L 3 U 122/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 127/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 122/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. April 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 5. Februar 2010 als Arbeitsunfall des Klägers.

An diesem Tag fuhr der Zeuge C. (im Folgenden nur: Zeuge) gegen 18:00 Uhr mit seinem PKW der Marke Opel Omega in die Straße "D-Straße" in A-Stadt, bei der es sich um eine Sackgasse handelt, an deren Zufahrt sich im Kreuzungsbereich mit der E-Straße auch das Ladengeschäft des Klägers befindet. Die Beziehung des Klägers zu dem Zeugen war seit mehreren Monaten von auch gerichtlichen Auseinandersetzungen geprägt, in deren Verlauf es zu gegenseitigen Beleidigungen und Bedrohungen gekommen war. Nachdem der Zeuge an dem betreffenden Abend in die Straße "D Straße" hineingefahren war, wo sich der Kläger gerade vor seinem Ladengeschäft befand, kam es zunächst zwischen den beiden zu einer verbalen Auseinandersetzung. Der Zeuge fuhr sodann weiter in die Straße hinein, um bei einem dort befindlichen, von seinem Sohn betriebenen Ladengeschäft zu prüfen, ob die Eingangstür verschlossen war. Sodann wendete er sein Fahrzeug und fuhr wieder aus der Straße "D-Straße" hinaus.

Der Kläger befand sich in diesem Zeitpunkt erneut vor seinem Ladengeschäft und war im Begriff, die Straße zu überqueren, um die Tageseinnahmen zur Einzahlung an der Sparkasse zu bringen. Dabei kam es zu einem Kontakt zwischen dem Fahrzeug des Zeugen und dem Kläger, infolge dessen der Kläger ausweislich der Feststellungen des Amtsgerichts Rotenburg an der Fulda im dortigen Urteil vom 19. Juli 2010 - 51 Ds - 34 Js 4047/10 - eine Prellung des rechten Oberschenkels sowie ein ca. 7 cm x 7 cm großes Hämatom an selber Stelle erlitt. Wegen dieses Tatgeschehens wurde der Zeuge durch das vorbezeichnete Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Zeuge allerdings angegeben, von einem Zusammenstoß mit dem Kläger nichts bemerkt zu haben.

Mit Unfallanzeige vom März 2010 machte der Kläger das Vorliegen eines Arbeitsunfalls geltend. Die Beklagte zog die Akte des Amtsgerichts Rotenburg 51 Ds - 16 Js 3812/10 (ursprüngliches Aktenzeichen wegen des hier streitgegenständlichen Ereignisses) bei und forderte Berichte der behandelnden Ärzte des Klägers an, insbesondere des Psychotherapeuten Dr. F. vom 9., 16. und 30. April 2010. Mit Bescheid vom 19. Mai 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 5. Februar 2010 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Unfall aufgrund eines persönlichen Tatmotivs des Zeugen verursacht worden sei. Besondere Wegeverhältnisse, die die Tat des Zeugen begünstigt hätten, lägen nicht vor. Daher seien betriebsfremde Motive als Unfallursache anzusehen, so dass kein Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung bestehe.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2010 zurück, der dem Bevollmächtigten des Klägers am 25. Juni 2010 zugestellt wurde. Zur Begründung verwies sie darauf, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Versicherungsschutz während des Zurücklegens eines versicherten Weges ausgeschlossen sei, wenn ein Angreifer durch persönliche Feindschaft gegen den Versicherten oder aus ähnlichen, betriebsfremden Beziehungen stammenden Beweggründen zum Überfall/Angriff veranlasst worden sei und keine besonderen Verhältnisse des Weges den Überfall wesentlich begünstigt hätten. Dies sei bei dem Kläger der Fall, denn ausweislich der polizeilichen Ermittlungen, wie sie aus der Akte des Amtsgerichts Rotenburg hervorgingen, habe der Zeuge in einer Fehde zum Kläger gestanden, die die Ursache des Unfallgeschehens gewesen sei. Daher sei der Unfall nur gelegentlich der versicherten Tätigkeit, aber nicht in deren Folge eingetreten.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19. Juli 2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben. Diese Klageschrift ging jedoch erst am 6. September 2010 bei dem Sozialgericht Kassel ein. Zuvor hatte der Bevollmächtigte des Klägers durch telefonische Mitteilung des Sozialgerichts Kassel am 1. September 2010 erfahren, dass die Klageschrift bei dem dortigen Gericht nicht eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom selben Tage beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Klagefrist. Der Klägerbevollmächtigte versicherte an Eides statt, dass er die Klageschrift persönlich am 19. Juli 2010 zur Post gegeben hat. Mit Beschluss vom 22. Oktober 2010 hat das Sozialgericht Kassel den Rechtsstreit wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) verwiesen.

