Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2301/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2810/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.05.2012 abgeändert.
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30.05.2011 verpflichtet, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und den Änderungsbescheid vom 27.05.2008 zurückzunehmen, soweit die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 aufgehoben und Erstattung von 312,64 EUR gefordert worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/7 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufrechterhaltung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides nach Überprüfung im Wege des Zugunstenverfahrens. Die 1964 geborene Klägerin stand seit dem Jahre 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2006 bis Mai 2008 stellte die Klägerin zunächst am 07.06.2006 einen Fortzahlungsantrag beim Beklagten. Dieser bewilligte daraufhin durch Bescheid vom 09.06.2006 Arbeitslosengeld II für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 in Höhe von monatlich 620,28 EUR ohne Anrechnung von Einkommen. Nach Umzug der Klägerin und Begründung einer Bedarfsgemeinschaft mit dem am 27.09.1959 geborenen D. A. erging unter dem 04.01.2007 ein Änderungsbescheid, ausweislich dessen der Klägerin sowie dem in Bedarfsgemeinschaft mit ihr lebenden D. A. für die Zeit von Oktober bis Dezember 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 761,10 EUR bewilligt wurden. Als zu berücksichtigendes Einkommen des D. A. aus der Beschäftigung bei F. H. wurden monatlich 240,- EUR angesetzt. Mit Fortzahlungsantrag vom 04.01.2007 gab die Klägerin an, weiterhin mit D. A. in Bedarfsgemeinschaft zu leben, der über eigenes Einkommen verfüge. Es wurde angegeben, dass die Klägerin weiterhin seit Juli 2006 aufgrund selbständiger Tätigkeit 400,- EUR auf Minijobbasis verdiene und im Übrigen kein Arbeitsentgelt erziele. Das Einkommen des D. A. wurde weder mit dem maßgeblichen Formular "Zusatzblatt 2.2" noch durch Vorlage von Verdienstabrechnungen belegt. Durch Bescheid vom 04.01.2007 bewilligte der Beklagte daraufhin auch für die Zeit von Januar bis Juni 2007 monatliche Leistungen in Höhe von 761,10 EUR für die Bedarfsgemeinschaft. Erneut wurden als zu berücksichtigendes Einkommen des D. A. monatlich 240,- EUR angesetzt. Mit Änderungsbescheid vom 13.03.2007 wurden für die Monate April bis Juni 2007 die Leistungen auf monatlich 500,55 EUR gekürzt, da mit Ablauf des Monats März 2007 D. A. keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II mehr habe, da drei Meldeversäumnisse seinerseits vorlägen. Auf Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 05.06.2007, in dem die Klägerin auf dem Zusatzblatt 2.1 die Erzielung von Einkommen verneinte, bewilligte der Beklagte durch Bescheide vom 06.06.2007 für den Monat Juli 2007 470,55 EUR unter Berücksichtigung eines monatlichen Minderungsbetrages von 31,- EUR und für die Monate August 2007 bis Januar 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 501,55 EUR. Am 21.06.2007 gab D.A. gegenüber dem Beklagten an, ab etwa Juli 2005 einen Nebenverdienst erzielt zu haben und irgendwann danach sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein. Wegen mehrfacher Meldeversäumnisse senkte der Beklagte durch Bescheide vom 29.06.2007 die der Klägerin zustehende Regelleistung für die Monate August bis Oktober 2007 um 30 %‚ d. h. monatlich um 93,- EUR ab, darüber hinaus für denselben Zeitraum um weitere 20 %‚ d. h. 62,- EUR monatlich und nochmals für denselben Zeitraum um 30 % monatlich. Durch Aufhebungsbescheid vom 03.07.2007 wurde der Bewilligungsbescheid vom 06.06.2007 ab dem 01.08.2007 wegen wiederholter Meldeversäumnisse ganz aufgehoben. Am 17.07.2007 teilte D. A. per Veränderungsmitteilung der für Arbeitslosengeld I zuständigen Bundesagentur für Arbeit mit, dass er ab dem 18.07.2007 mehr als 15 Stunden wöchentlich als Paketzusteller beschäftigt sei. Unter dem 03.01.2008 hörte der Beklagte sowohl die Klägerin als auch D. A. zu einer beabsichtigten Anrechnung erzielten Einkommens auf das Arbeitslosengeld II an wegen einer nicht angezeigten Nebentätigkeit. Der Beklagten sei bekannt geworden, dass die Klägerin ab 09.01.2007 aus einer Tätigkeit bei der Firma E. N.-O. G. und D. A. ab 01.01.2007 aus einer Tätigkeit bei der Firma H. G. T. Einkommen erzielen würde. Am 08.01.2008 beantragte erstmals D. A. Grundsicherungsleistungen gegenüber dem Beklagten und gab die Klägerin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft an. Es wurden erstmals Lohn/Gehaltsabrechnungen der Firma E., die Klägerin betreffend, für die Abrechnungsmonate September bis November 2007 mit unterschiedlicher Lohnhöhe (09/07: 822,50 EUR brutto, 653,89 EUR netto; 10/07: 628,25 EUR brutto, 515,41 EUR netto und 11/07: 694,75 EUR brutto, 562,08 EUR netto) vorgelegt, ein Arbeitsvertrag des D. A. über eine Beschäftigung ab dem 18.07.2007 mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich bei der Firma N.-T.-L. G., sowie die fristlose Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses zum 21.11.2007 und eine Lohn- und Gehaltsabrechnung des D. A. für November 2007. Mit Bescheid vom 14.01.2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und D. A. daraufhin für die Monate Januar bis Juni 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 704,77 EUR. Als zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin wurden monatlich 373,13 EUR angesetzt. Am 17.01.2008 gingen beim Beklagten Verdienstabrechnungen des D. A. für die Monate Januar bis Juni 2007 ein. Am 14.02.2008 teilte die Klägerin per Veränderungsmitteilung der zuständigen Agentur für Arbeit mit, dass sie aufgrund der Verlängerung des Arbeitsvertrages mit der Firma E. vom 01.03.2008 bis 31.08.2008 einer Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden nachgehe. Nach Aufforderung seitens des Beklagten mit Schreiben vom 06.03.2008 wurden am 19.03.2008 eine Einkommensbescheinigung betreffend die Klägerin für den Monat Juli 2007 (761,25 EUR brutto, 608,78 EUR netto) sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Klägerin für die Abrechnungsmonate Januar 2007 (630,- EUR brutto; 500,83 EUR netto), Juli 2007 (761,25 EUR brutto; 608,78 EUR netto), Oktober bis Dezember 2007 (10/07: 628,25 EUR brutto; 514,57 EUR netto; 11/07: 694,75 EUR brutto; 561,10 EUR netto; 12/07: 614,25 EUR brutto; 504,76 EUR netto), sowie Januar und Februar 2008 (01/08: 756,- EUR brutto; 604,58 EUR netto; 02/08: 742,- EUR brutto; 597,27 EUR netto) vorgelegt. Des Weiteren wurden Verdienstabrechnungen für D. A. für die Monate Juli, November und Dezember 2006 eingereicht sowie eine Verdienstbescheinigung der Firma E. betreffend die Klägerin für das gesamte Kalenderjahr 2007. Erstmals wurde auch der Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Firma E. dem Beklagten vorgelegt aus dem sich ergibt, dass die Klägerin dort seit 09.01.2007 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht. Mit Bescheiden vom 21.04.2008, 22.04.2008 und 24.04.2008 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit D. A. zunächst ab dem 15.04.2008 Arbeitslosengeld I, sodann ab dem 21.04.2008 und hob die Leistungsbewilligung ab dem 01.05.2008 wegen Arbeitsaufnahme wieder auf. Unter dem 26.05.2008 erließ der Beklagte drei Änderungsbescheide. Mit dem ersten wurden der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 nunmehr nur noch 178,66 EUR monatlich bewilligt. Als Begründung wurde angegeben, dass das tatsächlich erzielte Einkommen der Leistungsempfänger angerechnet worden sei. Durch den zweiten Änderungsbescheid vom 26.05.2008 wurden für den Monat Januar 2007 548,66 EUR, für den Monat Februar 2007 253,83 EUR, für den Monat März 2007 285,51 EUR, für den Monat April 2007 235,65 EUR, für den Monat Mai 2007 198,38 EUR und für den Monat Juni 2007 152,17 EUR ebenfalls unter Anrechnung tatsächlich erzielten Einkommens bewilligt. Der dritte Änderungsbescheid vom 26.05.2008 erkannte der Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juli 2007 unter Anrechnung erzielten Einkommens nunmehr nur noch 140,81 EUR zu. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 27.05.2008 berücksichtigte der Beklagte das seitens der Klägerin bei der Firma E. erzielte Einkommen, Krankengeld des D. A., den Wegfall seines Arbeitslosengeldes I ab dem 01.05.2008 und bewilligte auf dieser Grundlage für Januar 2008 745,99 EUR, für Februar 2008 554,34 EUR, für März 2008 229,93 EUR, für April 2008 287,81 EUR und für Mai 2008 259,26 EUR. Die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 waren mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ein Rechtsbehelf wurde nicht eingelegt. Durch Aufhebungsbescheid vom 26.05.2008 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01.06.2008 ganz auf. Als Grund gab er den Wegfall der Hilfebedürftigkeit wegen Arbeitsaufnahme an. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008, gerichtet allein an die Klägerin, hob die Beklagte die Entscheidungen vom 04.01.2007, 13.03.2007, 06.06.2007, 14.01.2008 für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2008 teilweise auf. Zu den näheren Einzelheiten verwies sie auf die Änderungsbescheide zum Bezug von Arbeitslosengeld II. Sie wies für die einzelnen Monate von Dezember 2006 bis März 2008 die jeweilige Überzahlung betreffend die Klägerin einerseits hinsichtlich der Regelleistung und andererseits hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Einzelnen aus. Der Erstattungsbetrag zu Lasten der Klägerin betrage insgesamt 2.384,69 EUR. Ein entsprechender Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erging gegenüber D. A. unter demselben Datum in Höhe von 1.201,51 EUR. Auch diese mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheide vom 26.05.2008 und vom 27.05.2008 wurden nicht angefochten. Am 07.10.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Aufhebung der Leistungen sowie deren Erstattung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Sie habe fortlaufend ihre Lohn- und Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Es sei dem Beklagten daher immer möglich gewesen, das erzielte Einkommen anzurechnen. Dies habe er nicht getan. Da es an einem Verschulden ihrerseits fehle, sei eine Aufhebung rechtswidrig. Da während des Zeitraums von Dezember 2006 bis März 2008 mehrere Verfügungssätze getätigt worden seien, wäre es ein Leichtes gewesen, jeweils ihr Gehalt auf die Leistungen des Beklagten anzurechnen. Richtige Ermächtigungsgrundlage wäre § 45 SGB X gewesen. Durch Bescheid vom 07.02.2011 teilte der Beklagte mit, dass die Rechtsgrundlage auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X geändert werde. Ansonsten müsse es bei seiner Entscheidung verbleiben. Hiergegen legte die Klägerin am 06.03.2011 Widerspruch ein und wiederholte wörtlich den Vortrag des Antrags vom 07.10.2010. Durch Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Betreffend den Zeitraum Dezember 2006 bis Mai 2008 seien die zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse jeweils nach der bereits erfolgten Leistungsgewährung bekannt gemacht worden. Soweit die Leistungsbewilligung auf zuvor gemachten falschen Angaben beruhe, erfolge die Aufhebung auf der Grundlage des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Soweit nach der Leistungsbewilligung Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs führte, erfolge die Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Nach beiden vorgenannten Vorschriften sei sowohl ein Vertrauensschutz als auch eine wirksame Berufung auf den Verbrauch der unrechtmäßig bezogenen Leistung jeweils ausgeschlossen. Da die Aufhebung rechtmäßig erfolgt sei, sei die Erstattung der überzahlten Leistungen gemäß § 50 SGB X in Gesamthöhe von 2.384,69 EUR zu fordern. Am 30.06.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 aufzuheben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Nach Erläuterung der Berechnung der zu erstattenden Beträge seitens des Beklagten hat die Klägerin die Richtigkeit dieses Ansatzes zugunsten des Beklagten unterstellt. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 31.05.2012 die Klage abgewiesen. Es hat dahinstehen lassen, ob mit dem reinen, ausdrücklich gestellten Anfechtungsantrag dem Interesse der Klägerin überhaupt genügt werden könne. Denn selbst bei Aufhebung der negativen Überprüfungsentscheidungen (Bescheid vom 07.02.2011 und Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011) verbliebe es bei der Erstattungsentscheidung des Beklagten vom 27.05.2008. Jedenfalls sei die zulässige Klage nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Denn der Bescheid vom 27.05.2008 sei zu Recht ergangen. Bevor der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 ergangen sei, seien unter dem 26.05.2008 mehrere Änderungsbescheide, betreffend die Leistungsbewilligungen für die Monate Dezember 2006, Januar bis Juni 2007, Juli 2007 und Januar bis Mai 2008 ergangen. Diese seien mit zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrungen versehen und nicht mit dem Rechtsmittel des Widerspruchs angegriffen worden. Sie seien insoweit in Bestandskraft erwachsen. Eine Überprüfung dieser Bescheide sei mangels rechtzeitiger Antragstellung gemäß § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht mehr möglich. Hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide enthalte der Bescheid vom 27.05.2008 daher nur eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt. Im Rahmen des Antrags nach § 44 SGB X sei daher allenfalls der Regelungsgehalt des Bescheides vom 27.05.2008 betreffend die Geltendmachung der Erstattung überzahlter Beträge auf Grundlage des § 50 SGB X zu überprüfen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien, soweit die Bewilligungsbescheide vom 04.01.2007, 13.03.2007, 06.06.2007 und 14.01.2008 durch die bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 aufgehoben worden seien, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Das Gericht vermöge bei bestandskräftiger Aufhebung der genannten Bescheide in der auch im Erstattungswege geltend gemachten Höhe keinen Fehler in der Berechnung der Erstattungsforderung zu erkennen. Insbesondere sei die Erstattung im maßgeblichen Bescheid monatlich, bezogen allein auf die Klägerin und der Art nach (Regelleistung und Kosten der Unterkunft betreffend) aufgeschlüsselt worden. Auch die Klägerin habe zugunsten des Beklagten die Berechnung als richtig unterstellt. Hiergegen richtet sich die am 02.07.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Die Klägerin trägt vor, einer Überprüfung der Bewilligungen für Dezember 2006 bis Juli 2007 sowie Januar 2008 bis Mai 2008 bedürfe es nicht, nachdem bei Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- u. Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 dieser aufzuheben wäre; die aufgrund dieses Bescheids ergangenen Änderungsbescheide wären dann entsprechend aufzuheben; Grundlage für die Änderungsbescheide sei der Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 gewesen. Zur Anwendung komme § 45 SGB X und es bestehe Vertrauensschutz. Sie habe niemals vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht. Noch im Dezember 2006 habe sie ihren Arbeitsvertrag, ausgestellt von der Firma E., zum Beklagten gebracht. Nachdem von Anfang an mit variablem Entgelt zu rechnen gewesen sei, hätte der Beklagte eine Prognose treffen müssen. Sie habe aufgrund der variablen Stunden immer ihre Lohnabrechnungen abgegeben. Die Arbeit bei K. über die Firma E. sei bis 2008 durchgeführt worden und sie habe in dem Zeitraum auch Krankengeld bezogen, nachdem sie das Krankenhaus aufgrund eines Nervenzusammenbruchs habe aufsuchen müssen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.05.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011 zu verpflichten den Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 zurückzunehmen sowie den Änderungsbescheid vom 27.05.2008 abzuändern. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben.
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Die gegen den Gerichtsbescheid vom 31.05.2012 eingelegte Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
Die Berufung ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe insoweit nicht eingreifen, und auch im Übrigen zulässig; insbesondere sind die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage im Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) entgegen der Auffassung des SG nicht allein die Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des bestandskräftigen Aufhebungs- u. Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, sondern auch die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Aufhebung der bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008. Zwar bezieht sich der Überprüfungsantrag vom 07.10.2010 nach dem Wortlaut allein auf den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008. In der Begründung wird indessen auch ausdrücklich geltend gemacht, die Aufhebung "der Leistungen" sei rechtswidrig. Die Klägerin begehrt die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung des Beklagten an sich. Gegenstand des Verfahrens ist demnach der Bescheid des Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, mit dem der Beklagte die Aufhebung des bestandskräftigen Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und mittelbar auch die (teilweise) Aufhebung der bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 abgelehnt hat. Letztlich bilden die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 eine rechtliche Einheit (vgl. für Sperrzeit- und Änderungsbescheide Bundessozialgericht [BSG], Urteil v. 17.11.2005 - B 11a/11 AL 49/04 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 10 Rn. 12; BSG, Urteil v. 02.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - Juris), daher sind diese Bescheide einheitlich zu überprüfen. Der Beklagte hat zwar im Bescheid vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 keine ausdrückliche Überprüfung der genannten Änderungsbescheide vorgenommen. Dies ist vorliegend aber unschädlich, nachdem der Beklagte die Rechtmäßigkeit der Aufhebung in der Sache überprüft hat und sich nicht (wie das SG) auf die formelle Bestandskraft der Änderungsbescheide berufen hat.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, er sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Hinsichtlich der Änderungsbescheide vom 26.05.2008 liegen die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht vor. Bei Erlass der Änderungsbescheide vom 26.05.2008 wurde weder das Recht unrichtig angewandt noch ist der Beklagte von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Vielmehr sind die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.07.2007 bewilligten Leistungen ist hier § 40 SGB II, § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 48 Abs. 1 S 2 Nr. 2 und 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben, soweit (1.) die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Bezogen auf die Bewilligungsbescheide vom 09.06.2006 und 04.01.2007 ist erst nach deren Bekanntgabe der Zufluss der Lohnzahlungen aus der Tätigkeit bei der Firma E. an die Klägerin erfolgt, sodass unter Berücksichtigung der maßgebenden objektiven tatsächlichen Verhältnisse, die bei Erlass der Bewilligungsbescheide vorgelegen haben (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R -und vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - Juris ), eine wesentliche Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, eingetreten ist. Die wesentliche Änderung lag hier darin, dass die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und damit eine Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss dieser Beträge ab Dezember 2006 bis zum 31.07.2007 teilweise entfallen ist.
Im Hinblick auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Klägerin ist einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistungen erheblich sind. Dies hat die Klägerin zur Überzeugung des Senats bei der Antragstellung am 04.01.2007 unterlassen. Die Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma E. und der Zufluss der Lohnzahlungen aus dieser Tätigkeit hat die Klägerin erstmals bei der Antragstellung am 08.01.2008 mitgeteilt. Eine Vorlage des Arbeitsvertrages bereits im Dezember 2006 ist in der Akte nicht dokumentiert. Diesbezüglich wäre die Klägerin (nicht nur im Überprüfungsverfahren) auch darlegungs- und beweispflichtig. Nach Aktenlage hat die Klägerin erstmals mit Antragstellung am 08.01.2008 Lohnabrechnungen der Firma E. und erstmals am 19.03.2008 den Arbeitsvertrag mit der Firma E. dem Beklagten vorgelegt. Bei einer Beschäftigungsaufnahme am 09.01.2007 kann von einer rechtzeitigen Mitteilung an den Beklagten mitnichten ausgegangen werden. Bis zur Antragstellung am 08.01.2008 wurde in sämtlichen vorherigen Antragsformularen die Beschäftigung der Klägerin bei der Firma E. und die damit einhergehende Einkommenserzielung zumindest grob fahrlässig verschwiegen. Die Frist nach §§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 SGB X ist eingehalten. Nach alledem hat der Beklagte zu Recht die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2007 teilweise aufgehoben. Die Höhe der vorgenommenen Rückforderung für diesen Zeitraum ist nicht zu beanstanden. Der Änderungsbescheid sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid jeweils vom 27.05.2008 sind demgegenüber insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 aufgehoben und von der Klägerin die Erstattung von 312,64 EUR gefordert hat.
Der Änderungsbescheid sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid jeweils vom 27.05.2008 waren anfänglich, d.h. nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 01.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr. 15) rechtswidrig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zur Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte bestimmt § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (zur uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 44 SGB X auch im Bereich des SGB II vgl. Urteil des BSG vom 01.06.2010 - B 4 AS 78/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 36).
