L 5 KR 5747/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1402/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5747/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.12.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für einen Multifunktions-Rollstuhl im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der 1958 geborene Kläger steht unter gesetzlicher Betreuung und ist über seinen Vater bei der Beklagten als Familienangehöriger gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 4 SGB V gesetzlich krankenversichert. Er nimmt seit 2004 am Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V- teil und lässt die ihm ausgestellten privatärztlichen Rechnungen und Verordnungen zur Erstattung bei der Beklagten einreichen.

Mit Schreiben vom 29.09.2010 legte der Vater des Klägers als dessen Betreuer der Beklagten eine ärztliche Verordnung von Dr. U. vom 13.07.2010 für einen Multifunktions-Rollstuhl nach Maß mit Zubehör sowie die Rechnung der M. GmbH vom 19.09.2010 über einen Betrag in Höhe von 2.774,25 EUR für den verordneten Rollstuhl zur Erstattung vor.

Die Beklagte erstattete dem Kläger am 26.10.2010 einen Betrag von 312,30 EUR, der sich aus den Kosten des notwendigen Hilfsmittels (357,00 EUR) abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (10,00 EUR) und eines Abschlags für Verwaltungskosten (34,70 EUR) errechnete.

Dagegen erhob der Vater des Klägers am 04.11.2010 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 27.11.2010 und vom 03.12.2010 weiter begründete. Er machte geltend, in der Vergangenheit seien die aufgrund der Mehrfachbehinderung seines Sohnes notwendigen Rollstühle stets vollständig bezahlt worden. Der alte Rollstuhl sei zuletzt sehr reparaturanfällig geworden. Daher sei es erforderlich gewesen, einen neuen Rollstuhl zu beschaffen. Nach Rücksprache mit dem Fachpersonal der Firma M. habe man sich dann für einen Multifunktions-Rollstuhl entschieden, für den der Hausarzt sodann eine entsprechende ärztliche Verordnung ausgestellt habe. Durch das Verhalten der Beklagten sei ihm ein Schaden entstanden, da er im Vorfeld nicht über die Abweichung von der bisherigen Handhabung informiert worden sei. Zu einer gerichtlichen Klärung, ob fahrlässiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln zu diesem Schaden geführt habe, werde es hoffentlich nicht kommen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 08.12.2010 mit, er habe zuletzt am 01.01.2004 eine Kostenerstattung "gewählt bzw. bestätigt". In diesem Rahmen könnten Kosten für ein Hilfsmittel nur in der Höhe übernommen werden, die bei Erbringung als Sachleistung zu tragen gewesen wären. Bei Hilfsmitteln, bei denen ein Wiedereinsatz möglich sei, werde nur eine Wiedereinsatzpauschale (abzüglich des Eigenanteils sowie eines Verwaltungskostenabschlages) berücksichtigt. Dies gelte beispielsweise für alle Rollstuhlarten. Die so erstatteten Hilfsmittel verblieben sodann im Eigentum des Versicherten. Die Wiedereinsatzpauschale für Multifunktionsrollstühle/Pflegerollstühle betrage 357,00 EUR. Nach Abzug der genannten Positionen verbleibe ein erstattungsfähiger Betrag von 312,30 EUR.

Der Vater des Klägers teilte mit weiterem Schreiben vom 03.01.2011 erneut mit, es handele sich um eine Ersatzlieferung, die in den letzten Jahrzehnten stets von der Beklagten erstattet worden sei. Kostenerstattung bedeute nach seiner Auffassung, dass die Kosten zu übernehmen seien, die auch im Rahmen der Pflichtversicherung für eine Ersatzlieferung übernommen würden.

Mit Schreiben vom 13.01.2011 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und erstattete ihm den zu Unrecht abgezogenen Verwaltungskostenabschlag in Höhe von 34,70 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2011 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück. Der Kläger habe von seinem Wahlrecht (Kostenerstattung) Gebrauch gemacht. Bei Sachleistungen beschränke sich die Kostenerstattung kraft Gesetzes auf die Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung einer entsprechenden Sachleistung zu tragen hätte (§ 13 Abs. 2 Satz 8 SGB V). Ein Multifunktions-Rollstuhl werde im Rahmen der Sachleistung grundsätzlich in Form des Wiedereinsatzes zur Verfügung gestellt. Die entsprechende Wiedereinsatzpauschale betrage 357,00 EUR. Nach Abzug der gesetzlichen Zuzahlung (10,00 EUR) ergebe sich somit zu Gunsten des Klägers ein Erstattungsbetrag in Höhe von 347,00 EUR. Diesen Betrag habe der Kläger erhalten, so dass der Widerspruch unbegründet sei. Sofern in der Vergangenheit höhere Kosten übernommen worden seien, könnten daraus Ansprüche auf höhere Kostenerstattung nicht hergeleitet werden. Aus einer fehlerhaften Entscheidung des Versicherungsträgers könne weder ein Anspruch auf Gleichbehandlung noch auf Beibehaltung des rechtswidrigen Verwaltungshandelns abgeleitet werden.