Das Sozialgericht hat die staatsanwaltschaftliche Akte 34 Js 4047/10 [ursprüngliches Aktenzeichen des Verfahrens wegen des Verdachts der Bedrohung (im Zusammenhang mit Ereignissen im Mai 2009)] beigezogen sowie Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2011 verwiesen.

Unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Anerkennung eines Arbeitsunfalls abgelehnt. Der Kläger sei am 5. Februar 2010 während seiner versicherten Tätigkeit Opfer einer Straftat geworden, wie dies von AG Rotenburg an der Fulda in dessen Urteil vom 19. Juli 2010 festgestellt worden sei. Vorliegend habe sich der Kontakt zwischen dem Kläger und dem Fahrzeug des Zeugen C. nur deshalb ereignet, weil zwischen den Beteiligten eine persönliche Auseinandersetzung geherrscht habe. Wie auf den Bildern in der in der staatsanwaltschaftlichen Akte enthaltenen Lichtmappe zu erkennen sei, weise die Straße "D-Straße" insbesondere im Kreuzungsbereich, in dem sich das Unfallereignis ereignete, eine ausreichende Breite auf, um eine Person zu umfahren, wie dies der Zeuge nach seinem Bekunden auch vorgehabt habe. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass der Zeuge ausgesagt habe, am Straßenrand im Bereich des Ladengeschäfts des Klägers habe ein silberner Mercedes geparkt. Gleichzeitig sei der Zeuge ausweislich der Feststellungen des AG Rotenburg im strafrichterlichen Urteil nur mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gefahren, so dass ein kurzfristiges Anhalten möglich gewesen wäre. Weiterhin sei es auch keineswegs so gewesen, dass der Kläger überraschend und für den Zeugen nicht oder nur spät erkennbar auf die Fahrbahn getreten sei. Denn der Zeuge habe bei seiner Vernehmung vor der Kammer ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger schon "relativ gut auf der Straße" gestanden habe. Der Zeuge habe ihn also von weiterer Entfernung wahrgenommen und nach eigenen Angaben um ihn herum fahren wollen. Wenn es vor dem Hintergrund dieser Umstände sodann doch zu einem Kontakt zwischen dem Kläger und dem Fahrzeug des Zeugen gekommen sei, dann nur aufgrund des Umstandes, dass der Zeuge bewusst zumindest eine ungewöhnliche räumliche Nähe zwischen seinem Fahrzeug und dem Kläger habe herbeiführen wollen. Dies widerspreche nicht nur § 1 StVO, sondern auch diametral dem gewöhnlichen Verhalten eines Verkehrsteilnehmers, so dass die Kammer keinen anderen Schluss ziehen könne als die Annahme eines besonderen persönlichen Motivs des Zeugen - und hierfür komme nur der bereits länger anhaltende Streit mit dem Kläger in Betracht. Damit aber lägen die Motive eindeutig im persönlichen Bereich des Klägers, so dass der Zusammenhang von versicherter Tätigkeit und Unfallereignis in den Hintergrund trete und damit der Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung entfalle. Ob der Zeuge dabei auch eine Verletzung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen habe oder entsprechend der Wertung des AG Rotenburg im strafrichterlichen Urteil nur Fahrlässigkeit vorgelegen habe, sei ohne Belang. Denn der Gesundheitsschaden des Klägers sei Folge der nach Überzeugung der Kammer dem persönlichen Bereich des Klägers zuzurechnenden Gründe, die zu der vorsätzlich durch den Zeugen herbeigeführten Annäherung seines Fahrzeugs an den Kläger geführt haben. Diese Wertung werde bestätigt durch Einschätzung des Klägers selbst, die dieser unmittelbar nach dem Unfallereignis gewonnen hatte. Ausweislich der im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren protokollierten Aussage der dortigen Zeugin G. erklärte der Kläger unmittelbar nach dem Unfallereignis: "Der wollte mich über den Haufen fahren." An dieser Beurteilung des Vorfalls habe der Kläger auch noch später festgehalten. Wie dem Zwischenbericht zur psychologischen Krisenintervention nach Gewaltereignis vom 12. Mai 2010 zu entnehmen sei, habe der Kläger auch am 25. März 2010 nach wie vor seine Überzeugung geschildert, dass der Zeuge den Zusammenstoß mit ihm absichtlich herbeigeführt habe. Entgegen der Darstellung in der Klagebegründung seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Änderung dieser Einschätzung zum aktuellen Zeitpunkt rechtfertigen würden. Das Unfallereignis sei auch nicht durch die besonderen örtlichen Gegebenheiten begünstigt oder gar erst ermöglicht worden.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 31. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Juni 2011 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.

