Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 5226/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2222/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs.
Der am 08. Juni 1952 geborene Kläger bezog vom Beklagen Arbeitslosengeld II bis 30. Juni 2009 unter Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs in Höhe von 35,79 EUR monatlich. Der Kläger hatte ein ärztliches Attest des Dr. H. vom 26. November 2004 sowie ein gleichlautendes vom 18. Februar 2005 vorgelegt. Wegen Hyperlipidämien sei eine lipidsenkende Kost erforderlich. Der Arzt kreuzte noch die Rubrik "chronische Magen-, Leber-, Gallenwegs-, Bauchspeicheldrüsen- und Darmerkrankung" an, ohne die zugehörige Vollkost als erforderlich zu bezeichnen. Darüber hinaus hielt der behandelnde Internist eine purinreduzierte Kost für erforderlich, ohne jedoch die dazugehörige Erkrankung Hyperurikämie, Gicht anzukreuzen.
Unter dem 19. Mai 2009 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 20. Mai 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen von Juli 2009 bis Dezember 2009 in Höhe von 716,37 EUR monatlich. Darin enthalten waren der Regelbedarf in Höhe von 351 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 365,37 EUR. Der bisher gezahlte krankheitsbedingte Mehrbedarf für Ernährung wurde nicht mehr bewilligt. Nach neueren medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen sei nicht mehr von einem erhöhten Ernährungsbedarf auszugehen (Hinweis auf die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1. Oktober 2008). Am 2. Juni 2009 legte der Kläger die neue Abrechnung des Vermieters vom 29. Mai 2009 vor. Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 3. Juni 2009 den Bescheid vom 20. Mai 2009 ab und bewilligte monatlich 715,97 EUR. Zum Regelbedarf in Höhe von 351 EUR bewilligte der Beklagte 364,97 EUR für die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Unter dem 11. November 2009 beantragte der Kläger erneut die Weiterbewilligung der Leistungen. Mit Bescheid vom 12. November 2009 bewilligte der Beklagte von Januar 2010 bis Juni 2010 723,81 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte der Beklagte 364,81 EUR für die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Der Kläger beantragte unter dem 19. Februar 2010 die Befreiung von der Zuzahlung in Höhe von 43,08 EUR sowie die Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs für Ernährung. Aktenkundig war eine ärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 25. Juni 2009. Dr. K. attestierte dem Kläger eine chronische Magen- Leber-, Gallenwegs-, Pankreas- und Darmerkrankung sowie eine Hyperlipidämie und hielt eine lipidsenkende sowie eine purinreduzierende Kost für erforderlich. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 22. Februar 2010 abgelehnt. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Aktenkundig wurde die ärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 2. März 2010, nach der der Kläger unter einer Hypercholesterinämie, Hypertonie, Colon irritabile und COPD leidet. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2010 zurückgewiesen. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hob auf Klage diesen Bescheid mit Urteil vom 08. November 2010 (S 5 AS 1071/10) auf, da der krankheitsbedingte Ernährungsmehrbedarf nicht eigenständiger Streitgegenstand sein könne.
Unter dem 17. Mai 2010 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Leistungen. Mit Bescheid vom 18. Mai 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 724,13 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte der Beklagte 365,13 EUR monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung. Unter dem 1. Juni 2010 beantragte der Kläger unter Vorlage einer neuen Bescheinigung des Vermieters die Übernahme der Kosten. Mit Bescheid vom 2. Juni 2010 übernahm der Beklagte die Nachzahlung in voller Höhe von 569,14 EUR und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 2. Juni 2010 Leistungen von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 768,13 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte er Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 409,13 EUR.