Am 19.04.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim. Er machte geltend, es treffe nicht mehr zu, dass er im Jahre 2004 das Kostenerstattungsverfahren gewählt habe. Er habe mit Schreiben vom 18.12.2009 erklärt, dass er ab sofort wieder die pauschale Kostenerstattung wähle. Der Multifunktions-Rollstuhl stelle ein Hilfsmittel zur Teilnahme am öffentlichen Leben dar. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) seien die Kosten hierfür in voller Höhe zu übernehmen. Die gerichtliche Frage nach den Einzelheiten über den gelieferten Rollstuhl sei ihm unverständlich. Im Übrigen habe die Beklagte in einer Publikation angegeben, alle Kosten bei Reparatur, Änderung oder Ersatz von Hilfsmitteln zu tragen.

Die Beklagte legte ihre HMO (wohl interne Hilfsmittelrichtlinien) in der Fassung vom 01.11.2010 vor, aus deren Ziff. 3 sich ergab, dass die Kostenerstattung von Hilfsmitteln, bei denen die Sachleistung ansonsten in Form des Wiedereinsatzes möglich sei, in Höhe der Wiedereinsatzpauschale erfolge. Sie verwies ferner auf die Anlage 2 eines Vertrages mit der Reha-Service R. GmbH vom 12.12.2003, worin unter Ziffer PG 18.50.02.7.xxx der Wiedereinsatz für einen Rollstuhl mit Greifreifenantrieb und Rückenlehnenverstellung bis 90 Grad mit 300,00 EUR bewertet war. Sie führte hierzu aus, zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer ergebe sich daraus der Erstattungsbetrag in Höhe von 357,- EUR.

In dem vom Sozialgericht am 20.09.2011 durchgeführten Erörterungstermin erklärte der Vertreter der Beklagten, der Kläger habe zuletzt im Jahr 2003 einen Rollstuhl als Sachleistung erhalten. Ab 2004 sei die Kostenerstattung gewählt worden. Bei der pauschalen Kostenerstattung werde ohne konkrete Rechnungsprüfung ein Prozentsatz der jeweiligen Rechnungen erstattet (zunächst 30 %, später nur noch 25 %). Bei der individuellen Kostenerstattung erfolge eine genaue Prüfung der abgerechneten GOÄ-Sätze. Die Beklagte übernehme bei der Kostenerstattung die Kosten für Reparatur und Wartung nur hinsichtlich von Verschleißteilen. Aufwendungen, die zu Wertsteigerungen führten, und Schönheitsreparaturen würden nicht übernommen, da der Rollstuhl im Falle der Kostenerstattung in das Eigentum des Versicherten übergehe.

Ergänzend führte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2011 aus, ein Kostenerstattungsanspruch könne sich immer nur auf das beziehen, was als Sachleistung erbracht worden wäre. Hier wäre eine Versorgung mit einem gebrauchten, vollständig überholten und funktionsfähigen Rollstuhl aus dem Hilfsmittelpool der Beklagten in Betracht gekommen.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2011 ab. Grundsätzlich gelte im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung das sogenannte Sachleistungsprinzip (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Versicherten erhielten unter anderem die erforderlichen Hilfsmittel nach § 33 SGB V von der Krankenkasse bzw. dem beauftragten Leistungserbringer "in natura". Allerdings bestehe nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V für die Versicherten die Möglichkeit, statt der Sachleistung eine Kostenerstattung zu wählen. Die Kostenerstattung dürfe wirtschaftlich allerdings nicht über die eigentlich zu gewährende Sachleistung hinausgehen. Daher beschränke § 13 Abs. 2 Satz 8 SGB V den im Rahmen der Kostenerstattung zu zahlenden Betrag auf den Betrag, den die Krankenkasse bei einer Sachleistung als Vergütung an den Leistungserbringer zu zahlen hätte. Diese Vorschrift beinhalte für den Versicherten gewisse Risiken (LPK-SGB V, 3. Auflage 2009, § 13 Rdnr. 13) und habe in der praktischen Anwendung erhebliche Schwierigkeiten zur Folge, da der genaue Betrag aufgrund der Besonderheiten des kassenärztlichen Abrechnungssystems (bspw. "Budgetierung") häufig nicht exakt zu ermitteln sei (Becker/Kingreen, SGB V, 2. Auflage 2010, § 13 Rdnr. 14). In jedem Fall sei für die im Rahmen der Kostenerstattung in Anspruch genommene Leistung daher zu ermitteln, welcher Aufwand für die Krankenkasse bei einer hypothetischen Sachleistung angefallen wäre (Hauck/Noftz, SGB V, Loseblatt, § 13 Rdnr. 40). Nachteile, die sich hieraus für den Versicherten ergeben, habe dieser hinzunehmen. So seien etwa finanzielle Mehrbelastungen, die für einen Versicherten daraus folgen, dass bei dem Wert der hypothetischen Sachleistung der Apotheker- oder Herstellerrabatt abgezogen wird, nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 1/09 R).

Gemessen an diesen rechtlichen Rahmenbedingungen sei der Kostenerstattungsanspruch des Klägers der Höhe nach auf den Betrag begrenzt, der sich für die Beklagte ergeben hätte, wenn sie den in Rede stehenden Rollstuhl über ein Sanitätshaus als Sachleistung zur Verfügung gestellt hätte. Dieser Aufwand werde in der Verwaltungspraxis als "Wiedereinsatzpauschale" bezeichnet und umfasse den einmaligen Aufwand, der der Krankenkasse vom zuständigen Sanitätshaus auf Basis der Vergütungsverträge in Rechnung gestellt werde, wenn ein Versicherter einen solchen Rollstuhl erhalte. Dies seien 357,00 EUR bzw. - nach Abzug der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 10,00 EUR - 347,00 EUR. Die Klage hinsichtlich der Mehrforderung könne daher keinen Erfolg haben.

