Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2944/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3528/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 49.203,78 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 in Höhe von 49.203,78 EUR (inkl. Säumniszuschläge).
Der 1964 geborene Kläger betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum als selbständiger Unternehmer die Firma "F. S. & S." in F., welche Ordnungs- und Sicherheitsdienste für öffentliche und nicht öffentliche Veranstaltungen anbot. Einer anderweitigen Tätigkeit oder Beschäftigung ist er nicht nachgegangen. Unstreitig beschäftigte der Kläger vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 zur Ausführung seiner Aufträge Arbeitnehmer, für die er keine Sozialversicherungsbeiträge abführte und auch keine Lohnsteuer zahlte. Er meldete bis 31.07.2008 keinen einzigen Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an. Erst im weiteren Verlauf des Jahres 2008 sind Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte zur Sozialver¬sicherung angemeldet worden. Folgende Arbeitnehmer waren zur Sozialversicherung angemeldet: Sch., S. ab 01.08.2008 laufend geringfügig B., J. ab 01.09.2008 30.11.2008 geringfügig M., V. ab 01.11.2008 30.11.2008 geringfügig S., D. ab 01.12.2008 laufend geringfügig F., M. ab 01.05.2009 laufend geringfügig M., V. ab 01.05.2009 30.09.2009 geringfügig F., H. ab 01.05.2009 laufend geringfügig R., A. ab 02.05.2009 laufend geringfügig
Das Hauptzollamt K. – Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) – stellte im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens fest (Schlussbericht vom 22.10.2010, Bl. 181 der Verwaltungsakte (VA)), dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum mehrere Arbeitnehmer beschäftigte, ohne für diese Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Ar¬beitskräfte wurden bei Bedarf vom Kläger angerufen und an einen Treffpunkt bestellt. Nach Beendi¬gung des jeweiligen Auftrags zahlte der Kläger die Mitarbeiter in bar aus. Banküberweisungen bzw. Quittungen über ausgezahlte Beträge gab es nicht. Die Auswertung der im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme aufgefundenen Geschäftsunterlagen ergab, dass der Kläger im Zeitraum vom 26.03.2007 bis 25.04.2009 Rechnungen in Höhe von insgesamt 135.800,02 EUR an diverse Auf¬traggeber für Sicherheitsdienste erstellte. Die weitere Auswertung ergab, dass bei diesen Veranstaltungen zum Teil mehr als 50 Arbeitnehmer pro Einsatz für die "F. S. & S." tätig waren (z.B. eine Fastnachtsveranstaltung in R. am 30.1.2008). Eine Zuordnung der Rechnungsbeträge zu einzelnen Personen war allerdings nicht möglich. Das Hauptzollamt erstellte eine Auswertungstabelle "Rechnungen" (Rechnungssumme abzüglich Fahrtkosten), die nach Monaten sortiert ist (Bl. 367 ff. VA).
In der Strafsache des Klägers erging am 10.05.2011 ein mittlerweile rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Freudenstadt (Geschäfts-Nr. Ds Js 17 /2008 AK 2 /10; Bl. 135 ff. VA), mit dem der Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit pflicht¬widrigem In-Unkenntnis-Lassen der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozial¬versicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Mo¬naten verurteilt wurde. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Grundlage des Urteils war ein "Deal", wonach im Fall, dass der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einräume – wobei unter Be¬achtung des Grundsatzes in dubio pro reo unter strafrechtlichen Gesichtspunkten (ohne sozial¬rechtliches Präjudiz) von einem Schadensbetrag von nicht weniger als 25.000 EUR ausgegangen wurde – eine Rechtsfolge von nicht mehr als 7 Monaten Freiheitsstrafe vereinbart wurde. In der Urteils¬begründung wurde u.a. ausgeführt, durch das Han¬deln des Klägers sei der Sozialversicherung ein Schaden in Höhe von insgesamt nicht weniger als 20.000 EUR entstanden. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter des Hauptzollamts habe ausführlich erläutert, wie er – unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo – sämtliche verfügbaren Unterlagen des Klägers mit den erstellten Rechnungen und den über die Konten des Klägers verfügbaren Erkenntnissen abgeglichen habe und hierbei auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter Rückschlüsse abgeleitet habe. Allerdings sei es nicht möglich gewesen, das Ausmaß der eigenen Mitarbeit des Klägers vollständig zu klären. Damit hätten auch die vorsichtigen Berechnungen des Zeugen gravierenden Zweifeln unterzogen werden müssen. Letztlich habe jedoch – unter Anwendung strafrechtlicher Gesichtspunkte – ein Schadensbetrag von 20.000 EUR als sicher angenommen werden können.
Mit Schreiben vom 30.05.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 49.203,78 EUR (davon Säumniszuschläge in Höhe von 13.168,50 EUR) an. Der Kläger ließ daraufhin ausführen, richtig sei, dass er teilweise Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden und Beiträge abzuführen. Bei den Berechnungen sei jedoch außer Acht gelassen worden, dass der Kläger einen erheblichen Teil der Arbeitsleistung selbst erbracht habe. Darüber hinaus sei seine finanzielle Lage desolat. Er sei bereit Sozialversicherungsbeiträge nachzubezahlen, aber in geringerer Höhe.
Mit Bescheid vom 21.07.2011 setzte die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 15.12.2009 bis 30.05.2011 nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) i.V.m § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 49.203,78 EUR (inkl. Säumniszuschlägen i.H.v. 13.168,50 EUR) fest. Die Prüfung habe ergeben, dass der Kläger in der Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 mehrere Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diese anzumelden und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Auf die nicht rechtzeitig entrichteten Beiträge seien Säumniszuschläge zu erheben. Von der Kenntnis der Zahlungspflicht sei auszugehen. Der Kläger habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden. Da eine Zuordnung auf einzelne Personen nicht möglich sei, sei die Beitragsschuld anhand des Umsatzes ermittelt und im Rahmen eines Summenbescheides berechnet worden. Als Bemessungsgrundlage für die Beiträge seien die von der Ermittlungsbehörde festgestellten monatlichen Rechnungsbeträge herangezogen worden. Soweit nachweisbar, seien Fahrtkosten und ähnlicher Aufwand abgezogen worden. Von den Monatssummen seien außerdem jeweils 19 % Mehrwertsteuer abgezogen worden. Die so ermittelte Zahl sei dann mit dem Verhältnis 7,00 EUR zu 13,00 EUR bzw. 14,00 EUR (Stundenlohn und abgerechneter Stundensatz) multipliziert und davon dann pauschal 5 % für die vom Kläger selbst geleisteten Arbeitsstunden und der wenigen geringfügig Beschäftigten abgezogen worden. Dieser Monatsbetrag sei dann unter Berücksichtigung des Beitragssatzes der Techniker Krankenkasse, die mangels Zuordnung aufgrund der letzten beiden Ziffern der Betriebsnummer zuständig sei, auf einen Bruttomonatslohn, aus dem die Beiträge zu zahlen seien, hochgerechnet worden. Die Zusammenstellung ergibt sich aus den Anlagen zum Bescheid.
