L 4 KA 29/13 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 255/13 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 29/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 85.689,93 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise bezogen auf den Gesamtfallwert im konservierend-chirurgischen Bereich in den vier Quartalen I/08 bis IV/08 und bezogen auf 25 PAR-Behandlungen in Höhe von insgesamt 342.759,73 EUR.

Die Antragstellerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A. ist Facharzt für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, die übrigen Mitglieder sind Zahnärzte. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Im Rahmen einer Auffälligkeitsprüfung führte die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der oben genannten Quartale und des Quartals II/09 durch. Die Prüfungsstelle lud die Antragstellerin unter dem 9. Juni 2011 zu einer Prüfsitzung am 11. August 2011 und bat um Übersendung einer Patientenliste mit der Aufforderung, Behandlungsunterlagen bis zum 4. Juli 2011 einzureichen. Die Antragstellerin wies auf den Umfang der Unterlagen hin, die sie erst im August einreichen könne. Daraufhin lud die Prüfungsstelle die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Juli 2011 zu einer Prüfsitzung am 12. Oktober 2011 wiederum mit der Aufforderung, Behandlungsunterlagen bis zum 2. September 2011 einzureichen. Ein Vertagungsersuchen wegen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin lehnte die Prüfungsstelle zunächst mit Schreiben vom 29. August 2011 ab, lud dann aber zu zwei Prüfsitzungen am 12. Oktober 2011 und 15. Februar 2012, an der jeweils ein Mitglied der Antragstellerin teilnahm. Mit Bescheid vom 8. März 2012 setzte die Prüfungsstelle für die streitigen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 223.783,84 EUR fest (davon 213.799,33 EUR betreffend den konservierend-chirurgischen Bereich und 9.984,51 EUR betreffend Absetzungen in 23 Parodontopathiebehandlungen), die sie unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts auf 189.374,72 EUR reduzierte. Sie kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,5 fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe.

Im Einzelnen nahm sie folgende Honorarreduzierungen vor:

I/08 um 53.492,11 EUR
II/08 um 61.427,08 EUR
IIl/08 um 56.722,14 EUR
IV/08 um 42.158,00 EUR

Zur Begründung führte sie aus, von einer ordnungsgemäßen Dokumentation könne nicht ausgegangen werden. Bei der Nr. 03 BEMA fehle die Angabe der Uhrzeit. Es seien lediglich Auflistungen von Abrechnungskürzeln zu den namentlich benannten Behandlungsfällen vorgelegt worden. Im Rahmen der Anhörung sei dem Prüfungsausschuss ein Einblick in die mitgeführten Patientenakten nicht gestattet worden. Lediglich Aufzeichnungen zu histologischen Befunden seien in einigen Fällen zur Einsichtnahme gereicht worden. Die Auskünfte, die anhand der mitgeführten Patientenakten erteilt worden seien, seien vielfach gleichlautend, teilweise bereits bevor die Patientenakte richtig geöffnet worden sei, erfolgt. In einigen Fällen seien Auskünfte unter Hinweis darauf, dass der Fall von Kollegen behandelt worden sei, überhaupt nicht möglich gewesen. Die Überprüfung durch versichertenbezogene Stichproben habe u. a. gezeigt, dass umfangreiche chirurgische Eingriffe vielfach ohne entsprechende röntgendiagnostische Maßnahmen abgerechnet worden seien, sodass eine Überprüfung im Einzelfall bereits aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen sei. Sie habe eine statistische Vergleichsprüfung durchgeführt. Die 100-Fall-KCH-Statistiken der Praxis demonstrierten, dass sowohl das Tätigkeitsbild der Allgemeinzahnärzte als auch das des MKG-Chirurgen repräsentiert seien. Für beide Bereiche lägen signifikante Überschreitungen bezogen auf die Gesamtfallwerte vor. Um der spezifischen gemischten Praxisstruktur hinreichend Rechnung zu tragen, seien die Gesamtfallwerte beider Bereiche auch unter Berücksichtigung des Abrechnungsbildes (Verhältnis: 2 x Gesamtfallwert MKG-Statistik + 2 x Gesamtfallwert allgemeinzahnärztliche Statistik: 4) verknüpft worden. Unter Berücksichtigung der bereits ausgesprochenen Honorarkorrekturen im Bereich konservierend-chirurgischer Begleitleistungen im Rahmen systematischer PAR-Behandlungen, die mit Bescheid vom 2. August 2011 mitgeteilt worden seien, sowie der sachlich-rechnerischen Berichtigung der Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum stellten sich die Vergleichswerte sowie die Überschreitungen wie folgt dar:

Quartal I / 2008 II / 2008 III / 2008 IV / 2008
Ø Punkte pro Fall/VZÄ* 240 236 232 201
Ø Punkte pro Fall/VglW** 130 126 121 114
Überschreitung in Prozent 85 % 87 % 92 % 76 %
* Abrechnung der Vertragszahnärzte
** Vergleichswert

