Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 64/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2741/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Der am 17. März 1952 geborene Kläger, der als Logistikarbeiter der Firma H. B. versicherungspflichtig beschäftigt ist, stürzte am 8. März 2006 um 8.00 Uhr auf einer Glatteisfläche im Betrieb direkt auf die linke Schulter und arbeitete dann zunächst weiter (Angaben des Klägers vom 19. April 2006 im Fragebogen zum Unfallhergang, Bl. 22 V-Akte). Am Folgetag stellte er sich bei dem Unfallchirurgen Dr. M.-R. vor, der eine deutlich schmerzhaft eingeschränkte Bewegung und Belastung des Schultergelenks ohne verstärkte Federung der Clavicula, aber keine äußeren Verletzungen feststellte. Die Röntgenaufnahme ergab keinen sicheren Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung, aber eine Arthrose am AC-Gelenk und einen Oberarmkopfhochstand. Er diagnostizierte eine schwere Stauchung der linken Schulter und des AC-Gelenks sowie eine Tossy-I-Verletzung und äußerte einen Verdacht auf Läsion der Supraspinatussehne (Durchgangsarztbericht vom 9. März 2006).
In einem weiteren Zwischenbericht vom 14. März 2006 bestätigte Dr. M.-R. nach dem MRT-Befund eine Ruptur der Supraspinatussehne, einen kleinen Erguss im Verlauf der langen Bizepssehne sowie eine Verschmälerung des Subacrominalraumes. Der Kläger stellte sich deswegen am 16. März 2006 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BGU) vor, deren Ärzte eine arthroskopische und operative Versorgung für den 3. April 2006 planten.
Die Beklagte zog daraufhin zunächst das Vorerkrankungsverzeichnis bei der AOK bei, das auf keine einschlägigen Vorerkrankungen (HWS-und Cervicobrachialsyndrom) hindeutete (Bl. 19 V-Akte).
Nach dem Operationsbericht der BGU vom 4. April 2006 wurde eine diagnostische Arthroskopie des Schultergelenks mit subacrominaler Dekompression, Entfernung von Osteophyten am AC-Gelenk sowie eine Rotatorenmanschettenfixation durchgeführt. Der Supraspinatusdefekt war klein ohne Retraktion der Sehne bei mäßig verdickter und entzündlich veränderter Bursa. Die Ruptur wirkte aufgefasert, so dass sie Dr. S. inspektorisch als eine degenerativ bedingte Läsion einschätzte und Biopsien aus dem Rupturrand entnahm (Bl. 67 SG-Akte). Die histologische Untersuchung der stecknadelkopfgroßen Gewebeproben (überwiegend Knorpelgewebe) erbrachte keinen Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen (Bericht vom 7. April 2006, Bl. 37-3 Rs.). Prof. Dr. W. von der BGU führte hierzu im Entlassungsbericht vom 7. April 2006 ergänzend aus, es müsse von keiner unfallbedingten Verletzung der Rotatorenmanschette ausgegangen werden.
Vom 13. bis 19. Juli 2006 musste der Kläger erneut stationär behandelt werden. Dadurch konnte die Beweglichkeit im Bereich der Schulter deutlich gebessert werden, so dass die Beweglichkeit für die Abduktion/Adduktion 130-0-10°, die Anteversion/Retroversion 140-0-20° sowie die Außen-/Innenrotation 10-0-20° betrug. Auch die grobe Kraft konnte erheblich gesteigert werden, so dass der Kläger in Abduktoren/Flexoren gute Vierer-Werte erreichte. Der Kläger litt zwar noch an einer erheblichen postoperativen Bewegungseinschränkung und chronischem Schmerz, eine Arbeitsbelastungserprobung wurde indiziert (Entlassungsbericht der BGU vom 26. Juli 2006).
Nachdem der Kläger nach der letzten ambulanten Behandlung vom 22. August 2006 in der BGU als vollschichtig arbeitsfähig ab 23. August 2006 mit Einschränkungen entlassen werden konnte, veranlasste die Beklagte eine unfallchirurgische Begutachtung. Prof. Dr. W. führte zum Unfallhergang aus, dass der linke Arm während des Sturzes am Oberkörper angelegt gewesen sei, so dass der Schlag direkt auf die linke Schulter erfolgt sei. Damit handele es sich nicht um ein adäquates Unfallereignis, welches eine Rotatorenmanschettenruptur hervorrufen könne. Auch nach dem OP-Bericht sei die Läsion eher als degenerativ anzusehen. Durch den Unfall sei deswegen nur eine Kontusion der linken Schulter bei bestehendem Vorschaden eingetreten. Zwar verzeichne das Vorerkrankungsverzeichnis von Seiten der oberen Extremitäten keine Vorerkrankungen, jedoch seien seit 1993 rezidivierend HWS-Beschwerden mit Bandscheibenschädigung verzeichnet. Die Kontusion der linken Schulter begründe eine Behandlungsbedürftigkeit und ebenso Arbeitsunfähigkeit von etwa drei Wochen. Eine unfallbedingte MdE sei nicht eingetreten.
Gestützt hierauf anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 2. November 2006 den Unfall vom 8. März 2006 als Arbeitsunfall und weiterhin, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vom 9. März bis 29. März 2006 bestanden habe. Der Kläger habe wegen des Arbeitsunfalls jedoch keinen Anspruch auf Rente, denn die darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit sei auf eine vorbestehende Arthrose im linken Schultereckgelenk und eine degenerative bzw. ältere Schädigung der Supraspinatussehne links mit jetzt noch bestehendem Reizzustand im Bereich der linken Schulter zurückzuführen. Für eine traumatische Verletzung des Schulterdrehapparates sei eine widernatürliche Belastung notwendig, für eine Schädigung der Supraspinatussehne z.B. eine Bewegung des Armes nach hinten und nach innen bei fixiertem Schulterblatt. Dies sei bei einem Sturz auf die Schulter bei einem körperanliegenden Arm nicht der Fall. Das Ereignis sei auch nach Art und Schwere nicht geeignet, eine Schädigung der Supraspinatussehne zu verursachen. Ein ausgeprägtes frisches Trauma habe auch bei der Kernspintomographie vom 14. März 2006 nicht nachgewiesen werden können. Die Prellung und Quetschung der linken Schulter sei ohne Folgen verheilt. Somit bestehe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 vom Hundert (v. H.) über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus und daher kein Rentenanspruch.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bei dem Sturz wohl reflexartig seinen Arm an den Körper angelegt. Ob er jedoch ganz nah oder 20 - 30 cm weg von seinem Körper gewesen sei, könne er beim besten Willen nicht mehr sagen, denn es sei alles sehr schnell gegangen. Er wisse nicht mehr, ob er sich gleich abgestützt habe oder nicht. Vor dem Sturz sei er ohne jegliche Verletzungen oder Einschränkungen an seiner Arbeitsstelle gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, nach dem Gutachten des Sachverständigen sei der Bewegungsablauf nicht geeignet gewesen, den festgestellten Riss der Supraspinatussehne der linken Schulter zu verursachen. So habe auch der zeitnah erfolgte kernspintomographische Befund keine ausgeprägten Unfalleinwirkungen wie z.B. Blutungen, die nach einem frischen Riss zu erwarten gewesen wären, gezeigt. Die Vorschäden aus dem Vorerkrankungsverzeichnis bestünden in Form von HWS-Beschwerden sowie einer Bandscheibenschädigung. Durch den Sturz sei es daher lediglich zu einer Prellung der linken Schulter gekommen.
Dagegen hat der Kläger am 2. Januar 2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, es handele sich bei dem Unfall nicht um eine bloße Gelegenheitsursache. Insbesondere der histologische Befund belege, dass keine Schadensanlage bestehe, da sich kein Hinweis auf eine vorbestehende degenerative Läsion habe finden lassen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Kläger auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und danach von Amts wegen orthopädisch begutachten lassen.
Der Sachverständige nach § 109 SGG Dr. S. hat ausgeführt, dass sich während der Operation ein kleiner Supraspinatusdefekt ohne Zurückziehung der Sehne bei mäßig verdickten und entzündlich verändertem Schleimhautbeutel gezeigt habe. Der Operateur habe beschrieben, dass die Ruptur aufgefasert wirke und die Sehne in sich horizontal eingerissen sei, so dass das Ganze eher einen degenerativ veränderten Eindruck mache. Im Bereich des AC-Gelenks habe er knöcherne Veränderungen beschrieben, die für eine beginnende Arthrose sprächen, was auch aus den anfänglichen Unfall-Röntgenbildern hervorgehe. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 54 Jahre alt gewesen und habe keinerlei Beschwerden seitens der linken Schulter angegeben, welches deswegen erwähnenswert sei, da die meisten Rotatorenmanschettenrupturen in diesem Alter symptomatisch würden. Auch hätten sowohl die Röntgenaufnahmen wie die Kernspintomographie keine Veränderungen erbracht, die sich radiologisch bereits knöchern als länger bestehendes Rotatorenmanschettenleiden manifestiert hätten. Bei dem Kläger sei der Unfallmechanismus nicht exakt beschrieben. Die Einlassung, der Kläger sei mit angelegtem Arm auf die Schulter gestürzt, sei eine nachträgliche Variante, die sich nicht aus dem ereignisnahen Bericht ergebe. Deswegen könne man diesen Unfallmechanismus nicht als Kriterium heranziehen, um die Unfallursächlichkeit abzulehnen. Weiter werde im histologischen Bericht kein Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen angegeben. Deswegen komme er insgesamt zu dem Ergebnis, dass mehr dafür als dagegen spreche, dass die Ruptur unfallbedingt sei und nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit weiterhin eine MdE von 20 v. H. bestehe.
Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vorgelegt, der darauf hingewiesen hat, dass zum einen eine feingewebliche Untersuchung allein nicht beweisend für die Zusammenhangsbeurteilung sein könne. Zum anderen habe der Sachverständige übergangen, dass sowohl in der Kernspintomographie als auch im Rahmen der arthroskopischen Behandlung Osteophyten als knöcherne Ausziehung am Unterrand des Schultergelenks beschrieben worden seien, die auf eine deutliche Degeneration im Bereich des Schultereckgelenks mit sekundären Einwirkungen auch auf den darunter liegenden Anteil der Supraspinatussehne deuteten. Am Unfalltag selbst seien die Verhältnisse noch unauffällig gewesen, so dass lediglich eine Sehne inkomplett von einer Läsion betroffen gewesen sei. Diese Konstellation spreche eher für eine degenerative Rotatorenmanschettenläsion. Außerdem fehlten Zeichen für eine tatsächlich erhebliche Gewalteinwirkung im Bereich des linken Schultergelenks, vielmehr seien die Infra-, Subrascapularis- wie die Bizepssehne sowie das Labrum bei fehlendem Bone bruise intakt gewesen. Auch fehle eine Pseudoparalyse nach dem Unfallereignis.
Hierauf hat der klägerische Bevollmächtigte beantragt, die Stellungnahme des Dr. M. nicht zu berücksichtigen, da sie dem Umfang nach als gutachterliche Stellungnahme zu bewerten sei und mithin einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 5. Februar 2008 zu § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) entgegengetreten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. S. ausgeführt, eine Monoläsion der Supraspinatussehne sei bei solchen Traumata eine gängige Tatsache und dies gerade bei Patienten über 50 Jahre. Eine Pseudoparalyse könne schon deswegen nicht auftreten, weil es sich um eine Teilruptur und damit eine unvollständige Läsion der Supraspinatussehne gehandelt habe. Der Umstand, dass Osteophyten im Bereich des linken Schultereckgelenks vorgelegen hätten, spreche nicht gegen einen wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis, da es sich nicht um eine deutliche Degeneration handele. Er verbleibe dabei insgesamt bei einer unfallkausalen Rotatorenmanschetten¬schädigung und einer MdE von 20 v. H.
Daraufhin hat das SG ein weiteres Gutachten von Amts wegen bei PD Dr. S. eingeholt. Dieser hat ausgeführt, dass sich eine deutliche Limitierung der Einzelversion finde, eine wesentliche Außendrehung sei nicht möglich (vgl. Messblatt, Bl. 165 SG-Akte). Auch durch Befragung des Klägers sei der Unfallhergang nicht mehr genau aufzuklären, was eher typische Aussage vieler Unfallverletzter sei. Ihm habe das im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall erstellte MRT nicht vorgelegen, er habe lediglich die schriftlichen Berichte hierüber auswerten können. Das Röntgenbild vom 16. März 2006 zeige ein perfekt zentriertes Schultergelenk, wobei die Osteophyten nicht in relevanter Weise zur Darstellung gelangten. Da eine kleine partielle Läsion der Supraspinatussehne vorgelegen habe, sei ein Höherdrehen des Oberarmkopfs nicht nur nicht zu erwarten gewesen, sondern schlicht anatomisch nicht möglich, denn es finde sich noch eine ausreichende Weichteilschicht und ein Subacrominalraum. Er gehe davon aus, dass eine bis zum Unfalltag klinisch stumme Schadensanlage vorbestanden habe. Allein die zeitliche Koinzidenz zwischen dem Unfallereignis und dem Einsetzen der körperlichen Beschwerden sei zwar ein starker Hinweis für einen kausalen Zusammenhang, reiche aber nicht aus. Vielmehr handele es sich um die Folgen eines unfallunabhängigen degenerativen Leidens. Allenfalls könne man eine MdE von 20 v. H. für die Dauer von drei Monaten ab dem Unfallereignis für möglich erachten. Dieser Zeitraum sei jedoch am 23. August 2006 bereits abgelaufen gewesen.
Hierauf ist Dr. S. erneut zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert worden. Dieser hat ausgeführt, dass es an einem im Vorfeld diskreten Anscheinsbeweis durch anamnestische oder morphologische Daten einer Vorschädigung fehle. Außerdem weise die Argumentationskette von Dr. S. (gemeint PD Dr. S.) ein klares Defizit auf, denn eine Nachbegutachtung der ereignisnah durchgeführten Röntgenaufnahmen oder Kernspintomographien werde nicht durchgeführt. Diese dokumentierten aber nur eine geringfügige Degeneration des Acromionclaviculargelenkes, jedoch ohne Einengung des subacrominalen Gleitraums. Es habe keine fettige Atrophie der betroffenen Muskulatur vorgelegen.
Gestützt hierauf hat das SG mit Urteil vom 25. Mai 2012, der Beklagten zugestellt am 4. Juni 2012, die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass als weitere Folge des Arbeitsunfalls ein Impingement der linken Schulter mit Armhebeeinschränkung und Belastungseinschränkungen in der linken Schulter nach Rotatorenmanschettenläsion Batement 1 und Zustand nach zweimaliger Operation festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Sachverständige Dr. S. habe nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass sowohl der klinische Verlauf, die Auswertung der bildgebenden Diagnostik, die intraoperative Darstellung und Histologie wie auch das Fehlen von relevanten Schultervorerkrankungen bzw. -verletzungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für den kausalen Zusammenhang spreche. Dem Unfallmechanismus könne insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen PD Dr. S. keine große Bedeutung zugemessen werden. Dies stimme auch mit der versicherungsmedizinischen Literatur überein. Hieran habe sich der Sachverständige Dr. S. orientiert. Demgegenüber könnten weder das Gutachten von PD Dr. S. noch die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. überzeugen. Ausgehend von den Bewegungsmaßen sei auch eine MdE von 20 v. H. gerechtfertigt.
Hiergegen hat die Beklagte am 27. Juni 2012 Berufung eingelegt und nach Vorlage und Auswertung der bildtechnischen Befunde eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. wie auch eine weitere von Dr. M. vorgelegt. Gestützt hierauf ist sie der Auffassung, dass eine frische Verletzung durch das Ereignis vom 8. März 2006 nicht bewiesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. K. zu befragen, ob jedes alltägliche Ereignis geeignet gewesen ist, die eingetretenen Verletzungsfolgen hervorzurufen, höchsthilfsweise hierzu den Sachverständigen Dr. S. zu befragen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass er auf Glatteis gestürzt sei, womit es sich nicht um ein alltägliches Ereignis gehandelt habe. Eine direkte Traumatisierung der Schulter sei auch durch den Unfall nicht eingetreten, weil keinerlei Hautabschürfungen und Hämatome im Erstbefund beschrieben würden. Der Sachverständige Prof. Dr. K. könne keinen sicheren Schluss ziehen, dass die pathologischen Ergebnisse falsch seien.
Dr. G. hat mitgeteilt, dass nach dem Bildmaterial keine sichere Aussage dazu getroffen werden könne, ob überhaupt eine Supraspinatussehnenruptur vorliege und wenn ja, ob diese eher chronisch-degenerativ oder frisch traumatisch sei. Indizien für eine degenerative Vorerkrankung bestünden. Die Flüssigkeit/das Hämatom axillär sei mit einer traumatischen Genese (Zerrung) vereinbar. Dr. M. hat darauf verwiesen, dass die Knochenspornbildung (Osteophytenbildung) nicht die Rissbildung der Sehne darstelle, sondern einen der extrinsischen Faktoren, die zu einem degenerativen Verschleiß im Verlauf der Sehne führe. Durch den Knochenvorsprung komme es zu einem "Durchscheuern" der Sehne, wobei im Röntgenbild lediglich der Knochensporn gesehen werden könne und dies als indirekter Hinweis für eine degenerative Läsion der Rotatorenmanschette angenommen werden könne. Die von Dr. S. angenommene traumatische Läsion sei mit den beschriebenen Veränderungen nicht vereinbar.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat ein röntgenologisches und anschließend ein weiteres orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten eingeholt.
Prof. Dr. G. hat in seinem radiologischen Gutachten in Auswertung insbesondere der MRT-Aufnahmen vom 14. März 2006 sowie der Röntgendiagnostik (16. März, 17. Mai und 11. Oktober 2006) ausgeführt, dass die wesentliche Entscheidung des Vorliegens einer Supraspinatussehnenruptur (4. Muskel der Rotatorenmanschette) nach dem MRT nicht sicher möglich sei. Da typische fettgesättigte Sequenzen fehlten und nur ein 0,2 Tesla-MRT verwendet worden sei, sei ein Knochenödem als typisches frisches Traumazeichen nicht identifizierbar. Als indirektes Zeichen könne lediglich der Verlust des typischen hypointensen Signales der Supraspinatussehne am Sehnenansatz gewertet werden. Da der Muskelbauch des Musculus supraspinatus keine fettigen Atrophiezeichen zeige, müsse im Falle einer Ruptur von einer frischen und damit traumabedingten Schädigung ausgegangen werden. Dies sei aber weder sicher zu diagnostizieren noch auszuschließen. Es sei allenfalls denkbar, dass es bei einer durch die AC-Gelenksarthrose vorbestehenden Faserruptur von kranialen Faseranteilen der Supraspinatussehne im Rahmen des Traumas zu einer vollständigen Supraspinatussehnenruptur gekommen sei, die aufgrund der fehlenden, sättigenden Atrophie als traumabedingte Unfallfolge einzuordnen sei. Die konventionellen Aufnahmen zeigten bis auf die AC-Gelenksarthrose ebenfalls keine weitere chronische Vorschädigung, was den Verdacht erhärte, dass die mögliche Supraspinatus-Sehnenruptur als Traumafolge einer vorgeschädigten Supraspinatussehne bei AC-Gelenksarthrose verursacht sein könne. Es sei daher seines Erachtens am Wahrscheinlichsten, dass eine degenerativ vorgeschädigte Supraspinatussehne durch das Trauma vollständig gerissen sei.