Zum Vortrag des Klägers im Anhörungsverfahren führte die Beklagte aus, nach herrschender Rechtsprechung sei bei fehlenden Lohnunterlagen oder anderen Nachweisen ein geschätzter Lohnsummenanteil von 60 bzw. 66 2/3 Prozent des Nettoumsatzes zugrundezulegen (unter Verweis auf BGH Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08 und Urt. v. 24.09.1986 – 3 StR 336/86). Leistungen bzw. Einkünfte des Arbeitgebers seien mit dem restlichen Anteil abgedeckt. Sie gehörten nicht zum Lohnsummenanteil. Im Fall des Klägers sei nicht vom weit höheren Nettoumsatz, sondern nur von den in den Rechnungen ausgewiesenen Arbeitsstunden ausgegangen worden. Je geleisteter Arbeitssunde habe der Kläger 13,00 EUR (2007), 13,50 EUR (2008) und 14,00 EUR (2009) abgerechnet. In der Berechnung sei nur von dem – vom Kläger angegebenen – Nettolohn von 7,00 EUR pro Stunde ausgegangen worden, was einem Lohnanteil von 53,8 % (2007), 51,8 % (2008) und 50 % (2009) entspreche. Von den so ermittelten Beträgen seien dann nochmals 5 % abgezogen worden, um die Leistungen des Klägers und die wenigen und nur kurz gemeldeten geringfügig Beschäftigten zu berücksichtigen.
Hiergegen legte der Kläger am 29.07.2011 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf seinen Vortrag im Anhörungsverfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 09.09.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Mit Beschluss vom 05.10.2011 ist der Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Reutlingen (SG) verwiesen worden. Zur Begründung hat der Kläger seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und ergänzend ausführen lassen, der Kläger habe bei Eingang der Aufträge geprüft, wie viele Personen er als Sicherheitskräfte benötigt. Primär habe er sich selbst eingeteilt, um auch die Koordinierung ggf. weiterer Mitarbeiter zu übernehmen. Er habe bei allen Aufträgen auch selbst mitgearbeitet. Lediglich dann, wenn zusätzliche Kräfte benötigt worden seien, habe der Kläger auf Aushilfen zurückgegriffen. Richtig sei, dass bei einigen Veranstaltungen die Mitarbeiter nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien und der Beklagten dadurch ein Schaden entstanden sei. Die Berechnung der Nachforderung sei dagegen nicht zutreffend. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger selbst bei den Aufträgen vor Ort gewesen sei und dort Dienst geleistet habe. Die Beklagte sei bislang nicht in der Lage gewesen detaillierte Berechnungen vorzulegen. Auch dem Kläger sei es nicht möglich, aufgrund fehlender Aufzeichnungen eine genaue Berechnung vorzulegen. Unterlagen, wer wann und wie gearbeitet habe, existierten nicht. Die Höhe der geforderten Beiträge zeige aber, dass die Berechnung falsch sei. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung gehe weit an der Realität vorbei. Die Beklagte habe keine richtige nachvollziehbare Grundlage für die angewandten, vom BGH bestätigten Regeln. Insofern sei auch das Gesamtergebnis falsch. Dies habe auch das Amtsgericht Freudenstadt so gesehen.
Mit Urteil vom 12.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Berechnung der Nachforderung sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 28f Abs. 2 SGB IV, wonach Beiträge von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte gefordert werden könnten, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzte. Der Kläger habe vorliegend unstreitig seine Aufzeichnungspflichten verletze. Unter diesen Voraussetzungen habe die Beklagte ausreichende eigene Ermittlungen i.S.v. § 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV angestellt. Grundsätzlich trage die Beklagte die Beweislast für eine personenbezogene Feststellung der Beitragsforderung. Seien vom Arbeitgeber aber nicht einmal die Personalien von Aushilfskräften aufgezeichnet worden, sei dieser Beweis zu Gunsten der Einzugsstelle als geführt anzusehen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflichten, zu denen insbesondere die Aufzeichnungspflicht gehöre, schuldhaft verletze und so die erforderliche Aufklärung verhindert habe (unter Verweis auf BSG Urt. v. 17.12.1985 – 12 RK 30/83). In diesem Fall habe dann auch der Arbeitgeber den Nachteil dafür zu tragen, dass sich nicht mehr feststellen lasse, ob unter den der Beitragsberechnung zugrundegelegten Entgelten möglicherweise auch Entgelte seien, die – etwa weil sie die Geringfügigkeitsgrenze – nicht überschreiten – beitragsfrei seien. Der Vortrag des Klägers, er habe einen erheblich größeren Anteil gegenüber den von der Beklagten zugrundegelegten Werten mit gearbeitet, sei pauschal und durch keinerlei Unterlagen substantiiert. Auch die Hochrechnung auf Bruttoarbeitsentgelte sei zulässig gewesen, da es sich um illegale Beschäftigungen gehandelt habe (§ 14 Abs. 2 SGB IV). Die Pflichtverstöße des Klägers seien im Sinne der Rechtsprechung (unter Verweis auf BSG Urt. v. 09.11.2011 – B 12 R 18/09 R) auch von einem subjektiven Element getragen gewesen, da dem Kläger in Auswertung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Freudenstadt zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte auf Grundlage der vorgefundenen Rechnungen mit ausgewiesenen Stundenzahlen und des vom Kläger angegebenen Stundenlohns von 7 EUR einen Lohnanteil zwischen 53,8 und 50 % angesetzt habe. Der BGH (Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08) sei sogar von einem Lohnanteil von 60 bzw. 66 2/3 % ausgegangen. Die übrigen Leistungen bzw. Einkünfte des Arbeitgebers beträfen den restlichen Anteil. Die Beklagte habe von den so ermittelten Beträgen noch 5 % für die eigenen Leistungen des Klägers und auch die der wenigen und nur kurz gemeldeten geringfügigen Beschäftigten abgezogen. Den Nachweis, dass er einen höheren Anteil am Nettoumsatz durch Eigenleistung selbst erwirtschaftet habe, habe der Kläger nicht geführt. Zur Widerlegung der Schätzung genüge ein pauschales Bestreiten nicht (unter Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 06.12.2011 – L 8 R 701/11 B ER). Auch im Übrigen sei die Berechnung nicht substantiiert bestritten. Anhaltspunkte für Rechenfehler lägen keine vor. Die Beitragsberechnung erweise sich damit als rechtmäßig. Die Beklagte habe schließlich auch Säumniszuschläge erheben dürfen, da dem Kläger zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei; die Voraussetzungen von § 24 Abs. 2 SGB IV, wonach keine Säumniszuschläge erhoben würden, wenn der Schuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe, lägen daher nicht vor.
