L 4 KA 23/13

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 916/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 23/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 28. März 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen (RLV) für die Quartale IV/05-IV/07.

Der Kläger ist seit dem 1. April 1990 als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er führt die Zusatzbezeichnungen Allergologie und Umweltmedizin. Die Beklagte setzte das Honorar des Klägers wie folgt fest:

Quartal IV/05 I/06 II/06 III/06
Anzahl Praxen/Ärzte 201/230 200/229 199/228 197/228
Widerspruch vom 24.01.2007 28.02.2007 12.03.2007 16.05.2007
Bruttohonorar gesamt in EUR 33.178,91 34.628,89 39.672,77 36.377,53
Fallzahl gesamt 1.166 1.371 1.387 1.454
30110 Allergologiediagnostik I* 1/2/199 (201) 1/2/199 (200) 1/2/197 (199) 1/1/194 (197)
30111 Allergologiediagnostik II* 5/3/197 6/3/199 10/3/197 5/3/195
30130 Hyposensibilisierungsbehandlung 56/10/191 46/9/189 47/5/183 52/5/179
Regelleistungsvolumen (RLV) Ziff. 6.3 HVV
Fallpunktwert 568,9 564,2 563,9 566,1
Praxisbezogenes RLV in Punkten 655.372,8 765.618,0 775.362,5 815.184,0
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 806.465,0 1.012.195,0 1.033.860,0 970.855,0
Überschreitung in Punkten 151.092,2 248.575,6 258.497,5 155.671,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüll-/Korrekturbetrag je Fall/ EUR +4,9314 +3,5913 -1,4267 -
Auffüll-/Korrekturbetrag gesamt/ EUR +5.680,93 +4.611,28 -1.961,67 -

Quartal IV/06 I/07 II/07 III/07
Anzahl Praxen/Ärzte 196/228 196/229 193/226 194/231
Widerspruch vom 05.07.2007 30.04.2008 20.12.2007 01.03.2008
Bruttohonorar gesamt in EUR 33.938,47 33.152,12 39.940,21 34.116,89
Fallzahl gesamt 1.257 1.361 1.538 1.423
30110 Allergologiediagnostik I* 1/2/192 (196) 1/2/192 (196) 1/1/190 (193) 1/2/189 (194)
30111 Allergologiediagnostik II* 5/3/194 5/3/193 9/3/190 6/3/193
30130 Hyposensibilisierungsbehandlung* 67/10/183 69/9/186 47/5/180 52/5/178
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Fallpunktwert 565,2 562,4 564,2 567,5
Praxisbezogenes RLV in Punkten 699.152,4 754.740,8 857.171,7 797.905,0
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 828.920,0 912.335,0 1.056.530,0 913.485,0
Überschreitung in Punkten 129.767,6 157.594,2 199.358,3 115.580,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüll-/Korrekturbetrag je Fall/ EUR +2,6642 +1,2871 - +1,3261
Auffüll-/Korrekturbetrag gesamt/ EUR +3.069,18 +1.728,64 - +1847,19
*Die Zahlen geben die Abrechnungshäufigkeit auf 100 Patienten bezogen auf den Kläger und die Fachgruppe an, die dritte Zahl gibt die Anzahl der Praxen an, die die Leistungen erbringt, die Zahl in Klammern die Anzahl der Praxen der Fachgruppe (Prüfgruppe vollzugelassene Hautärzte) insgesamt.

Quartal IV/07
Anzahl Praxen/Ärzte 191/227
Widerspruch vom 30.06.2008
Bruttohonorar gesamt in EUR 32.617,9
Fallzahl gesamt 1.243
30110 Allergologiediagnostik I* 1/2/181 (191)
30111 Allergologiediagnostik II* 3/3/189
30130 Hyposensibilisierungsbehandlung* 71/11/180
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV
Fallpunktwert 567,0
Praxisbezogenes RLV in Punkten 697.410,0
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 828.910,0
Überschreitung in Punkten 131.500,0
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Auffüll-/Korrekturbetrag je Fall in EUR +3,3536
Auffüll-/Korrekturbetrag gesamt in EUR +3.863,96

Der Kläger legte gegen die jeweiligen Honorarbescheide für die Quartale IV/05 bis IV/07 Widerspruch ein und beantragte jeweils Aussetzung bzw. Anhebung seines RLV (vgl. Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2008). Die Widerspruchsverfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Die Beklagte wies mit Bescheid vom 18. Juni 2008 den Antrag auf Änderung des RLV für die streitbefangenen Quartale ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag für das Quartal IV/05 sei unzulässig, da zum Zeitpunkt der Antragstellung dem Kläger bereits der Honorarbescheid vorgelegen habe und ein Antrag nur für die Zukunft Wirkung entfalten könne. Für die übrigen Quartale sei der Antrag unbegründet. Für die Fachgruppe des Klägers seien folgende RLV-Fallpunktzahlen vorgesehen:
Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0-5 6-59 -)60 0-5 6-59 -)60
Fallpunktzahlen 277 482 528 379 652 677