Am 11. November 2010 beantragte der rechtskundig vertretene Kläger unter Hinweis auf das stattgebende Urteil des SG, über den Bescheid vom 2. Juni 2010 und über die aufgehobene Bescheide gemäß § 44 SGB X neu zu entscheiden, insbesondere betreffend der ihm zustehenden höheren Leistungen wegen der kostenaufwändigen Ernährung. Mit Bescheid vom 16. November 2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Bescheide vom 3. Juni 2009, 12. November 2009, 22. Februar 2010, 18. Mai 2010 und 2. Juni 2010 ab. Die Bescheide seien rechtmäßig, insbesondere stehe kein Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung zu. Am 25. November 2010 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2010 zurückgewiesen wurde.
Am 10. Dezember 2010 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und einen krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarf in Höhe von 40 EUR monatlich geltend gemacht. Es habe sich eine Neuerung ergeben. Durch Untersuchungen sei ein Tumor am Hals in fortgeschrittenem Stadium festgestellt worden, der Folgegeschwulst eines Krebses sei, der wohl in der Leber oder in der Lunge liege. Außerdem habe Dr. Sch. eine Abnahme der Lungenleistung um ca. 15 % festgestellt. Bei ihm liege wohl auch eine komplexe Arterienverkalkung vor. Der Kläger hat ein Verordnungsplan des Dr. Sch., Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, vom 22. Februar 2011 vorgelegt.
Mit Urteil vom 9. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sowohl wegen der Hyperlipidämie als auch wegen der Hypertonie lediglich eine Vollkost angezeigt sei, die nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins mit keinen Mehrkosten verbunden sei. Bei einer Ernährung mittels Vollkost erübrige sich eine spezielle lipidsenkende oder purinreduzierte Kost.
Gegen das dem Kläger am 21. Mai 2011 zugestellte Urteil hat er am 25. Mai 2011 Berufung eingelegt und einen vorläufigen Entlassbrief der St. V.-Kliniken K., Orthopädische Klinik, vom 15. Mai 2013 vorgelegt, wonach der Kläger nach kurzer intensiver Schmerztherapie wegen lumbaler Schmerzen wieder entlassen werden konnte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2010 zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Mai 2009 in der Fassung des Bescheides vom 3. Juni 2009, den Bescheid vom 12. November 2009 und den Bescheid vom 18. Mai 2010 in der Fassung des Bescheides vom 2. Juni 2010 teilweise zurückzunehmen und ihm für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2010 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 40 EUR pro Monat zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. K. vom 29. September 2013. Dr. K. hat über die gestellten Diagnosen in den Jahren 2009 und 2010 berichtet. Seines Erachtens sei eine fettarme, cholesterinarme und natriumdefinierte Diät notwendig. Kosten für einen Mehrbedarf seien in Höhe von ca. 1,50 EUR täglich begründbar. Eine genaue Beurteilung sei ihm jedoch nicht möglich; soweit er wisse, lägen hierzu keine verlässlichen Studiendaten vor.
