Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SB 85/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4091/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. August 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der 1954 geborenen Klägerin stellte des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 wegen Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operiertem Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Divertikulitis und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskulären Verspannungen, Nervenwurzelreizerscheinungen und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 20) sowie einer seelischen Störung, Depression, Kopfschmerzsyndrom und psychovegetativen Störungen (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 18.12.2009 beantragte die Klägerin beim Landratsamt B. - Versorgungsamt in S. - (VA) die Neufeststellung eines höheren GdB. Das VA zog medizinische Befundunterlagen bei (vorläufiger Arztbrief des Klinikums S. vom 17.09.2009, Diagnosen: Bandscheibenvorfall L4/5, Laktose-Intoleranz; Ärztlicher Entlassungsbericht Fachklinik S. vom 19.11.2009 über eine stationäre Reha-Maßnahme vom 22.09.2009 bis 13.10.2009, Diagnosen: Zustand nach Nukleotomie und Sequestrektomie L4/5 am 11.09.2009, Bandscheibenvorfall L4/5 mit Radikulopathie, partielle Peronaeus-Parese, mittelgradige Episode bei rezidivierendem depressivem Schubleiden; Befundangaben Dr. Si. vom 08.01.2010 mit Vorlage von Ton- und Sprachaudiogrammen vom 21.04.2008). In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes, Dr. La. , vom 07.02.2010, wurde unter Übernahme der bisherigen Teil-GdB-Werte und unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Schwerhörigkeit (Teil-GdB 10) der Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorgeschlagen. Mit Bescheid vom 10.02.2010 entsprach das VA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht.
Gegen den Bescheid vom 10.02.2010 legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 10.03.2010 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 03.01.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG).
Das SG hörte von der Klägerin benannte behandelnde Ärzte unter Bekanntgabe der gutachtlichen Stellungnahme des Dr. La. vom 07.02.2010 schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ge. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.04.2011 eine einmalige Behandlung der Klägerin am 27.01.2011 mit. Er stimmte der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ri. teilte in seiner Stellungnahme vom 26.05.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fi. vom 26.01.2009) den Behandlungsverlauf mit. Die orthopädischen und psychiatrischen Gegebenheiten seien als schwergradig einzustufen. Er schloss sich der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens und der seelischen Störung nicht an und schätzte den GdB auf 50 ein. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Schu. teilte in seiner Stellungnahme vom 04.07.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Bericht des K. Hospitals S. vom 17.09.2009) den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Die Lendenwirbelsäule sei mittelgradig betroffen. Eine Erkrankung der Schultergelenke sei nicht bekannt. Er teilte die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten.
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Fr. vom 14.10.2011 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte in den Entscheidungsgründen aus, im Vergleich zum letzten bestandskräftigen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2009 sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mit einem GdB von 40 ausreichend bewertet. Dr. Ge. und Dr. Schu. hätten die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten bestätigt. Hinsichtlich eines Karpaltunnel-Syndroms links sei eine entsprechende Therapie eingeleitet, eine dauernde Verschlechterung damit nicht nachgewiesen. Die von Dr. Ri. mitgeteilten objektiv klinischen Befunde trügen seine Bewertung des GdB von 50 nicht. Die Klägerin befinde sich wegen ihrer seelischen Störung nicht in fachärztlicher Behandlung, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die seelische Leiden der Klägerin über eine leichtere psychische Störung hinausgingen. Weitere Gesundheitsstörungen, als vom Beklagten bereits berücksichtigt, seien von der Klägerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach Würdigung aller Umstände komme bei der Klägerin kein höherer Gesamt-GdB als 40 in Betracht.