Dieses für den Kläger unbefriedigende Ergebnis spiegele die dargestellten - der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V aus systematischen Gründen immanenten - Nachteile wieder. Zudem ergebe sich die erhebliche Differenz zu einem guten Teil auch daraus, dass sich der Kläger im Rahmen der Kostenerstattung einen neuwertigen Rollstuhl beschafft habe, während die Krankenkassen gerade im orthopädischen Bereich häufig gebrauchte Hilfsmittel überließen. Solange diese funktionsfähig seien und einen ausreichenden Behinderungsausgleich bewirkten, sei dies nicht zu beanstanden. Der Kläger habe nicht geltend gemacht, dass die Versorgung mit einem gebrauchten Rollstuhl unzureichend gewesen wäre. Behinderungsbedingte Besonderheiten, die den Einsatz eines gebrauchten Rollstuhls ausgeschlossen hätten bzw. zwingend eine besondere individuelle Zurichtung eines neuwertigen Rollstuhls erfordert hätten, seien nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Alleine die Schilderung, dass die Beklagte in der Vergangenheit anders verfahren sei und ihm stets eine volle Kostenerstattung gewährt habe, könne einen Anspruch auf Fortsetzung dieser (rechtswidrigen) Verwaltungspraxis nicht begründen. Die Ausführungen der Beklagten in der angeführten Publikation, es würden alle Kosten "bei Reparatur, Änderung oder Ersatz" von Hilfsmitteln getragen, stelle ersichtlich keine rechtsverbindliche Zusicherung i.S.v. § 34 Sozialgesetzbuch X -SGB X- dar. Vertrauensschutz zugunsten des Klägers könne daraus nicht abgeleitet werden.

Gegen den dem Betreuer des Klägers am 05.12.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.12.2011 Berufung eingelegt. Er lässt zur Begründung vortragen, die Annahme des Sozialgerichts, dass der Vater des Klägers mit Schreiben vom 18.12.2009 die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 SGB V gewählt habe, sei unzutreffend. Der Vater des Klägers sei beihilfeberechtigt und habe sich bei Arztbesuchen private Kostenrechnungen ausstellen lassen, um diese bei der Beklagten zur Erstattung einzureichen und verbleibende Differenzbeträge bei der Beihilfestelle geltend zu machen. Bei dieser Fallgestaltung sei trotz des Ausstellens von Privatrechnungen von dem in der gesetzlichen Krankenversicherung herrschenden Sachleistungsprinzip auszugehen. Mit Einführung des jetzigen § 13 Abs. 2 S. 1 SGB V zum 01.01.2004 habe der Kläger dann zunächst das Kostenerstattungsprinzip gewählt. Nachdem es bei der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 SGB V im Gegensatz zum Zeitraum vor dem 01.01.2004 und zum früheren Verfahren immer wieder zu Problemen bei der Kostenerstattung gekommen sei, habe der Vater und gesetzliche Betreuer des Klägers nach einer Beratung in der Geschäftsstelle der Beklagten in M. auf Hinweis und unter Vorgabe der dortigen Angestellten das Schreiben vom 18.12.2009 verfasst. Damit habe er zu dem ursprünglichen Verfahren zurückkehren wollen. Da vor dem Schreiben vom 18.12.2009 bereits seit dem 01.01.2004 Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 SGB V gewählt worden sei, mache das Schreiben vom 18.12.2009 anders auch keinen Sinn. Der Kläger hätte nicht erneut Kostenerstattung zu wählen brauchen, wenn diese bereits gewählt gewesen sei. Im Übrigen würde bei der Beschaffung des Rollstuhls auch ein Verstoß sowohl der Leistungserbringer als auch der Beklagten gegen die gesetzlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten vor Inanspruchnahme der Leistung vorliegen. Es sei daher davon auszugehen, dass mit der Auslieferung des Multifunktionsrollstuhls von der Firma M. die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Sachleistung nachgekommen sei und der Kläger für die Beklagte lediglich in Vorleistung getreten sei. Insofern bestehe ein Anspruch auf Kostenersatz (nicht Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 S. 1 SGB V). Selbst wenn man vorliegend von dem Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 SGB V ausgehen würde, werde sowohl von der Beklagten als auch vom Sozialgericht übersehen, dass es sich vorliegend nicht um einen bloßen "Wiedereinsatz" eines Rollstuhls gehandelt habe, sondern um eine vollständige Neuanschaffung. Es erscheine vollkommen unglaubwürdig, wenn die Beklagte behaupte, auch für Neuanschaffungen gegenüber den ausliefernden Sanitätshäusern aufgrund von Rahmenvereinbarungen lediglich Zahlungen in Höhe der von ihr geltend gemachten "Wiedereinsatzpauschalen" von ca. 200,00 - 300,00 EUR leisten zu müssen, wenn neuwertige Rollstühle auf dem freien Markt zu Preisen von 2.000,00 EUR - 3.000,00 EUR gehandelt würden. Betriebswirtschaftlich müssten die Sanitätshäuser die Rollstühle dann unter dem eigentlichen Selbstkostenbetrag abgeben. Dies erscheine ausgeschlossen. Die Beklagte werde daher aufgefordert offen zu legen, welche Beträge für neuwertige Rollstühle angesetzt werden. Selbstverständlich wäre der Kläger bei entsprechender Aufklärung durch den verordnenden Arzt, der Fa. M. oder die Beklagte auch bereit gewesen, einen für seine Bedürfnisse vorhandenen gebrauchten (funktionstüchtigen) Rollstuhl in Betrieb zu nehmen. Allerdings sei der nunmehr angeschaffte Rollstuhl genau auf die Bedürfnisse und individuellen Gegebenheiten des Klägers abgestimmt, so dass ohnehin nur eine Neuanschaffung in Betracht gekommen wäre. Ein Anspruch auf Ersatz der beantragten Kosten bestehe weiterhin noch aus folgendem Grund: mit Einführung der freien Wahl einer gesetzlichen Krankenkasse und der Möglichkeit der Krankenkassen, im Einzelfall auch unterschiedliche Leistungen für ihre Mitglieder anbieten zu können, stünden die gesetzlichen Krankenkassen untereinander in einem Wettbewerb um neue Mitglieder. Die Leistungen der Krankenkassen und deren Abgrenzung zu Mitkonkurrenten kämen daher nicht durch umfangreiche Satzungsvorschriften (dem "Kleingedruckten") zum Ausdruck, sondern würden durch Werbeanzeigen und Werbebroschüren transportiert. In diesen könne das "Kleingedruckte" zwar verkürzt wieder gegeben und besondere Leistungen hervorgehoben werden; es könnten aber keine konträren Angaben zum eigentlichen Leistungsspektrum gemacht werden. Insofern müsse sich die Beklagte auch an ihrer werbewirksamen Aussage, dass sie alle Kosten bei Ersatz von Hilfsmitteln übernehmen würde, messen lassen. Diese Aussage in den Bereich einer unverbindlichen Äußerung zu verlegen, gehe daher fehl und sei schon mit dem Wettbewerbsrecht nicht zu vereinbaren. Insofern erreiche die Aussage dann doch den Bereich einer verbindlichen Zusage im Sozialrecht.

