Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 305/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 53/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass die Klägerin als konservativ und operativ tätige Augenärztin berechtigt ist, die GOP 06225 EBM entgegen der laufenden Nr. 6 in der Präambel 6.1 des EBM auch dann abzurechnen, wenn sie eine der folgenden Leistungen erbracht und berechnet hat: 31101 bis 31108, 31321 bis 31328, 31331 bis 31338, 31350, 31351, 31362 sowie 31801, 36101 bis 36108, 36321 bis 36328, 36331 bis 36338, 36350, 36351 und 36801, oder sie Leistungen der intravitrealen Injektion oder der operativen intraokularen Medikamenteneinbringung im Rahmen der Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V oder im Rahmen von regionalen Vereinbarungen oder im Rahmen anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen erbracht und berechnet hat.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Feststellungsklage ist die Abrechnungsfähigkeit der Ziff. 06225 (EBM 2000 plus; im folgenden ohne Zusatz), die zum 01.01.2012 eingeführt wurde.
Die Klägerin ist als Augenärztin zugelassen und behandelt nach ihren Angaben pro Quartal zwischen 2.200 und 2.400 Patienten schwerpunktmäßig konservativ. Zu einem geringen Anteil ist sie aber auch operativ tätig (60-80 Patienten pro Quartal; in der Hauptsache Kateraktoperationen). Als durchschnittliches Honorar pro Quartal werden von der Klägerseite 100.000 EUR angegeben, wovon 35.000 EUR auf Operationen entfielen. Allgemein wurde ausgeführt, operative Methoden nähmen in der Augenheilkunde immer mehr zu. Nach der Weiterbildungsordnung (WBO) gebe es auf dem Gebiet der Augenheilkunde nicht wie in anderen Fachgebieten Subspezialisierungen, Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen, weshalb sich dieses Fachgebiet durch große Homo-genität auszeichne.
Der Bewertungsausschuss habe in seiner 262. Sitzung am 31.08.2011 die Präambel 6.1. Nr. 6 im EBM neu gefasst. Während es zu einer Absenkung der Punktzahlen bei den augenärztlichen Grundpauschalen ( Ziff. 06210-06212 EBM) gekommen sei, sei zusätzlich die Ziff. 06225 eingefügt worden.
Die Feststellungsklage nach § 55 SGG sei auch zulässig. Für das Feststellungsinteresse spreche, dass die genannte Abrechnungsposition ab 01.01.2012 unbefristete Zeit gelte. Die Klägerin habe ein Interesse daran, zu wissen, ob die Leistung abrechenbar sei, bevor sie die Leistung erbringe und abrechne. Ihr sei nicht zuzumuten, Quartal für Quartal eine Vielzahl von Streitigkeiten zu führen (BSG, Urteil vom 22.07.2004, B 3 KR 12/04 R; LSG Hessen, Urteil vom 02.02.2011, Az L 11 KA 36/09; BSG, Urteil vom 03.02.2010, Az B 6 KA 31/08 R). Durch die Änderungen der augenärztlichen Grundpauschalen und die Einfü-gung der Ziff. 06225 würden der Klägerin je Quartal 24.000 EUR nicht vergütet, die sie mit Einstellung der operativen Tätigkeit erhalten würde. Insofern bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Es gehe auch nicht um die Gültigkeit des EBM beziehungsweise der Gebührenordnungsposition 06225, sondern um die konkrete Anwendbarkeit auf die Klägerin.
Die Klage sei auch begründet. Denn die Änderungen hätten auch eine unzulässige Steuerungswirkung. Im Ergebnis werde für den Augenarzt eine Prämie bezahlt, damit dieser es unterlasse, operativ tätig zu werden. Darüber hinaus werde mit der Ziff. 06225 nur eine inhaltlich ärztliche Leistung - hier Arzt-Patienten-Kontakt - honoriert, die bereits Leistungsinhalt der Grundpauschalen ( Ziff. 06210-06212 EBM) sei. Dies stelle einen Verstoß gegen § 87 Abs. 2 SGB V und Art. 3 Grundgesetz dar. Hinzu komme, dass das verfolgte Steuerungsziel im Wertungssystem des SGB V keine Anerkennung verdiene. Wie sich aus der Weiterbildungsordnung (WBO) ergebe, sei das Fachgebiet Augenheilkunde nicht weiter aufgeteilt. Operationen gehörten zu den Kernleistungen in der Augenheilkunde. Die Steuerung sei deshalb unzulässig, weil auf das Verhalten des Arztes eingewirkt werden solle, dies den Anspruch des Versicherten auf eine dem modernen medizinischen Standard entsprechende Behandlung und auch die gleichgerichtete ärztliche Berufsausübung (Art. 12 GG) beeinträchtige. Im Übrigen werde das angegebene Steuerungsziel nicht erreicht. Die Klägerin sei nämlich nicht vergleichbar mit sog. "Großoperateuren". Der Umstand, dass die Klägerin in der Hauptsache konservativ tätig sei, führe dazu, dass sie für keinen der konservativ behandelten Fälle den Zuschlag nach Ziff. 06225 erhalte. Anders wäre es nur, wenn die Strukturpauschale fallbezogen zur Anwendung komme. Die Differenzierung in der Leistungsbewertung "Arzt-Patienten-Kontakt" innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte sei unzulässig und verletze Art. 3 Grundgesetz (GG). Zudem rechtfertigten honorarpolitische Überlegungen nicht die vorgenommenen Statuseingriffe.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Feststellungsklage sei unzulässig. Denn es bestehe kein Feststellungsinteresse. Außerdem sei die Subsidiarität der Feststellungsklage zu beachten. Entgegen der Darstellung der Klägerseite gehe es nicht um die Anwendbarkeit der Gebührenordnungsposition auf die Klägerin, sondern um die Gültigkeit des EBM. Was das Argument der Klägerin betreffe, es sei ihr unzumutbar, Quartal für Quartal Widerspruch einzulegen, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits im Quartal 1/2012 entgegen dem Wortlaut der Ziff. 06225 diese in ihrer Abrechnung angesetzt und nach erfolgter sachlich - rechnerischer Richtigstellung Widerspruch dagegen eingelegt habe. Außerdem sei die Klage als unbegründet anzusehen. Der Wortlaut der Abrechnungspositionen sei eindeutig. Daran sei die Beklagte gebunden. Außerdem besitze der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum.
