L 1 KR 222/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 27 KR 90/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 222/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Regelmäßigkeit einer Beschäftigung i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Oktober 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 4.340,76 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie eine weitere Aushilfskraft im Prüfzeitraum Januar 2003 bis Dezember 2006 bei der Klägerin und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Klägerin) entgeltgeringfügig beschäftigt waren und die Klägerin deshalb Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) bzw. dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) zu tragen hat.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen im Bereich Brief- und Zeitschriftenversandservice. Die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie der zwischenzeitlich verstorbene H. D bezogen jeweils eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und waren daneben zu einem Stundensatz von 6,00 EUR bei insgesamt geringfügiger Entlohnung nach den Prüflisten der Beklagten und Berufungsklägerin - nachfolgend: Beklagte - (Bl. I 25 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten) für die Klägerin u. a. in folgenden Zeiträumen und mit folgenden Verdiensten tätig:

Zeitraum S D S R

Aug 03 84,00 EUR Sep 03 174,00 EUR Okt 03 282,00 EUR Nov 03 141,00 EUR Dez 03 336,00 EUR 102,00 EUR

Jan 04 192,00 EUR 60,00 EUR Feb 04 195,00 EUR Mrz 04 336,00 EUR 297,00 EUR Apr 04 120,00 EUR Mai 04 36,00 EUR 100,50 EUR Jun 04 114,00 EUR 168,00 EUR Jul 04 93,00 EUR 207,00 EUR Aug 04 114,00 EUR 100,50 EUR Sep 04 135,00 EUR 190,50 EUR Okt 04 204,00 EUR 66,00 EUR 54,00 EUR Nov 04 273,00 EUR 141,00 EUR 162,00 EUR Dez 04 294,00 EUR 129,00 EUR 30,00 EUR

Jan 05 270,00 EUR 162,00 EUR 180,00 EUR Feb 05 96,00 EUR 48,00 EUR 201,00 EUR Mrz 05 300,00 EUR 61,50 EUR 153,00 EUR Apr 05 184,50 EUR 148,50 EUR 246,00 EUR Mai 05 181,50 EUR 48,00 EUR Jun 05 120,00 EUR 93,00 EUR Jul 05 60,00 EUR 53,00 EUR Aug 05 162,00 EUR 72,00 EUR 453,00 EUR Sep 05 174,00 EUR 258,00 EUR 240,00 EUR Okt 05 216,00 EUR 336,00 EUR 60,00 EUR Nov 05 84,00 EUR 144,00 EUR 421,50 EUR Dez 05 205,50 EUR 330,00 EUR 399,00 EUR

Jan 06 57,00 EUR 264,00 EUR 411,00 EUR Feb 06 171,00 EUR 159,00 EUR 114,00 EUR Mrz 06 276,00 EUR 270,00 EUR 510,00 EUR Apr 06 189,00 EUR 303,00 EUR Mai 06 306,00 EUR Jun 06 294,00 EUR 306,00 EUR Jul 06 30,00 EUR 171,00 EUR Aug 06 138,00 EUR Sep 06 546,00 EUR 240,00 EUR 234,00 EUR Okt 06 300,00 EUR 219,00 EUR 180,00 EUR Nov 06 150,00 EUR 171,00 EUR 120,00 EUR Dez 06 129,00 EUR 285,00 EUR 223,50 EUR

Am 5. März 2007 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch und stellte nach Anhörung mit Bescheid vom 5. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2007 für den Prüfzeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 eine Nachforderung von Pauschalbeiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 4.265,11 EUR und Umlagen in Höhe von insgesamt 75,65 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, hinsichtlich der Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie des Beschäftigten D liege jeweils eine regelmäßige und daher keine zeit-, sondern eine entgeltgeringfügige Beschäftigung vor, die entsprechende Beitrags- und Umlagepflichten des Arbeitgebers zur Folge habe. Das Merkmal der Regelmäßigkeit sei zu bejahen, wenn der betreffende Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber über einen länger als ein Jahr dauernden Zeitraum mit sich ständig wiederholenden Arbeitseinsätzen beschäftigt werde. Unerheblich sei, ob das exakte Datum der Einsätze jeweils von vornherein feststehe oder von Mal zu Mal vereinbart werde. Es genüge, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereit stehe. Dies sei bei den geprüften Beschäftigungsverhältnissen der Fall, so dass ab dem zweiten Beschäftigungsjahr die entsprechenden Beiträge und Umlagen zu entrichten seien.