Der Kläger habe in sämtlichen Quartalen das jeweilige praxisbezogene RLV überschritten. Er führe aufgrund seiner ärztlichen Qualifikation sowie der ihm erteilten Qualifikationsgenehmigung mehr allergologische Diagnostik (Nr. 30111 EBM) als der Durchschnitt der Fachgruppe durch. Die Abrechnung der allergologischen Leistungen an sich könne jedoch keine Sonderregelung rechtfertigen. Ein Sicherstellungsproblem bestehe nicht. Im relevanten Radius von 50 km seien ausreichend Ärzte niedergelassen, die diese Leistungen erbrächten. Die Leistungen seien nicht arztgruppenuntypisch. Soweit der Kläger auf die in der Vergangenheit gewährten Zusatzbudgets für Allergologie hinweise, so seien diese ab dem Quartal III/03 von dem Individualbudget abgelöst worden, welches bis zum Quartal I/05 Gültigkeit gehabt habe. Bei dem ab Quartal II/05 geltenden praxisbezogenen RLV werde bei der Ermittlung der Fallpunktzahlen ein arzt-/fachgruppenspezifischer Ansatz gewählt. Zudem orientiere sich die Honorarausstattung der einzelnen Honorar(unter)gruppen an den tatsächlichen im jeweiligen Quartal des Jahres 2004 erfolgten Honorarzahlungen. Seine Leistungen aus diesem Bereich seien in die Honorarausstattung für die Fallpunktzahlen des RLV mit eingeflossen. Nach den Vorgaben des Bewertungsauschusses sei keine Zuordnung zu den Leistungsbereichen für extrabudgetäre oder vorab zu vergütende Leistungen vorgesehen. Die Leistungen unterlägen somit dem Regelleistungsvolumenansatz. Eine generelle Herausnahme der allergologischen Leistungen komme nicht in Betracht. Die Leistungsbereiche für extrabudgetäre und vorab zu vergütende Leistungen seien abschließend definiert und könnten nicht einseitig geändert werden. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 25. Juni 2008 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er erbringe die Hyposensibilisierungsbehandlung nach Nr. 30130 EBM wesentlich häufiger als die Fachgruppe, durchschnittlich liege er um 600 % über dem Wert der Fachgruppe, bezogen auf die Praxen, die auch die Leistung erbracht hätten. Zu keinem anderen Ergebnis sei auch das SG Frankfurt am Main mit seinem Urteil vom 31. März 2004 S 5 KA 1876/00 - bzgl. der Quartale III/97 und IV/97 gelangt. Auf dieser Grundlage sei letztendlich auch vor dem Hessischen Landessozialgericht ein Vergleich betreffend die Quartale III/97 bis II/03 geschlossen worden, in dem die Fallpunktzahl des Klägers um 39 Punkte pro Fall erhöht worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für das Quartal IV/05 verblieb sie bei ihrer Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei. Das vom Kläger angeführte Urteil des SG Frankfurt am Main beziehe sich auf die Praxis- und Zusatzbudgets und könne daher nicht auf die ab dem Quartal II/05 geltende Systematik der Regelleistungsvolumina übertragen werden. Das vom Kläger angeführte Leistungsspektrum sei in dermatologischen Praxen strukturell vorgesehen. Auch andere Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten wiesen ein auf die Allergologie konzentriertes Leistungsspektrum auf und diverse Praxen rechneten die Hyposensibilisierungsbehandlung in vergleichbarem oder sogar höherem Umfang ab als der Kläger. Insoweit weiche er von der Typik der Arztgruppe gerade nicht ab. Die Einbeziehung der Versorgungssituation im Umkreis von 50 km sei nicht zu beanstanden. Sie habe in diesem Umkreis die niedergelassenen Dermatologen berücksichtigt.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Dezember 2009 Klage beim Sozialgericht Marburg (SG) erhoben. Zur Klagebegründung hat er erneut auf seinen allergologischen Praxisschwerpunkt mit der Erbringung der Leistungen nach Nrn. 30110, 30111 und 30130 EBM 2005 verwiesen. Der von ihm vorgelegte Auszug aus der Frequenzstatistik zeige die überdurchschnittliche Leistungserbringung für alle streitbefangenen Quartale. Dabei betrage der Anteil dieser Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen der bezüglich des RLV abgerechneten Leistungen zwischen 27,69 % und 35,63 %. Auch die Überschreitungswerte bezüglich des RLV belegten den erheblichen Versorgungsbedarf bezüglich der allergologischen Leistungen. Eine Prüfung der Versorgungslage habe offensichtlich nicht stattgefunden. Der Anspruch auf Erweiterung des RLV bestehe auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BSG. Die Hyposensibilisierungsbehandlung gehöre nicht zum Kernbereich der Leistungen der Hautärzte. Es sei jedenfalls noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob es sich bei allergologischen Leistungen/Leistungen der Hyposensibilisierung um fachgruppentypische Leistungen der Hautärzte handele.

