Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 3706/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4790/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung eines Gründungszuschusses streitig.
Die 1968 geborene Klägerin ist Volljuristin. Sie war von März 1997 bis zum 31.03.2012 bei der Mercedes-Benz Bank AG, zuletzt als Teamleiterin, versicherungspflichtig beschäftigt. Weil der Arbeitsplatz der Klägerin nach Berlin verlagert wurde, sie jedoch aus familiären Gründen nicht dorthin umziehen wollte, schloss sie mit ihrem Arbeitgeber am 26.07.2011 einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2012 beendet wurde und sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 188.789,00 erhielt.
Seit dem 01.10.2011 übte die Klägerin eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberaterin und Coach im Umfang von zehn Stunden wöchentlich aus.
Am 07.10.2011 meldete sich die Klägerin arbeitsuchend. Auf ihren Antrag vom 01.03.2012 bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2012 in Höhe von monatlich EUR 1.946,70 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. In der Folgezeit bezog die Klägerin Arbeitslosengeld bis zum 31.07.2012.
Am 19.03.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Darin gab sie an, sie werde am 01.08.2012 eine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Unternehmensberaterin und Coach aufnehmen. Hierzu legte sie eine kurze Erläuterung ihres Existenzgründungsvorhabens, einen Lebenslauf einschließlich Zeugnisse und Befähigungsnachweise, einen Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan sowie eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau vor, auf die Bezug genommen wird. In der Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 04.05.2012 wird ausgeführt, die Voraussetzungen für das Existenzgründungsvorhaben seien in fachlicher und branchenspezifischer Hinsicht sowie in kaufmännischer und unternehmerischer Hinsicht gegeben. Das Leistungsangebot scheine - auch in absehbarer Zeit - konkurrenzfähig. Der Existenzgründer schätze die voraussichtlichen Umsätze, die voraussichtlichen Betriebsergebnisse vor Steuern und den voraussichtlichen Kapitalbedarf realistisch ein. Das zu erwartende Einkommen könne dem Existenzgründer voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten. An der Selbständigkeit bestünden keine Zweifel. Mit dem Vorhaben scheine der Aufbau einer tragfähigen Existenzgründung insgesamt realisierbar. Mit Veränderungsmitteilung vom 19.07.2012, bei der Beklagten am 23.07.2012 eingegangen, teilte die Klägerin mit, sie nehme ab 01.08.2012 eine Tätigkeit als Unternehmensberaterin in einem wöchentlichen Umfang von 15 Stunden und mehr auf.
In einer internen Stellungnahme der Beklagten wurde ausgeführt, die Klägerin sei seit 01.04.2012 arbeitslos gemeldet und seit 29.11.2011 arbeitsuchend. Sie habe seit Mai 2010 laut eigener Liste 28 Bewerbungen unternommen. Bereits im November sei ihr klar gewesen, dass sie auf dem klassischen Arbeitsmarkt nicht so leicht eine Arbeit finden werde. Die Agentur habe ihr insgesamt sechs Stellen vorgeschlagen. Vermittlungsvorrang bestehe keiner. Seit Oktober übe sie ihre selbständige Tätigkeit im Nebenerwerb aus. Einen Gewinn habe sie allerdings bisher nicht erwirtschaften können. Tragfähigkeit sei gegeben, die Bewilligung sei zu befürworten.
Nach einer erneuten Prüfung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2012 den Antrag ab mit der Begründung, aufgrund ausreichender Eigenleistungsfähigkeit bestehe keine Fördernotwendigkeit. Der Klägerin stehe aus ihrem letzten Beschäftigungsverhältnis eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 188.789 zur Verfügung. Der Gründungszuschuss hätte fiktiv ca. EUR 13.480,20 betragen und läge somit unter der der Klägerin zur Verfügung stehenden Summe aus der Abfindung. Daher könne sie den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung selbst sicherstellen. Im Ergebnis einer im Rahmen der Ermessensausübung sorgfältigen Abwägung der unterschiedlichen Gesichtspunkte müssten vorliegend die persönlichen Interessen der Klägerin gegenüber denen der Beitragszahler zurücktreten.
Hiergegen legte die Klägerin am 07.09.2012 Widerspruch ein mit der Begründung, die Eigenleistungsfähigkeit der antragstellenden Person oder das Verschulden an der Arbeitslosigkeit sei bei der Ermessensentscheidung nicht zu berücksichtigen. Zudem sei bei ihr ein Vermögenszuwachs aus der Abfindung nicht mehr vorhanden. Von dem Bruttobetrag der Abfindung habe sie nach Abzug von Steuern tatsächlich weniger als die Hälfte erhalten. Die tatsächlich zugeflossene Abfindung habe sie zum einen eingesetzt, um einen größeren Betrag in das Familienbudget für das gemeinsame Haus sowie die familiäre Altersversorgung einzuzahlen. Zum anderen habe sie das Geld benötigt, um sich ein Fahrzeug zu leasen und die Anzahlung (etwa EUR 10.000,00 netto) hierfür zu leisten sowie die in der Anfangszeit sehr hohen Kosten (insbesondere für Akquise- und Marketingaktivitäten) sowie Weiterbildungsmaßnahmen ohne Kreditaufnahme zu decken.
