Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3004/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1967/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Berücksichtigung von in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem deutsch-p. Sozialversicherungsabkommen (DPSVA).
Der 1947 in P. geborene Kläger ist am 01.06.1981 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Er lebte mit seiner Ehefrau in S.-G., Im U ... Am 29.10.1997 wurde seine Ehe vor dem Amtsgericht Sigmaringen geschieden. Für die Zeit vom 01.10.1996 bis 01.10.1997 schloss der Kläger einen Mietvertrag für eine Unterkunft in der U. in S.-L ... Nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA), versucht hatte, den Kläger im Zusammenhang mit dem Verfahren über den Versorgungsausgleich zu kontaktieren (Rücksendevermerk der Deutschen Post vom 16.03.1998), teilte das Bürgermeisteramt S. der LVA mit Schreiben vom 20.03.1998 mit, der Kläger sei noch unter der Adresse (U. in S.) gemeldet, aber dort nicht mehr wohnhaft. Eine Ab- bzw. Ummeldung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Das Amtsgericht S. gab auf Anfrage mit Schreiben vom 06.04.1998 eine p. Adresse des Klägers an. Im dortigen Scheidungsverfahren hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 29.01.1998 die neue Anschrift des Klägers in P. mitgeteilt (Bl. 142 Verwaltungsakte (VA)). Ausweislich einer aktenkundigen Mahnung des Landkreises S. vom 10.09.1998 wurden die am 05.05.1998 und 15.08.1998 fälligen Müllgebühren durch den Kläger nicht bezahlt. Nach der Anmeldebestätigung des Ordnungsamtes M. erfolgte zum 10.09.1998 die Anmeldung mit neuer Adresse in M., N. Zugleich erfolgte die Abmeldung der bisherigen Wohnadresse in der U. in S.-L. Das Mietverhältnis begann nach der Mietbescheinigung am 01.10.1998.
Das Versicherungskonto des Klägers weist für die Zeit vom 18.02.1997 bis 18.06.1998 eine Lücke auf. Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger in dieser Zeit in P. als Selbständiger tätig und betrieb dort ein Fitnessstudio. Für die Zeit vom 01.12.1996 bis zum 30.12.1996 und vom 01.02.1997 bis 31.03.1998 war der Kläger ausweislich des Schreibens vom 12.12.2007 zur p. Sozialversicherung angemeldet. In der Zeit vom 01.12.1997 bis zum 28.02.1998 bezog er von der p. Sozialversicherungsanstalt (ZUS) Krankengeld und war von der dortigen Beitragspflicht befreit (Bl. 71 VA).
Am 13.02.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Er gab – wie schon im vorherigen Kontenklärungsverfahren – an, sich seit Juni 1981 durchgehend und ununterbrochen in Deutschland gewöhnlich aufzuhalten. In der Zeit vom 18.02.1997 bis zum 17.06.1998 habe er in P. als Selbständiger ein Fitnessstudio betrieben mit Import- und Export von Sportgeräten. Der Betrieb in P. sei durch eine Vertretung geregelt gewesen, so dass seine persönliche Anwesenheit nicht erforderlich gewesen sei. Die Auskunft des Einwohnermeldeamtes S. sei falsch. Richtig sei lediglich, dass er aufgrund der Nachwirkungen seiner Scheidung während der Zeit öfters bei Freunden und Verwandten unterwegs gewesen sei. Seinen Wohnsitz habe er aber immer in S. beibehalten. In P. habe er keinen Wohnsitz gehabt. Aus der vorgelegten schriftlichen Erklärung seines Sohnes vom 10.07.2008 gehe hervor, dass er den Kläger "ständig" in S.-L., U. besucht habe. Auch die Eheleute Sch. aus E. bestätigten schriftlich, dass er dort bis 10.09.1998 wohnhaft gewesen sei. Zudem sei die Mahnung für die Zahlung von Müllgebühren ein Indiz dafür, dass er dort seinen Wohnsitz innegehabt habe.
Mit Bescheid vom 24.11.2008 wurde dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.05.2008 bewilligt. Die Anrechnung von Zeiten nach dem DPSVA 1975 wurde mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe nicht dauerhaft seinen Wohnsitz in Deutschland über den gesamten Zeitraum begründet. Ein Anspruch auf Anerkennung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem DPSVA 1975 scheide aufgrund der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts nach P. in der Zeit vom 01.12.1996 bis 31.03.1998 aus.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2008 Widerspruch ein. Er habe im Zeitraum vom 01.12.1996 bis zum 31.03.1998 entgegen der Ansicht der Beklagten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt. Unstreitig habe eine durchgehende Meldung in der Bundesrepublik vorgelegen. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendung des DPSVA 1975 setze die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik bis zum 31.12.1990 und die Beibehaltung des so begründeten Aufenthalts voraus. Der gewöhnliche Aufenthalt setze wiederum voraus, dass der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dauerhaft und nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet liege. Nach den getroffenen Feststellungen sei im Fall des Klägers von keinem durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen.
