Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 1935/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 20.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 wird dahingehend abgeändert, dass dem Kläger zusätzliche Leistungen für Heizung in Höhe von 29,05 EUR monatlich im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 gewährt werden. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendete sich ursprünglich gegen die Anrechnung eines Guthabens aus der Jahresabrechnung seiner Elektrizitätsversorgung auf seine Leistungen der Grundsicherung nach den Vorschriften des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II).
Der Kläger bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Wohnung, die mittels Nachtspeicheröfen beheizt wurde, und in der die Warmwasserbereitung über Durchlauferhitzer erfolgte. Eine gesonderte Erfassung des Stromverbrauchs für die Nachtspeicheröfen, die Durchlauferhitzer sowie den sonstigen Stromverbrauch erfolgte nicht. Der vom Energieversorger zur Verfügung gestellte Stromzähler erfasste lediglich getrennt den Verbrauch in der Hochtarifzeit (HT, 6-24 Uhr) und der Niedertarifzeit (NT, 0-6 Uhr, Zeitangaben laut www.F.de).
Der Kläger bezieht seit Oktober 2009 von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung. Am 05.06.2012 stellte der Kläger einen Verlängerungsantrag. Mit Bescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.12.2012. Dabei legte die Beklagte einen Bedarf für die Kosten für Unterkunft i.H.v. 267,59 EUR monatlich zu Grunde. Heizkosten wurden zunächst nicht berücksichtigt. Am 16.07.2012 reichte der Kläger die Jahresabrechnung seines Elektrizitätsversorgung, der F X X1, vom 09.07.2012 für den Zeitraum 23.06.2011 bis 27.06.2012 ein. Diese Abrechnung schloss mit einem Guthaben i.H.v. 196,88 EUR unter Festsetzung eines neuen Abschlags von 166 EUR ab Juli 2012 ab. Dabei zog sie von dem errechneten Guthaben den neuen Abschlag für Juli 2012 ab, so dass ein Restguthaben i.H.v. 30,68 EUR verblieb, dass dem Konto des Klägers gutgeschrieben wurde. Laut der Abrechnung setze sich der Gesamtbetrag für den Abrechnungszeitraum (ohne Umsatzsteuer) i.H.v. 1258,25 EUR wie folgt zusammen:
Grundpreis 134,84 EUR Arbeitspreis HT 175,61 EUR Arbeitspreis NT 947,80 EUR
Diesen Kosten inklusive Umsatzsteuer i.H.v. 1497,32 EUR standen gezahlte Abschläge i.H.v. 1694,00 EUR gegenüber.
Eine Differenzierung des Abschlages nach den Tarifen HT bzw. NT erfolgte wie in den Vorjahren nicht.
Mit dem streitgegenständlichen Änderungsbescheid vom 18.07.2012 rechnete die Beklagte das Guthaben im Monat Juli 2012 auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung an. Außerdem wurde der neue Abschlag i.H.v. 166 EUR abzüglich eines Anteils für die Haushaltsenergie i.H.v. 29,05 EUR als Bedarf für Heizkosten ab Juli 2012 berücksichtigt. Mithin verblieb dem Kläger bei einem berechneten Gesamtbedarf für die Kosten für Unterkunft und Heizung von 404,54 EUR im Juli eine entsprechende Leistung i.H.v. 207,86 EUR. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.07.2012 Widerspruch. Diesen begründete er mit der rechnerischen Trennung von Haushaltsstrom und Heizstrom. Dabei stellte er der Gesamtforderung des Versorgers für den Tarif NT den zuvor von der Beklagten bewilligten Heizkostenabschlägen gegenüber. Hieraus errechnete er ein Guthaben für Heizkosten i.H.v. 70,19 EUR. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 zurück. Dabei änderte sie den streitgegenständlichen Bescheid insoweit, als dass das Guthaben nunmehr nicht im Juli 2012 sondern im August 2012 angerechnet wurde. Da sich weder aus der Jahresabrechnung (nach telefonischer Nachfrage F am 09.10.2012) noch sonst eine getrennte Abrechnung von Haushalts- und Heizstrom erkennen lasse, sei das Guthaben bei der Leistungsberechnung voll berücksichtigt worden. Die Haushaltsenergie gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Sie sei aus dem Regelsatz zu bestreiten. Deshalb sei von dem einheitlichen Abschlag der Anteils der Energiekosten, der im Regelbedarf enthalten sei, abzusetzen.