Der Senat hat vom Oberarzt des Städtischen Klinikums Karlsruhe Dr. , Diabethologie, Ernährungsmedizin (DGEM), das Gutachten vom 16. Dezember 2013 eingeholt. Aufgrund einer Untersuchung am 11. Dezember 2013 hat der gerichtliche Sachverständige eine Hypertonie, eine Hypercholesterinämie, eine COPD, Schlafstörungen, Colon irritabile, akute Sinubronchitis, Tracheobronchitis, vegetative Kreislaufstörung, Kopfschmerzen, akutes LWS-Syndrom, Psychasthenie, Pharyngotracheitis, ein exogen allergisches Asthma bronchiale, GINA I-II sowie eine Pollinosis diagnostiziert. Hinweise für eine Krebserkrankung hätten sich weder aus den Unterlagen noch aus den durchgeführten Untersuchungen ergeben. Bei einigen der Erkrankungen würden Ehrnährungsweisen empfohlen, die ein besonderes Augenmerk auf unterschiedliche Gesichtspunkte in der Ernährung legen. Bei der Hypercholesterinämie würden mehrere Lebensstilmaßnahmen empfohlen. Eine der Maßnahmen sei dabei die Ernährung. In Bezug auf die Ernährung sollte der Fettanteil in der täglichen Nährstoffzufuhr unter 30 % liegen. Dies mit weniger als 300 mg Cholesterin pro Tag und unter 10 % gesättigter Fettsäuren. In Bezug auf die arterielle Hypertonie sei eine salzarme Ernährung anzustreben, allerdings sei der Effekt auf den Blutdruck äußerst gering. Des weiteren sei zu beachten, dass der Großteil des Salzes in bereits verarbeiteten Lebensmitteln stecke. Auch hier sei eine Normalisierung des Körpergewichts und Bewegung empfohlen. Bezüglich des Asthmas gebe es keine speziellen Ernährungsempfehlungen (Hinweis auf die nationale Versorgungsleitlinie Asthma). Es gebe zwar Vermutungen über Kreuzreaktionen, d.h. ein Nahrungsmittel könne auch ein Asthmaanfall fördern, es gebe hierfür aber keine wissenschaftlichen Belege. Der Kläger könne eine solche Reaktion auch nicht benennen. Ein Grund für eine purinreduzierte Kost gebe es nicht, da der Kläger normale Harnsäurewerte gezeigt habe. Die empfohlene Ernährung sei eine Ernährung, die auch einem gesunden Menschen empfohlen werde. Insbesondere die Auswahl frischer, unverarbeiteter Lebensmittel führe normalerweise zu einer Kost mit weniger Salz und auch weniger Fetten bzw. vorwiegend einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Insofern sei den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge nicht zu widersprechen. Demnach bestehe kein Mehrbedarf wegen einer krankheitsbedingt erforderlichen besonderen Ernährung. Beigefügt ist der Laborbericht vom 11. Dezember 2013, der Bericht der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis Karlstraße vom 7. Januar 2011 sowie der Bericht über eine Duplexsonographie vom 11. Dezember 2013.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und auch statthaft. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Berufung stets statthaft, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Der Überprüfungsantrag des rechtskundig vertretenen Klägers bezog sich zum Einen auf den Bescheid vom 2. Juni 2010, der den Zeitraum von Juli 2010 bis Dezember 2010 betraf, und zum Anderen auf den - aufgehobenen - Bescheid vom 22. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010, der den am 19. Februar 2010 gestellten Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfes abgelehnt hat. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob dieser Antrag vernünftigerweise so auszulegen ist, dass nur der laufende Bewilligungsabschnitt zur Prüfung gestellt wurde (siehe BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 49/10 R, veröffentlicht in juris, Rn. 14). Denn der Beklagte hat unabhängig vom Überprüfungsantrag auch die Überprüfung des Bescheides vom 3. Juni 2009 vorgenommen, so dass auch der Bewilligungsabschnitt von Juli 2009 bis Dezember 2009 einbezogen wurde. Damit hat der Kläger in nicht zu beanstandender Weise den Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2010 zum Gegenstand des Klageverfahrens - und Berufungsverfahrens - gemacht, weshalb die Berufung ohne Zulassung statthaft ist.
Streitgegenstand des Klageverfahrens sind der Regelbedarf und andere Mehrbedarfe von Juli 2009 bis Dezember 2010. Nicht Streitgegenstand sind die Kosten der Unterkunft und Heizung, die ein abtrennbarer Streitgegenstand sind und vom Kläger im Klageverfahren nicht geltend gemacht worden sind. Der Kläger hat keinen derartigen höheren Bedarf als ihm von dem Beklagten bewilligt worden ist.
