L 1 KR 132/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 KR 1706/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 132/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 20. September 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten einer Protonentherapie zur Behandlung eines Prostatakarzinoms zu erstatten hat.

Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Im August 2010 beantragte er bei ihr die Kostenübernahme für eine Protonentherapie im P1 Therapy Center (R.) bei der Chirurgischen Klinik R. in M ... Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. führte in seinem Gutachten vom 8. September 2010 aus, dass es sich bei der Protonentherapie um eine neue Behandlungsmethode handele, die nicht zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassen sei. Es liege keine akute Lebensbedrohung vor, da von einem lokal festgestellten Prostatakarzinom auszugehen sei. Zur Behandlung stünden außerdem die herkömmliche Strahlentherapie sowie chirurgische Maßnahmen zur Verfügung. Hinreichende wissenschaftliche Belege für eine Überlegenheit der Protonentherapie gebe es nicht. Der MDK B., Fachbereich Onkologie, kam in einem weiteren Gutachten vom 9. September 2010 zu dem gleichen Ergebnis.

In der Zeit vom 14. September bis 14. Oktober 2010 ließ der Kläger die streitige Behandlung durchführen. Die C. stellte ihm hierfür unter dem 18. Oktober 2010 einen Betrag von EUR 18.978,45 in Rechnung. Ferner sind ihm Kosten in Höhe von insgesamt EUR 1.373,43 für die Übernachtung und Versorgung im Gästehaus des R. entstanden.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. September 2010 die Kostenübernahme ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 3. November 2010 zurück.

Der Kläger hat mit seiner dagegen gerichteten Klage die Erstattung des Gesamtbetrages von EUR 20.347,88 geltend gemacht und vorgetragen, die Protonentherapie sei medizinisch erforderlich gewesen, da die herkömmlichen Behandlungsmethoden nicht gleichwertig und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden seien. Es bestehe im Übrigen ein am 4. Februar 2005 abgeschlossener Versorgungsvertrag über die streitige Protonentherapie zwischen der C. und dem BKK Landesverband B., dem die BKK G1 beigetreten sei. Durch die Fusion der Beklagten mit der BKK G1 zum 1. Januar 2012 sei der Vertrag auch für sie bindend. Darüber hinaus sei die Erkrankung des Klägers sehr wohl lebensbedrohlich gewesen.

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Chirurgie Dr. W. vom 8. April 2011, des Facharztes für Urologie Dr. K. vom 10. April 2011, die Röntgenaufnahmen aus der C1 Radiologie vom 27. April 2011 sowie die Krankenakte der C. eingeholt. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat außerdem der Facharzt für Strahlenheilkunde Dr. S. ein medizinisches Gutachten vom 12. Februar 2012 erstattet.