Der Kläger trägt vor, er sei subjektiv zunächst von einem gezielten Angriff des Zeugen aus persönlichen Motiven ausgegangen; dies habe sich im Nachhinein jedoch als falsch erwiesen. Vielmehr wäre der Unfall auch passiert, wenn es zwischen ihm und dem Zeugen keine persönliche Auseinandersetzung gegeben hätte. Er selbst sei beim Überqueren der Straße in Gedanken gewesen und habe die Annäherung des Fahrzeugs des Zeugen nicht bemerkt. Der Zeuge wiederum habe selbst angegeben, er habe um den Kläger herumfahren müssen, er sei dem Kläger also bewusst ausgewichen. Dieser Geschehensablauf schließe es aus, dass der Kläger – wie dies vom Sozialgericht angenommen worden sei – "eine ungewöhnliche Nähe zwischen ihm und dem Fahrzeug des Zeugen" habe herbeiführen wollen. Die Laufrichtung des Klägers habe ihn – ohne dass er es bemerkt habe – in Richtung des Fahrzeugs des Zeugen geführt, der ja versucht habe, um ihn herumzufahren. Ein Anhalten sei für den Zeugen wiederum nicht erforderlich gewesen, da dieser ja geglaubt habe, durch das Herumfahren an dem Kläger vorbeizukommen. Auch dies sei ein normaler Verkehrsvorgang und wäre ohne Folgen geblieben, wenn nicht der Kläger weiter quer zur Fahrtrichtung des Pkw gelaufen wäre.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. April 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Februar 2010 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2013 nochmals den Kläger persönlich sowie den Zeugen C. einvernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2013 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten und in den Akten der Staatsanwalt Fulda 34 Js 4047/10 und 16 Js 3812/10, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 19. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 19. April 2011 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein Versicherungsfall ist vorliegend nicht gegeben.

Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013, B 2 U 10/12 R –juris- RdNr. 12 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers jedoch nicht erfüllt. Die von dem Kläger bei der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit erlittenen Einwirkungen i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII begründeten keinen Arbeitsunfall, denn sie traten nicht i. S. von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII "infolge" der Ausübung der versicherten Tätigkeit auf und sind daher nach dem Schutzzweck der Norm nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen.

Hierbei steht vorliegend die Ausübung einer versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfallereignisses zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Eine Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung besteht aber nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass das Unfallereignis selbst sowie die versicherte Tätigkeit als auch der Gesundheitsschaden mit dem sog. Vollbeweis nachgewiesen sein müssen. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 19; BSGE 7, 103, 106 sowie 19, 52, 53). Nur für die Kausalbeziehungen zwischen dem unfallbringenden Verhalten und der Krankheit genügt nach herrschender Meinung der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, der dann gegeben ist, wenn mehr für als gegen Ursachenzusammenhang spricht bzw. wenn bei der Berücksichtigung aller Umstände die für den Ursachenzusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, dass die Entscheidung darauf gegründet werden kann, wobei die bloße Möglichkeit allerdings nicht ausreicht (s. BSGE 19, 5, 53; BSGE 32, 203, 209, BSG, Urteil vom 2. Juni 1959 SozR Nr. 20 zu § 542 RVO).