Am 14.09.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Bestätigung des Bürgermeisteramts S. vom 20.03.1998 sei falsch. Bis zu seiner Ummeldung im September 1998 nach M. sei er unter der angegebenen Adresse in S. wohnhaft und gemeldet gewesen und habe dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt. Eine Bestätigung hierüber könne nicht vorgelegt werden, da sich die Vermieterin im Altersheim befunden habe und durch einen Betreuer vertreten worden sei, der zumindest nicht am Wohnort des Klägers gelebt habe. Richtig sei, dass der Kläger immer wieder über längere Zeit ortsabwesend gewesen sei und sich mehrfach bei Freunden und Bekannten aufgehalten habe. Mitte des Jahres 1997 habe der Kläger in P. ein Fitnessstudio eröffnet, das nicht von ihm selbst, sondern von einem Angestellten geführt worden sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Kläger bei der p. Krankenversicherung versichert gewesen sei. Ab dem 01.12.1997 habe der Kläger in P. Krankengeld bezogen. Aufgrund seiner Erkrankung habe er die Möglichkeit gehabt, trotz fehlenden Wohnsitzes in P. Leistungen der p. Krankenversicherung zu beziehen. Zum Beweis, dass der Kläger durchgehend in Deutschland wohnhaft gewesen sei, berufe sich der Kläger auf das Zeugnis seines Sohnes und des Ehepaars Sch ... Hierzu legte er schriftliche Erklärungen seines Sohns M. M. sowie der Eheleute Sch. jeweils vom 10.07.2008 vor (Bl. 14 und 15 SG-Akte). M. M. gab an, seinen Vater in der Wohnung in S.-L. U. bis Oktober 1998 ständig besucht zu haben. Die Eheleute Sch. teilten mit, der Kläger sei ihrer Kenntnis nach bis 10.09.1998 in S.-L. wohnhaft gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, dem vorgelegten Mietvertrag könne nicht entnommen werden, dass der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt habe. Zum einen habe es sich bei den beschriebenen Räumlichkeiten offensichtlich um eine Zwischenlösung gehandelt. Zum anderen sei das Mietverhältnis vertragsgemäß zum 01.10.1997 beendet gewesen. Bereits zum 01.12.1997 habe der Krankengeldbezug in P. eingesetzt.
Mit Urteil vom 29.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigung seiner in P. zurückgelegten Beitragszeiten nach dem DPSVA 1975, da das Abkommen im Fall des Klägers keine Anwendung fände. Für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten könnten Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 nach dem DPSVA 1975 nur von Personen erworben werden, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland eingereist seien, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnortes nach Deutschland beantragt hätten und sich seither ununterbrochen hier aufhielten, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalles, spätestens vom 30.06.1991 an, in Deutschland wohnten. Versicherte, die zwar vor dem 01.01.1991 nach Deutschland eingereist seien, dann aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt – wenn auch nur vorübergehend – in Deutschland aufgegeben hätten, würden von Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 nicht erfasst. Gemäß Art 1 Nr. 2 DPSVA 1975 bedeuteten die Begriffe "Wohnort" bzw. "wohnen" der "Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes" bzw. "sich gewöhnlich aufhalten". Nach ständiger und einheitlicher Rechtsprechung des BSG wollten die Vertragschließenden zur Vermeidung einer Rechtsanwendungskollision erkennbar an den innerstaatlichen Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes anknüpfen, der in § 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) umschrieben sei (unter Verweis auf BSG Urt. v. 30.09.1993 – 4 RA 49/92). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes knüpfe im Sozialversicherungsrecht in erster Linie an die – objektiv gegebenen – tatsächlichen Verhältnisse an. Er setze vor allem voraus, dass der Betreffende im streitigen Beitrags- oder Leistungszeitraum den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland habe. Das bedeute grundsätzlich auch, dass er sich in dieser Zeit überwiegend im Inland aufhalten müsse. "Dauerhaft" sei dieser Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Dabei sei ein Domizilwille, der mit den sonstigen tatsächlichen Umständen nicht übereinstimme, rechtlich unerheblich. Ob der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland liege, sei unter Würdigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beantworten. Dabei komme es auf die Tatsachen an, die bei Beginn des streitigen Zeitraumes und während seiner Dauer jeweils objektiv vorgelegen hätten. Es komme also gerade nicht auf eine spekulative Abwägung zukünftiger Geschehnisse an. Denn der tatsächliche Aufenthalt müsse (bereits oder noch) "gewöhnlich" sein, es nicht erst werden (unter Verweis auf BSG Urt. vom 30.09.1993 – 4 RA 49/92 m.w.N.). Maßgebend dafür, ob auf die Rentenbewilligung ab dem 01.05.2005 das DPSVA 1975 Anwendung finde, sei daher, ob der Kläger seit dem 01.01.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Bundesgebiet gehabt habe.