Die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis sei mit 40 % festgesetzt worden. Soweit MKG-Chirurgen über eine Doppelzulassung verfügten, könnten oralchirurgische Leistungen sowohl im Rahmen der vertragsärztlichen, als auch der vertragszahnärztlichen Versorgung abgerechnet werden. Dieser Umstand sei bei der Vergleichsbetrachtung im Wege einer Ausgleichsquote im Umfang von 10 % des durchschnittlichen Vergleichswertes zu berücksichtigen. Die Beschäftigung von Assistenten stelle keine Praxisbesonderheit dar. Im Hinblick auf den Vortrag der Antragstellerin, sie versorgten Angst-Patienten, betreuten drogenabhängige Patienten in Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe und führten tumorchirurgische Eingriffe durch, habe ein erhöhter Behandlungsbedarf nicht festgestellt werden können. Selbst wenn grundsätzlich das Engagement der Praxis bei der Versorgung von Heimpatienten gewürdigt werde, könne nicht vom Vorliegen einer Praxisbesonderheit ausgegangen werden. Der Abrechnungsumfang, gerade bei Heimpatienten, sei mit Blick auf die Behandlungsbedingungen häufig nicht erklärbar. Besonders auffällig sei, dass umfangreiche chirurgische Behandlungen zum Teil ohne jedwede Röntgendiagnostik durchgeführt bzw. abgerechnet worden seien. Die Überschreitungen beruhten nicht auf Praxisbesonderheiten, kompensatorische Einsparungen lägen nicht vor. Es hätten sich vielmehr Unwirtschaftlichkeiten gezeigt. In einigen Behandlungsfällen sei für die Befunderhebung und Behandlungsplanung eine kleinere Röntgeneinheit ausreichend gewesen. Röntgenaufnahmen seien in einigen Fällen von unzureichender Qualität gewesen. Orthopantomogrammaufnahmen könnten nicht zulasten der Kostenträger abgerechnet werden, wenn sie im Zusammenhang mit Implantaten stünden, die nicht in den Richtlinien des GBA vorgesehen seien. Bei Sensibilitätsprüfungen sei nicht beachtet worden, dass, sofern keine Ausnahmeindikation vorliege, es zu einer rationellen und wirtschaftlichen Behandlungsweise gehöre, alle notwendigen Prüfungen in der ersten Sitzung durchzuführen und nicht auf mehrere Behandlungssitzungen zu verteilen. Leistungen nach der Nr. 10 BEMA (üZ) seien kurze Zeit nach einer systematischen PAR-Behandlung abgerechnet worden. Zudem entstünde der Eindruck, dass diese Leistungen auch als Füllungsnachsorge abgerechnet worden seien. Des Öfteren seien Mundbehandlungen in gleicher Sitzung mit der Zahnsteinentfernung zur Abrechnung gekommen. Ohne eine differenzierte Begründung (dokumentierte Diagnose/Therapiemaßnahme) müsse die medikamentöse Mundbehandlung nach Nr. 105 BEMA (Mu) als nicht wirtschaftlich angesehen werden. Die Leistungen nach Nr. 12, 49 BEMA (bMF/Exz1) seien vielfach routinemäßig, teilweise auch kombiniert in Verbindung mit Zahnersatzmaßnahmen, abgerechnet worden. Exzessionen nach Nr. 49 BEMA (Exz1) seien vor, während und auch kurze Zeit nach einer systematischen PAR-Behandlung abgerechnet worden. An Zähnen seien mehrere größere Füllungen abgerechnet worden, ohne dass hier die Notwendigkeit hätte nachvollzogen werden können. Soweit eine Überkronung des Zahnes feststehe, könnten Füllungen nur in begründeten Ausnahmefällen gelegt werden. Läge ein solcher Ausnahmefall nicht vor, seien allenfalls die Leistungen nach Nr. 13a oder 13b BEMA (F1/F2) im Sinne einer Aufbaufüllung anzuerkennen. Wurzelkanäle seien nicht immer vollständig abgefüllt worden. Würden im Rahmen der endo-dontischen Versorgung eines Zahnes die Wurzelkanäle nicht bis zur Wurzelspitze abgefüllt oder das Kanalvolumen mit der Wurzelfüllung nicht vollständig ausgeführt oder nicht alle anatomisch vorhandenen Wurzelkanäle aufbereitet/abgefüllt werden, sei die Wurzelbehandlung nicht richtlinienkonform. Es habe auch nicht in jedem Behandlungsfall eine bzw. eine auswertbare Röntgenkontrollaufnahme der Wurzelfüllung vorgelegen. Im Schwerpunkt seien die Leistungen nach Nr. 45, 47a, 48 und 56c BEMA (X3/Ost1/Ost2/Zy3) anhand der vorliegenden Röntgenaufnahmen nicht immer nachvollziehbar. Insgesamt entstehe hier der Eindruck, dass der Leistungsinhalt der Gebührenpositionen teilweise überinterpretiert worden sei. Die regelmäßig abgerechneten Mehrfachanästhesien seien gerade unter dem Gesichtspunkt der fachmedizinischen Ausrichtung der Praxis nicht nachvollziehbar. Leistungen nach Nr. 38 BEMA (N) seien nahezu routinemäßig mehrmals nach dem chirurgischen Eingriff ohne ausreichende Begründung in der Dokumentation abgerechnet worden. Die Dokumentationsproblematik wie auch die Feststellung, dass in einer Vielzahl von Behandlungsfällen das abgerechnete Behandlungsvolumen, insbesondere auch aufgrund des nahezu regelmäßigen Ansatzes von Begleiteingriffen und -maßnahmen (Kieferhöhleneröffnung etc.) im Zusammenhang mit chirurgischen Leistungen, vielfach ohne entsprechende radiologische Befunde (beispielsweise wegen der Nähe der Wurzeln zur Kieferhöhle), sowie daneben auch der Umfang der abgerechneten Anästhesien und Nachbehandlungen gerade mit Blick auf die fachmedizinisch ausgerichtete Praxis in keiner Weise hätte nachvollzogen werden können, stelle sich als besonders gewichtig dar. Hinsichtlich des Quartals II/09 habe die Prüfung ergeben, dass es sich im konservierend-chirurgischen Bereich um fünf nachträglich abgerechnete Behandlungsfälle gehandelt habe. Die versichertenbezogene Stichprobe mit einem Behandlungsfall habe die bereits gewonnenen Erkenntnisse in ihrer Grundaussage bestätigt. Mit Blick auf den Umfang der dargestellten Honorarkürzungen für das Jahr 2008 sei von weitergehenden Maßnahmen abgesehen worden. Im Rahmen der Überprüfung der PAR-Daten sei hervorzuheben, dass angesichts der unzureichenden Dokumentation eine ordnungsgemäße Vorbehandlung sowie im weiteren Sinne eine ordnungsgemäße Beachtung der PAR-Behandlungsrichtlinien insgesamt nicht nachvollziehbar gewesen sei. Auf stichprobenartige Rückfragen bei der Antragstellerin seien in der Anhörung sogar mündlich Vorbehandlungsdaten benannt worden, die mit dem Datum der chirurgischen PAR-Behandlung identisch gewesen seien. Die PAR-Pläne seien erhoben worden, ohne die Mitarbeit des Patienten ausreichend sicherzustellen. Es hätten teilweise keine oder nicht auswertbare Röntgenaufnahmen vorgelegen. Zum Teil seien notwendige konservierende Behandlungsmaßnahmen nicht entsprechend der Behandlungsrichtlinien erfolgt. Auffällig sei, dass in jedem überprüften Behandlungsfall Doppel-Anästhesien im Rahmen der PAR-Behandlung zur Abrechnung gelangten. Im Hinblick auf die Prüfung der KCH-Leistungen habe er im Rahmen der Prüfung der PAR-Behandlungen keine KCH-Begleitleistungen abgesetzt. Ferner begründete die Prüfungsstelle die Absetzungen in den 23 Behandlungsfällen im Einzelnen.

Gegen den Bescheid legten die zu 2) bis 8) beigeladenen Verbände der Krankenkassen in Hessen am 4. April 2012 und die Antragstellerin am 5. April 2012 Widerspruch ein.

Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Antragstellerin vor, die Prüfungsstelle habe rechtswidrigerweise zum ersten Mal die Sache nicht zunächst an die Beigeladene zu 1) zur sachlich-rechnerischen Berichtigung abgegeben, sondern habe unmittelbar selbst entschieden. Die Prüfungsstelle sei aber nicht zuständig, da umfangreiche sachlich-rechnerische Berichtungen vorgenommen worden seien, die in vorausgegangenen Verfahren durch Abgabe an die KZV geklärt worden seien. Im Übrigen sei die Besetzung der Prüfungsstelle fehlerhaft. Es sei nicht ersichtlich, wer der Leiter der Anhörung gewesen sei. Weiter hätte eine repräsentative Einzelfallprüfung durchgeführt werden müssen. Zudem habe kein Prüfantrag vorgelegen. Des Weiteren werde bestritten, dass der Zahnarzt verpflichtet sei, Kopien der Karteikarten vorzulegen. Vielmehr sei er nur zur Mitwirkung in dem Sinne verpflichtet, dass er einzelne Befunde auf Befragen in der Anhörung vorzutragen habe. Der Vorwurf einer mangelnden Dokumentation sei daher nicht haltbar. Sinn der Dokumentation sei im Übrigen kein Eigenzweck, sondern sie diene der sachverständigen Nachverfolgung des Behandlungsgeschehens. Hierfür sei die Aufzeichnung eines Kürzels eigener Art oder der Gebührenordnungsziffer - wie geschehen - ausreichend. Der Zahnarzt sei nicht verpflichtet, röntgendiagnostische Leistungen lediglich aus Abrechnungsgründen zu erbringen, dem stehe bereits die Strahlenbelastung für den Patienten entgegen. Die Antragstellerin wandte sich auch gegen die gegenübergestellte Vergleichsgruppe. Die Mischung verschiedener Statistiken sei unzulässig. Die Vergleichsgruppe müsse homogen sein. Hier hätte deshalb eine engere, besondere Vergleichsgruppe gebildet werden müssen. Bei der vorliegenden inhomogenen Vergleichsgruppe könne nicht von einem offensichtlichen Missverhältnis bei 40 % ausgegangen werden. Verfahrensfehlerhaft sei es schließlich, dass die Praxisbesonderheit der Versorgung von Heimpatienten keine Berücksichtigung finde.