Prof. Dr. K. hat aufgrund der Nachuntersuchung des Klägers vom 10. Oktober 2013 in seinem orthopädischen Gutachten dargelegt, dass zwar die Schulteranamnese beim Kläger leer sei, sich insbesondere im Vorerkrankungsregister der Krankenkasse keine Behandlungen aufgrund der Schulterproblematik fänden, auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsniederlegung, Schmerzeintritt und dem angeschuldigtem Unfallereignis bestehe. Seines Erachtens überwögen jedoch die Aspekte gegen einen traumatischen und für eine degenerative Ursache der Rotatorenmanschettenschädigung. Dagegen spreche zum einen der Unfallmechanismus mit direktem Schulteranprall, der nicht geeignet sei, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu bewirken. Die Supraspinatussehnenruptur sei gesichert erst in der Operation vom 4. April 2006 festgestellt worden, denn die Qualität der kernspintomographischen Untersuchung sei als erheblich unzureichend und ungenügend zu bezeichnen. In der Operation sei auch nur eine Teilruptur festgestellt worden. Der Operationsbericht vom 4. April 2006 habe einen typischerweise bestehenden, degenerativen Quer-Teileinriss der Supraspinatussehne beschrieben. Begleitverletztungen seien nicht beschrieben worden, hingegen deutliche Hinweise auf eine degenerative Vorschädigung des subacrominalen Raumes, in dem auch die Supraspinatussehne verlaufe. Denn der nachweisbare Osteophyt infolge der AC-Gelenksarthrose habe die Supraspinatussehne nachweislich irritiert. Dies führe typischerweise zum Zerreiben der Rotatorenmanschette, wobei jedoch die Sehne selbst durch die intrinsischen Faktoren der Degeneration in hohem Maße unterliege. Jedes andere alltägliche Ereignis hätte aufgrund der verminderten Belastbarkeit der Sehne zu der Ruptur führen können. Somit habe lediglich eine Gelegenheitsursache vorgelegen. Der Unfall habe daher nur zu einer linken Schulterprellung geführt. Die dadurch begründete Arbeitsunfähigkeit betrage vier Wochen nach dem Unfall. Unfallunabhängig seien die Teilruptur der Supraspinatussehne, die AC-Gelenksarthrose links, die Funktionsbeeinträchtigungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie die Folgen der zweimaligen Schultergelenksoperation links einzuschätzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG) ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtsmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen noch auf die Gewährung einer Unfallrente.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden Sachverständigen erneut zu hören; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt. Beide Sachverständigen haben sich nämlich bereits zu der Frage geäußert, ob jedes alltägliche Ereignis geeignet gewesen ist, die eingetretenen Verletzungsfolgen hervorzurufen; insoweit besteht keine Verpflichtung dazu, die Beweisanordnung zu wiederholen. Der Senat erachtet das Gutachten von Prof. Dr. K. für verwertbar, auch wenn sich der Sachverständige zum Unfallhergang geäußert hat. Dies haben nämlich nicht nur alle Sachverständigen getan, ohne dass der Kläger diese Gutachten für unverwertbar erachtet. Der Kläger übersieht auch, dass der Sachverständige nicht von seiner eigenen Schilderung abweicht, sondern sich gerade auf seine eigenen unfallnahen Angaben stützt, die er selbst im Unfallfragebogen gemacht hat und deren Richtigkeit er unterschriftlich bestätigt hat. Im Übrigen hat der Kläger diesen Unfallhergang auch nochmals bei der Befragung durch den Sachverständigen am 10. Oktober 2013 erneut so dargestellt, nämlich als direkten Sturz auf die Schulter ohne Abfangmöglichkeit. Was die Beurteilung des histologischen Befundes anbelangt, sieht der Senat auch insoweit keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Bereits der Sachverständige PD Dr. S. hat die Frage aufgeworfen, ob es sich überhaupt um repräsentatives Material handelt (Bl. 26 des Gutachtens) und weiter ausgeführt, es lasse sich aufgrund des Befundes nicht automatisch auf eine traumatische Läsion schließen. Des Weiteren ist zu beachten, dass bereits die unfallmedizinische Fachliteratur den Beweiswert von histologischen Untersuchungen als gering einschätzt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 416). Dessen ungeachtet hat der Sachverständige Prof. Dr. K. für den Senat nachvollziehbar und für die Entscheidungsfindung ausreichend dargelegt, wo die Entnahmestelle der Proben war, nämlich am Rupturrand, was sich aus dem Operationsbericht ergibt, dieses wiederum überwiegend chondroides Gewebe, also Knorpelzellen beschrieb, was aus dem histologischen Befund folgt. Somit ist seine Schlussfolgerung, dass das untersuchte Gewebe bereits nicht die Sehne war, in beiden Berichten dokumentiert.
Soweit der Kläger die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. für nicht verwertbar erachtet hat, so hat er diese Rüge im Berufungsverfahren nicht wiederholt. Der Senat weist dennoch darauf hin, dass die Äußerungen von Dr. M. und Dr. G. keine Gutachten im Sinne des § 200 Abs. 2 Hs. 2 SGB VII darstellen und verwertbar sind (vgl. zum Folgenden Bayerisches LSG, Urteil vom 13. Juni 2013 - L 17 U 239/11- Juris). Ein Gutachten liegt nur dann vor, wenn ein solches auch angefordert oder als solches erstellt und übersandt oder abgerechnet wurde. Unabhängig von dieser rein äußerlichen Bezeichnung ist zur weiteren Unterscheidung vom Bezugspunkt der schriftlichen Äußerung des Sachverständigen auszugehen: Enthält sie vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen (z.B. des umstrittenen Ursachenzusammenhangs) ist es ein Gutachten. Setzt sich die schriftliche Äußerung des Sachverständigen – wie vorliegend - im Wesentlichen mit dem eingeholten Gerichtsgutachten auseinander, insbesondere im Hinblick auf dessen Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage ist es nur eine beratende Stellungnahme. Dass eine derartige Stellungnahme, wenn der Ursachenzusammenhang zwischen einem Ereignis und einer Gesundheitsstörung umstritten ist, auch Aussagen zu diesem Ursachenzusammenhang und dem einschlägigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand enthält, ergibt sich aus der Materie. Entscheidend sind daher der Bezugspunkt der umstrittenen ärztlichen Äußerung, die an den Arzt gestellten Fragen und die von ihm gegebenen Antworten.
Die Beklagte hat in dem (teilweise) angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgestellt, dass der Kläger am 8. März 2006 einen Arbeitsunfall und als dessen Folge eine folgenlos verheilte Prellung und Quetschung der linken Schulter erlitten hat. Mit der erstinstanzlich erhobenen Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann der Kläger den behaupteten materiellen Anspruch auf Feststellung der weiteren Unfallfolge (Impingement der linken Schulter mit Armhebeeinschränkung und Bewegungseinschränkungen der linken Schulter nach Rotatorenmanschettenläsion Bagement 1 und Zustand nach zweimaliger Operation) durchsetzen, ohne dass er daran durch seine Befugnis zur Erhebung einer Verpflichtungsklage gehindert wäre. Er kann nach der Rechtsprechung nämlich zwischen beiden Rechtsschutzformen wählen, weil, soweit es um Ansprüche auf Feststellung von Unfallfolgen geht, grundsätzlich beide Rechtsschutzformen gleich rechtsschutzintensiv sind (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr. 1). Sein Feststellungsbegehren hat der Kläger daher zulässig mit einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG und einer unechten Leistungsklage auf Gewährung einer Verletztenrente kombiniert.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 102 SGB VII haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr. 1; so auch zuletzt Urteil des Senats vom 21. November 2013 - L 6 U 3924/12). Während der Gesundheitsschaden sicher feststehen muss (Vollbeweis), erfolgt die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und dem - hier als Arbeitsunfall anerkannten - Unfallereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg - hier die Rotatorenmanschettenläsion - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr BSG, vgl. Urteile vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - SozR 2200 § 548 Nr. 38 - und 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, - B 2 U 31/11 R - Juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen kann die erstmals in der Operation vom 4. April 2006 nachgewiesene teilweise Ruptur der Supraspinatussehne nicht als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 8. März 2006 festgestellt werden. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. K., PD Dr. S. und das im Wege des Urkundsbeweises verwertbare Gutachten von Prof. Dr. W. ebenso wie die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. und Dr. G. für den Senat übereinstimmend und überzeugend dargelegt. Demgegenüber war die allein abweichende Einschätzung von Dr. S. bereits nicht in sich schlüssig und hat auch wesentliche Aspekte unberücksichtigt gelassen.