Am 16.08.2012 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20.07.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen und ergänzend ausgeführt, das SG habe einige Punkte außer Acht gelassen. Die Beklagte habe es sich zu einfach gemacht und die Beitragsforderung nur überschlägig berechnet. Richtig sei zwar, dass der Kläger seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und er einige Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe. Die Beklagte habe aber völlig außer Acht gelassen, dass der Kläger selbst im Unternehmen tätig gewesen sei. Es dürfe nicht nur pauschal ein Prozentsatz abgezogen werden. Es müsse der Gesamtumsatz des Arbeitgebers mit in den Blick genommen werden. Dieser müsse ins Verhältnis mit einem branchenüblichen Gewinn gesetzt werden. Reiche der so errechnete Gewinn nicht für eine angemessene Deckung des Lebensbedarfs aus, könne die Berechnung der Beitragsnachforderung nicht richtig sein. So sei es auch im vorliegenden Fall. Der Kläger müsse denknotwendig mehr gearbeitet haben. Er habe keine andere Tätigkeit ausgeübt. Bei seiner finanziellen Lage sei es nicht möglich gewesen, dass er nur "Däumchen dreht". Insofern müsse auch ein Bestreiten im Hinblick auf die Schätzung genügen. Die Beklagte müsse bei ihrer Schätzung zumindest glaubhaft machen, dass sie die Eigenleistung des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt habe. Dies sei nicht geschehen. Die Berechnung sei daher unrichtig. Dies habe auch das Amtsgericht Freudenstadt so gesehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2011 aufzuheben, soweit ein Nachforderungsbetrag über 25.000 EUR festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und sich dem Urteil des SG angeschlossen.
Am 28.11.2013 hat das LSG die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Im Anschluss hat die Beklagte eine erneute Prüfung der angesetzten 5 % für u.a. Eigenleistungen des Klägers vorgenommen und ergänzend vorgetragen, es gebe keine Veranlassung von diesem Wert abzuweichen. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen sei zu ersehen, dass der Kläger nachweislich nicht bei jeder Veranstaltung mitgearbeitet habe. Zum einen sei dies nicht möglich gewesen, da verschiedene Veranstaltungen am gleichen Tag stattgefunden hätten, zum anderen sei aus den Listen der Veranstaltungen, für die die jeweiligen Vornamen der Mitarbeiter notiert worden seien, ersichtlich, dass der Name "M." oder "Chef" nur in wenigen Veranstaltungen auftauche. Aktenkundig seien acht Veranstaltungen, für die jeweils die Vornamen aufgeführt seien. Es ergäben sich insgesamt 184 Einsätze, davon seien nur sechs Einsätze durch den Kläger selbst erledigt worden. Dies ergebe einen prozentualen Anteil von 3,26 %. Darüber hinaus werde verkannt, dass schon zugunsten des Klägers von geringeren Lohnanteilen ausgegangen worden sei. Grundsätzlich könnten nach der Rechtsprechung 60 % bzw. 66 2/3 % angesetzt werden (unter Verweis auf BGH Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08). Beim Kläger seien nur zwischen 50 % und 53,8 % angesetzt worden. Zusätzlich sei eine Reduzierung um 5 % erfolgt. Dem Kläger sei daher in hinreichendem Maße entgegengekommen worden.
Der Kläger ließ entgegnen, die Beklagte führe nur wenige Einsätze auf. Bei allen anderen Einsätzen sei der Kläger auch dabei gewesen. Alles andere sei lebensfremd. Die Beklagte möge darlegen, was der Kläger während der 178 Einsätze gemacht haben soll. Wie die Durchsicht der Verwaltungsakten zeige, sei die Dokumentation äußerst mangelhaft. Selbstverständlich schreibe sich der Kläger nicht ständig selbst auf die Einsatzpläne, da er natürlich als Chef die Einsätze kontrolliere und immer anwesend sei. Bliebe es bei der Nachforderung in voller Höhe, müsse der Kläger Insolvenz anmelden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 21.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2011 nur noch insoweit, als er die 25.000 EUR übersteigende Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 und die diesen Beiträgen zugeordneten Säumniszuschläge betrifft. Nicht zu überprüfen ist demgegenüber, ob die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht der Mitarbeiter des Klägers und den Beginn dieser Versicherungspflicht zutreffend festgestellt hat sowie der 25.000 EUR unterschreitende Nachforderungsbetrag. Insoweit werden die auch nach Auffassung des Senats schlüssigen Feststellungen der Beklagten vom Kläger nicht (mehr) bestritten.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Summenbescheid ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Nach dessen Satz 1 kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Satz 1 gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese nach Satz 3 zu schätzen. Dabei ist nach Satz 4 für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.
Der Kläger hat unstreitig seine Aufzeichnungspflichten verletzt. Nach seinem eigenen Vortrag liegen keinerlei Unterlagen über die Zahlung von Arbeitsentgelt an die Mitarbeiter vor. Er hätte aber nach § 28f Abs. 1 SGB IV Entgeltunterlagen für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Betriebsprüfung folgenden Kalenderjahres aufbewahren müssen. Solche Aufzeichnungen konnte der Kläger für den streitigen Zeitraum nicht vorweisen. Er hat demnach die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt. Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an (BSG Urt. v. 07.02.2002 - B 12 KR 12/01 R, SozR 3-2400 § 28f Nr. 3). Da selbst die Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte infolge der unterlassenen Aufzeichnungspflichten nicht ermittelbar war, hatte die Beklagte die Höhe des Arbeitsentgelts zu schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV).
