Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1520/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3749/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente geltend.
Der 1954 geborene Kläger absolvierte in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eine Ausbildung zum Autolackierer und war bis 1975 in diesem Beruf tätig. Danach arbeitete der Kläger als Chemiearbeiter, Farbspritzer, Kraftfahrer und als Müllarbeiter. In der Bundesrepublik war er von 1989 bis 1995 zunächst versicherungspflichtig als Möbelträger beschäftigt, anschließend als Aushilfsfahrer bei der P. und bei U. Seit 1998 ist er arbeitslos. Im Jahr 2011 bezog er Leistungen nach dem SGB II.
Am 17.10.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen bei und holte das Gutachten des Orthopäden und Chirurgen Dr. St. vom 13.01.2012 ein. Dieser diagnostizierte belastungsabhängige Beschwerden der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Symptomatik und ohne Funktionseinschränkungen; Hypertonie, medikamentöse Therapie wird abgelehnt; Nikotinabusus; Verdacht auf periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diagnostik bislang noch nicht durchgeführt. Der Kläger habe auch die Einnahme von ASS zur Verbesserung der Durchblutung abgelehnt. Bei Wahrung der Therapieoptionen hinsichtlich des Blutdrucks und einer möglichen peripheren AVK wäre der Zustand mit Sicherheit verbesserbar. Wegen mangelndem Interesse des Klägers an einer Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit werde offensichtlich nichts erfolgen. Die Fortbewegung mit dem eigenen Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln sei möglich, die Wegefähigkeit sei gegeben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten in Wechselhaltung verrichten.
Mit Bescheid vom 18.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Einschränkungen des Klägers aus Krankheiten oder Behinderungen führten nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne.
Mit seinem am 08.02.2012 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, bei ihm bestehe eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Stadium II B, er könne lediglich eine schmerzfreie Gehstrecke von weniger als 200 m, tatsächlich nur von lediglich 20 bis 30 m zurücklegen. Zudem sei ein Langstreckenverschluss der linken Beckenarterie festgestellt worden.
Dr. St. nahm zu den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Befundberichten am 27.03.2012 Stellung und hielt an seiner Leistungseinschätzung fest mit der Einschränkung, dass der Kläger aufgrund der AVK nur zeitweise gehen solle. Aus der Ablehnung einer Behandlung der AVK schloss Dr. St., dass der Leidensdruck des Klägers noch nicht groß genug sei, da er in seinen alltäglichen Verrichtungen, insbesondere dem Spazierengehen mit dem Hund, noch nicht eingeschränkt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 11.05.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim und verwies zur Begründung auf seine Angaben in der Widerspruchsbegründung.
Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Die Internistin und Phlebologin Dr. J. führte aus, der Kläger sei lediglich einmalig am 20.12.2010 bei ihr vorstellig geworden. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie Dr. M. teilte unter dem 06.08.2012 mit, der Kläger sei zweimal (am 09.07.2010 und 07.12.2010) in seiner nervenärztlichen Behandlung gewesen.
Das Sozialgericht zog die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit H. bei und holte ein Gutachten des Chefarztes der Klinik für Innere Medizin des Diakonie Krankenhauses M. Dr. A. ein. Dieser untersuchte den Kläger am 24.01.2013 und führte in seinem Gutachten vom 15.02.2013 aus, als Hauptbefund habe sich ein Bauchaortenaneurysma gezeigt. Dieses sei mit einem Durchmesser von über 5 cm und dem damit verbundenen Rupturrisiko als operationsbedürftig zu werten. Das Rupturrisiko übersteige bei einer Größe von mindestens 5 cm die statistische Operationsletalität, weshalb die dringliche Operationsindikation gestellt werden müsse. Darüber hinaus liege eine Schaufensterkrankheit im Sinne einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit mit einer Verkürzung der schmerzfreien Gehstrecke auf deutlich unter 200 m (Stadium II b nach Fontaine) vor. Die objektiven Messungen würden mit den subjektiven Beschwerden des Klägers gut übereinstimmen. Im Hinblick auf zu vermeidende Tätigkeiten müsse in erster Linie das Vorliegen des Bauchaortenaneurysmas in den Vordergrund gerückt werden. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg, seien gänzlich zu vermeiden. Jegliche übermäßige körperliche und psychische Belastungen seien zu unterlassen. Tätigkeiten, welche mit einer niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung eingingen, wie z.B. eine Schreibtischtätigkeit, könnten aus angiologischer Sicht in Vollzeit ausgeführt werden. Das Bauchaortenaneurysma sei erstmals im Rahmen der Untersuchung am 24.01.2013 festgestellt worden. Der Kläger sei nicht in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 m jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen. Eine Überprüfung der geforderten Wegstrecke und Zeitvorgabe sei im Rahmen der angiologischen Abklärung angestrebt worden, jedoch habe angesichts der gemessenen massiv erhöhten Blutdruckwerte in Anbetracht des erhobenen Befundes eines großen Bauchaortenaneurysmas darauf verzichtet werden müssen. Der Kläger sei nur bedingt dazu in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Das Positionspaper "Fahreignung bei kardio-vaskulären Erkrankungen" der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2008 gebe für Privatfahrer im Falle eines Aortenaneurysmas bei fehlender Symptomatik keine Einschränkung der Fahrgeeignetheit an. Das erhöhte Rupturrisiko sei in jedem Fall hinsichtlich der Gefährdung des Klägers wie auch der anderen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Im Falle eines Anpralltraumas sei von einem sehr hohen Rupturrisiko auszugehen, so dass ein berufliches Fahren nicht vertreten werden könne.
Der Kläger ließ hierzu vortragen, er habe nie eine solche Schreibtischtätigkeit in einem Büro ausgeübt. Der Gutachter habe ihm gegenüber mitgeteilt, dass er nicht mehr in der Lage sei, irgendeine Tätigkeit auszuüben.
Dr. A. hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17.05.2013 an seiner Leistungsbeurteilung fest.
Mit Urteil vom 25.07.2013 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 31.07.2016 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Kläger sei erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI seien erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (dann volle Erwerbsminderung) bzw. sechs Stunden (dann teilweise Erwerbsminderung) täglich erwerbstätig zu sein. Nach der Überzeugung des Gerichts sei der Kläger nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten.