Dem Kläger wurde der gesetzlich vorgesehene Regelbedarf bewilligt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, veröffentlicht in juris) die Regelung zwar für unvereinbar erklärt, dem Gesetzgeber aber eine Frist bis 31. Dezember 2010 eingeräumt, eine verfassungskonforme Regelung ohne Rückwirkung zu treffen, weshalb der hier streitgegenständliche Zeitraum vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht betroffen ist. Da es für den vom Kläger geltend gemachten Mehrbedarf wegen einer kostenaufwändigen Ernährung eine Rechtsgrundlage gibt (§ 21 Abs. 5 SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung), bedarf es auch keines Rückgriffes auf die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Generalklausel, nach der ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger, besonderer Bedarf zu berücksichtigen ist. Dem Kläger steht ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht zu. Gemäß § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändige Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Kläger ist zwar erwerbsfähig und hilfebedürftig, er erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen des § 7 SGB II, er bedarf aber keiner kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen. Der gerichtliche Sachverständige Dr. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar im Gutachten vom 16. Dezember 2013 dargelegt, dass der Kläger einen solchen Bedarf nicht hat. Da der Kläger normale Harnsäurewerte gezeigt hat, ist eine purinreduzierte Kost nicht erforderlich. Auch haben sich die vom Kläger vorgetragene Hinweise für eine Krebserkrankung nicht bestätigen lassen. Im radiologischen Bericht der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis Karlstraße vom 7. Januar 2011 ist ein Hinweis auf eine Halszyste oder Malignom gerade nicht erhoben worden. Auch die durchgeführten Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen haben keine solchen Hinweise ergeben. Bei den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ist nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen lediglich bei der Hypercholesterinämie, bei der arteriellen Hypertonie sowie bezüglich des Asthmas ein besonderes Augenmerk auf die Ernährung zu legen. Bei der Hypercholesterinämie sollte der Fettanteil in der täglichen Nährzufuhr unter 30 % liegen. Dies mit weniger als 300 mg Cholesterin pro Tag und unter 10 % gesättigter Fettsäuren. In Bezug auf die arterielle Hypertonie ist eine salzarme Ernährung anzustreben, allerdings ist der Effekt äußerst gering. Bezüglich des Asthmas gibt es zwar Vermutungen über Kreuzreaktionen, d.h. ein Nahrungsmittel könnte auch einen Asthmaanfall fördern; es gibt hierfür aber keine wissenschaftlichen Belege. Zudem konnte der Kläger eine solche Beobachtung auch nicht mitteilen. Die durch die Erkrankungen empfohlene Ernährung ist nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen aber auch eine Ernährung, die einem gesunden Menschen empfohlen werden kann. Insbesondere die Auswahl frischer, unverarbeiteter Lebensmittel führt normalerweise zu einer Kost mit weniger Salz und auch weniger Fetten bzw. vorwiegend einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der gerichtliche Sachverständige hat sich damit den ihm zur Verfügung gestellten Empfehlungen des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge angeschlossen und einen erhöhten Kostenaufwand beim Kläger aufgrund einer Erkrankung verneint. Nicht folgen konnte der Senat der Beurteilung des Dr. K. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 29. September 2013, soweit er einen Mehrbedarf von ca. 1,50 EUR täglich für begründbar hält. Denn Dr. K. weist selbst darauf hin, dass ihm eine genaue Beurteilung nicht möglich ist. Zudem hat er angegeben, dass ihm keine verlässlichen Studiendaten vorliegen, die seine Auffassung begründen. Die aktenkundigen Bescheinigungen des Dr. H. und Dr. K. sind nicht nachvollziehbar, da darin keine Begründung gegeben wird. Aus dem vorgelegten Verordnungsplan des Dr. Sch. und aus dem vorläufigen Entlassbrief der Orthopädischen Klinik der St. V.- Kliniken vom 15. Mai 2013 ergibt sich für einen krankheitsbedingten Ernährungsmehraufwand nichts.
Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum auch kein anderer Mehrbedarf zu. Weder wurde ein solcher geltend gemacht noch ist ein solcher ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klage im Ergebnis erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs.
