Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
49
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 49 AS 8115/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Umzugskosten sind kein Unterkunftsbedarf im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Bewilligung von Umzugskosten an einen BAföG-berechtigten Studenten als Unterkunftsbedarf nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Der Kläger studiert an einer privaten Hochschule und zahlt ein monatliches Ausbildungsgeld von 175,00 EUR. Zur Finanzierung des Studiums hat er ein Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen. Zudem erhält er monatliche Leistungen nach dem BAföG von 465,00 EUR. Der Kläger bewohnte zunächst ein WG-Zimmer. Nach Auflösung der Wohngemeinschaft durch die übrigen Mitbewohner schloss er einen Mietvertrag für eine neue Wohnung ab, nach dem er eine monatliche Miete von 223,10 EUR sowie eine Mietkaution von 334,66 EUR zu erbringen hat. Die Wohnung bezog der Kläger am 2. August 2012. Zuvor hatte der Beklagte die Angemessenheit der Unterkunftskosten bestätigt. Für die laufenden Unterkunftskosten gewährt der Beklagte dem Kläger einen Zuschuss gem. § 27 Abs. 3 SGB II von 91,00 EUR. Am 1. August 2012 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Berufung auf die zuvor erfolgte Zustimmung zum Wohnungswechsel die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 385,00 EUR sowie die darlehensweise Gewährung der Mietkaution von 334,66 EUR als Leistungen nach § 22 SGB II. Mit angefochtenem Bescheid vom 16. August 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Wegen des Bezugs von BAföG sei der Kläger gem. § 7 Abs. 5 und 6 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Ihm stünden nur Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB II zu, die ihm bewilligt worden seien. Diese Vorschrift erfasse aber nicht die begehrten Leistungen für den Umzug in eine neue Wohnung, da diese in § 22 Abs. 6 SGB II geregelt seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Notwendigkeit des Umzugs habe der Beklagte bereits anerkannt. Da es ihm gelungen sei, private Helfer für den Umzug zu gewinnen, seien nur Aufwendungen von 84,99 EUR entstanden, nämlich 44,99 EUR für ein Fahrzeug sowie zweimal eine Helferpauschale von 20,00 EUR. Es sei widersprüchlich, wenn der Beklagte die Notwendigkeit des Umzugs anerkenne, die dadurch entstehenden Kosten aber nicht trage. Mit angefochtenem Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2012 – W 11787/12 – wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Personen, die einer dem Grunde nach BAföG-berechtigenden Ausbildung nachgingen, seien über § 27 SGB II hinaus keine SGB II-Leistungen zu bewilligen. Diese Vorschrift verweise nicht auf den in § 22 SGB II geregelten Anspruch auf die Bewilligung von Umzugskosten und Mietkautionen. Ein Härtefall nach § 27 Abs. 4 SGB II, der zur Bewilligung weiterer Leistungen führe, sei nicht festzustellen, weil keine Umstände vorlägen, die den Kläger ohne die Leistung am zügigen Ausbildungsdurchlauf hinderten oder ihn in eine existenzbedrohende Notlage brächten, die auch nicht durch eine zeitweise Unterbrechung der Ausbildung und Arbeitsaufnahme verhindert werden könne. Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Interesse hinsichtlich der Umzugskosten weiter. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass § 27 Abs. 3 SGB II nur einen Anspruch auf die ungedeckten Unterkunftskosten gewähre. BAföG-Empfänger wie er seien zwar grundsätzlich von SGB II-Leistungen ausgeschlossen, jedoch habe er einen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen angemessenen Unterkunftskosten. § 27 Abs. 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen fasse die möglichen Ansprüche von BAföG-Empfängern zusammen. Die Vorschrift gehe davon aus, dass grundsätzlich kein SGB II-Anspruch bestehe, aber in bestimmten Fällen jedoch Grundsicherungsleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Ausbildung zu erbringen seien. Eine solche besondere, nicht über das BAföG gedeckte Bedarfslage seien die Umzugskosten. Nach Sinn und Zweck von § 7 Abs. 5 SGB II sollten BAföG-Empfänger nicht besser oder schlechter gestellt werden als SGB II-Leistungsberechtigte. Eine solche Schlechterstellung ergäbe sich aber, wenn die Umzugskosten nicht zu berücksichtigen wären. Er habe vor Beginn der Ausbildung ALG II bezogen; wäre er in dieser Situation umgezogen, wären die Umzugskosten zu erstatten gewesen. Die Ausbildung diene auch dazu, ihn künftig zur Bestreitung der Kosten seiner Existenz zu befähigen. Deshalb könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Umzugskosten vor oder während der Ausbildung anfielen. Die Umzugskosten würden rechnerisch auch nicht im System des BAföG enthalten sein; die dort berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten lägen unterhalb derer nach dem SGB II, und das BAföG kenne keine einmaligen Bedarfe. Schließlich seien die Umzugskosten auch nicht ausbildungsbezogen. Daher sei eine erweiternde Auslegung von § 22 Abs. 6 SGB II geboten.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2012 Umzugskosten nach dem SGB II in Höhe von 84,99 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Nach dem Wortlaut von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II sei BAföG-Berechtigte nur ein "Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II)" zu gewähren. Die verwiesene Bestimmung enthalte jedoch nicht die Umzugskosten, die allein in § 22 Abs. 6 SGB II geregelt seien. Das Gericht hat die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört; sie haben ihre Zustimmung erteilt. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls, der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten sowie der unter den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann durch Gerichtsbescheid entscheiden. Der Sachverhalt ist geklärt; die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Beteiligten wurden zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. 2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Umzugskosten. a) Umzugskosten können allein nach § 22 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II als Bedarf anerkannt werden. Diese Vorschrift ist im Fall des Klägers aber nicht anwendbar. Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung – wie im Falle des Klägers – im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. aa) Seinem Wortlaut nach verweist § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht auf § 22 Abs. 6 SGB II, sondern bestimmt nur, dass der Grundsicherungsträger einen Zuschuss zu den "angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II)" leistet. Bereits der Klammerzusatz spricht gegen die Anwendbarkeit von § 22 Abs. 6 SGB II. Wegen dieses Wortlauts geht die Literatur davon aus, dass nur ein Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen zu gewähren ist, ohne dass des für dies Begrenzung sonst erforderlichen Kostensenkungsverfahrens nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II bedürfte (Bernzen, in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 27 Rn. 51). bb) Hinzu tritt eine rechtsmethodische Erwägung. Grundsätzlich sind Auszubildende von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen (§ 7 Abs. 5 SGB II). Die Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II sind Ausnahmetatbestände. Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng, und nicht erweiternd auszulegen (vgl. zur Geltung dieses methodischen Grundsatzes im Sozialrecht etwa BSGE 109, 154 (Rn. 38); LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2013 – L 18 R 170/12 –, juris (Rn. 34)). Diese Regel gilt zwar nicht allgemein, sondern nur mit Blick auf den Grund, warum der Gesetzgeber eine bestimmte Gruppe von Fällen aus dem Anwendungsbereich der Regelvorschrift herausgenommen hat (BSGE 109, 154 (Rn. 38)). Der Gesetzgeber hat die Auszubildenden aus der Anwendung des SGB II ausgenommen, weil sich deren Lebenssituation von derjenigen der Arbeitssuchenden grundsätzlich unterscheidet. Sie stehen zur Vermittlung in eine vollzeitige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Der Grundsatz des SGB II von Fördern und Fordern (vgl. § 2 SGB II) läuft in ihrer Hinsicht gänzlich ins Leere. Das SGB II aber – wie es der Kläger indirekt tut – auf die Grundsicherungsleistungen zu reduzieren, verkennt seine Bedeutung; es ist kein allgemeines Auffangrecht der Existenzsicherung, das immer dann eingreift, wenn besondere Regelungssysteme mit Existenzsicherungsbezug, wie das BAföG unzweifelhaft eines bildet, tatsächlich oder vorgeblich Lücken aufweist. Zudem geht der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II davon aus, dass die Leistungen des BAföG und des SGB III zur Deckung des Lebens- wie des Ausbildungsbedarfs grundsätzlich auskömmlich sind (Hackethal, in: juris-PK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn. 73); dass die Leistungen zum Teil geringer ausfallen als nach dem SGB II beruht auf den unterschiedlichen Lebenssituation und der Verfügbarkeit weiterer Vergünstigungen für Auszubildende (z.B. Nachlässe bei Eintritts- oder Beförderungsentgelten, günstige Wohnheimplätze und Mensaversorgung). Lediglich für besondere Situationen, die keinen Ausbildungsbezug aufweisen (Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 27 Rn. 18), werden kraft besonderer gesetzlicher Anordnung Leistungen gewährt, die auch Arbeitssuchende in vergleichbaren Situationen erhalten (§ 27 Abs. 2 SGB II). Die Leistungen für die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 27 Abs. 3 SGB II) tragen dabei dem Umstand Rechnung, dass die Leistungen für die Bedarf von Unterkunft und Heizung nach dem BAföG und dem SGB III nur als fixe Pauschalen gewährt werden, die nicht in jedem Fall bedarfsdeckend sind (Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 27 Rn. 24). Angesichts dieser Grundlegung kommt eine erweiternde Auslegung nicht in Betracht. Dass im Rahmen von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II auch § 21 Abs. 7 anwendbar ist, steht dem nicht entgegen, denn jene Vorschrift ist nur eine rein technikbedingte Annexnorm zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (Bernzen, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 27 Rn. 58). cc) Im Rahmen der Leistungen für Auszubildende nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu bewilligen, widerspräche dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Auf diese Weise würde das SGB II entgegen dem Sinn von § 7 Abs. 5 SGB II zu einem weiteren System der Ausbildungsförderung, denn der Bedarf entstünde gerade bei ausbildungsbedingen Ortswechseln und damit im Ausbildungszusammenhang, ggfs. auch mehrfach während der Ausbildung und wäre allein vom Willen des in Ausbildung Befindlichen abhängig, den Ausbildungsort zu wechseln. Das Gesetz differenziert jedoch nicht nach ausbildungsbedingten, i.d.R. überörtlichen und ausbildungsunabhängigen, i.d.R. innerörtlichen Wohnungswechseln. Diese Differenzierung kann auch nicht durch – hier eine Einschränkung der erweiternden – Auslegung eingeführt werden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Student bei einem regelmäßig aufwendigeren ausbildungsbedingten überörtlichen Umzug auf Ausbildungsförderungsleistungen verwiesen werden und damit für den Umzug selbst aufkommen soll, während er für den weniger aufwendigen nicht ausbildungsbedingten Umzug einen Zuschuss nach dem SGB II erhalten soll. dd) Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zuvor die Angemessenheit Aufwendungen für die neue Wohnung bestätigt hat, denn diese Bestätigung steht im Zusammenhang mit den nach § 27 SGB II zu bewilligenden Leistungen. Nach alledem kann dem Auszubildenden kein Zuschuss für die Umzugskosten bewilligt werden. b) Auch die Härtefallklausel des § 7 Abs. 6 SGB II führt nicht zu einer Bewilligung der Umzugskosten. Nach dieser Vorschrift werden Personen Leistungen nach dem SGB II erbracht, die zwar eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung im Sinne des BAföG oder des SGB III absolvieren, aber aus bestimmten Gründen, tatsächlich keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder Berufsausbildungsbeihilfe haben (§ 7 Abs. 6 Nr. 1, 3 SGB II) bzw. nur einen eingeschränkten Anspruch (§ 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II); ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Vorschrift hat jedoch nicht den Zweck, mögliche sachliche Lücken im Leistungssystem der Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III zu schließen. Daher ist die Klage abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Bewilligung von Umzugskosten an einen BAföG-berechtigten Studenten als Unterkunftsbedarf nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Der Kläger studiert an einer privaten Hochschule und zahlt ein monatliches Ausbildungsgeld von 175,00 EUR. Zur Finanzierung des Studiums hat er ein Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen. Zudem erhält er monatliche Leistungen nach dem BAföG von 465,00 EUR. Der Kläger bewohnte zunächst ein WG-Zimmer. Nach Auflösung der Wohngemeinschaft durch die übrigen Mitbewohner schloss er einen Mietvertrag für eine neue Wohnung ab, nach dem er eine monatliche Miete von 223,10 EUR sowie eine Mietkaution von 334,66 EUR zu erbringen hat. Die Wohnung bezog der Kläger am 2. August 2012. Zuvor hatte der Beklagte die Angemessenheit der Unterkunftskosten bestätigt. Für die laufenden Unterkunftskosten gewährt der Beklagte dem Kläger einen Zuschuss gem. § 27 Abs. 3 SGB II von 91,00 EUR. Am 1. August 2012 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Berufung auf die zuvor erfolgte Zustimmung zum Wohnungswechsel die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 385,00 EUR sowie die darlehensweise Gewährung der Mietkaution von 334,66 EUR als Leistungen nach § 22 SGB II. Mit angefochtenem Bescheid vom 16. August 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Wegen des Bezugs von BAföG sei der Kläger gem. § 7 Abs. 5 und 6 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Ihm stünden nur Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB II zu, die ihm bewilligt worden seien. Diese Vorschrift erfasse aber nicht die begehrten Leistungen für den Umzug in eine neue Wohnung, da diese in § 22 Abs. 6 SGB II geregelt seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Notwendigkeit des Umzugs habe der Beklagte bereits anerkannt. Da es ihm gelungen sei, private Helfer für den Umzug zu gewinnen, seien nur Aufwendungen von 84,99 EUR entstanden, nämlich 44,99 EUR für ein Fahrzeug sowie zweimal eine Helferpauschale von 20,00 EUR. Es sei widersprüchlich, wenn der Beklagte die Notwendigkeit des Umzugs anerkenne, die dadurch entstehenden Kosten aber nicht trage. Mit angefochtenem Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2012 – W 11787/12 – wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Personen, die einer dem Grunde nach BAföG-berechtigenden Ausbildung nachgingen, seien über § 27 SGB II hinaus keine SGB II-Leistungen zu bewilligen. Diese Vorschrift verweise nicht auf den in § 22 SGB II geregelten Anspruch auf die Bewilligung von Umzugskosten und Mietkautionen. Ein Härtefall nach § 27 Abs. 4 SGB II, der zur Bewilligung weiterer Leistungen führe, sei nicht festzustellen, weil keine Umstände vorlägen, die den Kläger ohne die Leistung am zügigen Ausbildungsdurchlauf hinderten oder ihn in eine existenzbedrohende Notlage brächten, die auch nicht durch eine zeitweise Unterbrechung der Ausbildung und Arbeitsaufnahme verhindert werden könne. Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Interesse hinsichtlich der Umzugskosten weiter. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass § 27 Abs. 3 SGB II nur einen Anspruch auf die ungedeckten Unterkunftskosten gewähre. BAföG-Empfänger wie er seien zwar grundsätzlich von SGB II-Leistungen ausgeschlossen, jedoch habe er einen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen angemessenen Unterkunftskosten. § 27 Abs. 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen fasse die möglichen Ansprüche von BAföG-Empfängern zusammen. Die Vorschrift gehe davon aus, dass grundsätzlich kein SGB II-Anspruch bestehe, aber in bestimmten Fällen jedoch Grundsicherungsleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Ausbildung zu erbringen seien. Eine solche besondere, nicht über das BAföG gedeckte Bedarfslage seien die Umzugskosten. Nach Sinn und Zweck von § 7 Abs. 5 SGB II sollten BAföG-Empfänger nicht besser oder schlechter gestellt werden als SGB II-Leistungsberechtigte. Eine solche Schlechterstellung ergäbe sich aber, wenn die Umzugskosten nicht zu berücksichtigen wären. Er habe