Das Sozialgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 20. September 2012 abgewiesen und ausgeführt, dem Kostenanspruch stehe entgegen, dass es sich bei der Protonentherapie um eine neue Behandlungsmethode handele, für die es bisher keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G.) gebe. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – Juris), da bei dem Kläger nach den Ausführungen von Dr. S. keine unmittelbare und akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen habe. Darüber hinaus stünden nach dem Gutachten von Dr. S. anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch nicht aus vertraglichen Beziehungen der Beklagten mit der C., denn der mit dem BKK Landesverband B. geschlossene Vertrag sei erst durch die Fusion der Beklagten mit der BKK G1, also nach dem Zeitpunkt der Behandlung, für die Beklagte bindend geworden.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 13. November 2012 zugestellte Urteil am 30. November 2012 Berufung eingelegt und hält daran fest, dass der Rahmenvertrag zwischen dem BKK-Landesverband B. und der C., dem u.a. die BKK G1 beigetreten sei, für die Beklagte bindend sei, da sie mit der BKK G1 fusioniert habe und daher deren bestehende Rechte und Pflichten übernommen habe. Die Fusion sei nicht nur eine Funktionsnachfolge, sondern eine umfassende öffentlich-rechtliche Rechtsnachfolge. Deshalb sei es unerheblich, dass die streitgegenständliche Behandlung des Klägers vor der Fusion stattgefunden habe. Das Sozialgericht habe seine Entscheidung außerdem zu Unrecht auf das Fehlen einer positiven Empfehlung des G. gestützt, denn nur in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei die Erbringung neuer Behandlungs- und Untersuchungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hiervon abhängig. Im Rahmen einer Krankenhausbehandlung sei dagegen eine Kostenübernahme durch die Beklagte nur dann ausgeschlossen, wenn eine negative Bewertung durch den G. vorliege, was nicht der Fall sei. Krankenhausbehandlung sei auch erfolgt, denn die C. sei im Krankenhausplan des Bundeslandes B. aufgenommen und der Kläger sei dort teilstationär behandelt worden. Das R. sei ein Betriebsteil der C., deren ärztliches und nichtärztliches Personal die Behandlungsleistungen erbringe. Die Behandlungsplanung erfolge durch zwei Radioonkologen und werde durch einen zertifizierten Medizinphysiker umgesetzt. Erforderlich seien mehrere Zyklen, um die beste Bestrahlungskonfiguration festzulegen. Der Kläger sei dort mit Ausnahme der Wochenenden nach einem individuellen Therapieplan täglich behandelt worden. Um Fehlpositionierungen und Körperbewegungen auszuschließen, sei zunächst eine Ganzkörper-Moulage hergestellt worden, in der er täglich vor der Behandlung gelagert und während der Behandlung fixiert worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2010 zu verurteilen, ihm die Kosten der Protonentherapie in Höhe von EUR 20.347,88 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, bei der durchgeführten Protonentherapie habe es sich um eine nicht zugelassene, ambulante Behandlungsmethode gehandelt. Der Kläger sei nicht stationär aufgenommen, sondern im Gästehaus untergebracht worden. Das R. sei kein Krankenhaus, sondern eine rechtlich selbständige, lediglich räumlich bei der C. angesiedelte und mit ihr kooperierende, von der P. AG betriebene, ambulante Einrichtung. Auch ein vertraglicher Anspruch ergebe sich nicht, denn es komme insoweit – da ein Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werde – auf die derzeitige Rechtslage an. Die BKK-G1 sei dem Rahmenvertrag nicht selbst beigetreten, sondern als Rechtsnachfolgerin durch die Fusion mit der BKK H. und der BKK T. einzelvertraglich gebunden gewesen. Die Beklagte sei zwar Rechtsnachfolgerin der BKK-G1, habe aber den Einzelvertrag zum 15. März 2012 fristlos gekündigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 SGG) Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger kann die Erstattung der ihm für die Protonentherapie entstandenen Kosten nicht beanspruchen.

Als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Betracht. Danach besteht ein derartiger Anspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Anspruch auf Kostenerstattung reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung einen Anspruch auf die Sachleistung gehabt hätte (BSG, Urteil vom 06.03.2012 – B 1 KR 24/10 R – Juris, m.w.N.). Dies ist nicht der Fall.

Gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. ärztliche Behandlung sowie Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 5 SGB V).

Die C. ist – unter anderem mit der Fachrichtung Strahlentherapie – in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen und somit ein zugelassenes Krankenhaus (§ 108 Nr. 2 SGB V). Sie hat auf gerichtliche Anfrage mit Schreiben vom 21. Januar 2014 mitgeteilt, dass das R. ein Betriebsteil der C. sei, in dem ausschließlich von ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern der C. die protonentherapeutischen Behandlungsmaßnahmen erbracht würden. Hiervon ist offenbar auch der BKK Landesverband B. bei Abschluss des Versorgungsvertrages nach § 116b Abs. 2 SGB V am 4. Februar 2005 ausgegangen, denn diese Vorschrift sah im Zeitpunkt des Vertragsschlusses – anders als ihre ab 1. Januar 2012 geltende Fassung – einen Vertragsschluss nur mit zugelassenen Krankenhäusern vor.