Gemessen an den aufgezeigten Voraussetzungen lägen für einen vom Kläger angegebenen durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet keine ausreichenden Nachweise vor. Das Bürgermeisteramt S. habe mit Schreiben vom 20.03.1998 mitgeteilt, dass der Kläger in der U. zwar nach wie vor gemeldet, aber dort nicht mehr wohnhaft gewesen sei. Eine Ab- bzw. Ummeldung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Die Anmeldung zur neuen Adresse in M. sei ausweislich der Bestätigung des Ordnungsamtes M. zum 10.09.1998 erfolgt, das Mietverhältnis habe ausweislich der vorgelegten Mietbescheinigung zum 01.10.1998 begonnen. Das Amtsgericht Sigmaringen habe der LVA mit Schreiben vom 06.04.1998 eine p. Adresse des Klägers mitgeteilt. Die Deutsche Post AG habe mit Schreiben vom 16.03.1998 die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine an den Kläger adressierte Briefsendung vom Hausbesitzer zurückgegeben worden sei, da der Kläger verzogen und ein Nachsendeantrag nicht gestellt worden sei. Die am 05.05.1998 und 15.08.1998 fälligen Müllgebühren seien ausweislich der Mahnung des Landkreises S. vom 10.09.1998 durch den Kläger nicht bezahlt worden. Der vorgelegte Mietvertrag weise ein Vertragsende zum 01.10.1997 auf. Eine Bestätigung über die Verlängerung des Mietverhältnisses über den 01.10.1997 hinaus sei der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Das Versicherungskonto des Klägers in der deutschen Rentenversicherung weise für die Zeit vom 18.02.1997 bis 18.06.1998 eine Lücke auf. Nach eigenen Angaben habe der Kläger in P. ein Fitnessstudio betrieben. Für die Zeit vom 01.12.1996 bis zum 30.12.1996 und vom 01.02.1997 bis 31.03.1998 sei der Kläger ausweislich des Schreibens vom 12.12.2007 zur p. Sozialversicherung angemeldet gewesen. In der Zeit vom 01.12.1997 bis zum 28.02.1998 habe er von der ZUS Krankengeld bezogen und sei daher von der Beitragspflicht befreit gewesen. Im Fragebogen zur Klärung von in P. zurückgelegter Zeiten habe er unter dem 07.01.2008 angegeben, in der Zeit von 1996 bis 1998 einer Vollzeitbeschäftigung in seinem p. Betrieb nachgegangen zu sein. Der Kläger sei nach den Angaben des Ordnungsamts M. vom 29.01.2008 seit dem 18.01.1988 nachweislich im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis gewesen. Damit sei es dem Kläger – entgegen seiner Angaben – nicht verwehrt gewesen, auch in Deutschland eine Tätigkeit aufzunehmen.
Für die Kammer sei unter Würdigung der vorgenannten Umstände nicht erwiesen, dass sich der Kläger seit dem 01.01.1991 mit seinem gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen in der Bundesrepublik aufgehalten habe. Beim Kläger bestehe nachweislich eine konkrete und ortsbezogene Auslandsberührung zum p. Staat. Das Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sei nicht imstande gewesen, die aufgezeigten Beweistatsachen zu erschüttern oder in Zweifel zu ziehen. Der Bestätigung vom 10.07.2008 sei nicht zu entnehmen, in welcher Zeit und in welchem Abstand tatsächlich Besuchskontakte zwischen dem Kläger und seinem Sohn unter der angegebenen Adresse in S. erfolgt seien. Inwieweit die in E. wohnhaften und vom Kläger benannten Eheleute Sch. Angaben zum gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers im hier streitigen Zeitraum machen könnten, sei für die Kammer nicht erkennbar. Im Übrigen erschöpfe sich das klägerische Vorbringen in einer Negation der aufgezeigten Beweistatsachen. Nachdem der Kläger mittlerweile seine Mietwohnung in M. unter erheblichen Mietrückständen aufgegeben habe und unbekannt verzogen sei, habe sich die Kammer weder veranlasst noch imstande gesehen, weitergehende Ermittlungen anzustellen.
Die Beklagte habe demnach bei der Rentenbewilligung zu Recht die p. Versicherungszeiten nach dem DPSVA 1975 nicht rentensteigernd berücksichtigt. Diese Zeiten seien auch keine gleichgestellten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten im Sinne der §§ 15 u. 16 Fremdrentengesetz (FRG), da das FRG auf den Kläger keine Anwendung finde. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis des § 1 FRG. Ob die weiteren Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem DPSVA 1975 erfüllt seien, bedürfe demnach keiner abschließenden Klärung. Nach der Änderung des Zustimmungsgesetzes durch Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 ab 01.07.1990 seien Zeiten, die nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar gewesen seien, nur noch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem Fremdrentengesetz erfüllten (unter Verweis auf BSG Urt. v. 21.02.1996 – 5 RJ 48/95). Das Gericht weise klarstellend darauf hin, dass die unterbliebene Anwendung des DPSVA 1975 nicht dazu führe, dass die in P. zurückgelegten Versicherungszeiten des Klägers keine rentensteigernde Berücksichtigung fänden. Im Rentenbescheid vom 24.11.2008 werde vielmehr darauf hingewiesen, dass es sich bei der Rentenbewilligung um eine vorläufige Leistung im Sinne des Artikels 45 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 handele. Die Berücksichtigung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten bleibe daher unter Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 einer abschließenden Feststellung vorbehalten.
Am 10.05.2012 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 12.04.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf den Vortrag in erster Instanz Bezug genommen. Den Beweisangeboten hätte nachgegangen werden müssen. Es verbleibe daher beim Vortrag nebst Beweisantritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2009 zu verurteilen, dem Kläger höhere Altersrente unter Anerkennung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem deutsch-p. Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und sich den Entscheidungsgründen des Urteils des SG angeschlossen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Senat nimmt auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat teilt die Beweiswürdigung des SG. Er ist wie das SG davon überzeugt, dass der Kläger keinen seit dem 01.01.1991 durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Damit fehlt es an den Anwendungsvoraussetzungen des DPSVA. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend auszuführen:
Auch der Senat hat von einer Vernehmung des Sohns M. des Klägers sowie der Eheleute Sch. abgesehen. Dass sie über ihre schriftlichen Angaben in den Schreiben vom 10.07.2008 hinaus noch weitere Angaben zum Aufenthaltsort des Klägers im hier streitigen Zeitraum hätten machen können, ist vom Kläger nicht vorgetragen worden. Zur Wiederholung ihrer schriftlichen Angaben ist jedoch eine persönliche Vernehmung nicht erforderlich; als Ausforschungsbeweis mit dem Ziel herauszufinden, ob sie irgendetwas Neues angeben könnten, wäre sie unzulässig. Die Vernehmung drängt sich zudem angesichts des bekannten Sachverhalts nicht weiter auf. Die genannten Personen wohnten weder mit dem Kläger in einem Haushalt noch in unmittelbarer Nachbarschaft. Häufige oder "ständige" Besuche von seinem Sohn unter der Wohnadresse in S. könnten zwar ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt an diesem Ort sein. Nachdem der Kläger aber nach seinem eigenen Vortrag im fraglichen Zeitraum immer wieder über längere Zeit ortsabwesend war und sich mehrfach bei Freunden und Bekannten aufgehalten hat, kann allein aus der vom Sohn bezeugten Häufigkeit der Besuche seines Vaters in S. – selbst wenn diese Aussage als wahr unterstellt wird – nicht auf einen durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland geschlossen werden. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in P. schließt vorübergehende Aufenthalte zu Besuchszwecken in Deutschland nicht aus.
Hinzu kommen die vielzähligen Indizien, die gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sprechen. Der Senat misst dabei dem Umstand, dass der Kläger über seinen damaligen Prozessbevollmächtigten im Scheidungsverfahren eine p. Anschrift angab, besonderes Gewicht zu. Er hat damit gegenüber einer Behörde rechtserheblich erklärt, unter einer p. Adresse für das Gericht erreichbar zu sein. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er häufiger unter der dortigen Adresse als in S. anzutreffen ist. In Zusammenschau mit dem vom Kläger damals in P. betriebenen Fitnessstudio sowie dem dortigen Krankengeldbezug ergibt sich damit für den Senat zweifelsfrei, dass sich der Kläger gewöhnlich in P. und nicht in Deutschland aufgehalten hat. Die fehlende polizeiliche Abmeldung in Deutschland ändert hieran nichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Berücksichtigung von in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem deutsch-p. Sozialversicherungsabkommen (DPSVA).