Die Beigeladenen begründeten ihren Widerspruch damit, dass zwar die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit nachvollziehbar sei, die Prüfstelle aber ihr Ermessen bei Festlegung des Vergleichswerts für die Abrechnung der Vertragszahnärzte hinsichtlich der gemischten Praxisstruktur zu großzügig ausgeübt habe. Richtig sei der Vergleichswert wie folgt:

1x Gesamtfallwert MKG-Statistik + 3x Gesamtfallwert allgemeinzahnärztliche Statistik: 4.

Darüber hinaus müsse der 10%ige Ausgleichsbetrag hinsichtlich der vertragsärztlichen Abrechnung nochmals überprüft werden, da von vier Behandlern lediglich einer aufgrund der Doppelzulassung über Abrechnungsmöglichkeiten auch über die KV verfüge. Zum diesbezüglichen Abrechnungsvolumen enthalte der Bescheid keine Hinweise.

Der Antragsgegner lud die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. Juli 2012 zu einer Prüfsitzung am 8. November 2012 unter Beifügung einer Patientenliste mit der Bitte, Behandlungsunterlagen bis zum 28. September 2012 vorzulegen. Die Antragstellerin beantragte am 26. September 2012 Fristverlängerung bis zum 15. Oktober 2012 für die Vorlage der Unterlagen. Der Antragsgegner teilte daraufhin mit Schreiben vom 27. September 2012 mit, dem könne nur bedingt stattgegeben werden. Mit Blick auf die frühzeitige Ladung und die notwendigen Vorbereitungen könne eine Verlängerung nur bis zum 5. Oktober entsprochen werden. Darüber hinaus seien lediglich die Röntgenaufnahmen und in drei Fällen noch zusätzlich die Kopien der Originalkartei zu übersenden. Die Antragstellerin reichte mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 und 25. Oktober 2012 Röntgenbilder ein und wies im Übrigen darauf hin, dass fehlende Röntgenbilder sich entweder bei der Beigeladenen zu 1) oder bei den Hauszahnärzten zur Weiterbehandlung befänden. Sie habe sie bereits bei den Patienten bzw. Behandlern angefordert. Bei 15 namentlich aufgeführten Patienten habe sich die Beschaffung als unmöglich erwiesen. Unter dem 12. November 2012 machte sie in vier Behandlungsfällen ergänzende kurze Angaben.

Mit Beschluss vom 8. November 2012, ausgefertigt am 26. März 2013 (Bl. 246 ff. der Verwaltungsakte des Antragsgegners), lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Nachreichung weiterer Dokumentationen ab, gab dem Widerspruch der Verbände der Krankenkassen statt und wies den Widerspruch der Antragstellerin zurück. Er setzte für die Quartale I bis IV/08 eine Honorarkürzung in Höhe von zusammen 388.936,16 EUR und im Bereich der systematischen Behandlung von Parodontopathien in Höhe von 10.565,00 EUR, insgesamt auf 399.501,16 EUR fest, die er mit Rücksicht auf die Degression und HVM-Einbehalte für das Jahr 2008 auf 342.759,73 EUR reduzierte.

Zur Begründung stellte er zunächst fest, dass er nicht dazu verpflichtet gewesen sei, den Vorgang vorab an die Beigeladene zu 1) zur sachlich-rechnerischen Prüfung weiterzugeben, weil die Prüfungsstelle an die Menge der erbrachten zahnärztlichen Leistungen angeknüpft habe. Die Prüfungsstelle habe anhand der ihr zur Verfügung stehenden vergleichenden Abrechnungsstatistiken festgestellt, dass sich die Antragstellerin im sog. offensichtlichen Missverhältnis befinde und anschließend eine statistische Vergleichsprüfung vorgenommen. Das Abrechnungsbild der Antragstellerin gestalte sich in Bezug zur Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung in Hessen wie folgt:

Quartal I/2008 II/2008 IIl/2008 IV/2008
Fallzahl VZA* 1.356 1.492 1.298 1.606
Fallzahl VG** 585 585 548 589
Ø Punkte pro Fall VZA* 243 240 233 201
Ø Punkte pro Fall VG** 160 156 150 150
VZA* = Vertragszahnarzt bzw. Widerspruchsführerin
VG** = Vergleichsgruppe der hessischen MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung

In Bezug zu der allgemeinen Vergleichsgruppe der in Hessen zugelassenen Vertragszahnärzte zeige sich folgendes Abrechnungsbild:

Quartal I/2008 II/2008 IIl/2008 IV/2008
Fallzahl VZA* 1.356 1.492 1.298 1.606
Fallzahl VG** 426 452 427 529
Ø Punkte pro Fall VZA* 243 240 233 201
Ø Punkte pro Fall VG** 97 93 92 80
VZA* =Vertragszahnarzt bzw. Widerspruchsführerin
VG** = Vergleichsgruppe der hessischen Vertragszahnärzte

Bei den Einzelleistungen bzw. Einzelleistungsbereichen wiesen die 100-Fall-KCH-Statistiken der Antragstellerin sowohl im Vergleich zur Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen als auch zur allgemeinen Vergleichsgruppe der in Hessen zugelassenen Vertragszahnärzte erhebliche Überschreitungen auf. Eine statistische Vergleichsprüfung über den Gesamtfallwert sei daher zutreffend. Ein Ansatz bei einzelnen Gebührenpositionen sei mit Blick auf die vorliegenden Gesamtfallwertüberschreitungen nicht begründet gewesen. Beide herangezogenen Vergleichsgruppen seien für eine statistische Vergleichsprüfung geeignet. Eine verfeinerte Vergleichsgruppe müsse nicht gebildet werden. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass wesentlich atypische Praxisumstände gegeben seien. Die vergleichenden Statistiken zeigten, dass die Antragstellerin einen erhöhten Anteil an chirurgischen Leistungen erbringe. Allerdings belegten die Statistik und die weiteren verfahrensgegenständlichen Unterlagen auch, dass in hohem Maße allgemeinzahnärztliche Leistungen wie konservierende, prothetische und parodontologische Behandlungen durchgeführt würden. Die Antragstellerin liege auch hier im Vergleich zur allgemeinen Vergleichsgruppe der in Hessen niedergelassenen (Allgemein-)Zahnärzte teilweise erheblich über dem Durchschnitt (z. B. Nr. 13d [F4], Nr. 32 [WK], Nr. 35 [WF] BEMA). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Statistiken habe sie in Beachtung des ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Zusammenschau der vergleichenden Statistiken der beiden Vergleichsgruppen vorgenommen. Angesichts der Zusammensetzung der Antragstellerin könne eine Gewichtung nur in dem Verhältnis eines MKG-Statistik-Anteils zu drei Anteilen aus der allgemeinzahnärztlichen Statistik erfolgen. Eine noch stärkere Gewichtung der MKG-chirurgischen Tätigkeit sei nicht gerechtfertigt. Der Widerspruch der Verbände der Krankenkassen in Hessen sei daher insoweit begründet. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen seien mithin folgenden Relationen im Gesamtfallwert und Überschreitungswerten gegeben:

Quartal I / 2008 II / 2008 III / 2008 IV / 2008
Ø Punkte pro Fall/VZÄ* 240 236 232 201
Ø Punkte pro Fall/VG** 113 109 107 98
Überschreitung in Prozent 112 % 117 % 117 % 105 %
* Abrechnung Widerspruchsführerin
** gewichteter Vergleichswert

Damit überschreite die Antragstellerin die Schwelle des offensichtlichen Missverhältnisses. Die Grenze setze er bei einer Überschreitung um 40% an.