Der am 08. Juni 1952 geborene Kläger bezog vom Beklagen Arbeitslosengeld II bis 30. Juni 2009 unter Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfs in Höhe von 35,79 EUR monatlich. Der Kläger hatte ein ärztliches Attest des Dr. H. vom 26. November 2004 sowie ein gleichlautendes vom 18. Februar 2005 vorgelegt. Wegen Hyperlipidämien sei eine lipidsenkende Kost erforderlich. Der Arzt kreuzte noch die Rubrik "chronische Magen-, Leber-, Gallenwegs-, Bauchspeicheldrüsen- und Darmerkrankung" an, ohne die zugehörige Vollkost als erforderlich zu bezeichnen. Darüber hinaus hielt der behandelnde Internist eine purinreduzierte Kost für erforderlich, ohne jedoch die dazugehörige Erkrankung Hyperurikämie, Gicht anzukreuzen.
Unter dem 19. Mai 2009 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 20. Mai 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen von Juli 2009 bis Dezember 2009 in Höhe von 716,37 EUR monatlich. Darin enthalten waren der Regelbedarf in Höhe von 351 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 365,37 EUR. Der bisher gezahlte krankheitsbedingte Mehrbedarf für Ernährung wurde nicht mehr bewilligt. Nach neueren medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen sei nicht mehr von einem erhöhten Ernährungsbedarf auszugehen (Hinweis auf die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1. Oktober 2008). Am 2. Juni 2009 legte der Kläger die neue Abrechnung des Vermieters vom 29. Mai 2009 vor. Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 3. Juni 2009 den Bescheid vom 20. Mai 2009 ab und bewilligte monatlich 715,97 EUR. Zum Regelbedarf in Höhe von 351 EUR bewilligte der Beklagte 364,97 EUR für die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Unter dem 11. November 2009 beantragte der Kläger erneut die Weiterbewilligung der Leistungen. Mit Bescheid vom 12. November 2009 bewilligte der Beklagte von Januar 2010 bis Juni 2010 723,81 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte der Beklagte 364,81 EUR für die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Der Kläger beantragte unter dem 19. Februar 2010 die Befreiung von der Zuzahlung in Höhe von 43,08 EUR sowie die Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs für Ernährung. Aktenkundig war eine ärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 25. Juni 2009. Dr. K. attestierte dem Kläger eine chronische Magen- Leber-, Gallenwegs-, Pankreas- und Darmerkrankung sowie eine Hyperlipidämie und hielt eine lipidsenkende sowie eine purinreduzierende Kost für erforderlich. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 22. Februar 2010 abgelehnt. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch. Aktenkundig wurde die ärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 2. März 2010, nach der der Kläger unter einer Hypercholesterinämie, Hypertonie, Colon irritabile und COPD leidet. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2010 zurückgewiesen. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hob auf Klage diesen Bescheid mit Urteil vom 08. November 2010 (S 5 AS 1071/10) auf, da der krankheitsbedingte Ernährungsmehrbedarf nicht eigenständiger Streitgegenstand sein könne.
Unter dem 17. Mai 2010 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Leistungen. Mit Bescheid vom 18. Mai 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 724,13 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte der Beklagte 365,13 EUR monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung. Unter dem 1. Juni 2010 beantragte der Kläger unter Vorlage einer neuen Bescheinigung des Vermieters die Übernahme der Kosten. Mit Bescheid vom 2. Juni 2010 übernahm der Beklagte die Nachzahlung in voller Höhe von 569,14 EUR und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 2. Juni 2010 Leistungen von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 768,13 EUR monatlich. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 359 EUR bewilligte er Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 409,13 EUR.