Geht man hiernach davon aus, dass der Kläger die Protonentherapie im Rahmen einer Krankenhausbehandlung erhalten hat, konnte diese dennoch nicht zu Lasten der Beklagten erbracht werden.

Allerdings gilt der Erlaubnisvorbehalt des § 135 SGB V – wie der Kläger zu Recht vorträgt – nur für die vertragsärztliche Versorgung und nicht für den Bereich der Krankenhausbehandlung. Vielmehr gilt hier § 137c SGB V, wonach eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in einem Krankenhaus grundsätzlich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden darf, bis sie vom G. ausgeschlossen worden ist. Dies ist nicht der Fall, denn der G. hat mit Beschluss vom 19. Juni 2008 (BAnz 2008, S. 3571) die Beschlussfassung im Rahmen der Methodenbewertung zur Protonentherapie des Prostatakarzinoms bis zum 31. Dezember 2018 ausgesetzt.

Es fehlt jedoch an den weiteren Voraussetzungen für eine auf Kosten der Beklagten zu erbringende Krankenhausbehandlung. Zwar wird in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V die vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre (§ 115a SGB V) sowie die ambulante (§ 115b SGB V) Krankenhausbehandlung genannt. Jedoch kann insoweit nur die stationäre Behandlung (voll- und teilstationär, vor- und nachstationär) ohne weiteres – d.h. allein aufgrund der Zulassung des Krankenhauses – zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Ambulante Krankenhausbehandlung kommt zwar neben dem ausdrücklich genannten Fall des ambulanten Operierens (§ 115b SGB V) auch in den weiteren gesetzlich aufgeführten Fällen in Betracht, nämlich in medizinischen Versorgungszentren (§ 95 Abs. 1 SGB V), durch ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 SGB V), bei vertragsärztlicher Unterversorgung (§ 116a SGB V), bei der spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b SGB V), durch Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V) sowie im Rahmen der integrierten Versorgung (§ 140a ff. SGB V). Anders als bei der voll- und teilstationären Behandlung bestehen jedoch für die ambulanten Behandlungsformen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung weitere Voraussetzungen. So setzt beispielsweise die Berechtigung für das ambulante Operieren eine einseitige Erklärung des Krankenhauses voraus (§ 115b Abs. 2 S. 2 SGB V), die Behandlung im Rahmen der integrierten Versorgung ist vom Abschluss gesonderter Verträge abhängig (§ 140a Abs. 1 SGB V) und die ambulante spezialfachärztliche Behandlung kann nur unter den in § 116b SGB V genannten Voraussetzungen zulasten der Krankenkassen erfolgen (Wahl in JurisPK-SGB V, § 108 Rn. 12).

Die Protonentherapie des Klägers ist nicht als voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung erfolgt und damit von weiteren Voraussetzungen abhängig. Eine vollstationäre Behandlung setzt die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses voraus und ist in der Regel dann gegeben, wenn sich der Patient nach dem Behandlungsplan zeitlich mindestens über einen Tag und eine Nacht erstreckt (BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 17/06 R; BSG, Urteil vom 04.03.2004 – B 3 KR 4/03 R; beide Juris). Eine vollstationäre Versorgung scheidet offensichtlich aus, da sich der Kläger während seiner Behandlung nicht zeitlich ununterbrochen im Krankenhaus aufgehalten hat, sondern nur zu seinen jeweiligen Behandlungsterminen dort erscheinen musste.

