L 3 U 118/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 98 U 597/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 118/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Klägerin werden Gerichtskosten i. H. von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls.

Die 1971 geborene Klägerin erlitt am 07. Juli 2003 einen Arbeitsunfall, als sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Sozialarbeiterin in einem Verein für ambulante Drogentherapie an einer Bootstour teilnahm, die mit ihren Klienten einmal jährlich als Belastungserprobung durchgeführt wurde. Sie befuhr mit einem Kanu eine Stromschnelle von ca. zwei Metern und kenterte. Als sie sich wieder am Boot hochzog, fuhr das nachfolgende, mit zwei Personen besetzte Kanu mit dem Bug gegen ihr rechtes Handgelenk. Die Klägerin stellte sich am selben Tag beim D-Arzt Dr. E vor, vgl. dessen Durchgangsarztbericht (DAB) vom 08. Juli 2003 und Unfallanzeige vom 22. Juli 2003. Dr. E gab im DAB als Diagnose eine Prellung des rechten Unterarms mit Schürfung an. Bezüglich des Röntgenergebnisses vermerkte Dr. E, dass sich keine Fraktur des rechten Unterarms zeige; bei der Klägerin liege eine Minusvariante der Elle vor.

Am 16. Oktober 2003 wurde eine Kernspintomographie des rechten Handgelenks der Klägerin durchgeführt. Laut Bericht der radiologischen Praxis vom selben Tag zeigten sich ein Restbefund nach leichtgradiger postkontusioneller Bone bruise im Bereich der distalen Ulnaepiphyse ohne Hinweis auf weitere knöcherne Traumafolgen, ein leicht deformierter Discus triangularis ohne eindeutigen Rupturnachweis bei bekannter Minusvariante der Elle, ein schmales post¬traumatisches Ganglion in Höhe des Processus styloideus ulnae und ein reaktiver Gelenkerguss im distalen Radioulnargelenk.

Am 21. Oktober 2004 führte der Handchirurg Dr. F eine Arthroskopie des rechten Handgelenks der Klägerin durch. Er beschrieb das Ergebnis dahingehend, dass sich eine Triquetral-Impingement-Ligament-Tear- (TILT)-Verletzung, eine Discus-Läsion und eine Syno¬vialitis zeigen würden (Bericht vom 21. Oktober 2004). Eine histologische Untersuchung entnommener Gewebeproben ergab, dass die gefundenen Veränderungen mit einem Unfall vor zwei Jahren zu vereinbaren wären, jedoch nicht spezifisch seien (vgl. Bericht der Praxis für zystologische und bioptische Diagnostik von Dr. B vom 26. Oktober 2004).

Die Diplompsychologin M teilte in einem Schreiben vom 01. November 2004 mit, die Klägerin sei seit dem 02. Oktober 2003 in ihrer Behandlung, nachdem bereits vor dem Unfall ein entsprechender Kostenübernahmeantrag gestellt worden sei. Die Diagnose laute F32.1 bei neurotischer Persönlichkeitsstörung. Da weder bei den Auslösern der Symptomatik noch im weiteren Behandlungsverlauf – auch nicht in der Arbeit mit den Unfallfolgen – noch in den biographischen Erhebungen Hinweise auf Somatisierungsstörungen, psychosomatische Verschiebungen bzw. Autoagressionen in Form von Unfallneigungen zu finden seien, sehe sie keinen Zusammenhang zwischen der Dynamik der Persönlichkeitsorganisation mit der daraus abgeleiteten Symptomatik und dem Arbeitsunfall am 07. Juli 2003. Die belastenden Unfallfolgen seien in den Vordergrund gerückt. Hierzu werden benannt: unfallbedingter Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust der körperlichen Unversehrtheit mit nachhaltigen Einschränkungen für Berufs- und auch Privatleben, chronische Schmerzen, Schlafstörungen, psychischer Stress. In einem weiteren Schreiben vom 25. Januar 2005 führte Dipl.-Psych. M u.a. aus, die nach der Operation aufkeimende Hoffnung auf Schmerzentlastung, die einen Stabilisierungsprozess hätte begünstigen können, ließe sich nicht aufrechterhalten.

Nach dem Zwischenbericht von Prof. Dr. med. L der Klinik für Handchirurgie B vom 14. Januar 2005, bei dem sich die Klägerin erneut auf eigene Initiative vorstellte, um den Zustand der Hand zu stabilisieren, wurde dort ein Zustand nach Handgelenkstrauma rechts mit Zustand nach Handgelenksarthroskopie mit jetzt schmerzhafter Arthrose im distalen Radioulnargelenk und schmerzhafter Arthrose radionulär als Unfallfolge diagnostiziert. Im Zwischenbericht wird ausdrücklich auf das Ergebnis der Handgelenksarthroskopie vom 21. Oktober 2004 verwiesen, bei der eine Läsion des TFCC-Komplexes, welcher debriert worden sei, sowie eine Knorpelläsion am Lunatum mit freiliegendem Knochen, die ebenfalls debriert und angefrischt worden sei, festgestellt worden seien.

Vom 26. Januar 2005 bis zum 26. Februar 2005 durchlief die Klägerin eine stationäre Rehabi¬litationsmaßnahme in der D Klinik U. Im Entlassungsbericht vom 26. Februar 2005 gab die dortige Fachärztin für Orthopädie Dr. S als Diagnose unter anderem ein chronisches Schmerzsyndrom der rechten Hand bei Zustand nach Handgelenks¬trauma mit Arthrose im distalen Radioulnargelenk und Arthrose radioulnär an. Ferner wurde eine rezidiverende Dorsalgie bei statischer Fehlbelastung diagnostiziert.