Mit der am 31. Juli 2007 beim Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die im Betrieb anfallenden Arbeiten erledigten hauptsächlich ihre beiden Geschäftsführer. Daneben gebe es einen Pool von rund 10 bis 14 Aushilfskräften, die jeweils eine Telefonnummer bei ihr hinterlegt hätten. Bei diesen Kräften handele es sich nahezu ausschließlich um Rentner. Bei höherem Arbeitskräftebedarf, der durchschnittlich zwei- bis dreimal im Monat auftrete, rufe sie nach dem Zufallsprinzip die Aushilfskräfte an und vereinbare die Arbeitseinsätze. Die betreffenden Aushilfskräfte würden ohne Rahmenarbeitsvertrag entsprechend des variierenden Arbeitskräftebedarfs beschäftigt, ohne dass die Einsätze im Kalenderjahr 50 Arbeitstage überschritten. Manchmal erfolgten die Arbeitseinsätze der betreffenden Aushilfskraft mehrmals im Monat, manchmal mit ein- oder mehrmonatiger Pause.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2009 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände sei vom Vorliegen unregelmäßiger und daher zeitgeringfügiger Beschäftigungen auszugehen, die keine Beitrags- und Umlagepflichten des Arbeitgebers zur Folge hätten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liege nur dann eine regelmäßige Beschäftigung vor, wenn Dauer und Zeitpunkt der einzelnen Arbeitseinsätze hinreichend vorhersehbar seien, der Beschäftigte sich mithin auf einen regelmäßigen Einsatz einstelle und eine regelmäßige Gehaltsquelle erwarte. Dies sei bei den geprüften Beschäftigungsverhältnissen nicht der Fall. Die Auswahl der Aushilfskräfte und die daraufhin vereinbarten Arbeitseinsätze seien zufällig, unregelmäßig und mit zum Teil größeren Lücken erfolgt. Eine hinreichende Vorhersehbarkeit habe für die Betreffenden nicht bestanden.

Mit ihrer am 22. Dezember 2009 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, das Merkmal der Regelmäßigkeit setze lediglich die Bereitschaft zu wiederholten Arbeitseinsätzen voraus, ohne dass die konkreten Einsätze und ihre Mindestanzahl im Voraus feststehen müssten. Kurze Lücken von maximal einem Monat seien unschädlich. Eine entsprechend "lückenlose" und damit regelmäßige Beschäftigung liege bei den vier geprüften Aushilfskräften vor. Bei einem Rückgriff auf einen Pool von Aushilfskräften sei zudem von zumindest konkludent geschlossenen Rahmenvereinbarungen auszugehen. Die aus dem Betriebsprüfungsbescheid ersichtlichen Lücken von etwa einem Jahr am Anfang, in der Mitte oder am Ende der jeweils für die einzelnen Aushilfskräfte festgestellten Beitragsnachforderungen beruhten darauf, dass sie, soweit Beschäftigungspausen von mehr als zwei Monaten vorlägen, jeweils für ein Jahr zunächst nicht von einer regelmäßigen Beschäftigung ausgehe und dies auch im streitgegenständlichen Prüfzeitraum so gehandhabt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen zu 7. bis 9. haben ergänzend erklärt, dass sie allenfalls gehofft, nicht jedoch damit gerechnet hätten, auch in den jeweiligen Folgemonaten Aufträge zu erhalten. Auf eine regelmäßige Einkommenserzielung habe man sich nicht eingestellt.

Gegenstand der Beratung waren die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie der weitere Beschäftigte D im streitgegenständlichen Prüfzeitraum bei der Klägerin entgeltgeringfügig beschäftigt waren und für sie pauschale Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie Umlagen zu entrichten sind.