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 28.09.2012 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe die Zeugenaussage des Dr. Ri. zu Unrecht als nicht aussagekräftig gewertet. Nach den auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik S. vom 16.11.2011 gestützten Angaben von Dr. Ri. lägen nicht lediglich Nervenwurzelreizerscheinungen, sondern eine nachhaltige Schädigung der peripheren Nerven im Sinne einer nachhaltig stattgehabten Peronaeuslähmung links vor. Im Entlassungsbericht fänden sich konkrete Bewegungsmaße. Darüber hinaus werde im Entlassungsbericht eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert, die auch dem beigefügten Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fi. vom 26.01.2009 zu entnehmen sei. Zwischenzeitlich befinde sie sich wegen eines Schmerzsyndroms in schmerztherapeutischer Behandlung. Die Diagnose einer Fibromyalgie sei gestellt worden. Die Klägerin hat hierzu den Befundbericht der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Dr. E. /Dr. We. vom 31.03.2012 vorgelegt. Darüber hinaus sei nunmehr auch eine starke Arthrose festgestellt worden. Hierzu hat die Klägerin den Befundbericht des Dr. Schu. vom 19.04.2012 mit Ergebnisbogen einer Osteodensitometrie vom 06.09.2012 (Diagnose: primäre postmenopausale Osteoporose mit hohem Frakturrisiko) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. August 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 seit dem 18. Dezember 2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die bekannte somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgie) sei bereits im Tenor der psycho-vegetativen Störungen subsummiert und könne ebenso wie die Osteoporose aufgrund ihres Ausmaßes nicht zu einer Höherbewertung des GdB von 40 führen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Re. vom 07.01.2013 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Schu. sowie Dr. Schi. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Schu. hat in seiner Stellungnahme vom 24.10.2013 mitgeteilt, der Gesundheitszustand der Klägerin sei stabil geblieben. Es sei weder eine Verschlechterung noch eine wesentliche Besserung eingetreten. Der Allgemeinmediziner Dr. Schi. hat am 19.04.2013 beim Landessozialgericht eingehend den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mitgeteilt.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.01.2014 erörtert worden. Die Beteiligten haben im Termin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Auf die Niederschrift vom 31.01.2014 wird verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 10.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.12.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Eine wesentliche Verschlimmerung ist im Vergleich mit dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Behinderungszustand der Klägerin nicht eingetreten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Hiervon ausgehend steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB als 40 seit dem 18.12.2009 nicht zu.
Im Vergleich mit dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Behinderungszustandes der Klägerin ist nach dem Befundbericht von Dr. Si. eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit der Klägerin, die mit einer Hörhilfe ausgeglichen wird, neu hinzugetreten. Nach dem hierzu vorgelegten Sprachaudiogramm ist diese Hörstörung der Kläger nach den VG Teil B Teil B 5.2.1, 5.2.4 mit einem Teil-GdB von allenfalls 10 zu bewerten, wovon der Versorgungsarzt Dr. La. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 07.02.2010 für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeht. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Hiergegen hat die Klägerin auch keine Einwendungen erhoben.
Weiter wurde bei der Klägerin als neu hinzugetretene Gesundheitsstörung eine primäre postmenopausale Osteoporose mit hohem Frakturrisiko diagnostiziert (Ergebnisbogen einer Osteodensitometrie der Hüfte und Lendenwirbelsäule vom 06.09.2012 und 22.09.2012 des Dr. Schu. ). Nach den VG Teil B 18.1 ist bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z. B. Osteoporose, Osteopenie bei hormonellen Störungen, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB. Dass bei der Klägerin durch die diagnostizierte Osteoporose (gesondert) zu berücksichtige Funktionsbeeinträchtigung und/oder Schmerzen hervorgerufen werden, lässt sich den im Verfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sowie den sonstigen zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Ein Teil-GdB von wenigstens 10 durch die Osteoporose ist damit nicht anzunehmen.