Der Beklagte hat zu Unrecht für die teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X bejaht. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 der Norm - mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahme ist dabei nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Besteht kein schutzwürdiges Vertrauen, steht die Rücknahme des Verwaltungsaktes im Ermessen der Behörde. Ausgeschlossen ist die Berufung auf Vertrauen, soweit der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). In diesem Fall ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes zwingende Rechtsfolge, §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III.
Der Bewilligungsbescheid vom 14.01.2008 war von Anfang an im Sinne des § 45 SGB X rechtswidrig. § 48 SGB X ist vorliegend nicht einschlägig. Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl. BSG, Urteile vom 01.06.2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285; vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221; vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, BSGE 93, 51). Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R -, BSGE 108, 258).
Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist damit kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung oder als Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist, ist typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II (in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung) i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III eröffnet. Der Erlass eines endgültigen Bescheides statt eines vorläufigen Bescheides ist dann von Anfang an rechtswidrig und § 45 SGB X die für seine Aufhebung einschlägige Ermächtigungsgrundlage. § 48 SGB X wäre demgegenüber nur dann anwendbar, soweit sich hinsichtlich der anderen Voraussetzungen eine wesentliche Änderung ergibt (BSG, Urteil vom 21.6.2011, a.a.O.).
Wegen der Bewilligung von Leistungen für Januar bis Juni 2008 ist der Beklagte von vornherein von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen. Er hat im Bescheid vom 14.01.2008 das künftige Einkommen für Januar bis Juni 2008 in Höhe des Nettolohnes für November 2007 zugrunde gelegt, obwohl aus den vorgelegten Lohnabrechnungen der Monate September bis November 2007 ein deutlich schwankendes Einkommen zu erkennen war. Dabei lässt sich den Formulierungen im Bescheid nicht entnehmen, dass die Bewilligung als solche unter dem Vorbehalt ihrer Vorläufigkeit stehen sollte. Für den Empfänger des Bescheides ist unter Würdigung der Gesamtumstände - insbesondere seiner Gestaltung - nicht ansatzweise erkennbar geworden, dass eine abschließende Entscheidung noch ausstehen könnte (vgl. BSG, Urteile vom 15.05.2002 - B 6 KA 25/01 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 46, vom 28.11.1990 - 4 RLw 5/90 -, SozR 3-1300 § 32 Nr. 4, und vom 16.11.1995 - 4 RLw 4/94 -, SozR 3-1300 § 31 Nr. 10). An keiner Stelle des Bewilligungsbescheides sind Ausführungen zu einer nur vorläufigen Bewilligung zu finden. Damit hat der Beklagte insoweit eine Entscheidung getroffen, die nur noch unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X korrigiert werden kann.
Danach stellt sich § 45 SGB X als einschlägige Rechtsgrundlage für die Aufhebung dar. Die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 45 SGB X darf nur erfolgen, wenn der Berechtigte nicht auf dessen Bestand vertraut hat oder das gegebene Vertrauen nicht schutzwürdig ist. § 45 Abs. 2 SGB X erfordert hier die Abwägung des Interesses des Betroffenen am Bestand mit der Abwägung der Interessen der durch die Sozialleistungsträger präsentierten Allgemeinheit an der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Ein Vertrauen in den Bestand eines Verwaltungsakts besteht regelmäßig, wenn der Betroffene den Verwaltungsakt erhalten hat und davon ausgeht, dass die ihm gewährte Begünstigung ihm auch tatsächlich zusteht. Das Vertrauen wird in aller Regel allein durch den Erlass eines Verwaltungsakts begründet (Padé in: jurisPK-SGB X, § 45 SGB X Rn.61). Das Vertrauen ist schutzwürdig, wenn das Interesse des Begünstigten an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands das Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustands überwiegt. Die damit vom Gesetz geforderte Interessenabwägung ist von dem in § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumten Ermessen zu unterscheiden. Die Einstellung aller maßgeblichen Gesichtspunkte in die Abwägung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X, die sich gegenüber dem spezielleren § 45 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB X als Auffangnorm darstellt, ist voll gerichtlich überprüfbar. Das Gesetz vermutet eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens, wenn der Versicherte die gewährten Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, deren Rückgängigmachung ihm nicht zumutbar ist. Sind Leistungen nicht erbracht oder Vermögensdispositionen nicht getroffen worden, überwiegt stets das öffentliche Interesse an der Herstellung der wahren Rechtslage für die Zukunft. Der Vertrauensschutz ist in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Schutzwürdigkeit des Vertrauens nicht bereits nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen. Die Klägerin hat die Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsakts weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Das Gesetz definiert den Begriff der groben Fahrlässigkeit selbst als Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Für die Erfüllung der groben Fahrlässigkeit reicht es also nicht aus, dass der Betroffene Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit seiner Angaben bzw. an der Rechtmäßigkeit hat, sondern die Zweifel müssen so ausgestaltet sein, dass es für jeden erkennbar wäre, dass hier wenigstens eine Nachfrage notwendig wäre. Grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheids ist dem Begünstigten vorzuwerfen, wenn er wissen musste, dass die Bewilligung vom geltenden Recht nicht gedeckt ist. Nimmt die Behörde einen fehlerhaften Sachverhalt an, ist die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon dann relevant, wenn der Begünstigte daraus erkennen musste, dass die Behörde aufgrund des falschen Sachverhalts auch eine rechtswidrige Schlussfolgerung gezogen hat, ihm mithin die Begünstigung nicht zusteht. Insofern genügt eine Parallelwertung in der Laiensphäre. Die Rechtswidrigkeit muss aus Sicht des Betroffenen mit seinen Erkenntnismöglichkeiten offensichtlich sein (Padé a.a.O. Rn. 91; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7.Auflage 2010, § 45 Rn. 55f.). Dies kann allerdings hier aus Sicht der Klägerin nicht angenommen werden. Der Klägerin selbst war bei Antragstellung am 08.01.2008 nicht bekannt, in welcher konkreten Höhe sie Einkommen aus ihrer (nunmehr) mitgeteilten Tätigkeit bei der Firma E. in den Monaten Januar bis Juni 2008 erzielen werde.