. untersucht. Dort gab er an, noch an Kopfschmerzen zu leiden, die sich bei Bewegungen verstärkten. Ferner habe er Probleme, den Kopf zu drehen. Er verspüre bei HWS- Bewegungen Schwindel. Dr. K., Facharzt für physikalische Medizin, führte zum Untersuchungsverlauf unter dem 31.03.2009 aus, dass die Rotation des Oberkörpers in unbesehenen Momenten besser sei als bei der körperlichen Untersuchung. Das An- und Auskleiden sei ohne Schwindelerscheinungen möglich gewesen. Insg. zeige das Verhalten des Klägers einen deutlichen Demonstrationscharakter. Unter den Diagnosen V.a. Vestibularisstörung li., Carpaltunnelsyndrom (leicht), jeweils ohne Unfallzusammenhang und eines pathologischen VEP (visuell evozierte Potentiale) li. mit fraglichem Unfallzusammenhang empfahl Dr. K., die Behandlung zu Lasten der BG abzuschließen. Die persistierenden Beschwerden seien keine direkte Unfallfolge (vgl. Bl. 135 VAkte). Im Rahmen einer psychologischen Evaluation im Kompetenz- Zentrum Reha- Abklärung der BG-Klinik R. am 09.03.2009 diagnostizierte die Dipl.-Psych. L. eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom und eine nicht organische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Diese Störungsbilder seien nicht auf das Unfallgeschehen, sondern auf degenerative Prozesse und mangelnde Bewegung zurückzuführen.

Mit Bescheid vom 11.05.2009 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen des Unfalls vom 18.02.2008 über den 11.02.2009 hinaus ab. Der Kläger habe sich eine Distorsion der HWS, eine Prellung der LWS sowie eine Schulterprellung zugezogen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe nur bis zum 11.02.2009 vorgelegen. Die darüber hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit seien nicht mehr auf Unfallfolgen, sondern vielmehr auf unfallunabhängige Erkrankungen (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Tinnitus links, Vestibulopathie links, mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom und nicht organische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus) zurückzuführen.

Hiergegen erhob der Kläger am 29.05.2009 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, er habe erhebliche Beschwerden beim Gehen, Bücken, Stehen, Sitzen und Aufstehen. Ihm werde beim Drehen des Kopfes schwindelig und schwarz vor Augen. Auch bestünden psychische Probleme. Diese Symptome hätten vor dem Unfall nicht bestanden. Anwaltlich vertreten wurde sodann die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. geltend gemacht. Hierzu wurde ein von Prof. Dr. M., stellvertretender Direktor des orthopädisch-unfallchirurgischen Zentrums am Universitätsklinikum N., unter dem 25.01.2010 für die private Unfallversicherung erstattetes Gutachten vorgelegt, in dem u.a. ausgeführt wird, das Unfallereignis sei geeignet gewesen eine WAD (Whiplash associated disorder) hervorzurufen. Der Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall Schmerzen in der HWS begleitet von neurologischen Ausfällen in den Fingern wahrgenommen. Die unmittelbar nach dem Unfall sowie Tage und Wochen danach aufgetretenen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Tinnitus entsprächen dem klinischen Bild eines WAD. Die im Bereich des Kopfes, der LWS, der Schultern und des Kniegelenks gefundenen Gesundheitsstörungen könnten durch das Unfallereignis nicht erklärt werden. Warum es trotz adäquater Therapie beim Kläger zu einem "ungünstigen" Verlauf gekommen sei, könne anhand der vorliegenden Befunde nicht ausreichend erklärt werden, möglicherweise könne eine psychosomatische Erklärung gefunden werden.

Die Beklagte zog sodann den Entlassungsbericht vom 12.06.2009 der vom 19.05. - 09.06.2009 in der Römerberg-Klinik, Badenweiler, durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme bei, aus der der Kläger unter den Diagnosen eines chronifizierten Schmerzsyndroms mit V.a. somatoforme Schmerzstörung, eines Z.n. HWS- Distorsion, LWS- und Knieprellung re. bei Wegeunfall 2/08, eines statisch-myalgisches Cervikolumbalsyndrom, persistierenden Schwank- und Drehschwindels bei Z.n. Gehirnkontusion 2/08 und einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom als arbeitsunfähig entlassen wurde.