Zu den Schätzmethoden enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger muss bei seiner Schätzung von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, ist aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis für den Beitragsschuldner nicht das Günstigste ist (Werner in jurisPK-SGB IV § 28f Rn. 66). Ausgeschlossen sind nur Schätzungen, die willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgehen. Diesen Anforderungen genügt das Vorgehen der Beklagten. Die der Beitragssumme zugrundegelegte Nettolohnsumme beruht auf einer nach Lage der Dinge sachgerechten Schätzung, die ihre Grundlage in den (wenn auch wenigen) noch feststellbaren tatsächlichen Verhältnissen hatte. Informationen zum Umfang der Arbeitsleistung standen der Beklagten nur insoweit zur Verfügung, als dass gegenüber den Auftraggebern nach Stunden abgerechnet wurde und dabei ein ermittelter Stundensatz von 13,00 EUR (2007), 13,50 EUR (2008) bzw. 14,00 EUR (2009) zum Ansatz kam. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Lohnanteil an den Einnahmen des Klägers dadurch ermittelt hat, dass sie den an die Mitarbeiter gezahlten Stundenlohn zu dem gegenüber den Auftraggebern abgerechneten Stundensatz ins Verhältnis gesetzt hat. Die so errechneten Nettolohnsummenquoten von 53,8 % (2007), 51,8 % (2008) und 50 % (2009) sind frei von Willkür. Ein Rückgriff auf eine zu ermittelnde branchenübliche Nettolohnquote (vgl. § 28f Abs. 2 S. 4 SGB IV; so für die Baubranche BGH Urt. v. 10.11.2009 – 1 StR 283/09, juris) war vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte von dem tatsächlich gezahlten Nettostundenlohn von 7,00 EUR ausgegangen ist. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung bezog sich nur auf den Umfang der von den Mitarbeitern erbrachten Arbeitsstunden und nicht auf den Stundenlohn. Abgesehen davon ist der Senat davon überzeugt, dass die Lohnquote in der Sicherheitsbranche, deren Betriebsmittelaufwendungen im Vergleich zur Baubranche weitaus geringer sind, sicherlich für den Kläger deutlich ungünstiger ausfiele.
Soweit der Kläger einwendet, seine eigene Arbeitsleistung sei nicht (hinreichend) berücksichtigt, kann er damit nicht durchdringen, da er die Schätzung nicht substantiiert in Frage gestellt hat. Er hat lediglich pauschal behauptet, er sei bei allen Einsätzen selbst dabei gewesen, ohne hierüber Nachweise zu führen. Der Einwand, der von der Beklagten ermittelte Anteil des Klägers von 3,26 % sei lebensfremd, ist pauschal und entbehrt jeglicher, nachvollziehbarer Grundlage. Der Kläger wird auf den aktenkundigen Listen zu den einzelnen Veranstaltungen vielmehr nur vereinzelt erwähnt. Außerdem trägt er selbst vor, er sei teilweise nur zur Kontrolle seiner Mitarbeiter dabei gewesen. Dies aber ist vordringliche Aufgabe eines Arbeitgebers und begründet keinen über den oben errechneten Anteil hinausgehenden Abschlag für Eigenleistungen. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass diese Leistungen in dem Anteil des Gesamtumsatzes enthalten sind, der sich nach Abzug des Lohnanteils ergibt. Die Beklagte war somit nicht verpflichtet, die Eigenleistungen des Klägers mit einem weiteren Abschlag zu berücksichtigen.
Der Verweis des Klägers darauf, der ihm verbleibende Gewinn müsse branchenüblich sein und für eine angemessene Deckung seines Lebensbedarfs reichen, kann die Schätzung ebenfalls nicht in Frage stellen. Der Kläger verkennt, dass die "Schmälerung" seines Gewinns der – von der Beklagten zutreffend vorgenommenen – Hochrechnung des ermittelten Nettolohns auf ein Bruttoarbeitsentgelt nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV geschuldet ist. Danach gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Daraus folgt, dass in solchen Fällen die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach dem sog. Abtastverfahren zu ermitteln sind. Vorliegend handelte es sich um illegale Beschäftigungsverhältnisse. Ein Beschäftigungsverhältnis ist "illegal" i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV, wenn objektiv zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts (Zahlungs-, Melde-, Aufzeichnungs-, Nachweispflichten) verletzt werden und die Verletzung dem Arbeitgeber im Sinne eines mindestens bedingten Vorsatzes vorwerfbar ist (BSG Urt. v. 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - SozR 4-2400 § 14 Nr. 13). Der Kläger hat aus den Beschäftigungsverhältnissen weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung und Arbeitsförderung abgeführt und darüber hinaus seine Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt, so dass er seine arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt hat. Die Verletzung dieser zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten ist ihm auch im Sinne eines zumindest bedingten Vorsatzes vorwerfbar. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls die Verletzung seiner Arbeitgeberpflichten ernsthaft für möglich hielt und sich zugleich damit abfand. Damit sind vorliegend die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV erfüllt, so dass der errechnete Nettolohn in einen Bruttolohn hochzurechnen war. In einem solchen Fall verbietet es sich, einen Vergleich mit legalen Beschäftigungsverhältnissen und daraus erzielten Gewinnen zu ziehen. Eine Gleichsetzung – wie sie der Kläger begehrt – würde der unterschiedlichen Kostenstruktur von legalen und illegalen Beschäftigungsverhältnissen nicht gerecht (dazu im Einzelnen BGH Urt. v. 10.11.2009 – 1 StR 283/09, juris-Rn. 22 ff.).
Auch im Übrigen sind hinsichtlich der Höhe der geforderten Beiträge und Umlagen Fehler in der Berechnung nicht substantiiert geltend gemacht und für den Senat auch nicht ersichtlich.
Schließlich ist auch die Auferlegung von Säumniszuschlägen rechtmäßig. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist nach § 24 Abs. 1 SGB IV für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 100 EUR ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert schriftlich anzufordern wäre. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Er hat vielmehr (jedenfalls bedingt) vorsätzlich keine Beiträge abgeführt (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 49.203,78 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 in Höhe von 49.203,78 EUR (inkl. Säumniszuschläge).