Im Vordergrund der körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers stehe das Bauchaortenaneurysma mit einem Durchmesser von über 5 cm, das im Zuge der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung durch den Gutachter Dr. A. am 24.01.2013 erstmals festgestellt worden sei. Nach den aktuellen Leitlinien sei hierfür die Indikation zu einer operativen Sanierung zu stellen, da von einem hohen Rupturrisiko auszugehen sei. Neben der Größe des Aneurysmas würden beim Kläger individuelle Faktoren (massiv erhöhte Blutdruckwerte und Ablehnung einer Behandlung, Thrombozytenaggregationshemmung aufgrund der generalisierten Arteriosklerose) hinzukommen, die das Rupturrisiko erhöhten. Insgesamt sei von einem deutlich erhöhten kardiovaskulären Gesamtrisiko für Herzinfarkt und Schlaganfall auszugehen. Zusätzlich liege eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vor, die die schmerzfreie Gehstrecke des Klägers auf deutlich unter 200 m verkürze. Der Kläger sei derzeit nicht in der Lage, mindestens drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Nach den Feststellungen des Dr. A. seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten über 5-10 kg zur Vermeidung von Blutdruckspitzen gänzlich zu vermeiden, da hierdurch das Rupturrisiko deutlich ansteigen würde. Die Körperposition habe keinen wesentlichen Einfluss auf die Progredienz und akute Rupturgefahr des Bauchaortenaneurysmas, allerdings seien nach den Ausführungen des Dr. A. jegliche übermäßige körperliche und psychische Belastungen zu vermeiden. Möglich seien lediglich Tätigkeiten, welche mit einer niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung einhergingen wie etwa eine Schreibtischtätigkeit, die in Vollzeit möglich sei. Das Gericht folge der Leistungseinschätzung des Dr. A. hinsichtlich der Vollzeittätigkeit nicht. Dr. A. habe selbst festgestellt, dass lediglich niedrige körperliche und wenig nervlich belastende Arbeiten möglich seien. Eine weitere Beschreibung des Leistungsvermögens sei ihm jedoch nicht möglich gewesen, da jede einzelne Tätigkeit im Hinblick auf das Bauchaortenaneurysma zu überprüfen sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass dem Kläger beispielsweise leichte Bandarbeiten oder Akkordarbeiten zumutbar seien. Dem Kläger sei es nicht zumutbar, angesichts des weit fortgeschrittenen Bauchaortenaneurysmas und des damit verbundenen Rupturrisikos irgendeiner Tätigkeit nachzugehen. Der Kläger sei zuletzt als Möbelträger tätig gewesen. Eine Schreibtischtätigkeit oder ähnlich körperlich nicht belastende Tätigkeit habe er bislang ausweislich seiner Erwerbsbiographie noch nicht ausgeübt. Da der Kläger bereits seit mehreren Jahren nicht mehr im Erwerbsleben stehe, nie am Schreibtisch tätig gewesen und deshalb mit den gewöhnlichen Schreibarbeiten nicht vertraut sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Tätigkeit beim Kläger lediglich mit einer geringen nervlichen Belastung einhergehe. Zwar erfasse der allgemeine Arbeitsmarkt jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gebe und liege das Arbeitsplatzrisiko bei der Arbeitsverwaltung. Allerdings weise der vorliegende Fall die Besonderheit auf, dass eine Tätigkeit, die nicht vollkommen der von Dr. A. angegebenen noch möglichen niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung entspreche, nicht nur zu einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers führen könne, sondern unter Umständen zu der Ruptur des Bauchaortenaneurysmas und damit zum Tod des Klägers. Insofern könne der vorliegende Fall nicht mit anderen Erwerbsminderungsrentenverfahren verglichen werden. Es sei nicht erkennbar, welche Tätigkeit der Kläger ausweislich seiner Erwerbsbiographie ausüben könne, die nicht zu einer Aufregung und nervlichen Belastung und damit zu einem Blutdruckanstieg und einem erhöhten Rupturrisiko führe. Dem Kläger fehle auch eine ausreichende Stressverträglichkeit, so dass nicht auszuschließen sei, dass bereits eine geringe nervliche Belastung in den ersten Tagen einer Arbeitstätigkeit zu einem erheblichen Blutdruckanstieg des Klägers und damit zu einem Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas führen könne. Der Kläger sei deshalb nur unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Als Leistungsfall werde der Tag der Untersuchung bei Dr. A., der 24.01.2013, angenommen, da an diesem Tag die Erstdiagnose des Bauchaortenaneurysmas erfolgt sei. Ausgehend hiervon sei nach § 101 Abs. 1 SGB VI die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 7. Monat nach Eintritt des Leistungsfalles zu zahlen, mithin ab August 2013. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine befristete Rente für drei Jahre (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Eine dauerhafte Erwerbsminderungsrente sei nicht zu gewähren. Denn es bestehe eine Besserungsaussicht. Der Kläger habe grundsätzlich die Möglichkeit, das Bauchaortenaneurysma operativ behandeln zu lassen. Des Weiteren könne dem Rupturrisiko entgegen gewirkt werden, indem eine vom Arzt kontrollierte medikamentöse Blutdruckeinstellung erfolge und der Kläger gegebenenfalls seine Lebensgewohnheiten in Bezug auf das Rauchen weiter einschränke. Da der Kläger eine Rente bereits ab Antragstellung begehre, werde die Klage im Übrigen abgewiesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei einem Leistungsfall am 24.01.2013 seien nach den Angaben des Beklagten-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2013 erfüllt. Ausweislich der sich in der Verwaltungsakte befindenden Übersicht über die Pflichtbeitragszeiten ende die Pflichtbeitragszeit des Klägers mit dem 31.12.2010. Der Kläger habe anschließend Arbeitslosengeld II bezogen, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zumindest über die Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI erfüllt seien.
Gegen das ihr am 01.08.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2013 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe dem Kläger keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Sie verwies auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Sch. vom 22.08.2013. Dieser hat ausgeführt, die Länge der tatsächlichen, vom Kläger zurückzulegenden Gehstrecke sei auch in dem Gutachten von Dr. A. letztlich nicht genau zu ermitteln gewesen. Darauf komme es aber nicht an, da der Kläger einen PKW besitze und ärztlicherseits nichts gegen dessen Benutzung spreche. Durch Gehen werde im Übrigen die Kollateraldurchblutung verbessert. Es spreche deshalb nichts gegen eine Tätigkeit mit überwiegenden Geh- und Stehanteilen, wie etwa bei der Museumsaufsicht. Das beschriebene Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas sei für die Leistungsfähigkeit nur insoweit relevant, als Tätigkeiten mit einer über die Alltagsbelastung deutlich hinausgehenden Belastung ausgeschlossen seien. Dies gelte auch für psychische Belastungen. Dr. A. sehe eine deutlich erhöhte Rupturgefahr auch wegen des nicht behandelten Hypertonus. Während die angezeigte Operation für das Bauchaortenaneurysma nicht duldungspflichtig sei, sei die Einnahme von Blutdruck senkenden Mittel durchaus zumutbar.
Die Beklagte hat hierzu noch ergänzend ausgeführt, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass eine relevante Gehstreckenminderung vorliege, stehe dem Kläger ein PKW zur Verfügung, mit welchem er einen entsprechenden Arbeitsplatz erreichen könne. Das Sozialgericht habe im Übrigen im Urteilstenor den Bescheid vom 18.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 aufgehoben und dabei nicht beachtet, dass "Ablehnungsbescheide" keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung seien (vgl. Meyer-Ladewig/Keller SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar 10. Auflage, Anhang § 54, Seite 208 RdNr. 5c, Sozialgerichtsbarkeit 1/07, Seite 60). Deshalb dürfe ein Ablehnungsbescheid nicht aufgehoben werden, wenn er zum Zeitpunkt des ihn bestätigenden Widerspruchsbescheids die tatsächliche und rechtliche Situation aus der Sicht des entscheidenden Gerichts rechtmäßig bewerte. In der mündlichen Verhandlung sei sinngemäß beantragt worden, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren. Das Sozialgericht habe diesem Antrag nicht entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dies sei bei der Kostenentscheidung nicht entsprechend gewürdigt worden, zumal das Bauchaortenaneurysma erstmals im Laufe des Verfahrens diagnostiziert und die Rente erst für einen Zeitpunkt nach Urteilsverkündung zugesprochen worden sei. Da die angefochtenen Bescheide daher rechtmäßig gewesen seien, hätten der Beklagten keine Kosten auferlegt werden dürfen.