Hierzu hat die Beklagte u.a. auf das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. November 2011 (S 12 KA 614/10) Bezug genommen. Ungeachtet dessen, dass sich dieses auf andere Quartale beziehe, habe das SG dort grundsätzlich eine Einordnung der geltend gemachten speziellen Leistungen vorgenommen und festgestellt, dass die allergologischen Leistungen für die Fachgruppe der Hautärzte als fachgruppentypisch einzuordnen seien, da sie von nahezu allen Fachärzten erbracht würden. Diese Einschätzung sei auf das vorliegende Verfahren übertragbar. Der vom Kläger dargestellte Anteil der "speziellen Leistungen" am Gesamtpunktzahlvolumen könne auch, selbst wenn er über einen Zeitraum von 4 aufeinanderfolgenden Quartalen mehr als 20 % betragen sollte, keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderregelung zum RLV ergeben. Lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen könne keine versorgungsrelevante Besonderheit begründen (Hinweis auf BSG vom 29. Juni 2011, B 6 KA 20/10 R). Letzteres scheide überdies zusätzlich deshalb aus, da das Versorgungsniveau im Bereich der Allergologie durch eine große Anzahl von Leistungserbringern sehr hoch sei. Hinzu komme zudem, dass bezüglich der Frage, ob eine Sonderregelung zum RLV gerechtfertigt sein könne, die Tatsache, dass die Regelleistungsvolumina systembedingt nur auf einer Grundlage von 80 % errechnet würden, zu beachten sei. In der Konsequenz heiße dies, dass Überschreitungswerte der Regelleistungsvolumina um ca. 25 % dieser Berechnungsweise anhafteten und Überschreitungen in diesem Rahmen bereits nicht auf Praxisbesonderheiten gestützt werden könnten. Die RLV-Überschreitungswerte des Klägers hätten sich in den streitgegenständlichen Quartalen wie folgt dargestellt:

Quartal Überschreitung RLV in %
IV/05 23,05
I/6 32,20
II/06 33,33
III/06 19,09
IV/06 18,56
I/07 20,88
II/07 23,25
III/07 14,48
IV/07 18,85

Da bei dem Kläger nur in 2 Quartalen eine Überschreitung von mehr als 25 % des RLV feststellbar sei, könne eine Sonderregelung aus diesem Grund nicht beansprucht werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. März 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, mögliche Rechtsgrundlage für die begehrte Sonderregelung sei Ziff. 6.3 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale II/05 bis IV/05, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005, der bis zum Quartal I/07 fortgeführt und inhaltsgleich als § 5 Abs. 3 für die Folgequartale II bis IV/07 in der für diese Quartale geltenden Honorarvereinbarung übernommen worden sei. Im Falle des Klägers liege kein Ausnahmefall vor, weshalb die Beklagte von ihrem Ermessen habe keinen Gebrauch machen müssen. Von daher könne auch dahinstehen, ob der Antrag für das Quartal IV/05 bereits unzulässig gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des BSG genüge es zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV müsse darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht würden. Dabei werde es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Es würde dem Konzept des RLV mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringe und abrechne, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringe und abrechne und dafür eine individuelle Erhöhung des RLV erzielte (Hinweis auf BSG, Urteile vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R, Juris Rn. 21 f und B 6 KA 20/10 R, Juris Rn. 17 f). Besonderheiten einer Praxis stritten dann für eine Ausnahme von den Regelleistungsvolumina im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch sei, nämlich mindestens 20 %. Ausreichend sei es, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von 4 aufeinander folgenden Quartalen ergäben (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R, Juris Rn. 23). Die allergologischen Leistungen würden zwar im EBM als arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen geführt, gehörten aber für die Fachgruppe des Klägers als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten zu den fachgruppentypischen Leistungen, da sie mit Ausnahme der hier nicht streitigen Nr. 30120 EBM von nahezu allen Fachärzten der Fachgruppe erbracht würden. Im streitbefangenen Zeitraum habe die Fachgruppe des Klägers aus 191-201 Praxen mit 226-231 Ärzten bestanden. Die Leistung nach Nr. 30110 EBM 2005, die der Kläger in keinem Quartal überdurchschnittlich erbringe, werde von 189-199 Praxen, die Leistung nach Nr. 30111 EBM 2005 ebenfalls von 189-199 Praxen und die Leistung nach Nr. 30130 EBM 2005 von 178-191 Praxen erbracht, und damit von fast allen Praxen der Fachgruppe. Insofern sei die Frage der Fachgruppentypik einer Leistung allein nach der Häufigkeit der Praxen bzw. Ärzte der Fachgruppe zu bestimmen, die diese Leistungen erbringen. Das BSG bewerte die Systematik des EBM insofern nur als Indiz für die Fachgruppentypik. Ergebnis der Rechtsprechung des BSG sei, dass immer dann, wenn eine bestimmte Leistung von einer Mehrzahl der Ärzte in der Fachgruppe erbracht werde und sie damit fachgruppentypisch werde, sie nicht zu einer Sonderregelung führen könne, werde sie aber von einem Arzt einer anderen Fachgruppe erbracht, innerhalb der die Leistung nur von wenigen Ärzten erbracht würden, so könne es für diesen Arzt zu einer Sonderregelung führen. Beispielhaft werde hier auf die Entscheidung des BSG vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R, a. a. O. verwiesen. Der klagende Chirurg habe ein RLV wie Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie begehrt. Eine überdurchschnittliche Erbringung von sonographischen Untersuchungen im Bereich der Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie würde aber nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einer Sonderregelung für Internisten führen. Maßgeblich hierfür dürften Gesichtspunkte des Gleichheitssatzes sein. Nur dann, wenn eine Minderheit der Ärzte der Fachgruppe diese Leistungen erbrächten, könne das RLV den typischen Versorgungsbedarf für die Fachgruppe nicht widerspiegeln, da ein solcher nicht bestehe. Soweit sich aber einzelne Ärzte auf fachgruppentypische Leistungen spezialisierten, sehe das BSG darin keinen Tatbestand für eine Sonderregelung, da aus dem fachgruppentypischen Leistungsspektrum nicht einzelne Leistungen zu bevorzugen seien, da insoweit ein Anreiz für höher bewertete Leistungen geschaffen würde (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 -B 6 KA 20/10 a. a. O. Juris Rn. 18). Daher sei für die Fachgruppentypik maßgeblich, welche Leistungen in das RLV einbezogen würden, unabhängig von ihrer systematischen Einordnung im EBM, und in welchem Umfang sie von der Fachgruppe erbracht würden. Dabei könne davon ausgegangen werden, dass eine Fachgruppentypik jedenfalls eine Leistungserbringung von der Hälfte oder mehr der Fachgruppe voraussetze. Für die allergologischen Leistungen sei dies jedenfalls mit annähernd 100 % der Fall.

