Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 P 34/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 45/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fehlen der Voraussetzungen der Pflegestufe II bzw. I
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.05.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung hat.
Der 1938 geborene und bei der Beklagten in der sozialen Pflegeversicherung versicherte Kläger leidet insbesondere an einer schweren Herzerkrankung mit fortgeschrittener koronarer Dreigefäßerkrankung und Koronararteriosklerose, Zustand nach (Z.n.) Vorder- und Hinterwandinfarkten, Z.n. mehrfachen Interventionen am Herzen wie Dreifach-Bypass-Operation (11/2005) und Fünffach-Stent-Implantation 08/2011, zunehmender Herzinsuffizienz mit Belastungsdyspnoe, einer terminalen, dialysebedürftigen Niereninsuffizienz (seit 2000), renaler Hypertonie und Anämie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Schwindel, phasenweisem Kopfschmerz, zunehmender Gangunsicherheit, Z.n. nach cerebralem Insult (01.03.2009) und Prostatakarzinom (Erstdiagnose 10/2001) mit Z.n. antihormoneller Therapie und Strahlentherapie (2004). Seit Februar 2012 ist die Restharnproduktion eingeschränkt, seit September 2012 bestehen Sensibilitätsstörungen beider Beine. Er wohnt in einer Erdgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses. Das Bad ist mit dem Rollstuhl befahrbar und mit WC, Waschbecken und einer Dusche mit ebenerdigen Einstieg ausgestattet.
Die Beklagte hatte zuvor bereits den Antrag des Klägers vom April 2009 auf Pflegegeld mit Bescheid vom 13.10.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2009 abgelehnt, weil nach Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 09.10.2009 kein Hilfebedarf in der Grundpflege bestand.
Mit Schreiben vom 17.12.2010, bei der Beklagten eingegangen am 20.12.2010, stellte der Kläger den streitgegenständlichen Antrag auf Pflegegeld wegen Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II. Sein Hauptproblem sei das Herz, das sich durch die fortwährende Dialyse verschlechtere. Nach schwersten Herzattacken betrage die Herzleistung nur noch ca. 30 %. Einkaufen und Haushaltsführung seien so gut wie unmöglich. Eine Person zur persönlichen Lebensunterstützung stehe bereit, es sei aber finanzielle Hilfe nötig.
Die Beklagte holte ein Gutachten des MDK vom 25.01.2011 ein, das nach Hausbesuch am 24.01.2011 erstellt wurde. Der Kläger gab an, dass er appetitlos, sehr schwach und hilfebedürftig sei, sich nur noch mühsam waschen und ankleiden und den Haushalt nicht mehr bewältigen könne. Funktionelle Einschränkungen der oberen Extremitäten bestanden nicht. Das Gehen und Stehen war selbstständig möglich bei langsamen Gangbild, das Aufstehen mit Festhalten an Möbeln. Der Kläger schilderte Atemnot bei geringer Belastung. Er fahre mit dem Bus dreimal wöchentlich zur Dialyse und kehre mit dem Taxi zurück. Die Gutachterin verneinte einen Grundpflegebedarf bei Hilfebedarf im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Min. täglich.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26.01.2011 ab.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger ein Gutachten des Internisten Dr. E. vom 09.11.2009 vor, das für das Amtsgericht A-Stadt erstellt worden war. Darin wurde dem Kläger eine eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit in einer laufenden Strafsache bescheinigt, so dass nach 60 Minuten Gerichtssitzung eine 30-minütige Verhandlungspause gewährt werden sollte. Aufgrund der schweren Herz- und Gefäßerkrankung bestünde eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit für moderate und mittlere körperliche Belastung; weitgehend beschwerdefrei könne nur eine leichte körperliche Belastung wie Gehen in der Ebene durchgeführt werden. Auf die vorgelegten ärztlichen Unterlagen (z.B. Befunde des Herzkatheter-Labors des Städtischen Krankenhaus F., Kurzarztbrief des Klinikum F. über die Behandlung vom 30.11.-01.12.2010, Bericht der Asklepiosklinik A-Stadt vom 24.07.2010 über Sturz vom Fahrrad mit Hüftprellung, Bescheinigungen von Dr. N. vom 24.11.2010 und 11.08.2011, Arztbrief des Herzzentrums Bad K. über den Aufenthalt vom 09.11. bis 22.11.2005) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 05.02.2011 wies der Kläger darauf hin, dass seine Herzleistung nur noch 25 bis 30 % betrage mit Funktionsstörungen am ganzen Körper. Die Dialyse führe unweigerlich durch Plaquesablagerungen zum Tod und sei die schwerste Form der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2011 zurück. Es bestehe nach dem Gutachten kein Hilfebedarf bei den vom Gesetzgeber definierten Verrichtungen im Bereich der Grundpflege.