Zum Verfahren wurde auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beigeladen. Diese führte aus, bei der Ziff. 06225 handle es sich um eine Strukturpauschale, die aus Sicherstellungsgründen erforderlich gewesen sei. Diese stelle eine neue Bewertungsform dar, die an die Grundpauschalen anknüpfe und diese für rein konservativ ausgerichtete Augenärzte erhöhe. Die Differenzierung zwischen konservativ tätigen Augenärzten und operativ tätigen Augenärzten sei im Hinblick auf die Honorarentwicklung notwendig gewesen. Nachdem konservativ ausgerichtete Augenärzte ihre Praxis nicht mehr wirtschaftlich betreiben konnten, habe der Zuschlag die wirtschaftliche Existenz rein konservativ tätiger Augenärzte gestärkt. Zu dieser Änderung sei der Bewertungsausschuss im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums befugt gewesen. Die Grenze des Gestaltungsspielraums sei das Willkürverbot, das durch die Regelung nicht überschritten werde. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 23.03.2005, Az B 6 KA 55/03 R) ausgeführt habe, dürfe der EBM auch steuernd eingreifen. Ferner werde das einheitliche Berufsbild des Augenarztes im Sinne der Weiterbildungsordnung durch die Einfügung der Ziff. 06225 nicht in Frage gestellt. Abschließend wies die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung darauf hin, unter dem Aspekt der Anfangs-Erprobungsregelung sei die Differenzierung ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Auffassung des Beklagten und der beigeladenen KBV schloss sich der GKV-Spitzenverband als Beigeladener zu 1 an.
In der mündlichen Verhandlung am 05.02.2014 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22.03.2012.
Die Beklagtenvertreter beantragten, die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsnieder-schrift vom 05.02.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zum Sozialgericht München eingelegte Feststellungsklage nach § 55 SGG ist zulässig und erweist sich auch als begründet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen liegen die Sachurteilsvoraussetzungen vor. Das Begehren der Klägerin ist darauf gerichtet, zu klären, ob sie berechtigt ist, die Ziff. 06225 abzurechnen. Damit geht es um die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Soweit die Beklagte vorträgt, das Begehren der Klägerin ziele lediglich auf die Klärung der Gültigkeit des EBM ab, so trifft das nicht zu. Wäre dies der Fall, dann wäre die Feststellungsklage unzulässig, da das Sozialgerichtsgesetz anders als die Verwaltungsgerichtsordnung eine abstrakte Normenkontrolle nicht vorsieht. Die Klägerin strebt hier die Klärung der Frage an, ob sie die Ziff. 06225 abrechnen darf. Somit handelt es sich nicht um eine Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm, sondern um die Klärung von Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten.
Erforderlich ist aber ein Feststellungsinteresse und, dass die Klägerin ihre Rechte nicht im Wege einer Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage; BSG, Urteil vom 22.07.2004, Az B 3 KR 12/04 R). Die Subsidiarität der Feststellungsklage allgemein rührt daher, dass Gerichte nicht mehrfach befasst werden sollen, was dann der Fall wäre, wenn sich der Beklagte nicht an ein ergangenes Feststellungsurteil hielte und deshalb um weiteren Rechtsschutz (Erlass eines vollstreckbaren Leistungsurteils) nachgesucht werden muss. Allerdings ist bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Beklagte davon auszugehen, dass diese aufgrund deren Bindung an Gesetz und Recht auch einen Feststellungsausspruch befolgen, ohne dass es eines Titels aus einem Leistungsurteil bedarf. Insofern spielt der Subsidiaritätsgedanke hier nicht die Rolle wie in einem Rechtsverhältnis zwischen Privatpersonen.
In einer Entscheidung (BSG, Urteil vom 20.03.1996, Az 6 RKa 51/95) führte das Bundessozialgericht aus, das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfalle mit Erlass des Kürzungsbescheides und dessen Anfechtung. Zwar sei das streitige Rechtsverhältnis nur für den betroffenen Abrechnungszeitraum rechtskräftig geklärt, jedoch gebe es keinen Anhalt dafür, dass die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts sich nicht daran halten werde.
Es stellt sich aber die Frage, ob diese Rechtsauffassung angesichts nachgehen-der Entscheidungen, vor allem angesichts der Entscheidung vom 22.07.2004 (BSG, Az B 3 KR 12/04 R) und der darin enthaltenen Rechtsgedanken zum Hin-tergrund der Subsidiarität aufrechterhalten werden kann. Subsidiaritätsüberlegungen lassen sich dann anstellen, wenn das Anfechtungs -und Leistungsbegehren verfahrensmäßig einen fortgeschrittenen Stand erreicht hat, wenn also bereits Anfechtungs/Leistungsklage eingelegt wurde (BSG, Urteil vom 25.04.1984, 8 RK 30/83) beziehungsweise ein gerichtliches Verfahren unmittelbar bevorsteht. Dann besteht nach Auffassung des Gerichts kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG.
Nach den Angaben der Beklagten hat die Klägerin im Quartal 1/2012 die Ziff. 06225 in Ansatz gebracht. Gegen den Bescheid über sachlich -und rechnerische Richtigstellung wurde seitens der Klägerin Widerspruch eingelegt. Ob sich der Sachverhalt in den Folgequartalen genauso darstellt, ist nicht bekannt. Das Gericht geht davon aus, dass die Beklagte im Bewusstsein um die erhobene und beim Sozialgericht München anhängige Feststellungsklage die Entscheidung über den Widerspruch zurückgestellt hat. Das Anfechtungs -und Leistungsbegehren hat somit den erforderlichen verfahrensmäßig fortgeschrittenen Stand noch nicht erreicht, um zur Subsidiarität der Feststellungsklage zu führen. Wenn sich die Beklagte in dieser Situation auf die Subsidiarität der Feststellungsklage beruft, so handelt sie widersprüchlich. Hinzu kommt, dass der Klägerin nicht zugemutet werden kann, Quartal für Quartal zunächst Widerspruch und dann Anfechtungs- und Verpflichtungsklage einzulegen. Dies folgt bereits aus der allgemeinen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, aber auch aus der Überlegung, dass weitere Verfahren sowohl im Widerspruchsverfahren, als auch im Klageverfahren kostenpflichtig sind.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klägerin als konservativ und operativ tätige Augenärzten berechtigt ist, entgegen der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM (262. Sitzung des Bewertungsausschuss am 31.8.2011) und entgegen dem Wortlaut der Gebührenordnungsposition die Ziff. 06225 abzurechnen. Die Regelungen verstoßen gegen § 87 SGB V und Art. 3 GG.
Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte steht dem Bewertungsausschuss hinsichtlich der Festsetzung abrechnungsfähiger Leistungen und deren Bewertung ein weiter Gestaltungs -und Regelungsspielraum zu. Im Hinblick auf die personelle Besetzung des Bewertungsausschusses (Vertreter von Kassenärzten und Vertreter von Krankenkassen) ist davon auszugehen, dass eine sachgerechte Abgrenzung und Bewertung der Leistungen erreicht wird (BSG, Urteil vom 19.08.1992, SozR- 3 2500 § 87 Nr. 5). Der Bewertungsausschuss als Normgeber ist auch zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung befugt ( BSG, Urteil vom 28.01.2009 , Az B 6 KA 50/07 R). Deshalb ist es nicht Aufgabe der Gerichte, " mit punktuellen Entscheidungen zu einzelnen Gebührenordnungspositionen in ein angemessenes, als ausgewogen zu unterstellendes Tarifgefüge einzugreifen und dessen Funktionalität in Frage zu stellen" (BSG, Urteil vom 07.09.1996, SozR – 3 5533 Nr. 736 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet insbesondere, dass die Gerichte nicht befugt sind, zusätzliche Gebührenordnungspositionen zu schaffen, Leistungsinhalte abzuändern und die punktzahlenmäßige Bewertung von Leistungen zu beanstanden beziehungsweise zu korrigieren.
Die Grenze ist dort anzunehmen, wo ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, wenn also die Regelung nicht sachgerecht ist (BSG, Ur-teil vom 28.01.2009 , Az B 6 KA 50/07 R). Dieser ist erst dann gegeben, wenn die Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, dass ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BVerfG, Entscheidung vom 16.03.1982, BVerfGE 60,113,119). Die Regelung muss aber nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung darstellen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.02.1998, Az L 5 Ka 30/97).
Die Präambel 6.1 Nr. 6 EBM lautet wie folgt:
"Die Gebührenordnungsposition 06225 kann nur in den Behandlungsfällen berechnet werden, in denen die augenärztliche Behandlung ausschließlich durch (einen) konservativ/e tätige(n) Augenarzt/-ärzte erfolgt ist. Ein Augenarzt ist konservativ tätig: - sofern der Augenarzt in dem Quartal keine der folgenden Leistungen er-bracht und berechnet hat: 31101 bis 31108, - sofern der Augenarzt in dem Quartal keine Leistung(en) erbracht und berechnet hat, die auf regionaler Ebene den o.g. Leistungen entsprechen oder in regional vereinbarten Pauschalen enthalten sind, - sofern der Augenarzt keine Leistung(en) der intravitrealen Injektion und/oder der operativen intraokularen Medika-menteneinbringung in dem Quartal im Rahmen der Kostenerstattung ge-mäß § 13 Abs. 3 SGB V und/oder im Rahmen von regionalen Vereinbarungen und/oder im Rahmen anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen erbracht und berechnet hat "
Der obligate Leistungsinhalt der Ziff. 06225 wird wie folgt beschrieben:
Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt, einmal im Behandlungsfall 315 Punkte"
Die Grundpauschalen/Ordinationsgebühren sind in den Gebührensordnungspositionen 06210, 06211 und 06212 enthalten. Sie haben denselben Leistungsinhalt, nämlich den persönlichen "Arzt-Patienten-Kontakt", sind jedoch je nach Alter der Patienten unterschiedlich bewertet und wurden im Zuge der Einführung der Ziff. 06225 durch Beschluss des Bewertungsausschusses zum 1.1.2012 abgesenkt (06210: 435 Punkte vorher 465 Punkte; 06211: 360 Punkte vorher 405 Punkte; 06212: 425 Punkte vorher 465). Nach der Protokollnotiz zum Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 262. Sitzung ist Ziel der Maßnahmen im Bereich der Augenheilkunde die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Versicherten sowohl der konservativ als auch durch operativ tätige Augenärzte - die Stärkung der konservativ tätigen Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung. Des Weiteren wird ausgeführt: "Dies erfolgt im Rahmen einer Umverteilung von Mitteln innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte. Die aktuelle Vergütungssituation der konservativ tätigen Augenärzte soll ab 1. Januar 2012 durch Einführung eines Zuschlags zur Grundpauschale spürbar verbessert werden. Nach Inkrafttreten dieser Maßnahme sind zur Gewährleistung der Zielerreichung in halbjährlichen Abständen durch das Institut des Bewertungsausschusses die Umverteilungswirkungen sowie der Zielerreichunggrad:-Stabilisierung der Anzahl konservativ tätigen Ärzte, -Abrufen der freigestellten Mittel zu analysieren ... Die Regelung wird vom Bewertungsausschuss spätestens zum 1. Januar 2015 einer grundsätzlichen Überprüfung auf ihre Wirksamkeit hin unterzogen, um zu entscheiden, ob sie fortgeführt wird."
Zunächst ist festzustellen, dass sich die Beklagte zu Recht auf den Wortlaut der Gebührenordnungspositionen berufen kann, was unter den Beteiligten auch nicht strittig ist. Im Rahmen der Feststellungsklage ist jedoch inzidenter auch zu prüfen, ob der Einheitliche Bewertungsmaßstab in den hier strittigen Gebührenordnungspositionen wirksam ist.
Wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses können die Regelungen des EBM auch Steuerungselement enthalten. Denn der Gestaltungsauftrag des § 87 SGB V schließt die Befugnis ein, "über die Beschreibung und Bewertung der ärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten der Ärzte steuernd zu beeinflussen" ( BSG, Urteil vom 23.02.2005, Az B 6 KA 55/03 R). Die-se sind jedoch an dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) zu messen. Bei dem in der Protokollnotiz zur Einführung der Ziff 06225 genannten Ziel (Stärkung der konservativ tätigen Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung bei gleichzeitiger Umverteilung von Mitteln innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte) handelt es sich vor dem Hintergrund der Einkommenssituation konservativ tätiger Augenärzte um einen sachlichen Grund, der eine Differenzierung innerhalb der Fachgruppe der Augenärzte sogar geboten erscheinen lässt. Eine Regelung auch im EBM mit einer solchen Intention ist deshalb grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.
Während für die Frage des "Ob" ein sachlicher Grund vorliegt, ist die Umsetzung, somit die Frage des "Wie" mit § 87 SGB V und Art. 3 GG nicht zu vereinbaren. Die Regelung geht über den zulässigen Gestaltungsspielraum, die zulässige Generalisierung, die zulässige Pauschalierung, die zulässige Schematisierung und zulässige Typisierung hinaus.