Der Vater des Klägers hat in einem Schreiben vom 29.05.2012 ferner geltend gemacht, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf der fehlerhaften Annahme, dass der vorhandene Rollstuhl reparaturfähig gewesen sei. Zu Unrecht sei sie dabei von einer Haltbarkeit eines Rollstuhls von 10 Jahren ausgegangen. Da der Kläger im Heim lebe und der Rollstuhl von bis zu 25 verschiedenen Personen bedient werde, sei allenfalls von einer Haltbarkeitsdauer von fünf bis sieben Jahren auszugehen. Eine Neuanschaffung sei daher sinnvoll gewesen. Zu dem erstatteten Betrag wäre der vorhandene Rollstuhl auch nicht zu reparieren gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.12.2011 und die Bescheide der Beklagten vom 08.12.2010 und vom 13.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere Kosten für den Multifunktionsrollstuhl in Höhe von 2.427,25 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und die Entscheidungsgründe im Urteil des Sozialgerichts, das sie für zutreffend hält. Hinsichtlich der vom Kläger in Frage gestellten Wahl der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V entgegnet die Beklagte, nach den bereits durchgeführten Kostenerstattungen aufgrund eingereichter Rechnungen könne die Wahl des Kostenerstattungsverfahrens wohl nicht streitig sein. Sie legte hierzu Ausdrucke eingescannter Privatrechnungen über ambulante Heilbehandlung, Medikamentenversorgung, Heilmittel, Fahrtkosten und Hörgeräte seit Januar 2009 vor.

Der Kläger hat zuletzt auf Anfrage des Senats den Bescheid der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom (soweit lesbar) März 2012 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die Beihilfestelle dem Kläger auf dessen Antrag vom 03.03.2012 für die Anschaffung des hier in Rede stehenden Rollstuhls eine Beihilfe in Höhe von 2407,25 EUR gewährt hat. Als Kostenerstattung von anderer Seite sind 357 EUR eingesetzt. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beihilfezahlung stehe unter dem Vorbehalt, dass die Beklagte nicht leistungspflichtig ist. Dies gehe aus einem Schreiben der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 17.02.2012 hervor. In diesem dem Senat ebenfalls vorgelegten Schreiben heißt es sinngemäß, die Beihilfestelle gehe davon aus, dass es bei der Berücksichtigung des Rollstuhls als Leistung der Krankenversicherung verbleibe. Wörtlich heißt es sodann: " sollte es wider Erwarten doch zu einer Anerkennung des Rollstuhls als Hilfsmittel aus der Pflegeversicherung und einer geänderten Kostenerstattung kommen, bitten wir uns dies mitzuteilen".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist überschritten, da Gegenstand des Rechtsstreits ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 2.427,25 EUR ist. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Kostenerstattung für den von ihm selbst beschafften Multifunktionsrollstuhl über den ihm gewährten Betrag von 347,- EUR hinaus.

I.

Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V kommt nicht in Betracht. Diese Regelung knüpft an den Grundsatz des Sachleistungsprinzips an und gewährt einen Kostenerstattungsanspruch nur für die Fälle, in denen die Selbstbeschaffung der Leistung aufgrund besonderer Dringlichkeit erforderlich war oder darauf beruhte, dass die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Demgegenüber geht das Prinzip der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V davon aus, dass der Versicherte stets die Leistung auf der Grundlage privatrechtlich abgeschlossener Verträge selbst beschafft und die Kosten nachträglich bei der Krankenkasse geltend macht. Der Sachleistungsanspruch geht in diesem Fall unter (Brandts, in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Sept. 2013, § 13 SGB V, RdNr. 16).