Die Beklagte beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgericht Mannheim vom 25.07.2013 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat am 29.01.2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt und darauf hingewiesen, dass nach dem vom Gutachter Dr. A. angegebenen sehr hohen Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas im Falle eines Anpralltraumas die Wegefähigkeit des Klägers nicht gegeben sein dürfte, da er nicht auf die Nutzung eines PKW zum Erreichen des Arbeitsplatzes verwiesen werden könne.
Den von den Beteiligten im Erörterungstermin geschlossenen Vergleich hat die Beklagte innerhalb der eingeräumten Frist widerrufen. Gestützt auf eine erneute sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Sch. vom 06.02.2014 macht sie geltend, der Kläger könne auf die Nutzung eines Privat-PKW durchaus verwiesen werden. Er sei ständig als Privatfahrer, auch über längere Strecken, etwa zum Erörterungstermin, mit dem PKW unterwegs. Nach den Regelungen des Fahrerlaubnisrechts gehöre ein Aneurysma nicht zu den Erkrankungen, aufgrund derer die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen für längere Zeit beeinträchtigt oder aufgehoben sei. Auch die deutsche Gesellschaft für Kardiologie sehe in einem Positionspapier bei einem Aortenaneurysma mit einem Durchmesser von weniger als 5,5 cm und bei fehlender Symptomatik keine Einschränkungen für Privatfahrer vor. Das potentielle Rupturrisiko beim Autofahren habe keinen Krankheitswert, sondern werde über die qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Dem Kläger könne es bei zumutbarer Willensanstrengung durchaus gelingen, nötige Schritte für die erforderliche Behandlung zu unternehmen und mit der nötigen Disziplin seinen Gesundheitszustand zu verbessern. Die im Erörterungstermin geltend gemachte "Arztphobie" sei nicht im Sinne einer wirklich krankhaften Störung nachgewiesen. Dr. Sch. hat in seiner Stellungnahme noch ausgeführt, dem Kläger sei die Einnahme von Hypertonika zuzumuten. Diese hätten nur ein äußerst geringes Nebenwirkungsprofil und würden eine unmittelbare Wirkung entfalten. Die vom Gutachter beschriebenen Blutdruckspitzen seien damit aller Wahrscheinlichkeit nach sofort kupierbar. Es handele sich um eine zumutbare Behandlung, so dass der Kläger so zu beurteilen sei, als stehe er unter einer entsprechenden Medikation.
Der Kläger ist dem entgegengetreten und hat ausführen lassen, aus der Aussage des Gutachters Dr. A., dass aufgrund des sehr hohen Rupturrisikos im Falle eines Anpralltraumas berufliches Fahren nicht vertreten werden könne, folge, dass ihm berufliches Fahren zum Arbeitsplatz und zurück nicht zugemutet werden könne.
Die Beklagte hat hierzu noch vorgetragen, bei Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück handele es sich nicht um berufliche PKW-Fahrten. Der Kläger unterliege demselben Unfallrisiko wie andere Verkehrsteilnehmer auch. Es liege keine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes vor, da nicht zwischen einer erhaltenen Wegefähigkeit für rein private Zwecke und einer eingeschränkten Wegefähigkeit bei der Erlangung des Arbeitsplatzes unterschieden werden könne.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin für den Fall des Widerrufs des Vergleichs mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und dieses Einverständnis in ihren Schriftsätzen vom 17.02.2014 und vom 23.02.2014 nochmals wiederholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft und auch sonst gemäß § 151 SGG zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente in dem vom Sozialgericht tenorierten Umfang. Das Sozialgericht hat den Ablehnungsbescheid vom 18.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 zu Recht aufgehoben und die Beklagte im Ergebnis zutreffend zur Gewährung einer Zeitrente verurteilt.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 79/11 R - in Juris). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (Großer Senat in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 S 28). Diese Kriterien hat das BSG zum Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit entwickelt, wie ihn § 1247 RVO und § 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) umschrieben hatten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 m.w.N.; SozR 3-2600 § 44 Nr. 10). Auch der 13. Senat hat das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des von §§ 43, 44 SGB VI a.F. versicherten Risikos erachtet (BSG vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 20 m.w.N.). Diese Maßstäbe gelten für den Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) unverändert fort (vgl. BSG vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - Juris RdNr. 12; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 RdNr. 15; BSG, Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris). Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 S 30; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 53 S 106, Nr. 56 S 111; BSG, Urteil vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 21). Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 10 S 30 f). Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kfz (vgl. BSGE 24, 142, 145 = SozR Nr. 56 zu § 1246 RVO Bl. Aa 44 Rückseite; BSG, Urteil vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 21).
Der Senat kann offen lassen, ob das Leistungsvermögen des Klägers - wie das Sozialgericht angenommen hat - bereits in zeitlicher Hinsicht in rentenrechtlich relevantem Umfang eingeschränkt ist. Denn nach den Feststellungen des Senats verfügt er nicht über die erforderliche Mobilität, um eine Arbeitsstelle des allgemeinen Arbeitsmarktes aus eigener Kraft aufzusuchen. Der Senat stützt sich dabei auf die Feststellungen und Einschätzungen des Gutachters Dr. A. in dessen Gutachten vom 15.02.2013.
Der Kläger kann nach der Einschätzung von Dr. A. nicht viermal täglich Wegstrecken von 500 m Länge in angemessener Zeit (unter 20 Minuten) zurücklegen. Der Gutachter hat seine Einschätzung nachvollziehbar damit begründet, dass der Kläger an der sog. Schaufensterkrankheit im Sinne einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit mit einer Verkürzung der schmerzfreien Gehstrecke auf deutlich unter 200 m (Stadium IIb nach Fontaine-Klassifikation) leide. Der Gutachter hat damit die bereits im Dezember 2010 von der Phlebologin Dr. J. gestellte Diagnose einer pAVK beidseitig Stadium IIb nach Fontaine bestätigt. Er hat die vom Kläger angegebenen Beschwerden, nur 100 bis 150 m schmerzfrei gehen zu können, vor dem Hintergrund der messtechnischen Untersuchungsbefunde für plausibel erachtet. Darauf, dass die tatsächliche, vom Kläger noch schmerzfrei zu bewältigende Wegstrecke im Rahmen der Untersuchung durch Dr. A. nicht hat ermittelt werden können, kommt es nicht an. Die Wegstreckenbegrenzung ergibt sich bereits aufgrund des diagnostizierten Krankheitsbildes der fortgeschrittenen Schaufensterkrankheit.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Kläger nicht auf die Benutzung seines privaten PKW zur Bewältigung des Arbeitsweges verwiesen werden. Denn diese ist ihm aufgrund des bestehenden Bauchaortenaneurysmas und des daraus resultierenden Rupturrisikos nicht zumutbar. Dr. A. hat bei der Untersuchung des Klägers durch die Farbduplexsonographie der Aorta erstmalig ein Bauchaortenaneurysma der 50-55mm - Klasse mit einer Längsausdehnung von ca. 60-70 mm festgestellt. Er hat auf der Grundlage dieser Diagnose ausgeführt, der Kläger sei "bedingt" dazu in der Lage ein Kraftfahrzeug zu führen. Unter Verweis auf die Vorgaben des Positionspapiers der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2008, die für Privatfahrer im Falle eines Aortenaneurysmas bei fehlender Symptomatik keine Einschränkung der Fahreignung sehen, hat Dr. A. darauf hingewiesen, dass das erhöhte Rupturrisiko in jedem Fall hinsichtlich einer Gefährdung des Klägers und der anderen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen sei. Er hat zusätzlich darauf verwiesen, dass im Falle eines Anpralltraumas von einem sehr hohen Rupturrisiko auszugehen sei, so dass berufliches Fahren nicht vertreten werden könne. Ausgehend von diesen Feststellungen des Gutachters ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger den Weg zur Arbeit mit dem PKW entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ohne eine unzumutbare, von ihm nicht abzuverlangenden Gefährdung seiner Gesundheit zurücklegen kann. Der Beklagten ist lediglich insoweit zuzustimmen, dass den Kläger dabei kein höheres Risiko, einen Unfall zu erleiden, trifft als andere Verkehrsteilnehmer. Entscheidend für die Einschätzung der Zumutbarkeit ist aber, dass den Kläger in diesem Fall das lebensbedrohliche Risiko einer Ruptur des Aneurysmas trifft, was er nicht hinzunehmen hat. Dr. A. hat ein sehr hohes Rupturrisiko im Falle eines Anpralltraumas angenommen. Aufgrund der von ihm angegebenen Ausmaße des Aneurysmas ist diese Einschätzung für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Ein Unfallrisiko ist bei Teilnahme am Straßenverkehr zwar nie vollständig auszuschließen, das signifikant erhöhte Letalitätsrisikos bei einer Aneurysmen-Ruptur führt jedoch dazu, dass die Beklagte vom Kläger nicht die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug verlangen darf.