Faktisch gibt es für das Fachgebiet der Augenärzte zwei unterschiedliche Ordina-tionsgebühren, nämlich für die operativ tätigen Ärzte die Ziff. 06210, 06211 und 06212 und für die nicht operativ tätigen Ärzte die Ziff. 06210, 06211 und 06212 zuzüglich der Ziff. 06225. Der Vergleich mit anderen Fachgebieten zeigt, dass der EBM bei diesen lediglich eine Ordinationsgebühr vorsieht; dies, obwohl es in vielen Fachgebieten – anders als bei Augenärzten – Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen nach § 2 WBO gibt, was dort für eine Heterogenität der Leistungen spricht und deshalb unterschiedliche Ordinationsgebühren rechtfertigen könnte. Insofern weicht die von der KBV als "neue Bewertungsform" bezeichnete Einführung der Ziff. 06225 strukturell erheblich von der ansonsten üblichen EBM - Systematik ab. Für eine solch erhebliche Abweichung bedarf es eines besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrundes. Ob sich bereits aus dem Vergleich mit anderen Arztgruppen ein Verstoß gegen § 87 SGB V und Art. 3 GG ergibt, kann allerdings dahinstehen.
Geht man vom Wortlaut der Ziff. 06225 aus, so fällt auf, dass es sich hierbei um einen Zuschlag handelt und der Leistungsinhalt "Arzt-Patienten-Kontakt" mit dem der Ziff. 06210, 06211 und 06212 identisch ist. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 20.01.1999, Az. BSGE 83, 218 = SozR 3 – 2500 § 87 Nr 21) ausführt, ist im Verhältnis der zu verschiedenen Arztgruppen gehörenden Ärzte eine Gleichbehandlung in der Weise zu fordern, dass gleiche Leistungen mit den gleichen Punktzahlen - nicht notwendigerweise mit dem real gleichen Honorar - zu belegen sind. Dies muss erst recht gelten innerhalb einer Arztgruppe. Somit entspricht es nicht dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG und der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wenn der EBM für gleiche Leistungen unterschiedliche Punktzahlen vorsieht. Dagegen lässt sich nicht einwenden, der Leistungsinhalt der Ziff. 06225 unterscheide sich doch von dem der Ziff. 06210, 06211 und 06212 , indem in der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM Ausschlusstatbestände genannt werden. Mit Ziff. 06225 wird letztendlich eine Vergütung dafür gewährt, dass die in der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM genannten Leistungen nicht erbracht werden. Nichtleistungen können aber nicht Inhalt einer Abrechnungsposition sein, wie sich daraus ergibt, dass nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V Leistungen, also positiv erbrachte medizinische Behandlungen im EBM bewertet werden. Dafür sprechen auch die mehrfach im EBM vorkommenden Zuschlagsziffern, so beispielsweise bei den sonographischen Untersuchungen (Zuschlagsziffern 33075,33090,33091,33092). Diesen anderen Zuschlagsziffern ist gemein, dass deren Leistungsinhalt über den Leistungsinhalt der Grundziffern hinausgeht und damit zusätzliche Leistungen vergütet werden. Auch insoweit unterscheidet sich die Zuschlagsziffer 06225 von den übrigen im EBM vorgesehenen Zu-schlagsziffern.
Selbst wenn man die Überlegung aufgreifen würde, im Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses wären unterschiedliche Ordinationsgebühren zulässig, weil bei der Bemessung der Ordinationsgebühren auch andere Leistungen mitberücksichtigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2009, Az B 6 KA 50/07 R; BSG, Urteil vom 08.09.2004, Az B 6 KA 82/03 R), ist der Ausschluss der Klägerin von der Abrechnung der Ziff. 06225 aus einem anderen Grund nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren. Denn die fehlende Differenzierung bei der Ziff. 06225 führt dazu, dass augenärztliche, auch operativ tätige Praxen unabhängig vom operativen Tätigkeitsumfang die Zuschlagsziffer nicht abrechnen können. Damit lässt sich aber das angegebene Ziel der Stärkung konservativ tätiger Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung bei gleichzeitiger Sicherstellung einer flächendeckenden augenärztlichen Versorgung, insbesondere eine sachgerechte Umverteilung innerhalb der Arztgruppe nicht erreichen. Gerade am Beispiel der Klägerin wird deutlich, dass die Regelungen über eine zulässige Pauschalierung und Schematisierung hinausgehen. Die Klägerin erzielt nach ihren Angaben 35.000 EUR pro Quartal für operative Leistungen. Würde sie diese nicht erbringen, hätte sie je Quartal 24.000 EUR allein aus der Zusatzpauschale Ziff. 06225. Unter Berücksichtigung der Kosten für operative Leistungen ist die Klägerin mit ihrem geringen Anteil an operativen Leistungen de facto schlechter gestellt, als wenn sie ausschließlich konservativ augenärztlich tätig wäre. Dies führt zwangsläufig dazu, dass sich einerseits ausschließlich operativ tätige Großpraxen etablieren, die im Hinblick auf den operativen Tätigkeitsumfang und die Vergütung operativer Leistungen nicht auf die Zusatzpauschale angewiesen sind, andererseits ausschließlich konservativ tätige Augenärzte, die ihrerseits die Zusatzpauschale in Ansatz bringen können. Die Regelungen führen somit zu keinen sachgerechten Ergebnissen, vor allem, was die flächendeckende Versorgung betrifft. Dabei ist auch zu beachten, dass die Weiterbildungsordnung (WBO für die Ärzte Bayerns vom 24.04.2004, Abschnitt B, Ziff. 3) als Weiterbildungsin-halt "den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Erkennung, konservativen und operativen Behandlung " vorsieht. Des Weiteren sind als Untersuchungs- und Behandlungsverfahren auch operative Eingriffe definiert. Die "neue Bewertungsform" bewirkt eine Steuerung des Inhalts, dass die zu den Kernleistungen im Fachgebiet Augenheilkunde gehörenden operativen Leistungen von vielen bisher schwerpunktmäßig konservativ tätigen Augenärzten nicht mehr erbracht werden. In diesem Zusammenhang stellt sich konkret die grundsätzlich Frage, ob damit das Ziel des Bewertungsausschusses erreichbar ist. Vor diesem Hintergrund kann ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz nicht ausgeschlossen werden, zumal zulässige Beschränkungen im Interesse des Gemeinwohls nicht ersichtlich sind.
Es ist allerdings nicht Aufgabe des Gerichts, abgesehen davon, dass hierfür eine Befugnis fehlen würde, Lösungen zu benennen, die eine sachgerechte Umsetzung des an sich sachgerechten Zieles darstellen würden. Gleichwohl ist anzumerken, dass beispielsweise eine fallbezogene Strukturpauschale rechtlich nicht zu beanstanden wäre.