Unter dem 22. März 2005 erstellte der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. W im Auftrag der Beklagten aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 18. März 2005 ein Gutachten. Er gelangte zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) Typ I vorliege. Hinweise auf eine Beteiligung des peripheren Nervensystems würden nicht bestehen. Im Zusammenwirken von Primärper¬sönlichkeit, Unfallfolgen, chronischem Schmerzsyndrom und der Veränderung der Lebenssitu¬ation mit Verlust der Arbeitsstelle und Aufgabe der eigenen Wohnung sei es im psychischen Bereich zu Belastungen in Form einer erheblichen Verunsicherung und einer streckenweise subdepressiven Stimmungslage gekommen.

Ferner erstellte unter dem 01. April 2005 der Handchirurg Dr. K auf Veranlassung der Beklagten aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 24. März 2005 ein Gutachten. Er führte aus, dass es durch das Unfallereignis vom 07. Juli 2003 bei der Klägerin zu einer Ruptur des Discus triangularis rechts gekommen sei. Unfallfolge seien anhaltende belastungsabhängige Schmerzen im rechten Handgelenk, Schmerzen bei der Unter¬armdrehbewegung sowie eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand. Unabhängig von dem Unfall bestehe bei der Klägerin eine beidseitige Minusvariante der Elle von 7 mm, die üblicherweise keinen oder nur einen sehr geringen Krankheitswert habe. Auf den Röntgenauf¬nahmen vom 04. Januar 2005 sei eine beginnende Radiokarpalarthrose erkennbar, während die Röntgenaufnahmen vom 23. September 2003 noch keine Arthrose zeigten. Es sei äußerst fraglich, ob die im Rahmen der Arthroskopie vom 21. Oktober 2004 gestellte Diagnose einer TILT-Verletzung richtig sei. Diese Verletzungsfolge beinhalte eine Ruptur des Bands zwischen Triquetrum und Lunatum mit entsprechender schmerzhafter Instabilität dieser beiden Knochen. Der Unfallhergang sei kaum geeignet, eine derartige Verletzung hervorzurufen, auch sei die erwähnte Bandruptur auf den MRT-Aufnahmen vom 16. Oktober 2003 nicht erkennbar, und auch die Röntgenbilder zeigten keinerlei Veränderungen, die auf eine Instabilität zwischen Triquetrum und Lunatum schließen ließen. Ebenso wenig sei der Verlauf der Operation vom 21. April 2004 mit dem Vorliegen einer TILT-Verletzung vereinbar. Der Grad der Minderung der Er¬werbsfähigkeit (MdE) liege bei 20 vom Hundert (v.H.).

Die Klägerin legte daraufhin eine Stellungnahme des Handchirurgen Dr. F vom 29. April 2005 vor, welche die Beklagte an den Gutachter Dr. K weiterleitete. Dr. K führte daraufhin unter dem 13. Juni 2005 aus, dass er weiterhin massive Zweifel am Vorliegen einer TILT-Verletzung habe. Abgesehen davon habe der erstmals in einem Aufsatz von Watson aus dem Jahr 1999 erwähnte Begriff des "TILT" bis heute keinen Eingang in die großen Lehrbücher der Handchirurgie gefunden, sodass bereits fraglich sei, ob eine reale Grundlage für den Begriff existiere. Maßgebend für die Beurteilung der MdE sei ohnedies nicht die Diagnose, sondern die schmerzbedingte Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Hand.

Mit Bescheid vom 10. April 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07. Juli 2003 ab dem 06. Dezember 2005 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. Als Folgen des Unfalls erkannte die Beklagte folgende Gesundheitsstörungen an: Bewegungseinschränkung für die Unterarmauswärtsdrehung, belastungsabhängige Schmerzen im Handgelenk und bei der Unterarmdrehbewegung sowie Minderung der groben Kraft der Hand nach Riss des Discus triangularis im rechten Handgelenk. Nicht im Zusammenhang mit dem Unfall stehe die Minusvariante der Elle von 7 mm an beiden Handgelenken.

Hiergegen legte die Klägerin am 09. Mai 2006 Widerspruch ein und machte geltend, bei ihr bestehe nicht lediglich ein belastungsabhängiger Schmerz im rechten Handgelenk, sondern ein belastungsu¬nabhängiger Dauerschmerz – ein Schmerzsyndrom. Zudem leide sie an einer Hypermobilität des rechten Handgelenks sowie an einer posttraumatischen Arthrose. Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nur das Gutachten des Dr. K, nicht aber das Gutachten des Dr. W berücksichtigt. Darüber hinaus habe die Beklagte es versäumt, ein weiteres Gutachten einzuholen; dies wäre jedoch im Hinblick auf die von dem Gutachter Dr. Kgeäußerten Zweifel hinsichtlich der TILT-Verletzung erforderlich gewesen. Die MdE und der Grad der Behinderung (GdB) würden sich nach denselben Grundsätzen bemessen. Da bei ihr ein GdB von 30 vorliege – vgl. Bescheid des Versorgungsamts vom 24. März 2006 -, sei auch eine MdE von mindestens 30 v.H. anzunehmen. Zur Un-termauerung ihres Vorbringens reichte die Klägerin den Bescheid des Versorgungsamts vom 24. März 2006 ein, mit welchem bei ihr ein GdB von 30 festgestellt worden war.

Die Beklagte holte daraufhin eine weitere Stellungnahme des Gutachters Dr. K vom 07. November 2006 ein.

Sodann wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung heißt es in dem Widerspruchsbescheid, ein Anspruch auf Rente nach einer MdE von mehr als 20 v.H. sei nicht gegeben. Ein dauerhaftes Schmerzsyndrom habe bei der Untersuchung der Klägerin durch den Gutachter von Dr. K nicht vorgelegen. Bei den Bewegungseinschränkungen im rechten Handgelenk der Klägerin entspreche die Annahme einer MdE von 20 v.H. den allgemein an¬erkannten Bewertungsmaßstäben in der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Gleichsetzung des GdB mit der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung sei nicht zulässig.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 15. Juni 2007 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Nach den Erfahrungswerten sei allein schon die bei ihr vorliegende starke Bewegungseinschränkung des Handgelenks mit einer MdE von 20 bis 30 v.H. zu bemessen. Hinzukomme der chronische Schmerz, welcher mittlerweile bis in den Ellenbogen reiche. Die Auswirkungen des chronischen Schmerzsyndroms auf ihre Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien derart erheblich, dass hierfür eine MdE von mindestens 30 v.H. anzusetzen sei. Darüberhinaus führe die Überbelastung des linken Handgelenks durch die damit verbundene Fehlbelastung zu erheblichen Rückenschmerzen.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Weiter hat das SG ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der Krankenkasse der Klägerin angefordert. Darin sind unter anderem Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 10. Oktober 2000 bis zum 03. November 2000 (Diagnose: Zervikalneuralgie) und vom 21. Juni 2002 bis zum 06. Januar 2003 (Diagnose u.a.: psychische Störung ohne Angaben, psychische Dekompensation) angeführt.