Unter dem 15.08.2010 erstattete Dr. O., Arzt für Chirurgie, Orthopädie, Unfallchirurgie, für die Beklagte ein unfallchirurgisch/orthopädisches Gutachten über den Kläger. Dr. O. führte hierin aus, der Kläger habe gesichert eine HWS-Zerrung Grad II nach Erdmann bzw. Grad III QTF erlitten. Ferner bestünden multiple Prellungen. Hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik der HWS lägen konkurrierende Ursachen (ausgeprägte degenerative Veränderungen in den Segmenten C5/6 und C6/7) vor. Wegen der Unfallverletzungen habe bis zum 11.02.2009 Arbeitsunfähigkeit bestanden. Derzeit lägen auf unfallchirurgisch/orthopädischem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vor.

Unter dem 06.09.2010 erstattete Prof. Dr. P., Neurologie und Psychiatrie, für die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage. Der Gutachter führte hierin aus, der Unfall vom 18.02.2008 habe zu keinen Gesundheitsstörungen auf neurologischem oder psychiatrischem Fachgebiet geführt. Bereits im Primärbefund habe sich keine unfallbedingte Gehirnschädigung gezeigt. Der psychische Befund des Klägers sei unauffällig, der klinisch-neurologische Befund regelrecht gewesen. Bei einer psychologischen Untersuchung (psychologische Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. Q. vom 23.07.2010) hätten sich Beeinträchtigungen im Bereich der Wahrnehmungsorganisation gezeigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2010 wies die Beklagte sodann den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, anlässlich der stationären Behandlung in der BG-Klinik R. vom 09.-11.02.2009 hätten sich keine Unfallfolgen mehr gezeigt, weswegen über den 11.02.2009 hinaus keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestanden habe. Die vom Kläger nach dem 11.02.2009 beklagten Beschwerden ließen sich nicht mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit dem Unfall zuordnen. Auch aus dem beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der AOK sei ersichtlich, dass es bereits vor dem Unfall zu zahlreichen Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden gekommen sei. Die vom Kläger nach dem 11.02.2009 beklagten Beschwerden ließen sich nicht mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit dem Unfall zuordnen.

Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2010 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen, er leide als unmittelbare Folge des Unfalls vom 18.02.2008 an einer chronifizierten somatoformen Schmerzstörung, einem chronisch, psychosomatisch bedingtem Schmerzsyndrom sowie an einer mittelgradig ausgeprägten Depression. Diese Störungen seien unmittelbare Folge des Verkehrsunfalls, wie sich bereits daran zeige, dass vor dem Unfall keine Beschwerden bestanden hätten. Erst nach dem Unfall sei es zu Angst- und Panikattacken gekommen. Er sei nicht in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als LKW-Fahrer mit Be- und Entladetätigkeiten oder eine andere verwertbare Arbeitsleistung zu erbringen. Auch verursache die erlittene HWS-Distorsion ein chronisches HWS-Syndrom. Er müsse seit dem Unfall an Krücken gehen. Schließlich sei auch der bestehende Schwank- und Drehschwindel als Unfallfolge anzuerkennen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. Häußermann, Neurologie-Psychologie, hat in seiner Stellungnahme vom 21.03.2011 ausgeführt, der Kläger sei vor dem Unfall nicht von ihm behandelt worden. Er habe ein Schädel-Hirn-Trauma mit wahrscheinlicher contusio cerebri 2/08, eine somatoforme Schmerzstörung und ein depressives Syndrom diagnostiziert. Folgen des Unfalls seien hiernach der Schwindel, die Gangunsicherheit, die somatoforme Störung und die depressive Symptomatik. Der Facharzt für Orthopädie S. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 04.04.2011 die Einschätzung vertreten, dass der Schwindel und die somatoforme Schmerzstörung Folgen des Arbeitsunfalls seien. Der Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. Neff hat unter dem 31.03.2011 u.a. bekundet, beim Kläger bestehe seit dem Unfall eine Schwindelsymptomatik.

Durch den Kläger wurde sodann ein fachneurologisch-psychiatrisches Gutachten der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie T.-U. vom 12.04.2011 vorgelegt, das für das Sozialgericht Freiburg in einem Verfahren des Klägers gegen die Deutsche Rentenversicherung Bahn-Knappschaft-See (- S 2 R 3720/10 -) erstellt wurde. Fr. T.-U. diagnostizierte hierin beim Kläger eine somatoforme Störung, eine Dysthymia, eine beginnende Polyneuropathie und ein Carpaltunnelsyndrom.