Am 29.03.2011 ist bei der Beklagten ein gegen den Widerspruchsbescheid gerichteter "Einspruch" des Klägers vom 13.03.2011 eingegangen. Auf Nachfrage der Beklagten hat der Kläger geantwortet, es solle "Einspruch und Klageschrift" zugleich sein. Diese Antwort ist bei der Beklagten am 06.04.2011 eingegangen, die daraufhin den "Einspruch" gemäß § 91 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Klage mit Schreiben vom 26.04.2011 an das Sozialgericht Augsburg (SG) weitergeleitet hat (Eingang am 28.04.2011). Der Kläger hat ausgeführt, die Beklagte solle sich schämen. Eine schäbige Clique von Ärzten lehne den Fall wegen des Geldes ab. Auf einen Arztfehlerprozess in den Jahren 2000 bis 2004 hat der Kläger hingewiesen.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. N. und Dr. T. eingeholt und die Schwerbehindertenakte des Klägers beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Augsburg (ZBFS) beigezogen. Auf die vorgelegten ärztlichen Unterlagen, insbesondere den Kurzarztbrief des Klinikums F. über den Aufenthalts des Klägers vom 19.07. bis 20.07.2011 (einschließlich Befunde des Herzkatheterlabors) und den Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 10.08.2011, wird Bezug genommen.
In weiteren Schreiben hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, er müsse eine Bypass-Operation mit drei Bypässen verkraften; die 11-jährige Dialyse und fortlaufende Spritzen bei Zahnarztbehandlungen würden ihn ermatten. Oft könne er sich kaum bewegen. Er lebe allein; Hilfe stehe nicht zur Verfügung. Eine Haushaltsführung sei nicht mehr möglich. Er leide unter Luftnot, könne nur noch in der Wohnung "herumschlürfen" und sich kaum mehr selbst versorgen. Nach ca. 20 Meter Laufen leide er an schwerer Atemnot. Ein zweiter Schlaganfall am 01.03.2009 habe Folgen hinterlassen; er habe schwere Fahrradstürze erdulden müssen und laufe nunmehr "wackelig". Im Pflegetagebuch vom 20.09. bis 15.10.2011 hat der Kläger ferner ausgeführt, dass er wegen Gelenkentzündungen nur schwerfällig bzw. schlürfend laufen könne; einkaufen sei so gut wie unmöglich. Für das Reinigen der Wohnung komme eine Hilfe.
Eine erneute Begutachtung durch den MDK, die die Beklagte angeboten hat, hat der Kläger abgelehnt. Daraufhin hat das SG ein Gutachten des Internisten, Rheumatologen, Endokrinologen und Diabetologen Dr. H. eingeholt, das dieser nach Hausbesuch beim Kläger am 24.01.2012 unter dem Datum vom 26.01.2012 erstellt hat. Der Kläger hat dem Gutachter häufigen Harndrang schon bei geringen Harnmengen geschildert. Die Fähigkeit, Wasser zu halten, sei etwas eingeschränkt; statt Vorlagen würde Toilettenpapier verwendet. Ferner hat der Kläger Kurzatmigkeit nach Gehstrecken von 20 bis 50 Metern, Gleichgewichtsstörungen, einen "Linksdrall", immer wieder auftretende "Herzbeklemmungen" sowie wiederkehrende Schmerzen im linken Bein geschildert. Beim Hausbesuch ist der Kläger selbstständig mit etwas Mühe auch aus tiefem Sitz aufgestanden. Gehen im Wohnbereich ist langsam, aber frei und ohne Hilfsmittel möglich gewesen. Höhergradige Einschränkungen von grober Kraft und Feinmotorik haben nach Feststellungen des Sachverständigen nicht bestanden bei mühsamen Nackengriff; Umgang mit Schreibgerät und Besteck ist dem Kläger möglich gewesen. Entzündungszeichen der Gelenke bei endgradiger Einschränkung von Hüft- und Kniegelenksbeweglichkeit hat der Sachverständige nicht feststellen können.