Der Kläger hat jedenfalls im Jahr 2010 das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 SGB V gewählt und auch tatsächlich durchgeführt. Aus den Akten der Beklagten ist ersichtlich, dass der Vater des Klägers für diesen im Jahr 2010 durchgehend Arztrechnungen sowie Heilmittel- und Medikamentenverordnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht hat. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Argumentation im Berufungsverfahren, der Kläger habe im Jahr 2009 zu dem vor 2004 praktizierten Verfahren des Sachleistungsprinzips zurückkehren wollen, als gänzlich nicht nachvollziehbar. Denn er hat weiterhin das Kostenerstattungsverfahren praktiziert und sich auf privatärztlicher Basis behandeln lassen, privatärztliche Verordnungen ausstellen lassen und diese jeweils bei der Beklagten eingereicht. Diese Vorgehensweise steht dem nunmehr behaupteten Willen, ab dem Jahr 2009 zum Sachleistungsprinzip zurückkehren zu wollen, unvereinbar entgegen. Ein solcher Wille lässt sich der vorgelegten Erklärung vom 18.12.2009 im Übrigen auch gar nicht entnehmen. Der Vater des Klägers hat darin erklärt, er wähle ab sofort wieder die pauschale Kostenerstattung (Hervorhebung im Original). Diese Erklärung erfolgte somit ersichtlich zu dem Zweck, anstelle der individuellen Kostenerstattung nunmehr wieder die pauschale zu wählen. Insoweit wird auf die Angaben des Beklagten-Vertreters im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Bezug genommen, der dort diese beiden Verfahren der Kostenerstattung dargestellt und erläutert hat. Anders lässt sich die Hervorhebung des Begriffs "pauschal" nicht verstehen. Auch in dem Betreff des Schreibens vom 18.12.2009 hat der Vater des Klägers den Begriff Kostenerstattung verwendet. Ein Erklärungsinhalt, der für eine Rückkehr zum Sachleistungsprinzip sprechen könnte, ist dem nicht zu entnehmen. Insbesondere hat der Vater des Klägers in Folgezeit auch weiterhin - wie dargelegt - die Kostenerstattung praktiziert.

II.

Sowohl der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V als auch der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 2 SGB V setzten eine rechtlich wirksame Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung voraus. Kosten können dabei in zwei Formen entstehen: Hat der Versicherte die Leistung selbst vergütet, so ist sein Anspruch auf die Erstattung gerichtet; hat er noch nicht gezahlt, so hat er Anspruch auf Freistellung von den Kosten und auf Zahlung der Krankenkasse an den Gläubiger. Voraussetzung ist in beiden Fällen eine rechtsgültige Zahlungsverpflichtung des Versicherten (st. Rspr vgl. zuletzt BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R; vgl. auch Brandts KassKomm § 13 Rn 64 ff). Der Umstand, dass der Vater des Klägers aus eigenen Mitteln den Rollstuhl vorfinanziert hat (und nicht der schwerstbehinderte mittellose Kläger), ist rechtlich ohne Bedeutung, da der Vater damit einer moralischen Verpflichtung aus der familiären Bindung nachgekommen ist (BSG 93,176 und SozR 4-2500 § 33 Nr. 13).

Im vorliegenden Fall ist die aus der Begleichung der Rechnung vom 19.09.2010 bei Berufungseinlegung noch resultierende Kostenbelastung von (Rechnungsbetrag 2.774,25 EUR abzüglich erhaltener Krankenkassenleistungen von 357 EUR abzüglich 10 EUR Rechnungsminderung durch Zuzahlung =) 2407, 25 EUR durch die Beihilfezahlung über 2407,25 EUR vollständig entfallen. Kosten aus der Anschaffung des Multifunktions-Rollstuhls im September 2010, die dem Kläger noch nicht vergütet worden sind, bestehen seit dem März 2012 nicht mehr. Die dem Vater zugegangenen Mittel muss sich der Kläger zurechnen lassen.

Entgegen der Auffassung des Klägers erfolgte die Zahlung der Beihilfestelle auch nicht unter Vorbehalt. Der Bescheid der Beihilfestelle vom März 2012 enthält keinen solchen Vorbehalt. Auch dem Schreiben vom 17.02.2012 ist eine irgendwie geartete Bedingung nicht zu entnehmen. Mit der Bitte um Mitteilung im Falle einer geänderten Kostenerstattung weist die Beihilfestelle den Kläger lediglich auf die Mitwirkungspflichten des Vaters nach beihilferechtlichen Vorschriften hin. Eine Rechtsgrundlage für die Beihilfestelle, im konkreten Fall die Ausgaben des Klägers unter Vorbehalt zu gewähren, lässt sich aus der hier maßgeblichen Beihilfeverordnung des Bundes (BBhV) nicht ableiten. Nach § 8 Abs. 3 BBhV sind die Aufwendung für den Multifunktionsrollstuhl unstreitig beihilfefähig. Eine Anrechnung von Erstattungen findet nach § 9 Abs. 3 Satz 1 BBhV zwar grundsätzlich statt, wenn Erstattungsansprüche gegenüber Dritten nicht geltend gemacht worden sind. Dies gilt jedoch nach § 9 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 nicht für Erstattungen und Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung aus einem freiwilligen Versicherungsverhältnis wie hier beim Vater des Klägers.