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheids ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungs- und Beitragspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht u. a. bei einem abhängigen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 SGB IV (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigung geringfügig i.S.v. § 8 SGB IV ist (vgl. § 7 Abs. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Nach § 8 Abs. 1 SGB IV in der seit dem 1. April 2003 geltenden Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt (Nr. 1; sog. Entgeltgeringfügigkeit) oder wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400,00 EUR im Monat übersteigt (Nr. 2; sog. Zeitgeringfügigkeit). Im Falle einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung sind allerdings vom Arbeitgeber trotz bestehender Versicherungsfreiheit der Beschäftigten in geringem Umfang Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten (vgl. § 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).

Die Beigeladenen zu 7. bis 9. sowie der Beschäftigte D waren im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig bei der Klägerin nach § 7 SGB IV abhängig beschäftigt. Die Beschäftigungen waren nach § 8 Abs. 1 SGB IV sowohl unter Berücksichtigung des erzielten Arbeitsentgelts als auch nach der vereinbarten Arbeitszeit geringfügig. Sie sind entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und des SG jedoch nicht als zeit-, sondern als entgeltgeringfügig zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfolgt die Abgrenzung zwischen den beiden Regelungen der Nr. 1 und der Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV danach, ob eine Beschäftigung regelmäßig (dann gilt Nr. 1) oder nur gelegentlich (dann gilt Nr. 2) ausgeübt wird. Regelmäßig ist eine Beschäftigung, die von vornherein auf ständige Wiederholung von in zeitlicher Nähe einander folgenden Tätigkeiten gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Regelmäßigkeit liegt danach u. a. in Fällen vor, in denen der Arbeitnehmer im Laufe des Jahres zu häufigen, terminlich vorher im Wesentlichen festliegenden "Einsätzen" herangezogen werden soll. Es kommt dabei nicht darauf an, dass diese Arbeitseinsätze von vornherein zu bestimmten Terminen verbindlich festgelegt werden oder von Mal zu Mal vereinbart werden. Entscheidend ist, ob ihnen ein gewisser Rhythmus zu Grunde liegt oder ob sie unvorhersehbar und in wechselnder Häufigkeit und zu verschiedenen Zeiten auftreten, etwa weil ein – zusätzlicher – Arbeitskräftebedarf zum Ausgleich unvorhersehbarer und unregelmäßiger Auftragsspitzen oder saisonal unerwarteten Arbeitskräftemangels erforderlich wird. Das Merkmal der Regelmäßigkeit ist bei Vorliegen eines gewissen Rhythmus auch dann erfüllt, wenn der Beschäftigte nicht verpflichtet ist, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten, jedoch dem Grunde nach zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereit steht (BSG, Urteil vom 23. Mai 1995 – 12 RK 60/93 – juris Rn. 17; Urteil vom 11. Mai 1993 – 12 RK 23/91 – juris Rn. 13; Urteil vom 28. April 1982 – 12 RK 1/80 – juris Rn. 70).