Hiergegen richtet sich die am 29.10.2012 erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, dass seine Wohnung nicht mit separaten Zwischenzählern, die z.B. die Nachtspeicheröfen und den Durchlauferhitzer gesondert erfassten, ausgestattet sei. Deshalb müssten zur Errechnung des anzurechnenden Heizkostenguthabens zunächst der "Eigenanteil" des Klägers für Haushaltsstrom, berechnet anhand des Abzugsbetrages bei den laufenden Abschlägen, vom Guthaben abgesetzt werden. Alternativ müsse auf den ungefähren tatsächlichen Stromverbrauch des Klägers für alle Elektrogeräte mit Ausnahme des Durchlauferhitzers und der Gebläse für die Nachtspeicherheizung abgestellt werden. Letztendlich sei der von der Beklagten angenommene Absatzbetrag bei den laufenden Abschlägen willkürlich. Es sei aber ohnehin der vom Vorsitzenden geäußerten Rechtsauffassung zu folgen, wonach die gesamten Abschläge Heizkosten darstellen, wenn dies auch dazu führe, dass dann das gesamte Guthaben anzurechnen sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 20.07.2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger zusätzliche Leistungen für Heizkosten in Höhe von 29,05 EUR monatlich im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 gewährt werden,
hilfsweise, den Bescheid vom 20.07.2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 dahingehend abzuändern, dass im August 2012 nur ein Heizkostenguthaben i.H.v. 89,26 EUR auf den Leistungsanspruch des Klägers angerechnet sowie im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 zusätzliche Leistungen in Form eines Mehrbedarfs für die Warmwasserversorgung nach den gesetzlichen Vorschriften gewährt werden,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Solange keine getrennte Verbrauchserfassung für Heizungsstrom und Haushaltsstrom mit der Folge belegter Daten vorliege, z.B. anhand gesonderter Zwischenzähler oder aufgrund gesonderter Tarife sei die Berechnungsweise der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Haushaltsenergie gehöre grundsätzlich nicht zu den Unterkunftskosten und sei im Rahmen der Bedarfe für die Unterkunft nicht anzuerkennen. Wenn für Heizung und sonstigen Energiebedarf ein einheitlicher Betrag erhoben werde, und eine Differenzierung nicht möglich sei, sei von dem einheitlichen Betrag der Anteil von Energiekosten, der im Regelsatz enthalten sei, abzusetzen. Dieser Restbetrag werde als laufende Leistungen für die Heizkosten berücksichtigt. Die vorgetragene Berechnung des tatsächlichen Energieverbrauchs sei äußerst fragwürdig. Sofern das Gericht meine, dass hier das gesamte Heizkostenguthaben deswegen abzusetzen sei, weil der gesamte Stromabschlag als Heizkosten zu berücksichtigen sei, und hierbei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R), sei dieser Verweis falsch. Hier liege keine Inklusivmiete vor.
Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide waren insoweit rechtswidrig, als dass dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen für Heizkosten nicht in der vollen Höhe der vom Kläger an seinen Elektrizitätsversorger zu zahlenden Abschläge bewilligt wurden. In dieser Hinsicht ist der Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 beschwert.