Die Erstattung von anderer Seite (hier: der Beihilfestelle) hindert den Vater des Klägers daran, den Anspruch erfolgreich weiter zu verfolgen. Hätte der Vater des Klägers den Anspruch auf Kostenerstattung der Beihilfestelle oder dem Leistungserbringer sogar abgetreten, so hätten weder er (wegen Fehlens einer Kostenlast) noch die Beihilfestelle oder der Leistungserbringer (mangels Klagebefugnis) eine rechtliche Möglichkeit, den Erstattungsanspruch gerichtlich geltend zu machen (BSG Urt. v. 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R Juris Rn 24). Erst recht kann nichts anderes gelten, wenn die Beihilfestelle ohne jeden Vorbehalt oder irgendeine Gegenleistung die entstandenen Kosten ersetzt. Mit der rechtswirksamen Ersetzung der Aufwendungen ist der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 2 SGB V aber entfallen.

Die Berufung des Klägers kann somit schon wegen der erfolgten Beihilfezahlung keinen Erfolg haben.

III.

Aber selbst wenn man mit dem Kläger der Auffassung wäre, er müsse die von ihm verauslagten Kosten einklagen, um die im Erfolgsfall eingehenden Zahlungen an die Beihilfestelle (als der seines Erachtens subsidiär erstattungspflichtigen Stelle) weiterzuleiten, könnte die Berufung keinen Erfolg haben. Er hat keinen über den erhaltenen Betrag von 312,30 EUR hinausgehenden Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten des im September 2010 angeschafften Multifunktions-Rollstuhls.

Kostenerstattungsansprüche nach § 13 SGB V sind der Höhe nach auf den Wert des Sachleistungsanspruchs begrenzt. Für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V ist in ständiger Rechtsprechung des BSG ( vgl. zuletzt BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1KR 44/12 R Juris Rn 11 m.w.N.) entschieden, dass dieser nicht weiter reicht als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch besteht auch nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V. Nach § 13 Abs. 2 Satz 8 SGB V besteht ein Anspruch auf Erstattung höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Beklagte hat in § 24 Abs. 3 Satz 1 ihrer Satzung vom 01.01.2010 in der Fassung vom 01.07.2010 geregelt, dass höchstens die Kosten erstattet werden, die der Kasse bei Erbringung als Dienst- oder Sachleisung entstanden wären, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten.

1. Die Beklagte hat die zu erstattenden Kosten zu Recht der Höhe nach auf die sog. Wiedereinsatzpauschale begrenzt.

Im Rahmen der Hilfsmittelversorgung muss sich der Versicherte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf die leihweise Überlassung eines gebrauchten Rollstuhls verweisen lassen. Das Gesetz sieht den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln grundsätzlich vor. So ermächtigt § 127 Abs. 2 SGB V die Krankenkassen zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB V ermächtigt den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Festlegung besonderer Qualitätsanforderungen im Hilfsmittelverzeichnis zu dem Zweck, eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen. Auch in der Rechtsprechung wird die leihweise Überlassung durch Wiedereinsatz von Hilfsmitteln anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 03.11.2009 - B 3 KR 16/99 R - m.w.N. und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.06.2005 - L 5 KR 141/04 - jeweils in Juris). Anders als der Vater des Klägers im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht angenommen hat, handelt es sich beim Wiedereinsatz nicht um die kurzfristige Überlassung eines Rollstuhls, sondern gerade auch um die Versorgung mit dem benötigten Hilfsmittel auf Dauer im Wege der leihweisen Überlassung eines im Eigentum der Krankenversicherung stehenden, zu deren Hilfsmittelpool gehörenden Krankenfahrzeugs.

Für diese leihweise Überlassung des Hilfsmittels entstehen der Krankenversicherung Kosten für Dienstleistungen des Leistungserbringers, die durch die sog. Wiedereinsatzpauschale abgegolten werden. Nach der von der Beklagten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten HMO I-3.19 Kostenerstattung Hilfsmittel erfolgt die Kostenerstattung von Hilfsmitteln, bei denen die Sachleistung ansonsten in Form des Wiedereinsatzes möglich ist, in Höhe der Wiedereinsatzpauschale. In § 2 Ziff. 3 des nach § 127 Abs. 2 SGB V zwischen der Beklagten und der R.-S.-R. GmbH geschlossenen Vertrages über die Hilfsmittelversorgung der Versicherten der Beklagten hat vorrangig vor Neulieferungen eine Versorgung aus dem Lagerbestand der Beklagten zur erfolgen. Nur wenn kein Wiedereinsatz möglich ist, hat eine Neulieferung zu erfolgen. Nach § 6 Ziff. 6 Satz 1 des Vertrages werden die eingelagerten Hilfsmittel auf Anforderung unverzüglich bundesweit wiedereingesetzt; nach Satz 5 dieser Regelung sind die Kosten für den Transport mit der Wiedereinsatzpauschale abgegolten. Mit dieser Pauschale werden dem Leistungserbringer auch weitere Dienstleistungen wie die Auslieferung bzw. Aushändigung des Hilfsmittels an den Versicherten sowie die Einweisung in den Gebrauch, notwendige Wartungsarbeiten und sicherheitstechnische Kontrollen, die Reinigung und Desinfektion und das Anpassen des - gebrauchten - Hilfsmittels vergütet (vgl. Anlage 2 zum Vertrag der D. mit der R. S. R. GmbH). Aus der Anlage 2 ergibt sich ferner die Höhe der Wiedereinsatzpauschale von 300,- EUR. Zuzüglich der Mehrwertsteuer und abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 10 EUR ergibt sich daraus der gewährte Erstattungsbetrag von 347,- EUR. Die Beklagte hat ihre Kosten für die Versorgung mit Hilfsmitteln auf diese Weise - ausgerichtet am Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 12 SGB V - eng begrenzt. Nur diese Vergütung hätte die Beklagte gegenüber dem Leistungserbringer bei Gewährung eines entsprechenden Rollstuhls als Sachleistung zu tragen. Auf diesen Kostenbetrag ist der Erstattungsanspruch des Klägers deshalb nach § 13 Abs. 2 Satz 8 SGB V begrenzt.

