Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 176/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3088/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes ab dem 01.09.2012.
Der am 16.08.1954 geborene Kläger, in dessen Lohnsteuerkarte für das Veranlagungsjahr 2012 die Lohnsteuerklasse I, KM 0 eingetragen war, durchlief erfolgreich bis 1972 eine dreijährige Berufsausbildung zum Industriekaufmann. Bis 1979 war er versicherungspflichtig in seinem erlernten Beruf beschäftigt. Ab dem 01.05.1979 war er im Bereich internationaler Handel mit elektronischen Bauteilen selbstständig tätig. Zuletzt entrichtete er hierfür vom 03.07.2006 bis 31.08.2012 freiwillige Beiträge in die Arbeitslosenversicherung. Mit Wirkung zum 01.09.2012 änderte der Kläger sein Gewerbe vom Haupt- in einem Nebenerwerb.
Am 01.09.2012 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, das ihm mit Bescheid vom 25.09.2012 für 450 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 28,07 EUR bewilligt wurde. Die Beklagte berücksichtigte hierbei ein Bemessungsentgelt von 70,- EUR täglich. Hierzu hat sie den Kläger zuvor mit Schreiben vom 24.09.2012 davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werde, da er in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt habe. Da der Kläger für eine Tätigkeit im Ausbildungsberuf als Industriekaufmann geeignet sei, richte sich das fiktive Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsstufe 3.
Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem sich dieser gegen die Dauer des bewilligten Anspruchs wandte, half die Beklagte selbigem ab und bewilligte, bei unveränderter Leistungshöhe, mit Bescheid vom 09.10.2012 Arbeitslosengeld ab 01.09.2012 für 720 Kalendertage.
Hiergegen erhob der Kläger, entsprechend der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, abermals Widerspruch, mit dem er sich der sich gegen die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 wandte. Er brachte vor, in Ansehung seiner Berufsausbildung sei zwar formal die Qualifikationsgruppe zutreffend, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass er 33 Jahre in seinem Beruf selbstständig tätig gewesen sei, so dass er sich zahlreiche Kenntnisse und Fähigkeiten (Abwicklung von Einkäufen und Verkäufen weltweit, Marketing, Kenntnisse im Zollwesen, Außenwirtschaftsrecht, globales Handelsrecht, internationale Zahlungsabwicklungen, Rechnungswesen, Buchhaltung und Steuergesetze) angeeignet habe. Es sei grotesk, dass er trotz dieser Berufserfahrung einem unerfahrenen Industriekaufmann gleichgestellt werde. Auch gebe es in kaufmännischen Betrieben keine Meisterprüfungen, so dass dieser Berufsgruppe die Qualifikationsgruppe 2 verwehrt bleibe. Er sei mindestens dem Niveau eines Meisters, d.h. der Qualifikationsstufe 2, gleichzustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ihre Vermittlungsbemühungen seien in erster Linie auf Beschäftigungen der Qualifikationsgruppe 3 zu erstrecken. Es sei die Beschäftigung zu ermitteln, die unter Berücksichtigung der Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen sowie der Anforderung der angebotenen Stellen in Betracht komme. Dabei seien nur die Beschäftigungen zu berücksichtigen, die in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhanden seien. Im Falle des Klägers kämen daher nur Tätigkeiten eines Industriekaufmanns in Betracht. Beschäftigungen, die einen Fachschulabschluss oder eine Meisterprüfung voraussetzten (Qualifikationsgruppe 2) und für die der Kläger auch ohne diese Abschlüsse in Betracht käme, seien in nennenswertem Umfang nicht vorhanden.
Hiergegen hat der Kläger am 11.01.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Seine bisherige Tätigkeit sei wertmäßig mit der eines Geschäftsführers oder Abteilungsleiters gleichzusetzen. Es könne nicht sein, dass der Gesetzgeber eine Diskriminierung der kaufmännischen Berufsgruppe, für die es keine Meisterprüfungen gebe, gewollt habe. Gäbe es eine Meisterprüfung für Industriekaufleute, hätte er diese absolviert. Überdies habe die Beklagte nicht einmal versucht, den Kläger im kaufmännischen Bereich für anspruchsvollere Arbeitsplätze zu vermitteln. Die Beklagte könne nicht mit dem Argument, es gebe keine freien Vermittlungsvorschläge, die gesetzlichen Einstufungsregelungen nach den Qualifikationsstufen außer Kraft setzen. Auch wenn er sich seit Eintritt der Arbeitslosigkeit auch auf niedrig qualifizierte Arbeitsstellen beworben habe, rechtfertige dies nicht die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides verwiesen. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass Stellen, die einen Fachschulabschluss oder eine Meisterprüfung erforderten, für die der Kläger auch ohne diese Abschlüsse in Betracht käme, nicht vorhanden seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2012 hat das SG Fr. A. B., Arbeitsvermittlerin bei der Beklagten, als Zeugin einvernommen. Die Zeugin hat ausgesagt, einmalig mit dem Kläger ein Gespräch geführt zu haben, aufgrund dessen ein berufliches Profil erstellt worden sei. Hiernach sei sie zu der Einschätzung gelangt, dass eine Stelle als Industriekaufmann oder als kaufmännische Fachkraft anzustreben sei, für die nach einem Suchlauf sieben Stellenangebote vorgelegen hätten. Für diese sei durchgängig ein Abschluss zum Industriekaufmann erforderlich gewesen. Höher qualifizierte Stellen, bspw. als Einkaufs- oder Verkaufsleiter, setzten, so die Zeugin weiter, in der Regel ein Studium der Betriebswirtschaft und den Nachweis von Personalführungskompetenzen voraus, die der Kläger nicht aufzuweisen habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Aussage der Zeugin wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25.06.2012 (Bl. 32-35 der SG-Akte) verwiesen.
Mit Urteil vom 25.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das dem Kläger zu gewährende Arbeitslosengeld sei mit 28,07 EUR täglich zutreffend bewilligt worden. Da der Kläger im erweiterten Bemessungsrahmen vom 01.09.2010 - 31.08.2012 nicht mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorweisen könne, sei das der Leistungsgewährung zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt fiktiv zu bemessen. Hierbei sei er der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspreche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Die Beklagte habe bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stelle zu berücksichtigen, was im Falle des Klägers zu einer Vermittlung auf eine Tätigkeit als Industriekaufmann/kaufmännische Fachkraft führe. Da der Kläger über die für eine höherwertige Beschäftigung erforderlichen Qualifikationen nicht verfüge, seien die Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht auf höher qualifizierte Stellen zu erstrecken gewesen. Zwar habe sich der Kläger, so das SG weiter, durch seine jahrzehntelange selbständige Tätigkeit Fachkompetenzen im Bereich des internationalen Handels mit elektronischen Bauteilen erworben und zahlreiche Kontakte geknüpft, maßgebliches Kriterium für die Einordnung in die Qualifikationsgruppen bleibe jedoch letztlich die erreichte berufliche Qualifikation, da diese bestimme, welche Beschäftigung der Arbeitslose anstreben könne. Dem könne der Kläger nicht entgegenhalten, die Beklagte habe durch die der Qualifikationsgruppe 3 entsprechenden Vermittlungsvorschläge selbst die Grundlage für eine den tatsächlichen Kompetenzen des Klägers nicht gerecht werdende fiktive Bemessung geschaffen. Die Beklagte habe dem Kläger Stellengesuche zu unterbreiten, die möglichst gute Chancen auf eine berufliche Eingliederung böten. Es sei zwar denkbar, dass sich ein Arbeitgeber - etwa aufgrund des persönlichen Eindrucks im Bewerbungsgespräch - für den Kläger als Mitarbeiter entscheiden könnte, obwohl er die beruflichen Voraussetzungen für eine höher qualifizierte Stelle nicht erfülle, derartige - spekulative - Erwägungen könnten jedoch nicht Grundlage der Vermittlungsbemühungen der Beklagten sein. Eine Diskriminierung kaufmännischer Berufe vermochte das SG nicht zu erkennen.
Gegen das am 29.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.07.2013 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat er unter Darlegung seines beruflichen Werdegangs ausgeführt, es entspräche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass berufliche Qualifikation nicht nur durch einen Abschluss, sondern durch das fortwährende Sammeln von Erfahrungen und den Erwerb von weiteren Kenntnissen erlangt werde. Sein 33 jähriges "learning by doing" werde von der Beklagten ignoriert. Das von im in der speziellen Elektronik- Branche erworbene Wissen sei auch auf andere Bereiche zu übertragen. Bei den Vermittlungsbemühungen seien derartige Aspekte zu berücksichtigen. Die Beklagte habe es jedoch überhaupt nicht versucht, ihn in höherwertige Arbeitsstellen zu vermitteln. Hätte er seine Berufserfahrung nicht als Selbstständiger sondern in einem Angestelltenverhältnis erworben, wäre er problemlos in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft worden, er werde daher auch durch seine selbstständige Tätigkeit benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 09. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2012 zu verurteilen, ihm ab dem 01. September 2012 Arbeitslosengeld auf Grundlage eines Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsstufe 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend bringt sie vor, einer Vermittlung in höherwertige Tätigkeiten stehe entgegen, dass der Kläger nicht nur nicht über den erforderlichen Hochschulabschluss verfüge, sondern auch keine Personalführungskompetenzen vorweisen könne. Eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 sei auch im kaufmännischen Bereich möglich. Zwar habe der Kläger durch seine Berufserfahrung eine Qualifikation oberhalb der eines Berufsanfängers erworben, diese erreiche die eines Meisters jedoch nicht.
Mit Schreiben vom 04.03.2014 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 04.04.2014 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung, die bereits in Ansehung der vom Kläger begehrten höheren Leistungsbewilligung für den ihm bewilligten Zeitraum von 720 Tagen, d.h. für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, ohne Zulassung statthaft ist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 25.09.2012 in der Fassung des Bescheides vom 09.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012, mit dem dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012 in einer Höhe von 28,07 EUR täglich bewilligt wurde, zu Recht abgewiesen; der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 25.06.2013 die gesetzlichen Bestimmungen zur Höhe des dem anspruchsberechtigten Kläger (vgl. §§ 136, 137 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III] in der ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserungen der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 [BGBl. I S.2854]) zu gewährenden Arbeitslosengeldes (§§ 149 ff SGB III) zutreffend angeführt. Es ist zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass das, der Bewilligung von Arbeitslosengeld zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt (§ 151 Abs. 1 SGB III), da der Kläger im vom 01.09.2010 bis 31.08.2012 reichenden erweiterten Bemessungsrahmen nicht mindestens 150 Tagen mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt aufzuweisen hat, fiktiv anhand ein fiktiven Arbeitsentgelts zu bemessen ist (§ 152 Abs. 1 SGB III). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insofern auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und sieht insofern von einer Begründung seiner Entscheidung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Für die konkrete Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose, wie vom SG zutreffend ausgeführt, nach § 152 Abs. 2 SGB III der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist für Beschäftigungen, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Dreihundertstel der Bezugsgröße (Nr. 1), die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße (Nr. 2), die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (Nr. 3) und für solche Tätigkeiten, die keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (Nr. 4) zu Grunde zu legen.
Die Qualifikationsgruppen des § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III sind ihrer Grundstruktur nach so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zugeordnet ist. In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich - nach dem Willen des Gesetzgebers - in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes zu erstrecken hat (vgl. BT- Drucks 15/1515 S.86 zu § 132). Hierbei kommt es nach Auffassung des Senats (Urteil vom 22.01.2014 - L 3 AL 705/ 13 - n.v.) in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG u.a. Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - und Urteil vom 18.05.2010 - B 7 AL 49/08 R -, Urteil vom 25.08.2011 - B 11 AL 19/10 R - jew. veröffentlicht in juris) für die Einordnung in die jeweilige Qualifikationsgruppe grundsätzlich darauf an, ob der Arbeitslose tatsächlich über den betreffenden förmlichen Berufsabschluss verfügt.
Diese formale Betrachtungsweise korrespondiert mit den Kriterien, nach denen sich die Tätigkeit bestimmt, auf die die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat, um den Arbeitslosen bestmöglichst in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III hat die Beklagte bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Insofern ist maßgeblich, für welche Beschäftigung der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 66/05 R -, Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - jew. veröffentlicht in juris). Hat der Arbeitslose eine bestimmte Berufsausbildung abgeschlossen, verspricht eine diesem Abschluss entsprechende Tätigkeit die bestmögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt.
Für eine formale Betrachtungsweise sprechen auch systematische Erwägungen. Auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt die Ermittlung fiktiver Entgelte anhand der Einstufung in Qualifikationsgruppen (vgl. §§ 256b Abs. 1, 256c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. Anlage 13 zu diesem Gesetz). Nach Satz 1 der Einleitung zur Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Nach Satz 2 genügt es für eine Einstufung in die betreffende Qualifikationsstufe jedoch auch, wenn Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Da eine solche Regelung in § 152 Abs. 2 SGB III - wie in der bis zum 31.03.2012 geltenden Vorgängerregelung des § 132 SGB III [a.F.] - nicht beinhaltet ist, bleiben im Wege der Ausübung eines Berufs erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Einordnung in die Qualifikationsgruppen außer Betracht (Landessozialgericht [LSG] für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.02.2012 - L 9 AL 12/11 – veröffentlicht in juris).
Das Abstellen auf den förmlichen Berufsabschluss entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung des § 152 SGB III. Mit der inhaltgleichen Vorgängerregelung des § 132 Abs. 2 SGB III a.F. wurde die bis zum 31.12.2004 im Falle eines fehlenden zeitnahen Bezuges von Arbeitsentgelt durchzuführende individuelle Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts (§ 133 Abs. 4 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) zugunsten einer abstrakten Ermittlung der Bemessungsgrundlagen aufgegeben. Hiermit sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine deutliche Verwaltungsvereinfachung einhergehen (vgl. BT-Drucks 15/1515, S. 85 f.). Dies kann aber nur dann erreicht werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit sich auf die Prüfung beschränken kann, ob der in der jeweiligen Qualifikationsstufe vorausgesetzte Berufsabschluss vorhanden ist und nicht weiter ermitteln muss, ob der Arbeitslose vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in dem betreffenden Ausbildungsgang vermittelt werden, besitzt (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung der beruflichen Qualifikation des Klägers, der als Industriekaufmann eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf vorzuweisen hat, haben sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten auf den Bereich Industriekaufmann bzw. kaufmännische Fachkraft zu erstrecken. Dies entspricht einer Tätigkeit nach der Qualifikationsgruppe 3. Eine Vermittlung des Klägers in Tätigkeiten, die der Qualifikationsgruppe 2 entsprechen, erscheint dem Senat auch in Ansehung der Berufserfahrung des Klägers als nicht sachgerecht.
Eine Benachteiligung des Klägers dadurch, dass im kaufmännischen Bereich eine Meisterprüfung nicht existiert bzw. dadurch, dass der Kläger selbstständig tätig gewesen ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dies gründet bereits darin, dass auch im kaufmännischen Bereich u.a. mit einer Weiterbildung zum Personalfachkaufmann Fortbildungsmöglichkeiten bestehen, die die Einstufung in die Qualifikationsstufe 2 eröffnen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2013 - L 13 AL 3434/12 - veröffentlicht in juris). Auch wenn der Kläger die vom ihm angeführte Berufspraxis in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis erworben hätte, wäre ohne einen weitergehenden Berufsabschluss eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 nicht möglich, so dass auch insofern keine Benachteiligung des Klägers zu erkennen ist.
Mithin ist der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012 nach der Qualifikationsgruppe 3 ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Bei einer Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) im Jahr 2012 von 31.500,- EUR errechnet sich ein zu Grunde zu legendes fiktives Entgelt von 70,- EUR täglich (31.500,00 EUR: 450). Aus dem daraus resultierenden Leistungsentgelt (§ 153 SGB III) von 46,78 EUR errechnet sich nach Verminderung desselben um pauschalierte Abzüge (Sozialversicherungspauschale von 21 v.H., Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2012 und Solidaritätszuschlag (vgl. § 153 Abs. 1 Satz 2 SGB III) bei Anlegung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 %, der für den kinderlosen Kläger gilt, ein Arbeitslosengeldanspruch i.H.v. 28,07 EUR täglich. Dieser Betrag liegt der Leistungsbewilligung zu Grunde. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2012 in der Fassung des Bescheides vom 09.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012, ist hiernach rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; das klagabweisende Urteil vom 25.06.2013 ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes ab dem 01.09.2012.
Der am 16.08.1954 geborene Kläger, in dessen Lohnsteuerkarte für das Veranlagungsjahr 2012 die Lohnsteuerklasse I, KM 0 eingetragen war, durchlief erfolgreich bis 1972 eine dreijährige Berufsausbildung zum Industriekaufmann. Bis 1979 war er versicherungspflichtig in seinem erlernten Beruf beschäftigt. Ab dem 01.05.1979 war er im Bereich internationaler Handel mit elektronischen Bauteilen selbstständig tätig. Zuletzt entrichtete er hierfür vom 03.07.2006 bis 31.08.2012 freiwillige Beiträge in die Arbeitslosenversicherung. Mit Wirkung zum 01.09.2012 änderte der Kläger sein Gewerbe vom Haupt- in einem Nebenerwerb.
Am 01.09.2012 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, das ihm mit Bescheid vom 25.09.2012 für 450 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 28,07 EUR bewilligt wurde. Die Beklagte berücksichtigte hierbei ein Bemessungsentgelt von 70,- EUR täglich. Hierzu hat sie den Kläger zuvor mit Schreiben vom 24.09.2012 davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werde, da er in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt habe. Da der Kläger für eine Tätigkeit im Ausbildungsberuf als Industriekaufmann geeignet sei, richte sich das fiktive Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsstufe 3.
Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem sich dieser gegen die Dauer des bewilligten Anspruchs wandte, half die Beklagte selbigem ab und bewilligte, bei unveränderter Leistungshöhe, mit Bescheid vom 09.10.2012 Arbeitslosengeld ab 01.09.2012 für 720 Kalendertage.
Hiergegen erhob der Kläger, entsprechend der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, abermals Widerspruch, mit dem er sich der sich gegen die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 wandte. Er brachte vor, in Ansehung seiner Berufsausbildung sei zwar formal die Qualifikationsgruppe zutreffend, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass er 33 Jahre in seinem Beruf selbstständig tätig gewesen sei, so dass er sich zahlreiche Kenntnisse und Fähigkeiten (Abwicklung von Einkäufen und Verkäufen weltweit, Marketing, Kenntnisse im Zollwesen, Außenwirtschaftsrecht, globales Handelsrecht, internationale Zahlungsabwicklungen, Rechnungswesen, Buchhaltung und Steuergesetze) angeeignet habe. Es sei grotesk, dass er trotz dieser Berufserfahrung einem unerfahrenen Industriekaufmann gleichgestellt werde. Auch gebe es in kaufmännischen Betrieben keine Meisterprüfungen, so dass dieser Berufsgruppe die Qualifikationsgruppe 2 verwehrt bleibe. Er sei mindestens dem Niveau eines Meisters, d.h. der Qualifikationsstufe 2, gleichzustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ihre Vermittlungsbemühungen seien in erster Linie auf Beschäftigungen der Qualifikationsgruppe 3 zu erstrecken. Es sei die Beschäftigung zu ermitteln, die unter Berücksichtigung der Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen sowie der Anforderung der angebotenen Stellen in Betracht komme. Dabei seien nur die Beschäftigungen zu berücksichtigen, die in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhanden seien. Im Falle des Klägers kämen daher nur Tätigkeiten eines Industriekaufmanns in Betracht. Beschäftigungen, die einen Fachschulabschluss oder eine Meisterprüfung voraussetzten (Qualifikationsgruppe 2) und für die der Kläger auch ohne diese Abschlüsse in Betracht käme, seien in nennenswertem Umfang nicht vorhanden.