Anspruchsgrundlage ist § 19 Abs. 1 S. 1, 3, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten danach Arbeitslosengeld II. Diese Leistung umfasst u.a. den Bedarf für Heizung. Der Bedarf für Heizung wiederum wird in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit dieser angemessen ist. Im streitgegenständlichen Zeitraum umfasste der Bedarf für Heizung die an den Elektrizitätsversorger zu zahlenden Abschläge, und zwar ohne den von dem Beklagten in Abzug gebrachten rechnerisch im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Haushaltsenergie von 29,05 EUR monatlich.
Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus folgenden Erwägungen. Einerseits gehören grundsätzlich zu den Heizkosten (nur) diejenigen Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte im jeweiligen Berechnungsmonat machen muss, um die von ihm bewohnten Räumlichkeiten zu erwärmen bzw. erwärmen zu können. Wird eine Unterkunft dabei mit Hilfe einer Elektroheizung beheizt, so zählen zu den Heizkosten im Grundsatz (nur) diejenigen Aufwendungen für Elektroenergie, die auf den Betrieb der Elektroheizung selbst entfallen. Aufwendungen für Haushaltsenergie, die nicht auf Heizung (und die Erzeugung von Warmwasser) entfallenden, sind demgegenüber vom Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB II) erfasst und mit der diesbezüglichen Leistungen unabhängig von der tatsächlichen Höhe abgegolten. Verlangt dabei der Versorger im betreffenden Monat einen Abschlag, so stellt dieser die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung dar, unabhängig, in welchem Ausmaß in diesem Monat Heizenergie tatsächlich verbraucht wird. Bei einer Elektroheizung kann der laufende Bedarf für die Heizung - in Abgrenzung zum Bedarf für die sonstige Haushaltsenergie und die Energie für die Warmwasserbereitung - dann unproblematisch ermittelt werden, wenn der Elektrizitätsversorger einen gesonderten Abschlag gerade für die von der Heizungsanlage verbrauchte Elektroenergie verlangt. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben: Im Falle des Klägers verlangt der Elektrizitätsversorger einen einheitlichen, undifferenzierten monatlichen Abschlag. Daraus geht nicht hervor, dass sich ein bestimmter Anteil hiervon auf Heizenergie bezieht. Aus Sicht des Versorgers kann es eine solche Differenzierung auch gar nicht geben. Denn der Versorger erfasst den tatsächlichen Verbrauch der Heizungsanlage nicht getrennt. Insbesondere verfügt die Wohnung des Klägers nicht über einen Zwischenzähler, von dem der Verbrauch der Heizungsanlage abgelesen werden könnte. Zwar erfasst der Versorger den Stromverbrauch im Hinblick auf die Heizungsanlage in zwei gesonderten Tarifen (NT und HT). Das Gericht hat jedoch davon abgesehen, durch Nachfrage beim Versorger zu klären, inwieweit der erwartete Verbrauch in den Tarifen HT und NT jeweils in den Abschlag eingeflossen ist. Denn auf welchen Tarif der Verbrauch jeweils entfällt, bestimmt sich nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch der Heizungsanlage bzw. der übrigen Elektrogeräte, sondern allein danach, ob der Verbrauch in der dem jeweiligen Tarif zugeordneten Tarifzeit entfällt. Zwar kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Stromverbrauch der Heizungsanlage schwerpunktmäßig in der Tarifzeit des NT und derjenige der übrigen Elektrogeräte schwerpunktmäßig in der Tarifzeit des HT stattfindet. Dies ist jedoch lediglich eine Annäherung. Weder ist gesichert, dass die Heizung nur in der NT-Tarifzeit betrieben wird - was schon deshalb der Fall ist, weil nach den glaubhaften Angaben des Klägers die Heizung über Lüfter verfügt, die tagsüber laufen. Noch ist ausgeschlossen, dass in der NT-Tarifzeit Strom in nicht völlig trivialem Umfang von anderen Elektrogeräten, wie etwa einer Waschmaschine, verbraucht wird. Selbst wenn also - was nicht der Fall ist - der Abschlag nach HT und NT differenziert wäre, so wäre dies allenfalls ein Näherungswert für den Anteil der Heizkosten (und der Kosten für die Warmwasserbereitung). Es käme jedoch nach Auffassung der Kammer für die Beurteilung des Abschlags im Rahmen von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II darauf an, dass der Versorger einen bestimmten Betrag (nur) für Heizkosten verlangt, was er nicht tut. Dies alles erkennt im Ergebnis auch der Beklagte an. Er meint jedoch, es sei im Hinblick auf die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II notwendig, vom undifferenzierten Gesamtabschlag den rechnerischen Anteil für die übrige Haushaltsenergie abzuziehen. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch eine unzulässige Methode, um eine - an sich gebotene - Differenzierung zwischen Heiz- und übrigen Energiekosten vorzunehmen. Hierzu verweist das Gericht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R) zu einer sogenannten Inklusivmiete, bei der der zu entrichtende Mietzins einen unbestimmten Betrag für Elektroenergie enthält. Einem Herausrechnen des in der Regelleistung für die Haushaltsenergie zugrunde gelegten Betrags stehe, so das BSG, entgegen, dass nach dem Leistungssystem des SGB II eine individuelle Bedarfsermittlung bzw. abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Dies gelte sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Hilfebedürftigen. Diese Erwägung lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen, in dem ebenfalls ein unbestimmter Betrag für nicht Heizzwecken dienende Elektroenergie in einer Zahlungsverpflichtung enthalten ist, die anerkanntermaßen zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung gehört.
Zu Recht hat die Beklagte allerdings das sich aus der Abrechnung des Versorgers ergebende Guthaben in voller Höhe nach § 22 Abs. 3 SGB II auf den Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung im August 2012 angerechnet. Da der gesamte Abschlag im Abrechnungszeitraum zu berücksichtigende Kosten für Heizung darstellte, ist eine Differenzierung innerhalb des Guthabens zwischen Heiz- und sonstigem Strom nicht angezeigt. Aus dem selben Grund ist ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung (§ 21 Abs. 7 SGB II) nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger wendete sich ursprünglich gegen die Anrechnung eines Guthabens aus der Jahresabrechnung seiner Elektrizitätsversorgung auf seine Leistungen der Grundsicherung nach den Vorschriften des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II).
Der Kläger bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Wohnung, die mittels Nachtspeicheröfen beheizt wurde, und in der die Warmwasserbereitung über Durchlauferhitzer erfolgte. Eine gesonderte Erfassung des Stromverbrauchs für die Nachtspeicheröfen, die Durchlauferhitzer sowie den sonstigen Stromverbrauch erfolgte nicht. Der vom Energieversorger zur Verfügung gestellte Stromzähler erfasste lediglich getrennt den Verbrauch in der Hochtarifzeit (HT, 6-24 Uhr) und der Niedertarifzeit (NT, 0-6 Uhr, Zeitangaben laut www.F.de).
Der Kläger bezieht seit Oktober 2009 von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung. Am 05.06.2012 stellte der Kläger einen Verlängerungsantrag. Mit Bescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.12.2012. Dabei legte die Beklagte einen Bedarf für die Kosten für Unterkunft i.H.v. 267,59 EUR monatlich zu Grunde. Heizkosten wurden zunächst nicht berücksichtigt. Am 16.07.2012 reichte der Kläger die Jahresabrechnung seines Elektrizitätsversorgung, der F X X1, vom 09.07.2012 für den Zeitraum 23.06.2011 bis 27.06.2012 ein. Diese Abrechnung schloss mit einem Guthaben i.H.v. 196,88 EUR unter Festsetzung eines neuen Abschlags von 166 EUR ab Juli 2012 ab. Dabei zog sie von dem errechneten Guthaben den neuen Abschlag für Juli 2012 ab, so dass ein Restguthaben i.H.v. 30,68 EUR verblieb, dass dem Konto des Klägers gutgeschrieben wurde. Laut der Abrechnung setze sich der Gesamtbetrag für den Abrechnungszeitraum (ohne Umsatzsteuer) i.H.v. 1258,25 EUR wie folgt zusammen:
Grundpreis 134,84 EUR Arbeitspreis HT 175,61 EUR Arbeitspreis NT 947,80 EUR
Diesen Kosten inklusive Umsatzsteuer i.H.v. 1497,32 EUR standen gezahlte Abschläge i.H.v. 1694,00 EUR gegenüber.