Gegen den ihm am 4. April 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Mai 2013 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, die Anforderungen, die das BSG an die Bejahung des Anspruchs auf Erhöhung des RLV stelle, seien erfüllt. Die Leistungen nach GOP 30110, 30111, 30130 EBM befänden sich im EBM in Kapitel IV. arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen Abschnitt 30. spezielle Versorgungsbereiche 30.1 Allergologie. Damit sei das "deutliche Indiz" nach der BSG-Rechtsprechung, dass es sich um einen speziellen Leistungsbereich handele, erfüllt. Die Leistungen nach GOP 30110, 30111, 30130 EBM, insbesondere die Hyposensibilisierung würden nicht in erster Linie von Hautärzten erbracht und gehörten nicht dem Kerngebiet der Dermatologie an. Die Hyposensibilisierung sei beim Weiterbildungsinhalt zur Erlangung der Facharztanerkennung für Haut- und Geschlechtskrankheiten nicht ausdrücklich genannt. Es handele sich daher um eine fachgruppenuntypische Leistung. Dies sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Vielzahl der Praxen der Fachgruppe der Hautärzte diese Leistungen erbringe. So führe das BSG u. a. aus: " ...Die Leistungen können nicht insgesamt deshalb als typisch für die Fachgruppe anzusehen sein, weil der proktologische Basiskomplex der Nr. 30600 EBM-Ä 2005 nach den Angaben der Beklagten von über 50 % der Ärzte der Fachgruppe abgerechnet wird ..." Somit könne auch hier nicht die entscheidende Rolle spielen, dass die besagten Leistungen von der Mehrzahl der Praxen (nicht Ärzten!) der Fachgruppe erbracht würden. Vielmehr wäre zu prüfen gewesen, in welchem Umfang und mit welchem Anteil, gemessen an den insgesamt erbrachten Leistungen, die Leistungen nach GOP 30110, 30111, 30130 EBM unter Einbeziehung aller Fachgruppen, die die Leistungen erbringen dürfen, erbracht würden. Das BSG habe a. a. O. darauf abgestellt, dass "unter Einbeziehung aller Fachgruppen, die die Leistungen erbringen dürfen" diese "nur von wenigen Praxen und nur in geringer Fallzahl abgerechnet" würden. Im Übrigen seien die Leistungen nach GOP 30110, 30111, 30130 EBM offensichtlich nicht in ausreichendem Umfang in die zugestandenen RLV-Fallpunktzahlen der Fachgruppe eingeflossen. Der Anspruch auf Erhöhung des RLV könne nur dann verneint werden, wenn die speziellen Leistungen, auf die der Erhöhungsantrag gestützt werde, in ausreichendem Umfang in die Berechnung des RLV eingeflossen seien. So führe das BSG a. a. O. aus: " ... Soweit die Beklagte ausführe, auch diese speziellen Leistungen seien in die Berechnung der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen eingeflossen, ist dies zwar zutreffend. Sie finden sich in den Fallpunktzahlen für Chirurgen aber wegen der geringen Abrechnungsfrequenzen nur in begrenztem Umfang wieder". Die Leistungen nach GOP 30110, 30111, 30130 EBM seien mit 1720 bzw. 1820 bzw. 255 Punkten bewertet. Verglichen mit den Fallpunktzahlen des RLV der Hautärzte könnten diese Leistungen, wenn überhaupt, nur in äußerst geringem Umfang in die Berechnung des RLV eingeflossen sein. Wenn das zugestandene RLV pro Fall der Fachgruppe den durchschnittlich benötigten Leistungsaufwand pro Fall darstellen solle, werde auch hieran deutlich, dass die Fachgruppe diese Leistungen gerade nicht schwerpunktmäßig erbringe. Aus diesem Grunde handele es sich um fachgruppenuntypische Leistungen. Die Erbringung der Leistungen erfordere auch eine besondere Praxisausstattung. Die Durchführung der Hyposensibilisierung sei sehr risikobehaftet. Es seien die Vorhaltung einer qualifizierten Notfallausrüstung, eines Defibrillators und Mittel zur Anaphylaxiebehandlung notwendig. Ein Facharzt für Haut -und Geschlechtskrankheiten, der nicht schwerpunktmäßig wie der Kläger diese allergologischen Leistungen durchführe, bedürfe nicht eines solch hohen Personal- und Schulungsaufwandes sowie Vorhaltungsaufwandes in der Praxis. Der Kläger habe die Leistungen nach den GOP 30110, 30111, 30130 EBM in weit überdurchschnittlichem Umfang, gemessen sowohl am Gesamtpunktzahlvolumen als auch im Vergleich zur Fachgruppe erbracht. Der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen sei entsprechend der Rechtsprechung des BSG überdurchschnittlich hoch:
Quartal Ambulante Honorarforderung (LG 1-4, LG 7-9, LG 12) Abgerechnete Punkte GOP 30110, 30111, 30130 durch den Kläger Anteil der GOP 30110, 30111, 30130 an der ambulanten Honorarforderung gesamt
IV/05 806.830 256.415 31,78 %
I/06 1.016.600 280.275 27,57 %
II/06 1.036.535 351.940 34,04 %
III/06 977.785 308.545 31,56 %
IV/06 837.415 307.025 36,66 %
I/07 913.145 315.045 34,50 %
II/07 1.064.125 346.455 35,38 %
III/07 921.780 301.230 32,68 %
IV/07 837.275 286.680 34,59 %