2. Ein über die Wiedereinsatzpauschale hinausgehender Kostenerstattungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Ein solcher ergibt sich weder aus einer dem Kläger bzw. seinem Vater erteilten Zusicherung noch aus mangelnder Aufklärung über die nicht erstattungsfähigen Kosten. Auch Vertrauensschutz kann der Kläger nicht für sich geltend machen. a. Soweit der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren selbst vorgetragen hat und im Berufungsverfahren weiter hat ausführen lassen, die Beklagte müsse sich an ihren werbenden Hinweisen, sie trage auch sämtliche Kosten bei Reparatur, Änderung und Ersatz von Hilfsmitteln, im Sinne einer Zusicherung festhalten lassen und dürfe den Kläger deshalb nicht auf den geringen Erstattungsbetrag der Wiedereinsatzpauschale verweisen, sondern müsse die vollen Kosten erstatten, greift diese Argumentation nicht durch. Die Voraussetzungen einer Zusage im Sinne von § 34 SGB X erfüllen diese allgemeinen Hinweisen der Beklagten nicht. Denn eine Zusicherung muss sich immer auf den Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes beziehen. Erforderlich ist daher, dass sich die Erklärung der Behörde auf einen konkreten Sachverhalt bezieht. Der Sachverhalt muss bei Erlass der Zusicherung bereits so konkret feststehen, dass für die Beteiligten klar ist, welcher Verwaltungsakt erlassen oder unterlassen werden soll. Dies ist deshalb wichtig, weil die Zusicherung als ein der erstrebten Begünstigung vorgeschalteter Verwaltungsakt grundsätzlich nur das regeln kann, was auch durch den nachfolgenden Verwaltungsakt, auf den sich die Zusicherung bezieht, nach Maßgabe des spezialgesetzlichen Fachrechts geregelt werden kann (Kepert in: jurisPK-SGB X, § 34 SGB X, RdNr. 16). Eine entsprechende Konkretisierung fehlt den vom Kläger vorgelegten allgemeinen Hinweisen aus den Informationsbroschüren der Beklagten von vorneherein. Sie sind schon vom Ansatz her nicht konkret auf seinen Erstattungsanspruch zugeschnittenen, so dass er sich darauf nicht berufen kann.

b. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, von der Beklagten, dem verordnenden Arzt oder dem Leistungserbringer nicht ausreichend über den Umfang der Erstattung aufgeklärt worden zu sein. Zwar verpflichtet § 13 Abs. 2 Satz 3 SGB V den Leistungserbringer, den Versicherten vor der Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Diese Informationspflicht trifft mithin hier die Firma M. GmbH, die als Leistungserbringer die streitgegenständliche Leistung gegenüber dem Kläger in Rechnung gestellt hat. Ein entsprechendes Versäumnis des Leistungserbringers, der Firma M. GmbH, hat der Kläger schon nicht hinreichend substantiiert dargetan. Eine solche Pflichtverletzung durch die Firma M. GmbH würde im Übrigen auch nicht zu einem Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte führen, sondern hätte vielmehr zur Folge, dass ein Vergütungsanspruch der Firma M. GmbH nicht oder zumindest nicht in der in Rechnung gestellten Höhe entstanden wäre bzw. diesem Anspruch wirksame Einreden entgegenstehen würden. Folglich würde auch kein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte bestehen, da dem Kläger insoweit keine Kosten bzw. nicht Kosten in der hier in Rede stehenden Höhe entstanden wären (Hauck, in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 01.03.2008, § 13 SGB V, RdNr. 134 mit Hinweis auf BSG, Urteile vom 02.11.2007 - B 1 KR 14/07 R - und vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R - jeweils zum Wegfall des ärztlichen Honoraranspruchs bei Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht durch den behandelnden Arzt als Leistungserbringer).