Eine Differenzierung des Abschlages nach den Tarifen HT bzw. NT erfolgte wie in den Vorjahren nicht.
Mit dem streitgegenständlichen Änderungsbescheid vom 18.07.2012 rechnete die Beklagte das Guthaben im Monat Juli 2012 auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung an. Außerdem wurde der neue Abschlag i.H.v. 166 EUR abzüglich eines Anteils für die Haushaltsenergie i.H.v. 29,05 EUR als Bedarf für Heizkosten ab Juli 2012 berücksichtigt. Mithin verblieb dem Kläger bei einem berechneten Gesamtbedarf für die Kosten für Unterkunft und Heizung von 404,54 EUR im Juli eine entsprechende Leistung i.H.v. 207,86 EUR. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.07.2012 Widerspruch. Diesen begründete er mit der rechnerischen Trennung von Haushaltsstrom und Heizstrom. Dabei stellte er der Gesamtforderung des Versorgers für den Tarif NT den zuvor von der Beklagten bewilligten Heizkostenabschlägen gegenüber. Hieraus errechnete er ein Guthaben für Heizkosten i.H.v. 70,19 EUR. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 zurück. Dabei änderte sie den streitgegenständlichen Bescheid insoweit, als dass das Guthaben nunmehr nicht im Juli 2012 sondern im August 2012 angerechnet wurde. Da sich weder aus der Jahresabrechnung (nach telefonischer Nachfrage F am 09.10.2012) noch sonst eine getrennte Abrechnung von Haushalts- und Heizstrom erkennen lasse, sei das Guthaben bei der Leistungsberechnung voll berücksichtigt worden. Die Haushaltsenergie gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Sie sei aus dem Regelsatz zu bestreiten. Deshalb sei von dem einheitlichen Abschlag der Anteils der Energiekosten, der im Regelbedarf enthalten sei, abzusetzen.
Hiergegen richtet sich die am 29.10.2012 erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, dass seine Wohnung nicht mit separaten Zwischenzählern, die z.B. die Nachtspeicheröfen und den Durchlauferhitzer gesondert erfassten, ausgestattet sei. Deshalb müssten zur Errechnung des anzurechnenden Heizkostenguthabens zunächst der "Eigenanteil" des Klägers für Haushaltsstrom, berechnet anhand des Abzugsbetrages bei den laufenden Abschlägen, vom Guthaben abgesetzt werden. Alternativ müsse auf den ungefähren tatsächlichen Stromverbrauch des Klägers für alle Elektrogeräte mit Ausnahme des Durchlauferhitzers und der Gebläse für die Nachtspeicherheizung abgestellt werden. Letztendlich sei der von der Beklagten angenommene Absatzbetrag bei den laufenden Abschlägen willkürlich. Es sei aber ohnehin der vom Vorsitzenden geäußerten Rechtsauffassung zu folgen, wonach die gesamten Abschläge Heizkosten darstellen, wenn dies auch dazu führe, dass dann das gesamte Guthaben anzurechnen sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 20.07.2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger zusätzliche Leistungen für Heizkosten in Höhe von 29,05 EUR monatlich im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 gewährt werden,
hilfsweise, den Bescheid vom 20.07.2012 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 dahingehend abzuändern, dass im August 2012 nur ein Heizkostenguthaben i.H.v. 89,26 EUR auf den Leistungsanspruch des Klägers angerechnet sowie im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 zusätzliche Leistungen in Form eines Mehrbedarfs für die Warmwasserversorgung nach den gesetzlichen Vorschriften gewährt werden,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Solange keine getrennte Verbrauchserfassung für Heizungsstrom und Haushaltsstrom mit der Folge belegter Daten vorliege, z.B. anhand gesonderter Zwischenzähler oder aufgrund gesonderter Tarife sei die Berechnungsweise der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Haushaltsenergie