Eine wesentliche Änderung der mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten seelischen Störung der Klägerin (einschließlich des Kopfschmerzsyndroms) liegt nicht vor. Zwar ist bei der Klägerin als neue Gesundheitsstörungen das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms diagnostiziert worden, wie die Klägerin durch die Vorlage des Befundberichtes von Dr. E. /Dr. We. vom 31.03.2012 belegt hat, was auch Dr. Schi. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 19.04.2013 bestätigt hat. Die Auswirkungen einer Fibromyalgie sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -), entsprechend den Maßstäben der VG (wie früher der AHP) für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten. Die durch Nr. 2 d) der Ersten Verordnung zur Änderung der VG vom 01.03.2010 (BGBl. 2010, 249) geänderte Fassung der VG Teil B 18.4 führt zu keiner sachlichen Änderung, die Anlass gibt, von dieser ständigen Rechtsprechung des Senats abzuweichen. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ein GdB von 0 bis 20 und erst bei stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Hiervon ausgehend hält der Senat bei der Klägerin wegen der Schmerzstörung (Fibromyalgie) und ihrer seelischen Störung weiterhin einen Teil-GdB von 20 für ausreichend und angemessen. Nach dem von Dr. Ri. seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011 beigefügten Bericht von Dr. Fi. vom 26.01.2009 befand sich die Klägerin dort vom 18.06.2008 bis 24.11.2008 in Behandlung. Im Verlauf der Behandlung bestanden bis Oktober 2008 eine noch sehr wechselhafte Verstimmung, dann ist jedoch eine ausreichende Stabilisierung eingetreten. Danach befand sich die Klägerin nicht mehr in psychiatrischer Behandlung. Sie hat im Erörterungstermin am 31.01.2014 angegeben, in eine Psychotherapie habe sie sich nie begeben. Von Dr. G. sei sie neurologisch behandelt worden. Wegen der seelischen Störung sei sie nicht arbeitsunfähig gewesen. Nach dem Behandlungsabschluss bei Dr. Fi. hat damit eine ärztliche Behandlung wegen der seelischen Störung nicht mehr stattgefunden. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -, veröffentlicht in juris und im Internet: sozialgerichtsbarkeit.de) kann bei einer fehlenden ärztlichen Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung (GdB 0 bis 20) hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze (GdB 30 bis 40) darstellt. Ein entsprechender Leidensdruck der Klägerin, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich - zum vorliegend maßgeblichen Beurteilungszeitraum seit 18.12.2009 - nicht. Vielmehr hat die Klägerin im Erörterungstermin am 31.01.2014 als Grund der nicht erfolgten ärztlichen Behandlung der seelischen Störung angegeben, sich nicht getraut zu haben. Dies verdeutlicht, dass die Klägerin ihre Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass sie sie nicht selbst bewältigen kann. Gegen das Vorliegen einer stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht auch der im ärztlichen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 19.11.2009 beschriebene psychiatrische Befund. Danach war die Klägerin bewusstseinsklar, allzeit orientiert mit freundlichem Kontaktverhalten, angespannt und nervös wirkend bei alogophober Vermeidensreaktion im Rahmen der Untersuchung und spezifischer Thematik bei emotionaler Stimmungsreaktion mit Verschiebung zum subdepressiven Pol, wobei die Klägerin trotz der Beschwerdesituation jedoch über eine selbständige Bewältigung der alltäglichen Aktivitäten berichtet hat. Eine wesentliche Änderung der seelischen Störung der Klägerin, die nunmehr einen Teil-GdB von über 20 rechtfertigt, ist damit nicht belegt. Dem entspricht auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. Ge. vom 21.04.2011, der die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes, Dr. La. vom 07.02.2010, geteilt hat.