Der 1947 in P. geborene Kläger ist am 01.06.1981 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Er lebte mit seiner Ehefrau in S.-G., Im U ... Am 29.10.1997 wurde seine Ehe vor dem Amtsgericht Sigmaringen geschieden. Für die Zeit vom 01.10.1996 bis 01.10.1997 schloss der Kläger einen Mietvertrag für eine Unterkunft in der U. in S.-L ... Nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA), versucht hatte, den Kläger im Zusammenhang mit dem Verfahren über den Versorgungsausgleich zu kontaktieren (Rücksendevermerk der Deutschen Post vom 16.03.1998), teilte das Bürgermeisteramt S. der LVA mit Schreiben vom 20.03.1998 mit, der Kläger sei noch unter der Adresse (U. in S.) gemeldet, aber dort nicht mehr wohnhaft. Eine Ab- bzw. Ummeldung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Das Amtsgericht S. gab auf Anfrage mit Schreiben vom 06.04.1998 eine p. Adresse des Klägers an. Im dortigen Scheidungsverfahren hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 29.01.1998 die neue Anschrift des Klägers in P. mitgeteilt (Bl. 142 Verwaltungsakte (VA)). Ausweislich einer aktenkundigen Mahnung des Landkreises S. vom 10.09.1998 wurden die am 05.05.1998 und 15.08.1998 fälligen Müllgebühren durch den Kläger nicht bezahlt. Nach der Anmeldebestätigung des Ordnungsamtes M. erfolgte zum 10.09.1998 die Anmeldung mit neuer Adresse in M., N. Zugleich erfolgte die Abmeldung der bisherigen Wohnadresse in der U. in S.-L. Das Mietverhältnis begann nach der Mietbescheinigung am 01.10.1998.
Das Versicherungskonto des Klägers weist für die Zeit vom 18.02.1997 bis 18.06.1998 eine Lücke auf. Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger in dieser Zeit in P. als Selbständiger tätig und betrieb dort ein Fitnessstudio. Für die Zeit vom 01.12.1996 bis zum 30.12.1996 und vom 01.02.1997 bis 31.03.1998 war der Kläger ausweislich des Schreibens vom 12.12.2007 zur p. Sozialversicherung angemeldet. In der Zeit vom 01.12.1997 bis zum 28.02.1998 bezog er von der p. Sozialversicherungsanstalt (ZUS) Krankengeld und war von der dortigen Beitragspflicht befreit (Bl. 71 VA).
Am 13.02.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Er gab – wie schon im vorherigen Kontenklärungsverfahren – an, sich seit Juni 1981 durchgehend und ununterbrochen in Deutschland gewöhnlich aufzuhalten. In der Zeit vom 18.02.1997 bis zum 17.06.1998 habe er in P. als Selbständiger ein Fitnessstudio betrieben mit Import- und Export von Sportgeräten. Der Betrieb in P. sei durch eine Vertretung geregelt gewesen, so dass seine persönliche Anwesenheit nicht erforderlich gewesen sei. Die Auskunft des Einwohnermeldeamtes S. sei falsch. Richtig sei lediglich, dass er aufgrund der Nachwirkungen seiner Scheidung während der Zeit öfters bei Freunden und Verwandten unterwegs gewesen sei. Seinen Wohnsitz habe er aber immer in S. beibehalten. In P. habe er keinen Wohnsitz gehabt. Aus der vorgelegten schriftlichen Erklärung seines Sohnes vom 10.07.2008 gehe hervor, dass er den Kläger "ständig" in S.-L., U. besucht habe. Auch die Eheleute Sch. aus E. bestätigten schriftlich, dass er dort bis 10.09.1998 wohnhaft gewesen sei. Zudem sei die Mahnung für die Zahlung von Müllgebühren ein Indiz dafür, dass er dort seinen Wohnsitz innegehabt habe.
Mit Bescheid vom 24.11.2008 wurde dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 01.05.2008 bewilligt. Die Anrechnung von Zeiten nach dem DPSVA 1975 wurde mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe nicht dauerhaft seinen Wohnsitz in Deutschland über den gesamten Zeitraum begründet. Ein Anspruch auf Anerkennung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem DPSVA 1975 scheide aufgrund der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts nach P. in der Zeit vom 01.12.1996 bis 31.03.1998 aus.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2008 Widerspruch ein. Er habe im Zeitraum vom 01.12.1996 bis zum 31.03.1998 entgegen der Ansicht der Beklagten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt. Unstreitig habe eine durchgehende Meldung in der Bundesrepublik vorgelegen. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendung des DPSVA 1975 setze die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik bis zum 31.12.1990 und die Beibehaltung des so begründeten Aufenthalts voraus. Der gewöhnliche Aufenthalt setze wiederum voraus, dass der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dauerhaft und nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet liege. Nach den getroffenen Feststellungen sei im Fall des Klägers von keinem durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen.