Mit Beweisanordnung vom 17. August 2009 hat das SG über den Gesundheitszustand der Klägerin und die Folgen des Unfalls Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 16. September 2009 und seiner ergänzenden Stellungnahmen vom 19. November 2009 und 05. Juli 2010, die das Gericht auf die von der Klägerin geäußerten Einwände hin eingeholt hat. Dr. What bei der Klägerin Funktions- und Belastungseinschränkungen des rechten Handgelenks bei Zustand nach Verletzung des triangulären fibrokartilaginären Komplexes (TFCC), chronifiziertes Schmerzsyndrom Stadium I nach Gerbershagen, Ulna-Minusvariante beider Handgelenke mit initialer Arthrose des distalen Radioulnargelenks rechts und chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom mit Insertionstendopathie der Schultermuskulatur diagnostiziert. Im Sinne der erstmaligen Entstehung sei die Verletzung des TFCC bei Zustand nach Verletzung des rechten Handgelenkes wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall vom 07. Juli 2003 zurückzuführen. Das chronifizierte Schmerzsyndrom Stadium I nach Gerbershagen, die Ulna-Minusvariante beider Handgelenke mit initialer Arthrose des distalen Radioulnargelenks rechts sowie das chronisch rezidivierende Zervikalsyndrom mit Insertionstendopathie der Schultermuskulatur seien im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens auf den Unfall vom 07. Juli 2003 zurückzuführen. Als weitere unfallbedingte Gesundheitsstörung sei eine initiale radioulnäre distale Arthrose aufgetreten. Ein Abklingen unfallbedingter Gesundheitsstörungen sei nicht festzustellen. Die unfallbedingte MdE sei ab September 2005 fortlaufend mit 20 v.H. zu bemessen. Die Ausbildung eines chronischen Schmerzsyndroms sei als unfallunabhängig zu bezeichnen.

Mit Beweisanordnung vom 13. September 2010, geändert durch Beschluss vom 05. Oktober 2010, hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachver¬ständigengutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 11. Mai 2011. Dr. M hat auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei der Klägerin Angst und depressive Störung, gemischt, und Rückenschmerzen ohne Nervenwurzelstörungen diagnostiziert. Keines der festgestellten Leiden sei im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung auf den Unfall vom 07. Juli 2003 zurückzuführen. Die geklagten, noch vorhandenen Beschwerden, seien deshalb als übliche Schmerzen im Rahmen der chirurgischen Unfallfolgen einzuordnen, die mit der von chirurgischer Seite zuerkannten MdE hinreichend bemessen seien und keine darüber hinausgehende Bewertung als Unfallfolgen zuließen. Für eine höhere Bewertung der MdE als mit 20 v.H. liege mithin nichts vor.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. April 2012 abgewiesen. Es hat die MdE unter Bezugnahme auf das von Dr. K für die Beklagte erstellte Gutachten die MdE auf 20 v.H. eingeschätzt. Neben den von Dr. K anerkannten Gesundheitsstörungen seien keine weiteren Gesundheitsstörungen - weder die Arthrose noch das chronische Schmerzsyndrom - zu berücksichtigen. Im Hinblick auf das chronische Schmerzsyndrom ist das SG dem Gutachten von Dr. M insoweit gefolgt, als es davon ausgegangen ist, bei der Klägerin liege eine Fehlverarbeitung von Schmerzen infolge von ängstlich-depressiven Verstimmungen vor. Es sei unwahrscheinlich, dass das Schmerzsyndrom durch den Arbeitsunfall verursacht worden sei, da sich die Klägerin bereits zuvor in psychotherapeutischer Behandlung befunden habe. Für das erhöhte Schmerzerleben sei der Arbeitsunfall eine Ursache, die nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass eine Fehlverarbeitung von Schmerzen entfiele. Jedoch sei der Arbeitsunfall keine wesentliche (Mit-) Ursache für das erhöhte Schmerzerleben. Der ängstlich-depressiven Störung komme als Ursache für die Fehlverarbeitung der Schmerzen eine derartig überragende Bedeutung zu, dass der Arbeitsunfall in seinem Gewicht dahinter völlig zurücktrete.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. Mai 2012 zugestellte Urteil am 21. Juni 2012 Berufung eingelegt und diese mit Berufungsbegründungsschriftsatz vom 17. August 2012 begründet. Sie tritt insbesondere dem Begutachtungsergebnis von Dr. M entgegen. Dieser lasse in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten offen, in welchem Ausmaß hier ein vorbestehendes Leiden bestanden haben soll, welches das Unfallgeschehen als Ursache für das bestehende chronische Schmerzsyndrom zurücktreten lasse. Die Klägerin verweist zur Untermauerung ihres Vorbringens u.a. auf ein Attest von Dipl.-Psych. M vom 14. August 2012. Hinsichtlich des zweifelsfrei beschriebenen Schmerzsyndroms könne allenfalls von einer Krankheitsanlage ausgegangen werden, nicht aber von einem klinisch manifesten, mit objektivierbaren Veränderungen verbundenen nachweisbaren Krankheitszustand. Das bestehende chronische Schmerzsyndrom sei mithin Unfallfolge und in die Feststellung der MdE mit einzubeziehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 06. Dezember 2005 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 v.H. zu gewähren.