Der 1964 geborene Kläger betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum als selbständiger Unternehmer die Firma "F. S. & S." in F., welche Ordnungs- und Sicherheitsdienste für öffentliche und nicht öffentliche Veranstaltungen anbot. Einer anderweitigen Tätigkeit oder Beschäftigung ist er nicht nachgegangen. Unstreitig beschäftigte der Kläger vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 zur Ausführung seiner Aufträge Arbeitnehmer, für die er keine Sozialversicherungsbeiträge abführte und auch keine Lohnsteuer zahlte. Er meldete bis 31.07.2008 keinen einzigen Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an. Erst im weiteren Verlauf des Jahres 2008 sind Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte zur Sozialver¬sicherung angemeldet worden. Folgende Arbeitnehmer waren zur Sozialversicherung angemeldet: Sch., S. ab 01.08.2008 laufend geringfügig B., J. ab 01.09.2008 30.11.2008 geringfügig M., V. ab 01.11.2008 30.11.2008 geringfügig S., D. ab 01.12.2008 laufend geringfügig F., M. ab 01.05.2009 laufend geringfügig M., V. ab 01.05.2009 30.09.2009 geringfügig F., H. ab 01.05.2009 laufend geringfügig R., A. ab 02.05.2009 laufend geringfügig
Das Hauptzollamt K. – Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) – stellte im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens fest (Schlussbericht vom 22.10.2010, Bl. 181 der Verwaltungsakte (VA)), dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum mehrere Arbeitnehmer beschäftigte, ohne für diese Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Ar¬beitskräfte wurden bei Bedarf vom Kläger angerufen und an einen Treffpunkt bestellt. Nach Beendi¬gung des jeweiligen Auftrags zahlte der Kläger die Mitarbeiter in bar aus. Banküberweisungen bzw. Quittungen über ausgezahlte Beträge gab es nicht. Die Auswertung der im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme aufgefundenen Geschäftsunterlagen ergab, dass der Kläger im Zeitraum vom 26.03.2007 bis 25.04.2009 Rechnungen in Höhe von insgesamt 135.800,02 EUR an diverse Auf¬traggeber für Sicherheitsdienste erstellte. Die weitere Auswertung ergab, dass bei diesen Veranstaltungen zum Teil mehr als 50 Arbeitnehmer pro Einsatz für die "F. S. & S." tätig waren (z.B. eine Fastnachtsveranstaltung in R. am 30.1.2008). Eine Zuordnung der Rechnungsbeträge zu einzelnen Personen war allerdings nicht möglich. Das Hauptzollamt erstellte eine Auswertungstabelle "Rechnungen" (Rechnungssumme abzüglich Fahrtkosten), die nach Monaten sortiert ist (Bl. 367 ff. VA).
In der Strafsache des Klägers erging am 10.05.2011 ein mittlerweile rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Freudenstadt (Geschäfts-Nr. Ds Js 17 /2008 AK 2 /10; Bl. 135 ff. VA), mit dem der Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit pflicht¬widrigem In-Unkenntnis-Lassen der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozial¬versicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Mo¬naten verurteilt wurde. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Grundlage des Urteils war ein "Deal", wonach im Fall, dass der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einräume – wobei unter Be¬achtung des Grundsatzes in dubio pro reo unter strafrechtlichen Gesichtspunkten (ohne sozial¬rechtliches Präjudiz) von einem Schadensbetrag von nicht weniger als 25.000 EUR ausgegangen wurde – eine Rechtsfolge von nicht mehr als 7 Monaten Freiheitsstrafe vereinbart wurde. In der Urteils¬begründung wurde u.a. ausgeführt, durch das Han¬deln des Klägers sei der Sozialversicherung ein Schaden in Höhe von insgesamt nicht weniger als 20.000 EUR entstanden. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter des Hauptzollamts habe ausführlich erläutert, wie er – unter Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo – sämtliche verfügbaren Unterlagen des Klägers mit den erstellten Rechnungen und den über die Konten des Klägers verfügbaren Erkenntnissen abgeglichen habe und hierbei auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter Rückschlüsse abgeleitet habe. Allerdings sei es nicht möglich gewesen, das Ausmaß der eigenen Mitarbeit des Klägers vollständig zu klären. Damit hätten auch die vorsichtigen Berechnungen des Zeugen gravierenden Zweifeln unterzogen werden müssen. Letztlich habe jedoch – unter Anwendung strafrechtlicher Gesichtspunkte – ein Schadensbetrag von 20.000 EUR als sicher angenommen werden können.
Mit Schreiben vom 30.05.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 49.203,78 EUR (davon Säumniszuschläge in Höhe von 13.168,50 EUR) an. Der Kläger ließ daraufhin ausführen, richtig sei, dass er teilweise Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden und Beiträge abzuführen. Bei den Berechnungen sei jedoch außer Acht gelassen worden, dass der Kläger einen erheblichen Teil der Arbeitsleistung selbst erbracht habe. Darüber hinaus sei seine finanzielle Lage desolat. Er sei bereit Sozialversicherungsbeiträge nachzubezahlen, aber in geringerer Höhe.
Mit Bescheid vom 21.07.2011 setzte die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 15.12.2009 bis 30.05.2011 nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) i.V.m § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 49.203,78 EUR (inkl. Säumniszuschlägen i.H.v. 13.168,50 EUR) fest. Die Prüfung habe ergeben, dass der Kläger in der Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 mehrere Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diese anzumelden und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Auf die nicht rechtzeitig entrichteten Beiträge seien Säumniszuschläge zu erheben. Von der Kenntnis der Zahlungspflicht sei auszugehen. Der Kläger habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden. Da eine Zuordnung auf einzelne Personen nicht möglich sei, sei die Beitragsschuld anhand des Umsatzes ermittelt und im Rahmen eines Summenbescheides berechnet worden. Als Bemessungsgrundlage für die Beiträge seien die von der Ermittlungsbehörde festgestellten monatlichen Rechnungsbeträge herangezogen worden. Soweit nachweisbar, seien Fahrtkosten und ähnlicher Aufwand abgezogen worden. Von den Monatssummen seien außerdem jeweils 19 % Mehrwertsteuer abgezogen worden. Die so ermittelte Zahl sei dann mit dem Verhältnis 7,00 EUR zu 13,00 EUR bzw. 14,00 EUR (Stundenlohn und abgerechneter Stundensatz) multipliziert und davon dann pauschal 5 % für die vom Kläger selbst geleisteten Arbeitsstunden und der wenigen geringfügig Beschäftigten abgezogen worden. Dieser Monatsbetrag sei dann unter Berücksichtigung des Beitragssatzes der Techniker Krankenkasse, die mangels Zuordnung aufgrund der letzten beiden Ziffern der Betriebsnummer zuständig sei, auf einen Bruttomonatslohn, aus dem die Beiträge zu zahlen seien, hochgerechnet worden. Die Zusammenstellung ergibt sich aus den Anlagen zum Bescheid.