gehöre grundsätzlich nicht zu den Unterkunftskosten und sei im Rahmen der Bedarfe für die Unterkunft nicht anzuerkennen. Wenn für Heizung und sonstigen Energiebedarf ein einheitlicher Betrag erhoben werde, und eine Differenzierung nicht möglich sei, sei von dem einheitlichen Betrag der Anteil von Energiekosten, der im Regelsatz enthalten sei, abzusetzen. Dieser Restbetrag werde als laufende Leistungen für die Heizkosten berücksichtigt. Die vorgetragene Berechnung des tatsächlichen Energieverbrauchs sei äußerst fragwürdig. Sofern das Gericht meine, dass hier das gesamte Heizkostenguthaben deswegen abzusetzen sei, weil der gesamte Stromabschlag als Heizkosten zu berücksichtigen sei, und hierbei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R), sei dieser Verweis falsch. Hier liege keine Inklusivmiete vor.
Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide waren insoweit rechtswidrig, als dass dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen für Heizkosten nicht in der vollen Höhe der vom Kläger an seinen Elektrizitätsversorger zu zahlenden Abschläge bewilligt wurden. In dieser Hinsicht ist der Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 beschwert.
Anspruchsgrundlage ist § 19 Abs. 1 S. 1, 3, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten danach Arbeitslosengeld II. Diese Leistung umfasst u.a. den Bedarf für Heizung. Der Bedarf für Heizung wiederum wird in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit dieser angemessen ist. Im streitgegenständlichen Zeitraum umfasste der Bedarf für Heizung die an den Elektrizitätsversorger zu zahlenden Abschläge, und zwar ohne den von dem Beklagten in Abzug gebrachten rechnerisch im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Haushaltsenergie von 29,05 EUR monatlich.
Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus folgenden Erwägungen. Einerseits gehören grundsätzlich zu den Heizkosten (nur) diejenigen Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte im jeweiligen Berechnungsmonat machen muss, um die von ihm bewohnten Räumlichkeiten zu erwärmen bzw. erwärmen zu können. Wird eine Unterkunft dabei mit Hilfe einer Elektroheizung beheizt, so zählen zu den Heizkosten im Grundsatz (nur) diejenigen Aufwendungen für Elektroenergie, die auf den Betrieb der Elektroheizung selbst entfallen. Aufwendungen für Haushaltsenergie, die nicht auf Heizung (und die Erzeugung von Warmwasser) entfallenden, sind demgegenüber vom Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB II) erfasst und mit der diesbezüglichen Leistungen unabhängig von der tatsächlichen Höhe abgegolten. Verlangt dabei der Versorger im betreffenden Monat einen Abschlag, so stellt dieser die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung dar, unabhängig, in welchem Ausmaß in diesem Monat Heizenergie tatsächlich verbraucht wird. Bei einer Elektroheizung kann der laufende Bedarf für die Heizung - in Abgrenzung zum Bedarf für die sonstige Haushaltsenergie und die Energie für die Warmwasserbereitung - dann unproblematisch ermittelt werden, wenn der Elektrizitätsversorger einen gesonderten Abschlag gerade für die von der Heizungsanlage verbrauchte Elektroenergie verlangt. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben: Im Falle des Klägers verlangt der Elektrizitätsversorger einen einheitlichen, undifferenzierten monatlichen Abschlag. Daraus geht nicht hervor, dass sich ein bestimmter Anteil hiervon auf Heizenergie bezieht. Aus Sicht des Versorgers kann es eine solche Differenzierung auch gar nicht geben. Denn der Versorger erfasst den tatsächlichen Verbrauch der Heizungsanlage nicht getrennt. Insbesondere verfügt die Wohnung des Klägers nicht über einen Zwischenzähler, von dem der Verbrauch der Heizungsanlage abgelesen werden könnte. Zwar erfasst der Versorger den Stromverbrauch im Hinblick auf die Heizungsanlage in zwei gesonderten Tarifen (NT und HT). Das Gericht hat jedoch davon abgesehen, durch Nachfrage beim Versorger zu klären, inwieweit der erwartete Verbrauch in den Tarifen HT und NT jeweils in den Abschlag eingeflossen ist. Denn auf welchen Tarif der Verbrauch jeweils entfällt, bestimmt sich nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch der Heizungsanlage bzw. der übrigen Elektrogeräte, sondern allein danach, ob der Verbrauch in der dem jeweiligen Tarif zugeordneten Tarifzeit entfällt. Zwar kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Stromverbrauch der Heizungsanlage schwerpunktmäßig in der Tarifzeit des NT und derjenige der übrigen Elektrogeräte schwerpunktmäßig in der Tarifzeit des HT stattfindet. Dies ist jedoch lediglich eine Annäherung. Weder ist gesichert, dass die Heizung nur in der NT-Tarifzeit betrieben wird - was schon deshalb der Fall ist, weil nach den glaubhaften Angaben des Klägers die Heizung über Lüfter verfügt, die tagsüber laufen. Noch ist ausgeschlossen, dass in der NT-Tarifzeit Strom in nicht völlig trivialem Umfang von anderen Elektrogeräten, wie etwa einer Waschmaschine, verbraucht wird. Selbst wenn also - was nicht der Fall ist - der Abschlag nach HT und NT differenziert wäre, so wäre dies allenfalls ein Näherungswert für den Anteil der Heizkosten (und der Kosten für die Warmwasserbereitung). Es käme jedoch nach Auffassung der Kammer für die Beurteilung des Abschlags im Rahmen von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II darauf an, dass der Versorger einen bestimmten Betrag (nur) für Heizkosten verlangt, was er nicht tut. Dies alles erkennt im Ergebnis auch der Beklagte an. Er meint jedoch, es sei im Hinblick auf die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II notwendig, vom undifferenzierten Gesamtabschlag den rechnerischen Anteil für die übrige Haushaltsenergie abzuziehen. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch eine unzulässige Methode, um eine - an sich gebotene - Differenzierung zwischen Heiz- und übrigen Energiekosten vorzunehmen. Hierzu verweist das Gericht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R) zu einer sogenannten Inklusivmiete, bei der der zu entrichtende Mietzins einen unbestimmten Betrag für Elektroenergie enthält. Einem Herausrechnen des in der Regelleistung für die Haushaltsenergie zugrunde gelegten Betrags stehe, so das BSG, entgegen, dass nach dem Leistungssystem des SGB II eine individuelle Bedarfsermittlung bzw. abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Dies gelte sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Hilfebedürftigen. Diese Erwägung lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen, in dem ebenfalls ein unbestimmter Betrag für nicht Heizzwecken dienende Elektroenergie in einer Zahlungsverpflichtung enthalten ist, die anerkanntermaßen zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung gehört.
Zu Recht hat die Beklagte allerdings das sich aus der Abrechnung des Versorgers ergebende Guthaben in voller Höhe nach § 22 Abs. 3 SGB II auf den Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung im August 2012 angerechnet. Da der gesamte Abschlag im Abrechnungszeitraum zu berücksichtigende Kosten für Heizung darstellte, ist eine Differenzierung innerhalb des Guthabens zwischen Heiz- und sonstigem Strom nicht angezeigt. Aus dem selben Grund ist ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung (§ 21 Abs. 7 SGB II) nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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