Hilfsweise stellt sie den auf die Einholung eines weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gerichteten Beweisantrag aus dem Schriftsatz vom 19. März 2014.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat aufgrund Beweisanordnung vom 21. Januar 2013 das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie, Hand- und Unfallchirurgie Prof. Dr. S vom 19. August 2013 eingeholt. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet bei der Klägerin einen Zustand nach Verletzung des rechten Handgelenks diagnostiziert. Die Bewegungseinschränkung sei nicht rückläufig, sondern dauere an. Neben dem Zustand nach Verletzung des rechten Handgelenks lägen keine sonstigen Faktoren vor, die das Krankheitsbild bedingen könnten. Es bestehe zwar eine Minusvariante der Ulna; diese habe aber nicht zu einer Weichteilverletzung im Sinne des TILT bzw. eines TFCC geführt. Eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes sei nicht erkennbar. Insbesondere könne eine Progredienz der Arthrose mit zunehmender Einsteifung nicht nachgewiesen werden. Die durch den Unfall hervorgerufene Gesundheitsstörung der Klägerin führe – bei wohlwollender Betrachtung - zu einer MdE auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens von 20 v.H. seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit auf Dauer.

Die Klägerin ist dem Ergebnis der Begutachtung u.a. mit Schriftsätzen vom 12. September 2013 und 19. März 2014 entgegen getreten und hat ausgeführt, die Beweisanordnung sei um die Frage zu erweitern, ob ihre Dorsalgien durch die Verletzung der rechten Hand verursacht seien, sowie, ob die Funktionsbeeinträchtigung ihrer rechten Hand geeignet sei, das Schmerzerleben erheblich zu beeinflussen. Ferner hat sie eine weitere Begutachtung auf neurologischem Fachgebiet angeregt, und zwar mit der Frage, ob das vorliegende Unfallgeschehen geeignet sei, ein chronisches Schmerzsyndrom auch dann hervorzurufen, wenn keine psychische Vorschädigung vorliege. Weiter sei zu klären, ob es sich bei der beschriebenen Kanutour ebenso um eine außergewöhnliche Belastung handele, wie beim Unfallereignis, bei dem ihr rechtes Handgelenk gerammt worden sei. Soweit Prof. Dr. S davon ausgehe, dass es sich nicht um eine Bagatellverletzung handele und die Verletzung für sich genommen geeignet sei, ein Schmerzsyndrom hervorzurufen, weiche er diametral von der Einschätzung durch Dr. M ab, auf den die Ausgangsinstanz ihre Entscheidung gestützt habe. Dr. M führe das Schmerzsyndrom allein auf eine Schmerzfehlverarbeitung zurück und meine, Schmerzen im Ausmaß, wie sie die Klägerin verspüre, seien nicht auf das Unfallgeschehen, sondern die Schmerzfehlverarbeitung zurückzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die auf die Gewährung einer höheren Verletztenrente gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2007 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsrücklage aus § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 07. Juli 2003 nach einer MdE von mehr als 20 v.H.

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

Zwar liegt ein Arbeitsunfall vor. Die bei der Klägerin festgestellten Funktionseinbußen und krankhaften Veränderungen "infolge" des Arbeitsunfalls begründen jedoch keine rentenberechtigende MdE von mehr als 20 v.H.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a. a. O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).

Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls einschließlich der oben angesprochenen haftungsbegründenden Kausalität. Die Klägerin zog sich am 07. Juli 2003 in Ausübung ihrer versicherten Beschäftigung als Sozialarbeiterin jedenfalls zumindest eine Prellung des rechten Unterarms zu, vgl. DAB vom 08. Juli 2003.

Es besteht auch eine haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfall und bestimmten, bei der Klägerin verbliebenen Unfallfolgen.

Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" – vgl. §§ 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Versicherungsfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob der Versicherungsfall wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Maßgebend ist, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (BSG, a.a.O., Rn. 17). Dies erfordert nicht, dass es zu jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss, weil dies nur eine Methode zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist und sie im Übrigen nicht auf alle denkbaren Ursachenzusammenhänge angewandt werden kann und braucht. Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, a.a.O., Rn. 18). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so, wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (BSG, a.a.O., Rn. 19). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Versicherungsfall und den Krankheitsfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 20).

Hiervon ausgehend ist von der Beklagten mit dem Bescheid vom 10. April 2006 bindend festgestellt, dass bei der Klägerin infolge des Arbeitsunfalls vom 07. Juli 2003 Unfallfolgen fortbestehen (Bewegungs¬einschränkung für die Unterarmauswärtsdrehung, belastungsabhängige Schmerzen im Handgelenk und bei der Unterarmdrehbewegung sowie Minderung der groben Kraft der Hand nach Riss des Discus triangularis im rechten Handgelenk). Für weitergehende, dem angeschuldigten Ereignis zurechenbare Unfallfolgen liegt indessen nichts vor. Hierfür verweist der Senat zunächst auf die auf einer umfassenden Befunderhebung beruhenden Ausführungen von Prof. Dr. S in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 19. August 2013. Er hat im Bereich des Handgelenks einen krankhaften Befund erhoben und ihn unter plausiblem Hinweis darauf, dass die Krafteinleitung im Unfallereignis erheblich war, weil noch mehrere Monate nach diesem in einer kernspintomographischen Untersuchung ein so genanntes Bone bruise festgestellt wurde, auf den Unfall zurückgeführt. In der Tat wurde in der MRT-Untersuchung vom 16. Oktober 2003 noch ein Bone bruise der distalen Ulnaepiphyse festgestellt.