Soweit geltend gemacht wird, es handle sich um eine Anfangs-und Erprobungsregelung - nach der Protokollnotiz sollen nach Inkrafttreten dieser Maßnahme zur Gewährleistung der Zielerreichung in halbjährlichen Abständen durch das Institut des Bewertungsausschusses die Umverteilungswirkungen sowie der Zielerreichunggrad analysiert werden - rechtfertigt dies nicht die mit Art. 3 Grundgesetz unvereinbare Regelung. Denn dieser rechtliche Aspekt ist nur dann von Bedeutung, wenn die Regelung von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben übereinstimmt (BSG, Urteil vom 03.02.2010, Az B 6 KA 31/08 R). Dies ist hier, wie oben dargestellt, nicht der Fall.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Feststellungsklage ist die Abrechnungsfähigkeit der Ziff. 06225 (EBM 2000 plus; im folgenden ohne Zusatz), die zum 01.01.2012 eingeführt wurde.
Die Klägerin ist als Augenärztin zugelassen und behandelt nach ihren Angaben pro Quartal zwischen 2.200 und 2.400 Patienten schwerpunktmäßig konservativ. Zu einem geringen Anteil ist sie aber auch operativ tätig (60-80 Patienten pro Quartal; in der Hauptsache Kateraktoperationen). Als durchschnittliches Honorar pro Quartal werden von der Klägerseite 100.000 EUR angegeben, wovon 35.000 EUR auf Operationen entfielen. Allgemein wurde ausgeführt, operative Methoden nähmen in der Augenheilkunde immer mehr zu. Nach der Weiterbildungsordnung (WBO) gebe es auf dem Gebiet der Augenheilkunde nicht wie in anderen Fachgebieten Subspezialisierungen, Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen, weshalb sich dieses Fachgebiet durch große Homo-genität auszeichne.
Der Bewertungsausschuss habe in seiner 262. Sitzung am 31.08.2011 die Präambel 6.1. Nr. 6 im EBM neu gefasst. Während es zu einer Absenkung der Punktzahlen bei den augenärztlichen Grundpauschalen ( Ziff. 06210-06212 EBM) gekommen sei, sei zusätzlich die Ziff. 06225 eingefügt worden.
Die Feststellungsklage nach § 55 SGG sei auch zulässig. Für das Feststellungsinteresse spreche, dass die genannte Abrechnungsposition ab 01.01.2012 unbefristete Zeit gelte. Die Klägerin habe ein Interesse daran, zu wissen, ob die Leistung abrechenbar sei, bevor sie die Leistung erbringe und abrechne. Ihr sei nicht zuzumuten, Quartal für Quartal eine Vielzahl von Streitigkeiten zu führen (BSG, Urteil vom 22.07.2004, B 3 KR 12/04 R; LSG Hessen, Urteil vom 02.02.2011, Az L 11 KA 36/09; BSG, Urteil vom 03.02.2010, Az B 6 KA 31/08 R). Durch die Änderungen der augenärztlichen Grundpauschalen und die Einfü-gung der Ziff. 06225 würden der Klägerin je Quartal 24.000 EUR nicht vergütet, die sie mit Einstellung der operativen Tätigkeit erhalten würde. Insofern bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Es gehe auch nicht um die Gültigkeit des EBM beziehungsweise der Gebührenordnungsposition 06225, sondern um die konkrete Anwendbarkeit auf die Klägerin.
Die Klage sei auch begründet. Denn die Änderungen hätten auch eine unzulässige Steuerungswirkung. Im Ergebnis werde für den Augenarzt eine Prämie bezahlt, damit dieser es unterlasse, operativ tätig zu werden. Darüber hinaus werde mit der Ziff. 06225 nur eine inhaltlich ärztliche Leistung - hier Arzt-Patienten-Kontakt - honoriert, die bereits Leistungsinhalt der Grundpauschalen ( Ziff. 06210-06212 EBM) sei. Dies stelle einen Verstoß gegen § 87 Abs. 2 SGB V und Art. 3 Grundgesetz dar. Hinzu komme, dass das verfolgte Steuerungsziel im Wertungssystem des SGB V keine Anerkennung verdiene. Wie sich aus der Weiterbildungsordnung (WBO) ergebe, sei das Fachgebiet Augenheilkunde nicht weiter aufgeteilt. Operationen gehörten zu den Kernleistungen in der Augenheilkunde. Die Steuerung sei deshalb unzulässig, weil auf das Verhalten des Arztes eingewirkt werden solle, dies den Anspruch des Versicherten auf eine dem modernen medizinischen Standard entsprechende Behandlung und auch die gleichgerichtete ärztliche Berufsausübung (Art. 12 GG) beeinträchtige. Im Übrigen werde das angegebene Steuerungsziel nicht erreicht. Die Klägerin sei nämlich nicht vergleichbar mit sog. "Großoperateuren". Der Umstand, dass die Klägerin in der Hauptsache konservativ tätig sei, führe dazu, dass sie für keinen der konservativ behandelten Fälle den Zuschlag nach Ziff. 06225 erhalte. Anders wäre es nur, wenn die Strukturpauschale fallbezogen zur Anwendung komme. Die Differenzierung in der Leistungsbewertung "Arzt-Patienten-Kontakt" innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte sei unzulässig und verletze Art. 3 Grundgesetz (GG). Zudem rechtfertigten honorarpolitische Überlegungen nicht die vorgenommenen Statuseingriffe.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, die Feststellungsklage sei unzulässig. Denn es bestehe kein Feststellungsinteresse. Außerdem sei die Subsidiarität der Feststellungsklage zu beachten. Entgegen der Darstellung der Klägerseite gehe es nicht um die Anwendbarkeit der Gebührenordnungsposition auf die Klägerin, sondern um die Gültigkeit des EBM. Was das Argument der Klägerin betreffe, es sei ihr unzumutbar, Quartal für Quartal Widerspruch einzulegen, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits im Quartal 1/2012 entgegen dem Wortlaut der Ziff. 06225 diese in ihrer Abrechnung angesetzt und nach erfolgter sachlich - rechnerischer Richtigstellung Widerspruch dagegen eingelegt habe. Außerdem sei die Klage als unbegründet anzusehen. Der Wortlaut der Abrechnungspositionen sei eindeutig. Daran sei die Beklagte gebunden. Außerdem besitze der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum.
Zum Verfahren wurde auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beigeladen. Diese führte aus, bei der Ziff. 06225 handle es sich um eine Strukturpauschale, die aus Sicherstellungsgründen erforderlich gewesen sei. Diese stelle eine neue Bewertungsform dar, die an die Grundpauschalen anknüpfe und diese für rein konservativ ausgerichtete Augenärzte erhöhe. Die Differenzierung zwischen konservativ tätigen Augenärzten und operativ tätigen Augenärzten sei im Hinblick auf die Honorarentwicklung notwendig gewesen. Nachdem konservativ ausgerichtete Augenärzte ihre Praxis nicht mehr wirtschaftlich betreiben konnten, habe der Zuschlag die wirtschaftliche Existenz rein konservativ tätiger Augenärzte gestärkt. Zu dieser Änderung sei der Bewertungsausschuss im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums befugt gewesen. Die Grenze des Gestaltungsspielraums sei das Willkürverbot, das durch die Regelung nicht überschritten werde. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 23.03.2005, Az B 6 KA 55/03 R) ausgeführt habe, dürfe der EBM auch steuernd eingreifen. Ferner werde das einheitliche Berufsbild des Augenarztes im Sinne der Weiterbildungsordnung durch die Einfügung der Ziff. 06225 nicht in Frage gestellt. Abschließend wies die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung darauf hin, unter dem Aspekt der Anfangs-Erprobungsregelung sei die Differenzierung ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Auffassung des Beklagten und der beigeladenen KBV schloss sich der GKV-Spitzenverband als Beigeladener zu 1 an.