Am 14.09.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Bestätigung des Bürgermeisteramts S. vom 20.03.1998 sei falsch. Bis zu seiner Ummeldung im September 1998 nach M. sei er unter der angegebenen Adresse in S. wohnhaft und gemeldet gewesen und habe dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt. Eine Bestätigung hierüber könne nicht vorgelegt werden, da sich die Vermieterin im Altersheim befunden habe und durch einen Betreuer vertreten worden sei, der zumindest nicht am Wohnort des Klägers gelebt habe. Richtig sei, dass der Kläger immer wieder über längere Zeit ortsabwesend gewesen sei und sich mehrfach bei Freunden und Bekannten aufgehalten habe. Mitte des Jahres 1997 habe der Kläger in P. ein Fitnessstudio eröffnet, das nicht von ihm selbst, sondern von einem Angestellten geführt worden sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Kläger bei der p. Krankenversicherung versichert gewesen sei. Ab dem 01.12.1997 habe der Kläger in P. Krankengeld bezogen. Aufgrund seiner Erkrankung habe er die Möglichkeit gehabt, trotz fehlenden Wohnsitzes in P. Leistungen der p. Krankenversicherung zu beziehen. Zum Beweis, dass der Kläger durchgehend in Deutschland wohnhaft gewesen sei, berufe sich der Kläger auf das Zeugnis seines Sohnes und des Ehepaars Sch ... Hierzu legte er schriftliche Erklärungen seines Sohns M. M. sowie der Eheleute Sch. jeweils vom 10.07.2008 vor (Bl. 14 und 15 SG-Akte). M. M. gab an, seinen Vater in der Wohnung in S.-L. U. bis Oktober 1998 ständig besucht zu haben. Die Eheleute Sch. teilten mit, der Kläger sei ihrer Kenntnis nach bis 10.09.1998 in S.-L. wohnhaft gewesen.
Die Beklagte hat erwidert, dem vorgelegten Mietvertrag könne nicht entnommen werden, dass der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt habe. Zum einen habe es sich bei den beschriebenen Räumlichkeiten offensichtlich um eine Zwischenlösung gehandelt. Zum anderen sei das Mietverhältnis vertragsgemäß zum 01.10.1997 beendet gewesen. Bereits zum 01.12.1997 habe der Krankengeldbezug in P. eingesetzt.
Mit Urteil vom 29.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigung seiner in P. zurückgelegten Beitragszeiten nach dem DPSVA 1975, da das Abkommen im Fall des Klägers keine Anwendung fände. Für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten könnten Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 nach dem DPSVA 1975 nur von Personen erworben werden, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland eingereist seien, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnortes nach Deutschland beantragt hätten und sich seither ununterbrochen hier aufhielten, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalles, spätestens vom 30.06.1991 an, in Deutschland wohnten. Versicherte, die zwar vor dem 01.01.1991 nach Deutschland eingereist seien, dann aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt – wenn auch nur vorübergehend – in Deutschland aufgegeben hätten, würden von Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 nicht erfasst. Gemäß Art 1 Nr. 2 DPSVA 1975 bedeuteten die Begriffe "Wohnort" bzw. "wohnen" der "Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes" bzw. "sich gewöhnlich aufhalten". Nach ständiger und einheitlicher Rechtsprechung des BSG wollten die Vertragschließenden zur Vermeidung einer Rechtsanwendungskollision erkennbar an den innerstaatlichen Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes anknüpfen, der in § 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) umschrieben sei (unter Verweis auf BSG Urt. v. 30.09.1993 – 4 RA 49/92). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes knüpfe im Sozialversicherungsrecht in erster Linie an die – objektiv gegebenen – tatsächlichen Verhältnisse an. Er setze vor allem voraus, dass der Betreffende im streitigen Beitrags- oder Leistungszeitraum den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland habe. Das bedeute grundsätzlich auch, dass er sich in dieser Zeit überwiegend im Inland aufhalten müsse. "Dauerhaft" sei dieser Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Dabei sei ein Domizilwille, der mit den sonstigen tatsächlichen Umständen nicht übereinstimme, rechtlich unerheblich. Ob der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland liege, sei unter Würdigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beantworten. Dabei komme es auf die Tatsachen an, die bei Beginn des streitigen Zeitraumes und während seiner Dauer jeweils objektiv vorgelegen hätten. Es komme also gerade nicht auf eine spekulative Abwägung zukünftiger Geschehnisse an. Denn der tatsächliche Aufenthalt müsse (bereits oder noch) "gewöhnlich" sein, es nicht erst werden (unter Verweis auf BSG Urt. vom 30.09.1993 – 4 RA 49/92 m.w.N.). Maßgebend dafür, ob auf die Rentenbewilligung ab dem 01.05.2005 das DPSVA 1975 Anwendung finde, sei daher, ob der Kläger seit dem 01.01.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Bundesgebiet gehabt habe.