Im Aktenvermerk des Beklagten vom 23.10.2012 wird ausgeführt, nach Angaben der Klägerin habe die Abfindung netto unter EUR 100.000,00 gelegen, genaue Angaben lägen nicht vor. Hiervon habe sie - ohne konkrete Nachweise - EUR 26.000,00 zum Aufbau und für Investitionen in die Selbstständigkeit ausgegeben. Damit stünden noch EUR 64.000,00 für den Lebensunterhalt zur Verfügung, so dass damit der Förderungszeitraum Phase 1 des Gründungszuschusses von maximal sechs Monaten mit eigenen Mitteln überbrückt werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin verfüge über einen Betrag in Höhe von etwa EUR 50.000,00 aus einer Abfindung ihres früheren Arbeitgebers. Der Gründungszuschuss hätte etwa EUR 12.000,00 betragen und läge somit unter dem Betrag, welcher der Klägerin zur Verfügung stehe. Daher könne sie den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung selbst sicherstellen. Das persönliche Interesse der Klägerin an einer Förderung müsse nach alledem hinter den Interessen der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel zurückstehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2012 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) unter Wiederholung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren erhoben. Sie hat eine Auflistung der ihr vom 01.10.2011 bis 31.12.2012 in Ausübung der selbständigen Tätigkeit entstandenen Kosten vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass eine Förderung nur dann erfolgen könne, wenn sie zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung erforderlich sei. Dies habe auch in den ermessenslenkenden Weisungen seinen Niederschlag gefunden.
Mit Urteil vom 26.09.2013 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2012 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gründungszuschuss vom 19.03.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es unter Angabe der maßgeblichen Normen ausgeführt, die Beklagte habe bei der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung fehlerhafte Ermessenserwägungen angestellt. Es sei ermessensfehlerhaft, den Antrag auf Förderung mittels Gründungszuschuss aufgrund vorhandener Eigenleistungsfähigkeit wegen der erhaltenen Abfindung abzulehnen. Grundsätzlich sei es möglich, im Rahmen des Ermessens eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen, allerdings nur dann, wenn aus der selbständigen Tätigkeit selbst von Anfang an voraussichtlich derartige Gewinne erwirtschaftet würden, dass die Förderung mittels Gründungszuschuss nicht notwendig sei, um die Gründungsphase zu überbrücken. Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift, mit dem Zuschuss die wirtschaftlich in der Regel schwierige Anfangszeit einer Gründung zu überbrücken. Sei diese Phase im Einzelfall nicht wirtschaftlich schwierig, könne der Gründungszuschuss seinen Zweck nicht erfüllen und sei zur Gründung nicht notwendig. Es sei jedoch ermessensfehlerhaft, Vermögensmittel oder Einkünfte, die nicht aus der streitgegenständlichen selbständigen Tätigkeit resultierten, mit einzubeziehen. Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) stelle im Gegensatz zum Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) grundsätzlich nicht auf die Eigenleistungsfähigkeit ab. Bei den Leistungen der Beklagten handle es sich um Versicherungsleistungen, bei denen nicht auf den Verbrauch vorhandener eigener Mittel - mit Ausnahme der Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit - verwiesen werden könne. Da keine Ermessensreduzierung auf Null vorliege komme nicht die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung des Gründungszuschusses, sondern allein die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Betracht.
Gegen das am 14.10.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, aus der Abfindung hätten der Klägerin - auch nach Abzug der Aufwendungen für ihre selbständige Tätigkeit - noch ausreichend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden, so dass Eigenleistungsfähigkeit vorgelegen habe. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 93 Abs. 1 SGB III könne der Gründungszuschuss nur bewilligt werden, wenn der Lebensunterhalt ansonsten nicht sichergestellt wäre. Kriterien für die Ermessensentscheidung enthalte § 93 SGB III nicht. Der Wortlaut schließe es nicht aus, im Rahmen des eingeräumten Ermessens von der Sicherstellung des Lebensunterhalts im weiteren Sinne auszugehen. Es sei deshalb nicht ermessensfehlerhaft, in die Ermessenserwägungen - ausgehend vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 69 Abs. 2 i.V.m. § 71b Abs. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) - die Eigenleistungsfähigkeit als Kriterium für eine Förderung heranzuziehen. Dies entspreche auch den ermessenslenkenden Weisungen zum Gründungszuschuss, wonach eine Förderung nicht in Betracht komme, wenn der Lebensunterhalt durch Gehaltszahlungen, Abfindungen oder eigenes Vermögen sichergestellt sei. Diese Überlegung orientiere sich auch daran, dass für den Gründungszuschuss nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung stünden und nicht alle Antragsteller eine Förderung erhalten könnten. Auch bestehe kein sachlicher Grund, die eigene Leistungsfähigkeit allein anhand der Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit zu beurteilen. Diese Auslegung entspreche schließlich auch dem Sinn und Zweck des § 93 SGB III. Der Gründungszuschuss solle die finanzielle Hürde, die einer Existenzgründung entgegenstehen könne, herabsetzen. Bei ausreichenden anderweitigen Mitteln - woher auch immer - bestehe keine finanzielle Hürde. Mit der vollständigen Umwandlung des Gründungszuschusses in eine Ermessensleistung habe der Gesetzgeber auch eine höhere Flexibilität der Beklagten bei der Förderung von Gründungen erreichen wollen. Wenn die Beklagte nicht die Möglichkeit habe, dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu entsprechen und Ermessenskriterien bezüglich der Eigenleistungsfähigkeit festzulegen, bestünde diese höhere Flexibilität gerade nicht und die Intention des Gesetzgebers ginge ins Leere.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Bei der geltend gemachten Leistung handelt es sich um eine Ermessensleistung. Da die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegen, hat das SG die Beklagte zutreffend entsprechend § 131 Abs. 3 SGG durch Bescheidungsurteil zur erneuten Entscheidung über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt.
Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Gründungszuschusses ist § 93 Abs. 1 SGB III in der ab 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854). Danach können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer
1. bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 beruht, 2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.
Die in § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses sind bei der Klägerin erfüllt. Sie hatte bei Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit am 01.08.2012 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III von mehr als 150 Tagen. Die Tragfähigkeit der Existenzgründung ist nachgewiesen und die entsprechende Sachkenntnis der Klägerin dargelegt.
Die Beklagte hat bei der Entscheidung über den Antrag der Klägerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem sie maßgeblich darauf abgestellt hat, die Klägerin könne ihren Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung aus Mitteln der Abfindung selbst sicherstellen.
Gemäß § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) haben Leistungsträger ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten, wenn sie ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I besteht auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens ein Anspruch. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ist, soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des Öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Ob das Ermessen richtig ausgeübt worden ist, kann vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden. Das Gericht darf sein Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen, es darf vielmehr nur prüfen, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Der gerichtlichen Überprüfung obliegt demnach, ob ein Ermessensfehler vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen keinen Gebrauch macht und irrtümlich von einer gebundenen Entscheidung ausgeht (Ermessensunterschreitung), wenn sie eine Rechtsfolge wählt, die in der Ermächtigungsgrundlage nicht vorgesehen ist (Ermessensüberschreitung) oder wenn sie sich bei ihrer Entscheidung nicht ausschließlich vom Zweck der Ermessensvorschrift leiten lässt, sondern sich auf sachfremde Erwägungen stützt (Ermessensfehlgebrauch) (BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R - juris Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 114 Rn. 7ff.).
Ein solcher Ermessensfehlgebrauch ist vorliegend gegeben, indem die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Verweis auf die vorhandene Eigenleistungsfähigkeit wegen der erhaltenen Abfindung abgelehnt hat.
Grundsätzlich ist es zwar zulässig, im Rahmen der nach § 93 SGB III zu treffenden Ermessensentscheidung eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Eigenleistungsfähigkeit darauf beruht, dass aus der selbständigen Tätigkeit selbst von Anfang an voraussichtlich ausreichend Gewinne bzw. Einkünfte erwirtschaftet werden, um den Lebensunterhalt und die soziale Absicherung sicherzustellen, so dass eine Förderung mittels Gründungszuschuss nicht erforderlich ist, um die Gründungsphase zu überbrücken.
Unzulässig ist es dagegen, im Rahmen der Ermessenserwägungen auf sonstiges Vermögen des Antragstellers abzustellen. Maßgeblich hierfür ist, dass es sich bei dem Gründungszuschuss um eine Versicherungsleistung nach dem SGB III handelt, bei der, anders als bei Leistungen nach dem SGB II, die sonstige Vermögenslage des Antragstellers unberücksichtigt bleibt (vgl. Link in Eicher/Schlegel, SGB III Stand Oktober 2013, § 93 Rn. 137). Für eine Qualifizierung des Gründungszuschusses als Versicherungsleistung, die grundsätzlich bedürftigkeitsunabhängig erbracht wird, spricht, dass er einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 150 Tagen voraussetzt und dieses ebenfalls nicht einkommens- bzw. vermögensabhängig ist (Kuhnke in jurisPK-SGB III, § 93 Rn. 36). Für eine Parallelwertung mit der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld spricht zudem die Regelung in § 93 Abs. 3 SGB III, wonach der Gründungszuschuss nicht geleistet wird, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 SGB III vorliegen oder vorgelegen hätten. In § 156 SGB III ist das Ruhen des Anspruchs bei anderen Sozialleistungen, in § 157 SGB III das Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung und in § 158 SGB III das Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung geregelt. Nach Auffassung des Senats kann hieraus geschlossen werden, dass Einkünfte aus einer früheren Tätigkeit bzw. Abfindungen nur so lange angerechnet werden sollen, wie sie auch zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldes geführt hätten. Weiter bestimmt § 148 Abs. 1 Nr. 8 SGB III, dass sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert um die Anzahl von Tagen, für die ein Gründungszuschuss in der Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes geleistet worden ist. Auch dies spricht für eine Parallelwertung mit dem Arbeitslosengeld.
Eine Befugnis zur Berücksichtigung der allgemeinen Vermögenslage des Antragstellers bei der Ermessensausübung kann auch der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 17/6277 S. 86) nicht entnommen werden. Darin wird ausgeführt, ob im Einzelfall ein Gründungszuschuss gewährt werde, liege künftig im Ermessen des Vermittlers. Jenseits der Beurteilung der Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts sei durch den Vermittler die persönliche Eignung der Gründerin oder des Gründers einzuschätzen. Als ermessensleitende Gesichtspunkte werden darin somit lediglich die Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts und die persönliche Eignung, nicht jedoch dessen allgemeine Vermögenslage angeführt.
Soweit in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt wird, Ziele der zweiten Förderphase seien die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer, kann hieraus allenfalls geschlossen werden, dass für die - vorliegend nicht streitgegenständliche - zweite Förderphase ab dem 7. Monat (§ 94 Abs. 2 SGB III) bei der Ermessensausübung auf die soziale Absicherung bzw. die allgemeine Vermögenslage des Gründers abgestellt werden kann.