Das SG hat ferner den Entlassungsbericht der vom 03.11.- 15.12.2011 in der MEDIAN Klinik Burg Landshut, Bernkastel-Kues, durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme beigezogen.

Das SG hat schließlich Prof. Dr. V., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 03.04.2012 hat Prof. Dr. V. ausgeführt, die vom Kläger geschilderten psychischen Beeinträchtigungen seien auf dessen primäre Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen. Von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets fänden sich keine Folgeerscheinungen, die auf das Unfallereignis zurückzuführen seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2012 hat das SG die Klage, mit der zuletzt begehrt wurde (vgl. Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG vom 03.08.2012), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, den Tinnitus links, die Vestibulopathie links, die mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom und die nicht organische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen, abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass nicht in dem erforderlichen Maße belegt sei, dass die geltend gemachten (weiteren) Unfallfolgen wesentlich durch den Unfall vom 18.02.2008 verursacht worden seien. Die beim Kläger bestehenden Veränderungen der Wirbelsäule seien nicht traumatischer sondern degenerativer Natur, wie sich daran zeige, dass der Kläger bereits vor dem Unfall Wirbelsäulenbeschwerden beklagt habe. Das Vorerkrankungsverzeichnis belege, dass der Kläger vor dem Unfall bereits mehrfach wegen Kreuzschmerzen und eines Wirbelsäulensyndroms behandelt worden sei. Der Tinnitus sei ebenfalls nicht durch den Unfall verursacht. Der Kläger selbst habe gegenüber Prof. Dr. W. erklärt, dass das Ohrgeräusch bereits vor dem Unfall bestanden habe. Die neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen (Vestibulopathie links, mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom und nicht organischer Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus) seien, so das SG, gleichfalls nicht auf den Unfall zurückzuführen. Dies habe Prof. Dr. V. schlüssig dargelegt und die anderslautenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte nachvollziehbar widerlegt.

Gegen den am 15.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.09.2012 Berufung eingelegt. Er bringt vor, er sei seit dem Unfall durchgängig arbeitsunfähig. Eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben sei fehlgeschlagen. Er benötige seit dem Unfall, der sein Leben verändert habe, eine Haushaltshilfe. Bei dem Unfall habe er Hirnblutungen und ein Hirntrauma erlitten. Er leide seit dem Unfall an ständigen Kopfschmerzen. Den Tinnitus habe er vor dem Unfall "mit links weggesteckt". Zuletzt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 weitere ärztliche Bescheinigungen vorgelegt und betont, vor dem Unfall keine Beschwerden verspürt zu haben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. August 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2010 aufzuheben und als Folge des Arbeitsunfalls vom 18.02.2008 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Tinnitus links, Vestibulopathie links, mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom und eine nicht organische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens v. H. 20 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages führt die Beklagte aus, das SG habe aus ihrer Sicht zutreffend entschieden, dass die über den 11.02.2009 hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit auf unfallunabhängige Ursachen zurückzuführen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist weitestgehend zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.

Zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist von Anfang an lediglich die (gerichtliche) Feststellung bestimmter weiterer Gesundheitsstörungen, namentlich der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, des Tinnitus li., der Vestibulopathie li., der mittelgradigen depressive Episode mit somatischem Syndrom und der nicht organischen Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus als Unfallfolgen. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalles ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 23/11 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 14), weil zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen neben dem Versicherungsfall nach §§ 7, 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) auch die (sog. unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, gehören.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere scheitert deren Zulässigkeit nicht daran, dass im angefochtenen Bescheid vom 11.05.2009 (Widerspruchsbescheid vom 21.10.2010) keine korrespondierende, die geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen ablehnende Entscheidung vorliegt. Zwar erfordert die Feststellungklage grundsätzlich eine vorherige Verwaltungsentscheidung und die gegen sie gerichtete Anfechtungsklage (BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 R - veröffentlicht in juris), weswegen im Regelfall eine Feststellungsklage nur in Kombination mit einer Anfechtungsklage zulässig ist, dies gilt jedoch, wie vom BSG in der Entscheidung vom 27.06.2006 (a.a.O.) auch angedeutet, nicht ausnahmslos. Vielmehr ist eine ausdrückliche, förmliche Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über jede einzelne als Unfallfolge behauptete Gesundheitsstörung nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, dass sich der Versicherungsträger in dem Verwaltungsverfahren mit der Frage nach dem Vorliegen von Unfallfolgen befasst hat (Landessozialgericht [LSG] Baden- Württemberg, Urteil vom 21.02.2013 - L 10 U 176/11 - veröffentlicht in juris). Wie aus der Begründung des Bescheides vom 11.05.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2010 zu entnehmen ist, hat sich die Beklagte ausführlich mit der Frage, ob die geltend gemachten weiteren Unfallfolgen mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 18.02.2008 zurückzuführen sind, befasst. Dies genügt für die Annahme eines berechtigten Interesses an der gerichtlichen Feststellung dieser Ruptur als Gesundheitserstschaden nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Eine ausdrückliche vorherige formelle Entscheidung des Unfallversicherungsträgers i.S.v. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ist dann nicht erforderlich. Die so verstandene (Feststellungs-) Klage ist zulässig. Demgegenüber wäre eine Klage auf Feststellung einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus, als Elementenfeststellungsklage unzulässig (Bayerisches LSG, Urteil vom 27.11.2013 - L 2 U 104/13 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.05.2013 - L 3 U 29/11 - jew. veröffentlicht in juris); sie wäre gegenüber der im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage geltend zu machenden Erstattung konkreter Behandlungskosten oder Zahlung von Verletztengeld subsidiär (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 55, Rn. 9 und 19 f).

Soweit der Kläger zuletzt auch die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 beantragt hat, ist dieses Begehren hingegen bereits unzulässig, weil die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 11.05.2009 (Widerspruchsbescheid vom 21.10.2010) nicht über die Gewährung einer Verletztenrente entschieden hat.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung der begehrten weiteren Unfallfolgen.

Unfallfolgen sind Folgen von Arbeitsunfällen i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB VII, also nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII von Unfällen Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - und Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - jew. veröffentlicht in juris), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis, dem Unfallereignis, geführt hat (Unfallkausalität) und letzteres einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII eine versicherte Tätigkeit, weswegen Wegeunfälle dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen.

Da der Kläger am 18.02.2008 auf dem Weg von seinem Wohnort zur Betriebsstätte seines Arbeitgebers in D. mit seinem PKW verunglückte, erlitt er hiernach einen Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Hierdurch wurde ein Gesundheitserstschaden in Form eines Distorsion der HWS, einer Prellung der LWS sowie einer Schulterprellung verursacht.

Die Feststellung weiterer Unfallfolgen setzt darüber hinaus voraus, dass die angeschuldigten Gesundheitsbeeinträchtigungen in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R- veröffentlicht in juris). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt - auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - veröffentlicht in juris m. w. N.) - zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen oder Vorerkrankungen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der Versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung. Eine Ursache, die zwar naturwissenschaftlich kausal, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt allerdings nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 a. a. O., m. w. N.). Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - wobei eine Ursache allerdings nicht deswegen wesentlich ist, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, a. a. O.), nach dem zu beachten ist, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn etwa dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen sowie Krankheitsdispositionen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 81 f.)

Hinsichtlich des Beweismaßstabes genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge - im Unterschied zu den Merkmalen "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden", die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für das Gericht feststehen müssen, die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - veröffentlicht in juris). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - veröffentlicht in juris).

In Anwendung dieser Grundsätze sind die vom Kläger geltend gemachten weiteren Unfallfolgen - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Tinnitus li., Vestibulopathie li., mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom und der nicht organischen Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus - nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 18.02.008 zurückzuführen, weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung.

Die Veränderungen der Wirbelsäule sind, wie durchgängig in den medizinischen Unterlagen wiedergegeben, nicht traumatisch bedingt sondern degenerativer Natur. Bereits die röntgenologische Untersuchung des Klägers durch den Durchgangsarzt hat eine ältere Absprengung an der Halswirbelsäule, jedoch keine frischen knöchernen Verletzungen, aufgezeigt. Auch der behandelnde Orthopäde S. hat in seiner Stellungnahme gegenüber dem SG mitgeteilt, dass er den Kläger wegen degenerativen LWS- und HWS- Syndromen bereits vor dem Unfall behandelt habe. Folgerichtig hat er die Gesundheitsstörungen bei deren Aufzählung der Erkrankungen, die nach seiner Einschätzung durch den Unfall bedingt sind, nicht aufgeführt. Schließlich hat auch der von der Beklagten beauftragte Dr. O. anlässlich der von ihm durchgeführten kernspintomographischen Diagnostik vorbestehende degenerative Veränderungen als gegeben angesehen. Da auch aus dem aktenkundigen Vorerkrankungsverzeichnis der AOK ersichtlich ist, dass der Kläger bereits vor dem Unfall mehrmals wegen Kreuzschmerzen und eines Wirbelsäulensyndroms behandelt wurde, ist der Senat nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass die Beeinträchtigung unfallbedingt ist.

