Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 82/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 255/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist in Q. aufgewachsen. Nach Ablegen seines Abiturs in Q. begann er 0000 ein Chemiestudium an der schlesischen Universität L. Anschließend war er bis zum 00.00.0000 als Chemiker in der Eisenhütte L. beschäftigt, wo er mit einem Röntgenspektrometer der Firma R., Modell PW 1450/20 arbeitete. Von 0000 bis 0000 war er als Chemiker im Labor des Hauptinstituts für Bergbauwesen in L. tätig. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland schloss sich von 0000 bis 0000 eine Tätigkeit bei der B. O. D. GmbH in E. an. Im Rahmen dieser Tätigkeit arbeitete er mit Röntgenspektrometern der Modelle PW 1400 und 24100. Nachdem bei ihm im Jahr 0000 ein Stimmlippentumor rechts diagnostiziert und die rechte Stimmlippe entfernt worden war, wies der Kläger auf Asbestexpositionen während seines Berufslebens hin und begehrte die Anerkennung des Stimmlippentumors als Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]), was die Beklagte ablehnte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beantragte er im darauffolgenden Klageverfahren (Az.: S 1 U 000/00) am 00.00.0000 die Anerkennung dieser Erkrankung auch als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen). Die Beklagte zog die Ermittlungsergebnisse aus dem Verfahren betreffend die BK nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV bei und schaltete unter dem 00.00.0000 ihren Präventionsdienst ein. Dieser erbat unter dem 00.00.0000 vom Kläger detaillierte Angaben zu Häufigkeit und Dauer der Exposition beim Umgang mit Röntgenspektrometern und holte eine Auskunft der Rechtsnachfolgerin der Firma R. (M.) betreffend die vom Kläger benutzten Röntenspektrometer ein. Unter dem 00.00.0000 nahm der Präventionsdienst der Beklagten eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vor und ermittelte eine Gesamtstrahlendosis von 32 Millisievert (mSv). Daraufhin lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV mit Bescheid vom 00.00.0000 ab. Zur Begründung führte sie aus, die ermittelte Gesamtdosis von 32 mSv liege unterhalb der zulässigen Dosis für strahlenbelastete Personen nach der Strahlenschutz- bzw. Röntgenverordnung. Eine relevante Exposition des Klägers sei damit nicht gegeben. Der Kläger legte am 00.00.0000 Widerspruch ein und führte aus, die Einwirkungen seien durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln. Überdies gebe es keine Schwellendosis für die BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des beratenden Arztes für Arbeitsmedizin Dr. N. vom 00.00.0000 ein, der empfahl, die Problematik einer Synkanzerogenese abzuklären. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme der Präventionsabteilung – Institut für Strahlenschutz – vom 00.00.0000 ein, das von einer Verusachungswahrscheinlichkeit von unter 4% ausging. Im weiteren Verlauf übersandte sie dem Kläger die Zulassungsbescheinigungen der benutzten Röntgenspektrometer sowie die entsprechenden Abnahme-Messungen und holte eine erneute Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 00.00.0000 ein. Sodann schlug sie dem Kläger eine Gutachterin vor. Der Kläger begehrte eine Begutachtung durch Prof. Dr. T., den die Beklagte daraufhin mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte. Prof. Dr. T. gelangte im Rahmen seines unter dem 00.00.0000 erstellten Gutachtens zu dem Ergebnis, die Verursachungswahrscheinlichkeit liege deutlich unter 4%. Im Hinblick auf eine Synkanzerogenese von Asbestfaserstäuben und ionisierenden Strahlen gelangte Prof. Dr. T. zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von unter 18%. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. U. vom 00.00.0000 ein. Anschließend wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, seine Kehlkopfkrebserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren sowie Übergangsleistungen zu erbringen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV sowie Entschädigung hierfür und er hat auch keinen Anspruch auf Übergangsleistungen.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die Versicherte infolge einer Tätigkeit erleiden, die Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der Vollbeweis einer Krankheit in jenem Sinne ist geführt, wenn ihr Vorliegen in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass sämtliche Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2011 – L 15 U 263/03 = juris).
Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978 – 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971 – 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977 – 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben steht zur Überzeugung der Kammer nicht fest, dass bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV vorliegt.
Allerdings geht sie mit der wissenschaftlichen Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass eine Tumorerkrankung wie die bei dem Kläger vorliegende als sog. stochastische Strahlenfolge einzuordnen ist, die nicht ab einer bestimmten Strahlendosis auftritt, sondern dass lediglich die Wahrscheinlichkeit für ihr Auftreten mit wachsender Strahlendosis zunimmt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.04.2009 – L 3 U 99/07 = juris Rdnr. 25; Hess. LSG, Urteil vom 03.02.2012 – L 9 U 109/10 = juris Rdnr. 21; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 16.05.2012 – L 1 U 54/06 = juris Rdnr. 25; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1181; Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, GMBl. 2011, Nr. 49-51, S. 9). Insofern kann die Anerkennung der Kehlkopferkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV nicht bereits mit dem Argument abgelehnt werden, es fehle an den sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Jedoch ist eine überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen den beruflichen Einwirkungen und der Erkrankung des Klägers nicht im Ansatz belegt. Bei Berufskrankheiten, bei denen eine Schwellendosis nicht anerkannt ist, lassen sich Aussagen zur Verursachungswahrscheinlichkeit nur gestützt auf eine epidemiologisch-statistische Risikoabschätzung treffen. Die Kausalitätsprüfung setzt in diesen Fällen bei alleiniger beruflicher Exposition eine sog. Risikoverdopplung voraus, d.h. wenn die Expositionsbedingungen für eine Verdopplung des Erkrankungsrisikos erfüllt sind, spricht eine mehr als 50-prozentige Wahrscheinlichkeit dafür, dass die berufliche Einwirkung Ursache der Erkrankung ist (allgemein Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 68 m.w.N.). Auch im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV ist im Rahmen der wissenschaftlichen Literatur anerkannt, dass der positive Wahrscheinlichkeitsbeweis der Verursachung bei alleiniger beruflicher Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in der Regel vorliegt, wenn die Verursachungswahrscheinlichkeit mehr als 50% beträgt (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, GMBl. 2011, Nr. 49-51, S. 13; ferner Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.09.2007 – L 1 U 44/03 = juris Rdnr. 42; Hess. LSG, Urteil vom 31.08.2010 – L 3 U 162/05 = juris Rdnr. 48; Sächs LSG, Urteil vom 19.01.2005 – L 6 KN 62/03 U = juris Rdnr. 47; offen Hess. LSG, Urteil vom 23.08.2013 – L 9 U 30/12 ZVW = juris Rndr. 53). Überdies sprechen im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV epidemiologische Untersuchungen und Modellrechnungen dafür, dass von einer überwiegenden Verursachungswahrscheinlichkeit nicht auszugehen ist, wenn eine Dosis von 50 mSv in relevanten Organen unterschritten wird (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, a.a.O., S. 19). Die Verursachungswahrscheinlichkeit ist anhand von Faktoren wie Strahlendosis, Geschlecht der strahlenexponierten Person, Alter bei Exposition, Alter bei Diagnose und individuellen Risikofaktoren wie Vorbelastung oder genetischer Prädisposition zu ermitteln (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, a.a.O., S. 12).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben geht die Kammer mit dem im Widerspruchsverfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. T. von einer Verursachungswahrscheinlichkeit von deutlich unter 4% aus. Prof. Dr. T. hat diese Annahme unter Berücksichtigung der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur im Rahmen seines Gutachtens vom 00.00.0000 in ausführlicher Weise begründet (S. 17 ff.). Er hat im Rahmen seiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass aufgrund der Seltenheit von Larynxkarzinomen im Zusammenhang mit ionisierenden Strahlen jene Tumorlokalisation in der wissenschaftlichen Literatur nicht gesondert ausgewiesen ist, jedoch davon auszugehen ist, dass diese Tumorlokalisation keine deutlich niedrigere Tumorinduktionsrate hat als etwa Lungenkarzinome. Im Rahmen der nachfolgenden Berechnung hat er eine Verursachungswahrscheinlichkeit von unter 4% ermittelt. Überdies weist die Kammer darauf hin, dass bei dem Kläger auch nicht die relevante Organdosis von 50 mSv erreicht wurde. Auch dieser Aspekt spricht gegen eine überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit.
Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Asbestexposition des Klägers und einer synkanzerogenen Wirkung von Asbest und ionisierender Strahlung. Prof. Dr. T. hat diese Problematik in ausführlicher Weise thematisiert und ist unter Beachtung der Asbestexposition des Klägers zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von rund 18% gelangt (S. 24 des Gutachtens vom 00.00.0000). Von einer Risikoverdopplung ist folglich nicht einmal annähernd auszugehen.
Entgegen der Auffassung Klägers hegt die Kammer keine Zweifel, dass die vom Präventionsdienst der Beklagten ermittelte Dosis von 32 mSv zutreffend ist. Der anwaltlich vertretene Kläger hat sich im Widerspruchs- und Klageverfahren darauf beschränkt, diesen ausführlich begründeten Wert lediglich zu bestreiten. Substantiierte Einwendungen hat der jedoch weder gegen die Erhebungen der Beklagten noch gegen die Berechnung der Gesamtdosis vorzubringen vermocht. Soweit der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Fragen aufgeworfen hat und um Übersendung der Zulassungsbescheinigungen der Röntgenspektrometer gebeten hat, so hat die Beklagte dem entsprochen und im Übrigen die (undifferenzierten) Einwendungen des anwaltlich vertretenen Klägers nochmals zum Anlass genommen, die Berechnung in ausführlicher Weise zu erläutern (Seiten 72 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Überdies hat der vom Kläger selbst vorgeschlagene Sachverständige Prof. Dr. T. ausgeführt, dass auch er die von der Beklagten errechnete Gesamtdosis von 32 mSv unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben des Klägers für realistisch hält (Seite 21 des Gutachtens vom 00.00.0000).
Die Kammer war selbst in Anbetracht des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 103, 106 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 5 SGG) nicht gehalten, ein weiteres (medizinisches) Gutachten einzuholen. Sie hat hierbei berücksichtigt, dass es sich bei Prof. Dr. T. um einen ausgewiesenen Spezialisten auf dem zu beurteilenden Fachgebiet und im Hinblick auf die Kernfrage des Zusammenhangs zwischen Krebserkrankungen und ionisierender Strahlung handelt, den der Kläger zudem selbst ausgesucht hat. Der anwaltlich vertretene Kläger indessen hat gegen das Gutachten Einwendungen überhaupt nicht vorzubringen vermocht. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Gutachten in irgendeiner Weise zu kommentieren. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich die Kammer die ausgewogenen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. zu eigen machen und auf der Grundlage (auch) seiner Schlussfolgerungen die Klage abweisen.