Bei der Ermittlung der Grenzen der Zumutbarkeit ist zu beachten, dass die Beklagte vom Kläger ein Verhalten mit dem Risiko eines tödlichen Unfalls verlangt, das weitaus höher ist als das bei Gesunden sonst mit Kfz-Fahrten verbundene Risiko eines tödlichen Wegeunfalls. Ein solches Risiko abzuverlangen nur um Rentenzahlungen zu vermeiden, ist mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit bzw. der Erforderlichkeit und des Übermaßverbotes nicht vereinbar. Vielmehr sind § 43 SGB VI Abs. 2 Satz 1 SGB VI und die Grundsätze der Rechtsprechung zur Wegefähigkeit dahingehend auszulegen, dass zur Vermeidung der unverhältnismäßig großen Gefahr einer Ruptur des Bauchaortenaneurysmas mit tödlichem Ausgang dem Kläger Rente gewährt wird.
Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass der Kläger zu privaten Zwecken mit seinem PKW fährt und unter anderem auch größere Strecken wie etwa zum Erörterungstermin am 29.01.2014 zurücklegt. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Bereitschaft des Klägers, angesichts der ihm bekannten Befunde damit ein erhebliches und lebensbedrohliches Risiko einzugehen, schlichtweg nicht nachvollziehbar ist. Dies gilt auch für seine bereits seit Jahren bestehende Weigerung, die massiven kardiovaskulären Erkrankungen, die bereits ein lebensbedrohliches Ausmaß angenommen haben, behandeln zu lassen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Kläger nicht von Seiten der Beklagten darauf verwiesen werden kann, das mit der Benutzung des PKW verbundene Risiko, im Falle eines Anpralls eine lebensbedrohliche Ruptur des Aneurysmas zu erleiden, einzugehen. Nichts anderes würde man aber von ihm verlangen, wenn man ihn mittels der Benutzung des PKW für wegefähig erachten würde. Die Grenzen der Zumutbarkeit sind anhand objektiver Kriterien zu ziehen und nicht dadurch beeinflusst, welches Risiko der Kläger aufgrund seiner eigenen Entscheidung für sich einzugehen bereit ist.
Insbesondere kann die Wegefähigkeit auch nicht - wie von Dr. Sch. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme ausgeführt - aufgrund einer fiktiven Beurteilung des Klägers bei unterstellter Einnahme von Blutdruck senkenden Medikamenten bejaht werden. Zwar hält auch der Senat eine medikamentöse Behandlung im Rahmen der dem Kläger abzuverlangenden Mitwirkungspflichten durchaus für zumutbar. Jedoch ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. A. auch bei Einnahme von Blutdruckmedikamenten nicht davon auszugehen, dass das Rupturrisiko bei einem Anpralltrauma geringer wäre. Dr. A. hat zwar die beim Kläger bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren als weitere patientenspezifische Faktoren gewürdigt, die das Rupturrisiko zusätzlich erhöhen. Er hat aber zugleich ausgeführt, dass das Rupturrisiko maßgeblich durch den maximalen Durchmesser des Aneurysmas bestimmt wird. Für die Annahme des Rupturrisikos bei einem Anpralltrauma ist deshalb allein die mechanische Einwirkung entscheidend, nicht der Ausschluss von Blutdruckspitzen. Während letztere in der Tat zumutbar durch Medikamenteneinnahme abwendbar wären, ist das erstgenannte Risiko nur durch eine operative Sanierung des Aneurysmas abzuwenden, die jedoch nicht duldungspflichtig ist.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Einschätzung der Fahreignung nach den Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts und durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie berufen. Diese führt in dem Positionspapier zur Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen aus, dass Aortenaneurysmen bei einer Ruptur zu einer plötzlichen Fahrunfähigkeit führen können und dass eine Ruptur meist einen primären Schmerz verursache, der es aber noch erlauben sollte, das Fahrzeug anzuhalten. Diese Beurteilung hat erkennbar die Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr im Blick und mag daher auch für die Beurteilung der Fahreignung nach dem Fahrerlaubnisrecht maßgeblich sein. Nicht beantwortet wird dadurch aber die Frage, welche Folgen die Ruptur für den betroffenen Fahrzeugführer letztendlich hat. Einer Aneurysmen-Ruptur muss aber stets eine in höchstem Maße lebensbedrohliche Wirkung zugemessen werden.
Der Kläger ist deshalb nicht wegefähig, so dass ihm ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zusteht. Zutreffend hat das Sozialgericht ihm eine Zeitrente zuerkannt, da angesichts der medikamentösen und operativen Therapieoptionen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht überdauernd sind und eine Überprüfung nach drei Jahren erfordern.
Zu den Einwendungen der Beklagten gegen die Tenorierung im Urteil des Sozialgerichts ist auszuführen, dass die Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht zu beanstanden ist. Dem Kläger wird durch das Urteil des Sozialgerichts auf seinen Rentenantrag hin eine Zeitrente zugesprochen. Der dem entgegenstehende Ablehnungsbescheid der Beklagten war daher aufzuheben. Auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG hat das Gericht nach Ermessen zu treffen, wobei es in der Regel der Billigkeit entspricht, demjenigen die Kosten aufzuerlegen, der unterliegt (Mayer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 10.Aufl. § 193 RdNr. 12 f). Durch die Verurteilung zur Gewährung einer Zeitrente ist die Beklagte zumindest teilweise unterlegen, so dass es der Billigkeit entsprach, ihr anteilig die außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Dass sich die Feststellung des Bauchaortenaneurysmas erst im Verlaufe der Klageverfahrens ergeben hat, ist dabei unbeachtlich, denn die Beklagte hätte eine Verurteilung zur Zahlung der Zeitrente durch ein sofortiges Anerkenntnis vermeiden können.
Die Berufung der Beklagten bleibt deshalb ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung des Senats beruht auf den gutachterlichen Feststellungen zur individuellen gesundheitlichen Situation des Klägers. Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung kommt der Frage der Gefährdung eines Privatfahrers mit einem Aneurysma nicht zu.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente geltend.