Die Behandlung des Klägers ist aber auch nicht teilstationär erfolgt. Die teilstationäre Behandlung unterscheidet sich von der vollstationären und der ambulanten Krankenhausbehandlung im Wesentlichen durch eine regelmäßige, aber nicht durchgehende Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus. Die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses wird benötigt, ohne dass eine ununterbrochene Anwesenheit des Patienten im Krankenhaus nötig ist (BSG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.). Herkömmlicherweise wird die teilstationäre Behandlung durch eine zeitliche Beschränkung auf den Tag (Tagesklinik) oder die Nacht (Nachtklinik) gekennzeichnet (BSG, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.; Wahl, a.a.O., § 39 Rn. 33). Ihr Hauptanwendungsbereich liegt in der psychiatrischen Behandlung sowie bei Dialysepatienten und krankhaften Schlafstörungen (BSG, Urteil vom 28.02.2007, a.a.O.; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, § 39 Rn. 49 f.).

Diesen Anforderungen entspricht die bei dem Kläger durchgeführte Protonentherapie nicht. Wie sich aus dem Internetauftritt des R. ergibt (http://www. R ...de/de/therapie- ablauf/bestrahlung/ablauf-einer-bestrahlungssitzung.html), kommen die Patienten erst unmittelbar vor ihren Bestrahlungsterminen in das Zentrum, wo ihnen ein Behandlungsraum zugewiesen wird. Nach wenigen Minuten des Bestrahlungsvorganges ist die Behandlung für den betreffenden Tag beendet und die Patienten können den Rest des Tages frei gestalten. Sie können – wie der Kläger – im Gästehaus des R. übernachten oder sich eine beliebige anderweitige Unterkunft suchen. Sie erhalten keine Verpflegung und müssen abgesehen von ihrem jeweiligen Bestrahlungstermin nicht anwesend sein. Dementsprechend bezeichnet das R. die Protonentherapie auch selbst als ambulante Behandlung und geht hiervon offenbar auch beim Abschluss entsprechender Versorgungsverträge mit einzelnen Landesverbänden oder Krankenkassen aus, da diese im Falle einer teilstationären Behandlung entbehrlich wären. Nichts anderes ergibt sich aus dem Schreiben der C. vom 21. Januar 2014 an das Gericht, denn dort wird die tägliche Behandlungszeit mit etwa 45 Minuten angegeben und es wird bestätigt, dass sich die Patienten zwischen den einzelnen Bestrahlungsfraktionen nicht im R. aufhalten müssen. Für Notfälle oder auftretende Probleme bei den Patienten wird außerhalb der klinischen Betriebszeiten (auch am Wochenende) lediglich eine Rufbereitschaft bestehend aus speziell geschulten Fachärzten unterhalten.

Da es sich somit um ambulante Krankenhausbehandlung gehandelt hat, wäre diese nur unter den Voraussetzungen des – hier allein in Betracht kommenden – § 116b SGB V zulasten der Beklagten zulässig gewesen. Gemäß § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V in der vom 1. April 2007 bis 31. Dezember 2011 – also im Zeitraum der Behandlung – geltenden Fassung war ein zugelassenes Krankenhaus zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog nach Absatz 3 und 4 genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen berechtigt, wenn und soweit es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhausträgers unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden ist. Dies war nicht der Fall.