Der Tinnitus li. ist gleichfalls nicht durch den Unfall verursacht. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen bieten keinerlei Anhalt dafür, dass der Tinnitus unfallbedingt ist. Bereits das SG hat darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst gegenüber Prof. Dr. W. erklärt hat, dass ein rauschendes Ohrgeräusch, das bereits vor dem Unfall bestanden habe, unverändert fortbestehe. In diesem Sinne hat der Kläger im Berufungsverfahren ferner ausgeführt, er sei bis zu dem Unfall mit seinen früheren Krankheiten gut zu Recht gekommen, den Tinnitus habe er vor dem Unfall "weggesteckt" (Bl. 74 der Senatsakte). Da mithin bereits das Bestehen des Tinnitus vor dem Unfall bestätigt ist, ist der Senat nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass die Beeinträchtigung unfallbedingt ist.

Der Senat ist auch nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass die Vestibulopathie li. auf den Unfall zurückzuführen ist. Bei der Vestibulopathie handelt es sich um eine Erkrankung, bei der es zum Ausfall des Vestibularapparats kommt. Die Betroffenen leiden unter akutem, schweren Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Gangstörungen. Vestibuläre Syndrome entstehen überwiegend durch Läsionen der vestibulären Bahnen, die von den Vestibulariskernen im kaudalen Hirnstamm sowohl zum Zerebellum als auch zum Thalamus und vestibulären Kortex ziehen, oder durch eine Schädigung des Vestibulozerebellums, selten durch "pathologische Erregung" wie paroxysmale Hirnstammattacken mit Ataxie bei MS (www.dgn.org). Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof Dr. V. an. Dieser hat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass sich aufgrund des Unfallereignisses vom 18.02.008 von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets keine Folgeerscheinungen zeigten, die auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. So hat Prof. Dr. V. zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger zeitnah zum Unfall gegenüber dem Durchgangsarzt berichtet habe, Schmerzen bestünden im Bereich der Halswirbelsäule und der rechten Schulter. Schwindelartige Beschwerden oder Ausfallerscheinungen, eine kurze Bewusstlosigkeit oder Erinnerungslücken sind hingegen im Durchgangsarztbericht und auch zeitnah später nicht aufgeführt. Prof. Dr. J. hat insofern ausdrücklich bestätigt, dass Schwindel initial nicht aufgefallen sei. Zwar wurden in späteren kernspintomographischen Untersuchungen Läsionen im Occipitalbereich festgestellt, diese sind jedoch nach den nachvollziehbaren Bekundungen von Prof. Dr. V. und Prof. Dr. P. nicht unfallbedingt. Den abweichenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte, insb. der Einschätzung von Dr. Häußermann, der den Schwindel und die Schmerzstörung als unfallbedingt betrachtet und hierzu ein stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma anführt, vermag der Senat nicht zu folgen. Dr. H. hat zeitnah zum Unfall von einem unauffälligen neurologischen Befund berichtet und ausgeführt, die cerebralen Läsionen seien durch den Unfall nicht erklärbar. Hieraus folgt, dass nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit belegt ist, dass die Vestibulopathie li. auf den Unfall zurückzuführen sind.

Schließlich teilt der Senat auch die Auffassung von Prof. Dr. V., wonach ein kausaler Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigungen (mittelgradig depressive Episode mit somatischem Syndrom und nicht organischer Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus) mit dem Unfallereignis nicht anzunehmen ist, die Krankheitszeichen vielmehr Ausdruck dessen sind, dass der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur das Unfallereignis umgedeutet hat.

Mithin sind die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, der Tinnitus li., die Vestibulopathie li., die mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom und die nicht organischen Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus - nicht als Folgen des Unfalls vom 18.02.2008 festzustellen.

Der Bescheid der Beklagten vom 11.05.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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