Auch im Vergleich der vom Kläger erbrachten und abgerechneten Spezialleistungen zur Fachgruppe werde die Atypik der Praxis des Klägers deutlich:
Quartal GOP Überschreitung Fachgruppe Überschreitung Erbringer der Fachgruppe
IV/05 30111 82,33 % 68,98 %
30130 459,22 % 428,15 %

I/06 30111 89,02 % 85,79 %
30130 409,37 % 360,24 %

II/06 30111 219,95 % 185,20 %
30130 842,75 % 734,42 %

III/06 30111 71,35 % 66,67 %
30130 956,47 % 858,99 %

IV/06 30111 64,39 % 60,31 %
30130 672,55 % 523,64 %

I/07 30111 78,85 % 73,96 %
30130 564,92 % 507,97 %

II/07 30111 196,12 % 150,23 %
30130 842,75 % 746,48 %

III/07 30111 89,56 % 81,74 %
30130 937,65 % 782 %

IV/07 30130 548,84 % 519,05 %

Insgesamt ergebe sich ein Punkteaufwand, umgelegt auf die Gesamtfallzahl im Quartal, für die Leistungen nach GOP 30110, 30111 und 30130 EBM des Klägers sowie der Fachgruppe bzw. der Erbringer der Fachgruppe wie folgt:
Quartal Fallzahl des Klägers Punkte pro Fall Arzt GOP 30110, 30111 und 30130 Punkte pro Fall Arztgruppe GOP 30110, 30111 und 30130 Punkte pro Fall Erbringer der Arztgruppe GOP 30110, 30111 und 30130
IV/05 1152 222,6 97,25 100,4
I/06 1284 206,5 94,7 100,6
II/06 1375 256 84,5 84,7
III/06 1393 214,2 67,3 78,9
IV/06 1152 248,2 97,25 97
I/07 1357 234,8 94,7 98,4
II/07 1519 247,8 67,3 84,7
III/07 1406 214,1 84,5 81,5
IV/07 1230 233,1 99,8 100,8

Es würden sich daher folgende Überschreitungsprozentsätze beim Ansatz der GOP 30110, 30111 und 30130 EBM bezogen auf die angeforderten Punkte pro Fall ergeben:
Quartal Überschreitung pro Fall - Anforderung Arztgruppe GOP 30110, 30111 und 30130 Überschreitung pro Fall - Anforderung Erbringer der Fachgruppe GOP 30110, 30111 und 30130
IV/05 +128,89 % +121,71 %
I/06 +118,06 % +105,27 %
II/06 +202,96 % +202,24 %
III/06 +218,28 % +171,48 %
IV/06 +155,22 % +155,88 %
I/07 +147,94 % +138,62 %
II/07 +268,2 % +192,56 %
III/07 +153,37 % +162,7 %
IV/07 +133,57 % +131,25 %