Gemessen an den aufgezeigten Voraussetzungen lägen für einen vom Kläger angegebenen durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet keine ausreichenden Nachweise vor. Das Bürgermeisteramt S. habe mit Schreiben vom 20.03.1998 mitgeteilt, dass der Kläger in der U. zwar nach wie vor gemeldet, aber dort nicht mehr wohnhaft gewesen sei. Eine Ab- bzw. Ummeldung sei durch den Kläger nicht erfolgt. Die Anmeldung zur neuen Adresse in M. sei ausweislich der Bestätigung des Ordnungsamtes M. zum 10.09.1998 erfolgt, das Mietverhältnis habe ausweislich der vorgelegten Mietbescheinigung zum 01.10.1998 begonnen. Das Amtsgericht Sigmaringen habe der LVA mit Schreiben vom 06.04.1998 eine p. Adresse des Klägers mitgeteilt. Die Deutsche Post AG habe mit Schreiben vom 16.03.1998 die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine an den Kläger adressierte Briefsendung vom Hausbesitzer zurückgegeben worden sei, da der Kläger verzogen und ein Nachsendeantrag nicht gestellt worden sei. Die am 05.05.1998 und 15.08.1998 fälligen Müllgebühren seien ausweislich der Mahnung des Landkreises S. vom 10.09.1998 durch den Kläger nicht bezahlt worden. Der vorgelegte Mietvertrag weise ein Vertragsende zum 01.10.1997 auf. Eine Bestätigung über die Verlängerung des Mietverhältnisses über den 01.10.1997 hinaus sei der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Das Versicherungskonto des Klägers in der deutschen Rentenversicherung weise für die Zeit vom 18.02.1997 bis 18.06.1998 eine Lücke auf. Nach eigenen Angaben habe der Kläger in P. ein Fitnessstudio betrieben. Für die Zeit vom 01.12.1996 bis zum 30.12.1996 und vom 01.02.1997 bis 31.03.1998 sei der Kläger ausweislich des Schreibens vom 12.12.2007 zur p. Sozialversicherung angemeldet gewesen. In der Zeit vom 01.12.1997 bis zum 28.02.1998 habe er von der ZUS Krankengeld bezogen und sei daher von der Beitragspflicht befreit gewesen. Im Fragebogen zur Klärung von in P. zurückgelegter Zeiten habe er unter dem 07.01.2008 angegeben, in der Zeit von 1996 bis 1998 einer Vollzeitbeschäftigung in seinem p. Betrieb nachgegangen zu sein. Der Kläger sei nach den Angaben des Ordnungsamts M. vom 29.01.2008 seit dem 18.01.1988 nachweislich im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis gewesen. Damit sei es dem Kläger – entgegen seiner Angaben – nicht verwehrt gewesen, auch in Deutschland eine Tätigkeit aufzunehmen.
Für die Kammer sei unter Würdigung der vorgenannten Umstände nicht erwiesen, dass sich der Kläger seit dem 01.01.1991 mit seinem gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen in der Bundesrepublik aufgehalten habe. Beim Kläger bestehe nachweislich eine konkrete und ortsbezogene Auslandsberührung zum p. Staat. Das Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sei nicht imstande gewesen, die aufgezeigten Beweistatsachen zu erschüttern oder in Zweifel zu ziehen. Der Bestätigung vom 10.07.2008 sei nicht zu entnehmen, in welcher Zeit und in welchem Abstand tatsächlich Besuchskontakte zwischen dem Kläger und seinem Sohn unter der angegebenen Adresse in S. erfolgt seien. Inwieweit die in E. wohnhaften und vom Kläger benannten Eheleute Sch. Angaben zum gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers im hier streitigen Zeitraum machen könnten, sei für die Kammer nicht erkennbar. Im Übrigen erschöpfe sich das klägerische Vorbringen in einer Negation der aufgezeigten Beweistatsachen. Nachdem der Kläger mittlerweile seine Mietwohnung in M. unter erheblichen Mietrückständen aufgegeben habe und unbekannt verzogen sei, habe sich die Kammer weder veranlasst noch imstande gesehen, weitergehende Ermittlungen anzustellen.