In der mündlichen Verhandlung am 05.02.2014 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22.03.2012.
Die Beklagtenvertreter beantragten, die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsnieder-schrift vom 05.02.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zum Sozialgericht München eingelegte Feststellungsklage nach § 55 SGG ist zulässig und erweist sich auch als begründet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen liegen die Sachurteilsvoraussetzungen vor. Das Begehren der Klägerin ist darauf gerichtet, zu klären, ob sie berechtigt ist, die Ziff. 06225 abzurechnen. Damit geht es um die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Soweit die Beklagte vorträgt, das Begehren der Klägerin ziele lediglich auf die Klärung der Gültigkeit des EBM ab, so trifft das nicht zu. Wäre dies der Fall, dann wäre die Feststellungsklage unzulässig, da das Sozialgerichtsgesetz anders als die Verwaltungsgerichtsordnung eine abstrakte Normenkontrolle nicht vorsieht. Die Klägerin strebt hier die Klärung der Frage an, ob sie die Ziff. 06225 abrechnen darf. Somit handelt es sich nicht um eine Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm, sondern um die Klärung von Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten.
Erforderlich ist aber ein Feststellungsinteresse und, dass die Klägerin ihre Rechte nicht im Wege einer Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage; BSG, Urteil vom 22.07.2004, Az B 3 KR 12/04 R). Die Subsidiarität der Feststellungsklage allgemein rührt daher, dass Gerichte nicht mehrfach befasst werden sollen, was dann der Fall wäre, wenn sich der Beklagte nicht an ein ergangenes Feststellungsurteil hielte und deshalb um weiteren Rechtsschutz (Erlass eines vollstreckbaren Leistungsurteils) nachgesucht werden muss. Allerdings ist bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Beklagte davon auszugehen, dass diese aufgrund deren Bindung an Gesetz und Recht auch einen Feststellungsausspruch befolgen, ohne dass es eines Titels aus einem Leistungsurteil bedarf. Insofern spielt der Subsidiaritätsgedanke hier nicht die Rolle wie in einem Rechtsverhältnis zwischen Privatpersonen.
In einer Entscheidung (BSG, Urteil vom 20.03.1996, Az 6 RKa 51/95) führte das Bundessozialgericht aus, das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfalle mit Erlass des Kürzungsbescheides und dessen Anfechtung. Zwar sei das streitige Rechtsverhältnis nur für den betroffenen Abrechnungszeitraum rechtskräftig geklärt, jedoch gebe es keinen Anhalt dafür, dass die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts sich nicht daran halten werde.
Es stellt sich aber die Frage, ob diese Rechtsauffassung angesichts nachgehen-der Entscheidungen, vor allem angesichts der Entscheidung vom 22.07.2004 (BSG, Az B 3 KR 12/04 R) und der darin enthaltenen Rechtsgedanken zum Hin-tergrund der Subsidiarität aufrechterhalten werden kann. Subsidiaritätsüberlegungen lassen sich dann anstellen, wenn das Anfechtungs -und Leistungsbegehren verfahrensmäßig einen fortgeschrittenen Stand erreicht hat, wenn also bereits Anfechtungs/Leistungsklage eingelegt wurde (BSG, Urteil vom 25.04.1984, 8 RK 30/83) beziehungsweise ein gerichtliches Verfahren unmittelbar bevorsteht. Dann besteht nach Auffassung des Gerichts kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG.
Nach den Angaben der Beklagten hat die Klägerin im Quartal 1/2012 die Ziff. 06225 in Ansatz gebracht. Gegen den Bescheid über sachlich -und rechnerische Richtigstellung wurde seitens der Klägerin Widerspruch eingelegt. Ob sich der Sachverhalt in den Folgequartalen genauso darstellt, ist nicht bekannt. Das Gericht geht davon aus, dass die Beklagte im Bewusstsein um die erhobene und beim Sozialgericht München anhängige Feststellungsklage die Entscheidung über den Widerspruch zurückgestellt hat. Das Anfechtungs -und Leistungsbegehren hat somit den erforderlichen verfahrensmäßig fortgeschrittenen Stand noch nicht erreicht, um zur Subsidiarität der Feststellungsklage zu führen. Wenn sich die Beklagte in dieser Situation auf die Subsidiarität der Feststellungsklage beruft, so handelt sie widersprüchlich. Hinzu kommt, dass der Klägerin nicht zugemutet werden kann, Quartal für Quartal zunächst Widerspruch und dann Anfechtungs- und Verpflichtungsklage einzulegen. Dies folgt bereits aus der allgemeinen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, aber auch aus der Überlegung, dass weitere Verfahren sowohl im Widerspruchsverfahren, als auch im Klageverfahren kostenpflichtig sind.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klägerin als konservativ und operativ tätige Augenärzten berechtigt ist, entgegen der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM (262. Sitzung des Bewertungsausschuss am 31.8.2011) und entgegen dem Wortlaut der Gebührenordnungsposition die Ziff. 06225 abzurechnen. Die Regelungen verstoßen gegen § 87 SGB V und Art. 3 GG.
Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte steht dem Bewertungsausschuss hinsichtlich der Festsetzung abrechnungsfähiger Leistungen und deren Bewertung ein weiter Gestaltungs -und Regelungsspielraum zu. Im Hinblick auf die personelle Besetzung des Bewertungsausschusses (Vertreter von Kassenärzten und Vertreter von Krankenkassen) ist davon auszugehen, dass eine sachgerechte Abgrenzung und Bewertung der Leistungen erreicht wird (BSG, Urteil vom 19.08.1992, SozR- 3 2500 § 87 Nr. 5). Der Bewertungsausschuss als Normgeber ist auch zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung befugt ( BSG, Urteil vom 28.01.2009 , Az B 6 KA 50/07 R). Deshalb ist es nicht Aufgabe der Gerichte, " mit punktuellen Entscheidungen zu einzelnen Gebührenordnungspositionen in ein angemessenes, als ausgewogen zu unterstellendes Tarifgefüge einzugreifen und dessen Funktionalität in Frage zu stellen" (BSG, Urteil vom 07.09.1996, SozR – 3 5533 Nr. 736 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet insbesondere, dass die Gerichte nicht befugt sind, zusätzliche Gebührenordnungspositionen zu schaffen, Leistungsinhalte abzuändern und die punktzahlenmäßige Bewertung von Leistungen zu beanstanden beziehungsweise zu korrigieren.