Auch hinsichtlich des mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Wirbelsäulenleidens ist eine wesentliche Änderung, die einen höheren Teil-GdB rechtfertigt, nicht eingetreten. Eine nachhaltige Schädigung der peripheren Nerven im Sinne einer nachhaltig stattgehabten Peronaeuslähmung links, wie die Klägerin im Berufungsverfahren unter Bezug auf die Angaben von Dr. Ri. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011 geltend macht, ist nicht belegt. Nach dem Bericht des K. Hospitals S. vom 17.09.2009 hinterließ eine am 11.09.2009 durchgeführte Nukleotomie und Sequestrektomie L4/5 links nach dem beschriebenen Entlassungsbefund kein neurologisches Defizit. Dr. Ri. geht in seiner Zeugenaussage von einer stattgehabten teilweisen Peronaeuslähmung (Zehenheber-Lähmung) links aus. Auch im Ärztlichen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 19.11.2009 wird lediglich eine partielle Peronaeus-Parese diagnostiziert. Dabei wird im Entlassungsbericht vom 19.11.2009, mit Ausnahme eine Kraftgradminderung der Fuß- und Zehenheber links (Kraftgrad 4/5), die sich im Verlauf der Rehabilitation gebessert hat (Fußheber links 5/5, Zehenheber links 4,5/5), sowie einer leichten Hypästhesie im linken Becken/Gesäß-Bereich sowie im Außenbereich des linken Knies und Unterschenkels kein krankhafter neurologischer Befund beschrieben. Ein vollständiger Nervenausfall, der nach den VG Teil B 18.14 einen Teil GdB von 20 bzw. 30 rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Es kann allenfalls von einer Teilschädigung mit nur geringen neurologischen Auswirkungen ausgegangen werden, die zu keiner Anhebung des bereits berücksichtigt Teil-GdB von 20 führt.
Eine Verschlimmerung der funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden ist nicht ersichtlich. Die im Entlassungsbericht vom 19.11.2009 beschriebenen Aufnahmebefunde der Rumpfwirbelsäule (insbesondere Seitneigung 20-0-20°, Rotation 20-0-20°, Finger-Boden-Abstand Patellamitte), worauf sich die Klägerin im Berufungsverfahren berufen hat, mit schmerzfrei freier Beweglichkeit der Halswirbelsäule sind kurz nach der am 11.09.2009 durchgeführten Operation der Lendenwirbelsäule erhoben worden und können damit nicht als dauerhafte Befunde herangezogen werden, zumal nach dem beschriebenen Entlassungsbefund der Rumpfwirbelsäule durch die Reha-Maßnahmen eine deutliche Besserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit festzustellen ist (Seitneigung 25-0-25°, Rotation 50-0-50°, Finger-Boden-Abstand 20cm). Dem entspricht auch die Bewertung des behandelnden Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Schu. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 04.07.2011, der die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes (Dr. La. vom 07.02.2007) geteilt sowie in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 24.10.2013 einen in etwa stabil gebliebenen Gesundheitszustand der Klägerin bestätigt und eine Verschlechterung verneint hat. Dabei geht Dr. Schu. von einer mittelgradigen Störung der Lendenwirbelsäule aus, die nach den VG Teil B 18.9 mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist.
Dass hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem Teil-GdB von 20 sonst berücksichtigten Gesundheitsstörungen der Klägerin (Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operierter Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation und Divertikulitis) eine wesentliche Änderung eingetreten ist, lässt sich den Angaben der schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte sowie den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Entsprechendes gilt für sonstige Gesundheitsstörungen der Klägerin mit funktionellen Auswirkungen.
Damit ist bei der Klägerin (weiterhin) von einem Gesamt-GdB von 40 seit dem 18.12.2009 auszugehen. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend sind die mit einem Teil-GdB von jeweils 20 zu bewertenden Wirbelsäulenschäden und Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operierter Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperationen und Divertikulitis sowie die seelische Störung bei der Bildung des Gesamt-GdB mit 40 zu berücksichtigen. Die mit einem Teil-GdB von 10 bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin erhöhen den Gesamt-GdB nicht. Damit ist im Vergleich zu dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Gesundheitszustand der Klägerin keine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) eingetreten, die die Neufeststellung eines höheren GdB rechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. Ri. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011, der den Gesamt-GdB mit 50 angenommen hat, kann nicht gefolgt werden. Dr. Ri. zeigt keine neuen Gesichtspunkte auf, die abweichend von dem oben Ausgeführten seine Bewertung nachvollziehbar und plausibel macht.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der Sachverhalt durch die im Verwaltungsverfahren sowie im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der 1954 geborenen Klägerin stellte des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 wegen Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operiertem Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Divertikulitis und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskulären Verspannungen, Nervenwurzelreizerscheinungen und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 20) sowie einer seelischen Störung, Depression, Kopfschmerzsyndrom und psychovegetativen Störungen (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 18.12.2009 beantragte die Klägerin beim Landratsamt B. - Versorgungsamt in S. - (VA) die Neufeststellung eines höheren GdB. Das VA zog medizinische Befundunterlagen bei (vorläufiger Arztbrief des Klinikums S. vom 17.09.2009, Diagnosen: Bandscheibenvorfall L4/5, Laktose-Intoleranz; Ärztlicher Entlassungsbericht Fachklinik S. vom 19.11.2009 über eine stationäre Reha-Maßnahme vom 22.09.2009 bis 13.10.2009, Diagnosen: Zustand nach Nukleotomie und Sequestrektomie L4/5 am 11.09.2009, Bandscheibenvorfall L4/5 mit Radikulopathie, partielle Peronaeus-Parese, mittelgradige Episode bei rezidivierendem depressivem Schubleiden; Befundangaben Dr. Si. vom 08.01.2010 mit Vorlage von Ton- und Sprachaudiogrammen vom 21.04.2008). In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes, Dr. La. , vom 07.02.2010, wurde unter Übernahme der bisherigen Teil-GdB-Werte und unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Schwerhörigkeit (Teil-GdB 10) der Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorgeschlagen. Mit Bescheid vom 10.02.2010 entsprach das VA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht.
Gegen den Bescheid vom 10.02.2010 legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 10.03.2010 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 03.01.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG).
Das SG hörte von der Klägerin benannte behandelnde Ärzte unter Bekanntgabe der gutachtlichen Stellungnahme des Dr. La. vom 07.02.2010 schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ge. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.04.2011 eine einmalige Behandlung der Klägerin am 27.01.2011 mit. Er stimmte der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ri. teilte in seiner Stellungnahme vom 26.05.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fi. vom 26.01.2009) den Behandlungsverlauf mit. Die orthopädischen und psychiatrischen Gegebenheiten seien als schwergradig einzustufen. Er schloss sich der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens und der seelischen Störung nicht an und schätzte den GdB auf 50 ein. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. Schu. teilte in seiner Stellungnahme vom 04.07.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Bericht des K. Hospitals S. vom 17.09.2009) den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Die Lendenwirbelsäule sei mittelgradig betroffen. Eine Erkrankung der Schultergelenke sei nicht bekannt. Er teilte die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten.
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Fr. vom 14.10.2011 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte in den Entscheidungsgründen aus, im Vergleich zum letzten bestandskräftigen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2009 sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mit einem GdB von 40 ausreichend bewertet. Dr. Ge. und Dr. Schu. hätten die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten bestätigt. Hinsichtlich eines Karpaltunnel-Syndroms links sei eine entsprechende Therapie eingeleitet, eine dauernde Verschlechterung damit nicht nachgewiesen. Die von Dr. Ri. mitgeteilten objektiv klinischen Befunde trügen seine Bewertung des GdB von 50 nicht. Die Klägerin befinde sich wegen ihrer seelischen Störung nicht in fachärztlicher Behandlung, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die seelische Leiden der Klägerin über eine leichtere psychische Störung hinausgingen. Weitere Gesundheitsstörungen, als vom Beklagten bereits berücksichtigt, seien von der Klägerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach Würdigung aller Umstände komme bei der Klägerin kein höherer Gesamt-GdB als 40 in Betracht.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 28.09.2012 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe die Zeugenaussage des Dr. Ri. zu Unrecht als nicht aussagekräftig gewertet. Nach den auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik S. vom 16.11.2011 gestützten Angaben von Dr. Ri. lägen nicht lediglich Nervenwurzelreizerscheinungen, sondern eine nachhaltige Schädigung der peripheren Nerven im Sinne einer nachhaltig stattgehabten Peronaeuslähmung links vor. Im Entlassungsbericht fänden sich konkrete Bewegungsmaße. Darüber hinaus werde im Entlassungsbericht eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert, die auch dem beigefügten Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Fi. vom 26.01.2009 zu entnehmen sei. Zwischenzeitlich befinde sie sich wegen eines Schmerzsyndroms in schmerztherapeutischer Behandlung. Die Diagnose einer Fibromyalgie sei gestellt worden. Die Klägerin hat hierzu den Befundbericht der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Dr. E. /Dr. We. vom 31.03.2012 vorgelegt. Darüber hinaus sei nunmehr auch eine starke Arthrose festgestellt worden. Hierzu hat die Klägerin den Befundbericht des Dr. Schu. vom 19.04.2012 mit Ergebnisbogen einer Osteodensitometrie vom 06.09.2012 (Diagnose: primäre postmenopausale Osteoporose mit hohem Frakturrisiko) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. August 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 seit dem 18. Dezember 2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die bekannte somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgie) sei bereits im Tenor der psycho-vegetativen Störungen subsummiert und könne ebenso wie die Osteoporose aufgrund ihres Ausmaßes nicht zu einer Höherbewertung des GdB von 40 führen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Re. vom 07.01.2013 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Schu. sowie Dr. Schi. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Schu. hat in seiner Stellungnahme vom 24.10.2013 mitgeteilt, der Gesundheitszustand der Klägerin sei stabil geblieben. Es sei weder eine Verschlechterung noch eine wesentliche Besserung eingetreten. Der Allgemeinmediziner Dr. Schi. hat am 19.04.2013 beim Landessozialgericht eingehend den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mitgeteilt.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.01.2014 erörtert worden. Die Beteiligten haben im Termin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Auf die Niederschrift vom 31.01.2014 wird verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 10.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.12.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Eine wesentliche Verschlimmerung ist im Vergleich mit dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Behinderungszustand der Klägerin nicht eingetreten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Hiervon ausgehend steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB als 40 seit dem 18.12.2009 nicht zu.
Im Vergleich mit dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Behinderungszustandes der Klägerin ist nach dem Befundbericht von Dr. Si. eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit der Klägerin, die mit einer Hörhilfe ausgeglichen wird, neu hinzugetreten. Nach dem hierzu vorgelegten Sprachaudiogramm ist diese Hörstörung der Kläger nach den VG Teil B Teil B 5.2.1, 5.2.4 mit einem Teil-GdB von allenfalls 10 zu bewerten, wovon der Versorgungsarzt Dr. La. in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 07.02.2010 für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeht. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Hiergegen hat die Klägerin auch keine Einwendungen erhoben.
Weiter wurde bei der Klägerin als neu hinzugetretene Gesundheitsstörung eine primäre postmenopausale Osteoporose mit hohem Frakturrisiko diagnostiziert (Ergebnisbogen einer Osteodensitometrie der Hüfte und Lendenwirbelsäule vom 06.09.2012 und 22.09.2012 des Dr. Schu. ). Nach den VG Teil B 18.1 ist bei ausgeprägten osteopenischen Krankheiten (z. B. Osteoporose, Osteopenie bei hormonellen Störungen, gastrointestinalen Resorptionsstörungen, Nierenschäden) der GdB vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB. Dass bei der Klägerin durch die diagnostizierte Osteoporose (gesondert) zu berücksichtige Funktionsbeeinträchtigung und/oder Schmerzen hervorgerufen werden, lässt sich den im Verfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sowie den sonstigen zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Ein Teil-GdB von wenigstens 10 durch die Osteoporose ist damit nicht anzunehmen.