Die Rechtsprechung hinsichtlich der Quartale III/97-II/03 sei auch auf die hier streitbefangenen Quartale zu übertragen.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 28. März 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Anträge auf Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen für die Quartale IV/05-IV/07 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig und hat hierzu ergänzend ausgeführt, eine von der Rechtsprechung des BSG mit Urteil vom 29. Juni 2011 zu den Az. B 6 KA 17/10 R, B 6 KA 18/10 R, B 6 KA 19/10 R und B 6 KA 20/10 R geforderte im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet lägen hier nicht vor. Der Kläger gehe fehl in der Annahme, dass sich aus der Einordnung der allergologischen Leistungen in dem EBM als arztgruppenübergreifende Leistungen ergebe, dass es sich hier nicht um fachgruppentypische Leistungen für die Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten handele. Es komme hier ausschließlich darauf an, dass die Anzahl der diese Leistung ausführenden Ärzte im Verhältnis zu dem Kläger in dieser Fachgruppe ausreichend groß sei. In den streitgegenständlichen Quartalen habe die Fachgruppe der Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten aus 191 201 Praxen mit 226-131 Ärzten bestanden. Sowohl die Leistung nach GOP 30110 EBM als auch die Leistung nach GOP 30111 EBM sei von 189-199 Praxen erbracht worden, die Leistung nach GOP 30130 EBM von 178-191 Praxen. Die Leistung nach GOP 30110 habe der Kläger in keinem Quartal überdurchschnittlich erbracht. Somit handle es sich im Sinne der Rechtsprechung um fachgruppentypische Leistungen unabhängig davon, in welchem Kapitel diese Leistungen geregelt seien. Eine atypische Versorgungssituation liege nicht vor. Die streitgegenständlichen allergologischen Leistungen seien ausreichend in die Berechnung der RLV-Fallpunktzahlen eingeflossen, insoweit werde auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 30. Juni 2007 verwiesen. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass der Kläger insgesamt die Leistungen nach den GOP 30110, 30111 und 30130 in deutlich höherem Maße als die Fachgruppe durchführe. Diese Leistungen würden jedoch von fast 100 % der Fachgruppe erbracht und stellten eine fachgruppentypische Leistung dar. Eine überdurchschnittliche Erbringung fachgruppentypischer Leistungen könne nicht zu einer Sonderregelung führen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Vorhaltens einer qualifizierten Notfallausrüstung, eines Defibrillators und Mittel der Anaphylaxiebehandlung.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Gerichtsbescheid des SG Marburg vom 28. März 2013 sowie der Bescheid vom 8. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen.

Streitgegenstand ist eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen für die Quartale IV/05 bis IV/07. Vorfragen, die Auswirkungen auf die vertragsärztliche Honorierung für mehrere Quartale haben, können in einem eigenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geklärt werden, solange die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (BSG, Urteil vom 15. August 2012, B 6 KA 38/11 R, Juris Rn. 13; BSGE 105, 236). Die Widerspruchsverfahren betreffend die Honorarbescheide des Klägers für die streitgegenständlichen Quartale sind noch nicht abgeschlossen.

Die Regelungen des in den streitgegenständlichen Quartalen IV/05 – IV/07 geltenden Honorarverteilungsvertrages zur Bildung des RLV (Ziff. 6.3 HVV vom 10. Oktober 2005, der aufgrund ergänzender Vereinbarungen bis zum Quartal I/07 fortgalt bzw. § 5 Abs. 3 HVV in der Fassung der Entscheidung des Landesschiedsamts vom November 2007 für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. Dezember 2007) entsprachen den Vorgaben des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von RLV durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (DÄ 2004, A-3129) - im Folgenden BRLV - und sind rechtlich mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R, Juris Rn. 16 = BSGE SozR 4-2500 § 85 Nr. 66; BSG, Urteil vom 8. Februar 2012 B 6 KA 14/11 R Juris Rn. 12 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 69).