Eine Ausgleichsquote von 10% sei entgegen der Entscheidung der Prüfungsstelle nicht notwendig. Auch insoweit sei der Widerspruch der Verbände der Krankenkassen in Hessen begründet. Erhöhte Abrechnungswerte könnten sich dadurch ergeben, dass der MKG-Chirurg im vertragszahnärztlichen Bereich mehr abrechne als die Vergleichsgruppe, weil Leistungen auch vertragsärztlich abgerechnet werden könnten. Nach den Angaben der Antragstellerin habe sie in den Jahren 2008/2009 maximal 100 bis 200 Behandlungsfälle bei der KV zur Abrechnung eingereicht. Damit liege sie nach dem Erfahrungswissen des Beschwerdeausschusses jedoch nicht unter dem Durchschnitt der MKG-Chirurgen mit Zulassung bei der KV.

Praxisbesonderheiten habe die Antragstellerin nicht hinreichend schlüssig dargelegt, weshalb es beim Anscheinsbeweis durch die Feststellung des offensichtlichen Missverhältnisses bleiben müsse. Die Lage in der Innenstadt von A-Stadt kennzeichne keinen besonderen Patientenzuschnitt. Der Vortrag, es würden viele HIV-Patienten, Patienten mit Hepatitiserkrankung und viele Heimpatienten behandelt werden, sei nicht genügend substantiiert, um Praxisbesonderheiten anzunehmen. Es sei weiter nicht erkennbar, bei welcher Art von Patienten durch ambulante Behandlungen kostenträchtigere stationäre Behandlungen vermieden würden. Im Rahmen einer intellektuellen Belegfallprüfung seien eine Reihe von Einzelfällen exemplarisch geprüft worden, ohne dass sich hierdurch an anderes Ergebnis ergeben hätte. Einzelne Feststellungen hieraus stellte der Antragsgegner in seiner Entscheidung näher da.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 22. April 2013 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Klage, über die in erster Instanz noch nicht entschieden ist, wird unter dem Aktenzeichen S 12 KA 228/13 geführt.

Mit Beschluss vom 15. Mai 2013 hat das Sozialgericht den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, abgewiesen. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Klage gegen die Honorarkürzung durch den Antragsgegner habe gem. § 106 Abs. 5 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) keine aufschiebende Wirkung. Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Honorarkürzungsbescheids könne nach Aktenlage nicht ausgegangen werden. Der angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 8. November 2012 sei vielmehr offensichtlich rechtmäßig und in einem Hauptsacheverfahren nicht aufzuheben. Rechtsgrundlage für Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise sei § 106 Abs. 2 SGB V.

Der Beschluss des Antragsgegners sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner sei zuständig für die Wirtschaftlichkeitsprüfung gewesen. Insbesondere seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die Sache zunächst an die Beigeladene zu 1) zur sachlich-rechnerischen Berichtigung abgegeben hätte werden müssen. Bei den Honorarkürzungen handele es sich der Sache nach nicht um sachlich-rechnerische Berichtigungen. Der Antragsgegner habe im Rahmen eines statistischen Kostenvergleichs bei der Menge der abgerechneten Leistungen angesetzt und damit eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V durchgeführt. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung beziehe sich demgegenüber auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden seien. Maßgeblich für die Abgrenzung sei also alleine das prüfmethodische Vorgehen.

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch den Antragsgegner liege nicht vor. Die Ablehnung des Antrags auf Nachreichung weiterer Dokumentationen sei nicht rechtswidrig gewesen. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin bereits mit der Ladung vom 5. Juli 2012 aufgefordert, die Behandlungsunterlagen vorzulegen. Für eine Nachreichung, die noch in der Verhandlung vor dem Antragsgegner hätte erfolgen können, hätte die Antragstellerin damit annähernd vier Monate Zeit gehabt. Besondere Gründe, weshalb der eingeräumte Zeitraum zu kurz bemessen gewesen sein sollte, habe die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Der Antragstellerin habe die Prüfmethode nicht mitgeteilt werden müssen, da weder Gesetz noch Prüfvereinbarung hierzu verpflichteten. Im Übrigen habe bereits die Prüfungsstelle nach der im Wesentlichen gleichen Methode die Prüfung vorgenommen und hätten die widerspruchsführenden Verbände der Krankenkassen die Bildung des Vergleichswerts als zu hoch beanstandet. Das methodische Vorgehen sei daher auch der Antragstellerin bekannt gewesen.

Der Antragsgegner habe die Absetzungsfrist für den Bescheid von fünf Monaten eingehalten. Der Bescheid sei bei dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bereits am 2. April 2013 eingegangen, also noch vor Ablauf der Fünfmonatsfrist seit Beschlussfassung am 8. November 2012. Maßgeblich sei der Zugang im Büro des Prozessbevollmächtigten und nicht dessen Anwesenheit im Büro und dessen Wahrnehmung des Bescheids.

Ein Prüfantrag müsse nicht zur Kenntnis gebracht werden, da es sich bei der von dem Antragsgegner vorgenommenen Prüfung um eine Auffälligkeitsprüfung gehandelt habe. Der ergänzend zur Prüfvereinbarung abgeschlossene Errichtungsvertrag (EV) regele im Einzelnen dieses Verfahren (§ 6 Abs. 1 bis 5 EV) und sehe grundsätzlich eine Anhörung vor (§ 4 Abs. 6 Satz 1 EV), die stattgefunden habe.

Der Bescheid des Antragsgegners sei ausweislich des in der Verwaltungsakte befindlichen Originals vom Vorsitzenden des Antragsgegners unterschrieben worden. Die von der Antragstellerin vorgelegte Kopie zeige einen Ausfertigungsvermerk und stimme offensichtlich mit dem Original überein. Von daher könne dahinstehen, ob bei einem Fehlen der Unterschrift diese nicht nachgeholt werden könne.

Auch in materieller Hinsicht sei der Beschluss nicht zu beanstanden.