Der vom Kläger ursprünglich gestellte Antrag auf Erstellung eines weiteren Gutachtens durch den Arzt für Arbeitsmedizin und Diplom-Chemiker Dr. Dr. S. ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zurückgenommen worden.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV. Es ist schon nicht ersichtlich, dass er die gefährdende Tätigkeit unterlassen hat, weil die Gefahr besteht, dass eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV entsteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist in Q. aufgewachsen. Nach Ablegen seines Abiturs in Q. begann er 0000 ein Chemiestudium an der schlesischen Universität L. Anschließend war er bis zum 00.00.0000 als Chemiker in der Eisenhütte L. beschäftigt, wo er mit einem Röntgenspektrometer der Firma R., Modell PW 1450/20 arbeitete. Von 0000 bis 0000 war er als Chemiker im Labor des Hauptinstituts für Bergbauwesen in L. tätig. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland schloss sich von 0000 bis 0000 eine Tätigkeit bei der B. O. D. GmbH in E. an. Im Rahmen dieser Tätigkeit arbeitete er mit Röntgenspektrometern der Modelle PW 1400 und 24100. Nachdem bei ihm im Jahr 0000 ein Stimmlippentumor rechts diagnostiziert und die rechte Stimmlippe entfernt worden war, wies der Kläger auf Asbestexpositionen während seines Berufslebens hin und begehrte die Anerkennung des Stimmlippentumors als Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]), was die Beklagte ablehnte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beantragte er im darauffolgenden Klageverfahren (Az.: S 1 U 000/00) am 00.00.0000 die Anerkennung dieser Erkrankung auch als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen). Die Beklagte zog die Ermittlungsergebnisse aus dem Verfahren betreffend die BK nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV bei und schaltete unter dem 00.00.0000 ihren Präventionsdienst ein. Dieser erbat unter dem 00.00.0000 vom Kläger detaillierte Angaben zu Häufigkeit und Dauer der Exposition beim Umgang mit Röntgenspektrometern und holte eine Auskunft der Rechtsnachfolgerin der Firma R. (M.) betreffend die vom Kläger benutzten Röntenspektrometer ein. Unter dem 00.00.0000 nahm der Präventionsdienst der Beklagten eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vor und ermittelte eine Gesamtstrahlendosis von 32 Millisievert (mSv). Daraufhin lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV mit Bescheid vom 00.00.0000 ab. Zur Begründung führte sie aus, die ermittelte Gesamtdosis von 32 mSv liege unterhalb der zulässigen Dosis für strahlenbelastete Personen nach der Strahlenschutz- bzw. Röntgenverordnung. Eine relevante Exposition des Klägers sei damit nicht gegeben. Der Kläger legte am 00.00.0000 Widerspruch ein und führte aus, die Einwirkungen seien durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln. Überdies gebe es keine Schwellendosis für die BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des beratenden Arztes für Arbeitsmedizin Dr. N. vom 00.00.0000 ein, der empfahl, die Problematik einer Synkanzerogenese abzuklären. Die Beklagte holte eine weitere Stellungnahme der Präventionsabteilung – Institut für Strahlenschutz – vom 00.00.0000 ein, das von einer Verusachungswahrscheinlichkeit von unter 4% ausging. Im weiteren Verlauf übersandte sie dem Kläger die Zulassungsbescheinigungen der benutzten Röntgenspektrometer sowie die entsprechenden Abnahme-Messungen und holte eine erneute Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 00.00.0000 ein. Sodann schlug sie dem Kläger eine Gutachterin vor. Der Kläger begehrte eine Begutachtung durch Prof. Dr. T., den die Beklagte daraufhin mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte. Prof. Dr. T. gelangte im Rahmen seines unter dem 00.00.0000 erstellten Gutachtens zu dem Ergebnis, die Verursachungswahrscheinlichkeit liege deutlich unter 4%. Im Hinblick auf eine Synkanzerogenese von Asbestfaserstäuben und ionisierenden Strahlen gelangte Prof. Dr. T. zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von unter 18%. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. U. vom 00.00.0000 ein. Anschließend wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, seine Kehlkopfkrebserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren sowie Übergangsleistungen zu erbringen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV sowie Entschädigung hierfür und er hat auch keinen Anspruch auf Übergangsleistungen.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die Versicherte infolge einer Tätigkeit erleiden, die Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14). Der Vollbeweis einer Krankheit in jenem Sinne ist geführt, wenn ihr Vorliegen in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass sämtliche Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2011 – L 15 U 263/03 = juris).
Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG, a.a.O.). Die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 02.02.1978 – 8 RU 66/77 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 29/99 R; Mehrtens/Perlebach, a.a.O., Rdnr. 26). Das ist dann der Fall, wenn unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 16.02.1971 – 1 RA 113/70 = BSGE 32, 203, 209; BSG, Urteil vom 20.01.1977 – 8 RU 52/76 = 43, 110, 113; BSG, Urteil vom 02.11.1999 – B 2 U 47/98 R = SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 67).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben steht zur Überzeugung der Kammer nicht fest, dass bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV vorliegt.
Allerdings geht sie mit der wissenschaftlichen Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass eine Tumorerkrankung wie die bei dem Kläger vorliegende als sog. stochastische Strahlenfolge einzuordnen ist, die nicht ab einer bestimmten Strahlendosis auftritt, sondern dass lediglich die Wahrscheinlichkeit für ihr Auftreten mit wachsender Strahlendosis zunimmt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.04.2009 – L 3 U 99/07 = juris Rdnr. 25; Hess. LSG, Urteil vom 03.02.2012 – L 9 U 109/10 = juris Rdnr. 21; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 16.05.2012 – L 1 U 54/06 = juris Rdnr. 25; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1181; Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, GMBl. 2011, Nr. 49-51, S. 9). Insofern kann die Anerkennung der Kehlkopferkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV nicht bereits mit dem Argument abgelehnt werden, es fehle an den sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Jedoch ist eine überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen den beruflichen Einwirkungen und der Erkrankung des Klägers nicht im Ansatz belegt. Bei Berufskrankheiten, bei denen eine Schwellendosis nicht anerkannt ist, lassen sich Aussagen zur Verursachungswahrscheinlichkeit nur gestützt auf eine epidemiologisch-statistische Risikoabschätzung treffen. Die Kausalitätsprüfung setzt in diesen Fällen bei alleiniger beruflicher Exposition eine sog. Risikoverdopplung voraus, d.h. wenn die Expositionsbedingungen für eine Verdopplung des Erkrankungsrisikos erfüllt sind, spricht eine mehr als 50-prozentige Wahrscheinlichkeit dafür, dass die berufliche Einwirkung Ursache der Erkrankung ist (allgemein Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 68 m.w.N.). Auch im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV ist im Rahmen der wissenschaftlichen Literatur anerkannt, dass der positive Wahrscheinlichkeitsbeweis der Verursachung bei alleiniger beruflicher Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in der Regel vorliegt, wenn die Verursachungswahrscheinlichkeit mehr als 50% beträgt (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, GMBl. 2011, Nr. 49-51, S. 13; ferner Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 13.09.2007 – L 1 U 44/03 = juris Rdnr. 42; Hess. LSG, Urteil vom 31.08.2010 – L 3 U 162/05 = juris Rdnr. 48; Sächs LSG, Urteil vom 19.01.2005 – L 6 KN 62/03 U = juris Rdnr. 47; offen Hess. LSG, Urteil vom 23.08.2013 – L 9 U 30/12 ZVW = juris Rndr. 53). Überdies sprechen im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV epidemiologische Untersuchungen und Modellrechnungen dafür, dass von einer überwiegenden Verursachungswahrscheinlichkeit nicht auszugehen ist, wenn eine Dosis von 50 mSv in relevanten Organen unterschritten wird (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, a.a.O., S. 19). Die Verursachungswahrscheinlichkeit ist anhand von Faktoren wie Strahlendosis, Geschlecht der strahlenexponierten Person, Alter bei Exposition, Alter bei Diagnose und individuellen Risikofaktoren wie Vorbelastung oder genetischer Prädisposition zu ermitteln (Wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" – Bekanntmachung des BMAS vom 24.10.2011, a.a.O., S. 12).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben geht die Kammer mit dem im Widerspruchsverfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. T. von einer Verursachungswahrscheinlichkeit von deutlich unter 4% aus. Prof. Dr. T. hat diese Annahme unter Berücksichtigung der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur im Rahmen seines Gutachtens vom 00.00.0000 in ausführlicher Weise begründet (S. 17 ff.). Er hat im Rahmen seiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass aufgrund der Seltenheit von Larynxkarzinomen im Zusammenhang mit ionisierenden Strahlen jene Tumorlokalisation in der wissenschaftlichen Literatur nicht gesondert ausgewiesen ist, jedoch davon auszugehen ist, dass diese Tumorlokalisation keine deutlich niedrigere Tumorinduktionsrate hat als etwa Lungenkarzinome. Im Rahmen der nachfolgenden Berechnung hat er eine Verursachungswahrscheinlichkeit von unter 4% ermittelt. Überdies weist die Kammer darauf hin, dass bei dem Kläger auch nicht die relevante Organdosis von 50 mSv erreicht wurde. Auch dieser Aspekt spricht gegen eine überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit.
Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Asbestexposition des Klägers und einer synkanzerogenen Wirkung von Asbest und ionisierender Strahlung. Prof. Dr. T. hat diese Problematik in ausführlicher Weise thematisiert und ist unter Beachtung der Asbestexposition des Klägers zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von rund 18% gelangt (S. 24 des Gutachtens vom 00.00.0000). Von einer Risikoverdopplung ist folglich nicht einmal annähernd auszugehen.
Entgegen der Auffassung Klägers hegt die Kammer keine Zweifel, dass die vom Präventionsdienst der Beklagten ermittelte Dosis von 32 mSv zutreffend ist. Der anwaltlich vertretene Kläger hat sich im Widerspruchs- und Klageverfahren darauf beschränkt, diesen ausführlich begründeten Wert lediglich zu bestreiten. Substantiierte Einwendungen hat der jedoch weder gegen die Erhebungen der Beklagten noch gegen die Berechnung der Gesamtdosis vorzubringen vermocht. Soweit der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Fragen aufgeworfen hat und um Übersendung der Zulassungsbescheinigungen der Röntgenspektrometer gebeten hat, so hat die Beklagte dem entsprochen und im Übrigen die (undifferenzierten) Einwendungen des anwaltlich vertretenen Klägers nochmals zum Anlass genommen, die Berechnung in ausführlicher Weise zu erläutern (Seiten 72 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Überdies hat der vom Kläger selbst vorgeschlagene Sachverständige Prof. Dr. T. ausgeführt, dass auch er die von der Beklagten errechnete Gesamtdosis von 32 mSv unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben des Klägers für realistisch hält (Seite 21 des Gutachtens vom 00.00.0000).
Die Kammer war selbst in Anbetracht des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 103, 106 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 5 SGG) nicht gehalten, ein weiteres (medizinisches) Gutachten einzuholen. Sie hat hierbei berücksichtigt, dass es sich bei Prof. Dr. T. um einen ausgewiesenen Spezialisten auf dem zu beurteilenden Fachgebiet und im Hinblick auf die Kernfrage des Zusammenhangs zwischen Krebserkrankungen und ionisierender Strahlung handelt, den der Kläger zudem selbst ausgesucht hat. Der anwaltlich vertretene Kläger indessen hat gegen das Gutachten Einwendungen überhaupt nicht vorzubringen vermocht. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Gutachten in irgendeiner Weise zu kommentieren. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich die Kammer die ausgewogenen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T. zu eigen machen und auf der Grundlage (auch) seiner Schlussfolgerungen die Klage abweisen.
Der vom Kläger ursprünglich gestellte Antrag auf Erstellung eines weiteren Gutachtens durch den Arzt für Arbeitsmedizin und Diplom-Chemiker Dr. Dr. S. ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zurückgenommen worden.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV. Es ist schon nicht ersichtlich, dass er die gefährdende Tätigkeit unterlassen hat, weil die Gefahr besteht, dass eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV entsteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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