Wenn bei der Ausübung einer Verrichtung, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ein Unfallereignis eintritt, muss vom Vorliegen der Unfallkausalität ausgegangen werden, es sei denn, eine konkurrierende Ursache, wie z.B. eine innere Ursache oder eine eingebrachte Gefahr, ist feststellbar (dazu BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, B 2 U 23/05 R –juris- RdNr. 17). Für diese konkurrierende Ursache, die der vermuteten Unfallkausalität bei einer versicherten Tätigkeit (ausnahmsweise) entgegensteht, trägt demzufolge die Beklagte als diejenige, die sich auf eine konkurrierende Ursache beruft, auch die Beweislast (BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, a.a.O., Rn. 15 ff.). Erst wenn eine konkurrierende Ursache feststeht, ist auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie aufbauend in einem zweiten Prüfungsschritt wertend zu entscheiden, ob die versicherte Ursache wesentlich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 a.a.O.).

Vorliegend hat zwar das Zurücklegen des Weges zur Bank zum Zweck der Abgabe der Tageseinnahmen objektiv die Einwirkungen durch das Anfahren seitens des Zeugen verursacht, diese Tätigkeit war jedoch nicht rechtlich wesentlich hierfür i. S. von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.

Die versicherte Verrichtung muss zunächst i. S. der "conditio-sine-qua-non"-Formel eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) sein. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur als (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung anzusehen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage (vgl. BSG vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R - juris RdNr. 35 f.). Auf der 2. Sufe ist sodann festzustellen, ob sich die durch die versicherte Tätigkeit objektiv verursachte Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellt und deshalb die versicherte Tätigkeit "wesentlich" war, ob also sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur begründet, wenn die durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Einwirkung auf den Versicherten eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Für die zur Beurteilung der Wesentlichkeit der versicherten Ursache erforderliche Abwägung zwischen der versicherten Ursache und der nichtversicherten Ursache ist zu beachten, dass "wesentlich" nicht gleichzusetzen ist mit "gleichwertig" oder "annähend gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat und als rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist. Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen ist und damit keine Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Theorie der wesentlichen Bedingung in BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R - RdNr 13 ff).

Nach diesen Maßstäben war das Zurücklegen des Weges zum Verbringen der Tageseinnahmen zur Bank und damit die konkrete versicherte Verrichtung des Klägers eine Ursache für die Einwirkung durch das Anfahren seitens des Zeugen. Objektiv mitursächlich hierfür war aber auch die persönliche, von erheblichen Streitigkeiten geprägte Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen. Wie sich aus den im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren beigezogenen staatsanwaltlichen Unterlagen ergibt, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, insbesondere auch aus den im Zusammenhang mit Anzeigen des Klägers gegen den Zeugen wegen Bedrohung und wegen Unterschlagung erfolgten polizeilichen Zeugenvernehmungen, kennen der Kläger und dessen Lebensgefährtin den Zeugen seit ca. 2005. Es hatte sich dann zunächst eine Freundschaft entwickelt und im weiteren Verlauf auch eine berufliche Verbindung zwischen der Lebensgefährtin des Klägers und dem Zeugen. In diesem Zusammenhang kam es zu Darlehensleistungen des Klägers an den Zeugen. Es entwickelten sich dann aber sowohl aus der beruflichen Tätigkeit der Lebensgefährtin des Klägers für den Zeugen als auch wegen der Darlehensrückzahlung Auseinandersetzungen mit dem Zeugen, die auch gerichtlich ausgetragen wurden. Im Weiteren kam es immer wieder zu Beschimpfungen und Bedrohungen zwischen dem Kläger und dem Zeugen. Für den nach dem hier streitgegenständlichen Ereignis vom 5. Februar 2010 liegenden Rosenmontag war ein Gerichtstermin angesetzt, der im Zusammenhang stand mit der Verwertung von zwei Pkw, die der Zeuge dem Kläger wegen der Darlehensgewährung als Sicherheit gegeben hatte. Gerade dies war auch nach den Angaben des Klägers gegenüber der Polizei Anlass der verbalen Auseinandersetzung am 5. Februar 2010, in deren Rahmen der Zeuge den Kläger zudem angespuckt hat - wenige Minuten vor dem streitgegenständlichen Ereignis.