Schon auf der ersten Stufe des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs hält es Senat nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für den teilweisen Abriss der Supraspinatussehne gewesen ist. Vielmehr hält der Senat einen solchen Ursachenzusammenhang allenfalls für möglich. Dass nicht mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, ergibt sich für den Senat insbesondere in Auswertung der zuletzt eingeholten Gutachten, die erstmals das MRT röntgenologisch ausgewertet und dargelegt haben, dass die Teilruptur dort gar nicht sichtbar war. Nach den Sachverständigen Prof. Dr. G. und Prof. Dr. K. ergibt sich der fehlende Kausalzusammenhang aus den folgenden Umständen:
Der vom Kläger selbst wiederholt dargestellte Unfallhergang, der bereits sehr zeitnah im Unfallfragebogen von ihm als direkter Sturz auf die Schulter geschildert wurde, ist nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 413) und übereinstimmender Einschätzung der Sachverständigen als Verletzungsmechanismus ungeeignet, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz gut geschützt ist. Der Umstand, dass der Kläger keine Hautabschürfungen oder Hämatome in diesem Bereich erlitten hat, besagt für sich genommen nichts, sondern kann auch durch das Tragen von Kleidung im Winter (Glatteisunfall) erklärt werden.
Aus dem Erstbefund vom 9. März 2006, also zeitnah einen Tag nach dem Unfallereignis, können gar keine Anhaltspunkte dafür abgeleitet werden, ob eine Verletzung der Rotatorenmanschette stattgefunden hat und hierfür traumatische oder degenerative Ursachen verantwortlich gemacht werden können. Denn es wird lediglich eine Beschwerdehaftigkeit an der Schulter und eine eingeschränkte Beweglichkeit beschrieben, der Kläger konnte nach dem Unfallereignis noch weiterarbeiten und hat erst am Folgetag überhaupt einen Arzt aufgesucht. Dass eine Pseudoparalyse, d.h. dass der Verletzte den hängenden Arm nicht mehr selbständig abspreizen kann, nicht vorlag, ist hingegen ohne Relevanz. Denn nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K. ist eine solche auch nicht zwangsläufig für die Annahme einer Sehnenverletzung erforderlich. Allerdings spricht der unverzügliche Schmerzeintritt nach übereinstimmender Einschätzung aller Sachverständigen für eine traumatisch verursachte Rotatorenmanschettenläsion. Die Läsion konnte aber auch nicht im MRT vom 14. März 2006 gesichert werden, sondern erst bei der Operation am 4. April 2006, also zirka einen Monat nach dem Unfallereignis, so dass theoretisch die Läsion auch nach dem Unfallereignis aufgetreten sein kann. Die Unverwertbarkeit des MRT hat für den Senat der insofern kompetente radiologische Sachverständige Prof. Dr. G. dargelegt, so dass die Feststellungen von Dr. S., das Kernspin stelle eine Ruptur mit relativ frischen Rändern und ohne ausgeprägte degenerativer Veränderungen dar, in keiner Weise überzeugen können.
Der Operationsbericht, den der Sachverständige Dr. S. erstmals zu den Unfallakten beigezogen hat, spricht vielmehr für eine degenerative Ursache, wie dies insbesondere Prof. Dr. K. dargelegt hat. Denn der Operateur hat, unabhängig von seiner damit übereinstimmenden Bewertung einen horizontalen Einriss der Sehne beschrieben, die makroskopisch aufgefasert wirkte, während nur ein längsverlaufender Einriss einen traumatischen Hergang aufweist. Was den histologischen Befund anbelangt, wonach kein Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen vorliegt, so hat dieser wiederum keine Aussagekraft, welches insbesondere Prof. Dr. K. zur Überzeugung des Senats ausführlich begründet dargelegt hat. Denn die drei stecknadelkopfgroßen Biopsien haben kein repräsentatives Material untersucht, sondern überwiegend Knorpelgewebe und anteilig benachbartes Fettgewebe, jedoch nicht wie allein erforderlich Sehnengewebe. Dessen ungeachtet hat der histologische Befund ohnehin kaum Aussagewert (siehe oben).
Was nun die Schadensanlage anbelangt, so ist zwar das Vorerkrankungsregister leer, was der Senat der Auskunft der AOK entnimmt. Dies ist auch durch die Befragung des Klägers von sämtlichen Sachverständigen bestätigt worden. Somit wurde der Kläger weder aufgrund von Schultererkrankungen vor dem Unfalltag behandelt, noch sind einschlägige Vorverletzungen bekannt. Dies hat den Sachverständigen PD Dr. S. zu der zutreffenden Schlussfolgerung veranlasst, dass es sich nur um eine stumme Schadensanlage handeln kann, die noch keine Beschwerden verursacht hat, was aber eine degenerativ bedingte Läsion nicht ausschließt.
Denn auch zur Überzeugung des Senats liegt eine eindeutige Degeneration am Schultergelenk (AC-Gelenk) links vor, welches durch den operativen Befund vom 4. April 2006, die Kernspintomographie vom 14. April 2006 sowie die konventionellen Röntgenaufnahmen vom 16. März 2006 bestätigt wird. Sämtliche Befunde haben übereinstimmend eine AC-Gelenksarthrose nach kaudal reichendem Sporn (Osteophyt) gezeigt, die derart ausgeprägt war, dass die operative Maßnahme um die Entfernung der Degeneration erweitert worden ist, was der Senat dem Operationsbericht entnimmt. Dass die Zacken am Unterrand des Acromions sowie Aufhellungen und Aufrauhungen erstmals im November 2006 zu sehen sind, was Dr. S. behauptet hat, stimmt also schlicht nicht, wie dies der radiologische Sachverständige Prof. Dr. G. dargelegt hat, der bereits im MRT die Gelenksarthrose und die Spornbildung nach kaudal gesehen hat.
Desweiteren muss bei der Würdigung der Wesentlichkeit berücksichtigt werden, dass Begleitverletzungen im Bereich des Tuberculum majus, des Schulterdachs, der Schulterpfanne oder der langen Bizepssehne fehlen, welches ebenfalls gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenschädigung spricht. Auch dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. K ... Insofern muss weiter das insofern für eine solche degenerative Verletzung typische Lebensalter des Klägers berücksichtigt werden, was die Sachverständigen mit Ausnahme von Dr. S. getan haben und auch mit der unfallmedizinischen Fachliteratur übereinstimmt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 410).
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte hat insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. K. auch nach Überzeugung des Senats überzeugend dargelegt, dass bei der vorgeschädigten Sehne jedes andere alltägliche Ereignis eine Ruptur hätte bewirken können, die gemeinhin als "Gelegenheitsursache" zu bezeichnen ist. Zwar verkennt der Senat nicht, dass der Kläger auf Glatteis gestürzt ist, was die Möglichkeit den Sturz aufzufangen erschwert. Andererseits kann aber der Sturz auch nicht heftig gewesen sein, weil es nicht nur zu keinen äußereren Verletzungen kam, sondern der Kläger noch den gesamten Unfalltag weiterarbeiten konnte.
Insofern hat der allein abweichende Sachverständige Dr. S. den Senat im Gegensatz zum SG nicht überzeugen können, weil er bereits den Unfallmechanismus nicht ausreichend berücksichtigt hat. Zu Recht hat Prof. Dr. K. darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst in dem Unfallfragebogen zeitnah am 19. April 2006 ein direktes Aufpralltrauma ohne Möglichkeit des Abfangens bzw. ohne Sturz auf den Ellenbogen oder die Hand beschrieben hat. Desweiteren hat der Sachverständige Dr. S. nicht berücksichtigt, dass sowohl die degenerativen Zeichen des Schultergelenks vorlagen, welche sich bereits aus den Röntgenaufnahmen vom 9. März 2006, dem Operationsbericht vom 4. April 2006 sowie den weiteren Röntgenuntersuchungen, insbesondere vom 11. Oktober 2006, ergeben. Dies hat auch zu operationstechnischen Konsequenzen geführt, was der Sachverständige ebenfalls nicht berücksichtigt hat. Auch wurde das Kernspin vom 14. März 2006 nicht zutreffend ausgewertet. Dr. S. ist von einem scharfrandigen Rupturzeichen der Supraspinatussehne ausgegangen, was durch das vom Senat eingeholte fachradiologische Gutachten von Prof. Dr. G. widerlegt wurde. Danach kann aufgrund der technisch schlechten Qualität der Untersuchung der Kernspintomographie noch nicht einmal festgestellt werden, ob es überhaupt zu einer Ruptur der Supraspinatussehne gekommen ist. Dies hat zuletzt auch der Sachverständige Prof. Dr. K. nach eigener Auswertung der Untersuchungsdaten bestätigt. Dr. S. hat sich auch zu Unrecht auf die Beurteilung der Histologie gestützt, obwohl überhaupt kein Sehnengewebe untersucht wurde. Seine Aussagen sind deswegen in keiner Weise überzeugend.
Insgesamt hält es der Senat deswegen nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass durch den Arbeitsunfall eine traumatische Ruptur der Supraspinatussehne eingetreten ist, diese ist allenfalls möglich.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII aufgrund der im streitgegenständlichen Bescheid somit zu Recht allein als Unfallfolge festgestellten folgenlos verheilten Prellung und Quetschung der linken Schulter besteht ebenfalls nicht.