Zum Vortrag des Klägers im Anhörungsverfahren führte die Beklagte aus, nach herrschender Rechtsprechung sei bei fehlenden Lohnunterlagen oder anderen Nachweisen ein geschätzter Lohnsummenanteil von 60 bzw. 66 2/3 Prozent des Nettoumsatzes zugrundezulegen (unter Verweis auf BGH Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08 und Urt. v. 24.09.1986 – 3 StR 336/86). Leistungen bzw. Einkünfte des Arbeitgebers seien mit dem restlichen Anteil abgedeckt. Sie gehörten nicht zum Lohnsummenanteil. Im Fall des Klägers sei nicht vom weit höheren Nettoumsatz, sondern nur von den in den Rechnungen ausgewiesenen Arbeitsstunden ausgegangen worden. Je geleisteter Arbeitssunde habe der Kläger 13,00 EUR (2007), 13,50 EUR (2008) und 14,00 EUR (2009) abgerechnet. In der Berechnung sei nur von dem – vom Kläger angegebenen – Nettolohn von 7,00 EUR pro Stunde ausgegangen worden, was einem Lohnanteil von 53,8 % (2007), 51,8 % (2008) und 50 % (2009) entspreche. Von den so ermittelten Beträgen seien dann nochmals 5 % abgezogen worden, um die Leistungen des Klägers und die wenigen und nur kurz gemeldeten geringfügig Beschäftigten zu berücksichtigen.
Hiergegen legte der Kläger am 29.07.2011 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf seinen Vortrag im Anhörungsverfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 09.09.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Mit Beschluss vom 05.10.2011 ist der Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Reutlingen (SG) verwiesen worden. Zur Begründung hat der Kläger seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und ergänzend ausführen lassen, der Kläger habe bei Eingang der Aufträge geprüft, wie viele Personen er als Sicherheitskräfte benötigt. Primär habe er sich selbst eingeteilt, um auch die Koordinierung ggf. weiterer Mitarbeiter zu übernehmen. Er habe bei allen Aufträgen auch selbst mitgearbeitet. Lediglich dann, wenn zusätzliche Kräfte benötigt worden seien, habe der Kläger auf Aushilfen zurückgegriffen. Richtig sei, dass bei einigen Veranstaltungen die Mitarbeiter nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien und der Beklagten dadurch ein Schaden entstanden sei. Die Berechnung der Nachforderung sei dagegen nicht zutreffend. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger selbst bei den Aufträgen vor Ort gewesen sei und dort Dienst geleistet habe. Die Beklagte sei bislang nicht in der Lage gewesen detaillierte Berechnungen vorzulegen. Auch dem Kläger sei es nicht möglich, aufgrund fehlender Aufzeichnungen eine genaue Berechnung vorzulegen. Unterlagen, wer wann und wie gearbeitet habe, existierten nicht. Die Höhe der geforderten Beiträge zeige aber, dass die Berechnung falsch sei. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung gehe weit an der Realität vorbei. Die Beklagte habe keine richtige nachvollziehbare Grundlage für die angewandten, vom BGH bestätigten Regeln. Insofern sei auch das Gesamtergebnis falsch. Dies habe auch das Amtsgericht Freudenstadt so gesehen.
Mit Urteil vom 12.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Berechnung der Nachforderung sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 28f Abs. 2 SGB IV, wonach Beiträge von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte gefordert werden könnten, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzte. Der Kläger habe vorliegend unstreitig seine Aufzeichnungspflichten verletze. Unter diesen Voraussetzungen habe die Beklagte ausreichende eigene Ermittlungen i.S.v. § 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV angestellt. Grundsätzlich trage die Beklagte die Beweislast für eine personenbezogene Feststellung der Beitragsforderung. Seien vom Arbeitgeber aber nicht einmal die Personalien von Aushilfskräften aufgezeichnet worden, sei dieser Beweis zu Gunsten der Einzugsstelle als geführt anzusehen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflichten, zu denen insbesondere die Aufzeichnungspflicht gehöre, schuldhaft verletze und so die erforderliche Aufklärung verhindert habe (unter Verweis auf BSG Urt. v. 17.12.1985 – 12 RK 30/83). In diesem Fall habe dann auch der Arbeitgeber den Nachteil dafür zu tragen, dass sich nicht mehr feststellen lasse, ob unter den der Beitragsberechnung zugrundegelegten Entgelten möglicherweise auch Entgelte seien, die – etwa weil sie die Geringfügigkeitsgrenze – nicht überschreiten – beitragsfrei seien. Der Vortrag des Klägers, er habe einen erheblich größeren Anteil gegenüber den von der Beklagten zugrundegelegten Werten mit gearbeitet, sei pauschal und durch keinerlei Unterlagen substantiiert. Auch die Hochrechnung auf Bruttoarbeitsentgelte sei zulässig gewesen, da es sich um illegale Beschäftigungen gehandelt habe (§ 14 Abs. 2 SGB IV). Die Pflichtverstöße des Klägers seien im Sinne der Rechtsprechung (unter Verweis auf BSG Urt. v. 09.11.2011 – B 12 R 18/09 R) auch von einem subjektiven Element getragen gewesen, da dem Kläger in Auswertung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Freudenstadt zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte auf Grundlage der vorgefundenen Rechnungen mit ausgewiesenen Stundenzahlen und des vom Kläger angegebenen Stundenlohns von 7 EUR einen Lohnanteil zwischen 53,8 und 50 % angesetzt habe. Der BGH (Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08) sei sogar von einem Lohnanteil von 60 bzw. 66 2/3 % ausgegangen. Die übrigen Leistungen bzw. Einkünfte des Arbeitgebers beträfen den restlichen Anteil. Die Beklagte habe von den so ermittelten Beträgen noch 5 % für die eigenen Leistungen des Klägers und auch die der wenigen und nur kurz gemeldeten geringfügigen Beschäftigten abgezogen. Den Nachweis, dass er einen höheren Anteil am Nettoumsatz durch Eigenleistung selbst erwirtschaftet habe, habe der Kläger nicht geführt. Zur Widerlegung der Schätzung genüge ein pauschales Bestreiten nicht (unter Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 06.12.2011 – L 8 R 701/11 B ER). Auch im Übrigen sei die Berechnung nicht substantiiert bestritten. Anhaltspunkte für Rechenfehler lägen keine vor. Die Beitragsberechnung erweise sich damit als rechtmäßig. Die Beklagte habe schließlich auch Säumniszuschläge erheben dürfen, da dem Kläger zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen sei; die Voraussetzungen von § 24 Abs. 2 SGB IV, wonach keine Säumniszuschläge erhoben würden, wenn der Schuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe, lägen daher nicht vor.