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X (die Fallvarianten Nr. 1 und Nr. 2 sind offensichtlich nicht einschlägig) ist gem. § 45 Abs. 4 SGB X eine Bescheidrücknahme ausgeschlossen. Die teilweise Aufhebung der Bewilligung für die Monate Februar und März 2008 war daher rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei hat der Senat das teilweise Obsiegen der Klägerin im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens entsprechend berücksichtigt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30.05.2011 verpflichtet, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und den Änderungsbescheid vom 27.05.2008 zurückzunehmen, soweit die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 aufgehoben und Erstattung von 312,64 EUR gefordert worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/7 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufrechterhaltung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides nach Überprüfung im Wege des Zugunstenverfahrens. Die 1964 geborene Klägerin stand seit dem Jahre 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2006 bis Mai 2008 stellte die Klägerin zunächst am 07.06.2006 einen Fortzahlungsantrag beim Beklagten. Dieser bewilligte daraufhin durch Bescheid vom 09.06.2006 Arbeitslosengeld II für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 in Höhe von monatlich 620,28 EUR ohne Anrechnung von Einkommen. Nach Umzug der Klägerin und Begründung einer Bedarfsgemeinschaft mit dem am 27.09.1959 geborenen D. A. erging unter dem 04.01.2007 ein Änderungsbescheid, ausweislich dessen der Klägerin sowie dem in Bedarfsgemeinschaft mit ihr lebenden D. A. für die Zeit von Oktober bis Dezember 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 761,10 EUR bewilligt wurden. Als zu berücksichtigendes Einkommen des D. A. aus der Beschäftigung bei F. H. wurden monatlich 240,- EUR angesetzt. Mit Fortzahlungsantrag vom 04.01.2007 gab die Klägerin an, weiterhin mit D. A. in Bedarfsgemeinschaft zu leben, der über eigenes Einkommen verfüge. Es wurde angegeben, dass die Klägerin weiterhin seit Juli 2006 aufgrund selbständiger Tätigkeit 400,- EUR auf Minijobbasis verdiene und im Übrigen kein Arbeitsentgelt erziele. Das Einkommen des D. A. wurde weder mit dem maßgeblichen Formular "Zusatzblatt 2.2" noch durch Vorlage von Verdienstabrechnungen belegt. Durch Bescheid vom 04.01.2007 bewilligte der Beklagte daraufhin auch für die Zeit von Januar bis Juni 2007 monatliche Leistungen in Höhe von 761,10 EUR für die Bedarfsgemeinschaft. Erneut wurden als zu berücksichtigendes Einkommen des D. A. monatlich 240,- EUR angesetzt. Mit Änderungsbescheid vom 13.03.2007 wurden für die Monate April bis Juni 2007 die Leistungen auf monatlich 500,55 EUR gekürzt, da mit Ablauf des Monats März 2007 D. A. keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II mehr habe, da drei Meldeversäumnisse seinerseits vorlägen. Auf Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 05.06.2007, in dem die Klägerin auf dem Zusatzblatt 2.1 die Erzielung von Einkommen verneinte, bewilligte der Beklagte durch Bescheide vom 06.06.2007 für den Monat Juli 2007 470,55 EUR unter Berücksichtigung eines monatlichen Minderungsbetrages von 31,- EUR und für die Monate August 2007 bis Januar 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 501,55 EUR. Am 21.06.2007 gab D.A. gegenüber dem Beklagten an, ab etwa Juli 2005 einen Nebenverdienst erzielt zu haben und irgendwann danach sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein. Wegen mehrfacher Meldeversäumnisse senkte der Beklagte durch Bescheide vom 29.06.2007 die der Klägerin zustehende Regelleistung für die Monate August bis Oktober 2007 um 30 %‚ d. h. monatlich um 93,- EUR ab, darüber hinaus für denselben Zeitraum um weitere 20 %‚ d. h. 62,- EUR monatlich und nochmals für denselben Zeitraum um 30 % monatlich. Durch Aufhebungsbescheid vom 03.07.2007 wurde der Bewilligungsbescheid vom 06.06.2007 ab dem 01.08.2007 wegen wiederholter Meldeversäumnisse ganz aufgehoben. Am 17.07.2007 teilte D. A. per Veränderungsmitteilung der für Arbeitslosengeld I zuständigen Bundesagentur für Arbeit mit, dass er ab dem 18.07.2007 mehr als 15 Stunden wöchentlich als Paketzusteller beschäftigt sei. Unter dem 03.01.2008 hörte der Beklagte sowohl die Klägerin als auch D. A. zu einer beabsichtigten Anrechnung erzielten Einkommens auf das Arbeitslosengeld II an wegen einer nicht angezeigten Nebentätigkeit. Der Beklagten sei bekannt geworden, dass die Klägerin ab 09.01.2007 aus einer Tätigkeit bei der Firma E. N.-O. G. und D. A. ab 01.01.2007 aus einer Tätigkeit bei der Firma H. G. T. Einkommen erzielen würde. Am 08.01.2008 beantragte erstmals D. A. Grundsicherungsleistungen gegenüber dem Beklagten und gab die Klägerin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft an. Es wurden erstmals Lohn/Gehaltsabrechnungen der Firma E., die Klägerin betreffend, für die Abrechnungsmonate September bis November 2007 mit unterschiedlicher Lohnhöhe (09/07: 822,50 EUR brutto, 653,89 EUR netto; 10/07: 628,25 EUR brutto, 515,41 EUR netto und 11/07: 694,75 EUR brutto, 562,08 EUR netto) vorgelegt, ein Arbeitsvertrag des D. A. über eine Beschäftigung ab dem 18.07.2007 mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich bei der Firma N.-T.-L. G., sowie die fristlose Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses zum 21.11.2007 und eine Lohn- und Gehaltsabrechnung des D. A. für November 2007. Mit Bescheid vom 14.01.2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und D. A. daraufhin für die Monate Januar bis Juni 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 704,77 EUR. Als zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin wurden monatlich 373,13 EUR angesetzt. Am 17.01.2008 gingen beim Beklagten Verdienstabrechnungen des D. A. für die Monate Januar bis Juni 2007 ein. Am 14.02.2008 teilte die Klägerin per Veränderungsmitteilung der zuständigen Agentur für Arbeit mit, dass sie aufgrund der Verlängerung des Arbeitsvertrages mit der Firma E. vom 01.03.2008 bis 31.08.2008 einer Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden nachgehe. Nach Aufforderung seitens des Beklagten mit Schreiben vom 06.03.2008 wurden am 19.03.2008 eine Einkommensbescheinigung betreffend die Klägerin für den Monat Juli 2007 (761,25 EUR brutto, 608,78 EUR netto) sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Klägerin für die Abrechnungsmonate Januar 2007 (630,- EUR brutto; 500,83 EUR netto), Juli 2007 (761,25 EUR brutto; 608,78 EUR netto), Oktober bis Dezember 2007 (10/07: 628,25 EUR brutto; 514,57 EUR netto; 11/07: 694,75 EUR brutto; 561,10 EUR netto; 12/07: 614,25 EUR brutto; 504,76 EUR netto), sowie Januar und Februar 2008 (01/08: 756,- EUR brutto; 604,58 EUR netto; 02/08: 742,- EUR brutto; 597,27 EUR netto) vorgelegt. Des Weiteren wurden Verdienstabrechnungen für D. A. für die Monate Juli, November und Dezember 2006 eingereicht sowie eine Verdienstbescheinigung der Firma E. betreffend die Klägerin für das gesamte Kalenderjahr 2007. Erstmals wurde auch der Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Firma E. dem Beklagten vorgelegt aus dem sich ergibt, dass die Klägerin dort seit 09.01.2007 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht. Mit Bescheiden vom 21.04.2008, 22.04.2008 und 24.04.2008 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit D. A. zunächst ab dem 15.04.2008 Arbeitslosengeld I, sodann ab dem 21.04.2008 und hob die Leistungsbewilligung ab dem 01.05.2008 wegen Arbeitsaufnahme wieder auf. Unter dem 26.05.2008 erließ der Beklagte drei Änderungsbescheide. Mit dem ersten wurden der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 nunmehr nur noch 178,66 EUR monatlich bewilligt. Als Begründung wurde angegeben, dass das tatsächlich erzielte Einkommen der Leistungsempfänger angerechnet worden sei. Durch den zweiten Änderungsbescheid vom 26.05.2008 wurden für den Monat Januar 2007 548,66 EUR, für den Monat Februar 2007 253,83 EUR, für den Monat März 2007 285,51 EUR, für den Monat April 2007 235,65 EUR, für den Monat Mai 2007 198,38 EUR und für den Monat Juni 2007 152,17 EUR ebenfalls unter Anrechnung tatsächlich erzielten Einkommens bewilligt. Der dritte Änderungsbescheid vom 26.05.2008 erkannte der Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juli 2007 unter Anrechnung erzielten Einkommens nunmehr nur noch 140,81 EUR zu. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 27.05.2008 berücksichtigte der Beklagte das seitens der Klägerin bei der Firma E. erzielte Einkommen, Krankengeld des D. A., den Wegfall seines Arbeitslosengeldes I ab dem 01.05.2008 und bewilligte auf dieser Grundlage für Januar 2008 745,99 EUR, für Februar 2008 554,34 EUR, für März 2008 229,93 EUR, für April 2008 287,81 EUR und für Mai 2008 259,26 EUR. Die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 waren mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Ein Rechtsbehelf wurde nicht eingelegt. Durch Aufhebungsbescheid vom 26.05.2008 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01.06.2008 ganz auf. Als Grund gab er den Wegfall der Hilfebedürftigkeit wegen Arbeitsaufnahme an. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008, gerichtet allein an die Klägerin, hob die Beklagte die Entscheidungen vom 04.01.2007, 13.03.2007, 06.06.2007, 14.01.2008 für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2008 teilweise auf. Zu den näheren Einzelheiten verwies sie auf die Änderungsbescheide zum Bezug von Arbeitslosengeld II. Sie wies für die einzelnen Monate von Dezember 2006 bis März 2008 die jeweilige Überzahlung betreffend die Klägerin einerseits hinsichtlich der Regelleistung und andererseits hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Einzelnen aus. Der Erstattungsbetrag zu Lasten der Klägerin betrage insgesamt 2.384,69 EUR. Ein entsprechender Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erging gegenüber D. A. unter demselben Datum in Höhe von 1.201,51 EUR. Auch diese mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheide vom 26.05.2008 und vom 27.05.2008 wurden nicht angefochten. Am 07.10.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Aufhebung der Leistungen sowie deren Erstattung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Sie habe fortlaufend ihre Lohn- und Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Es sei dem Beklagten daher immer möglich gewesen, das erzielte Einkommen anzurechnen. Dies habe er nicht getan. Da es an einem Verschulden ihrerseits fehle, sei eine Aufhebung rechtswidrig. Da während des Zeitraums von Dezember 2006 bis März 2008 mehrere Verfügungssätze getätigt worden seien, wäre es ein Leichtes gewesen, jeweils ihr Gehalt auf die Leistungen des Beklagten anzurechnen. Richtige Ermächtigungsgrundlage wäre § 45 SGB X gewesen. Durch Bescheid vom 07.02.2011 teilte der Beklagte mit, dass die Rechtsgrundlage auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X geändert werde. Ansonsten müsse es bei seiner Entscheidung verbleiben. Hiergegen legte die Klägerin am 06.03.2011 Widerspruch ein und wiederholte wörtlich den Vortrag des Antrags vom 07.10.2010. Durch Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Betreffend den Zeitraum Dezember 2006 bis Mai 2008 seien die zu berücksichtigenden Einkommensverhältnisse jeweils nach der bereits erfolgten Leistungsgewährung bekannt gemacht worden. Soweit die Leistungsbewilligung auf zuvor gemachten falschen Angaben beruhe, erfolge die Aufhebung auf der Grundlage des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Soweit nach der Leistungsbewilligung Einkommen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs führte, erfolge die Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Nach beiden vorgenannten Vorschriften sei sowohl ein Vertrauensschutz als auch eine wirksame Berufung auf den Verbrauch der unrechtmäßig bezogenen Leistung jeweils ausgeschlossen. Da die Aufhebung rechtmäßig erfolgt sei, sei die Erstattung der überzahlten Leistungen gemäß § 50 SGB X in Gesamthöhe von 2.384,69 EUR zu fordern. Am 30.06.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 aufzuheben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Nach Erläuterung der Berechnung der zu erstattenden Beträge seitens des Beklagten hat die Klägerin die Richtigkeit dieses Ansatzes zugunsten des Beklagten unterstellt. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 31.05.2012 die Klage abgewiesen. Es hat dahinstehen lassen, ob mit dem reinen, ausdrücklich gestellten Anfechtungsantrag dem Interesse der Klägerin überhaupt genügt werden könne. Denn selbst bei Aufhebung der negativen Überprüfungsentscheidungen (Bescheid vom 07.02.2011 und Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011) verbliebe es bei der Erstattungsentscheidung des Beklagten vom 27.05.2008. Jedenfalls sei die zulässige Klage nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Denn der Bescheid vom 27.05.2008 sei zu Recht ergangen. Bevor der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 ergangen sei, seien unter dem 26.05.2008 mehrere Änderungsbescheide, betreffend die Leistungsbewilligungen für die Monate Dezember 2006, Januar bis Juni 2007, Juli 2007 und Januar bis Mai 2008 ergangen. Diese seien mit zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrungen versehen und nicht mit dem Rechtsmittel des Widerspruchs angegriffen worden. Sie seien insoweit in Bestandskraft erwachsen. Eine Überprüfung dieser Bescheide sei mangels rechtzeitiger Antragstellung gemäß § 44 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht mehr möglich. Hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide enthalte der Bescheid vom 27.05.2008 daher nur eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt. Im Rahmen des Antrags nach § 44 SGB X sei daher allenfalls der Regelungsgehalt des Bescheides vom 27.05.2008 betreffend die Geltendmachung der Erstattung überzahlter Beträge auf Grundlage des § 50 SGB X zu überprüfen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien, soweit die Bewilligungsbescheide vom 04.01.2007, 13.03.2007, 06.06.2007 und 14.01.2008 durch die bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 aufgehoben worden seien, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Das Gericht vermöge bei bestandskräftiger Aufhebung der genannten Bescheide in der auch im Erstattungswege geltend gemachten Höhe keinen Fehler in der Berechnung der Erstattungsforderung zu erkennen. Insbesondere sei die Erstattung im maßgeblichen Bescheid monatlich, bezogen allein auf die Klägerin und der Art nach (Regelleistung und Kosten der Unterkunft betreffend) aufgeschlüsselt worden. Auch die Klägerin habe zugunsten des Beklagten die Berechnung als richtig unterstellt. Hiergegen richtet sich die am 02.07.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Die Klägerin trägt vor, einer Überprüfung der Bewilligungen für Dezember 2006 bis Juli 2007 sowie Januar 2008 bis Mai 2008 bedürfe es nicht, nachdem bei Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- u. Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 dieser aufzuheben wäre; die aufgrund dieses Bescheids ergangenen Änderungsbescheide wären dann entsprechend aufzuheben; Grundlage für die Änderungsbescheide sei der Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 gewesen. Zur Anwendung komme § 45 SGB X und es bestehe Vertrauensschutz. Sie habe niemals vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht. Noch im Dezember 2006 habe sie ihren Arbeitsvertrag, ausgestellt von der Firma E., zum Beklagten gebracht. Nachdem von Anfang an mit variablem Entgelt zu rechnen gewesen sei, hätte der Beklagte eine Prognose treffen müssen. Sie habe aufgrund der variablen Stunden immer ihre Lohnabrechnungen abgegeben. Die Arbeit bei K. über die Firma E. sei bis 2008 durchgeführt worden und sie habe in dem Zeitraum auch Krankengeld bezogen, nachdem sie das Krankenhaus aufgrund eines Nervenzusammenbruchs habe aufsuchen müssen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31.05.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011 zu verpflichten den Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 zurückzunehmen sowie den Änderungsbescheid vom 27.05.2008 abzuändern. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben.