Auf die Berufung der Beklagten ist daher das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Der am 17. März 1952 geborene Kläger, der als Logistikarbeiter der Firma H. B. versicherungspflichtig beschäftigt ist, stürzte am 8. März 2006 um 8.00 Uhr auf einer Glatteisfläche im Betrieb direkt auf die linke Schulter und arbeitete dann zunächst weiter (Angaben des Klägers vom 19. April 2006 im Fragebogen zum Unfallhergang, Bl. 22 V-Akte). Am Folgetag stellte er sich bei dem Unfallchirurgen Dr. M.-R. vor, der eine deutlich schmerzhaft eingeschränkte Bewegung und Belastung des Schultergelenks ohne verstärkte Federung der Clavicula, aber keine äußeren Verletzungen feststellte. Die Röntgenaufnahme ergab keinen sicheren Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung, aber eine Arthrose am AC-Gelenk und einen Oberarmkopfhochstand. Er diagnostizierte eine schwere Stauchung der linken Schulter und des AC-Gelenks sowie eine Tossy-I-Verletzung und äußerte einen Verdacht auf Läsion der Supraspinatussehne (Durchgangsarztbericht vom 9. März 2006).
In einem weiteren Zwischenbericht vom 14. März 2006 bestätigte Dr. M.-R. nach dem MRT-Befund eine Ruptur der Supraspinatussehne, einen kleinen Erguss im Verlauf der langen Bizepssehne sowie eine Verschmälerung des Subacrominalraumes. Der Kläger stellte sich deswegen am 16. März 2006 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BGU) vor, deren Ärzte eine arthroskopische und operative Versorgung für den 3. April 2006 planten.
Die Beklagte zog daraufhin zunächst das Vorerkrankungsverzeichnis bei der AOK bei, das auf keine einschlägigen Vorerkrankungen (HWS-und Cervicobrachialsyndrom) hindeutete (Bl. 19 V-Akte).
Nach dem Operationsbericht der BGU vom 4. April 2006 wurde eine diagnostische Arthroskopie des Schultergelenks mit subacrominaler Dekompression, Entfernung von Osteophyten am AC-Gelenk sowie eine Rotatorenmanschettenfixation durchgeführt. Der Supraspinatusdefekt war klein ohne Retraktion der Sehne bei mäßig verdickter und entzündlich veränderter Bursa. Die Ruptur wirkte aufgefasert, so dass sie Dr. S. inspektorisch als eine degenerativ bedingte Läsion einschätzte und Biopsien aus dem Rupturrand entnahm (Bl. 67 SG-Akte). Die histologische Untersuchung der stecknadelkopfgroßen Gewebeproben (überwiegend Knorpelgewebe) erbrachte keinen Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen (Bericht vom 7. April 2006, Bl. 37-3 Rs.). Prof. Dr. W. von der BGU führte hierzu im Entlassungsbericht vom 7. April 2006 ergänzend aus, es müsse von keiner unfallbedingten Verletzung der Rotatorenmanschette ausgegangen werden.
Vom 13. bis 19. Juli 2006 musste der Kläger erneut stationär behandelt werden. Dadurch konnte die Beweglichkeit im Bereich der Schulter deutlich gebessert werden, so dass die Beweglichkeit für die Abduktion/Adduktion 130-0-10°, die Anteversion/Retroversion 140-0-20° sowie die Außen-/Innenrotation 10-0-20° betrug. Auch die grobe Kraft konnte erheblich gesteigert werden, so dass der Kläger in Abduktoren/Flexoren gute Vierer-Werte erreichte. Der Kläger litt zwar noch an einer erheblichen postoperativen Bewegungseinschränkung und chronischem Schmerz, eine Arbeitsbelastungserprobung wurde indiziert (Entlassungsbericht der BGU vom 26. Juli 2006).
Nachdem der Kläger nach der letzten ambulanten Behandlung vom 22. August 2006 in der BGU als vollschichtig arbeitsfähig ab 23. August 2006 mit Einschränkungen entlassen werden konnte, veranlasste die Beklagte eine unfallchirurgische Begutachtung. Prof. Dr. W. führte zum Unfallhergang aus, dass der linke Arm während des Sturzes am Oberkörper angelegt gewesen sei, so dass der Schlag direkt auf die linke Schulter erfolgt sei. Damit handele es sich nicht um ein adäquates Unfallereignis, welches eine Rotatorenmanschettenruptur hervorrufen könne. Auch nach dem OP-Bericht sei die Läsion eher als degenerativ anzusehen. Durch den Unfall sei deswegen nur eine Kontusion der linken Schulter bei bestehendem Vorschaden eingetreten. Zwar verzeichne das Vorerkrankungsverzeichnis von Seiten der oberen Extremitäten keine Vorerkrankungen, jedoch seien seit 1993 rezidivierend HWS-Beschwerden mit Bandscheibenschädigung verzeichnet. Die Kontusion der linken Schulter begründe eine Behandlungsbedürftigkeit und ebenso Arbeitsunfähigkeit von etwa drei Wochen. Eine unfallbedingte MdE sei nicht eingetreten.
Gestützt hierauf anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 2. November 2006 den Unfall vom 8. März 2006 als Arbeitsunfall und weiterhin, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vom 9. März bis 29. März 2006 bestanden habe. Der Kläger habe wegen des Arbeitsunfalls jedoch keinen Anspruch auf Rente, denn die darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit sei auf eine vorbestehende Arthrose im linken Schultereckgelenk und eine degenerative bzw. ältere Schädigung der Supraspinatussehne links mit jetzt noch bestehendem Reizzustand im Bereich der linken Schulter zurückzuführen. Für eine traumatische Verletzung des Schulterdrehapparates sei eine widernatürliche Belastung notwendig, für eine Schädigung der Supraspinatussehne z.B. eine Bewegung des Armes nach hinten und nach innen bei fixiertem Schulterblatt. Dies sei bei einem Sturz auf die Schulter bei einem körperanliegenden Arm nicht der Fall. Das Ereignis sei auch nach Art und Schwere nicht geeignet, eine Schädigung der Supraspinatussehne zu verursachen. Ein ausgeprägtes frisches Trauma habe auch bei der Kernspintomographie vom 14. März 2006 nicht nachgewiesen werden können. Die Prellung und Quetschung der linken Schulter sei ohne Folgen verheilt. Somit bestehe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 vom Hundert (v. H.) über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus und daher kein Rentenanspruch.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bei dem Sturz wohl reflexartig seinen Arm an den Körper angelegt. Ob er jedoch ganz nah oder 20 - 30 cm weg von seinem Körper gewesen sei, könne er beim besten Willen nicht mehr sagen, denn es sei alles sehr schnell gegangen. Er wisse nicht mehr, ob er sich gleich abgestützt habe oder nicht. Vor dem Sturz sei er ohne jegliche Verletzungen oder Einschränkungen an seiner Arbeitsstelle gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, nach dem Gutachten des Sachverständigen sei der Bewegungsablauf nicht geeignet gewesen, den festgestellten Riss der Supraspinatussehne der linken Schulter zu verursachen. So habe auch der zeitnah erfolgte kernspintomographische Befund keine ausgeprägten Unfalleinwirkungen wie z.B. Blutungen, die nach einem frischen Riss zu erwarten gewesen wären, gezeigt. Die Vorschäden aus dem Vorerkrankungsverzeichnis bestünden in Form von HWS-Beschwerden sowie einer Bandscheibenschädigung. Durch den Sturz sei es daher lediglich zu einer Prellung der linken Schulter gekommen.
Dagegen hat der Kläger am 2. Januar 2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, es handele sich bei dem Unfall nicht um eine bloße Gelegenheitsursache. Insbesondere der histologische Befund belege, dass keine Schadensanlage bestehe, da sich kein Hinweis auf eine vorbestehende degenerative Läsion habe finden lassen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Kläger auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und danach von Amts wegen orthopädisch begutachten lassen.
Der Sachverständige nach § 109 SGG Dr. S. hat ausgeführt, dass sich während der Operation ein kleiner Supraspinatusdefekt ohne Zurückziehung der Sehne bei mäßig verdickten und entzündlich verändertem Schleimhautbeutel gezeigt habe. Der Operateur habe beschrieben, dass die Ruptur aufgefasert wirke und die Sehne in sich horizontal eingerissen sei, so dass das Ganze eher einen degenerativ veränderten Eindruck mache. Im Bereich des AC-Gelenks habe er knöcherne Veränderungen beschrieben, die für eine beginnende Arthrose sprächen, was auch aus den anfänglichen Unfall-Röntgenbildern hervorgehe. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 54 Jahre alt gewesen und habe keinerlei Beschwerden seitens der linken Schulter angegeben, welches deswegen erwähnenswert sei, da die meisten Rotatorenmanschettenrupturen in diesem Alter symptomatisch würden. Auch hätten sowohl die Röntgenaufnahmen wie die Kernspintomographie keine Veränderungen erbracht, die sich radiologisch bereits knöchern als länger bestehendes Rotatorenmanschettenleiden manifestiert hätten. Bei dem Kläger sei der Unfallmechanismus nicht exakt beschrieben. Die Einlassung, der Kläger sei mit angelegtem Arm auf die Schulter gestürzt, sei eine nachträgliche Variante, die sich nicht aus dem ereignisnahen Bericht ergebe. Deswegen könne man diesen Unfallmechanismus nicht als Kriterium heranziehen, um die Unfallursächlichkeit abzulehnen. Weiter werde im histologischen Bericht kein Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen angegeben. Deswegen komme er insgesamt zu dem Ergebnis, dass mehr dafür als dagegen spreche, dass die Ruptur unfallbedingt sei und nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit weiterhin eine MdE von 20 v. H. bestehe.
Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vorgelegt, der darauf hingewiesen hat, dass zum einen eine feingewebliche Untersuchung allein nicht beweisend für die Zusammenhangsbeurteilung sein könne. Zum anderen habe der Sachverständige übergangen, dass sowohl in der Kernspintomographie als auch im Rahmen der arthroskopischen Behandlung Osteophyten als knöcherne Ausziehung am Unterrand des Schultergelenks beschrieben worden seien, die auf eine deutliche Degeneration im Bereich des Schultereckgelenks mit sekundären Einwirkungen auch auf den darunter liegenden Anteil der Supraspinatussehne deuteten. Am Unfalltag selbst seien die Verhältnisse noch unauffällig gewesen, so dass lediglich eine Sehne inkomplett von einer Läsion betroffen gewesen sei. Diese Konstellation spreche eher für eine degenerative Rotatorenmanschettenläsion. Außerdem fehlten Zeichen für eine tatsächlich erhebliche Gewalteinwirkung im Bereich des linken Schultergelenks, vielmehr seien die Infra-, Subrascapularis- wie die Bizepssehne sowie das Labrum bei fehlendem Bone bruise intakt gewesen. Auch fehle eine Pseudoparalyse nach dem Unfallereignis.
Hierauf hat der klägerische Bevollmächtigte beantragt, die Stellungnahme des Dr. M. nicht zu berücksichtigen, da sie dem Umfang nach als gutachterliche Stellungnahme zu bewerten sei und mithin einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 5. Februar 2008 zu § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) entgegengetreten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. S. ausgeführt, eine Monoläsion der Supraspinatussehne sei bei solchen Traumata eine gängige Tatsache und dies gerade bei Patienten über 50 Jahre. Eine Pseudoparalyse könne schon deswegen nicht auftreten, weil es sich um eine Teilruptur und damit eine unvollständige Läsion der Supraspinatussehne gehandelt habe. Der Umstand, dass Osteophyten im Bereich des linken Schultereckgelenks vorgelegen hätten, spreche nicht gegen einen wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis, da es sich nicht um eine deutliche Degeneration handele. Er verbleibe dabei insgesamt bei einer unfallkausalen Rotatorenmanschetten¬schädigung und einer MdE von 20 v. H.
Daraufhin hat das SG ein weiteres Gutachten von Amts wegen bei PD Dr. S. eingeholt. Dieser hat ausgeführt, dass sich eine deutliche Limitierung der Einzelversion finde, eine wesentliche Außendrehung sei nicht möglich (vgl. Messblatt, Bl. 165 SG-Akte). Auch durch Befragung des Klägers sei der Unfallhergang nicht mehr genau aufzuklären, was eher typische Aussage vieler Unfallverletzter sei. Ihm habe das im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall erstellte MRT nicht vorgelegen, er habe lediglich die schriftlichen Berichte hierüber auswerten können. Das Röntgenbild vom 16. März 2006 zeige ein perfekt zentriertes Schultergelenk, wobei die Osteophyten nicht in relevanter Weise zur Darstellung gelangten. Da eine kleine partielle Läsion der Supraspinatussehne vorgelegen habe, sei ein Höherdrehen des Oberarmkopfs nicht nur nicht zu erwarten gewesen, sondern schlicht anatomisch nicht möglich, denn es finde sich noch eine ausreichende Weichteilschicht und ein Subacrominalraum. Er gehe davon aus, dass eine bis zum Unfalltag klinisch stumme Schadensanlage vorbestanden habe. Allein die zeitliche Koinzidenz zwischen dem Unfallereignis und dem Einsetzen der körperlichen Beschwerden sei zwar ein starker Hinweis für einen kausalen Zusammenhang, reiche aber nicht aus. Vielmehr handele es sich um die Folgen eines unfallunabhängigen degenerativen Leidens. Allenfalls könne man eine MdE von 20 v. H. für die Dauer von drei Monaten ab dem Unfallereignis für möglich erachten. Dieser Zeitraum sei jedoch am 23. August 2006 bereits abgelaufen gewesen.
Hierauf ist Dr. S. erneut zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert worden. Dieser hat ausgeführt, dass es an einem im Vorfeld diskreten Anscheinsbeweis durch anamnestische oder morphologische Daten einer Vorschädigung fehle. Außerdem weise die Argumentationskette von Dr. S. (gemeint PD Dr. S.) ein klares Defizit auf, denn eine Nachbegutachtung der ereignisnah durchgeführten Röntgenaufnahmen oder Kernspintomographien werde nicht durchgeführt. Diese dokumentierten aber nur eine geringfügige Degeneration des Acromionclaviculargelenkes, jedoch ohne Einengung des subacrominalen Gleitraums. Es habe keine fettige Atrophie der betroffenen Muskulatur vorgelegen.
Gestützt hierauf hat das SG mit Urteil vom 25. Mai 2012, der Beklagten zugestellt am 4. Juni 2012, die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass als weitere Folge des Arbeitsunfalls ein Impingement der linken Schulter mit Armhebeeinschränkung und Belastungseinschränkungen in der linken Schulter nach Rotatorenmanschettenläsion Batement 1 und Zustand nach zweimaliger Operation festgestellt und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Sachverständige Dr. S. habe nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass sowohl der klinische Verlauf, die Auswertung der bildgebenden Diagnostik, die intraoperative Darstellung und Histologie wie auch das Fehlen von relevanten Schultervorerkrankungen bzw. -verletzungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für den kausalen Zusammenhang spreche. Dem Unfallmechanismus könne insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen PD Dr. S. keine große Bedeutung zugemessen werden. Dies stimme auch mit der versicherungsmedizinischen Literatur überein. Hieran habe sich der Sachverständige Dr. S. orientiert. Demgegenüber könnten weder das Gutachten von PD Dr. S. noch die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. überzeugen. Ausgehend von den Bewegungsmaßen sei auch eine MdE von 20 v. H. gerechtfertigt.
Hiergegen hat die Beklagte am 27. Juni 2012 Berufung eingelegt und nach Vorlage und Auswertung der bildtechnischen Befunde eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. wie auch eine weitere von Dr. M. vorgelegt. Gestützt hierauf ist sie der Auffassung, dass eine frische Verletzung durch das Ereignis vom 8. März 2006 nicht bewiesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. K. zu befragen, ob jedes alltägliche Ereignis geeignet gewesen ist, die eingetretenen Verletzungsfolgen hervorzurufen, höchsthilfsweise hierzu den Sachverständigen Dr. S. zu befragen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass er auf Glatteis gestürzt sei, womit es sich nicht um ein alltägliches Ereignis gehandelt habe. Eine direkte Traumatisierung der Schulter sei auch durch den Unfall nicht eingetreten, weil keinerlei Hautabschürfungen und Hämatome im Erstbefund beschrieben würden. Der Sachverständige Prof. Dr. K. könne keinen sicheren Schluss ziehen, dass die pathologischen Ergebnisse falsch seien.
Dr. G. hat mitgeteilt, dass nach dem Bildmaterial keine sichere Aussage dazu getroffen werden könne, ob überhaupt eine Supraspinatussehnenruptur vorliege und wenn ja, ob diese eher chronisch-degenerativ oder frisch traumatisch sei. Indizien für eine degenerative Vorerkrankung bestünden. Die Flüssigkeit/das Hämatom axillär sei mit einer traumatischen Genese (Zerrung) vereinbar. Dr. M. hat darauf verwiesen, dass die Knochenspornbildung (Osteophytenbildung) nicht die Rissbildung der Sehne darstelle, sondern einen der extrinsischen Faktoren, die zu einem degenerativen Verschleiß im Verlauf der Sehne führe. Durch den Knochenvorsprung komme es zu einem "Durchscheuern" der Sehne, wobei im Röntgenbild lediglich der Knochensporn gesehen werden könne und dies als indirekter Hinweis für eine degenerative Läsion der Rotatorenmanschette angenommen werden könne. Die von Dr. S. angenommene traumatische Läsion sei mit den beschriebenen Veränderungen nicht vereinbar.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat ein röntgenologisches und anschließend ein weiteres orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten eingeholt.
Prof. Dr. G. hat in seinem radiologischen Gutachten in Auswertung insbesondere der MRT-Aufnahmen vom 14. März 2006 sowie der Röntgendiagnostik (16. März, 17. Mai und 11. Oktober 2006) ausgeführt, dass die wesentliche Entscheidung des Vorliegens einer Supraspinatussehnenruptur (4. Muskel der Rotatorenmanschette) nach dem MRT nicht sicher möglich sei. Da typische fettgesättigte Sequenzen fehlten und nur ein 0,2 Tesla-MRT verwendet worden sei, sei ein Knochenödem als typisches frisches Traumazeichen nicht identifizierbar. Als indirektes Zeichen könne lediglich der Verlust des typischen hypointensen Signales der Supraspinatussehne am Sehnenansatz gewertet werden. Da der Muskelbauch des Musculus supraspinatus keine fettigen Atrophiezeichen zeige, müsse im Falle einer Ruptur von einer frischen und damit traumabedingten Schädigung ausgegangen werden. Dies sei aber weder sicher zu diagnostizieren noch auszuschließen. Es sei allenfalls denkbar, dass es bei einer durch die AC-Gelenksarthrose vorbestehenden Faserruptur von kranialen Faseranteilen der Supraspinatussehne im Rahmen des Traumas zu einer vollständigen Supraspinatussehnenruptur gekommen sei, die aufgrund der fehlenden, sättigenden Atrophie als traumabedingte Unfallfolge einzuordnen sei. Die konventionellen Aufnahmen zeigten bis auf die AC-Gelenksarthrose ebenfalls keine weitere chronische Vorschädigung, was den Verdacht erhärte, dass die mögliche Supraspinatus-Sehnenruptur als Traumafolge einer vorgeschädigten Supraspinatussehne bei AC-Gelenksarthrose verursacht sein könne. Es sei daher seines Erachtens am Wahrscheinlichsten, dass eine degenerativ vorgeschädigte Supraspinatussehne durch das Trauma vollständig gerissen sei.