Nachvollziehbar erscheint ferner, wenn Prof. Dr. S ausführt, dass derartige Veränderungen nicht bei Bagatelltraumata auftreten, gelegentlich zu Schmerzzuständen führen, die bis zu einem Jahr dauern könnten, und deshalb häufig ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) einleiten. Der Senat hat indes durchgreifende Zweifel, ob sich - auch nur zwischenzeitlich - ein CRPS im Fall der Klägerin annehmen lässt. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) (Stand 2012, abrufbar bei www.dgn.org) lässt sich das CRPS wie folgt beschreiben: Das CRPS (alte Bezeichnungen: sympathische Reflexdystrophie, Morbus Sudeck) entwickelt sich nach Verletzungen von Extremitäten bei 2 bis 5 % der Patienten. Ein CRPS ist ein posttraumatisches Schmerzsyndrom einer Extremität, bei dem die Schmerzen im Vergleich zum erwarteten Heilungsverlauf unangemessen stark sind. Die Symptome müssen deshalb außerhalb (in der Regel distal) der Traumastelle auftreten und dürfen sich nicht auf das Innervationsgebiet peripherer Nerven oder Nervenwurzeln beschränken. Es finden sich regelhaft Schmerzen in Ruhe und bei Belastung sowie Sensibilitätsstörungen. An den Gelenken zeigt sich eine Druckhyperalgesie, auf der Haut eine mechanische und thermische Hyperalgesie (Überempfindlichkeit für Schmerzreize). Außerdem bestehen charakteristische Störungen der Körperwahrnehmung. Im Vordergrund stehen eine Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit sowie Störungen der Feinmotorik und eine schmerzbedingte Kraftminderung. Seltener kommen Tremor, Myoklonien und Dystonien vor. Im autonomen Nervensystem sind Hautdurchblutung (Änderungen von Hauttemperatur und Hautfarbe), das Schwitzen und das Extremitätenvolumen (Ödem) betroffen. Diese Symptome ändern sich individuell im Verlauf sehr stark. Trophische Störungen finden sich an Hautanhangsgebilden (Haaren, Nägeln), im Bindegewebe, in Muskeln und Knochen. Durch die trophischen Veränderungen kommt es unbehandelt rasch zu Bewegungseinschränkung und Kontrakturen. Psychologisch sind kritische Lebensereignisse Risikofaktoren. Sonst gibt es keine eindeutige Konstellation psychologischer Faktoren, die für ein CRPS prädisponieren. Trotzdem finden sich dependente Verhaltensweisen, eine erhöhte Ängstlichkeit und Affektlabilität verbunden mit Selbstwert- und Selbstbildproblemen. Wie bei vielen chronischen (Schmerz-) Erkrankungen gesellen sich sekundäre psychische Veränderungen dazu, die dann zwar nicht als kausal anzusehen sind, aber den Verlauf und die Therapie beeinflussen. Wenn es bei der Schädigung zu einer nachweisbaren Verletzung größerer peripherer Nerven kommt, spricht man von CRPS II, andernfalls von CRPS I. Eine weitere Unterscheidung betrifft die Hauttemperatur zu Beginn des CRPS: warme, entzündliche Haut versus kalte, livide Haut. Die Diagnose CRPS ist eine klinische Diagnose. Deshalb sind die Anamneseerhebung, die klinisch-orthopädische und neurologische Untersuchung die entscheidenden Schritte. Es gilt, dass dokumentierte Befunde wichtiger sind als die subjektiven Beschwerden.

Für eine nach den vorstehenden Kriterien im Vollbeweis bestehendes CRPS reicht der von Prof. Dr. S vorgenommene Verweis auf das unter dem 22. März 2005 für die Beklagte erstellte Gutachten des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. W nicht aus, welcher aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 18. März 2005 zur Einschätzung gelangt war, dass bei der Klägerin ein CRPS Typ I vorgelegen haben soll. Zudem vermochte Prof. Dr. S anhand seiner Untersuchung bei der Klägerin jedenfalls kein CRPS mehr festzustellen. Sowohl Dr. W als auch Dr. M haben in ihren schriftlichen Sachverständigengutachten vom 16. September 2009 und 11. Mai 2011 ein CRPS im Fall der Klägerin in Abrede gestellt. Bereits bei der zeitlich unmittelbar auf die Untersuchung von Dr. W folgenden Begutachtung durch Dr. K fanden sich keine Zeichen für ein CRPS, vgl. Gutachten vom 01. April 2005. Dr. K stellte bei der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 24. März 2005 lediglich über der Streckseite des rechten ulnaren und zentralen Handgelenks zwei punktförmige reizlose Narben ohne Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet der Unterarmnerven der rechten Hand fest. Bei keiner der vorliegenden Begutachtungen haben die Sachverständigen auch nur ansatzweise eine trophische Störung der Haut oder der Muskeln oder weitere typische Zeichen eines CRPS wie zum Beispiel eine Änderung der Hautdurchblutung oder –farbe oder Kontrakturen festgestellt. Auch konnte während der Reha-Maßnahme in der D Klinik eine Einschränkung der Feinmotorik bei den von der Klägerin bei der Ergotherapie ausgeführten Tätigkeiten nicht beobachtet werden, vgl. Anlage zum Entlassungsbericht vom 26. Februar 2006 - ergotherapeutischer Kurzbericht. Der Vollbeweis eines CRPS lässt sich auch nicht anhand der Berichte und Stellungnahmen des die Klägerin behandelnden Schmerztherapeuten Dr. M führen. Abgesehen davon, dass die für ein CRPS zu fordernden objektiven Befunde von ihm nicht beschrieben werden, hatte er zunächst nur einen Verdacht auf Vorliegen eines CRPS anhand der unstreitigen Bewegungseinschränkungen bei Schmerzsymptomatik und erhöhter Aktivitätsmessung im Szintigramm geäußert, vgl. Kurze Krankheitsauskunft vom 09. Juni 2005. In seiner von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme vom 22. Juni 2011 hat er die Diagnose eines CRPS dahingehend relativiert, dass sich die anfängliche Symptomatik gut zurückgebildet habe.