Weiter ist es grundsätzlich zwar zutreffend, dass die Beklagte bei ihrem Ermessen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen hat. Nach § 69 Abs. 2 SGB IV hat der Versicherungsträger bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sicherzustellen, dass er die ihm obliegenden Aufgaben unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen kann. Nach § 71b Abs. 4 SGB IV sind die zugewiesenen Mittel so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist. Danach ist es jedoch nur geboten, dass die Inanspruchnahme auch von Ermessensleistungen durch den begünstigten Personenkreis ständig möglich sein muss und eine Mittelvergabe nach dem "Windhundprinzip", wonach die Vergabe bis zur Erschöpfung der Mittel allein nach dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt, nicht sachgerecht ist (Borrmann in Hauck/Noftz, SGB IV, § 71 b Rn. 11). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Ermessens die allgemeine Vermögenslage des Antragstellers berücksichtigen dürfte. Denn wenn diese keine zulässige Ermessenserwägung darstellt ist sie auch nicht geeignet, bei einer zeitlichen Streuung der Förderung über das gesamte Haushaltsjahr als Kriterium herangezogen zu werden.
Die Vorschrift des § 71 b Abs. 4 SGB IV war auf Grund der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die diese Forderungen an die Bewirtschaftung der Mittel aufgestellt hatte, zum 01.01.1994 in das Gesetz aufgenommen worden. Das BSG hatte entschieden (BSG, Urt. v. 25.10.1990 - 7 RAr 7/90 - juris Rn. 32f.), lasse das sachliche Recht der Verwaltung Spielräume und würden die Maßstäbe des sachlichen Rechts beachtet, könne mithin bei Förderprogrammen nicht beanstandet werden, wenn die Verwaltung mit Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Mittel nicht jedem Antragsteller, der die gesetzlichen oder sonstigen Mindestvoraussetzungen erfülle, die Förderung zukommen lasse, sondern nach sachgerechten Kriterien den Zugang erschwere und/oder bei der Höhe der Leistung differenziere. Das BSG hat weiter ausgeführt, ob eine Ermessenserwägung dem Zwecke der Ermächtigung entspreche, sei grundsätzlich nicht nach Belangen des Haushaltsrechts, sondern nach Maßgabe des sachlichen Rechts zu beurteilen. Durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollen demnach keine neuen Ermessenskriterien eingeführt werden, sondern allein eine einheitliche, ggf. restriktive Handhabung der statthaften Ermessensgesichtspunkte gewährleistet werden.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass in den ermessenslenkenden Weisungen Gründungszuschuss (Stand 21.12.2011) unter Ziff. 2.2 bzw. den Geschäftsanweisungen Gründungszuschuss (Stand 01.05.2013) der Beklagten unter Nr. 93.04 zwar bezüglich der Ausübung des Ermessens ausgeführt wird, die Förderung der Existenzgründung mit Gründungszuschuss sei in der Regel nicht möglich bei Eigenleistungsfähigkeit (anderweitige Sicherstellung des Lebensunterhalts). Als Regelbeispiele werden aufgeführt, dass von einer angemessenen Eigenleistungsfähigkeit in der Regel dann auszugehen sei, wenn ab Beginn der Selbstständigkeit hieraus ein verfügbares Einkommen erwartet werde, welches die gleiche Höhe des individuellen Arbeitslosengeldes (= Gründungszuschuss) plus EUR 300,00 erreicht oder überschreitet. Bei einer Betriebsübernahme oder der Umwandlung einer nebenberuflichen in eine hauptberufliche Tätigkeit sei Eigenleistungsfähigkeit anhand des Vordrucks "Begründung für die Förderung" kritisch zu prüfen. Eine Einzelfallprüfung habe stets zu erfolgen, wenn offensichtlich kein Gründerrisiko bestehe, z. B. wenn ein nennenswerter Kundenstamm vorhanden sei oder ein etabliertes Produkt am Markt übernommen werde. In diesem Zusammenhang bestehe jedoch kein genereller Ausschluss von bestimmten Vorhaben oder Branchen. Diesen Konstellationen ist gemeinsam, dass der Lebensunterhalt bereits ab Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit aus den daraus erzielten Einnahmen bzw. Gewinnen bestritten werden kann. Bezüglich des hier streitigen Einsatzes sonstigen Vermögens führen die Weisungen aus: "Hat der Antragsteller offensichtlich Vermögen oder eine Abfindung erhalten, so muss dieser darlegen, warum er dieses Geld nicht für die "Anschubfinanzierung" seiner Selbstständigkeit verwenden kann". Die ermessenslenkenden Weisungen der Beklagten gehen danach selbst davon aus, dass vorhandenes sonstiges Vermögen des Antragstellers nicht zwingend einen Ausschluss der Förderung nach sich zieht. Sie sind im Übrigen auch insoweit unpräzise, als sie nicht die Prüfung vorschreiben, ob vorhandenes Vermögen zur Finanzierung des Lebensunterhalts ausreichend ist, sondern insgesamt die mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit entstehenden Kosten abdecken. Hierfür ist der Gründungszuschuss jedoch nicht gedacht. Unter "Anschubfinanzierung" der selbständigen Tätigkeit sind alle Kosten zu fassen, die mit der Aufnahme der jeweiligen Tätigkeit verbunden sind. Der Gründungszuschuss soll jedoch lediglich den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung sichern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Klägerin ist zwar selbständig, maßgeblich ist jedoch, dass sie die Bewilligung von Sozialleistungen im Sinne der §§ 11, 19 Abs. 1 Nr. 3 d) SGB I (Leistungen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) geltend macht und damit zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger zählt.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung eines Gründungszuschusses streitig.
Die 1968 geborene Klägerin ist Volljuristin. Sie war von März 1997 bis zum 31.03.2012 bei der Mercedes-Benz Bank AG, zuletzt als Teamleiterin, versicherungspflichtig beschäftigt. Weil der Arbeitsplatz der Klägerin nach Berlin verlagert wurde, sie jedoch aus familiären Gründen nicht dorthin umziehen wollte, schloss sie mit ihrem Arbeitgeber am 26.07.2011 einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2012 beendet wurde und sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 188.789,00 erhielt.
Seit dem 01.10.2011 übte die Klägerin eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberaterin und Coach im Umfang von zehn Stunden wöchentlich aus.
Am 07.10.2011 meldete sich die Klägerin arbeitsuchend. Auf ihren Antrag vom 01.03.2012 bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2012 in Höhe von monatlich EUR 1.946,70 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. In der Folgezeit bezog die Klägerin Arbeitslosengeld bis zum 31.07.2012.
Am 19.03.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Darin gab sie an, sie werde am 01.08.2012 eine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Unternehmensberaterin und Coach aufnehmen. Hierzu legte sie eine kurze Erläuterung ihres Existenzgründungsvorhabens, einen Lebenslauf einschließlich Zeugnisse und Befähigungsnachweise, einen Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan sowie eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau vor, auf die Bezug genommen wird. In der Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 04.05.2012 wird ausgeführt, die Voraussetzungen für das Existenzgründungsvorhaben seien in fachlicher und branchenspezifischer Hinsicht sowie in kaufmännischer und unternehmerischer Hinsicht gegeben. Das Leistungsangebot scheine - auch in absehbarer Zeit - konkurrenzfähig. Der Existenzgründer schätze die voraussichtlichen Umsätze, die voraussichtlichen Betriebsergebnisse vor Steuern und den voraussichtlichen Kapitalbedarf realistisch ein. Das zu erwartende Einkommen könne dem Existenzgründer voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten. An der Selbständigkeit bestünden keine Zweifel. Mit dem Vorhaben scheine der Aufbau einer tragfähigen Existenzgründung insgesamt realisierbar. Mit Veränderungsmitteilung vom 19.07.2012, bei der Beklagten am 23.07.2012 eingegangen, teilte die Klägerin mit, sie nehme ab 01.08.2012 eine Tätigkeit als Unternehmensberaterin in einem wöchentlichen Umfang von 15 Stunden und mehr auf.
In einer internen Stellungnahme der Beklagten wurde ausgeführt, die Klägerin sei seit 01.04.2012 arbeitslos gemeldet und seit 29.11.2011 arbeitsuchend. Sie habe seit Mai 2010 laut eigener Liste 28 Bewerbungen unternommen. Bereits im November sei ihr klar gewesen, dass sie auf dem klassischen Arbeitsmarkt nicht so leicht eine Arbeit finden werde. Die Agentur habe ihr insgesamt sechs Stellen vorgeschlagen. Vermittlungsvorrang bestehe keiner. Seit Oktober übe sie ihre selbständige Tätigkeit im Nebenerwerb aus. Einen Gewinn habe sie allerdings bisher nicht erwirtschaften können. Tragfähigkeit sei gegeben, die Bewilligung sei zu befürworten.
Nach einer erneuten Prüfung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2012 den Antrag ab mit der Begründung, aufgrund ausreichender Eigenleistungsfähigkeit bestehe keine Fördernotwendigkeit. Der Klägerin stehe aus ihrem letzten Beschäftigungsverhältnis eine Abfindung in Höhe von brutto EUR 188.789 zur Verfügung. Der Gründungszuschuss hätte fiktiv ca. EUR 13.480,20 betragen und läge somit unter der der Klägerin zur Verfügung stehenden Summe aus der Abfindung. Daher könne sie den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung selbst sicherstellen. Im Ergebnis einer im Rahmen der Ermessensausübung sorgfältigen Abwägung der unterschiedlichen Gesichtspunkte müssten vorliegend die persönlichen Interessen der Klägerin gegenüber denen der Beitragszahler zurücktreten.
Hiergegen legte die Klägerin am 07.09.2012 Widerspruch ein mit der Begründung, die Eigenleistungsfähigkeit der antragstellenden Person oder das Verschulden an der Arbeitslosigkeit sei bei der Ermessensentscheidung nicht zu berücksichtigen. Zudem sei bei ihr ein Vermögenszuwachs aus der Abfindung nicht mehr vorhanden. Von dem Bruttobetrag der Abfindung habe sie nach Abzug von Steuern tatsächlich weniger als die Hälfte erhalten. Die tatsächlich zugeflossene Abfindung habe sie zum einen eingesetzt, um einen größeren Betrag in das Familienbudget für das gemeinsame Haus sowie die familiäre Altersversorgung einzuzahlen. Zum anderen habe sie das Geld benötigt, um sich ein Fahrzeug zu leasen und die Anzahlung (etwa EUR 10.000,00 netto) hierfür zu leisten sowie die in der Anfangszeit sehr hohen Kosten (insbesondere für Akquise- und Marketingaktivitäten) sowie Weiterbildungsmaßnahmen ohne Kreditaufnahme zu decken.