Prof. Dr. K. hat aufgrund der Nachuntersuchung des Klägers vom 10. Oktober 2013 in seinem orthopädischen Gutachten dargelegt, dass zwar die Schulteranamnese beim Kläger leer sei, sich insbesondere im Vorerkrankungsregister der Krankenkasse keine Behandlungen aufgrund der Schulterproblematik fänden, auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsniederlegung, Schmerzeintritt und dem angeschuldigtem Unfallereignis bestehe. Seines Erachtens überwögen jedoch die Aspekte gegen einen traumatischen und für eine degenerative Ursache der Rotatorenmanschettenschädigung. Dagegen spreche zum einen der Unfallmechanismus mit direktem Schulteranprall, der nicht geeignet sei, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu bewirken. Die Supraspinatussehnenruptur sei gesichert erst in der Operation vom 4. April 2006 festgestellt worden, denn die Qualität der kernspintomographischen Untersuchung sei als erheblich unzureichend und ungenügend zu bezeichnen. In der Operation sei auch nur eine Teilruptur festgestellt worden. Der Operationsbericht vom 4. April 2006 habe einen typischerweise bestehenden, degenerativen Quer-Teileinriss der Supraspinatussehne beschrieben. Begleitverletztungen seien nicht beschrieben worden, hingegen deutliche Hinweise auf eine degenerative Vorschädigung des subacrominalen Raumes, in dem auch die Supraspinatussehne verlaufe. Denn der nachweisbare Osteophyt infolge der AC-Gelenksarthrose habe die Supraspinatussehne nachweislich irritiert. Dies führe typischerweise zum Zerreiben der Rotatorenmanschette, wobei jedoch die Sehne selbst durch die intrinsischen Faktoren der Degeneration in hohem Maße unterliege. Jedes andere alltägliche Ereignis hätte aufgrund der verminderten Belastbarkeit der Sehne zu der Ruptur führen können. Somit habe lediglich eine Gelegenheitsursache vorgelegen. Der Unfall habe daher nur zu einer linken Schulterprellung geführt. Die dadurch begründete Arbeitsunfähigkeit betrage vier Wochen nach dem Unfall. Unfallunabhängig seien die Teilruptur der Supraspinatussehne, die AC-Gelenksarthrose links, die Funktionsbeeinträchtigungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie die Folgen der zweimaligen Schultergelenksoperation links einzuschätzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG) ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtsmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen noch auf die Gewährung einer Unfallrente.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden Sachverständigen erneut zu hören; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt. Beide Sachverständigen haben sich nämlich bereits zu der Frage geäußert, ob jedes alltägliche Ereignis geeignet gewesen ist, die eingetretenen Verletzungsfolgen hervorzurufen; insoweit besteht keine Verpflichtung dazu, die Beweisanordnung zu wiederholen. Der Senat erachtet das Gutachten von Prof. Dr. K. für verwertbar, auch wenn sich der Sachverständige zum Unfallhergang geäußert hat. Dies haben nämlich nicht nur alle Sachverständigen getan, ohne dass der Kläger diese Gutachten für unverwertbar erachtet. Der Kläger übersieht auch, dass der Sachverständige nicht von seiner eigenen Schilderung abweicht, sondern sich gerade auf seine eigenen unfallnahen Angaben stützt, die er selbst im Unfallfragebogen gemacht hat und deren Richtigkeit er unterschriftlich bestätigt hat. Im Übrigen hat der Kläger diesen Unfallhergang auch nochmals bei der Befragung durch den Sachverständigen am 10. Oktober 2013 erneut so dargestellt, nämlich als direkten Sturz auf die Schulter ohne Abfangmöglichkeit. Was die Beurteilung des histologischen Befundes anbelangt, sieht der Senat auch insoweit keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Bereits der Sachverständige PD Dr. S. hat die Frage aufgeworfen, ob es sich überhaupt um repräsentatives Material handelt (Bl. 26 des Gutachtens) und weiter ausgeführt, es lasse sich aufgrund des Befundes nicht automatisch auf eine traumatische Läsion schließen. Des Weiteren ist zu beachten, dass bereits die unfallmedizinische Fachliteratur den Beweiswert von histologischen Untersuchungen als gering einschätzt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 416). Dessen ungeachtet hat der Sachverständige Prof. Dr. K. für den Senat nachvollziehbar und für die Entscheidungsfindung ausreichend dargelegt, wo die Entnahmestelle der Proben war, nämlich am Rupturrand, was sich aus dem Operationsbericht ergibt, dieses wiederum überwiegend chondroides Gewebe, also Knorpelzellen beschrieb, was aus dem histologischen Befund folgt. Somit ist seine Schlussfolgerung, dass das untersuchte Gewebe bereits nicht die Sehne war, in beiden Berichten dokumentiert.
Soweit der Kläger die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. für nicht verwertbar erachtet hat, so hat er diese Rüge im Berufungsverfahren nicht wiederholt. Der Senat weist dennoch darauf hin, dass die Äußerungen von Dr. M. und Dr. G. keine Gutachten im Sinne des § 200 Abs. 2 Hs. 2 SGB VII darstellen und verwertbar sind (vgl. zum Folgenden Bayerisches LSG, Urteil vom 13. Juni 2013 - L 17 U 239/11- Juris). Ein Gutachten liegt nur dann vor, wenn ein solches auch angefordert oder als solches erstellt und übersandt oder abgerechnet wurde. Unabhängig von dieser rein äußerlichen Bezeichnung ist zur weiteren Unterscheidung vom Bezugspunkt der schriftlichen Äußerung des Sachverständigen auszugehen: Enthält sie vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen (z.B. des umstrittenen Ursachenzusammenhangs) ist es ein Gutachten. Setzt sich die schriftliche Äußerung des Sachverständigen – wie vorliegend - im Wesentlichen mit dem eingeholten Gerichtsgutachten auseinander, insbesondere im Hinblick auf dessen Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage ist es nur eine beratende Stellungnahme. Dass eine derartige Stellungnahme, wenn der Ursachenzusammenhang zwischen einem Ereignis und einer Gesundheitsstörung umstritten ist, auch Aussagen zu diesem Ursachenzusammenhang und dem einschlägigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand enthält, ergibt sich aus der Materie. Entscheidend sind daher der Bezugspunkt der umstrittenen ärztlichen Äußerung, die an den Arzt gestellten Fragen und die von ihm gegebenen Antworten.
Die Beklagte hat in dem (teilweise) angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgestellt, dass der Kläger am 8. März 2006 einen Arbeitsunfall und als dessen Folge eine folgenlos verheilte Prellung und Quetschung der linken Schulter erlitten hat. Mit der erstinstanzlich erhobenen Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann der Kläger den behaupteten materiellen Anspruch auf Feststellung der weiteren Unfallfolge (Impingement der linken Schulter mit Armhebeeinschränkung und Bewegungseinschränkungen der linken Schulter nach Rotatorenmanschettenläsion Bagement 1 und Zustand nach zweimaliger Operation) durchsetzen, ohne dass er daran durch seine Befugnis zur Erhebung einer Verpflichtungsklage gehindert wäre. Er kann nach der Rechtsprechung nämlich zwischen beiden Rechtsschutzformen wählen, weil, soweit es um Ansprüche auf Feststellung von Unfallfolgen geht, grundsätzlich beide Rechtsschutzformen gleich rechtsschutzintensiv sind (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr. 1). Sein Feststellungsbegehren hat der Kläger daher zulässig mit einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG und einer unechten Leistungsklage auf Gewährung einer Verletztenrente kombiniert.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 102 SGB VII haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr. 1; so auch zuletzt Urteil des Senats vom 21. November 2013 - L 6 U 3924/12). Während der Gesundheitsschaden sicher feststehen muss (Vollbeweis), erfolgt die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und dem - hier als Arbeitsunfall anerkannten - Unfallereignis nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg - hier die Rotatorenmanschettenläsion - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr BSG, vgl. Urteile vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - SozR 2200 § 548 Nr. 38 - und 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 und 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, - B 2 U 31/11 R - Juris).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen kann die erstmals in der Operation vom 4. April 2006 nachgewiesene teilweise Ruptur der Supraspinatussehne nicht als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 8. März 2006 festgestellt werden. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. K., PD Dr. S. und das im Wege des Urkundsbeweises verwertbare Gutachten von Prof. Dr. W. ebenso wie die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. M. und Dr. G. für den Senat übereinstimmend und überzeugend dargelegt. Demgegenüber war die allein abweichende Einschätzung von Dr. S. bereits nicht in sich schlüssig und hat auch wesentliche Aspekte unberücksichtigt gelassen.