Der Antragsgegner habe die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch eine (zahn)arztbezogene Prüfung ärztlicher Leistungen statistisch nach Durchschnittswerten ergänzt durch eine sog. intellektuelle Betrachtung beurteilt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Zahnärzten um eine inhomogene Arztgruppe handeln könnte und deshalb Veranlassung bestünde, der Verwaltung eine Sachaufklärung in dieser Richtung aufzugeben. Berücksichtige man, dass es auch in der Zahnheilkunde und den angrenzenden ärztlichen Bereichen besondere Fach(zahn)ärzte für Spezialgebiete gebe, die besondere Fachgruppen bildeten (Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Gebietsärzte für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie), und ein großer Teil der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung herausgenommen sei, so blieben im Wesentlichen lediglich die in Teil 1 des BEMA-Z aufgeführten "konservierenden und chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen" als Prüfungsgegenstand übrig. Da ferner in der Zahnheilkunde generell die Erhaltung der Zähne vorrangiges Behandlungsziel ist, könne angenommen werden, dass die allgemeinen Zahnarztpraxen in etwa einen gleichen Behandlungsbedarf zu befriedigen hätten (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juni 1987 - 6 RKa 23/86 Rdnr. 20). Der Antragsgegner habe hinreichend berücksichtigt, dass nur ein Mitglied der Antragstellerin zugleich als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Insofern sei die Konstellation der Antragstellerin vergleichbar mit fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen (vgl. hierzu LSG Bayern, Urteil vom 4. Februar 2009 - L 12 KA 27/08). Die unterschiedliche Ausrichtung der Mitglieder der Antragstellerin habe der Antragsgegner durch Heranziehung der Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung in Hessen einerseits und aller zugelassenen Vertragszahnärzte andererseits im Verhältnis 1:3 richtig berücksichtigt.

Dabei sei es sachgerecht, dass der Antragsgegner für das zugleich als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zugelassene Mitglied der Antragstellerin als Vergleichsgruppe bei der sog statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung die in Hessen vertragszahnärztlich abrechnenden MKG-Chirurgen herangezogen habe (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 - B 6 KA 43/00 R Rdnr. 20). Es sei davon auszugehen, dass MKG-Chirurgen, soweit sie auch vertragärztlich abrechnen könnten, dies nicht mehr im selben Behandlungsfall täten, da allgemein bekannt sei, dass dies unzulässig sei. Soweit das Bundessozialgericht verlange, dass im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vertragszahnärztlicher Prüfgremien im Regelfall auch die vertragsärztlichen Abrechnungswerte einzubeziehen seien, gehe der Antragsgegner nachvollziehbar davon aus, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sich das Behandlungsverhalten und die Behandlungsweise der Antragstellerin von der Typik der MKG-Chirurgen oder der Vertragszahnärzte in Hessen wesentlich unterscheide. Insofern sei es Sache der Antragstellerin gewesen, bereits im Verwaltungsverfahren entsprechend vorzutragen.

Die Antragstellerin habe auch keine Praxisbesonderheiten vorgetragen, die Anlass zu einer anderen Gewichtung und/oder der Anerkennung von Praxisbesonderheiten hätten führen müssen. Die Prüfgremien seien zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig seien. Hier seien solche Umstände nicht ersichtlich. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Versorgung von Heimpatienten bleibe allgemein und zeige nicht ansatzweise auf, weshalb gerade im hier streitgegenständlichen KCH-Bereich ein erhöhter Aufwand notwendig gewesen sei. Die Vorlage einer Liste von Heimbewohnern reiche zum Nachweis nicht aus. Zudem sei ihr Vortrag im Antragsverfahren verspätet gewesen. Es wäre Sache der Antragstellerin gewesen, im Einzelnen die Zahl der Behandlungsfälle unter Nennung der Patientennamen und des Behandlungsumfangs sowie des Versorgungsbedarfs darzulegen.

Der Antragsgegner habe die Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses im Rahmen der statistischen Prüfung hinreichend bestimmt mit "um 40 %" festgesetzt. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Ein Anspruch auf die Durchführung einer repräsentativen Einzelfallprüfung bestehe nach der maßgeblichen, seit 2008 geltenden Prüfvereinbarung (PV) nicht. Insbesondere gebe es keinen diesbezüglichen Vorrang.

Im Fall der Antragstellerin liege eine wiederholt festgestellte Unwirtschaftlichkeit vor, wonach eine pauschale Honorarkürzung gem. § 4 Abs. 7 EV explizit zulässig sei. Der Antragsgegner habe bereits eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in 128 Parodontose-Behandlungsfällen im Zeitraum Juli 2007 bis Juni 2008 in Höhe von insgesamt 41.075,37 EUR festgesetzt. Die hiergegen erhobene Klage habe das Sozialgericht abgewiesen (Urteil vom 21. November 2012 - S 12 KA 8/12). Über das anhängige Berufungsverfahren habe das Hessische Landessozialgericht noch nicht entschieden. Hierauf bzw. auf die Bestandskraft einer Honorarkürzung komme es aber nicht an, da § 4 Abs. 7 EV nicht auf die Bestandskraft abstelle. Dies würde auch der Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes nicht gerecht werden.

Die Absetzungen im Bereich der Parodontopathien seien nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner sei hierfür im Rahmen der Aufgabenzuweisung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konkretisierten die Parodontose-Richtlinien das Wirtschaftlichkeitsgebot. Bei den Parodontose-Richtlinien handele es sich nicht um eine Regelung der Abrechenbarkeit, über deren Einhaltung im Interesse einer ausreichenden Gewährleistung der Therapiefreiheit kein paritätisch besetztes Organ, sondern nur die KZV allein entscheiden dürfe. Die Verbindlichkeit von Richtlinien, die das Wirtschaftlichkeitsgebot konkretisierten, beruhe darauf, dass sie Erfahrungssätze wiedergäben. Die Absetzungen seien auch sachlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entfalle die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Parodontose-Behandlung nicht deshalb, weil die jeweilige Krankenkasse die Behandlung genehmigt habe. Soweit ein Verstoß gegen die Parodontose-Richtlinien vorliege, verkürze sich sowohl die Aufklärungs- und Beweispflicht des Antragsgegners als auch der Gerichte. Es brauche dann nicht in jedem Einzelfall bewiesen zu werden, dass die Behandlungsweise des Vertragszahnarztes unwirtschaftlich gewesen sei. Die Prüfgremien seien dann insbesondere nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zahnärztliche Nachuntersuchungen durchzuführen. Bei Zugrundelegung dieser Anforderungen und Maßstäbe erweise sich die angefochtene Honorarkürzung als rechtmäßig, denn die Antragstellerin habe in den 25 zur Prüfung gestellten Fällen gegen die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung vom 7. Dezember 1962 (zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 24. Juli 1998, BAnz. Nr. 177) verstoßen. Diese Verstöße rechtfertigten die Annahme der Unwirtschaftlichkeit und die von dem Antragsgegner festgesetzte Honorarkürzung. Der Antragsgegner verweise in zulässiger Weise auf die Begründung der Prüfungsstelle, die angesichts der unzureichenden Dokumentation eine ordnungsgemäße Vorbehandlung sowie im weiteren Sinne eine ordnungsgemäße Beachtung der PAR-Behandlungsrichtlinien insgesamt nicht nachvollziehen konnte und die Absetzungen in den Behandlungsfällen im Einzelnen begründet habe. In den beiden weiteren Fällen habe der Antragsgegner eine ergänzende Begründung vorgenommen. Die Antragstellerin habe sich weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren zu den Einzelabsetzungen schriftlich geäußert. Hinsichtlich der von dem Antragsgegner festgestellten Dokumentationsmängel habe das Sozialgericht bereits im die Beteiligten betreffenden Urteil vom 21. November 2012 - S 12 KA 8/12 -, Berufung beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 4 KA 64/12 anhängig, auf die rechtlichen Rahmenbedingen hingewiesen und dargelegt, dass die Antragstellerin ihre Dokumentation so zu führen habe, dass die erbrachten Leistungen für einen Zahnarzt nachvollziehbar seien. Aus ihnen müsse auch die Einhaltung der Behandlungsrichtlinie hervorgehen. Das bloße Verzeichnen der Leistungskürzel reiche als Dokumentation nicht aus. Als Dokumentation könne auch nur gewertet werden, was zeitnah erstellt und was den Prüfgremien vorgelegt worden sei.