Ein Anspruch des Klägers auf die streitige Behandlung ergibt sich auch nicht aus einem noch fortgeltenden Vertrag, der nach § 116 Abs. 2 S. 1 SGB V in seiner vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2007 geltenden Fassung abgeschlossen wurde. Danach konnten zwar die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen oder die Verbände der Ersatzkassen mit zugelassenen Krankenhäusern Verträge über die ambulante Erbringung hochspezialisierter Leistungen sowie zur Behandlung seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen schließen, sofern diese Leistungen und diese Behandlung in dem Katalog nach Absatz 3 enthalten waren. In § 116b Abs. 3 Nr. 2 - erster Spiegelstrich - SGB V war die Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen aufgeführt. Ein derartiger Vertrag hat zwischen der Beklagten und der C. aber im maßgeblichen Zeitraum nicht bestanden. Der aufgrund dieser Vorschrift geschlossene Rahmenvertrag zur Versorgung mit Protonentherapie vom 4. Februar 2005 wurde von der C. mit dem BKK Landesverband B. abgeschlossen, dem die Beklagte nicht angehörte. Die BKK G1 war zwar durch ihre Fusion mit der BKK H., welche dem Rahmenvertrag am 15. Februar 2005 beigetreten war, einzelvertraglich an den Rahmenvertrag gebunden. Im Behandlungszeitpunkt war der Kläger aber nicht Mitglied der BKK G1, sondern der DAK. Die DAK und die BKK G1 fusionierten erst zum 1. Januar 2012, also nach Abschluss der streitigen Behandlung. Die Beklagte ist aufgrund der Fusion Rechtsnachfolgerin der DAK und der BKK G1 und haftet daher für im Fusionszeitpunkt bestehende Ansprüche gegen eine dieser Kassen. Da der Kläger im Behandlungszeitpunkt aber nicht Mitglied einer Kasse war, die an dem Vertrag beteiligt war, kann er hieraus auch keine Ansprüche herleiten, denn für die Frage, ob ein Sachleistungsanspruch gegen die Krankenkasse vorgelegen hat, den diese zu Unrecht nicht erfüllt hat, kann es nur auf die Sach- und Rechtslage im Behandlungszeitpunkt ankommen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass sich erst recht kein Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung ergibt, wenn man das R. nicht als Bestandteil eines zugelassenen Krankenhauses ansähe und die Protonentherapie somit als ambulante ärztliche Behandlungsmaßnahme erbracht worden wäre.

Anspruch auf ambulante ärztliche Behandlung haben Versicherte nur im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, denn die Krankenkassen bedienen sich regelmäßig nur der zugelassenen Leistungserbringer, um die Sachleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern. Versicherte können unter diesen zugelassenen Ärzten und anderen Leistungserbringern frei wählen (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die im R. tätigen Ärzte sind aber nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und können somit keine ambulanten Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen.

Darüber hinaus unterliegt – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – ein Behandlungs- und Versorgungsanspruch nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB V den Einschränkungen der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der G. in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat (BSG, Urteil vom 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R – Juris, m.w.N.).

Dies ist nicht der Fall. Der G. hat mit Beschluss vom 19. Juni 2008 über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei Protonentherapie des Prostatakarzinoms die Entscheidung über die Zulassung der Methode für die ambulante Behandlung bis zum 31. Dezember 2018 ausgesetzt, sodass die erforderliche positive Empfehlung nicht vorliegt.

Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ergibt sich eine andere Beurteilung auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005, a.a.O.), wonach es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leidet, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der in Betracht kommenden Regelungen nur, wenn nach den konkreten Umständen des Falles anzunehmen ist, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (BSG, Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.; BSG, Urteil vom 27.03.2007 – B 1 KR 17/06 R - Juris). Diese Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Der vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 12. Februar 2012 festgestellt, dass eine akut und unmittelbar lebensbedrohliche Situation bei dem Kläger nicht bestanden hat. Außerdem hat er ausgeführt, dass anerkannte, leitliniengerechte Behandlungsmethoden zur Verfügung standen, nämlich die radikale Prostatektomie, die perkutane Bestrahlung plus einer langfristigen Hormontherapie sowie die kombinierte HDR-Brachytherapie und perkutane Radiotherapie. Allein aus dem Umstand, dass die Protonentherapie nach den zugänglichen Informationen möglicherweise bei gleicher Wirksamkeit und geringeren Nebenwirkungen die weniger belastende Therapieform ist, lässt sich ein Rechtsanspruch nicht begründen.

Nichts anderes folgt aus § 2 Abs. 1a SGB V, der mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in das SGB V eingefügt worden ist und damit insoweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in geltendes Gesetzesrecht übernommen hat. Denn die in dieser Regelung bestimmten Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch entsprechen den vom Bundesverfassungsgericht formulierten und ermöglichen keinen vereinfachten Zugang zu abweichenden Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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