Eine wesentliche Änderung der mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten seelischen Störung der Klägerin (einschließlich des Kopfschmerzsyndroms) liegt nicht vor. Zwar ist bei der Klägerin als neue Gesundheitsstörungen das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms diagnostiziert worden, wie die Klägerin durch die Vorlage des Befundberichtes von Dr. E. /Dr. We. vom 31.03.2012 belegt hat, was auch Dr. Schi. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 19.04.2013 bestätigt hat. Die Auswirkungen einer Fibromyalgie sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 27.01.2012 - L 8 SB 768/11 - und 22.03.2013 - L 8 SB 4625/11 -), entsprechend den Maßstäben der VG (wie früher der AHP) für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten. Die durch Nr. 2 d) der Ersten Verordnung zur Änderung der VG vom 01.03.2010 (BGBl. 2010, 249) geänderte Fassung der VG Teil B 18.4 führt zu keiner sachlichen Änderung, die Anlass gibt, von dieser ständigen Rechtsprechung des Senats abzuweichen. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ein GdB von 0 bis 20 und erst bei stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Hiervon ausgehend hält der Senat bei der Klägerin wegen der Schmerzstörung (Fibromyalgie) und ihrer seelischen Störung weiterhin einen Teil-GdB von 20 für ausreichend und angemessen. Nach dem von Dr. Ri. seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011 beigefügten Bericht von Dr. Fi. vom 26.01.2009 befand sich die Klägerin dort vom 18.06.2008 bis 24.11.2008 in Behandlung. Im Verlauf der Behandlung bestanden bis Oktober 2008 eine noch sehr wechselhafte Verstimmung, dann ist jedoch eine ausreichende Stabilisierung eingetreten. Danach befand sich die Klägerin nicht mehr in psychiatrischer Behandlung. Sie hat im Erörterungstermin am 31.01.2014 angegeben, in eine Psychotherapie habe sie sich nie begeben. Von Dr. G. sei sie neurologisch behandelt worden. Wegen der seelischen Störung sei sie nicht arbeitsunfähig gewesen. Nach dem Behandlungsabschluss bei Dr. Fi. hat damit eine ärztliche Behandlung wegen der seelischen Störung nicht mehr stattgefunden. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -, veröffentlicht in juris und im Internet: sozialgerichtsbarkeit.de) kann bei einer fehlenden ärztlichen Behandlung in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass ein diagnostiziertes seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung (GdB 0 bis 20) hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze (GdB 30 bis 40) darstellt. Ein entsprechender Leidensdruck der Klägerin, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten ist, findet sich - zum vorliegend maßgeblichen Beurteilungszeitraum seit 18.12.2009 - nicht. Vielmehr hat die Klägerin im Erörterungstermin am 31.01.2014 als Grund der nicht erfolgten ärztlichen Behandlung der seelischen Störung angegeben, sich nicht getraut zu haben. Dies verdeutlicht, dass die Klägerin ihre Probleme als nicht so gravierend beurteilt, dass sie sie nicht selbst bewältigen kann. Gegen das Vorliegen einer stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht auch der im ärztlichen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 19.11.2009 beschriebene psychiatrische Befund. Danach war die Klägerin bewusstseinsklar, allzeit orientiert mit freundlichem Kontaktverhalten, angespannt und nervös wirkend bei alogophober Vermeidensreaktion im Rahmen der Untersuchung und spezifischer Thematik bei emotionaler Stimmungsreaktion mit Verschiebung zum subdepressiven Pol, wobei die Klägerin trotz der Beschwerdesituation jedoch über eine selbständige Bewältigung der alltäglichen Aktivitäten berichtet hat. Eine wesentliche Änderung der seelischen Störung der Klägerin, die nunmehr einen Teil-GdB von über 20 rechtfertigt, ist damit nicht belegt. Dem entspricht auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. Ge. vom 21.04.2011, der die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes, Dr. La. vom 07.02.2010, geteilt hat.