Im Aktenvermerk des Beklagten vom 23.10.2012 wird ausgeführt, nach Angaben der Klägerin habe die Abfindung netto unter EUR 100.000,00 gelegen, genaue Angaben lägen nicht vor. Hiervon habe sie - ohne konkrete Nachweise - EUR 26.000,00 zum Aufbau und für Investitionen in die Selbstständigkeit ausgegeben. Damit stünden noch EUR 64.000,00 für den Lebensunterhalt zur Verfügung, so dass damit der Förderungszeitraum Phase 1 des Gründungszuschusses von maximal sechs Monaten mit eigenen Mitteln überbrückt werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin verfüge über einen Betrag in Höhe von etwa EUR 50.000,00 aus einer Abfindung ihres früheren Arbeitgebers. Der Gründungszuschuss hätte etwa EUR 12.000,00 betragen und läge somit unter dem Betrag, welcher der Klägerin zur Verfügung stehe. Daher könne sie den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung selbst sicherstellen. Das persönliche Interesse der Klägerin an einer Förderung müsse nach alledem hinter den Interessen der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel zurückstehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2012 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) unter Wiederholung ihres Vorbringens im Widerspruchsverfahren erhoben. Sie hat eine Auflistung der ihr vom 01.10.2011 bis 31.12.2012 in Ausübung der selbständigen Tätigkeit entstandenen Kosten vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass eine Förderung nur dann erfolgen könne, wenn sie zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung erforderlich sei. Dies habe auch in den ermessenslenkenden Weisungen seinen Niederschlag gefunden.
Mit Urteil vom 26.09.2013 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2012 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gründungszuschuss vom 19.03.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es unter Angabe der maßgeblichen Normen ausgeführt, die Beklagte habe bei der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung fehlerhafte Ermessenserwägungen angestellt. Es sei ermessensfehlerhaft, den Antrag auf Förderung mittels Gründungszuschuss aufgrund vorhandener Eigenleistungsfähigkeit wegen der erhaltenen Abfindung abzulehnen. Grundsätzlich sei es möglich, im Rahmen des Ermessens eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen, allerdings nur dann, wenn aus der selbständigen Tätigkeit selbst von Anfang an voraussichtlich derartige Gewinne erwirtschaftet würden, dass die Förderung mittels Gründungszuschuss nicht notwendig sei, um die Gründungsphase zu überbrücken. Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift, mit dem Zuschuss die wirtschaftlich in der Regel schwierige Anfangszeit einer Gründung zu überbrücken. Sei diese Phase im Einzelfall nicht wirtschaftlich schwierig, könne der Gründungszuschuss seinen Zweck nicht erfüllen und sei zur Gründung nicht notwendig. Es sei jedoch ermessensfehlerhaft, Vermögensmittel oder Einkünfte, die nicht aus der streitgegenständlichen selbständigen Tätigkeit resultierten, mit einzubeziehen. Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) stelle im Gegensatz zum Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) grundsätzlich nicht auf die Eigenleistungsfähigkeit ab. Bei den Leistungen der Beklagten handle es sich um Versicherungsleistungen, bei denen nicht auf den Verbrauch vorhandener eigener Mittel - mit Ausnahme der Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit - verwiesen werden könne. Da keine Ermessensreduzierung auf Null vorliege komme nicht die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung des Gründungszuschusses, sondern allein die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Betracht.
Gegen das am 14.10.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, aus der Abfindung hätten der Klägerin - auch nach Abzug der Aufwendungen für ihre selbständige Tätigkeit - noch ausreichend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden, so dass Eigenleistungsfähigkeit vorgelegen habe. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 93 Abs. 1 SGB III könne der Gründungszuschuss nur bewilligt werden, wenn der Lebensunterhalt ansonsten nicht sichergestellt wäre. Kriterien für die Ermessensentscheidung enthalte § 93 SGB III nicht. Der Wortlaut schließe es nicht aus, im Rahmen des eingeräumten Ermessens von der Sicherstellung des Lebensunterhalts im weiteren Sinne auszugehen. Es sei deshalb nicht ermessensfehlerhaft, in die Ermessenserwägungen - ausgehend vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß § 69 Abs. 2 i.V.m. § 71b Abs. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) - die Eigenleistungsfähigkeit als Kriterium für eine Förderung heranzuziehen. Dies entspreche auch den ermessenslenkenden Weisungen zum Gründungszuschuss, wonach eine Förderung nicht in Betracht komme, wenn der Lebensunterhalt durch Gehaltszahlungen, Abfindungen oder eigenes Vermögen sichergestellt sei. Diese Überlegung orientiere sich auch daran, dass für den Gründungszuschuss nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung stünden und nicht alle Antragsteller eine Förderung erhalten könnten. Auch bestehe kein sachlicher Grund, die eigene Leistungsfähigkeit allein anhand der Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit zu beurteilen. Diese Auslegung entspreche schließlich auch dem Sinn und Zweck des § 93 SGB III. Der Gründungszuschuss solle die finanzielle Hürde, die einer Existenzgründung entgegenstehen könne, herabsetzen. Bei ausreichenden anderweitigen Mitteln - woher auch immer - bestehe keine finanzielle Hürde. Mit der vollständigen Umwandlung des Gründungszuschusses in eine Ermessensleistung habe der Gesetzgeber auch eine höhere Flexibilität der Beklagten bei der Förderung von Gründungen erreichen wollen. Wenn die Beklagte nicht die Möglichkeit habe, dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu entsprechen und Ermessenskriterien bezüglich der Eigenleistungsfähigkeit festzulegen, bestünde diese höhere Flexibilität gerade nicht und die Intention des Gesetzgebers ginge ins Leere.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Bei der geltend gemachten Leistung handelt es sich um eine Ermessensleistung. Da die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegen, hat das SG die Beklagte zutreffend entsprechend § 131 Abs. 3 SGG durch Bescheidungsurteil zur erneuten Entscheidung über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt.
Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Gründungszuschusses ist § 93 Abs. 1 SGB III in der ab 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854). Danach können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein Gründungszuschuss geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer
1. bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 beruht, 2. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 3. ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.
Die in § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses sind bei der Klägerin erfüllt. Sie hatte bei Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit am 01.08.2012 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III von mehr als 150 Tagen. Die Tragfähigkeit der Existenzgründung ist nachgewiesen und die entsprechende Sachkenntnis der Klägerin dargelegt.
Die Beklagte hat bei der Entscheidung über den Antrag der Klägerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem sie maßgeblich darauf abgestellt hat, die Klägerin könne ihren Lebensunterhalt und die soziale Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung aus Mitteln der Abfindung selbst sicherstellen.
Gemäß § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) haben Leistungsträger ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten, wenn sie ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I besteht auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens ein Anspruch. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ist, soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des Öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Ob das Ermessen richtig ausgeübt worden ist, kann vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden. Das Gericht darf sein Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen, es darf vielmehr nur prüfen, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Der gerichtlichen Überprüfung obliegt demnach, ob ein Ermessensfehler vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen keinen Gebrauch macht und irrtümlich von einer gebundenen Entscheidung ausgeht (Ermessensunterschreitung), wenn sie eine Rechtsfolge wählt, die in der Ermächtigungsgrundlage nicht vorgesehen ist (Ermessensüberschreitung) oder wenn sie sich bei ihrer Entscheidung nicht ausschließlich vom Zweck der Ermessensvorschrift leiten lässt, sondern sich auf sachfremde Erwägungen stützt (Ermessensfehlgebrauch) (BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R - juris Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 114 Rn. 7ff.).
Ein solcher Ermessensfehlgebrauch ist vorliegend gegeben, indem die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses unter Verweis auf die vorhandene Eigenleistungsfähigkeit wegen der erhaltenen Abfindung abgelehnt hat.
Grundsätzlich ist es zwar zulässig, im Rahmen der nach § 93 SGB III zu treffenden Ermessensentscheidung eine vorhandene Eigenleistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Eigenleistungsfähigkeit darauf beruht, dass aus der selbständigen Tätigkeit selbst von Anfang an voraussichtlich ausreichend Gewinne bzw. Einkünfte erwirtschaftet werden, um den Lebensunterhalt und die soziale Absicherung sicherzustellen, so dass eine Förderung mittels Gründungszuschuss nicht erforderlich ist, um die Gründungsphase zu überbrücken.
Unzulässig ist es dagegen, im Rahmen der Ermessenserwägungen auf sonstiges Vermögen des Antragstellers abzustellen. Maßgeblich hierfür ist, dass es sich bei dem Gründungszuschuss um eine Versicherungsleistung nach dem SGB III handelt, bei der, anders als bei Leistungen nach dem SGB II, die sonstige Vermögenslage des Antragstellers unberücksichtigt bleibt (vgl. Link in Eicher/Schlegel, SGB III Stand Oktober 2013, § 93 Rn. 137). Für eine Qualifizierung des Gründungszuschusses als Versicherungsleistung, die grundsätzlich bedürftigkeitsunabhängig erbracht wird, spricht, dass er einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 150 Tagen voraussetzt und dieses ebenfalls nicht einkommens- bzw. vermögensabhängig ist (Kuhnke in jurisPK-SGB III, § 93 Rn. 36). Für eine Parallelwertung mit der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld spricht zudem die Regelung in § 93 Abs. 3 SGB III, wonach der Gründungszuschuss nicht geleistet wird, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 SGB III vorliegen oder vorgelegen hätten. In § 156 SGB III ist das Ruhen des Anspruchs bei anderen Sozialleistungen, in § 157 SGB III das Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung und in § 158 SGB III das Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung geregelt. Nach Auffassung des Senats kann hieraus geschlossen werden, dass Einkünfte aus einer früheren Tätigkeit bzw. Abfindungen nur so lange angerechnet werden sollen, wie sie auch zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldes geführt hätten. Weiter bestimmt § 148 Abs. 1 Nr. 8 SGB III, dass sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert um die Anzahl von Tagen, für die ein Gründungszuschuss in der Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes geleistet worden ist. Auch dies spricht für eine Parallelwertung mit dem Arbeitslosengeld.
Eine Befugnis zur Berücksichtigung der allgemeinen Vermögenslage des Antragstellers bei der Ermessensausübung kann auch der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 17/6277 S. 86) nicht entnommen werden. Darin wird ausgeführt, ob im Einzelfall ein Gründungszuschuss gewährt werde, liege künftig im Ermessen des Vermittlers. Jenseits der Beurteilung der Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts sei durch den Vermittler die persönliche Eignung der Gründerin oder des Gründers einzuschätzen. Als ermessensleitende Gesichtspunkte werden darin somit lediglich die Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts und die persönliche Eignung, nicht jedoch dessen allgemeine Vermögenslage angeführt.
Soweit in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt wird, Ziele der zweiten Förderphase seien die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer, kann hieraus allenfalls geschlossen werden, dass für die - vorliegend nicht streitgegenständliche - zweite Förderphase ab dem 7. Monat (§ 94 Abs. 2 SGB III) bei der Ermessensausübung auf die soziale Absicherung bzw. die allgemeine Vermögenslage des Gründers abgestellt werden kann.