Nicht zu beanstanden sei auch die Auffassung des Antragsgegners zur Vorbehandlung. Nach den Richtlinien für die systematische Befunderhebung und Behandlung der Parodontopathien (Abschnitt V der Richtlinien des Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung) gehörten zur Befunderhebung der Parodontalstatus, Röntgenaufnahmen und Kiefermodelle.

Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht.

An das Vorliegen eines solchen Anordnungsgrundes würden im Vertragsarztrecht strenge Anforderungen gestellt. Er könne regelmäßig nur beim Drohen erheblicher irreparabler Rechtsnachteile angenommen werden, die bei honorarrelevanten Maßnahmen insbesondere dann zu bejahen seien, wenn ohne Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes der notwendige Lebensunterhalt oder die Existenz der Praxis gefährdet wäre (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. Oktober 2003, L 3 KA 447/03 Rdnr. 3). Es reiche nicht aus vorzutragen, die Verrechnung entziehe dem Praxisbetrieb die kalkulatorischen Grundlagen, wenn hierzu nichts Näheres dargelegt werde, aus dem sich ein irreparabler Rechtsnachteil ergeben würde (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2009 - L 7 KA 104/09 B ER Rdnr. 25; HLSG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - L 4 KA 77/09 B ER - Rdnr. 32). Diese Voraussetzungen seien weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Durch die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits und durch eine behauptete Unterdeckung von 100.000,00 EUR je Quartal sei eine Existenzgefährdung der Praxis nicht ableitbar, zumal es an einem Vortrag zur Kostenstruktur zum Vermögen und den Rücklagen der Praxis und der Vermögensverhältnisse ihrer Mitglieder vollständig fehle.

Gegen den der Antragstellerin am 21. Mai 2013 zugestellten Beschluss hat sie am 23. Mai 2013 Beschwerde eingelegt. Sie vertritt auch weiterhin die Auffassung, dem Zahnarzt müsse der Prüfantrag und die Prüfmethode bekannt gemacht werden, damit er sich hierauf argumentativ einstellen könne. Die Fünfmonatsfrist zur Zustellung des Bescheids sei nicht eingehalten. Im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts komme es auf das Empfangsbekenntnis, nicht auf das Eingangsdatum, an. Sie rügt die vorgenommene Vermischung der Statistiken von MKG-Chirurgen und Zahnärzten. Im Übrigen seien die Praxisbesonderheiten auch ohne intensive Erläuterung zu berücksichtigen. Es würden Heimpatienten versorgt, die üblicherweise zahnärztlich überhaupt nicht versorgt worden seien. Es handele sich daher im Wesentlichen um neue Patienten mit einem hohen Behandlungsbedarf. Vor allem sei aber zu bemängeln, dass der Antragsgegner weder die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis, noch den unwirtschaftlichen Mehraufwand und den Kürzungsbetrag nachvollziehbar berechnet habe. Die Festlegung der Grenze mit "um 40 %" sei vage. Der genaue Kürzungsbetrag in Höhe von 399.501,16 EUR zeige, dass es sich gerade nicht um eine pauschale Honorarkürzung handele. Schließlich sei eine pauschale Kürzung auch nicht zulässig, weil es sich gerade nicht um eine wiederholt festgestellte Unwirtschaftlichkeit gehandelt habe. Von einer solchen könne erst nach Rechtskraft der Feststellung ausgegangen werden. Im Hinblick auf die groben Fehler des Bescheids könne der Anordnungsgrund in den Hintergrund treten. Alleine die Summe der Kürzungen sei Ausweis genug für das Vorliegen eines erheblichen Schadens.

Die Antragstellerin beantragt schriftlich und sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15. Mai 2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt schriftlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für richtig und meint, die explizite Benennung der Prüfmethode sei nicht erforderlich gewesen. Weder aus dem Gesetz noch aus der Prüfvereinbarung sei eine entsprechende Verpflichtung abzuleiten. Im Übrigen habe die Prüfungsstelle bereits nach der gleichen Prüfmethode gearbeitet, weshalb diese bekannt gewesen sei. Ein Prüfantrag sei nicht erforderlich, da es sich nicht um eine Auftragsprüfung, sondern um eine Auffälligkeitsprüfung gehandelt habe. Die fünfmonatige Absetzungsfrist sei eingehalten worden. Die von der Rechtsprechung entwickelte Frist beziehe sich auf die Absetzung der Entscheidung, nicht auf deren Zustellung. Grund für die Frist sei die schwindende Erinnerung der Mitglieder des Entscheidungsgremiums innerhalb von fünf Monaten nach Beschlussfassung. Die Rechtsauffassung der Antragstellerin hinsichtlich der Empfangsbereitschaft führe letztlich dazu, dass der Zustellungstag vollständig in das Belieben des Empfängers gestellt würde. Die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis sei im angefochtenen Bescheid nicht "vage gehalten", wie die Antragstellerin meine, sondern mit 40 % klar benannt. Nicht nachvollziehbar sei ferner, warum der Kürzungsbetrag von 342.759,73 EUR Ausweis einer nicht nur pauschalen Kürzung sei. Es handele sich vielmehr gerade um eine pauschale Kürzung in Bezug auf die (gewichtete) Vergleichsgruppe. Eine pauschale Honorarkürzung sei auch zulässig. Es handele sich um einen wiederholten Fall der unwirtschaftlichen Behandlungsweise. Eine Honorarkürzung wegen 128 Parodontose-Behandlungsfällen sei vorangegangen. § 4 Abs. 7 EV stelle nicht auf die Bestands- oder Rechtskraft einer entsprechenden Feststellung ab.

Im Übrigen bestehe ohnehin kein Anspruch auf Durchführung einer repräsentativen Einzelfallprüfung. Letztlich könnten diese Ausführungen aber dahinstehen, weil es ohnehin an einem Anordnungsgrund fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Antragsgegners, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Die am 21.9.2009 vor dem Sozialgericht Darmstadt erhobene Klage der Antragstellerin gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin hatte gem. §§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG, 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V nicht schon von sich aus aufschiebende Wirkung.