Die Grenze ist dort anzunehmen, wo ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, wenn also die Regelung nicht sachgerecht ist (BSG, Ur-teil vom 28.01.2009 , Az B 6 KA 50/07 R). Dieser ist erst dann gegeben, wenn die Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, dass ihre Beachtung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint (BVerfG, Entscheidung vom 16.03.1982, BVerfGE 60,113,119). Die Regelung muss aber nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung darstellen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.02.1998, Az L 5 Ka 30/97).
Die Präambel 6.1 Nr. 6 EBM lautet wie folgt:
"Die Gebührenordnungsposition 06225 kann nur in den Behandlungsfällen berechnet werden, in denen die augenärztliche Behandlung ausschließlich durch (einen) konservativ/e tätige(n) Augenarzt/-ärzte erfolgt ist. Ein Augenarzt ist konservativ tätig: - sofern der Augenarzt in dem Quartal keine der folgenden Leistungen er-bracht und berechnet hat: 31101 bis 31108, - sofern der Augenarzt in dem Quartal keine Leistung(en) erbracht und berechnet hat, die auf regionaler Ebene den o.g. Leistungen entsprechen oder in regional vereinbarten Pauschalen enthalten sind, - sofern der Augenarzt keine Leistung(en) der intravitrealen Injektion und/oder der operativen intraokularen Medika-menteneinbringung in dem Quartal im Rahmen der Kostenerstattung ge-mäß § 13 Abs. 3 SGB V und/oder im Rahmen von regionalen Vereinbarungen und/oder im Rahmen anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen erbracht und berechnet hat "
Der obligate Leistungsinhalt der Ziff. 06225 wird wie folgt beschrieben:
Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt, einmal im Behandlungsfall 315 Punkte"
Die Grundpauschalen/Ordinationsgebühren sind in den Gebührensordnungspositionen 06210, 06211 und 06212 enthalten. Sie haben denselben Leistungsinhalt, nämlich den persönlichen "Arzt-Patienten-Kontakt", sind jedoch je nach Alter der Patienten unterschiedlich bewertet und wurden im Zuge der Einführung der Ziff. 06225 durch Beschluss des Bewertungsausschusses zum 1.1.2012 abgesenkt (06210: 435 Punkte vorher 465 Punkte; 06211: 360 Punkte vorher 405 Punkte; 06212: 425 Punkte vorher 465). Nach der Protokollnotiz zum Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 262. Sitzung ist Ziel der Maßnahmen im Bereich der Augenheilkunde die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Versicherten sowohl der konservativ als auch durch operativ tätige Augenärzte - die Stärkung der konservativ tätigen Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung. Des Weiteren wird ausgeführt: "Dies erfolgt im Rahmen einer Umverteilung von Mitteln innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte. Die aktuelle Vergütungssituation der konservativ tätigen Augenärzte soll ab 1. Januar 2012 durch Einführung eines Zuschlags zur Grundpauschale spürbar verbessert werden. Nach Inkrafttreten dieser Maßnahme sind zur Gewährleistung der Zielerreichung in halbjährlichen Abständen durch das Institut des Bewertungsausschusses die Umverteilungswirkungen sowie der Zielerreichunggrad:-Stabilisierung der Anzahl konservativ tätigen Ärzte, -Abrufen der freigestellten Mittel zu analysieren ... Die Regelung wird vom Bewertungsausschuss spätestens zum 1. Januar 2015 einer grundsätzlichen Überprüfung auf ihre Wirksamkeit hin unterzogen, um zu entscheiden, ob sie fortgeführt wird."
Zunächst ist festzustellen, dass sich die Beklagte zu Recht auf den Wortlaut der Gebührenordnungspositionen berufen kann, was unter den Beteiligten auch nicht strittig ist. Im Rahmen der Feststellungsklage ist jedoch inzidenter auch zu prüfen, ob der Einheitliche Bewertungsmaßstab in den hier strittigen Gebührenordnungspositionen wirksam ist.
Wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses können die Regelungen des EBM auch Steuerungselement enthalten. Denn der Gestaltungsauftrag des § 87 SGB V schließt die Befugnis ein, "über die Beschreibung und Bewertung der ärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten der Ärzte steuernd zu beeinflussen" ( BSG, Urteil vom 23.02.2005, Az B 6 KA 55/03 R). Die-se sind jedoch an dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) zu messen. Bei dem in der Protokollnotiz zur Einführung der Ziff 06225 genannten Ziel (Stärkung der konservativ tätigen Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung bei gleichzeitiger Umverteilung von Mitteln innerhalb der Arztgruppe der Augenärzte) handelt es sich vor dem Hintergrund der Einkommenssituation konservativ tätiger Augenärzte um einen sachlichen Grund, der eine Differenzierung innerhalb der Fachgruppe der Augenärzte sogar geboten erscheinen lässt. Eine Regelung auch im EBM mit einer solchen Intention ist deshalb grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.
Während für die Frage des "Ob" ein sachlicher Grund vorliegt, ist die Umsetzung, somit die Frage des "Wie" mit § 87 SGB V und Art. 3 GG nicht zu vereinbaren. Die Regelung geht über den zulässigen Gestaltungsspielraum, die zulässige Generalisierung, die zulässige Pauschalierung, die zulässige Schematisierung und zulässige Typisierung hinaus.
Faktisch gibt es für das Fachgebiet der Augenärzte zwei unterschiedliche Ordina-tionsgebühren, nämlich für die operativ tätigen Ärzte die Ziff. 06210, 06211 und 06212 und für die nicht operativ tätigen Ärzte die Ziff. 06210, 06211 und 06212 zuzüglich der Ziff. 06225. Der Vergleich mit anderen Fachgebieten zeigt, dass der EBM bei diesen lediglich eine Ordinationsgebühr vorsieht; dies, obwohl es in vielen Fachgebieten – anders als bei Augenärzten – Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen nach § 2 WBO gibt, was dort für eine Heterogenität der Leistungen spricht und deshalb unterschiedliche Ordinationsgebühren rechtfertigen könnte. Insofern weicht die von der KBV als "neue Bewertungsform" bezeichnete Einführung der Ziff. 06225 strukturell erheblich von der ansonsten üblichen EBM - Systematik ab. Für eine solch erhebliche Abweichung bedarf es eines besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrundes. Ob sich bereits aus dem Vergleich mit anderen Arztgruppen ein Verstoß gegen § 87 SGB V und Art. 3 GG ergibt, kann allerdings dahinstehen.