Vor diesem Hintergrund ist die sich damit auf der zweiten Stufe stellende Frage, ob sich durch das streitgegenständliche Ereignis rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen eine in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung fallende Gefahr realisiert hat, zu verneinen. Zur Überzeugung des Senats hat die oben geschilderte persönliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen, insbesondere auch angesichts der sich nur wenige Minuten zuvor ereigneten konkreten Auseinandersetzung das Geschehen derart geprägt, dass überragende Ursache allein diese nicht vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung erfassten privaten Auseinandersetzungen waren, die selbst keine der versicherten Verrichtung innewohnende spezifische Gefahr darstellen. Der versicherte Gang zur Bank zum Einzahlen der Tageseinnahmen tritt hinter der nicht versicherten Gefahr durch die aus dem persönlichen Bereich des Klägers stammenden Umstände so weit zurück, dass die versicherte Verrichtung nicht wesentliche Ursache und damit Ursache im rechtlichen Sinne für die durch das Anfahren bedingten Einwirkungen ist.

Der Senat ist von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen überzeugt, dass der Kläger, als der Zeuge wenige Minuten nach der ersten Auseinandersetzung beim Einfahren in die Straße "D-Straße" wieder zurückfuhr, auf der Straße stand und ihn kommen sah, denn dies steht im Wesentlichen im Einklang mit den Erstangaben des Klägers bei der Polizei ca. eine Stunde nach dem Ereignis. Dort hat der Kläger geschildert, dass er bereits beim Betreten der Fahrbahn links von sich aus vom Wendehammer her kommend einen Pkw wahrgenommen hat, der sich in seine Richtung bewegte. Er habe dann gedacht, das Fahrzeug würde nun doch wohl langsam mal anhalten, es sei jedoch mit unverminderter Geschwindigkeit weiter auf ihn zu gefahren. Vor dem Hintergrund dieser Angaben vermag der Senat die späteren Ausführungen des Klägers, er habe das sich annähernde Fahrzeug bis zu den Warnrufen seiner Lebensgefährtin und eines weiteren Zeugen nicht wahrgenommen, nicht zu berücksichtigen. Vielmehr ereignete sich der Zusammenstoß des Pkw des Zeugen mit dem Kläger in einer zwischen diesen beiden nicht nur schon seit langer Zeit, sondern insbesondere auch ganz akut emotional aufgeheizten Situation aufgrund der wegen des bevorstehenden Gerichtstermins entstandenen verbalen Auseinandersetzung. Wenn es dann bei übersichtlichen und nicht durch besondere Witterungseinflüsse beeinträchtigten Straßenverhältnissen zu einer Annäherung des nach Angaben aller Zeugen vor der Polizei sowie auch des Klägers mit einer Geschwindigkeit von maximal 20 km/h fahrenden Pkw des Zeugen und dem Kläger gekommen ist, dann bestehen für den Senat keinerlei Zweifel, dass sich hier allein die aus der persönlichen Streitsituation resultierende Gefahr verwirklicht hat. Die geschilderte Situation vermag weder zu erklären, dass der Kläger nicht hätte ausweichen oder der Zeuge hätte sein Fahrzeug rechtzeitig bremsen können. Dass es dennoch zu dem Zusammenstoß gekommen ist, lässt sich nur dadurch erklären, dass der Kläger und der Zeuge aufgrund der emotional zwischen ihnen so stark aufgeladenen Situation sich nicht verkehrsadäquat verhalten, sondern die Annäherung herbeigeführt haben. Im Ergebnis kommt es dabei nicht darauf an, ob einer der Beteiligten vorsätzlich einen Zusammenstoß herbeiführen wollte; sie haben jedenfalls durch ihr Verhalten die Gefahr eines Unfalls provoziert, der sich dann letztlich nicht mehr vermeiden ließ. Damit hat sich hier die aus der persönlichen feindseligen Beziehung zwischen dem Kläger und dem Zeugen, also aus der privaten Sphäre des Klägers resultierende Gefahr realisiert, nicht aber die im Zusammenhang mit dem aufgrund der versicherten Tätigkeit zurückgelegten Weg verbundene, aus dem allgemeinen Straßenverkehr und den Straßenbedingungen resultierende Gefahr.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
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