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Die gegen den Gerichtsbescheid vom 31.05.2012 eingelegte Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
Die Berufung ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe insoweit nicht eingreifen, und auch im Übrigen zulässig; insbesondere sind die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage im Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) entgegen der Auffassung des SG nicht allein die Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des bestandskräftigen Aufhebungs- u. Erstattungsbescheids vom 27.05.2008 im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, sondern auch die Verpflichtung des Beklagten zur teilweisen Aufhebung der bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008. Zwar bezieht sich der Überprüfungsantrag vom 07.10.2010 nach dem Wortlaut allein auf den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008. In der Begründung wird indessen auch ausdrücklich geltend gemacht, die Aufhebung "der Leistungen" sei rechtswidrig. Die Klägerin begehrt die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung des Beklagten an sich. Gegenstand des Verfahrens ist demnach der Bescheid des Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011, mit dem der Beklagte die Aufhebung des bestandskräftigen Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 und mittelbar auch die (teilweise) Aufhebung der bestandskräftigen Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 abgelehnt hat. Letztlich bilden die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 und 27.05.2008 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.05.2008 eine rechtliche Einheit (vgl. für Sperrzeit- und Änderungsbescheide Bundessozialgericht [BSG], Urteil v. 17.11.2005 - B 11a/11 AL 49/04 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 10 Rn. 12; BSG, Urteil v. 02.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - Juris), daher sind diese Bescheide einheitlich zu überprüfen. Der Beklagte hat zwar im Bescheid vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 keine ausdrückliche Überprüfung der genannten Änderungsbescheide vorgenommen. Dies ist vorliegend aber unschädlich, nachdem der Beklagte die Rechtmäßigkeit der Aufhebung in der Sache überprüft hat und sich nicht (wie das SG) auf die formelle Bestandskraft der Änderungsbescheide berufen hat.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, er sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Hinsichtlich der Änderungsbescheide vom 26.05.2008 liegen die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht vor. Bei Erlass der Änderungsbescheide vom 26.05.2008 wurde weder das Recht unrichtig angewandt noch ist der Beklagte von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Vielmehr sind die Änderungsbescheide vom 26.05.2008 zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.07.2007 bewilligten Leistungen ist hier § 40 SGB II, § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 48 Abs. 1 S 2 Nr. 2 und 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben, soweit (1.) die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Bezogen auf die Bewilligungsbescheide vom 09.06.2006 und 04.01.2007 ist erst nach deren Bekanntgabe der Zufluss der Lohnzahlungen aus der Tätigkeit bei der Firma E. an die Klägerin erfolgt, sodass unter Berücksichtigung der maßgebenden objektiven tatsächlichen Verhältnisse, die bei Erlass der Bewilligungsbescheide vorgelegen haben (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R -und vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - Juris ), eine wesentliche Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, eingetreten ist. Die wesentliche Änderung lag hier darin, dass die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und damit eine Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss dieser Beträge ab Dezember 2006 bis zum 31.07.2007 teilweise entfallen ist.
Im Hinblick auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Klägerin ist einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistungen erheblich sind. Dies hat die Klägerin zur Überzeugung des Senats bei der Antragstellung am 04.01.2007 unterlassen. Die Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma E. und der Zufluss der Lohnzahlungen aus dieser Tätigkeit hat die Klägerin erstmals bei der Antragstellung am 08.01.2008 mitgeteilt. Eine Vorlage des Arbeitsvertrages bereits im Dezember 2006 ist in der Akte nicht dokumentiert. Diesbezüglich wäre die Klägerin (nicht nur im Überprüfungsverfahren) auch darlegungs- und beweispflichtig. Nach Aktenlage hat die Klägerin erstmals mit Antragstellung am 08.01.2008 Lohnabrechnungen der Firma E. und erstmals am 19.03.2008 den Arbeitsvertrag mit der Firma E. dem Beklagten vorgelegt. Bei einer Beschäftigungsaufnahme am 09.01.2007 kann von einer rechtzeitigen Mitteilung an den Beklagten mitnichten ausgegangen werden. Bis zur Antragstellung am 08.01.2008 wurde in sämtlichen vorherigen Antragsformularen die Beschäftigung der Klägerin bei der Firma E. und die damit einhergehende Einkommenserzielung zumindest grob fahrlässig verschwiegen. Die Frist nach §§ 48 Abs. 4, 45 Abs. 4 SGB X ist eingehalten. Nach alledem hat der Beklagte zu Recht die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2007 teilweise aufgehoben. Die Höhe der vorgenommenen Rückforderung für diesen Zeitraum ist nicht zu beanstanden. Der Änderungsbescheid sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid jeweils vom 27.05.2008 sind demgegenüber insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 aufgehoben und von der Klägerin die Erstattung von 312,64 EUR gefordert hat.
Der Änderungsbescheid sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid jeweils vom 27.05.2008 waren anfänglich, d.h. nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 01.12.1999 - B 5 RJ 20/98 R - BSGE 85, 151, 153 = SozR 3-2600 § 300 Nr. 15) rechtswidrig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zur Rücknahme anfänglich rechtswidriger Verwaltungsakte bestimmt § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (zur uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 44 SGB X auch im Bereich des SGB II vgl. Urteil des BSG vom 01.06.2010 - B 4 AS 78/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 36).