Am 11. November 2010 beantragte der rechtskundig vertretene Kläger unter Hinweis auf das stattgebende Urteil des SG, über den Bescheid vom 2. Juni 2010 und über die aufgehobene Bescheide gemäß § 44 SGB X neu zu entscheiden, insbesondere betreffend der ihm zustehenden höheren Leistungen wegen der kostenaufwändigen Ernährung. Mit Bescheid vom 16. November 2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Bescheide vom 3. Juni 2009, 12. November 2009, 22. Februar 2010, 18. Mai 2010 und 2. Juni 2010 ab. Die Bescheide seien rechtmäßig, insbesondere stehe kein Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung zu. Am 25. November 2010 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2010 zurückgewiesen wurde.
Am 10. Dezember 2010 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und einen krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarf in Höhe von 40 EUR monatlich geltend gemacht. Es habe sich eine Neuerung ergeben. Durch Untersuchungen sei ein Tumor am Hals in fortgeschrittenem Stadium festgestellt worden, der Folgegeschwulst eines Krebses sei, der wohl in der Leber oder in der Lunge liege. Außerdem habe Dr. Sch. eine Abnahme der Lungenleistung um ca. 15 % festgestellt. Bei ihm liege wohl auch eine komplexe Arterienverkalkung vor. Der Kläger hat ein Verordnungsplan des Dr. Sch., Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, vom 22. Februar 2011 vorgelegt.
Mit Urteil vom 9. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sowohl wegen der Hyperlipidämie als auch wegen der Hypertonie lediglich eine Vollkost angezeigt sei, die nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins mit keinen Mehrkosten verbunden sei. Bei einer Ernährung mittels Vollkost erübrige sich eine spezielle lipidsenkende oder purinreduzierte Kost.
Gegen das dem Kläger am 21. Mai 2011 zugestellte Urteil hat er am 25. Mai 2011 Berufung eingelegt und einen vorläufigen Entlassbrief der St. V.-Kliniken K., Orthopädische Klinik, vom 15. Mai 2013 vorgelegt, wonach der Kläger nach kurzer intensiver Schmerztherapie wegen lumbaler Schmerzen wieder entlassen werden konnte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2010 zu verpflichten, den Bescheid vom 20. Mai 2009 in der Fassung des Bescheides vom 3. Juni 2009, den Bescheid vom 12. November 2009 und den Bescheid vom 18. Mai 2010 in der Fassung des Bescheides vom 2. Juni 2010 teilweise zurückzunehmen und ihm für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2010 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 40 EUR pro Monat zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. K. vom 29. September 2013. Dr. K. hat über die gestellten Diagnosen in den Jahren 2009 und 2010 berichtet. Seines Erachtens sei eine fettarme, cholesterinarme und natriumdefinierte Diät notwendig. Kosten für einen Mehrbedarf seien in Höhe von ca. 1,50 EUR täglich begründbar. Eine genaue Beurteilung sei ihm jedoch nicht möglich; soweit er wisse, lägen hierzu keine verlässlichen Studiendaten vor.
Der Senat hat vom Oberarzt des Städtischen Klinikums Karlsruhe Dr. , Diabethologie, Ernährungsmedizin (DGEM), das Gutachten vom 16. Dezember 2013 eingeholt. Aufgrund einer Untersuchung am 11. Dezember 2013 hat der gerichtliche Sachverständige eine Hypertonie, eine Hypercholesterinämie, eine COPD, Schlafstörungen, Colon irritabile, akute Sinubronchitis, Tracheobronchitis, vegetative Kreislaufstörung, Kopfschmerzen, akutes LWS-Syndrom, Psychasthenie, Pharyngotracheitis, ein exogen allergisches Asthma bronchiale, GINA I-II sowie eine Pollinosis diagnostiziert. Hinweise für eine Krebserkrankung hätten sich weder aus den Unterlagen noch aus den durchgeführten Untersuchungen ergeben. Bei einigen der Erkrankungen würden Ehrnährungsweisen empfohlen, die ein besonderes Augenmerk auf unterschiedliche Gesichtspunkte in der Ernährung legen. Bei der Hypercholesterinämie würden mehrere Lebensstilmaßnahmen empfohlen. Eine der Maßnahmen sei dabei die Ernährung. In Bezug auf die Ernährung sollte der Fettanteil in der täglichen Nährstoffzufuhr unter 30 % liegen. Dies mit weniger als 300 mg Cholesterin pro Tag und unter 10 % gesättigter Fettsäuren. In Bezug auf die arterielle Hypertonie sei eine salzarme Ernährung anzustreben, allerdings sei der Effekt auf den Blutdruck äußerst gering. Des weiteren sei zu beachten, dass der Großteil des Salzes in bereits verarbeiteten Lebensmitteln stecke. Auch hier sei eine Normalisierung des Körpergewichts und Bewegung empfohlen. Bezüglich des Asthmas gebe es keine speziellen Ernährungsempfehlungen (Hinweis auf die nationale Versorgungsleitlinie Asthma). Es gebe zwar Vermutungen über Kreuzreaktionen, d.h. ein Nahrungsmittel könne auch ein Asthmaanfall fördern, es gebe hierfür aber keine wissenschaftlichen Belege. Der Kläger könne eine solche Reaktion auch nicht benennen. Ein Grund für eine purinreduzierte Kost gebe es nicht, da der Kläger normale Harnsäurewerte gezeigt habe. Die empfohlene Ernährung sei eine Ernährung, die auch einem gesunden Menschen empfohlen werde. Insbesondere die Auswahl frischer, unverarbeiteter Lebensmittel führe normalerweise zu einer Kost mit weniger Salz und auch weniger Fetten bzw. vorwiegend einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Insofern sei den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge nicht zu widersprechen. Demnach bestehe kein Mehrbedarf wegen einer krankheitsbedingt erforderlichen besonderen Ernährung. Beigefügt ist der Laborbericht vom 11. Dezember 2013, der Bericht der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis Karlstraße vom 7. Januar 2011 sowie der Bericht über eine Duplexsonographie vom 11. Dezember 2013.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und auch statthaft. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Berufung stets statthaft, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Der Überprüfungsantrag des rechtskundig vertretenen Klägers bezog sich zum Einen auf den Bescheid vom 2. Juni 2010, der den Zeitraum von Juli 2010 bis Dezember 2010 betraf, und zum Anderen auf den - aufgehobenen - Bescheid vom 22. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010, der den am 19. Februar 2010 gestellten Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfes abgelehnt hat. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob dieser Antrag vernünftigerweise so auszulegen ist, dass nur der laufende Bewilligungsabschnitt zur Prüfung gestellt wurde (siehe BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 49/10 R, veröffentlicht in juris, Rn. 14). Denn der Beklagte hat unabhängig vom Überprüfungsantrag auch die Überprüfung des Bescheides vom 3. Juni 2009 vorgenommen, so dass auch der Bewilligungsabschnitt von Juli 2009 bis Dezember 2009 einbezogen wurde. Damit hat der Kläger in nicht zu beanstandender Weise den Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2010 zum Gegenstand des Klageverfahrens - und Berufungsverfahrens - gemacht, weshalb die Berufung ohne Zulassung statthaft ist.
Streitgegenstand des Klageverfahrens sind der Regelbedarf und andere Mehrbedarfe von Juli 2009 bis Dezember 2010. Nicht Streitgegenstand sind die Kosten der Unterkunft und Heizung, die ein abtrennbarer Streitgegenstand sind und vom Kläger im Klageverfahren nicht geltend gemacht worden sind. Der Kläger hat keinen derartigen höheren Bedarf als ihm von dem Beklagten bewilligt worden ist.
Dem Kläger wurde der gesetzlich vorgesehene Regelbedarf bewilligt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, veröffentlicht in juris) die Regelung zwar für unvereinbar erklärt, dem Gesetzgeber aber eine Frist bis 31. Dezember 2010 eingeräumt, eine verfassungskonforme Regelung ohne Rückwirkung zu treffen, weshalb der hier streitgegenständliche Zeitraum vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht betroffen ist. Da es für den vom Kläger geltend gemachten Mehrbedarf wegen einer kostenaufwändigen Ernährung eine Rechtsgrundlage gibt (§ 21 Abs. 5 SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung), bedarf es auch keines Rückgriffes auf die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Generalklausel, nach der ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger, besonderer Bedarf zu berücksichtigen ist. Dem Kläger steht ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht zu. Gemäß § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändige Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Kläger ist zwar erwerbsfähig und hilfebedürftig, er erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen des § 7 SGB II, er bedarf aber keiner kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen. Der gerichtliche Sachverständige Dr. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar im Gutachten vom 16. Dezember 2013 dargelegt, dass der Kläger einen solchen Bedarf nicht hat. Da der Kläger normale Harnsäurewerte gezeigt hat, ist eine purinreduzierte Kost nicht erforderlich. Auch haben sich die vom Kläger vorgetragene Hinweise für eine Krebserkrankung nicht bestätigen lassen. Im radiologischen Bericht der Diagnostischen Gemeinschaftspraxis Karlstraße vom 7. Januar 2011 ist ein Hinweis auf eine Halszyste oder Malignom gerade nicht erhoben worden. Auch die durchgeführten Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen haben keine solchen Hinweise ergeben. Bei den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ist nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen lediglich bei der Hypercholesterinämie, bei der arteriellen Hypertonie sowie bezüglich des Asthmas ein besonderes Augenmerk auf die Ernährung zu legen. Bei der Hypercholesterinämie sollte der Fettanteil in der täglichen Nährzufuhr unter 30 % liegen. Dies mit weniger als 300 mg Cholesterin pro Tag und unter 10 % gesättigter Fettsäuren. In Bezug auf die arterielle Hypertonie ist eine salzarme Ernährung anzustreben, allerdings ist der Effekt äußerst gering. Bezüglich des Asthmas gibt es zwar Vermutungen über Kreuzreaktionen, d.h. ein Nahrungsmittel könnte auch einen Asthmaanfall fördern; es gibt hierfür aber keine wissenschaftlichen Belege. Zudem konnte der Kläger eine solche Beobachtung auch nicht mitteilen. Die durch die Erkrankungen empfohlene Ernährung ist nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen aber auch eine Ernährung, die einem gesunden Menschen empfohlen werden kann. Insbesondere die Auswahl frischer, unverarbeiteter Lebensmittel führt normalerweise zu einer Kost mit weniger Salz und auch weniger Fetten bzw. vorwiegend einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der gerichtliche Sachverständige hat sich damit den ihm zur Verfügung gestellten Empfehlungen des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge angeschlossen und einen erhöhten Kostenaufwand beim Kläger aufgrund einer Erkrankung verneint. Nicht folgen konnte der Senat der Beurteilung des Dr. K. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 29. September 2013, soweit er einen Mehrbedarf von ca. 1,50 EUR täglich für begründbar hält. Denn Dr. K. weist selbst darauf hin, dass ihm eine genaue Beurteilung nicht möglich ist. Zudem hat er angegeben, dass ihm keine verlässlichen Studiendaten vorliegen, die seine Auffassung begründen. Die aktenkundigen Bescheinigungen des Dr. H. und Dr. K. sind nicht nachvollziehbar, da darin keine Begründung gegeben wird. Aus dem vorgelegten Verordnungsplan des Dr. Sch. und aus dem vorläufigen Entlassbrief der Orthopädischen Klinik der St. V.- Kliniken vom 15. Mai 2013 ergibt sich für einen krankheitsbedingten Ernährungsmehraufwand nichts.
Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum auch kein anderer Mehrbedarf zu. Weder wurde ein solcher geltend gemacht noch ist ein solcher ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klage im Ergebnis erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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