Geht man vom Wortlaut der Ziff. 06225 aus, so fällt auf, dass es sich hierbei um einen Zuschlag handelt und der Leistungsinhalt "Arzt-Patienten-Kontakt" mit dem der Ziff. 06210, 06211 und 06212 identisch ist. Wie das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 20.01.1999, Az. BSGE 83, 218 = SozR 3 – 2500 § 87 Nr 21) ausführt, ist im Verhältnis der zu verschiedenen Arztgruppen gehörenden Ärzte eine Gleichbehandlung in der Weise zu fordern, dass gleiche Leistungen mit den gleichen Punktzahlen - nicht notwendigerweise mit dem real gleichen Honorar - zu belegen sind. Dies muss erst recht gelten innerhalb einer Arztgruppe. Somit entspricht es nicht dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG und der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wenn der EBM für gleiche Leistungen unterschiedliche Punktzahlen vorsieht. Dagegen lässt sich nicht einwenden, der Leistungsinhalt der Ziff. 06225 unterscheide sich doch von dem der Ziff. 06210, 06211 und 06212 , indem in der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM Ausschlusstatbestände genannt werden. Mit Ziff. 06225 wird letztendlich eine Vergütung dafür gewährt, dass die in der Präambel 6.1 Nr. 6 EBM genannten Leistungen nicht erbracht werden. Nichtleistungen können aber nicht Inhalt einer Abrechnungsposition sein, wie sich daraus ergibt, dass nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V Leistungen, also positiv erbrachte medizinische Behandlungen im EBM bewertet werden. Dafür sprechen auch die mehrfach im EBM vorkommenden Zuschlagsziffern, so beispielsweise bei den sonographischen Untersuchungen (Zuschlagsziffern 33075,33090,33091,33092). Diesen anderen Zuschlagsziffern ist gemein, dass deren Leistungsinhalt über den Leistungsinhalt der Grundziffern hinausgeht und damit zusätzliche Leistungen vergütet werden. Auch insoweit unterscheidet sich die Zuschlagsziffer 06225 von den übrigen im EBM vorgesehenen Zu-schlagsziffern.
Selbst wenn man die Überlegung aufgreifen würde, im Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses wären unterschiedliche Ordinationsgebühren zulässig, weil bei der Bemessung der Ordinationsgebühren auch andere Leistungen mitberücksichtigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2009, Az B 6 KA 50/07 R; BSG, Urteil vom 08.09.2004, Az B 6 KA 82/03 R), ist der Ausschluss der Klägerin von der Abrechnung der Ziff. 06225 aus einem anderen Grund nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren. Denn die fehlende Differenzierung bei der Ziff. 06225 führt dazu, dass augenärztliche, auch operativ tätige Praxen unabhängig vom operativen Tätigkeitsumfang die Zuschlagsziffer nicht abrechnen können. Damit lässt sich aber das angegebene Ziel der Stärkung konservativ tätiger Augenärzte durch eine angemessene Verbesserung der Vergütung bei gleichzeitiger Sicherstellung einer flächendeckenden augenärztlichen Versorgung, insbesondere eine sachgerechte Umverteilung innerhalb der Arztgruppe nicht erreichen. Gerade am Beispiel der Klägerin wird deutlich, dass die Regelungen über eine zulässige Pauschalierung und Schematisierung hinausgehen. Die Klägerin erzielt nach ihren Angaben 35.000 EUR pro Quartal für operative Leistungen. Würde sie diese nicht erbringen, hätte sie je Quartal 24.000 EUR allein aus der Zusatzpauschale Ziff. 06225. Unter Berücksichtigung der Kosten für operative Leistungen ist die Klägerin mit ihrem geringen Anteil an operativen Leistungen de facto schlechter gestellt, als wenn sie ausschließlich konservativ augenärztlich tätig wäre. Dies führt zwangsläufig dazu, dass sich einerseits ausschließlich operativ tätige Großpraxen etablieren, die im Hinblick auf den operativen Tätigkeitsumfang und die Vergütung operativer Leistungen nicht auf die Zusatzpauschale angewiesen sind, andererseits ausschließlich konservativ tätige Augenärzte, die ihrerseits die Zusatzpauschale in Ansatz bringen können. Die Regelungen führen somit zu keinen sachgerechten Ergebnissen, vor allem, was die flächendeckende Versorgung betrifft. Dabei ist auch zu beachten, dass die Weiterbildungsordnung (WBO für die Ärzte Bayerns vom 24.04.2004, Abschnitt B, Ziff. 3) als Weiterbildungsin-halt "den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Erkennung, konservativen und operativen Behandlung " vorsieht. Des Weiteren sind als Untersuchungs- und Behandlungsverfahren auch operative Eingriffe definiert. Die "neue Bewertungsform" bewirkt eine Steuerung des Inhalts, dass die zu den Kernleistungen im Fachgebiet Augenheilkunde gehörenden operativen Leistungen von vielen bisher schwerpunktmäßig konservativ tätigen Augenärzten nicht mehr erbracht werden. In diesem Zusammenhang stellt sich konkret die grundsätzlich Frage, ob damit das Ziel des Bewertungsausschusses erreichbar ist. Vor diesem Hintergrund kann ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz nicht ausgeschlossen werden, zumal zulässige Beschränkungen im Interesse des Gemeinwohls nicht ersichtlich sind.
Es ist allerdings nicht Aufgabe des Gerichts, abgesehen davon, dass hierfür eine Befugnis fehlen würde, Lösungen zu benennen, die eine sachgerechte Umsetzung des an sich sachgerechten Zieles darstellen würden. Gleichwohl ist anzumerken, dass beispielsweise eine fallbezogene Strukturpauschale rechtlich nicht zu beanstanden wäre.
Soweit geltend gemacht wird, es handle sich um eine Anfangs-und Erprobungsregelung - nach der Protokollnotiz sollen nach Inkrafttreten dieser Maßnahme zur Gewährleistung der Zielerreichung in halbjährlichen Abständen durch das Institut des Bewertungsausschusses die Umverteilungswirkungen sowie der Zielerreichunggrad analysiert werden - rechtfertigt dies nicht die mit Art. 3 Grundgesetz unvereinbare Regelung. Denn dieser rechtliche Aspekt ist nur dann von Bedeutung, wenn die Regelung von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben übereinstimmt (BSG, Urteil vom 03.02.2010, Az B 6 KA 31/08 R). Dies ist hier, wie oben dargestellt, nicht der Fall.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved