Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4768/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Nach beidseitiger Erledigungserklärung der Beteiligten sind außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Dem Kläger war mit Bescheid vom 16.11.2009 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. vom 15.10.2008 bis 01.09.2010 bewilligt worden. Ein Verschlimmerungsantrag wurde mit Bescheid vom 09.03.2011 abgelehnt. Der erneute, am 05.09.2011 gestellte Verschlimmerungsantrag war mit Bescheid vom 14.09.2011/Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 abgelehnt worden. Auf die hierauf erfolgte Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) wurde die Beklagte mit Urteil vom 09.10.2013 verurteilt, Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 05.09.2011 zu gewähren. Hiergegen hat der Kläger am 06.11.2013 Berufung eingelegt mit dem Begehren, Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. auch für den Zeitraum vom 02.09.2009 bis 04.09.2011 zu gewähren. Mit Bescheid vom 13.02.2014 hat die Beklagte gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 02.09.2009 bis einschließlich 04.09.2011 Rente nach einer MdE von 30 v.H. gewährt. Daraufhin haben die Beteiligten einvernehmlich die Erledigung des Verfahrens erklärt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31.03.2014 Kostenentscheidung beantragt.
II.
Auch nachdem der Rechtsstreit durch beidseitige Erledigungserklärung geendet hat, ist gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGG über den Kostenantrag des Klägers im vorbereitenden Verfahren zu entscheiden. Das vorbereitende Verfahren i.S. von § 155 Abs. 2 SGG dauert bis zur anberaumten mündlichen Verhandlung, weshalb auch dann, wenn eine Hauptsacheentscheidung nicht mehr ergeht, noch Entscheidungen nach § 155 SGG im vorbereitenden Verfahren ergehen können (ständ. Rechtsprechung; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10 Aufl., § 155 RdNr. 7 m.w.N.).
Nach § 193 Abs. 1 S. 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil geendet hat. In diesen Fällen entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 91a ZPO und § 161 Abs. 2 VwGO analog). Maßgebend sind hierbei insbesondere die sich bei summarischer Prüfung ergebenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, die anlassgebenden Gründe für das Rechtsmittel und die Umstände der Erledigung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG a.a.O. § 193 RdNr. 13ff). Bei den Umständen der Erledigung ist wertend zu berücksichtigen, ob die Erledigung aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage oder durch ein faktisches Nachgeben eines Beteiligten eingetreten ist.
Nach diesen Grundsätzen entspricht es billigem Ermessen, dass unter Beibehaltung der Kostenentscheidung des Sozialgerichts die Beklagte dem Kläger für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Die Berufung des Klägers hätte ohne Erledigung wohl keinen Erfolg gehabt, da der Kläger durch das angefochtene Urteil des SG nicht beschwert war. Sowohl nach dem Urteilstenor, mit dem eine Verurteilung zur Rente ohne Abweisung der Klage im übrigen ausgesprochen ist, als auch nach dem im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen, sinngemäß ausgelegten Klageantrag war ein früherer Rentenbeginn im Sinne des Berufungsantrags nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens. Die Rüge übergangenen Streitstoffs ist nicht im Berufungsverfahren zu erheben, sondern mit Antrag auf Ergänzungsurteil gemäß § 140 SGG geltend zu machen.
Selbst wenn die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen, dass die MdE um 30 v.H. bereits vor dem streitgegenständlichen Verschlechterungsantrag vom 04.09.2011 nach dem eingeholten Gutachten vorgelegen hätte, insofern aber der bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 09.03.2011 einem früheren Rentenbeginn entgegenstünde, nicht als obiter dictum zu Gunsten des Klägers für eine später dann auch ergangene Entscheidung der Beklagten nach § 44 SGB X zu werten wäre, sondern insoweit auch tragende Gründe für eine versehentlich im Tenor nicht bezeichnende Klageabweisung darstellten, ergibt sich hieraus keine hinreichende Erfolgsaussicht der Berufung gegen eine – unterstellte – Klageabweisung. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X ist die in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eines Dauerverwaltungsaktes eingetretene Änderung auch maßgebend für den Zeitpunkt der Abänderung des Dauerverwaltungsaktes. Die befristete Rentengewährung im Bescheid vom 16.11.2009 war nicht mit unmittelbarer zeitlicher Anknüpfung durch die angenommene rentenbegründende MdE um 30 v.H. während des Bezugszeitraums abzuändern, weil dem der bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 09.03.2011 über einen vorausgegangenen früheren Verschlimmerungsantrag entgegenstand, was zwischen den Beteiligten insoweit auch nicht streitig gewesen ist. Entgegen der im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung des Klägers war die Entscheidung der Beklagten nach § 44 SGB X auch für das Berufungsverfahren nicht vorgreiflich im Sinne einer gebotenen Aussetzung nach § 114 Abs. 2 SGG. Das durch den Antrag nach § 48 SGB X begründete Rechtsverhältnis war im Berufungsverfahren umfassend zu prüfen, denn sämtliche rechtliche Bedingungen für die gerichtliche Entscheidung waren unabhängig von anderen Rechtsverhältnissen. Mit der Beseitigung der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides 09.03.2011 nach § 44 SGB X erhält der Kläger unmittelbar im dortigen Verfahren die begehrte Rente zu einem früheren Zeitpunkt. Ob die mit dem angefochtenen Urteil angenommene Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X aufgrund des in den Entscheidungsgründen dargelegten Beweisergebnisses rechtlich zutreffend war, wenn eine noch 2009 vorliegende, durchgehende MdE um 30 v.H. angenommen wurde, war vorliegend nicht zu entscheiden.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 172 Abs. 3 Nr. 3, 177 SGG).
Gründe:
I.
Dem Kläger war mit Bescheid vom 16.11.2009 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. vom 15.10.2008 bis 01.09.2010 bewilligt worden. Ein Verschlimmerungsantrag wurde mit Bescheid vom 09.03.2011 abgelehnt. Der erneute, am 05.09.2011 gestellte Verschlimmerungsantrag war mit Bescheid vom 14.09.2011/Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 abgelehnt worden. Auf die hierauf erfolgte Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) wurde die Beklagte mit Urteil vom 09.10.2013 verurteilt, Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 05.09.2011 zu gewähren. Hiergegen hat der Kläger am 06.11.2013 Berufung eingelegt mit dem Begehren, Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. auch für den Zeitraum vom 02.09.2009 bis 04.09.2011 zu gewähren. Mit Bescheid vom 13.02.2014 hat die Beklagte gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 02.09.2009 bis einschließlich 04.09.2011 Rente nach einer MdE von 30 v.H. gewährt. Daraufhin haben die Beteiligten einvernehmlich die Erledigung des Verfahrens erklärt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31.03.2014 Kostenentscheidung beantragt.
II.
Auch nachdem der Rechtsstreit durch beidseitige Erledigungserklärung geendet hat, ist gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGG über den Kostenantrag des Klägers im vorbereitenden Verfahren zu entscheiden. Das vorbereitende Verfahren i.S. von § 155 Abs. 2 SGG dauert bis zur anberaumten mündlichen Verhandlung, weshalb auch dann, wenn eine Hauptsacheentscheidung nicht mehr ergeht, noch Entscheidungen nach § 155 SGG im vorbereitenden Verfahren ergehen können (ständ. Rechtsprechung; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10 Aufl., § 155 RdNr. 7 m.w.N.).
Nach § 193 Abs. 1 S. 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil geendet hat. In diesen Fällen entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 91a ZPO und § 161 Abs. 2 VwGO analog). Maßgebend sind hierbei insbesondere die sich bei summarischer Prüfung ergebenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, die anlassgebenden Gründe für das Rechtsmittel und die Umstände der Erledigung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG a.a.O. § 193 RdNr. 13ff). Bei den Umständen der Erledigung ist wertend zu berücksichtigen, ob die Erledigung aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage oder durch ein faktisches Nachgeben eines Beteiligten eingetreten ist.
Nach diesen Grundsätzen entspricht es billigem Ermessen, dass unter Beibehaltung der Kostenentscheidung des Sozialgerichts die Beklagte dem Kläger für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Die Berufung des Klägers hätte ohne Erledigung wohl keinen Erfolg gehabt, da der Kläger durch das angefochtene Urteil des SG nicht beschwert war. Sowohl nach dem Urteilstenor, mit dem eine Verurteilung zur Rente ohne Abweisung der Klage im übrigen ausgesprochen ist, als auch nach dem im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen, sinngemäß ausgelegten Klageantrag war ein früherer Rentenbeginn im Sinne des Berufungsantrags nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens. Die Rüge übergangenen Streitstoffs ist nicht im Berufungsverfahren zu erheben, sondern mit Antrag auf Ergänzungsurteil gemäß § 140 SGG geltend zu machen.
Selbst wenn die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen, dass die MdE um 30 v.H. bereits vor dem streitgegenständlichen Verschlechterungsantrag vom 04.09.2011 nach dem eingeholten Gutachten vorgelegen hätte, insofern aber der bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 09.03.2011 einem früheren Rentenbeginn entgegenstünde, nicht als obiter dictum zu Gunsten des Klägers für eine später dann auch ergangene Entscheidung der Beklagten nach § 44 SGB X zu werten wäre, sondern insoweit auch tragende Gründe für eine versehentlich im Tenor nicht bezeichnende Klageabweisung darstellten, ergibt sich hieraus keine hinreichende Erfolgsaussicht der Berufung gegen eine – unterstellte – Klageabweisung. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X ist die in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eines Dauerverwaltungsaktes eingetretene Änderung auch maßgebend für den Zeitpunkt der Abänderung des Dauerverwaltungsaktes. Die befristete Rentengewährung im Bescheid vom 16.11.2009 war nicht mit unmittelbarer zeitlicher Anknüpfung durch die angenommene rentenbegründende MdE um 30 v.H. während des Bezugszeitraums abzuändern, weil dem der bestandskräftige Ablehnungsbescheid vom 09.03.2011 über einen vorausgegangenen früheren Verschlimmerungsantrag entgegenstand, was zwischen den Beteiligten insoweit auch nicht streitig gewesen ist. Entgegen der im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung des Klägers war die Entscheidung der Beklagten nach § 44 SGB X auch für das Berufungsverfahren nicht vorgreiflich im Sinne einer gebotenen Aussetzung nach § 114 Abs. 2 SGG. Das durch den Antrag nach § 48 SGB X begründete Rechtsverhältnis war im Berufungsverfahren umfassend zu prüfen, denn sämtliche rechtliche Bedingungen für die gerichtliche Entscheidung waren unabhängig von anderen Rechtsverhältnissen. Mit der Beseitigung der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides 09.03.2011 nach § 44 SGB X erhält der Kläger unmittelbar im dortigen Verfahren die begehrte Rente zu einem früheren Zeitpunkt. Ob die mit dem angefochtenen Urteil angenommene Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X aufgrund des in den Entscheidungsgründen dargelegten Beweisergebnisses rechtlich zutreffend war, wenn eine noch 2009 vorliegende, durchgehende MdE um 30 v.H. angenommen wurde, war vorliegend nicht zu entscheiden.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 172 Abs. 3 Nr. 3, 177 SGG).
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