Davon abgesehen findet das letztlich gleichwohl überzeugende Begutachtungsergebnis von Prof. Dr. S gerade auch durch die Ausführungen von Dr. K Bestätigung. Dieser hatte in seinem Gutachten vom 01. März 2005 plausibel ausgeführt, dass es durch das Unfallereignis vom 07. Juli 2003 bei der Klägerin zu einer Ruptur des Discus triangularis rechts kam und Unfallfolgen anhaltende belastungsabhängige Schmerzen im rechten Handgelenk, Schmerzen bei der Unter¬armdrehbewegung sowie eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand sind. Als unabhängig vom Unfall schätzte er – wie späterhin der Sache nach auch Prof. Dr. S - eine beidseitige Minusvariante der Elle von 7 mm ein, die üblicherweise keinen oder nur einen sehr geringen Krankheitswert hat. Dr. K interpretierte Röntgenauf¬nahmen vom 04. Januar 2005 dahingehend, dass eine beginnende Radiokarpalarthrose erkennbar war, während die Röntgenaufnahmen vom 23. September 2003 noch keine Arthrose zeigten. Ebenso wie Prof. Dr. S stellte er in Frage, ob die im Rahmen der Arthroskopie vom 21. Oktober 2004 gestellte Diagnose einer TILT-Verletzung richtig ist, weil eine solche Verletzungsfolge eine Ruptur des Bands zwischen Triquetrum und Lunatum mit entsprechender schmerzhafter Instabilität dieser beiden Knochen beinhaltet. Dr. K verwies schlüssig darauf, dass der Unfallhergang kaum geeignet war, eine derartige Verletzung hervorzurufen, die erwähnte Bandruptur auf den MRT-Aufnahmen vom 16. Oktober 2003 nicht erkennbar war und auch die Röntgenbilder keinerlei Veränderungen zeigten, die auf eine Instabilität zwischen Triquetrum und Lunatum schließen lassen.

Dementsprechend relativ mild stellt sich letztlich auch der von Prof. Dr. S erhobene klinische Befund dar. So hat er eine Verschmächtigung einzelner Muskelgruppen an den Unterarmen jedenfalls nicht festgestellt. Er hat an den Bandapparaten keine Lockerung festgestellt und eine stabile Elle vorgefunden. Er konnte lokale Druckschmerzen rechts über den Griffelfortsätzen auslösen, wobei die Handstrahlen einen unauffälligen Verlauf und sich keine Achsabweichung im Bereich der Hände im Sinne einer rheumatischen Handskoliose zeigten. Über den Daumensattelgelenken waren keine Druckschmerzen auslösbar, ebenso wenig Überwärmungen der Haut, lokale Rötungen und Ergussbildungen. Ein Kompressionsschmerz der Grundgelenke untereinander lag nicht vor. Die Handbinnenmuskulatur zeigte beidseits unauffällige Verhältnisse. Die Handgelenksbeweglichkeit rechts war indes eingeschränkt, und zwar auch mit den Umwendbewegungen des Unterarms. Die Klägerin gab lediglich diffuse Beschwerden im Bereich des gesamten Handgelenks an. Der Faustschluss war komplett, die Grobkraft rechts vollkommen aufgehoben, obwohl sich die Unterarmmuskulatur seitengleich entwickelt zeigte.

Ein darüberhinausgehendes, auf den Unfall zurückzuführendes Schmerzgeschehen konnte nicht bewiesen werden. Hierzu hat Dr. M in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 11. Mai 2011 nachvollziehbar aufgrund einer umfassenden Befunderhebung ausgeführt, dass auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei der Klägerin lediglich eine leicht ausgeprägte Angst und depressive Störung, gemischt, sowie Rückenschmerzen ohne Nervenwurzelstörungen bestehen, ohne dass auch nur eines der festgestellten Leiden im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung auf den Unfall vom 07. Juli 2003 zurückzuführen ist. Er schloss vielmehr eine unfallbedingte depressive Störung und mit ihr ein gesteigertes Schmerzerleben als Unfallfolge aus. Er hat nachvollziehbar darauf verwiesen, dass das Vorliegen einer affektiven Störung, also einer depressiven Störung oder einer Angststörung, nach ICD-10 das gleichzeitige Vorliegen einer so genannten somatoformen Störung, vor allem einer somatoformen Schmerzstörung, ausschließt und bei alldem hier die Fakten für eine unfallunabhängige Verursachung der depressiv-ängstlichen Symptomatik sprechen. Hierfür verweist er überzeugend darauf, dass bereits in der Kindheit der Klägerin Risiken für unfallfremde Schmerzursachen angelegt wurden und von der behandelnden Psychotherapeutin M im Bericht vom 01. November 2004 angegeben wurde, dass die Antragstellung zur Psychotherapie bereits vor dem Arbeitsunfall erfolgte und dabei eine mittelgradige depressive Episode (die Psychotherapeutin M nennt den entsprechenden Diagnoseschlüssel F32.1 nach ICD-10) Grundlage der Antragstellung gewesen war. Hieraus folgert Dr. M schlüssig, dass bereits vor dem Unfall eine krankheitswertige seelische Störung vorgelegen haben muss, die insofern nicht Unfallfolge sein kann, zumal eine spezifische unfallbedingte Verschlimmerung ebenfalls nicht beschrieben ist. So erscheint es nachvollziehbar, mit Dr. M hier eine Störung anzunehmen, die bereits für sich betrachtet geeignet ist, ein gesteigertes Schmerzerleben zu bewirken. Hierfür nimmt Dr. M plausibel darauf Bezug, dass es der Klägerin von 2003 bis 2005 nach eigenen Angaben psychisch schlecht ging, wofür sie die veränderten Lebensumstände anführt, die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechende Aktivitäten von ihr verlangten. Soweit sich hiervon ausgehend die Klägerin in dieser Zeit gleichzeitig als besonders aktiv beschreibt, schließt Dr. M schon deswegen eine schwerwiegende depressive Störung schlüssig aus, weil eine solche Störung mit einer Aktivitätsminderung einhergegangen wäre. Soweit nach Aktenlage eine depressive Stimmungslage am 24. August 2004 auch den chirurgischen Behandlern auffiel, fehlt es, worauf Dr. M zutreffend hinweist, jedoch an einer Abwägung bzgl. Unfallfolgen und unfallfremder Ursachen, weshalb psychische Störungen aus Unfallfolgen damit bis dahin nicht belegt sind. Selbst wenn, so Dr. M überzeugend weiter, durch die veränderten Lebensumstände nach Juli 2003 unabhängig von der vorbestehenden depressiven Störung depressiv-ängstliche Symptome aufgetreten wären, was nicht bewiesen ist, sind solche dennoch nicht als Unfallfolgen zu werten, weil solche sekundären sozialen Folgen wie berufliche Umstellungen nach Unfällen nach allgemeiner gutachtlicher Auffassung nicht als Unfallfolgen in Betracht kommen. Dr. M stellte bei der Klägerin lediglich von ihr angedeutete ängstlich-depressive Symptome fest, welche nur noch geringfügig und im Unfallbezug unspezifisch sind, mithin nach der Schilderung eher einem allgemeinen Überforderungsgefühl entsprechen. Zudem verweist Dr. M auf folgende Diskrepanz: Eine gewisse schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks ist zwar durchaus nachvollziehbar; eine weitgehende Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der rechten oberen Extremität und eine eigenständige Schmerzkrankheit als Unfallfolgen sind hingegen nicht plausibel, weil zum einen eine eigenständige somatoforme Schmerzstörung wie ausgeführt nicht zu diagnostizieren ist und weil die Arbeitsspuren an der rechten Hand gegen die berichtete starke Gebrauchseinschränkung sprechen. In diesem Zusammenhang verweist Dr. M bezeichnender Weise darauf, dass die Klägerin bei der Untersuchung zwar eine Bandage am rechten Handgelenk und Daumen trägt, jedoch das An-/ Auskleiden ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, wobei die Klägerin die rechte Hand zwar schont, was bei den Schuhen gewissen Schwierigkeiten bereitet und aber insoweit etwas künstlich wirkt, als sie die rechte Hand ansonsten außerhalb dieser Situation spontan mit benutzt und auch in ihre Gestik normal mit einbezieht. Diese Wahrnehmung bestätigt sich u.a. auch im ergotherapeutischen Kurzbericht, welcher während der Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik U vom 31. Januar bis zum 25. Februar 2005 erstellt wurde. Darin wurde festgehalten, dass in der Behandlungsmethode Funktionstraining mit Ton als Werkstoff schnell die Widersprüche der subjektiven Angaben der Klägerin sichtbar wurden. So wurde die rechte Hand über zweieinhalb Stunden zur Feinmotorik an einem Werkstück ohne Schmerzen eingesetzt, wozu die Aufbautechnik, feinste Verarbeitungen und das Bemalen des Werkstücks gehörten. Bei allen Tätigkeiten sowie beim Betreten und Verlassen der Therapieräume konnte eine normale (Rechts-) Händigkeit beobachtet werden. Ferner stellte Dr. M in der Erinnerung der Klägerin eine gewisse Dramatisierung der Unfallfolgen fest, indem sie von einer großen Wunde am Handgelenk berichtete, durch welche sie viel Blut verloren habe, wohingegen der DAB vom 08. Juli 2003 tatsächlich nichts über einen größeren Blutverlust oder eine Wunde berichtet, welche zum Bespiel hätte genäht werden müssen, sondern lediglich über eine Schürfwunde, die mit einem Salbenverband behandelt werden musste. Im gleichen Sinne ist Dr. M eine gesteigerte Neigung der Klägerin aufgefallen, zeitlich nach dem Unfall aufgetretene Gesundheits- oder Befindlichkeitsstörungen auch ursächlich auf den Unfall zu beziehen. Eine solche Post-hoc-ergo-propter-hoc-Logik erfüllt jedoch nicht die Kriterien der für die Unfallfolgen nachzuweisenden wesentlichen Bedingung. Für die angegebenen körperlichen Unfallfolgen weist Dr. M zutreffend darauf hin, dass die berichteten Missempfindungen und Taubheitsgefühle im dritten, vierten und fünften Finger rechts zeitnah zum Unfall nicht nachgewiesen wurden und selbst heute kein objektives neurologisches Korrelat haben, vielmehr in ihrem Beginn ab 2007 oder 2008 keinen Unfallbezug erkennen lassen. Gegen einen Unfallbezug und für unfallunabhängige Ursachen der Schmerzen spricht laut Dr. M in der Tat zudem, dass diese laut Klägerin seit dem zugenommen hätten, ohne dass erneute Verletzungen auftraten. Die Ausweitung der schmerzhaften Beschwerden am Bewegungsapparat vermag Dr. M neurologisch-psychiatrisch nicht als Unfallfolge zu bewerten, da er entsprechende objektive Einschränkungen gar nicht festgestellt hat, sondern eher als alterstypische Beschwerden ansieht. Der Lokalbefund der rechten Hand hat laut Dr. M bis auf die Schmerzangaben der Klägerin auf Druck am handgelenksnahen Ende der Elle und eine verminderte willentlichen Kraftanstrengung in Schmerzerwartung beim Händedruck keine objektiven Einschränkungen mehr gezeigt, was er plausibel beschreibt. Selbst die Umwendbewegungen des Unterarms zeigten sich bei Dr. Mim Normbereich. Auch die von ihm wie auch von Prof. Dr. S beschriebene seitengleiche Muskulatur der Arme und Hände der Klägerin spricht gegen eine durch Schmerzen bedingte Minderbelastung des rechten Arms bzw. der rechten Hand.

Ebenso wenig vermochten die gehörten Sachverständigen einen wesentlichen Zusammenhang zwischen den Funktionseinschränkungen der rechten Hand bzw. des rechten Unterarms und der von der Klägerin wechselnder Ausprägung beklagten Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich bzw. der unteren Lendenwirbelsäule (Dorsalgien etc.) zu sehen.

Bewendet es mithin bei den vorgenannten ärztlich festgestellten und von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen, ergeben sie jedenfalls keine höhere MdE als 20 v.H.

Erst soweit sich die haftungsausfüllende Kausalität annehmen lässt, stellt sich die Frage nach der Bemessung der MdE. Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12). Für eine Art "Risikozuschlag" oder "Gefährdungs-MdE" wegen der Prognoseunsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Krankheit ist in der auf die verminderten Arbeitsmöglichkeiten bezogenen MdE-Schätzung in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Raum, weil auf die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und erst in Zukunft möglicherweise eintretende Schäden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Allerdings ist eine schon bestehende Rückfallgefahr, die bereits vor dem Eintritt des eigentlichen Rückfalls die Erwerbsfähigkeit mindert, bei der Bemessung der gegenwärtigen MdE zu berücksichtigen (BSG a.a.O., Rn. 18).

Hieran gemessen liegt nichts für eine höhere MdE aufgrund der festgestellten Unfallfolgen vor. Die für die MdE-Bemessung zugrunde zu legenden unfallbedingten Funktionseinschränkungen geben für eine höhere MdE unter Zugrundelegung des einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttums nichts her. Prof. Dr. S hat eine Unteramrdrehfähigkeit von 80-0-60° rechts gegenüber 80-0-80° links sowie eine Handgelenksbeweglichkeit handrückenwärts/ handhohlwärts von 50-0-40° gegenüber links von 75-0-75° bei seitengleicher Radial-/ Ulnarabduktion, mithin eine Bewegungseinschränkung von insgesamt nur 55° festgestellt, wohingegen das einschlägige arbeitsmedizinische Schrifttum nach Unterarm- bzw. Handgelenksverletzungen bereits für eine MdE von auch nur 10 v.H. neben einer Achsenabknickung, die hier nicht vorliegt, grundsätzlich eine Einschränkung der Handgelenksbewegungen von insgesamt 40° fordert. Erst eine – hier erst recht nicht vorliegende - erhebliche Achsenabknickung in Verbindung mit einer Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 80° oder eine Handgelenksversteifung rechtfertigt eine rentenberechtigende MdE von 20 v.H. oder mehr (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Kap. 8.7.7.2, S. 544). Eine Instabilität des Handgelenks ist von allen Sachverständigen bzw. Gutachtern ausgeschlossen worden. Bei alldem ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die MdE für körperliche Funktionseinschränkungen eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung mit umfasst und in den Richtwerten erfahrungsgemäße Begleitschmerzen mit eingeschlossen sind (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 5.5.10, S. 221). Dass sich hier kein außergewöhnliches, die MdE erhöhendes unfallbedingtes Schmerzerleben feststellen lässt, darauf ist bereits zuvor hingewiesen worden. Objektive Befunde, welche eine erhebliche Minderbelastung der rechten Hand ergeben, liegen gerade nicht vor, sind vielmehr sowohl von Dr. M als auch von Prof. Dr. S ausdrücklich verneint worden. Selbst Dr. W, welcher in seinem für das SG erstellten schriftlichen Sachverständigengutachten den Kreis der unfallbedingten Erkrankungen wesentlicher weiter zieht, gelangt ebenfalls nur zu einer der Klägerin bereits von der Beklagten zugestandenen MdE von 20 v.H.

Soweit nach alldem ein eindeutiges Gesamtermittlungsergebnis vorliegt, hat sich der Senat weder eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime noch durch die zuletzt von der Klägerin gestellten Beweisanträge, nämlich zur Zusammenhangsfrage eine weitere neurologisch-psychiatrische Begutachtung durchzuführen, zu weiteren medizinischen Ermittlungen veranlasst gesehen. Desgleichen hat sich der Senat nicht gehalten gesehen, der Anregung der Klägerin im Schriftsatz vom 19. März 2014 entsprechend Dr. M ergänzend zu hören, zumal dies erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung bei Gericht vorgebracht worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Überdies sind der Klägerin Gerichtskosten in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe aufzuerlegen. Die Klägerin ist bereits mit Verfügung des Berichterstatters vom 08. November 2013 darauf hingewiesen worden, dass eine Fortführung des Rechtsstreits ohne Stellung eines Antrags nach § 109 SGG angesichts der sich aus der eindeutigen Sach- und Rechtslage ergebenden offensichtlichen Aussichtslosigkeit des vorliegenden Berufungsverfahrens als missbräuchlich erscheint und die Auferlegung von Gerichtskosten in Höhe von mindestens 225,00 EUR nach sich ziehen kann, vgl. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG. Die Klägerin hat sich gegen das für sie nicht nur ungünstige, sondern ausgesprochen eindeutige Beweisergebnis mit Argumenten gestellt, welche bereits ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit vermitteln. So hat die Klägerin etwa glauben machen wollen, dass im schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S u.a. eine diametrale Abweichung von Dr. Ms Einschätzung zur Zusammenhangsfrage enthalten ist (vgl. Schriftsatz vom 12. September 2013), für welche nach dem zuvor Gesagten gerade keinerlei Raum ist. Teilweise hat sie im Rahmen ihres Vorbringens (vgl. Schriftsatz vom 21. Januar 2014) die Aussagen in den Gutachten auch sinnverfälschend wiedergegeben, indem sie Prof. Dr. S schlichtweg unzutreffend die Schlussfolgerung zugeschrieben hat, das Schmerzsyndrom sei in seiner konkreten Ausprägung bei ihr Unfallfolge und nicht etwa im Zusammenhang mit einem vorbestehenden Leiden zu sehen, das zu einer Schmerzfehlverarbeitung führe. Die Möglichkeit, eine Begutachtung nach § 109 SGG zu beantragen, auf die sie mit Schreiben des Berichterstatters vom 23. August 2013 unter Fristsetzung hingewiesen worden war, hat sie ausdrücklich unter Verweis auf das Kostenrisiko abgelehnt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved