S 40 AS 1666/14 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 1666/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
zur Versagung von Leistungen nach dem SGB II, wenn der Leistungsempfänger sich weigert, eine Rente im Ausland zu beantragen
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet, den Antragstellern vorläufig monatliche Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II in Höhe von 400,06 EUR für den Monat März 2014 und 706,- EUR für die Monate April 2014 bis einschließlich Juli 2014 zu zahlen. 2. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.

Gründe:

I. Die 1951 und 1952 geborenen, erwerbsfähigen Antragsteller begehren bei sachdienlicher Auslegung mit Ihrem Eilantrag vom 13.3.2014 die Zahlung des ihnen zustehenden Regelbedarfs nach dem SGB II in Höhe von monatlich 706,- EUR.

Die Antragsteller sind sowohl russische als auch deutsche Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 2) und ihr Ehemann, der Antragsteller zu 1), kamen 1997 in die Bundesrepublik Deutschland. Die Antragstellerin zu 2) ist Spätaussiedlern (§ 4 des Bundesvertriebenengesetzes). Ihre Rentenansprüche in der Russischen Föderation wurden aufgrund des Fremdrentengesetzes übergeleitet. Die Rentenansprüche des Antragstellers zu 1) in der Russischen Föderation wurden nicht nach dem Gesetz übergeleitet, weil dieses auf Ehegatten von Spätaussiedlern nicht angewendet werden kann.

Zuletzt besuchten die Antragsteller die Russische Föderation vor 12 Jahren. Der Antragsteller zu 1) macht zudem glaubhaft, gesundheitlich eingeschränkt zu sein. Über eine Schwerbehinderung ist noch nicht entschieden. Am 21.10.2013 beantragten die Antragsteller im Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig die Entlassung aus der russi-schen Staatsbürgerschaft. Über den Antrag ist ebenfalls noch nicht entschieden.

Die Antragsteller erhalten fortlaufend seit 2005 vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.

Zuletzt beantragten die Antragsteller am 16.12.2013 die Fortzahlung von Leistungen für den Leistungszeitraum ab dem 1.2.2014. Bereits am 7.8.2013 hatte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) dazu aufgefordert, die vollständigen Rentenauskünfte beider Antragsteller und Nachweise über eventuelle Rentenansprüche und Bezüge im Herkunftsland einzureichen. Die Antragsteller legten daraufhin Renteninformationen der Deutschen Renten-versicherung Mitteldeutschland vor. Am 16.8.2013 schrieb der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) erneut an und wies darauf hin, dass eigentlich Anspruch auf russische Rente bestehen müsste. Der Antragsteller zu 1) wurde aufgefordert, diese vorrangige Leistung bei der zuständigen Stelle in Dresden oder beim Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig zu beantragen oder aber einen entsprechenden Nachweis darüber vorzulegen, dass er keine Ansprüche aus dem Herkunftsland habe. Auf die Folgen fehlender Mitwirkung wies der Antragsgegner hin. Die Antragsteller legten daraufhin eine bestätigte Übersetzung aus der russischen Sprache vor, wonach die Antragsteller beim Rentenfonds der Russischen Föderation keine Rente und sonstigen Sozialleistungen beziehen würden. Es seien keine Rentenanträge registriert. Am 19.11.2013 erinnerte der Antragsgegner an die Aufforderung zur Mitwirkung vom 16.8.2013.

Am 27.11.2013 schrieben die Antragsteller an den Antragsgegner, dass sie einen Rentenantrag in Russland nicht stellen könnten, da beide einen Antrag auf Austritt aus der russischen Staatsbürgerschaft gestellt hätten. Die Antragstellerin zu 2) habe bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Gewährung von Altersrente für Frauen mit gewünschtem Rentenbeginn 1.3.2014 gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 23.12.2013 abgelehnt.

Aus einem Aktenvermerk über ein persönliches Gespräch am 5.12.2013 ergibt sich, dass die Antragstellerin zu 2) beim Antragsgegner erklärt hatte, dass die Beantragung einer russischen Rente sehr aufwändig sei, weil man überall persönlich vorsprechen müsse. Dies sei aufgrund der Situation der Eheleute sehr belastend. Deshalb sei auch der Antrag auf Ent-lassung aus der russischen Staatsbürgerschaft gestellt worden.

Mit dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28.1.2014 wurden den Antragstellern so-dann vorläufige Leistungen der Grundsicherung für den Leistungszeitraum vom 1.2.2014 bis 30.4.2014 in Höhe von 437,94 EUR, das heißt für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung bewilligt. Als Grund für die vorläufige Entscheidung ist angeführt: "fehlender Nachweis zur Rentenantragstellung, Bewilligung in Verbindung mit der Versagung der Regelbeträge beider Eheleute". Die Überweisung der Kosten der Unterkunft erfolge direkt an den Ver-mieter.