Der Beklagte hat zu Unrecht für die teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen für den Zeitraum 01.02.2008 bis 31.03.2008 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X bejaht. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 der Norm - mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahme ist dabei nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Besteht kein schutzwürdiges Vertrauen, steht die Rücknahme des Verwaltungsaktes im Ermessen der Behörde. Ausgeschlossen ist die Berufung auf Vertrauen, soweit der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). In diesem Fall ist die Rücknahme des Verwaltungsaktes zwingende Rechtsfolge, §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III.
Der Bewilligungsbescheid vom 14.01.2008 war von Anfang an im Sinne des § 45 SGB X rechtswidrig. § 48 SGB X ist vorliegend nicht einschlägig. Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl. BSG, Urteile vom 01.06.2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285; vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221; vom 24.02.2011 - B 14 AS 45/09 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, BSGE 93, 51). Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R -, BSGE 108, 258).
Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist damit kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung oder als Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist, ist typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II (in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung) i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III eröffnet. Der Erlass eines endgültigen Bescheides statt eines vorläufigen Bescheides ist dann von Anfang an rechtswidrig und § 45 SGB X die für seine Aufhebung einschlägige Ermächtigungsgrundlage. § 48 SGB X wäre demgegenüber nur dann anwendbar, soweit sich hinsichtlich der anderen Voraussetzungen eine wesentliche Änderung ergibt (BSG, Urteil vom 21.6.2011, a.a.O.).
Wegen der Bewilligung von Leistungen für Januar bis Juni 2008 ist der Beklagte von vornherein von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen. Er hat im Bescheid vom 14.01.2008 das künftige Einkommen für Januar bis Juni 2008 in Höhe des Nettolohnes für November 2007 zugrunde gelegt, obwohl aus den vorgelegten Lohnabrechnungen der Monate September bis November 2007 ein deutlich schwankendes Einkommen zu erkennen war. Dabei lässt sich den Formulierungen im Bescheid nicht entnehmen, dass die Bewilligung als solche unter dem Vorbehalt ihrer Vorläufigkeit stehen sollte. Für den Empfänger des Bescheides ist unter Würdigung der Gesamtumstände - insbesondere seiner Gestaltung - nicht ansatzweise erkennbar geworden, dass eine abschließende Entscheidung noch ausstehen könnte (vgl. BSG, Urteile vom 15.05.2002 - B 6 KA 25/01 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 46, vom 28.11.1990 - 4 RLw 5/90 -, SozR 3-1300 § 32 Nr. 4, und vom 16.11.1995 - 4 RLw 4/94 -, SozR 3-1300 § 31 Nr. 10). An keiner Stelle des Bewilligungsbescheides sind Ausführungen zu einer nur vorläufigen Bewilligung zu finden. Damit hat der Beklagte insoweit eine Entscheidung getroffen, die nur noch unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X korrigiert werden kann.
Danach stellt sich § 45 SGB X als einschlägige Rechtsgrundlage für die Aufhebung dar. Die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 45 SGB X darf nur erfolgen, wenn der Berechtigte nicht auf dessen Bestand vertraut hat oder das gegebene Vertrauen nicht schutzwürdig ist. § 45 Abs. 2 SGB X erfordert hier die Abwägung des Interesses des Betroffenen am Bestand mit der Abwägung der Interessen der durch die Sozialleistungsträger präsentierten Allgemeinheit an der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Ein Vertrauen in den Bestand eines Verwaltungsakts besteht regelmäßig, wenn der Betroffene den Verwaltungsakt erhalten hat und davon ausgeht, dass die ihm gewährte Begünstigung ihm auch tatsächlich zusteht. Das Vertrauen wird in aller Regel allein durch den Erlass eines Verwaltungsakts begründet (Padé in: jurisPK-SGB X, § 45 SGB X Rn.61). Das Vertrauen ist schutzwürdig, wenn das Interesse des Begünstigten an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands das Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustands überwiegt. Die damit vom Gesetz geforderte Interessenabwägung ist von dem in § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumten Ermessen zu unterscheiden. Die Einstellung aller maßgeblichen Gesichtspunkte in die Abwägung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X, die sich gegenüber dem spezielleren § 45 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB X als Auffangnorm darstellt, ist voll gerichtlich überprüfbar. Das Gesetz vermutet eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens, wenn der Versicherte die gewährten Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, deren Rückgängigmachung ihm nicht zumutbar ist. Sind Leistungen nicht erbracht oder Vermögensdispositionen nicht getroffen worden, überwiegt stets das öffentliche Interesse an der Herstellung der wahren Rechtslage für die Zukunft. Der Vertrauensschutz ist in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Schutzwürdigkeit des Vertrauens nicht bereits nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen. Die Klägerin hat die Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Verwaltungsakts weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Das Gesetz definiert den Begriff der groben Fahrlässigkeit selbst als Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Für die Erfüllung der groben Fahrlässigkeit reicht es also nicht aus, dass der Betroffene Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit seiner Angaben bzw. an der Rechtmäßigkeit hat, sondern die Zweifel müssen so ausgestaltet sein, dass es für jeden erkennbar wäre, dass hier wenigstens eine Nachfrage notwendig wäre. Grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheids ist dem Begünstigten vorzuwerfen, wenn er wissen musste, dass die Bewilligung vom geltenden Recht nicht gedeckt ist. Nimmt die Behörde einen fehlerhaften Sachverhalt an, ist die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon dann relevant, wenn der Begünstigte daraus erkennen musste, dass die Behörde aufgrund des falschen Sachverhalts auch eine rechtswidrige Schlussfolgerung gezogen hat, ihm mithin die Begünstigung nicht zusteht. Insofern genügt eine Parallelwertung in der Laiensphäre. Die Rechtswidrigkeit muss aus Sicht des Betroffenen mit seinen Erkenntnismöglichkeiten offensichtlich sein (Padé a.a.O. Rn. 91; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7.Auflage 2010, § 45 Rn. 55f.). Dies kann allerdings hier aus Sicht der Klägerin nicht angenommen werden. Der Klägerin selbst war bei Antragstellung am 08.01.2008 nicht bekannt, in welcher konkreten Höhe sie Einkommen aus ihrer (nunmehr) mitgeteilten Tätigkeit bei der Firma E. in den Monaten Januar bis Juni 2008 erzielen werde.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X (die Fallvarianten Nr. 1 und Nr. 2 sind offensichtlich nicht einschlägig) ist gem. § 45 Abs. 4 SGB X eine Bescheidrücknahme ausgeschlossen. Die teilweise Aufhebung der Bewilligung für die Monate Februar und März 2008 war daher rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei hat der Senat das teilweise Obsiegen der Klägerin im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens entsprechend berücksichtigt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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