Der Kläger kann sich vorliegend nicht auf den Tatbestand der Sonderregelung nach Ziff. 6.3 HVV bzw. § 5 Abs. 3 HVV ab 1. April 2007 berufen. Nach Ziff. 6.3 letzter Absatz HVV bzw. § 5 Abs. 3 Buchst. d HVV war der Vorstand der Beklagten ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen. Diese Regelung enthält keinen allgemeinen Auffangtatbestand für alle denkbaren Ausnahmefälle, sondern lässt nur Anpassungen zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung zu (BSG, Urteil vom 8. Februar 2012, a. a. O., Juris Rn. 22). Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R, Juris Rn. 19 ff.) reicht es für die Verneinung eines Sicherstellungsbedarfs in diesem Sinne nicht aus, wenn sich eine KÄV allein darauf beruft, dass weitere Ärzte im Planungsbereich die gleichen (qualifizierten) Leistungen erbringen. Das Merkmal der Sicherstellung ist in diesem Zusammenhang nicht so eng zu verstehen, dass es nur darauf ankommt, ob ohne den klagenden Arzt eine qualifizierte Leistung im Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht. Diese Herangehensweise eignet sich für die Beurteilung des Bedarfs für einen neu hinzutretenden Leistungserbringer, nicht aber für die Beurteilung der Versorgung durch die bereits vertragsärztlich tätigen Ärzte. Die Formulierung "aus Gründen der Sicherstellung" ist aber auch nicht notwendig so zu verstehen, dass - wie etwa bei der Zulassung wegen Sonderbedarfs - ein Versorgungsdefizit in einem bestimmten regionalen Bereich festgestellt werden muss. Im Bereich der Honorarverteilung sind den KÄVen schon aus verwaltungspraktischen Gründen bei der Ermittlung des Versorgungsbedarfs Grenzen gesetzt. Sachgerecht ist es, für die Auslegung der Nr. 3.1 des Beschlusses des BRLV vom 29. Oktober 2004 sowie der Nr. 6.3 HVV 2005 bzw. des § 5 Abs. 3 Buchst d HVV 2007 die Rechtsprechung des BSG zum "besonderen Versorgungsbedarf" als Voraussetzung für eine Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets, die ebenfalls im Grundsatz auf eine arztgruppeneinheitliche Festlegung angelegt waren, heranzuziehen und weiterzuentwickeln (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011, a. a. O, Juris Rn. 21). Erforderlich ist danach, dass eine im Leistungsangebot der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung mit messbarem Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zum Gesamtpunktzahlvolumen vorliegt. Auf den Spezialisierungsbereich müssen in mindestens vier aufeinander folgenden Quartalen mindestens 20 % des Gesamtpunktzahlvolumens der den Regelleistungsvolumen zuzurechnenden Leistungen entfallen. Diese Kriterien sind auch unter Geltung der RLV geeignet, das Merkmal der Sicherstellung der Versorgung zu konkretisieren. Eine vom Durchschnitt abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen Versorgungsbedarf erlaubt, kann sich auch hier in einem besonders hohen Anteil der in einem speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl zeigen. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es allerdings nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV muss vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere Zusatzqualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern (vgl. BSG, a. a. O. Juris Rn. 22). Im Falle des Klägers ist auch unter Berücksichtigung seiner Praxisausrichtung kein Sicherstellungsbedarf im Sinne der BSG-Rechtsprechung anzunehmen.