Die Beklagte habe demnach bei der Rentenbewilligung zu Recht die p. Versicherungszeiten nach dem DPSVA 1975 nicht rentensteigernd berücksichtigt. Diese Zeiten seien auch keine gleichgestellten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten im Sinne der §§ 15 u. 16 Fremdrentengesetz (FRG), da das FRG auf den Kläger keine Anwendung finde. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis des § 1 FRG. Ob die weiteren Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem DPSVA 1975 erfüllt seien, bedürfe demnach keiner abschließenden Klärung. Nach der Änderung des Zustimmungsgesetzes durch Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 ab 01.07.1990 seien Zeiten, die nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar gewesen seien, nur noch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem Fremdrentengesetz erfüllten (unter Verweis auf BSG Urt. v. 21.02.1996 – 5 RJ 48/95). Das Gericht weise klarstellend darauf hin, dass die unterbliebene Anwendung des DPSVA 1975 nicht dazu führe, dass die in P. zurückgelegten Versicherungszeiten des Klägers keine rentensteigernde Berücksichtigung fänden. Im Rentenbescheid vom 24.11.2008 werde vielmehr darauf hingewiesen, dass es sich bei der Rentenbewilligung um eine vorläufige Leistung im Sinne des Artikels 45 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 handele. Die Berücksichtigung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten bleibe daher unter Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 einer abschließenden Feststellung vorbehalten.
Am 10.05.2012 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 12.04.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf den Vortrag in erster Instanz Bezug genommen. Den Beweisangeboten hätte nachgegangen werden müssen. Es verbleibe daher beim Vortrag nebst Beweisantritten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2009 zu verurteilen, dem Kläger höhere Altersrente unter Anerkennung der in P. zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem deutsch-p. Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und sich den Entscheidungsgründen des Urteils des SG angeschlossen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Senat nimmt auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat teilt die Beweiswürdigung des SG. Er ist wie das SG davon überzeugt, dass der Kläger keinen seit dem 01.01.1991 durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Damit fehlt es an den Anwendungsvoraussetzungen des DPSVA. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend auszuführen:
Auch der Senat hat von einer Vernehmung des Sohns M. des Klägers sowie der Eheleute Sch. abgesehen. Dass sie über ihre schriftlichen Angaben in den Schreiben vom 10.07.2008 hinaus noch weitere Angaben zum Aufenthaltsort des Klägers im hier streitigen Zeitraum hätten machen können, ist vom Kläger nicht vorgetragen worden. Zur Wiederholung ihrer schriftlichen Angaben ist jedoch eine persönliche Vernehmung nicht erforderlich; als Ausforschungsbeweis mit dem Ziel herauszufinden, ob sie irgendetwas Neues angeben könnten, wäre sie unzulässig. Die Vernehmung drängt sich zudem angesichts des bekannten Sachverhalts nicht weiter auf. Die genannten Personen wohnten weder mit dem Kläger in einem Haushalt noch in unmittelbarer Nachbarschaft. Häufige oder "ständige" Besuche von seinem Sohn unter der Wohnadresse in S. könnten zwar ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt an diesem Ort sein. Nachdem der Kläger aber nach seinem eigenen Vortrag im fraglichen Zeitraum immer wieder über längere Zeit ortsabwesend war und sich mehrfach bei Freunden und Bekannten aufgehalten hat, kann allein aus der vom Sohn bezeugten Häufigkeit der Besuche seines Vaters in S. – selbst wenn diese Aussage als wahr unterstellt wird – nicht auf einen durchgehenden gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland geschlossen werden. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in P. schließt vorübergehende Aufenthalte zu Besuchszwecken in Deutschland nicht aus.
Hinzu kommen die vielzähligen Indizien, die gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sprechen. Der Senat misst dabei dem Umstand, dass der Kläger über seinen damaligen Prozessbevollmächtigten im Scheidungsverfahren eine p. Anschrift angab, besonderes Gewicht zu. Er hat damit gegenüber einer Behörde rechtserheblich erklärt, unter einer p. Adresse für das Gericht erreichbar zu sein. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er häufiger unter der dortigen Adresse als in S. anzutreffen ist. In Zusammenschau mit dem vom Kläger damals in P. betriebenen Fitnessstudio sowie dem dortigen Krankengeldbezug ergibt sich damit für den Senat zweifelsfrei, dass sich der Kläger gewöhnlich in P. und nicht in Deutschland aufgehalten hat. Die fehlende polizeiliche Abmeldung in Deutschland ändert hieran nichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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