Nach den vorstehenden Kriterien haben die vier von der Beklagten geprüften Arbeitnehmer im Prüfungszeitraum jeweils eine regelmäßige und damit entgeltgeringfügige Beschäftigung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausgeübt. Sie waren in der Regel bereits vor dem streitgegenständlichen Prüfzeitraum seit mehreren Jahren für die Klägerin tätig. Die Arbeitseinsätze erfolgten ausweislich der aktenkundigen Prüflisten und der festgestellten Entgelthöhe in der Regel jeden Monat und dies jeweils an mehreren Arbeitstagen. Der Beigeladene zu 7. war von August 2005 bis Dezember 2006 jeden Monat (außer im August 2012) monatlich und jeweils an mehreren Arbeitstagen beschäftigt. Für den Beigeladenen zu 8. gilt dies für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2006 (außer für Mai 2006), für die Beigeladene zu 9. für den Zeitraum August 2003 bis Mai 2005 sowie erneut von September bis Dezember 2006 (die Lücke von mehr als einem Jahr ist auf die beschriebene Verwaltungspraxis der Beklagten zurückzuführen) und für den Beschäftigten D für den Zeitraum Dezember 2003 bis März 2006 (außer für Februar und April 2004 und für Mai 2005). Zwar variierte der zeitliche Umfang der Arbeitseinsätze deutlich. Auch waren die jeweiligen Arbeitseinsätze nicht von vornherein terminlich derart bestimmt, dass sie jeweils an einem bestimmten Datum, einem bestimmten Wochentag oder jeweils zu Monatsanfang, -mitte oder -ende erfolgten. Dies ist jedoch nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien auch nicht erforderlich. Ausreichend ist insoweit, dass die künftigen und in kurzer Zeit aufeinander folgenden Arbeitseinsätze "im Wesentlichen" vorherseh- und planbar sind. Nach den Angaben der Klägerin werden die bei ihr anfallenden Arbeiten grundsätzlich von den beiden Geschäftsführern unter Einsatz von Maschinen erledigt und bei erhöhtem manuellem Arbeitsbedarf, der durchschnittlich zwei- bis dreimal monatlich auftritt, Aushilfskräfte aus einem Pool von 10 bis 14 Personen hinzugezogen. Es handelte und handelt sich dabei um eine seit Jahren bestehende Betriebspraxis. Der Betrieb der Klägerin ist damit strukturell auf eine mehrmals im Monat erfolgende Inanspruchnahme von Aushilfskräften angewiesen. Insoweit sind die jeweiligen Arbeitseinsätze sowohl für die Klägerin als auch für die herangezogenen Arbeitskräfte objektiv strukturell bzw. generell vorhersehbar. Der zusätzliche Arbeitsbedarf beruhte nicht auf unvorhersehbaren Auftragsspitzen oder personell bzw. saisonal oder witterungsbedingt unerwartetem Arbeitskräftemangel (hierzu: Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 4 R 3335/11 – juris Rn. 41). Die Klägerin wusste auf Grund ihrer langjährigen Erfahrungen, dass mehrmals monatlich mit einem (erhöhten) Arbeitsaufkommen zu rechnen war, das fortlaufend nicht von der Stammbelegschaft allein zu bewältigen war. Es ist davon auszugehen, dass sowohl die Abrufkräfte aus dem Pool als auch die Klägerin an kontinuierlich stattfindenden Arbeitseinsätzen interessiert waren. Für die Klägerin gilt dies nicht zuletzt deshalb, weil ansonsten eine aufwendige telefonische Suche nach zum Einsatz bereiten Arbeitskräften hätte erfolgen müssen (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. November 2011 – L 5 KR 225/00 – juris Rn. 28). Da eine nach objektiven Kriterien feststellbare strukturelle Vorhersehbarkeit für die Annahme des Merkmals "regelmäßig" im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ausreicht, kann dahinstehen, ob die Beigeladenen zu 7. bis 9. tatsächlich, wie von ihnen angegeben, subjektiv nicht auf weitere Aufträge/Einsätze in den jeweiligen Folgemonaten vertraut haben. Auch der Umstand, dass die Klägerin nicht mit Gewissheit vorhersagen konnte, ob und in welchem Umfang sie in den jeweiligen Folgemonaten stets Aufträge mit zusätzlichem manuellen Arbeitsbedarf erhalten werde, steht der Bewertung nicht entgegen.

Demnach waren die von der Beklagten geprüften Aushilfskräfte bei der Klägerin entgeltgeringfügig beschäftigt und sind vom Arbeitgeber nach § 249b Satz 1 SGB V und § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB III Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie nach § 10 LFZG (in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung) bzw. § 7 AAG (in der seit 1. Januar 2006 geltenden Fassung) und § 94 der Satzung der Beigeladenen zu 1. (i.V.m. Anlage 6 der Satzung) in der jeweils geltenden Fassung die Umlagen U 1 und U 2 zu entrichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Klotzbücher

Dr. Wietek

Schanzenbach
Rechtskraft
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