Weiter ist es grundsätzlich zwar zutreffend, dass die Beklagte bei ihrem Ermessen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen hat. Nach § 69 Abs. 2 SGB IV hat der Versicherungsträger bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sicherzustellen, dass er die ihm obliegenden Aufgaben unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen kann. Nach § 71b Abs. 4 SGB IV sind die zugewiesenen Mittel so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist. Danach ist es jedoch nur geboten, dass die Inanspruchnahme auch von Ermessensleistungen durch den begünstigten Personenkreis ständig möglich sein muss und eine Mittelvergabe nach dem "Windhundprinzip", wonach die Vergabe bis zur Erschöpfung der Mittel allein nach dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt, nicht sachgerecht ist (Borrmann in Hauck/Noftz, SGB IV, § 71 b Rn. 11). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Ermessens die allgemeine Vermögenslage des Antragstellers berücksichtigen dürfte. Denn wenn diese keine zulässige Ermessenserwägung darstellt ist sie auch nicht geeignet, bei einer zeitlichen Streuung der Förderung über das gesamte Haushaltsjahr als Kriterium herangezogen zu werden.
Die Vorschrift des § 71 b Abs. 4 SGB IV war auf Grund der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die diese Forderungen an die Bewirtschaftung der Mittel aufgestellt hatte, zum 01.01.1994 in das Gesetz aufgenommen worden. Das BSG hatte entschieden (BSG, Urt. v. 25.10.1990 - 7 RAr 7/90 - juris Rn. 32f.), lasse das sachliche Recht der Verwaltung Spielräume und würden die Maßstäbe des sachlichen Rechts beachtet, könne mithin bei Förderprogrammen nicht beanstandet werden, wenn die Verwaltung mit Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Mittel nicht jedem Antragsteller, der die gesetzlichen oder sonstigen Mindestvoraussetzungen erfülle, die Förderung zukommen lasse, sondern nach sachgerechten Kriterien den Zugang erschwere und/oder bei der Höhe der Leistung differenziere. Das BSG hat weiter ausgeführt, ob eine Ermessenserwägung dem Zwecke der Ermächtigung entspreche, sei grundsätzlich nicht nach Belangen des Haushaltsrechts, sondern nach Maßgabe des sachlichen Rechts zu beurteilen. Durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollen demnach keine neuen Ermessenskriterien eingeführt werden, sondern allein eine einheitliche, ggf. restriktive Handhabung der statthaften Ermessensgesichtspunkte gewährleistet werden.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass in den ermessenslenkenden Weisungen Gründungszuschuss (Stand 21.12.2011) unter Ziff. 2.2 bzw. den Geschäftsanweisungen Gründungszuschuss (Stand 01.05.2013) der Beklagten unter Nr. 93.04 zwar bezüglich der Ausübung des Ermessens ausgeführt wird, die Förderung der Existenzgründung mit Gründungszuschuss sei in der Regel nicht möglich bei Eigenleistungsfähigkeit (anderweitige Sicherstellung des Lebensunterhalts). Als Regelbeispiele werden aufgeführt, dass von einer angemessenen Eigenleistungsfähigkeit in der Regel dann auszugehen sei, wenn ab Beginn der Selbstständigkeit hieraus ein verfügbares Einkommen erwartet werde, welches die gleiche Höhe des individuellen Arbeitslosengeldes (= Gründungszuschuss) plus EUR 300,00 erreicht oder überschreitet. Bei einer Betriebsübernahme oder der Umwandlung einer nebenberuflichen in eine hauptberufliche Tätigkeit sei Eigenleistungsfähigkeit anhand des Vordrucks "Begründung für die Förderung" kritisch zu prüfen. Eine Einzelfallprüfung habe stets zu erfolgen, wenn offensichtlich kein Gründerrisiko bestehe, z. B. wenn ein nennenswerter Kundenstamm vorhanden sei oder ein etabliertes Produkt am Markt übernommen werde. In diesem Zusammenhang bestehe jedoch kein genereller Ausschluss von bestimmten Vorhaben oder Branchen. Diesen Konstellationen ist gemeinsam, dass der Lebensunterhalt bereits ab Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit aus den daraus erzielten Einnahmen bzw. Gewinnen bestritten werden kann. Bezüglich des hier streitigen Einsatzes sonstigen Vermögens führen die Weisungen aus: "Hat der Antragsteller offensichtlich Vermögen oder eine Abfindung erhalten, so muss dieser darlegen, warum er dieses Geld nicht für die "Anschubfinanzierung" seiner Selbstständigkeit verwenden kann". Die ermessenslenkenden Weisungen der Beklagten gehen danach selbst davon aus, dass vorhandenes sonstiges Vermögen des Antragstellers nicht zwingend einen Ausschluss der Förderung nach sich zieht. Sie sind im Übrigen auch insoweit unpräzise, als sie nicht die Prüfung vorschreiben, ob vorhandenes Vermögen zur Finanzierung des Lebensunterhalts ausreichend ist, sondern insgesamt die mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit entstehenden Kosten abdecken. Hierfür ist der Gründungszuschuss jedoch nicht gedacht. Unter "Anschubfinanzierung" der selbständigen Tätigkeit sind alle Kosten zu fassen, die mit der Aufnahme der jeweiligen Tätigkeit verbunden sind. Der Gründungszuschuss soll jedoch lediglich den Lebensunterhalt und die soziale Sicherung sichern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Klägerin ist zwar selbständig, maßgeblich ist jedoch, dass sie die Bewilligung von Sozialleistungen im Sinne der §§ 11, 19 Abs. 1 Nr. 3 d) SGB I (Leistungen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) geltend macht und damit zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis der Leistungsempfänger zählt.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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