vor Beginn der Ausbildung ALG II bezogen; wäre er in dieser Situation umgezogen, wären die Umzugskosten zu erstatten gewesen. Die Ausbildung diene auch dazu, ihn künftig zur Bestreitung der Kosten seiner Existenz zu befähigen. Deshalb könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Umzugskosten vor oder während der Ausbildung anfielen. Die Umzugskosten würden rechnerisch auch nicht im System des BAföG enthalten sein; die dort berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten lägen unterhalb derer nach dem SGB II, und das BAföG kenne keine einmaligen Bedarfe. Schließlich seien die Umzugskosten auch nicht ausbildungsbezogen. Daher sei eine erweiternde Auslegung von § 22 Abs. 6 SGB II geboten.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2012 Umzugskosten nach dem SGB II in Höhe von 84,99 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Nach dem Wortlaut von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II sei BAföG-Berechtigte nur ein "Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II)" zu gewähren. Die verwiesene Bestimmung enthalte jedoch nicht die Umzugskosten, die allein in § 22 Abs. 6 SGB II geregelt seien. Das Gericht hat die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört; sie haben ihre Zustimmung erteilt. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls, der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten sowie der unter den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann durch Gerichtsbescheid entscheiden. Der Sachverhalt ist geklärt; die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Beteiligten wurden zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. 2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Umzugskosten. a) Umzugskosten können allein nach § 22 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II als Bedarf anerkannt werden. Diese Vorschrift ist im Fall des Klägers aber nicht anwendbar. Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung – wie im Falle des Klägers – im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. aa) Seinem Wortlaut nach verweist § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht auf § 22 Abs. 6 SGB II, sondern bestimmt nur, dass der Grundsicherungsträger einen Zuschuss zu den "angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II)" leistet. Bereits der Klammerzusatz spricht gegen die Anwendbarkeit von § 22 Abs. 6 SGB II. Wegen dieses Wortlauts geht die Literatur davon aus, dass nur ein Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen zu gewähren ist, ohne dass des für dies Begrenzung sonst erforderlichen Kostensenkungsverfahrens nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II bedürfte (Bernzen, in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 27 Rn. 51). bb) Hinzu tritt eine rechtsmethodische Erwägung. Grundsätzlich sind Auszubildende von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen (§ 7 Abs. 5 SGB II). Die Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II sind Ausnahmetatbestände. Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng, und nicht erweiternd auszulegen (vgl. zur Geltung dieses methodischen Grundsatzes im Sozialrecht etwa BSGE 109, 154 (Rn. 38); LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Mai 2013 – L 18 R 170/12 –, juris (Rn. 34)). Diese Regel gilt zwar nicht allgemein, sondern nur mit Blick auf den Grund, warum der Gesetzgeber eine bestimmte Gruppe von Fällen aus dem Anwendungsbereich der Regelvorschrift herausgenommen hat (BSGE 109, 154 (Rn. 38)). Der Gesetzgeber hat die Auszubildenden aus der Anwendung des SGB II ausgenommen, weil sich deren Lebenssituation von derjenigen der Arbeitssuchenden grundsätzlich unterscheidet. Sie stehen zur Vermittlung in eine vollzeitige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Der Grundsatz des SGB II von Fördern und Fordern (vgl. § 2 SGB II) läuft in ihrer Hinsicht gänzlich ins Leere. Das SGB II aber – wie es der Kläger indirekt tut – auf die Grundsicherungsleistungen zu reduzieren, verkennt seine Bedeutung; es ist kein allgemeines Auffangrecht der Existenzsicherung, das immer dann eingreift, wenn besondere Regelungssysteme mit