Ein Unterbleiben des Hinweises auf die selbst zu tragenden Kosten, die von der Krankenkasse nicht erstattet werden, bliebe auch aufgrund der Systematik des Kostenerstattungsverfahrens letztlich ohne Rechtsfolgen für den Kläger. Dieser hat sich im vorliegenden Fall den streitgegenständlichen Multifunktionsrollstuhl aufgrund einer privatärztlichen Verordnung bei der Firma M. GmbH auf der Grundlage eines privatrechtlich geschlossenen Kaufvertrages beschafft und den so entstandenen Vergütungsanspruch der Firma M. aus der Rechnung vom 19.09.2010 auch beglichen. Anders als im Sachleistungssystem ist der Vergütungsanspruch nicht Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Leistungserbringerverhältnisses zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbringer, sondern Teil des privatrechtlichen Erfüllungsverhältnisses zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer. Dies ist Folge der Ausübung des Wahlrechts zugunsten des Kostenerstattungsverfahrens durch den Versicherten (Becker/Kingreen, SGB V, Kommentar, 2. Aufl. § 13 RdNr. 13). Diese Wahl hat der Versicherte regelmäßig schon vor der Inanspruchnahme der konkreten Leistung getroffen und ist dabei generell über die damit verbundenen Risiken der im Regelfall wohl höheren Kosten hingewiesen worden (Dalichau, SGB V, Kommentar, Stand 01.08.2013, § 13 Nr. 4). Er hat aufgrund der Bindungsdauer an seine Entscheidung für mindestens ein Quartal (§ 13 Abs. 2 Satz 12 SGB V) keine Möglichkeit, bei Aufklärung über den zu tragenden Eigenanteil im konkreten Leistungsfall in das Sachleistungssystem zurück zu wechseln. Er kann sich stattdessen allenfalls dafür entscheiden, die Leistung gar nicht in Anspruch zu nehmen (Hauck, a.a.O. RdNr. 135; Dalichau, a.a.O.). Diese Option bestand für den Kläger, der auf die Versorgung mit einem funktionstüchtigen Rollstuhl angewiesen ist, nicht.

Zudem war der Kläger hier, vertreten durch seinen Vater als dem gesetzlichen Betreuer, seit vielen Jahren im Kostenerstattungssystem eingebunden. Es war daher für ihn bzw. seinen Vater auch ohne die konkrete Aufklärung erkennbar, dass er die Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hatte und - schon allein aufgrund der pauschalen Kostenerstattung (Begrenzung auf 30 bzw. 25 %) - auch nicht mit einer vollen Kostenübernahme rechnen konnte. Selbst wenn also hier ein Hinweis auf die Belastung mit den ungedeckten Restkosten für den Multifunktionsrollstuhl durch die Firma M. unterblieben wäre, so musste es dem Kläger aufgrund des jahrelang praktizierten Kostenerstattungsverfahrens geläufig sein, dass er bei Eingehen eines privatrechtlichen Kaufvertrages dem Leistungserbringer gegenüber zahlungspflichtig ist und zwar unabhängig davon, in welcher Höhe er nachträglich Kostenerstattung von der Beklagten erhält. Der Hinweis auf die Belastung mit einem Eigenanteil käme aufgrund der bereits seit langem getroffenen Wahl für das Kostenerstattungsverfahren ohnehin zu spät und hätte ihm als Handlungsalternative auch nur die Wahl eines kostengünstigeren, gegebenenfalls gebrauchten Rollstuhls eröffnet (vgl. hierzu Hauck, a.a.O. RdNr. 135, 136, der die Ausgestaltung der Hinweispflicht des Leistungserbringers im Hinblick auf die fehlenden Rechtsfolgen mangelnder Aufklärung für "überdimensioniert" hält). Diese Alternative hat der Kläger aber wohl im Hinblick auf die Nutzungsanforderungen im Heim und aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht in Betracht gezogen. Ob der Kläger gegen die Firma M. GmbH als Leistungserbringer gegebenenfalls wegen Verletzung der Informationspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 3 SGB V einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch geltend machen könnte, oder ob ein solcher schon deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Entscheidung für die Kostenerstattung bereits unabhängig von dem konkreten Leistungsfall erfolgt ist und das Unterlassen des Hinweises für den Vertragsschluss des bereits grundsätzlich über die eigene Kostenbelastung vorinformierten Klägers bzw. seines Vaters nicht kausal war (so jedenfalls Hauck, a.a.O. RdNr. 136), kann hier dahingestellt bleiben, da ein solcher Schadensersatzanspruch für das Kostenerstattungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht von Bedeutung ist.

c. Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen mit der Begründung, dass in früheren Fällen die Kosten der Rollstühle stets übernommen worden seien. Nach den Angaben des Beklagten-Vertreters im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht hat er den letzten Rollstuhl zuvor im Jahr 2003 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das Kostenerstattungsverfahren noch nicht gewählt, so dass ihm der Rollstuhl noch als Sachleistung gewährt wurde. Eine Belastung mit eigenen Kosten konnte allein deshalb schon gar nicht entstehen.

Soweit der Kläger weiterhin vortragen lässt, die Neuanschaffung sei erforderlich gewesen, weil der Rollstuhl speziell auf seine Bedürfnisse und individuellen Gegebenheiten abgestimmt sei, so ergibt sich aus der Rechnung der Firma M. nicht, dass es sich bei dem gelieferten Multifunktionsrollstuhl um ein individuell angefertigtes Hilfsmittel handelt, sondern dieser ist vielmehr mit gängigen und allgemein verfügbaren Einzelelementen (etwa mit einer Kopfstütze mit Seitenhalt, den Fußschalen und Kniepolstern) nach den Bedürfnissen des Klägers ausgestattet. Der weitere Vortrag des Vaters des Klägers, die Beklagte sei fehlerhaft davon ausgegangen, der zuvor genutzte Rollstuhl sei noch reparaturfähig gewesen, lässt sich aus den ergangenen Bescheiden und den weiteren Schreiben der Beklagten so nicht nachvollziehen. Die Beklagte hat den Kläger nicht auf die Reparatur des zuvor genutzten Modells verwiesen, sondern lediglich die Kostenerstattung der Höhe nach auf die Wiedereinsatzpauschale begrenzt. Hierzu war sie - wie dargelegt - auch berechtigt.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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