Am 16.08.2012 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20.07.2012 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen und ergänzend ausgeführt, das SG habe einige Punkte außer Acht gelassen. Die Beklagte habe es sich zu einfach gemacht und die Beitragsforderung nur überschlägig berechnet. Richtig sei zwar, dass der Kläger seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und er einige Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe. Die Beklagte habe aber völlig außer Acht gelassen, dass der Kläger selbst im Unternehmen tätig gewesen sei. Es dürfe nicht nur pauschal ein Prozentsatz abgezogen werden. Es müsse der Gesamtumsatz des Arbeitgebers mit in den Blick genommen werden. Dieser müsse ins Verhältnis mit einem branchenüblichen Gewinn gesetzt werden. Reiche der so errechnete Gewinn nicht für eine angemessene Deckung des Lebensbedarfs aus, könne die Berechnung der Beitragsnachforderung nicht richtig sein. So sei es auch im vorliegenden Fall. Der Kläger müsse denknotwendig mehr gearbeitet haben. Er habe keine andere Tätigkeit ausgeübt. Bei seiner finanziellen Lage sei es nicht möglich gewesen, dass er nur "Däumchen dreht". Insofern müsse auch ein Bestreiten im Hinblick auf die Schätzung genügen. Die Beklagte müsse bei ihrer Schätzung zumindest glaubhaft machen, dass sie die Eigenleistung des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt habe. Dies sei nicht geschehen. Die Berechnung sei daher unrichtig. Dies habe auch das Amtsgericht Freudenstadt so gesehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 21.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2011 aufzuheben, soweit ein Nachforderungsbetrag über 25.000 EUR festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und sich dem Urteil des SG angeschlossen.
Am 28.11.2013 hat das LSG die Rechts- und Sachlage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Im Anschluss hat die Beklagte eine erneute Prüfung der angesetzten 5 % für u.a. Eigenleistungen des Klägers vorgenommen und ergänzend vorgetragen, es gebe keine Veranlassung von diesem Wert abzuweichen. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen sei zu ersehen, dass der Kläger nachweislich nicht bei jeder Veranstaltung mitgearbeitet habe. Zum einen sei dies nicht möglich gewesen, da verschiedene Veranstaltungen am gleichen Tag stattgefunden hätten, zum anderen sei aus den Listen der Veranstaltungen, für die die jeweiligen Vornamen der Mitarbeiter notiert worden seien, ersichtlich, dass der Name "M." oder "Chef" nur in wenigen Veranstaltungen auftauche. Aktenkundig seien acht Veranstaltungen, für die jeweils die Vornamen aufgeführt seien. Es ergäben sich insgesamt 184 Einsätze, davon seien nur sechs Einsätze durch den Kläger selbst erledigt worden. Dies ergebe einen prozentualen Anteil von 3,26 %. Darüber hinaus werde verkannt, dass schon zugunsten des Klägers von geringeren Lohnanteilen ausgegangen worden sei. Grundsätzlich könnten nach der Rechtsprechung 60 % bzw. 66 2/3 % angesetzt werden (unter Verweis auf BGH Urt. v. 02.12.2008 – 1 StR 416/08). Beim Kläger seien nur zwischen 50 % und 53,8 % angesetzt worden. Zusätzlich sei eine Reduzierung um 5 % erfolgt. Dem Kläger sei daher in hinreichendem Maße entgegengekommen worden.
Der Kläger ließ entgegnen, die Beklagte führe nur wenige Einsätze auf. Bei allen anderen Einsätzen sei der Kläger auch dabei gewesen. Alles andere sei lebensfremd. Die Beklagte möge darlegen, was der Kläger während der 178 Einsätze gemacht haben soll. Wie die Durchsicht der Verwaltungsakten zeige, sei die Dokumentation äußerst mangelhaft. Selbstverständlich schreibe sich der Kläger nicht ständig selbst auf die Einsatzpläne, da er natürlich als Chef die Einsätze kontrolliere und immer anwesend sei. Bliebe es bei der Nachforderung in voller Höhe, müsse der Kläger Insolvenz anmelden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 21.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2011 nur noch insoweit, als er die 25.000 EUR übersteigende Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.05.2009 und die diesen Beiträgen zugeordneten Säumniszuschläge betrifft. Nicht zu überprüfen ist demgegenüber, ob die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht der Mitarbeiter des Klägers und den Beginn dieser Versicherungspflicht zutreffend festgestellt hat sowie der 25.000 EUR unterschreitende Nachforderungsbetrag. Insoweit werden die auch nach Auffassung des Senats schlüssigen Feststellungen der Beklagten vom Kläger nicht (mehr) bestritten.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Summenbescheid ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Nach dessen Satz 1 kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Satz 1 gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese nach Satz 3 zu schätzen. Dabei ist nach Satz 4 für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.
Der Kläger hat unstreitig seine Aufzeichnungspflichten verletzt. Nach seinem eigenen Vortrag liegen keinerlei Unterlagen über die Zahlung von Arbeitsentgelt an die Mitarbeiter vor. Er hätte aber nach § 28f Abs. 1 SGB IV Entgeltunterlagen für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Betriebsprüfung folgenden Kalenderjahres aufbewahren müssen. Solche Aufzeichnungen konnte der Kläger für den streitigen Zeitraum nicht vorweisen. Er hat demnach die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt. Auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an (BSG Urt. v. 07.02.2002 - B 12 KR 12/01 R, SozR 3-2400 § 28f Nr. 3). Da selbst die Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte infolge der unterlassenen Aufzeichnungspflichten nicht ermittelbar war, hatte die Beklagte die Höhe des Arbeitsentgelts zu schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV).
Zu den Schätzmethoden enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger muss bei seiner Schätzung von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, ist aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis für den Beitragsschuldner nicht das Günstigste ist (Werner in jurisPK-SGB IV § 28f Rn. 66). Ausgeschlossen sind nur Schätzungen, die willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgehen. Diesen Anforderungen genügt das Vorgehen der Beklagten. Die der Beitragssumme zugrundegelegte Nettolohnsumme beruht auf einer nach Lage der Dinge sachgerechten Schätzung, die ihre Grundlage in den (wenn auch wenigen) noch feststellbaren tatsächlichen Verhältnissen hatte. Informationen zum Umfang der Arbeitsleistung standen der Beklagten nur insoweit zur Verfügung, als dass gegenüber den Auftraggebern nach Stunden abgerechnet wurde und dabei ein ermittelter Stundensatz von 13,00 EUR (2007), 13,50 EUR (2008) bzw. 14,00 EUR (2009) zum Ansatz kam. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Lohnanteil an den Einnahmen des Klägers dadurch ermittelt hat, dass sie den an die Mitarbeiter gezahlten Stundenlohn zu dem gegenüber den Auftraggebern abgerechneten Stundensatz ins Verhältnis gesetzt hat. Die so errechneten Nettolohnsummenquoten von 53,8 % (2007), 51,8 % (2008) und 50 % (2009) sind frei von Willkür. Ein Rückgriff auf eine zu ermittelnde branchenübliche Nettolohnquote (vgl. § 28f Abs. 2 S. 4 SGB IV; so für die Baubranche BGH Urt. v. 10.11.2009 – 1 StR 283/09, juris) war vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte von dem tatsächlich gezahlten Nettostundenlohn von 7,00 EUR ausgegangen ist. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung bezog sich nur auf den Umfang der von den Mitarbeitern erbrachten Arbeitsstunden und nicht auf den Stundenlohn. Abgesehen davon ist der Senat davon überzeugt, dass die Lohnquote in der Sicherheitsbranche, deren Betriebsmittelaufwendungen im Vergleich zur Baubranche weitaus geringer sind, sicherlich für den Kläger deutlich ungünstiger ausfiele.
Soweit der Kläger einwendet, seine eigene Arbeitsleistung sei nicht (hinreichend) berücksichtigt, kann er damit nicht durchdringen, da er die Schätzung nicht substantiiert in Frage gestellt hat. Er hat lediglich pauschal behauptet, er sei bei allen Einsätzen selbst dabei gewesen, ohne hierüber Nachweise zu führen. Der Einwand, der von der Beklagten ermittelte Anteil des Klägers von 3,26 % sei lebensfremd, ist pauschal und entbehrt jeglicher, nachvollziehbarer Grundlage. Der Kläger wird auf den aktenkundigen Listen zu den einzelnen Veranstaltungen vielmehr nur vereinzelt erwähnt. Außerdem trägt er selbst vor, er sei teilweise nur zur Kontrolle seiner Mitarbeiter dabei gewesen. Dies aber ist vordringliche Aufgabe eines Arbeitgebers und begründet keinen über den oben errechneten Anteil hinausgehenden Abschlag für Eigenleistungen. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass diese Leistungen in dem Anteil des Gesamtumsatzes enthalten sind, der sich nach Abzug des Lohnanteils ergibt. Die Beklagte war somit nicht verpflichtet, die Eigenleistungen des Klägers mit einem weiteren Abschlag zu berücksichtigen.
Der Verweis des Klägers darauf, der ihm verbleibende Gewinn müsse branchenüblich sein und für eine angemessene Deckung seines Lebensbedarfs reichen, kann die Schätzung ebenfalls nicht in Frage stellen. Der Kläger verkennt, dass die "Schmälerung" seines Gewinns der – von der Beklagten zutreffend vorgenommenen – Hochrechnung des ermittelten Nettolohns auf ein Bruttoarbeitsentgelt nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV geschuldet ist. Danach gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Daraus folgt, dass in solchen Fällen die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach dem sog. Abtastverfahren zu ermitteln sind. Vorliegend handelte es sich um illegale Beschäftigungsverhältnisse. Ein Beschäftigungsverhältnis ist "illegal" i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV, wenn objektiv zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts (Zahlungs-, Melde-, Aufzeichnungs-, Nachweispflichten) verletzt werden und die Verletzung dem Arbeitgeber im Sinne eines mindestens bedingten Vorsatzes vorwerfbar ist (BSG Urt. v. 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - SozR 4-2400 § 14 Nr. 13). Der Kläger hat aus den Beschäftigungsverhältnissen weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung und Arbeitsförderung abgeführt und darüber hinaus seine Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt, so dass er seine arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt hat. Die Verletzung dieser zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten ist ihm auch im Sinne eines zumindest bedingten Vorsatzes vorwerfbar. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls die Verletzung seiner Arbeitgeberpflichten ernsthaft für möglich hielt und sich zugleich damit abfand. Damit sind vorliegend die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV erfüllt, so dass der errechnete Nettolohn in einen Bruttolohn hochzurechnen war. In einem solchen Fall verbietet es sich, einen Vergleich mit legalen Beschäftigungsverhältnissen und daraus erzielten Gewinnen zu ziehen. Eine Gleichsetzung – wie sie der Kläger begehrt – würde der unterschiedlichen Kostenstruktur von legalen und illegalen Beschäftigungsverhältnissen nicht gerecht (dazu im Einzelnen BGH Urt. v. 10.11.2009 – 1 StR 283/09, juris-Rn. 22 ff.).
Auch im Übrigen sind hinsichtlich der Höhe der geforderten Beiträge und Umlagen Fehler in der Berechnung nicht substantiiert geltend gemacht und für den Senat auch nicht ersichtlich.
Schließlich ist auch die Auferlegung von Säumniszuschlägen rechtmäßig. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist nach § 24 Abs. 1 SGB IV für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 100 EUR ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert schriftlich anzufordern wäre. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Er hat vielmehr (jedenfalls bedingt) vorsätzlich keine Beiträge abgeführt (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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