Existenzsicherungsbezug, wie das BAföG unzweifelhaft eines bildet, tatsächlich oder vorgeblich Lücken aufweist. Zudem geht der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 5 SGB II davon aus, dass die Leistungen des BAföG und des SGB III zur Deckung des Lebens- wie des Ausbildungsbedarfs grundsätzlich auskömmlich sind (Hackethal, in: juris-PK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn. 73); dass die Leistungen zum Teil geringer ausfallen als nach dem SGB II beruht auf den unterschiedlichen Lebenssituation und der Verfügbarkeit weiterer Vergünstigungen für Auszubildende (z.B. Nachlässe bei Eintritts- oder Beförderungsentgelten, günstige Wohnheimplätze und Mensaversorgung). Lediglich für besondere Situationen, die keinen Ausbildungsbezug aufweisen (Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 27 Rn. 18), werden kraft besonderer gesetzlicher Anordnung Leistungen gewährt, die auch Arbeitssuchende in vergleichbaren Situationen erhalten (§ 27 Abs. 2 SGB II). Die Leistungen für die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 27 Abs. 3 SGB II) tragen dabei dem Umstand Rechnung, dass die Leistungen für die Bedarf von Unterkunft und Heizung nach dem BAföG und dem SGB III nur als fixe Pauschalen gewährt werden, die nicht in jedem Fall bedarfsdeckend sind (Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl., § 27 Rn. 24). Angesichts dieser Grundlegung kommt eine erweiternde Auslegung nicht in Betracht. Dass im Rahmen von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II auch § 21 Abs. 7 anwendbar ist, steht dem nicht entgegen, denn jene Vorschrift ist nur eine rein technikbedingte Annexnorm zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (Bernzen, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 27 Rn. 58). cc) Im Rahmen der Leistungen für Auszubildende nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu bewilligen, widerspräche dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Auf diese Weise würde das SGB II entgegen dem Sinn von § 7 Abs. 5 SGB II zu einem weiteren System der Ausbildungsförderung, denn der Bedarf entstünde gerade bei ausbildungsbedingen Ortswechseln und damit im Ausbildungszusammenhang, ggfs. auch mehrfach während der Ausbildung und wäre allein vom Willen des in Ausbildung Befindlichen abhängig, den Ausbildungsort zu wechseln. Das Gesetz differenziert jedoch nicht nach ausbildungsbedingten, i.d.R. überörtlichen und ausbildungsunabhängigen, i.d.R. innerörtlichen Wohnungswechseln. Diese Differenzierung kann auch nicht durch – hier eine Einschränkung der erweiternden – Auslegung eingeführt werden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Student bei einem regelmäßig aufwendigeren ausbildungsbedingten überörtlichen Umzug auf Ausbildungsförderungsleistungen verwiesen werden und damit für den Umzug selbst aufkommen soll, während er für den weniger aufwendigen nicht ausbildungsbedingten Umzug einen Zuschuss nach dem SGB II erhalten soll. dd) Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zuvor die Angemessenheit Aufwendungen für die neue Wohnung bestätigt hat, denn diese Bestätigung steht im Zusammenhang mit den nach § 27 SGB II zu bewilligenden Leistungen. Nach alledem kann dem Auszubildenden kein Zuschuss für die Umzugskosten bewilligt werden. b) Auch die Härtefallklausel des § 7 Abs. 6 SGB II führt nicht zu einer Bewilligung der Umzugskosten. Nach dieser Vorschrift werden Personen Leistungen nach dem SGB II erbracht, die zwar eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung im Sinne des BAföG oder des SGB III absolvieren, aber aus bestimmten Gründen, tatsächlich keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder Berufsausbildungsbeihilfe haben (§ 7 Abs. 6 Nr. 1, 3 SGB II) bzw. nur einen eingeschränkten Anspruch (§ 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II); ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Vorschrift hat jedoch nicht den Zweck, mögliche sachliche Lücken im Leistungssystem der Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III zu schließen. Daher ist die Klage abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
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