Der 1954 geborene Kläger absolvierte in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eine Ausbildung zum Autolackierer und war bis 1975 in diesem Beruf tätig. Danach arbeitete der Kläger als Chemiearbeiter, Farbspritzer, Kraftfahrer und als Müllarbeiter. In der Bundesrepublik war er von 1989 bis 1995 zunächst versicherungspflichtig als Möbelträger beschäftigt, anschließend als Aushilfsfahrer bei der P. und bei U. Seit 1998 ist er arbeitslos. Im Jahr 2011 bezog er Leistungen nach dem SGB II.
Am 17.10.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen bei und holte das Gutachten des Orthopäden und Chirurgen Dr. St. vom 13.01.2012 ein. Dieser diagnostizierte belastungsabhängige Beschwerden der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Symptomatik und ohne Funktionseinschränkungen; Hypertonie, medikamentöse Therapie wird abgelehnt; Nikotinabusus; Verdacht auf periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diagnostik bislang noch nicht durchgeführt. Der Kläger habe auch die Einnahme von ASS zur Verbesserung der Durchblutung abgelehnt. Bei Wahrung der Therapieoptionen hinsichtlich des Blutdrucks und einer möglichen peripheren AVK wäre der Zustand mit Sicherheit verbesserbar. Wegen mangelndem Interesse des Klägers an einer Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit werde offensichtlich nichts erfolgen. Die Fortbewegung mit dem eigenen Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln sei möglich, die Wegefähigkeit sei gegeben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten in Wechselhaltung verrichten.
Mit Bescheid vom 18.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Einschränkungen des Klägers aus Krankheiten oder Behinderungen führten nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne.
Mit seinem am 08.02.2012 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, bei ihm bestehe eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Stadium II B, er könne lediglich eine schmerzfreie Gehstrecke von weniger als 200 m, tatsächlich nur von lediglich 20 bis 30 m zurücklegen. Zudem sei ein Langstreckenverschluss der linken Beckenarterie festgestellt worden.
Dr. St. nahm zu den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Befundberichten am 27.03.2012 Stellung und hielt an seiner Leistungseinschätzung fest mit der Einschränkung, dass der Kläger aufgrund der AVK nur zeitweise gehen solle. Aus der Ablehnung einer Behandlung der AVK schloss Dr. St., dass der Leidensdruck des Klägers noch nicht groß genug sei, da er in seinen alltäglichen Verrichtungen, insbesondere dem Spazierengehen mit dem Hund, noch nicht eingeschränkt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 11.05.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim und verwies zur Begründung auf seine Angaben in der Widerspruchsbegründung.
Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Die Internistin und Phlebologin Dr. J. führte aus, der Kläger sei lediglich einmalig am 20.12.2010 bei ihr vorstellig geworden. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie Dr. M. teilte unter dem 06.08.2012 mit, der Kläger sei zweimal (am 09.07.2010 und 07.12.2010) in seiner nervenärztlichen Behandlung gewesen.
Das Sozialgericht zog die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit H. bei und holte ein Gutachten des Chefarztes der Klinik für Innere Medizin des Diakonie Krankenhauses M. Dr. A. ein. Dieser untersuchte den Kläger am 24.01.2013 und führte in seinem Gutachten vom 15.02.2013 aus, als Hauptbefund habe sich ein Bauchaortenaneurysma gezeigt. Dieses sei mit einem Durchmesser von über 5 cm und dem damit verbundenen Rupturrisiko als operationsbedürftig zu werten. Das Rupturrisiko übersteige bei einer Größe von mindestens 5 cm die statistische Operationsletalität, weshalb die dringliche Operationsindikation gestellt werden müsse. Darüber hinaus liege eine Schaufensterkrankheit im Sinne einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit mit einer Verkürzung der schmerzfreien Gehstrecke auf deutlich unter 200 m (Stadium II b nach Fontaine) vor. Die objektiven Messungen würden mit den subjektiven Beschwerden des Klägers gut übereinstimmen. Im Hinblick auf zu vermeidende Tätigkeiten müsse in erster Linie das Vorliegen des Bauchaortenaneurysmas in den Vordergrund gerückt werden. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg, seien gänzlich zu vermeiden. Jegliche übermäßige körperliche und psychische Belastungen seien zu unterlassen. Tätigkeiten, welche mit einer niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung eingingen, wie z.B. eine Schreibtischtätigkeit, könnten aus angiologischer Sicht in Vollzeit ausgeführt werden. Das Bauchaortenaneurysma sei erstmals im Rahmen der Untersuchung am 24.01.2013 festgestellt worden. Der Kläger sei nicht in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von 500 m jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen. Eine Überprüfung der geforderten Wegstrecke und Zeitvorgabe sei im Rahmen der angiologischen Abklärung angestrebt worden, jedoch habe angesichts der gemessenen massiv erhöhten Blutdruckwerte in Anbetracht des erhobenen Befundes eines großen Bauchaortenaneurysmas darauf verzichtet werden müssen. Der Kläger sei nur bedingt dazu in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Das Positionspaper "Fahreignung bei kardio-vaskulären Erkrankungen" der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2008 gebe für Privatfahrer im Falle eines Aortenaneurysmas bei fehlender Symptomatik keine Einschränkung der Fahrgeeignetheit an. Das erhöhte Rupturrisiko sei in jedem Fall hinsichtlich der Gefährdung des Klägers wie auch der anderen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Im Falle eines Anpralltraumas sei von einem sehr hohen Rupturrisiko auszugehen, so dass ein berufliches Fahren nicht vertreten werden könne.
Der Kläger ließ hierzu vortragen, er habe nie eine solche Schreibtischtätigkeit in einem Büro ausgeübt. Der Gutachter habe ihm gegenüber mitgeteilt, dass er nicht mehr in der Lage sei, irgendeine Tätigkeit auszuüben.
Dr. A. hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17.05.2013 an seiner Leistungsbeurteilung fest.
Mit Urteil vom 25.07.2013 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 31.07.2016 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Kläger sei erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI seien erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (dann volle Erwerbsminderung) bzw. sechs Stunden (dann teilweise Erwerbsminderung) täglich erwerbstätig zu sein. Nach der Überzeugung des Gerichts sei der Kläger nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten.
Im Vordergrund der körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers stehe das Bauchaortenaneurysma mit einem Durchmesser von über 5 cm, das im Zuge der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung durch den Gutachter Dr. A. am 24.01.2013 erstmals festgestellt worden sei. Nach den aktuellen Leitlinien sei hierfür die Indikation zu einer operativen Sanierung zu stellen, da von einem hohen Rupturrisiko auszugehen sei. Neben der Größe des Aneurysmas würden beim Kläger individuelle Faktoren (massiv erhöhte Blutdruckwerte und Ablehnung einer Behandlung, Thrombozytenaggregationshemmung aufgrund der generalisierten Arteriosklerose) hinzukommen, die das Rupturrisiko erhöhten. Insgesamt sei von einem deutlich erhöhten kardiovaskulären Gesamtrisiko für Herzinfarkt und Schlaganfall auszugehen. Zusätzlich liege eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vor, die die schmerzfreie Gehstrecke des Klägers auf deutlich unter 200 m verkürze. Der Kläger sei derzeit nicht in der Lage, mindestens drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Nach den Feststellungen des Dr. A. seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten über 5-10 kg zur Vermeidung von Blutdruckspitzen gänzlich zu vermeiden, da hierdurch das Rupturrisiko deutlich ansteigen würde. Die Körperposition habe keinen wesentlichen Einfluss auf die Progredienz und akute Rupturgefahr des Bauchaortenaneurysmas, allerdings seien nach den Ausführungen des Dr. A. jegliche übermäßige körperliche und psychische Belastungen zu vermeiden. Möglich seien lediglich Tätigkeiten, welche mit einer niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung einhergingen wie etwa eine Schreibtischtätigkeit, die in Vollzeit möglich sei. Das Gericht folge der Leistungseinschätzung des Dr. A. hinsichtlich der Vollzeittätigkeit nicht. Dr. A. habe selbst festgestellt, dass lediglich niedrige körperliche und wenig nervlich belastende Arbeiten möglich seien. Eine weitere Beschreibung des Leistungsvermögens sei ihm jedoch nicht möglich gewesen, da jede einzelne Tätigkeit im Hinblick auf das Bauchaortenaneurysma zu überprüfen sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass dem Kläger beispielsweise leichte Bandarbeiten oder Akkordarbeiten zumutbar seien. Dem Kläger sei es nicht zumutbar, angesichts des weit fortgeschrittenen Bauchaortenaneurysmas und des damit verbundenen Rupturrisikos irgendeiner Tätigkeit nachzugehen. Der Kläger sei zuletzt als Möbelträger tätig gewesen. Eine Schreibtischtätigkeit oder ähnlich körperlich nicht belastende Tätigkeit habe er bislang ausweislich seiner Erwerbsbiographie noch nicht ausgeübt. Da der Kläger bereits seit mehreren Jahren nicht mehr im Erwerbsleben stehe, nie am Schreibtisch tätig gewesen und deshalb mit den gewöhnlichen Schreibarbeiten nicht vertraut sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Tätigkeit beim Kläger lediglich mit einer geringen nervlichen Belastung einhergehe. Zwar erfasse der allgemeine Arbeitsmarkt jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gebe und liege das Arbeitsplatzrisiko bei der Arbeitsverwaltung. Allerdings weise der vorliegende Fall die Besonderheit auf, dass eine Tätigkeit, die nicht vollkommen der von Dr. A. angegebenen noch möglichen niedrigen körperlichen und nervlichen Belastung entspreche, nicht nur zu einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers führen könne, sondern unter Umständen zu der Ruptur des Bauchaortenaneurysmas und damit zum Tod des Klägers. Insofern könne der vorliegende Fall nicht mit anderen Erwerbsminderungsrentenverfahren verglichen werden. Es sei nicht erkennbar, welche Tätigkeit der Kläger ausweislich seiner Erwerbsbiographie ausüben könne, die nicht zu einer Aufregung und nervlichen Belastung und damit zu einem Blutdruckanstieg und einem erhöhten Rupturrisiko führe. Dem Kläger fehle auch eine ausreichende Stressverträglichkeit, so dass nicht auszuschließen sei, dass bereits eine geringe nervliche Belastung in den ersten Tagen einer Arbeitstätigkeit zu einem erheblichen Blutdruckanstieg des Klägers und damit zu einem Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas führen könne. Der Kläger sei deshalb nur unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Als Leistungsfall werde der Tag der Untersuchung bei Dr. A., der 24.01.2013, angenommen, da an diesem Tag die Erstdiagnose des Bauchaortenaneurysmas erfolgt sei. Ausgehend hiervon sei nach § 101 Abs. 1 SGB VI die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 7. Monat nach Eintritt des Leistungsfalles zu zahlen, mithin ab August 2013. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine befristete Rente für drei Jahre (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Eine dauerhafte Erwerbsminderungsrente sei nicht zu gewähren. Denn es bestehe eine Besserungsaussicht. Der Kläger habe grundsätzlich die Möglichkeit, das Bauchaortenaneurysma operativ behandeln zu lassen. Des Weiteren könne dem Rupturrisiko entgegen gewirkt werden, indem eine vom Arzt kontrollierte medikamentöse Blutdruckeinstellung erfolge und der Kläger gegebenenfalls seine Lebensgewohnheiten in Bezug auf das Rauchen weiter einschränke. Da der Kläger eine Rente bereits ab Antragstellung begehre, werde die Klage im Übrigen abgewiesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei einem Leistungsfall am 24.01.2013 seien nach den Angaben des Beklagten-Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2013 erfüllt. Ausweislich der sich in der Verwaltungsakte befindenden Übersicht über die Pflichtbeitragszeiten ende die Pflichtbeitragszeit des Klägers mit dem 31.12.2010. Der Kläger habe anschließend Arbeitslosengeld II bezogen, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zumindest über die Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI erfüllt seien.
Gegen das ihr am 01.08.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2013 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe dem Kläger keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Sie verwies auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Sch. vom 22.08.2013. Dieser hat ausgeführt, die Länge der tatsächlichen, vom Kläger zurückzulegenden Gehstrecke sei auch in dem Gutachten von Dr. A. letztlich nicht genau zu ermitteln gewesen. Darauf komme es aber nicht an, da der Kläger einen PKW besitze und ärztlicherseits nichts gegen dessen Benutzung spreche. Durch Gehen werde im Übrigen die Kollateraldurchblutung verbessert. Es spreche deshalb nichts gegen eine Tätigkeit mit überwiegenden Geh- und Stehanteilen, wie etwa bei der Museumsaufsicht. Das beschriebene Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas sei für die Leistungsfähigkeit nur insoweit relevant, als Tätigkeiten mit einer über die Alltagsbelastung deutlich hinausgehenden Belastung ausgeschlossen seien. Dies gelte auch für psychische Belastungen. Dr. A. sehe eine deutlich erhöhte Rupturgefahr auch wegen des nicht behandelten Hypertonus. Während die angezeigte Operation für das Bauchaortenaneurysma nicht duldungspflichtig sei, sei die Einnahme von Blutdruck senkenden Mittel durchaus zumutbar.
Die Beklagte hat hierzu noch ergänzend ausgeführt, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass eine relevante Gehstreckenminderung vorliege, stehe dem Kläger ein PKW zur Verfügung, mit welchem er einen entsprechenden Arbeitsplatz erreichen könne. Das Sozialgericht habe im Übrigen im Urteilstenor den Bescheid vom 18.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 aufgehoben und dabei nicht beachtet, dass "Ablehnungsbescheide" keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung seien (vgl. Meyer-Ladewig/Keller SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar 10. Auflage, Anhang § 54, Seite 208 RdNr. 5c, Sozialgerichtsbarkeit 1/07, Seite 60). Deshalb dürfe ein Ablehnungsbescheid nicht aufgehoben werden, wenn er zum Zeitpunkt des ihn bestätigenden Widerspruchsbescheids die tatsächliche und rechtliche Situation aus der Sicht des entscheidenden Gerichts rechtmäßig bewerte. In der mündlichen Verhandlung sei sinngemäß beantragt worden, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren. Das Sozialgericht habe diesem Antrag nicht entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dies sei bei der Kostenentscheidung nicht entsprechend gewürdigt worden, zumal das Bauchaortenaneurysma erstmals im Laufe des Verfahrens diagnostiziert und die Rente erst für einen Zeitpunkt nach Urteilsverkündung zugesprochen worden sei. Da die angefochtenen Bescheide daher rechtmäßig gewesen seien, hätten der Beklagten keine Kosten auferlegt werden dürfen.