Zwar ist der Vortrag des Klägers zutreffend, dass es sich bei dem von ihm erbrachten Leistungen nach Nrn. 30110 EBM 2005 (allergologisch-diagnostischer Komplex zur Diagnostik und/oder zum Ausschluss einer (Kontakt-)Allergie vom Spättyp (Typ IV) – bewertet mit 1720 Punkten), 30111 EBM 2005 (allergologisch-diagnostischer Komplex zur Diagnose und/oder zum Ausschluss einer Allergie vom Soforttyp (Typ I), einschließlich Kosten – bewertet mit 1245 Punkten) und Nr. 30130 EBM 2005 (Hyposensibilisierungsbehandlung – bewertet mit 255 Punkten) um arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen handelt. Den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt, dass zumindest die Hyposensibilisierung beim Weiterbildungsinhalt zur Erlangung der Facharztanerkennung für Haut- und Geschlechtskrankheiten nicht ausdrücklich genannt sei und somit einer Zusatzqualifikation und einer besonderen Praxisausstattung bedürfe, könnte dies ein Indiz für einen speziellen Leistungsbereich bilden. Ebenso wenig ist seitens der Beklagten in Abrede gestellt worden, dass der Kläger jedenfalls die Leistungen nach Nrn. 30111 und 30130 EBM 2005 (nicht die Leistungen nach Nr. 30110) in deutlich höherem Maße als die Fachgruppe erbracht hat. Der Anteil der abgerechneten speziellen Gebührenziffern in Punkten an der ambulanten Honorarforderung (LG 1-4, LG 7-9, LG 12) beträgt über mehr als 4 aufeinander folgende Quartale mindestens 20 %. Dennoch kann der Kläger keine Sonderregelung zum RLV beanspruchen, da es sich bei den Leistungen, aufgrund derer er die Gewährung einer Sonderregelung begehrt, um fachgruppentypische Leistungen handelt. Ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen reicht nach der Rechtsprechung des BSG zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit gerade nicht aus (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juni 2011, B 6 KA 17/10 R, Juris Rn. 22, B 6 KA 19/10 R, Juris Rn. 22, B 6 KA 20/10 R Juris Rn. 17 m. w. N.). Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang in seiner Berufungsbegründung insbesondere auf die Aussage des BSG im Urteil vom 29. Juni 2011, B 6 KA 19/10 R, Juris Rn. 22, ab: "Die Leistungen können nicht insgesamt deshalb als typisch für die Fachgruppe anzusehen sein, weil der prokotologische Basiskomplex der Nr. 30600 EBM-Ä 2005 von über 50 % der Ärzte der Fachgruppe (der Chirurgen) abgerechnet wird". Dies gibt die Aussagen des BSG jedoch nur verkürzt wieder. Entscheidend war in diesem Fall vielmehr, dass gerade spezielle proktologische Leistungen nur von einem Teil der Chirurgen erbracht wurden. Die speziellen proktologischen Leistungen nach den Nrn. 30610 (Behandlungen von Hämorrhoiden) und 30611 EBM 2005 (Entfernung von Hämorrhoiden) wurden nach den Feststellungen des LSG unter Einbeziehung aller Fachgruppen, die die Leistungen erbringen dürfen, nur von wenigen Praxen und nur in geringen Fallzahlen abgerechnet. Danach waren diese Leistungen von allenfalls 30 % der Ärzte der Fachgruppe erbracht worden. Im Unterschied hierzu wurden im vorliegenden Fall sämtliche der vom Kläger als spezielle Leistungen geltend gemachten Leistungen nach Nrn. 30110, 30111, 30130 EBM 2005 von fast allen Praxen bzw. Ärzten der Fachgruppe (Prüfgruppe vollzugelassene Hautärzte) abgerechnet, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Das BSG verweist in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2011, B 6 KA 19/10 R, Juris Rn. 22 auf die Kriterien für die Einordnung als fachgruppentypische Einzelleistung in BSG GesR 2004, 144, 146 m. w. N. (= BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 44/02 R). Nach dieser zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ergangenen Entscheidung kommt es für die Beurteilung, ob eine Einzelleistung fachgruppentypisch ist, darauf an, dass die Anzahl der die Leistung ausführenden Ärzte im Verhältnis zur Fachgruppe insgesamt sowie die Anwendungshäufigkeit beim geprüften Arzt und bei den übrigen ausführenden Ärzten einen statistischen Vergleich stets in dem Sinne zulassen, dass im konkreten Fall verlässliche Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung möglich sind. In zahlenmäßiger Hinsicht hat das BSG diese im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei einem statistischen Einzelvergleich geforderten Voraussetzungen bejaht, wenn über 50 % der Mitglieder der Vergleichsgruppe eine Gebühren-Nr. mindestens in 5 % bis 6 % aller Behandlungsfälle abgerechnet haben. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfe die für eine Vergleichsprüfung ausreichende Anwenderquote die Grenze von 50 % auch unterschreiten, soweit ausgeschlossen werden könne, dass besondere Behandlungsmethoden des betroffenen Arztes etwa wegen der geringen Größe und/oder Inhomogenität der Vergleichsgruppe die Aussage der Vergleichsprüfung verringern. Auch bei der Abrechnungshäufigkeit von ca. 5 % bis 6 % der Fälle handele es sich nicht um eine absolute Untergrenze. Für die hinreichende Verbreitung der Leistung in der Fachgruppe sei vielmehr entscheidend, dass eine Gesamtschau der in den Vergleich einbezogenen Umstände es ermöglichen müsse, noch von einer zuverlässigen Vergleichsbasis sprechen zu können (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, a. a. O., Rn. 20 ff.). Bei entsprechender Anwendung dieser Maßstäbe für die Prüfung der Fachgruppentypik von Leistungen im Rahmen einer Sonderreglung zum RLV hat das SG zutreffend darauf abgestellt, dass eine Fachgruppentypik grundsätzlich eine Leistungserbringung von der Hälfte oder mehr der Fachgruppe voraussetzt. Da die allergologischen Leistungen von fast allen Praxen bzw. Ärzten der Fachgruppe des Klägers erbracht werden, muss hier von fachgruppentypischen Leistungen ausgegangen werden. Auch eine Berücksichtigung der Anwendungshäufigkeit der allergologischen Leistungen würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Leistungen nach Nrn. 30110 und 30111 EBM 2005 werden sowohl von der Fachgruppe als auch von dem Kläger in geringer Zahl erbracht (Leistungen nach Nr. 30110 EBM 2005 werden vom Kläger im Vergleich zur Fachgruppe durchschnittlich weniger häufig erbracht, Leistungen nach Nr. 30111 EBM 2005 häufiger). Aber auch die vom Kläger häufig abgerechnete Hyposensibilisierung (Nr. 30130 EBM 2005) wird von der Fachgruppe in ausreichendem Umfang erbracht (in 5 bis 11 Fällen bezogen auf 100 Patienten), um für die allergologischen Leistungen von einer Fachgruppentypik und letztendlich ausreichender Berücksichtigung im RLV ausgehen zu können. Zu den fachgruppentypischen Leistungen hat das BSG jedoch bereits ausgeführt, dass allein der Umstand, dass ein Arzt eine fachgruppentypische Leistung besonders häufig abrechne, nicht auf einen besonderen Versorgungsbedarf schließen lasse. Mit den Regelleitungsvolumina solle nicht ein eingeschränktes, sondern ein umfassendes Leistungsprofil abgebildet werden. Es würde dem Konzept der RLV mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringe und abrechne, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringe und abrechne und dafür eine individuelle Erhöhung des RLV erhalten würde (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011, B 6 KA 20/10 R, Juris Rn. 18).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die endgültige Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz GKG sowie die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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