Gleichzeitig erließ der Antragsgegner am 28.1.2014 ein Versagungs- und Entziehungsbescheid, mit dem ab dem 1.2.2014 die Leistungen der Grundsicherung in Höhe von zweimal 353,- EUR Regelbetrag versagt würden. Die Versagung betreffe die Leistung aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragsteller ihrer Mitwirkungspflicht trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen sein. Sie hätten ihre vorrangigen Rentenansprüche aus dem Herkunftsland nicht geklärt/beantragt. Den Widerspruch der Antragsteller wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2014 zurück, gegen den bislang noch keine Klage erhoben worden ist.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit dem am 13.3.2014 eingegangenen Eilantrag. Die Antragsteller hätten sich bereits 2012 dazu entschlossen, auf die russische Staatsbürgerschaft zu verzichten. Der Lebensmittelpunkt sei in Deutschland. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sehe sich der Antragsteller zu 1) nicht mehr in der Lage, einmal jährlich nach Leipzig zu reisen. Dies wäre aber auch Voraussetzung für den Bezug der Rente, weil man den Nachweis, dass man noch am Leben sei, nur durch persönliche Vorsprache im Konsulat führen dürfe. Im Übrigen hätte eine russische Rente ohnehin nur etwa 50 – 100,- EUR/Monat betragen. Nunmehr, nach dem Antrag auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft, bestehe kein Rentenanspruch mehr. Dem Antragsteller zu 1) sei es bei seiner Entscheidung über den Verzicht auf die russische Staatsangehörigkeit nicht bewusst gewesen, dass er deswegen in Deutschland auf Sozialleistungen verzichten müsse. Er sei darüber auch nicht aufgeklärt worden. Die Antragstellerin zu 2) habe zudem sämtliche Mitwirkungshandlungen erbracht.

Der Antragsgegner tritt dem Begehren entgegen. Es bestehe ein Rentenanspruch in Russland, weil die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft noch nicht vollzogen sei. Seiner Mit-wirkungspflicht komme der Antragsteller zu 1) eindeutig nicht nach.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zunächst zulässig. Er richtet sich nach § 86b Abs. 2 SGG. Werden wegen mangelnder Mitwirkung des Hilfesuchenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II durch einen belastenden Verwaltungsakt versagt, so hat sich der vorläufige Rechtsschutz des Leistungsberechtigten gleichwohl an § 86b Abs. 2 SGG zu orientieren (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4.7.2012 – L 13 AS 124/12 B ER –, juris). Denn der Widerspruch der Antragsteller gegen den Bescheid vom 28.1.2014 hat aufschiebende Wirkung /so auch SächsLSG, Beschl. v. 15.1.2013, L 3 AS 1010/12 B PKH, juris), so dass über eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht zu entscheiden ist. Die Rechts-wirkungen des Bescheids vom 28.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2014 stehen der vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht entgegen, weil diese Entscheidungen des Antragsgeg-ners noch nicht bestandskräftig geworden sind. Die Klagefrist läuft noch.

2. Der Antrag ist überwiegend begründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl, § 86b Rn 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorge-gebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO). Gemessen an diesen Vorgaben haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund im tenorierten Umfang glaubhaft gemacht. a) Die Antragsteller haben zunächst durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung und durch die Übergabe von Kontoauszügen zur PKH-Akte hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Angelegenheit eilbedürftig ist, weil sie nicht mehr über finanzielle Mittel verfügen, die es ihnen erlauben würden, bis zur Hauptsacheentscheidung des Gerichtes abzuwarten. b) Glaubhaft gemacht ist ein Anordnungsgrund allerdings nur für die Zeit ab dem 13.3.2014 und damit ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG. Leistungen der Grundsicherung sind grundsätzlich nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu gewähren und nicht rückwirkend zu bewilligen. Ein besonderer Nachholbedarf wurde nicht glaubhaft gemacht und ergibt sich auch nicht aus den Unterlagen der Antragsteller. Das Begehren der Antragsteller richtet sich bei sachdienlicher Auslegung allerdings auch nicht in die Vergangenheit.

c) Die Antragsteller haben aber darüber hinaus auch glaubhaft gemacht, die Anspruchsvo-raussetzungen nach dem SGB II für den hier geltend gemachten Regelbedarf zu erfüllen. Sie sind erwerbsfähig und hilfebedürftig. Es ist zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die Antragsteller aktuell nicht über Einkommen und Vermögen verfügen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt sicherstellen könnten.

Der Antragsgegner war zudem nicht berechtigt, die Gewährung von Leistungen für den Regelbedarf gemäß § 66 Abs. 1 SGB I zu versagen.

Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozi-alleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil es sowohl an der von § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I vorausgesetzten erheblichen Erschwerung der Aufklärung des Sachverhalts als (in deren Folge) auch deren Ursächlichkeit für den fehlenden Nachweis der Voraussetzung der Leistungen fehlt.

aa) Die Sachverhaltsaufklärung wird durch das vom Antragsgegner monierte Verhalten des Antragstellers zu 1) nicht erschwert, denn maßgeblich für die Höhe der Leistungsgewährung ist die Frage, ob anderes Einkommen, z.B. durch eine ausländische Rente erzielt wird. Dies ist unstrittig nicht der Fall; der Antragsgegner kennt insofern den leistungserheblichen Sachverhalt ganz genau.

bb) Folglich ist das Verhalten des Antragstellers zu 1), der die vom Antragsgegner geforderte Rentenantragstellung verweigert, auch nicht ursächlich für einen fehlenden Nachweis der Leistungsvoraussetzungen.

cc) Ungeachtet dessen, dass eine Leistungsversagung für die Antragstellerin zu 2) gänzlich neben der Sache liegt, weil diese stets und ordnungsgemäß am Verfahren mitgewirkt hat, missbraucht der Antragsgegner hier das Institut des Versagungsbescheids, um eine "Sanktionierung" gegen die Antragsteller durchzusetzen, ohne dass die im Gesetz vorgesehenen Sanktionstatbestände greifen würden. Dies ist grob rechtswidrig.

Das Gericht stellt hierbei nicht in Abrede, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen (§ 2 Abs. 1 S. 1 und § 12 a SGB II). Soweit sich die Hilfebedürftigkeit dadurch verringern lässt, dass andere Leistungen, z.B. eine Rente, beantragt werden, kann der Leistungsberechtigte gegebenenfalls darauf verwiesen werden, einen solchen Antrag auch zu stellen. Tut er dies nicht, greift jedoch, wie oben ausgeführt wurde, gerade nicht § 66 SGB I. Die Weigerung, eine Rente zu beantragen, kann somit keinesfalls mit der Versagung von Leistungen bestraft werden. Nicht umsonst regelt § 5 Abs. 3 SGB II die Befugnis des Antragsgegners, andere Leistungen, die die Hilfebedürftigkeit verringern könnten, für den Leistungsempfänger selbst zu beantragen, wenn dieser dies nicht tut. Diese Vorschrift gilt auch im Verhältnis zur russischen Rentenkasse (vgl. Vogts/Shteynberg, Die Rentenversicherung, Heft 3, März 2010).

Wäre die Verpflichtung, einen Rentenantrag in Russland zu stellen, zudem zum Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung gemacht worden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II), hätte der Antragsgegner die Weigerung gegebenenfalls gemäß den §§ 31 ff SGB II sanktionieren können, soweit die dortigen Voraussetzungen vorgelegen hätten.

Außerdem trifft das Gesetz in § 34 SGB II eine Regelung darüber, wer bei sogenanntem "sozialwidrigem" Verhalten zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet ist.

Dies alles zeigt, dass das Gesetz sehr wohl Reaktionsmöglichkeiten der Behörde vorsieht, wenn ein bestehender Rentenanspruch nicht realisiert wird. Diesen Vorschriften ist indessen gemein, dass sie entweder eigenes Handeln der Behörde voraussetzen (soweit z.B. die Befugnis zur Rentenantragstellung auf die Behörde übergeht) oder aber dass sie genaue Ermittlungen der Behörde dazu voraussetzen, ob der Rentenanspruch tatsächlich noch besteht, denn nur dann könnten die Voraussetzungen einer Sanktion bzw. eines Erstattungsanspruchs bejaht werden. Dass diese Voraussetzungen aufgrund des Antrags des Antragstellers auf Entlassung aus der russischen Staatsbürgerschaft nicht ohne weiteres geklärt werden können, liegt auf der Hand. Denn bei der Rentenantragstellung muss eine russische Staatsbürgerschaft nachgewiesen werden.

Diese Mühen scheut der Antragsgegner ersichtlich, der stattdessen "als einfachere Variante" eine ganz offensichtlich gesetzlich nicht vorgesehene und damit rechtswidrige Versagungsentscheidung getroffen hat. Diese ersichtlich rechtswidrige Verwaltungsentscheidung macht umso mehr betroffen, wenn man sich vor Augen führt, dass hier den hilfebedürftigen Antragstellern Leistungen in Höhe von monatlich 706,- EUR vorenthalten werden sollen, weil der Antragsgegner vielleicht 70,- EUR/Monat sparen könnte, wenn überhaupt ein Rentenanspruch besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Rechtskraft
Aus
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