Die Beklagte beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgericht Mannheim vom 25.07.2013 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat am 29.01.2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt und darauf hingewiesen, dass nach dem vom Gutachter Dr. A. angegebenen sehr hohen Rupturrisiko des Bauchaortenaneurysmas im Falle eines Anpralltraumas die Wegefähigkeit des Klägers nicht gegeben sein dürfte, da er nicht auf die Nutzung eines PKW zum Erreichen des Arbeitsplatzes verwiesen werden könne.
Den von den Beteiligten im Erörterungstermin geschlossenen Vergleich hat die Beklagte innerhalb der eingeräumten Frist widerrufen. Gestützt auf eine erneute sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Sch. vom 06.02.2014 macht sie geltend, der Kläger könne auf die Nutzung eines Privat-PKW durchaus verwiesen werden. Er sei ständig als Privatfahrer, auch über längere Strecken, etwa zum Erörterungstermin, mit dem PKW unterwegs. Nach den Regelungen des Fahrerlaubnisrechts gehöre ein Aneurysma nicht zu den Erkrankungen, aufgrund derer die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen für längere Zeit beeinträchtigt oder aufgehoben sei. Auch die deutsche Gesellschaft für Kardiologie sehe in einem Positionspapier bei einem Aortenaneurysma mit einem Durchmesser von weniger als 5,5 cm und bei fehlender Symptomatik keine Einschränkungen für Privatfahrer vor. Das potentielle Rupturrisiko beim Autofahren habe keinen Krankheitswert, sondern werde über die qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Dem Kläger könne es bei zumutbarer Willensanstrengung durchaus gelingen, nötige Schritte für die erforderliche Behandlung zu unternehmen und mit der nötigen Disziplin seinen Gesundheitszustand zu verbessern. Die im Erörterungstermin geltend gemachte "Arztphobie" sei nicht im Sinne einer wirklich krankhaften Störung nachgewiesen. Dr. Sch. hat in seiner Stellungnahme noch ausgeführt, dem Kläger sei die Einnahme von Hypertonika zuzumuten. Diese hätten nur ein äußerst geringes Nebenwirkungsprofil und würden eine unmittelbare Wirkung entfalten. Die vom Gutachter beschriebenen Blutdruckspitzen seien damit aller Wahrscheinlichkeit nach sofort kupierbar. Es handele sich um eine zumutbare Behandlung, so dass der Kläger so zu beurteilen sei, als stehe er unter einer entsprechenden Medikation.
Der Kläger ist dem entgegengetreten und hat ausführen lassen, aus der Aussage des Gutachters Dr. A., dass aufgrund des sehr hohen Rupturrisikos im Falle eines Anpralltraumas berufliches Fahren nicht vertreten werden könne, folge, dass ihm berufliches Fahren zum Arbeitsplatz und zurück nicht zugemutet werden könne.
Die Beklagte hat hierzu noch vorgetragen, bei Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück handele es sich nicht um berufliche PKW-Fahrten. Der Kläger unterliege demselben Unfallrisiko wie andere Verkehrsteilnehmer auch. Es liege keine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes vor, da nicht zwischen einer erhaltenen Wegefähigkeit für rein private Zwecke und einer eingeschränkten Wegefähigkeit bei der Erlangung des Arbeitsplatzes unterschieden werden könne.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin für den Fall des Widerrufs des Vergleichs mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und dieses Einverständnis in ihren Schriftsätzen vom 17.02.2014 und vom 23.02.2014 nochmals wiederholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft und auch sonst gemäß § 151 SGG zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente in dem vom Sozialgericht tenorierten Umfang. Das Sozialgericht hat den Ablehnungsbescheid vom 18.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 zu Recht aufgehoben und die Beklagte im Ergebnis zutreffend zur Gewährung einer Zeitrente verurteilt.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 79/11 R - in Juris). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (Großer Senat in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 S 28). Diese Kriterien hat das BSG zum Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit entwickelt, wie ihn § 1247 RVO und § 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) umschrieben hatten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 m.w.N.; SozR 3-2600 § 44 Nr. 10). Auch der 13. Senat hat das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des von §§ 43, 44 SGB VI a.F. versicherten Risikos erachtet (BSG vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 20 m.w.N.). Diese Maßstäbe gelten für den Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) unverändert fort (vgl. BSG vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - Juris RdNr. 12; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 RdNr. 15; BSG, Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris). Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 S 30; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 53 S 106, Nr. 56 S 111; BSG, Urteil vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 21). Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 10 S 30 f). Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kfz (vgl. BSGE 24, 142, 145 = SozR Nr. 56 zu § 1246 RVO Bl. Aa 44 Rückseite; BSG, Urteil vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - Juris RdNr. 21).
Der Senat kann offen lassen, ob das Leistungsvermögen des Klägers - wie das Sozialgericht angenommen hat - bereits in zeitlicher Hinsicht in rentenrechtlich relevantem Umfang eingeschränkt ist. Denn nach den Feststellungen des Senats verfügt er nicht über die erforderliche Mobilität, um eine Arbeitsstelle des allgemeinen Arbeitsmarktes aus eigener Kraft aufzusuchen. Der Senat stützt sich dabei auf die Feststellungen und Einschätzungen des Gutachters Dr. A. in dessen Gutachten vom 15.02.2013.
Der Kläger kann nach der Einschätzung von Dr. A. nicht viermal täglich Wegstrecken von 500 m Länge in angemessener Zeit (unter 20 Minuten) zurücklegen. Der Gutachter hat seine Einschätzung nachvollziehbar damit begründet, dass der Kläger an der sog. Schaufensterkrankheit im Sinne einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit mit einer Verkürzung der schmerzfreien Gehstrecke auf deutlich unter 200 m (Stadium IIb nach Fontaine-Klassifikation) leide. Der Gutachter hat damit die bereits im Dezember 2010 von der Phlebologin Dr. J. gestellte Diagnose einer pAVK beidseitig Stadium IIb nach Fontaine bestätigt. Er hat die vom Kläger angegebenen Beschwerden, nur 100 bis 150 m schmerzfrei gehen zu können, vor dem Hintergrund der messtechnischen Untersuchungsbefunde für plausibel erachtet. Darauf, dass die tatsächliche, vom Kläger noch schmerzfrei zu bewältigende Wegstrecke im Rahmen der Untersuchung durch Dr. A. nicht hat ermittelt werden können, kommt es nicht an. Die Wegstreckenbegrenzung ergibt sich bereits aufgrund des diagnostizierten Krankheitsbildes der fortgeschrittenen Schaufensterkrankheit.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Kläger nicht auf die Benutzung seines privaten PKW zur Bewältigung des Arbeitsweges verwiesen werden. Denn diese ist ihm aufgrund des bestehenden Bauchaortenaneurysmas und des daraus resultierenden Rupturrisikos nicht zumutbar. Dr. A. hat bei der Untersuchung des Klägers durch die Farbduplexsonographie der Aorta erstmalig ein Bauchaortenaneurysma der 50-55mm - Klasse mit einer Längsausdehnung von ca. 60-70 mm festgestellt. Er hat auf der Grundlage dieser Diagnose ausgeführt, der Kläger sei "bedingt" dazu in der Lage ein Kraftfahrzeug zu führen. Unter Verweis auf die Vorgaben des Positionspapiers der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2008, die für Privatfahrer im Falle eines Aortenaneurysmas bei fehlender Symptomatik keine Einschränkung der Fahreignung sehen, hat Dr. A. darauf hingewiesen, dass das erhöhte Rupturrisiko in jedem Fall hinsichtlich einer Gefährdung des Klägers und der anderen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen sei. Er hat zusätzlich darauf verwiesen, dass im Falle eines Anpralltraumas von einem sehr hohen Rupturrisiko auszugehen sei, so dass berufliches Fahren nicht vertreten werden könne. Ausgehend von diesen Feststellungen des Gutachters ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger den Weg zur Arbeit mit dem PKW entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ohne eine unzumutbare, von ihm nicht abzuverlangenden Gefährdung seiner Gesundheit zurücklegen kann. Der Beklagten ist lediglich insoweit zuzustimmen, dass den Kläger dabei kein höheres Risiko, einen Unfall zu erleiden, trifft als andere Verkehrsteilnehmer. Entscheidend für die Einschätzung der Zumutbarkeit ist aber, dass den Kläger in diesem Fall das lebensbedrohliche Risiko einer Ruptur des Aneurysmas trifft, was er nicht hinzunehmen hat. Dr. A. hat ein sehr hohes Rupturrisiko im Falle eines Anpralltraumas angenommen. Aufgrund der von ihm angegebenen Ausmaße des Aneurysmas ist diese Einschätzung für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Ein Unfallrisiko ist bei Teilnahme am Straßenverkehr zwar nie vollständig auszuschließen, das signifikant erhöhte Letalitätsrisikos bei einer Aneurysmen-Ruptur führt jedoch dazu, dass die Beklagte vom Kläger nicht die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug verlangen darf.