Auch hinsichtlich des mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Wirbelsäulenleidens ist eine wesentliche Änderung, die einen höheren Teil-GdB rechtfertigt, nicht eingetreten. Eine nachhaltige Schädigung der peripheren Nerven im Sinne einer nachhaltig stattgehabten Peronaeuslähmung links, wie die Klägerin im Berufungsverfahren unter Bezug auf die Angaben von Dr. Ri. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011 geltend macht, ist nicht belegt. Nach dem Bericht des K. Hospitals S. vom 17.09.2009 hinterließ eine am 11.09.2009 durchgeführte Nukleotomie und Sequestrektomie L4/5 links nach dem beschriebenen Entlassungsbefund kein neurologisches Defizit. Dr. Ri. geht in seiner Zeugenaussage von einer stattgehabten teilweisen Peronaeuslähmung (Zehenheber-Lähmung) links aus. Auch im Ärztlichen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 19.11.2009 wird lediglich eine partielle Peronaeus-Parese diagnostiziert. Dabei wird im Entlassungsbericht vom 19.11.2009, mit Ausnahme eine Kraftgradminderung der Fuß- und Zehenheber links (Kraftgrad 4/5), die sich im Verlauf der Rehabilitation gebessert hat (Fußheber links 5/5, Zehenheber links 4,5/5), sowie einer leichten Hypästhesie im linken Becken/Gesäß-Bereich sowie im Außenbereich des linken Knies und Unterschenkels kein krankhafter neurologischer Befund beschrieben. Ein vollständiger Nervenausfall, der nach den VG Teil B 18.14 einen Teil GdB von 20 bzw. 30 rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Es kann allenfalls von einer Teilschädigung mit nur geringen neurologischen Auswirkungen ausgegangen werden, die zu keiner Anhebung des bereits berücksichtigt Teil-GdB von 20 führt.
Eine Verschlimmerung der funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden ist nicht ersichtlich. Die im Entlassungsbericht vom 19.11.2009 beschriebenen Aufnahmebefunde der Rumpfwirbelsäule (insbesondere Seitneigung 20-0-20°, Rotation 20-0-20°, Finger-Boden-Abstand Patellamitte), worauf sich die Klägerin im Berufungsverfahren berufen hat, mit schmerzfrei freier Beweglichkeit der Halswirbelsäule sind kurz nach der am 11.09.2009 durchgeführten Operation der Lendenwirbelsäule erhoben worden und können damit nicht als dauerhafte Befunde herangezogen werden, zumal nach dem beschriebenen Entlassungsbefund der Rumpfwirbelsäule durch die Reha-Maßnahmen eine deutliche Besserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit festzustellen ist (Seitneigung 25-0-25°, Rotation 50-0-50°, Finger-Boden-Abstand 20cm). Dem entspricht auch die Bewertung des behandelnden Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Schu. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 04.07.2011, der die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes (Dr. La. vom 07.02.2007) geteilt sowie in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 24.10.2013 einen in etwa stabil gebliebenen Gesundheitszustand der Klägerin bestätigt und eine Verschlechterung verneint hat. Dabei geht Dr. Schu. von einer mittelgradigen Störung der Lendenwirbelsäule aus, die nach den VG Teil B 18.9 mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist.
Dass hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem Teil-GdB von 20 sonst berücksichtigten Gesundheitsstörungen der Klägerin (Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operierter Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation und Divertikulitis) eine wesentliche Änderung eingetreten ist, lässt sich den Angaben der schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte sowie den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Entsprechendes gilt für sonstige Gesundheitsstörungen der Klägerin mit funktionellen Auswirkungen.
Damit ist bei der Klägerin (weiterhin) von einem Gesamt-GdB von 40 seit dem 18.12.2009 auszugehen. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend sind die mit einem Teil-GdB von jeweils 20 zu bewertenden Wirbelsäulenschäden und Verlust der Gebärmutter, Scheidensenkung, operierter Mastdarmvorfall, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperationen und Divertikulitis sowie die seelische Störung bei der Bildung des Gesamt-GdB mit 40 zu berücksichtigen. Die mit einem Teil-GdB von 10 bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin erhöhen den Gesamt-GdB nicht. Damit ist im Vergleich zu dem im Widerspruchsbescheid vom 21.09.2009 mit einem GdB von 40 berücksichtigten Gesundheitszustand der Klägerin keine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) eingetreten, die die Neufeststellung eines höheren GdB rechtfertigt. Der abweichenden Bewertung von Dr. Ri. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 26.05.2011, der den Gesamt-GdB mit 50 angenommen hat, kann nicht gefolgt werden. Dr. Ri. zeigt keine neuen Gesichtspunkte auf, die abweichend von dem oben Ausgeführten seine Bewertung nachvollziehbar und plausibel macht.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der Sachverhalt durch die im Verwaltungsverfahren sowie im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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