Die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht kommt nicht in Betracht, weil der Bescheid des Antragsgegners nicht offensichtlich rechtswidrig (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012 § 86 b Rdnr. 12 c, 12 f.) ist. Das Sozialgericht hat in seinem zutreffend und ausführlich begründeten Beschluss vielmehr zu Recht angenommen, dass der Bescheid des Antragsgegners rechtmäßig ist. Der Senat nimmt hierauf gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend weist der Senat unter Bezug auf die Beschwerdebegründung noch auf folgendes hin:

Richtigerweise gehen das Sozialgericht und der Antragsgegner davon aus, dass die Prüfmethode nicht im Vorfeld von Amts wegen bekanntzugeben war. Weder aus dem Gesetz noch aus der Prüfvereinbarung lässt sich eine entsprechende verfahrensrechtliche Pflicht herleiten. Diese ergibt sich auch nicht aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach ist dem Vertrags(zahn)arzt Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ein Verstoß würde voraussetzen, dass es der Antragstellerin tatsächlich unmöglich gemacht oder erschwert würde, eine hinreichende Rechtsverfolgung sicherzustellen. Hierfür gibt es vorliegend keine Hinweise. Nicht nur waren der Antragstellerin die Prüfmethode und damit ihre Argumentationsmöglichkeiten aus dem Bescheid der Prüfungsstelle bereits bekannt. Sie hatte auch hinreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, bei Bestehen einer tatsächlichen Unsicherheit beim Antragsgegner nachzufragen. Hierfür hatte sie offenbar keinen Bedarf gesehen.

Nicht mit dem Errichtungsvertrag zur Prüfvereinbarung vereinbar ist die Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass ihr ein Prüfantrag zur Kenntnis hätte gebracht werden müssen. Es handelte sich bei der streitgegenständlichen Prüfung um eine Auffälligkeitsprüfung gem. § 4 EV. Diese wird im Gegensatz zur Antragsprüfung gem. § 5 EV nicht aufgrund eines Prüfantrags eingeleitet, § 4 Abs. 5 Satz. 2 EV. § 4 Abs. 6 EV sieht eine Anhörung des Vertragszahnarztes vor. Diese hat vorliegend stattgefunden.

Die fünfmonatige Absetzungsfrist nach der Beschlussfassung ist gewahrt. Die Prüfsitzung fand am 8. November 2012 statt. Der Beschluss wurde am 26. März 2013 ausgefertigt. Dass das Empfangsbekenntnis auf den 12. April 2013 datiert, ist unerheblich. Ein Bescheid des Beschwerdeausschusses im Rahmen der kassen- bzw. vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur BSG, Urteil vom 18. Oktober 1995 - 6 RKa 38/94) dann nicht mit Gründen im Sinne des § 35 Abs 1 SGB X versehen ist, wenn zwischen Beschlussfassung und Aufgabe des Bescheides zur Post zum Zwecke der Zustellung an die Beteiligten mehr als fünf Monate vergangen sind. Die Frist wird nach allgemeiner Meinung unter Rückgriff auf die Urteilsabsetzungsfristen im gerichtlichen Verfahren begründet. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat zu diesen entschieden, dass die Zeit für die nachträgliche Abfassung, Unterzeichnung und Übergabe eines bei Verkündung noch nicht vollständig abgesetzten Urteils auf längstens fünf Monate zu begrenzen ist (Beschluss vom 27. April 1993). Aus der Regelung in den §§ 516, 552 Zivilprozessordnung (ZPO) ergebe sich, dass nach Auffassung des Gesetzgebers die den Urteilsgründen zukommende Beurkundungsfunktion bei einer um mehr als fünf Monate verzögerten Absetzung nicht mehr in jedem Fall gewährleistet sei. Ein Urteil, bei dem Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht innerhalb der Fünfmonatsfrist schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden seien, müsse deshalb so behandelt werden, als ob es nicht mit Gründen versehen sei. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Beschluss noch innerhalb der Frist zur Post gegeben wurde (vgl. Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 22. Mai 2013, Bl. 140 der Gerichtsakte; Aktenvermerk Bl. 249 der Verwaltungsakte des Antragsgegners). Es kommt nach alledem nicht darauf an, welches Datum auf dem Empfangsbekenntnis vermerkt ist.

Die vom Antragsgegner unter Abänderung der Entscheidung der Prüfungsstelle vorgenommene Bildung der Vergleichsgruppe ist nicht zu beanstanden. Die Bildung geeigneter Vergleichsgruppen ist Sache der Prüfgremien; diesen steht ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Entscheidung darüber zu, ab welchem Ausmaß atypischer Praxisumstände eine engere Vergleichsgruppe zu bilden ist (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - B 6 KA 4/05 R). Die Entscheidung der Prüfgremien für die Heranziehung einer bestimmten Vergleichsgruppe ist nur dann rechtswidrig, wenn die maßgebenden Leistungsbedingungen des zu prüfenden (Zahn-)Arztes und der gewählten Gruppe so verschieden sind, dass von vornherein keine verwertbaren Aussagen über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit einer Leistung oder eines Leistungskomplexes zu erwarten sind (BSG, Urteil vom 27. April 2005 - B 6 KA 39/04 R).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner schlüssig berücksichtigt, dass nur ein Mitglied der Antragstellerin zugleich als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Er hat die Praxisstruktur der Antragstellerin nachvollziehbar mit der einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis gleichgesetzt. (vgl. hierzu LSG Bayern, Urteil vom 4. Februar 2009 - L 12 KA 27/08). Die Bildung der Vergleichsgruppe unter Beachtung der Ausrichtung der Mitglieder der Antragstellerin durch Heranziehung der Vergleichsgruppe der MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung in Hessen einerseits und aller zugelassenen Vertragszahnärzte andererseits im Verhältnis 1:3 ist damit folgerichtig und im Rahmen des Beurteilungsspielraums.

Im Hinblick auf die so gebildete Vergleichsgruppe ist die Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses deutlich überschritten. Auch insoweit wird auf die ausführliche Erläuterung im Beschluss des Sozialgerichts Bezug genommen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.

Die Antragstellerin hat den durch das offensichtliche Missverhältnis in der Vergleichsprüfung erlangten Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit auch nicht durch die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten widerlegt. Als Praxisbesonderheiten kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Vielmehr muss substantiiert dargetan werden, inwiefern sich die Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet (BSG, Urteil vom 21. Juni 1995 - 6 RKa 35/94 Rdnr. 16). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden, und diese Abweichung muss sich gerade auf die überdurchschnittlich häufig erbrachten Leistungen auswirken (BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 79/03 R Rdnr. 20). Ein bestimmter Patientenzuschnitt kann z. B. durch eine spezifische Qualifikation des Arztes, etwa aufgrund einer Zusatzbezeichnung bedingt sein (BSG, Urteil vom 6. September 2000 -B 6 KA 24/99 R Rdnr. 18). Es muss sich um Besonderheiten bei der Patientenversorgung handeln, die vom Durchschnitt der Arztgruppe signifikant abweichen und die sich aus einem spezifischen Zuschnitt der Patientenklientel des geprüften Arztes ergeben, der im Regelfall in Wechselbeziehung zu einer besonderen Qualifikation des Arztes steht. Ein Tätigkeitsschwerpunkt allein stellt nicht schon eine Praxisbesonderheit dar (BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 KA 17/08 R Rdnr. 27). Der Vortrag der Antragstellerin, ein erhöhter Behandlungsbedarf entstehe durch die Versorgung von Heimpatienten, die üblicherweise zahnärztlich überhaupt nicht versorgt worden seien, ist hierfür kein ausreichend substantiierter Vortrag. Die Antragstellerin trifft hinsichtlich dieser Einwendung die Darlegungslast. Die zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten des Antragsgegners im Rahmen der Amtsermittlungspflicht enden dort, wo Tatsachen beurteilungsrelevant werden, die mit den nicht von außen erkennbaren individuellen Praxisgegebenheiten des Arztes zusammenhängen. Alle bedeutsamen Umstände des Praxisbetriebes und die Zusammensetzung der Patientenschaft müssen vom Arzt vorgetragen werden. Behauptungen reichen dafür nicht aus. Die Prüforgane müssen nicht in die Praxis hinein ermitteln. Die Mitwirkungspflicht des Vertragszahnarztes ist gerichtet auf die umfassende Darlegung aller internen Umstände nebst deren vollständiger Verifizierung (vgl. Oehler, Der Zahnarzt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung, 3. Auflage 2009, S. 149). Denn ebenso wie im privaten Geschäftsverkehr eine Rechnung ausreichend spezifiziert sein muss, ist auch der Vertragsarzt verpflichtet, seine Honorarforderung für die vertragsärztliche Tätigkeit, insbesondere einen außergewöhnlichen Mehraufwand zu begründen und zu belegen (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 45/02 R; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Januar 2012 - L 4 KA 45/09). Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Verifizierung des pauschalen Vortrags vollständig.

Im Gegensatz zum Vortrag der Antragstellerin ist die Kürzung auch nachvollziehbar berechnet. Der Antragsgegner hat sie in nicht zu beanstandender Weise auf das 1,5fache des Vergleichswerts festgesetzt. Bei der Festlegung der Höhe der Honorarkürzung als Reaktion auf die festgestellte Unwirtschaftlichkeit steht den Prüfgremien regelmäßig ein Ermessenspielraum zu, der die Möglichkeit einer ganzen Bandbreite denkbarer vertretbarer Entscheidungen - vom gänzlichen Unterlassen einer Kürzung über die Zubilligung einer Toleranz im Bereich der Übergangszone bis hin zur Kürzung des gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwandes - eröffnet. Gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine derartige Ermessenentscheidung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nur daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ein Gericht darf sein Kürzungsermessen dagegen nicht an die Stelle desjenigen der Prüfgremien setzen (BSG, Urteil vom 21. Mai 2003 - B 6 KA 32/02 R m. w. N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen sind Ermessensfehler hinsichtlich der vorgenommenen Honorarkürzung nicht ersichtlich. Der centgenaue Kürzungsbetrag ist im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Antragstellerin kein Hinweis auf eine nicht pauschal erfolgte Honorarkürzung, sondern Folge der ermessensfehlerfreien Berechnungsmethode des Antragsgegners.

Eine pauschale Honorarkürzung war im vorliegenden Fall auch eine zulässige Rechtsfolge der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Gem. § 4 Abs. 7 EV ist zwar bei der Methode der repräsentativen Einzelfallprüfung grundsätzlich eine Hochrechnung angezeigt. Lediglich für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit oder bei Verweigerung der Mitwirkung an dem Prüfverfahren wird explizit eine pauschale Honorarkürzung für zulässig erklärt. Vorliegend ist eine wiederholt festgestellte unwirtschaftliche Behandlungsweise im Sinne des § 4 Abs. 7 EV gegeben. Der Antragsgegner hat bereits eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in 128 Parodontose-Behandlungsfällen im Zeitraum Juli 2007 bis Juni 2008 in Höhe von insgesamt 41.075,37 EUR festgesetzt. Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht abgewiesen (Urteil vom 21. November 2012 - S 12 KA 8/12). Über das anhängige Berufungsverfahren hat der Senat noch nicht entschieden. Auf die fehlende Rechtskraft der Entscheidung kommt es aber nicht an. Ausreichend ist die wiederholte Feststellung der Unwirtschaftlichkeit durch die Prüfgremien. Eine abschließende Feststellung der Unwirtschaftlichkeit im Sinne der Ausschöpfung aller Rechtsmittel ist nicht erforderlich. Sie würde nicht mit der notwendigen Effektivität der Wirtschaftlichkeitsprüfung in Einklang zu bringen sein, weil sonst bis zur Ausschöpfung des Instanzenzugs nie von einer wiederholten Feststellung ausgegangen werden könnte, was das Instrumentarium der Prüfgremien unverhältnismäßig einschränken würde. Folge der fehlenden Rechtskraft ist im Übrigen allenfalls, dass der betroffene Vertragszahnarzt nicht abschließend weiß, ob die Einschätzung der Prüfgremien hinsichtlich der Unwirtschaftlichkeit seines Behandlungsverhaltens rechtmäßig war und er sich daher nicht darauf einstellen kann. Hierauf kommt es aber bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung ohnehin nicht an. Das Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass es auf ein "Verschulden" des betroffenen (Zahn)Arztes bzw. auf eine besondere Vorwerfbarkeit für die festgestellte unwirtschaftliche Behandlungsweise - anders als bspw. im Falle eines echten Schadensregresses - nicht ankommt. So führt selbst die fehlerhafte (zahn)ärztliche Verordnung von Mitteln, die nicht der Leistungspflicht der GKV unterfallen, im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu Ersatzansprüchen gegen den Vertrags(zahn)arzt, und zwar auch dann, wenn er in "gutem Glauben" von ihrer Verordnungsfähigkeit ausging (so auch BSG, Urteil vom 21. Mai 2003 – B 6 KA 32/02 R Rn. 27). Stellt sich im Instanzenzug abschließend heraus, dass die Feststellungen der Prüfgremien zu Unrecht erfolgt sind, erfolgt eine Aufhebung der dortigen Feststellungen aber ohnehin, so dass der betroffene Vertrag(zahn)arzt in seinen Rechten hinreichend geschützt ist.

Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Bescheids des Antragsgegners kann deshalb nicht ausgegangen werden. Der Bescheid ist vielmehr rechtmäßig.

Auch eine Interessenabwägung zwischen den Vorteilen, die die Antragstellerin durch die aufschiebende Wirkung ihrer Klage hat, und den dadurch drohenden Nachteilen des Antragsgegners bzw. der Allgemeinheit (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, § 86 b Rdnr. 12 c ff. insbesondere Rdnr. 12 e) führt zu keinem anderen Ergebnis. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers gem. §§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG, 106 Abs. 5 Satz 7 SGB V grundsätzlich das Vollzugsinteresse Vorrang gegenüber dem Aussetzungsinteresse genießt. Ein ausnahmsweiser Vorrang des Aussetzungsinteresses lässt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht entnehmen. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Antragstellerin reicht die Höhe des streitgegenständlichen Betrags von 342.759,73 EUR für sich genommen nicht aus, um einen hinreichend gewichtigen Nachteil zu begründen. Ebenso keinen ausreichend gewichtigen Nachteil stellt die Ausschöpfung eines Dispositionskreditrahmens dar. Maßgeblich ist, ob es nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dies ist in Bezug auf honorarrelevante Maßnahmen im Vertragsarztrecht nur dann nicht der Fall, wenn irreparable Rechtsnachteile zu erwarten sind. Diese sind insbesondere anzunehmen, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz der notwendige Lebensunterhalt des Antragstellers oder die Existenz seiner Praxis gefährdet wären (Beschluss des Senats vom 21. Dezember 2009 - L 4 KA 77/09 B ER Rdnr. 32). Die Antragstellerin hat ihre eigene wirtschaftliche Situation oder die ihrer Mitglieder im Laufe des Verfahrens jedoch nicht offengelegt.

Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert war in Höhe des strittigen Berichtigungsbetrages festzusetzen. Hiervon war 1/4 für das einstweilige Anordnungsverfahren zu nehmen, da Gegenstand des vorläufigen Verfahrens lediglich die Tragung der Zinsbelastung ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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