Hiergegen hat der Kläger am 11.01.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Seine bisherige Tätigkeit sei wertmäßig mit der eines Geschäftsführers oder Abteilungsleiters gleichzusetzen. Es könne nicht sein, dass der Gesetzgeber eine Diskriminierung der kaufmännischen Berufsgruppe, für die es keine Meisterprüfungen gebe, gewollt habe. Gäbe es eine Meisterprüfung für Industriekaufleute, hätte er diese absolviert. Überdies habe die Beklagte nicht einmal versucht, den Kläger im kaufmännischen Bereich für anspruchsvollere Arbeitsplätze zu vermitteln. Die Beklagte könne nicht mit dem Argument, es gebe keine freien Vermittlungsvorschläge, die gesetzlichen Einstufungsregelungen nach den Qualifikationsstufen außer Kraft setzen. Auch wenn er sich seit Eintritt der Arbeitslosigkeit auch auf niedrig qualifizierte Arbeitsstellen beworben habe, rechtfertige dies nicht die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides verwiesen. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass Stellen, die einen Fachschulabschluss oder eine Meisterprüfung erforderten, für die der Kläger auch ohne diese Abschlüsse in Betracht käme, nicht vorhanden seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2012 hat das SG Fr. A. B., Arbeitsvermittlerin bei der Beklagten, als Zeugin einvernommen. Die Zeugin hat ausgesagt, einmalig mit dem Kläger ein Gespräch geführt zu haben, aufgrund dessen ein berufliches Profil erstellt worden sei. Hiernach sei sie zu der Einschätzung gelangt, dass eine Stelle als Industriekaufmann oder als kaufmännische Fachkraft anzustreben sei, für die nach einem Suchlauf sieben Stellenangebote vorgelegen hätten. Für diese sei durchgängig ein Abschluss zum Industriekaufmann erforderlich gewesen. Höher qualifizierte Stellen, bspw. als Einkaufs- oder Verkaufsleiter, setzten, so die Zeugin weiter, in der Regel ein Studium der Betriebswirtschaft und den Nachweis von Personalführungskompetenzen voraus, die der Kläger nicht aufzuweisen habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Aussage der Zeugin wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25.06.2012 (Bl. 32-35 der SG-Akte) verwiesen.
Mit Urteil vom 25.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das dem Kläger zu gewährende Arbeitslosengeld sei mit 28,07 EUR täglich zutreffend bewilligt worden. Da der Kläger im erweiterten Bemessungsrahmen vom 01.09.2010 - 31.08.2012 nicht mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorweisen könne, sei das der Leistungsgewährung zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt fiktiv zu bemessen. Hierbei sei er der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspreche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Die Beklagte habe bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stelle zu berücksichtigen, was im Falle des Klägers zu einer Vermittlung auf eine Tätigkeit als Industriekaufmann/kaufmännische Fachkraft führe. Da der Kläger über die für eine höherwertige Beschäftigung erforderlichen Qualifikationen nicht verfüge, seien die Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht auf höher qualifizierte Stellen zu erstrecken gewesen. Zwar habe sich der Kläger, so das SG weiter, durch seine jahrzehntelange selbständige Tätigkeit Fachkompetenzen im Bereich des internationalen Handels mit elektronischen Bauteilen erworben und zahlreiche Kontakte geknüpft, maßgebliches Kriterium für die Einordnung in die Qualifikationsgruppen bleibe jedoch letztlich die erreichte berufliche Qualifikation, da diese bestimme, welche Beschäftigung der Arbeitslose anstreben könne. Dem könne der Kläger nicht entgegenhalten, die Beklagte habe durch die der Qualifikationsgruppe 3 entsprechenden Vermittlungsvorschläge selbst die Grundlage für eine den tatsächlichen Kompetenzen des Klägers nicht gerecht werdende fiktive Bemessung geschaffen. Die Beklagte habe dem Kläger Stellengesuche zu unterbreiten, die möglichst gute Chancen auf eine berufliche Eingliederung böten. Es sei zwar denkbar, dass sich ein Arbeitgeber - etwa aufgrund des persönlichen Eindrucks im Bewerbungsgespräch - für den Kläger als Mitarbeiter entscheiden könnte, obwohl er die beruflichen Voraussetzungen für eine höher qualifizierte Stelle nicht erfülle, derartige - spekulative - Erwägungen könnten jedoch nicht Grundlage der Vermittlungsbemühungen der Beklagten sein. Eine Diskriminierung kaufmännischer Berufe vermochte das SG nicht zu erkennen.
Gegen das am 29.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.07.2013 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat er unter Darlegung seines beruflichen Werdegangs ausgeführt, es entspräche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass berufliche Qualifikation nicht nur durch einen Abschluss, sondern durch das fortwährende Sammeln von Erfahrungen und den Erwerb von weiteren Kenntnissen erlangt werde. Sein 33 jähriges "learning by doing" werde von der Beklagten ignoriert. Das von im in der speziellen Elektronik- Branche erworbene Wissen sei auch auf andere Bereiche zu übertragen. Bei den Vermittlungsbemühungen seien derartige Aspekte zu berücksichtigen. Die Beklagte habe es jedoch überhaupt nicht versucht, ihn in höherwertige Arbeitsstellen zu vermitteln. Hätte er seine Berufserfahrung nicht als Selbstständiger sondern in einem Angestelltenverhältnis erworben, wäre er problemlos in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft worden, er werde daher auch durch seine selbstständige Tätigkeit benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. September 2012 in der Fassung des Bescheides vom 09. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2012 zu verurteilen, ihm ab dem 01. September 2012 Arbeitslosengeld auf Grundlage eines Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsstufe 2 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend bringt sie vor, einer Vermittlung in höherwertige Tätigkeiten stehe entgegen, dass der Kläger nicht nur nicht über den erforderlichen Hochschulabschluss verfüge, sondern auch keine Personalführungskompetenzen vorweisen könne. Eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 sei auch im kaufmännischen Bereich möglich. Zwar habe der Kläger durch seine Berufserfahrung eine Qualifikation oberhalb der eines Berufsanfängers erworben, diese erreiche die eines Meisters jedoch nicht.
Mit Schreiben vom 04.03.2014 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 04.04.2014 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung, die bereits in Ansehung der vom Kläger begehrten höheren Leistungsbewilligung für den ihm bewilligten Zeitraum von 720 Tagen, d.h. für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, ohne Zulassung statthaft ist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 25.09.2012 in der Fassung des Bescheides vom 09.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012, mit dem dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012 in einer Höhe von 28,07 EUR täglich bewilligt wurde, zu Recht abgewiesen; der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 25.06.2013 die gesetzlichen Bestimmungen zur Höhe des dem anspruchsberechtigten Kläger (vgl. §§ 136, 137 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III] in der ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserungen der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 [BGBl. I S.2854]) zu gewährenden Arbeitslosengeldes (§§ 149 ff SGB III) zutreffend angeführt. Es ist zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass das, der Bewilligung von Arbeitslosengeld zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt (§ 151 Abs. 1 SGB III), da der Kläger im vom 01.09.2010 bis 31.08.2012 reichenden erweiterten Bemessungsrahmen nicht mindestens 150 Tagen mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt aufzuweisen hat, fiktiv anhand ein fiktiven Arbeitsentgelts zu bemessen ist (§ 152 Abs. 1 SGB III). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insofern auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und sieht insofern von einer Begründung seiner Entscheidung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Für die konkrete Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose, wie vom SG zutreffend ausgeführt, nach § 152 Abs. 2 SGB III der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist für Beschäftigungen, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Dreihundertstel der Bezugsgröße (Nr. 1), die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße (Nr. 2), die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (Nr. 3) und für solche Tätigkeiten, die keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (Nr. 4) zu Grunde zu legen.
Die Qualifikationsgruppen des § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III sind ihrer Grundstruktur nach so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zugeordnet ist. In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich - nach dem Willen des Gesetzgebers - in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes zu erstrecken hat (vgl. BT- Drucks 15/1515 S.86 zu § 132). Hierbei kommt es nach Auffassung des Senats (Urteil vom 22.01.2014 - L 3 AL 705/ 13 - n.v.) in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG u.a. Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - und Urteil vom 18.05.2010 - B 7 AL 49/08 R -, Urteil vom 25.08.2011 - B 11 AL 19/10 R - jew. veröffentlicht in juris) für die Einordnung in die jeweilige Qualifikationsgruppe grundsätzlich darauf an, ob der Arbeitslose tatsächlich über den betreffenden förmlichen Berufsabschluss verfügt.
Diese formale Betrachtungsweise korrespondiert mit den Kriterien, nach denen sich die Tätigkeit bestimmt, auf die die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat, um den Arbeitslosen bestmöglichst in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III hat die Beklagte bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Insofern ist maßgeblich, für welche Beschäftigung der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 66/05 R -, Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - jew. veröffentlicht in juris). Hat der Arbeitslose eine bestimmte Berufsausbildung abgeschlossen, verspricht eine diesem Abschluss entsprechende Tätigkeit die bestmögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt.
Für eine formale Betrachtungsweise sprechen auch systematische Erwägungen. Auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt die Ermittlung fiktiver Entgelte anhand der Einstufung in Qualifikationsgruppen (vgl. §§ 256b Abs. 1, 256c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. Anlage 13 zu diesem Gesetz). Nach Satz 1 der Einleitung zur Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Nach Satz 2 genügt es für eine Einstufung in die betreffende Qualifikationsstufe jedoch auch, wenn Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Da eine solche Regelung in § 152 Abs. 2 SGB III - wie in der bis zum 31.03.2012 geltenden Vorgängerregelung des § 132 SGB III [a.F.] - nicht beinhaltet ist, bleiben im Wege der Ausübung eines Berufs erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Einordnung in die Qualifikationsgruppen außer Betracht (Landessozialgericht [LSG] für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.02.2012 - L 9 AL 12/11 – veröffentlicht in juris).
Das Abstellen auf den förmlichen Berufsabschluss entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung des § 152 SGB III. Mit der inhaltgleichen Vorgängerregelung des § 132 Abs. 2 SGB III a.F. wurde die bis zum 31.12.2004 im Falle eines fehlenden zeitnahen Bezuges von Arbeitsentgelt durchzuführende individuelle Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts (§ 133 Abs. 4 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) zugunsten einer abstrakten Ermittlung der Bemessungsgrundlagen aufgegeben. Hiermit sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine deutliche Verwaltungsvereinfachung einhergehen (vgl. BT-Drucks 15/1515, S. 85 f.). Dies kann aber nur dann erreicht werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit sich auf die Prüfung beschränken kann, ob der in der jeweiligen Qualifikationsstufe vorausgesetzte Berufsabschluss vorhanden ist und nicht weiter ermitteln muss, ob der Arbeitslose vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in dem betreffenden Ausbildungsgang vermittelt werden, besitzt (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung der beruflichen Qualifikation des Klägers, der als Industriekaufmann eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf vorzuweisen hat, haben sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten auf den Bereich Industriekaufmann bzw. kaufmännische Fachkraft zu erstrecken. Dies entspricht einer Tätigkeit nach der Qualifikationsgruppe 3. Eine Vermittlung des Klägers in Tätigkeiten, die der Qualifikationsgruppe 2 entsprechen, erscheint dem Senat auch in Ansehung der Berufserfahrung des Klägers als nicht sachgerecht.
Eine Benachteiligung des Klägers dadurch, dass im kaufmännischen Bereich eine Meisterprüfung nicht existiert bzw. dadurch, dass der Kläger selbstständig tätig gewesen ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dies gründet bereits darin, dass auch im kaufmännischen Bereich u.a. mit einer Weiterbildung zum Personalfachkaufmann Fortbildungsmöglichkeiten bestehen, die die Einstufung in die Qualifikationsstufe 2 eröffnen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2013 - L 13 AL 3434/12 - veröffentlicht in juris). Auch wenn der Kläger die vom ihm angeführte Berufspraxis in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis erworben hätte, wäre ohne einen weitergehenden Berufsabschluss eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 nicht möglich, so dass auch insofern keine Benachteiligung des Klägers zu erkennen ist.
Mithin ist der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012 nach der Qualifikationsgruppe 3 ein Arbeitsentgelt i.H.v. einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Bei einer Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) im Jahr 2012 von 31.500,- EUR errechnet sich ein zu Grunde zu legendes fiktives Entgelt von 70,- EUR täglich (31.500,00 EUR: 450). Aus dem daraus resultierenden Leistungsentgelt (§ 153 SGB III) von 46,78 EUR errechnet sich nach Verminderung desselben um pauschalierte Abzüge (Sozialversicherungspauschale von 21 v.H., Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2012 und Solidaritätszuschlag (vgl. § 153 Abs. 1 Satz 2 SGB III) bei Anlegung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 %, der für den kinderlosen Kläger gilt, ein Arbeitslosengeldanspruch i.H.v. 28,07 EUR täglich. Dieser Betrag liegt der Leistungsbewilligung zu Grunde. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2012 in der Fassung des Bescheides vom 09.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2012, ist hiernach rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; das klagabweisende Urteil vom 25.06.2013 ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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