Bei der Ermittlung der Grenzen der Zumutbarkeit ist zu beachten, dass die Beklagte vom Kläger ein Verhalten mit dem Risiko eines tödlichen Unfalls verlangt, das weitaus höher ist als das bei Gesunden sonst mit Kfz-Fahrten verbundene Risiko eines tödlichen Wegeunfalls. Ein solches Risiko abzuverlangen nur um Rentenzahlungen zu vermeiden, ist mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit bzw. der Erforderlichkeit und des Übermaßverbotes nicht vereinbar. Vielmehr sind § 43 SGB VI Abs. 2 Satz 1 SGB VI und die Grundsätze der Rechtsprechung zur Wegefähigkeit dahingehend auszulegen, dass zur Vermeidung der unverhältnismäßig großen Gefahr einer Ruptur des Bauchaortenaneurysmas mit tödlichem Ausgang dem Kläger Rente gewährt wird.
Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass der Kläger zu privaten Zwecken mit seinem PKW fährt und unter anderem auch größere Strecken wie etwa zum Erörterungstermin am 29.01.2014 zurücklegt. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Bereitschaft des Klägers, angesichts der ihm bekannten Befunde damit ein erhebliches und lebensbedrohliches Risiko einzugehen, schlichtweg nicht nachvollziehbar ist. Dies gilt auch für seine bereits seit Jahren bestehende Weigerung, die massiven kardiovaskulären Erkrankungen, die bereits ein lebensbedrohliches Ausmaß angenommen haben, behandeln zu lassen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Kläger nicht von Seiten der Beklagten darauf verwiesen werden kann, das mit der Benutzung des PKW verbundene Risiko, im Falle eines Anpralls eine lebensbedrohliche Ruptur des Aneurysmas zu erleiden, einzugehen. Nichts anderes würde man aber von ihm verlangen, wenn man ihn mittels der Benutzung des PKW für wegefähig erachten würde. Die Grenzen der Zumutbarkeit sind anhand objektiver Kriterien zu ziehen und nicht dadurch beeinflusst, welches Risiko der Kläger aufgrund seiner eigenen Entscheidung für sich einzugehen bereit ist.
Insbesondere kann die Wegefähigkeit auch nicht - wie von Dr. Sch. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme ausgeführt - aufgrund einer fiktiven Beurteilung des Klägers bei unterstellter Einnahme von Blutdruck senkenden Medikamenten bejaht werden. Zwar hält auch der Senat eine medikamentöse Behandlung im Rahmen der dem Kläger abzuverlangenden Mitwirkungspflichten durchaus für zumutbar. Jedoch ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. A. auch bei Einnahme von Blutdruckmedikamenten nicht davon auszugehen, dass das Rupturrisiko bei einem Anpralltrauma geringer wäre. Dr. A. hat zwar die beim Kläger bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren als weitere patientenspezifische Faktoren gewürdigt, die das Rupturrisiko zusätzlich erhöhen. Er hat aber zugleich ausgeführt, dass das Rupturrisiko maßgeblich durch den maximalen Durchmesser des Aneurysmas bestimmt wird. Für die Annahme des Rupturrisikos bei einem Anpralltrauma ist deshalb allein die mechanische Einwirkung entscheidend, nicht der Ausschluss von Blutdruckspitzen. Während letztere in der Tat zumutbar durch Medikamenteneinnahme abwendbar wären, ist das erstgenannte Risiko nur durch eine operative Sanierung des Aneurysmas abzuwenden, die jedoch nicht duldungspflichtig ist.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Einschätzung der Fahreignung nach den Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts und durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie berufen. Diese führt in dem Positionspapier zur Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen aus, dass Aortenaneurysmen bei einer Ruptur zu einer plötzlichen Fahrunfähigkeit führen können und dass eine Ruptur meist einen primären Schmerz verursache, der es aber noch erlauben sollte, das Fahrzeug anzuhalten. Diese Beurteilung hat erkennbar die Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr im Blick und mag daher auch für die Beurteilung der Fahreignung nach dem Fahrerlaubnisrecht maßgeblich sein. Nicht beantwortet wird dadurch aber die Frage, welche Folgen die Ruptur für den betroffenen Fahrzeugführer letztendlich hat. Einer Aneurysmen-Ruptur muss aber stets eine in höchstem Maße lebensbedrohliche Wirkung zugemessen werden.
Der Kläger ist deshalb nicht wegefähig, so dass ihm ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zusteht. Zutreffend hat das Sozialgericht ihm eine Zeitrente zuerkannt, da angesichts der medikamentösen und operativen Therapieoptionen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht überdauernd sind und eine Überprüfung nach drei Jahren erfordern.
Zu den Einwendungen der Beklagten gegen die Tenorierung im Urteil des Sozialgerichts ist auszuführen, dass die Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht zu beanstanden ist. Dem Kläger wird durch das Urteil des Sozialgerichts auf seinen Rentenantrag hin eine Zeitrente zugesprochen. Der dem entgegenstehende Ablehnungsbescheid der Beklagten war daher aufzuheben. Auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG hat das Gericht nach Ermessen zu treffen, wobei es in der Regel der Billigkeit entspricht, demjenigen die Kosten aufzuerlegen, der unterliegt (Mayer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 10.Aufl. § 193 RdNr. 12 f). Durch die Verurteilung zur Gewährung einer Zeitrente ist die Beklagte zumindest teilweise unterlegen, so dass es der Billigkeit entsprach, ihr anteilig die außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Dass sich die Feststellung des Bauchaortenaneurysmas erst im Verlaufe der Klageverfahrens ergeben hat, ist dabei unbeachtlich, denn die Beklagte hätte eine Verurteilung zur Zahlung der Zeitrente durch ein sofortiges Anerkenntnis vermeiden können.
Die Berufung der Beklagten bleibt deshalb ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung des Senats beruht auf den gutachterlichen Feststellungen zur individuellen gesundheitlichen Situation des Klägers. Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung kommt der Frage der Gefährdung eines Privatfahrers mit einem Aneurysma nicht zu.
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