Schon auf der ersten Stufe des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs hält es Senat nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für den teilweisen Abriss der Supraspinatussehne gewesen ist. Vielmehr hält der Senat einen solchen Ursachenzusammenhang allenfalls für möglich. Dass nicht mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, ergibt sich für den Senat insbesondere in Auswertung der zuletzt eingeholten Gutachten, die erstmals das MRT röntgenologisch ausgewertet und dargelegt haben, dass die Teilruptur dort gar nicht sichtbar war. Nach den Sachverständigen Prof. Dr. G. und Prof. Dr. K. ergibt sich der fehlende Kausalzusammenhang aus den folgenden Umständen:
Der vom Kläger selbst wiederholt dargestellte Unfallhergang, der bereits sehr zeitnah im Unfallfragebogen von ihm als direkter Sturz auf die Schulter geschildert wurde, ist nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 413) und übereinstimmender Einschätzung der Sachverständigen als Verletzungsmechanismus ungeeignet, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz gut geschützt ist. Der Umstand, dass der Kläger keine Hautabschürfungen oder Hämatome in diesem Bereich erlitten hat, besagt für sich genommen nichts, sondern kann auch durch das Tragen von Kleidung im Winter (Glatteisunfall) erklärt werden.
Aus dem Erstbefund vom 9. März 2006, also zeitnah einen Tag nach dem Unfallereignis, können gar keine Anhaltspunkte dafür abgeleitet werden, ob eine Verletzung der Rotatorenmanschette stattgefunden hat und hierfür traumatische oder degenerative Ursachen verantwortlich gemacht werden können. Denn es wird lediglich eine Beschwerdehaftigkeit an der Schulter und eine eingeschränkte Beweglichkeit beschrieben, der Kläger konnte nach dem Unfallereignis noch weiterarbeiten und hat erst am Folgetag überhaupt einen Arzt aufgesucht. Dass eine Pseudoparalyse, d.h. dass der Verletzte den hängenden Arm nicht mehr selbständig abspreizen kann, nicht vorlag, ist hingegen ohne Relevanz. Denn nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K. ist eine solche auch nicht zwangsläufig für die Annahme einer Sehnenverletzung erforderlich. Allerdings spricht der unverzügliche Schmerzeintritt nach übereinstimmender Einschätzung aller Sachverständigen für eine traumatisch verursachte Rotatorenmanschettenläsion. Die Läsion konnte aber auch nicht im MRT vom 14. März 2006 gesichert werden, sondern erst bei der Operation am 4. April 2006, also zirka einen Monat nach dem Unfallereignis, so dass theoretisch die Läsion auch nach dem Unfallereignis aufgetreten sein kann. Die Unverwertbarkeit des MRT hat für den Senat der insofern kompetente radiologische Sachverständige Prof. Dr. G. dargelegt, so dass die Feststellungen von Dr. S., das Kernspin stelle eine Ruptur mit relativ frischen Rändern und ohne ausgeprägte degenerativer Veränderungen dar, in keiner Weise überzeugen können.
Der Operationsbericht, den der Sachverständige Dr. S. erstmals zu den Unfallakten beigezogen hat, spricht vielmehr für eine degenerative Ursache, wie dies insbesondere Prof. Dr. K. dargelegt hat. Denn der Operateur hat, unabhängig von seiner damit übereinstimmenden Bewertung einen horizontalen Einriss der Sehne beschrieben, die makroskopisch aufgefasert wirkte, während nur ein längsverlaufender Einriss einen traumatischen Hergang aufweist. Was den histologischen Befund anbelangt, wonach kein Hinweis für vorbestehende degenerative Läsionen vorliegt, so hat dieser wiederum keine Aussagekraft, welches insbesondere Prof. Dr. K. zur Überzeugung des Senats ausführlich begründet dargelegt hat. Denn die drei stecknadelkopfgroßen Biopsien haben kein repräsentatives Material untersucht, sondern überwiegend Knorpelgewebe und anteilig benachbartes Fettgewebe, jedoch nicht wie allein erforderlich Sehnengewebe. Dessen ungeachtet hat der histologische Befund ohnehin kaum Aussagewert (siehe oben).
Was nun die Schadensanlage anbelangt, so ist zwar das Vorerkrankungsregister leer, was der Senat der Auskunft der AOK entnimmt. Dies ist auch durch die Befragung des Klägers von sämtlichen Sachverständigen bestätigt worden. Somit wurde der Kläger weder aufgrund von Schultererkrankungen vor dem Unfalltag behandelt, noch sind einschlägige Vorverletzungen bekannt. Dies hat den Sachverständigen PD Dr. S. zu der zutreffenden Schlussfolgerung veranlasst, dass es sich nur um eine stumme Schadensanlage handeln kann, die noch keine Beschwerden verursacht hat, was aber eine degenerativ bedingte Läsion nicht ausschließt.
Denn auch zur Überzeugung des Senats liegt eine eindeutige Degeneration am Schultergelenk (AC-Gelenk) links vor, welches durch den operativen Befund vom 4. April 2006, die Kernspintomographie vom 14. April 2006 sowie die konventionellen Röntgenaufnahmen vom 16. März 2006 bestätigt wird. Sämtliche Befunde haben übereinstimmend eine AC-Gelenksarthrose nach kaudal reichendem Sporn (Osteophyt) gezeigt, die derart ausgeprägt war, dass die operative Maßnahme um die Entfernung der Degeneration erweitert worden ist, was der Senat dem Operationsbericht entnimmt. Dass die Zacken am Unterrand des Acromions sowie Aufhellungen und Aufrauhungen erstmals im November 2006 zu sehen sind, was Dr. S. behauptet hat, stimmt also schlicht nicht, wie dies der radiologische Sachverständige Prof. Dr. G. dargelegt hat, der bereits im MRT die Gelenksarthrose und die Spornbildung nach kaudal gesehen hat.
Desweiteren muss bei der Würdigung der Wesentlichkeit berücksichtigt werden, dass Begleitverletzungen im Bereich des Tuberculum majus, des Schulterdachs, der Schulterpfanne oder der langen Bizepssehne fehlen, welches ebenfalls gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenschädigung spricht. Auch dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. K ... Insofern muss weiter das insofern für eine solche degenerative Verletzung typische Lebensalter des Klägers berücksichtigt werden, was die Sachverständigen mit Ausnahme von Dr. S. getan haben und auch mit der unfallmedizinischen Fachliteratur übereinstimmt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 410).
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte hat insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. K. auch nach Überzeugung des Senats überzeugend dargelegt, dass bei der vorgeschädigten Sehne jedes andere alltägliche Ereignis eine Ruptur hätte bewirken können, die gemeinhin als "Gelegenheitsursache" zu bezeichnen ist. Zwar verkennt der Senat nicht, dass der Kläger auf Glatteis gestürzt ist, was die Möglichkeit den Sturz aufzufangen erschwert. Andererseits kann aber der Sturz auch nicht heftig gewesen sein, weil es nicht nur zu keinen äußereren Verletzungen kam, sondern der Kläger noch den gesamten Unfalltag weiterarbeiten konnte.
Insofern hat der allein abweichende Sachverständige Dr. S. den Senat im Gegensatz zum SG nicht überzeugen können, weil er bereits den Unfallmechanismus nicht ausreichend berücksichtigt hat. Zu Recht hat Prof. Dr. K. darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst in dem Unfallfragebogen zeitnah am 19. April 2006 ein direktes Aufpralltrauma ohne Möglichkeit des Abfangens bzw. ohne Sturz auf den Ellenbogen oder die Hand beschrieben hat. Desweiteren hat der Sachverständige Dr. S. nicht berücksichtigt, dass sowohl die degenerativen Zeichen des Schultergelenks vorlagen, welche sich bereits aus den Röntgenaufnahmen vom 9. März 2006, dem Operationsbericht vom 4. April 2006 sowie den weiteren Röntgenuntersuchungen, insbesondere vom 11. Oktober 2006, ergeben. Dies hat auch zu operationstechnischen Konsequenzen geführt, was der Sachverständige ebenfalls nicht berücksichtigt hat. Auch wurde das Kernspin vom 14. März 2006 nicht zutreffend ausgewertet. Dr. S. ist von einem scharfrandigen Rupturzeichen der Supraspinatussehne ausgegangen, was durch das vom Senat eingeholte fachradiologische Gutachten von Prof. Dr. G. widerlegt wurde. Danach kann aufgrund der technisch schlechten Qualität der Untersuchung der Kernspintomographie noch nicht einmal festgestellt werden, ob es überhaupt zu einer Ruptur der Supraspinatussehne gekommen ist. Dies hat zuletzt auch der Sachverständige Prof. Dr. K. nach eigener Auswertung der Untersuchungsdaten bestätigt. Dr. S. hat sich auch zu Unrecht auf die Beurteilung der Histologie gestützt, obwohl überhaupt kein Sehnengewebe untersucht wurde. Seine Aussagen sind deswegen in keiner Weise überzeugend.
Insgesamt hält es der Senat deswegen nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass durch den Arbeitsunfall eine traumatische Ruptur der Supraspinatussehne eingetreten ist, diese ist allenfalls möglich.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII aufgrund der im streitgegenständlichen Bescheid somit zu Recht allein als Unfallfolge festgestellten folgenlos verheilten Prellung und Quetschung der linken Schulter besteht ebenfalls nicht.
Auf die Berufung der Beklagten ist daher das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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