Dr. H. hat Hilfebedarf im Bereich Grundpflege von vier Min. im Tagesdurchschnitt angesetzt (Körperpflege: 2 Min.; Ernährung 0 Min., Mobilität: 2 Min.). Für das Waschen und Abtrocknen sowie Eincremen der Füße sei dreimal wöchentlich Hilfe von je fünf Minuten erforderlich, damit im Tagesdurchschnitt zwei Min. Da das Ankleiden von Socken, Unterhosen und Hosen nur mit Mühe gelinge, sei der Einsatz einer Greifzange oder personelle Hilfe im Umfang von zwei Minuten pro Tag erforderlich. Für den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf hat Dr. H. 15 Minuten / Tag veranschlagt.
Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 26.01.2012 gegen das Auftreten des Gutachters im Rahmen der Begutachtung gewandt. Nicht die Krankheitsakte, sondern das Durchleuchten des Tagesablaufs wie Zähneputzen, Toilettengänge u.v.m. hätten im Vordergrund gestanden. Diese Fragen seien vom Kläger aber im Fragebogen beantwortet worden. Der Kläger hat ein Attest von Dr. N. vom 30.01.2012 vorgelegt worden, wonach der Kläger dreimal wöchentlich ein Dialysezentrum zu Dialysebehandlungen aufsuchen müsse. Die Behandlungen würden jeweils mehrere Stunden dauern. Der Kläger benötige hierzu Hin- und Rückfahrten. Die Rückfahrt könne in der Regel aufgrund von dialysebedingten Komplikationen nicht selbstständig durchgeführt werden. Ein Transport mit Taxi bzw. Krankentransport sei erforderlich. Außerdem müsse der Kläger diätetische Besonderheiten beachten, die mit erhöhtem Aufwand verbunden seien.
Ferner hat der Kläger erklärt, dass das Gutachten wertlos sei, weil es im Auftrag der Pflegekasse und des Sozialgerichts erfolgt sei; es liege deshalb eine "totale Befangenheit" vor. Das SG hat den Befangenheitsantrag nach Einholung einer Stellungnahme des Sachverständigen mit Beschluss vom 19.04.2012 abgelehnt.
Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid des ZBFS vom 23.03.2012 vorgelegt, wonach sein Grad der Behinderung (GdB) weiterhin 100 beträgt und die Voraussetzunge für die Merkzeichen G und B vorliegen. Es stehe ihm zumindest die Pflegestufe II zu.
Die im Schreiben vom 31.03.2012 erhobene Klage auf Schmerzensgeld gegen das SG hat der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2012 zurückgenommen.
Das SG hat nach Ankündigung und Gelegenheit zur Äußerung mit Gerichtsbescheid vom 29.05.2012, dem Kläger zugestellt am 01.06.2012, die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach den vorliegenden Gutachten erreiche der Hilfebedarf des Klägers in der Grundpflege nicht den für Pflegestufe I erforderlichen Umfang von mehr als 45 Minuten täglich. Erst recht seien die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht erfüllt. Die vom Kläger mit Schreiben vom 07.04.2012 geschilderte, seit fünf bis sechs Monaten bestehende Verschlechterung der Beweglichkeit der Arm- und Beingelenke sei bereits im Gutachten von Dr. H. berücksichtigt und führe zu einem Hilfebedarf von vier Minuten in der Grundpflege. Soweit für die Hin- und Rückfahrt des Klägers von der Dialyse Begleitung erforderlich sei, seien als Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung angesichts der einfachen Fahrzeit von ca. acht Minuten nur 48 Minuten pro Woche und damit sieben Minuten pro Tag anzusetzen. Das SG habe zwar Verständnis für die gesundheitlich schlechte Situation des Klägers; eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGG XI könne aber nur eingeräumt werden, wenn im Rahmen der im Gesetz genau bezeichneten Verrichtungen im Tagesablauf Hilfebedarf besteht und dieser Hilfebedarf in der Grundpflege mindestens 46 Minuten betrage. Allein eine umfangreiche Krankenakte und gravierende Diagnosen wie beim Kläger könnten hingegen nicht zu einer Einstufung in eine Pflegestufe führen.
Dagegen hat der Kläger am 11.06.2012 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Die 45-Minuten-Regelung sei menschenunwürdig. Er erwäge, dieses Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzuprangern. Ein Dialysepatient habe die höchste Krankheitsstufe zuerkannt bekommen. Die schweren Schlaganfälle, das Herzgutachten und die Operationen seien nicht berücksichtigt worden. Mit 20 % Herzleistung könne man keine Bewegungsabläufe darstellen. Er habe keine Kraft, benötige dringend Hilfe. Außerdem habe das "Wasserlassen" aufgehört; ca. 4-5 Liter Wasser müssten deshalb besonders bei der Montagsdialyse herausgefiltert werden. Dies belaste das Herz. Er könne sich nicht bewegen und komme nachts nicht aus dem Bett. Die zynische Sparpolitik der Pflegekasse sei unerträglich. Der Transport zur Dialyse und zurück erfolge seit Jahren mit dem Taxi, wobei der Taxifahrer ihn bei Bedarf mit dem Rollstuhl bis an das Krankenbett fahre. Der Transport werde von der Krankenkasse gezahlt. Die Gleichgewichtsstörungen hätten zugenommen. Er sehe häufig verschwommen. Wegen starker Gelenkschmerzen könne er nachts kaum aufstehen.
Mit weiteren Schreiben teilte der Kläger mit, er leide seit 12-13 Monaten an einer sehr schmerzhaften Gürtelrose, die im Zusammenhang mit den Machenschaften der Pflegekasse stehe. Unverhofft bekomme er Schwindelanfälle und müsse sich unverzüglich setzen. Niemand helfe ihm, weil er allein lebe. Am 20.08.2012 habe er nach eine Zahnarztbehandlung versucht, die steile Anfahrt zum L. Krankenhaus zu begehen und sei zusammengebrochen.
Im Attest von Dr. N. vom 05.08.2011 für das Amtsgericht K. wird aufgrund der Schwere der Vorerkrankungen mit Einschränkung der Herzleistung, des allgemeinen alterbedingtem Abbaus mit deutlich respiratorisch bedingter Bewegungseinschränkung eine Haftfähigkeit des Klägers verneint.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.09.2012 darauf hingewiesen, dass seine Beine plötzlich gefühllos sind, so dass er sich schnell hinsetzen müsse, um nicht hinzufallen. Er müsse täglich viel Chemie "fressen".
Das LSG hat Befundberichte von Dr. C. (einmalige Vorstellung am 31.07.2012) und Dr. N. vom 03.12.2012 eingeholt und die Schwerbehindertenakten des Klägers beigezogen. Dr. N. hat u.a. ausgeführt, dass die Befunde und Symptomatik des Klägers auf niedrigem Niveau stabil seien. Die Restausscheidung sei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Das schaffe Probleme, insbesondere im Hinblick auf die Trinkmengenbegrenzung; ansonsten seien keine wesentlichen Veränderungen aufgetreten. Wegen arthrotischer Veränderungen der Hüfte sei der Kläger geröntgt worden. Auf die beigefügten Unterlagen (u.a. Schreiben des Universitätsklinikum M. vom 15.10.2012, Arztbrief Dr. G., C., H. vom 05.07.2012) wird verwiesen.
Auf Nachfrage des LSG, ob der Kläger zu einer Begutachtung durch einen vom LSG beauftragten Sachverständigen im Wege des Hausbesuchs einverstanden ist, hat der Kläger zunächst mitgeteilt, dass er eine erneute Begutachtung ablehne. Mit Schreiben vom 11.02.2013 hat das LSG darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung wegen der Ablehnung einer Begutachtung nur nach Aktenlage erfolgen könne und dass für die Leistungen der Pflegeversicherung nicht allein der Gesundheitszustand, sondern vor allem die Auswirkung auf die eigenständigen Verrichtungen im Bereich Körperpflege, Ernährung und Mobilität von Bedeutung seien. Sofern nicht bis 18.02.2013 Einverständnis mit einer Begutachtung mitgeteilt werde, werde in einer der nächsten Sitzungen über die Berufung entschieden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 28.02.2013 vorgetragen, er benötige für 30 Meter Fußweg zur Bushaltestelle ca. 20 Minuten, könne Schuhe nur unter erschwerten Umständen anziehen, kaum noch laufen und bekomme Schmerzen in der Brust. Die Wohnung könne er nicht mehr in Ordnung halten. Auf den übersandten vorläufigen Entlassbericht des Universitätsklinikums M. vom 22.02.2013 über den Aufenthalt vom 19.02. bis 23.02.2013 wird verwiesen.
Am Tag der mündlichen Verhandlung vom 13.3.2013 ist beim LSG ein Fax des Klägers eingegangen, mit dem er die Untersuchung seines kompletten Gesundheitszustandes durch einen Vertrauensarzt oder Gerichtsarzt begehrt hat. Daraufhin hat der Senat die mündliche Verhandlung vertagt und den Sachverständigen Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Untersuchung des Klägers im Wege des Hausbesuchs beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.04.2013 ausgeführt, dass verschiedene Personen hauswirtschaftliche Arbeiten wie Waschen, Spülen, Abtrocknen, Aufräumen und Gießen der Pflanzen übernähmen. Das Einkaufen gelinge dem Kläger meist mit dem Taxi bei Rückfahrt von der Dialyse noch selbstständig. Ein ambulanter Pflegedienst sei nicht eingebunden. Der Sachverständige hat den Grundpflegebedarf auf 23 Min. /Tag geschätzt (Körperpflege 8 Min.; Mobilität 15 Min./Tag). Im Bereich der Körperpflege falle Hilfebedarf bei der Teilwäsche Unterkörper, beim Duschen, Ankleiden gesamt, Entkleiden gesamt und Stehen (Transfer) an.
Seit Mitte 2012 sei mit acht statt vorher drei Minuten eine höherer Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung anzusetzen. Der Kläger benötige auf dem Weg zum und vom Taxi für die Fahrten zur Dialyse sowie beim Ein- und Aussteigen begleitende Hilfe beim Gehen bzw. alternativ müsse er im Rollstuhl geschoben werden. Dabei sei angesichts der Verschlechterung der Restharnproduktion, die im Februar 2012 zum Erliegen gekommen sei, der Hilfebedarf wegen plausibler zunehmender körperlicher Schwäche und schneller Erschöpfbarkeit gestiegen. Zum Teil sei ein Sollbedarf berücksichtigt worden, da der Kläger angegeben habe, sonst mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Fremdhilfe zu fahren. Schwierigkeiten bestünden beim Zuknöpfen des Hemdes, beim Einschlüpfen in die Jeanshose, beim Anlegen von Socken und Schuhen; das Bücken gelinge mit Mühe. Deswegen benötige der Kläger teilweise Hilfe beim An- und Ausziehen. Ferner benötige er je nach Tagesverfassung Unterstützung bei Transfers wie beim Aufstehen. Bei der Untersuchung hat der Kläger selbstständig mit Abstützen vom Sofa aufstehen und mit Anhalten an Gegenständen oder Stühlen, kürzere Strecken auch freihändig gehen können. Ein Rollator habe zur Verfügung gestanden.
Der Faustschluss und der Nackengriff seien beidseits vollständig möglich gewesen, das Bücken im Sitzen sei dem Kläger nur mit Mühe möglich gewesen. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Waschen und Duschen bestehe Hilfebedarf im Wesentlichen für die unteren Extremitäten, u.a. für die Teilwäsche des Unterkörpers an den Tagen, an denen nicht geduscht werde.
Die Voraussetzungen für Pflegestufe I seien im gesamten Zeitraum nicht erfüllt; eine eingeschränkte Alltagskompetenz gemäß § 45 a des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestehe nicht.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 14.04.2013 Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Dr. D. gestellt wegen Eigensucht, falscher Fragstellungen und enormer Überheblichkeit. Richtig wäre es gewesen, 90 % der Besprechung seinen schweren innerlichen Krankheiten zu widmen. Dr. D. sei nicht einmal von der Haustür des Klägers die ca. 30 m zur Bushaltestelle gelaufen, schon dort hätte er die gesundheitliche Misere des Klägers feststellen können. Er bekomme keine Luft; das Herz pumpe zu wenig Sauerstoff zum Kopf. Im letzten Entlassungsbericht von der Herzklinik Bad K. sei über den erschreckenden Zustand seines Herzens berichtet worden; darin sei über den Antrag bei der Pflegeversicherung gesprochen worden. Er benötige dringend Hilfe.
Mit weiteren Schreiben vom 25.04.2013 und 12.05.2013 hat sich der Kläger gegen die "Seriosität des Gutachtens" gewandt und weitere Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Mit Schreiben vom 22.5.2013 hat der Kläger einen Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 15.05.2013 übersandt und dringenden Hilfebedarf geschildert.
Dr. D. hat in seiner Stellungnahme vom 27.05.2013 ausgeführt, dass er den Arztbrief des Herzzentrums vom 25.03.2013 zitiert und berücksichtigt habe. Der Schwerpunkt der Begutachtung habe auf der Ermittlung des Hilfebedarfs in der Grundpflege - Körperpflege, Ernährung und Mobilität - gelegen. Es sei unzutreffend, dass keine körperlichen Untersuchungen stattgefunden hätten. Abgestellt worden sei auf pflegerelevante Befundungen wie die Funktion von Händen und Armen, das Geh- und Bückvermögen, das Aufstehen, das Sehvermögen und die orientierende körperliche Belastbarkeit. Weitere körperliche oder psychopathologischen Untersuchungen seien im Rahmen des Pflegegutachtens nicht geboten gewesen. Ob der Kläger zur Bushaltestelle laufen könne, sei unerheblich, weil dies nicht mit Tätigkeiten der Grundpflege verknüpft sei. Der Hilfebedarf für die Dialysefahrten sei im Gutachten berücksichtigt worden; diese erfolgten mit dem Taxi und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dass der Begriff Pflegebedürftigkeit 14-mal auftauche, könne keine Pflegebedürftigkeit begründen, da sich im Gutachten die klare Aussage finde, dass Pflegebedürftigkeit nicht vorliegt. Sofern Nebenwirkungen zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder gar Geistesfunktion führten, sei die funktionelle Einschränkung bei Erhebung des Hilfebedarfs im Tagesablauf ohnehin erfasst. Der Sachverständig habe lediglich die Verdachtsdiagnose einer leichtgradigen Schwerhörigkeit geäußert, weil der Kläger manchmal habe nachfragen müssen. Kochen sei der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen; im Bereich Ernährung sei nur Hilfebedarf bei mundgerechter Zubereitung und Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung zu berücksichtigen. Im Bericht von Bad K. sei nur Antragstellung auf Zuerkennung einer Pflegestufe genannt, aber nicht festgestellt worden, dass eine Pflegestufe vorliegt. Darüber hinaus würde die Postulierung einer Pflegestufe nicht ausreichen, ohne dass eine Begutachtung nach qualitätsgesicherten Maßstäben unter Berücksichtigung der Begutachtungsrichtlinien stattgefunden habe.
Es folgten weitere Schreiben des Klägers mit Einwendungen gegen den Sachverständigen bzw. das Gutachten und Schilderungen seiner gesundheitlichen Situation. Er hat u.a. ausgeführt, dass sich sein Shunt-Arm aufblähe; er könne platzen, ein Verbluten wäre unweigerlich. Dadurch könne er so gut wie überhaupt nicht laufen und müsse nach ein paar Metern stehen bleiben. Sein Haushalt sei zusammengebrochen.
Das LSG hat den Befangenheitsantrag des Klägers gegen Dr. D. mit Beschluss vom 02.09.2013 als unbegründet abgelehnt und eine ergänzende Stellungnahme von diesem eingeholt, ob angesichts der weiteren Schreiben des Klägers und der Probleme mit dem Shuntarm eine Änderung der gutachterlichen Einschätzung der Pflegebedürftigkeit oder eine ergänzende Untersuchung erforderlich seien. Dieser hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2013 ausgeführt, dass eine abweichende Einschätzung des Pflegebedarf oder weitere ergänzende Untersuchungen nicht erforderlich seien, da keine Änderung des pflegerelevanten Sachverhaltes auf Dauer nach seiner Untersuchung vom 11.04.2013 anzunehmen sei.
Eine dauerhafte Dialyse viermal pro Woche über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus sei nicht ersichtlich. Angesichts der im Arztbrief des Universitätsherzzentums Bad K. im Arztbrief vom 15.05.2013 beschriebenen akuten kardialen Dekompensation bei Herzinsuffizienz infolge koronarer 3-Gefäßerkrankung sei für einige Tage eine höherer Hilfebedarf in der Grundpflege anzunehmen. Von einem dauerhaft erhöhten Hilfebedarf sei nach erfolgter Therapie nicht auszugehen. Ein einmaliger Sturz oder gelegentliche Stürze wegen dekompensierter Herzinsuffizienz über einige Tage führten nicht zu einem anrechenbaren grundpflegerischen Hilfebedarf. In Anbetracht der Auftreibungen des Shuntarms sei anzunehmen, das entweder eine operative Revision des Shunts in absehbarer Zeit erforderlich werden könnte oder eine komplette Neuanlage. Eine Änderung seitens der Dialysehäufigkeit, des Gesundheitszustandes und der daraus erwachsenden Leistungsfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit sei allein aus der Shunt-Thrombose nicht zu erwarten.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 21.09.2013 den Beschluss vom 03.09.2013 die Ausführten von Dr. D. über den Shuntarm zurückgewiesen und Einwendungen vorgebracht. Mit diesem Schreiben und Schreiben vom 29.09.2013 hat er ausgeführt, er sei in seiner Wohnung gestürzt. Das L. Krankenhaus habe einen Eilantrag an die Pflegekasse gesendet, die Sozialstation A-Stadt habe einen Antrag an die Pflegekasse geschickt zur Bestätigung einer Pflegestufe. Der Kläger hat eine Bestätigung der B. in B-Stadt vorgelegt, wonach er vom 03.09. bis 19.09.2013 zur Kurzzeitpflege aufgenommen worden war.
Die Beklagte hat einen Neuantrag des Klägers vom 04.09.2013 übersandt und beantragt, diesen zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Eine zusätzliche rechtsbehelfsfähige Entscheidung sei weder beabsichtigt noch erforderlich. Mit dem beigefügten Antrag, unterschrieben am 22.09.2013, begehrt der Kläger häusliche Pflegehilfe als Sachleistung für den Sozialen Pflegedienst A-Stadt sowie anteiliges Pflegegeld. Eine Pflegeperson sei derzeit nicht vorhanden.
Das LSG hat die B. telefonisch und per Fax um Übersendung der Pflegedokumentation und Mitteilung des Hilfebedarfs des Klägers gebeten. Die Pflegedienstleiterin Frau J. teilte mit, dass der Kläger im Bereich Grundpflege z.T. notwendige Hilfen durch das Pflegepersonal nicht zugelassen bzw. in Anspruch genommen habe, z.B. bei der Intimpflege. Die Aufnahme sei auf Anregung der Sozialstation A-Stadt erfolgt, weil der Kläger auf dem Boden liegend aufgefunden worden war.
Mit Fax vom 02.10.2013 hat Frau J. mitgeteilt, dass der Kläger einmal täglich Anleitung und Unterstützung bei der Teilwäsche des Oberkörpers im Umfang von 5 Min., Unterstützung bei der Teilwäsche des Unterkörpers täglich im Umfang von 5 Min., und Unterstützung zweimal wöchentlich beim Duschen in Form von Vor- und Nachbereitung von 20 Min. benötigt habe. Ansonsten habe der Kläger im Bereich Körperpflege keine Hilfe in Anspruch genommen. Im Bereich Mobilität habe der Kläger nur nach der Dialyse Hilfe in Anspruch genommen und sei ca. 5 Min. mit Rollstuhl mobilisiert worden. Hilfe beim Ankleiden habe er nicht in Anspruch genommen.
Laut Pflegedokumentation hat der Kläger bei Aufnahme über Gleichgewichtsstörungen geklagt. Während kurze Strecken im Zimmer gut gingen, sei er bei längeren auf Mobilisierung angewiesen. Für das An- und Auskleiden sowie Duschen (3 x wöchentlich) benötige er Hilfe. Nach Dialyse am 04.09. sei er "wackelig" gewesen und habe mobilisiert werden müssen. Am 11.09. ist ausgeführt, er sei mobiler und traue sich wieder mehr zu. Geleistete Hilfen bei Teilwäschen im Bereich Rücken, Hände/ Gesicht sowie in Form der Beaufsichtigung im Bereich Zahnpflege und Kämmen sind nicht täglich erfolgt. Regelmäßige Hilfe beim An- und Ausziehen wird nicht genannt.
In der mündlichen Verhandlung am 07.10.2013 hat die Beklagte mitgeteilt, dass im Rahmen des Neuantrags vom 04.09.2013 eine Begutachtung durch den MDK durchgeführt worden sei; eine Pflegestufe habe sich danach nicht ergeben. Der Antrag sei bislang noch nicht verbeschieden. Auf die Niederschrift der Sitzung wird verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab Antragstellung Leistungen der Pflegestufe II, hilfsweise der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Beklagten- und Schwerbehindertenakten sowie die Akte des SG und LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Die Klage wurde zwar zulässig eingelegt. Insbesondere gilt die Klagefrist gemäß § 91 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als gewahrt, weil innerhalb der Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides bei der Beklagten als Sozialversicherungsträger am 06.04.2011 mit dem klarstellenden Schreiben des Klägers in Verbindung mit dem Schreiben vom 13.03.2011 eine Klageschrift vorlag und diese an das SG weitergeleitet worden war.
Nicht Streitgegenstand ist der Neuantrag des Klägers vom 04.09.2013, zumal über diesen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch kein Verwaltungsakt der Beklagten erlassen wurde.
Die statthafte Anfechtungs- und Leistungsklage ist jedoch unbegründet. Denn ein Anspruch des Klägers auf Leistungen wegen häuslicher Pflege in Form von Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI oder Pflegesachleistung gemäß § 36 SGB XI ist nicht nachgewiesen. Es liegen (derzeit) nicht einmal die Voraussetzungen der Pflegestufe I gemäß dem als Hilfsantrag auszulegenden Klagebegehren vor.
Auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG Augsburg zu den Voraussetzungen für Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung gemäß SGB XI wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. So erhalten Leistungen bei häuslicher Pflege in Form von Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI oder Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI nur Pflegebedürftige, soweit mindestens Pflegestufe I vorliegt.
Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I Personen die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
Dabei muss der Zeitaufwand für eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege für die Pflegestufe I wöchentlich im Tagesdurchschnitt mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen. Unter Grundpflege ist die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität i.S.v. § 14 Abs 4 Nr. 1 - 3 SGB XI zu verstehen, unter hauswirtschaftlicher Versorgung Verrichtungen gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI. Nach § 14 Abs 3 SGB XI kann die Hilfe in der vollständigen oder teilweisen Übernahme der Verrichtungen durch die Pflegeperson, in der Unterstützung sowie in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Durchführung der Verrichtungen durch den Pflegebedürftigen bestehen.
Zutreffend hat das SG dargelegt, dass die Schwere der Erkrankungen nur dann zu einer Einstufung in eine Pflegestufe führen kann, wenn diese Erkrankungen einen Hilfebedarf für die im Gesetz genannten Verrichtungen der Grundpflege von mindestens 46 Minuten im Tagesdurchschnitt zur Folge haben. Soweit der Kläger auf Bundestagsdebatten über eine beabsichtigte Änderung der rechtlichen Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB XI hingewiesen hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Reformüberlegungen bisher nicht geltendes Rechts geworden sind.
Der Senat vermag sich nach Beweiswürdigung der vorliegenden Unterlagen und Gutachten auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger Grundpflegebedarf im Umfang von mindestens 46 Minuten im Tagesdurchschnitt hat, auch wenn dieser zweifellos an einer Vielzahl schwerer Erkrankungen leidet, insbesondere die dialysepflichtige Niereninsuffizienz und die schwere Herzkrankheit mit Gefäßerkrankungen.
Der Sachverständige Dr. D. hat den Grundpflegebedarf aufgrund seiner Untersuchung am 11.04.2013 schlüssig und überzeugend auf 23 Min. /Tag geschätzt, für Körperpflege 8 Min. und für Mobilität 15 Min./Tag, Er hat dabei im Einzelnen Hilfen für die Teilwäsche Unterkörper von drei Minuten täglich, für das Duschen von fünf Minuten, für das An- und Entkleiden gesamt sechs Minuten und für Stehen eine Minute täglich angesetzt. Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wurde von ihm mit dreimal wöchentlich seit Mitte 2012 mit acht Minuten, vorher mit drei Minuten täglich berücksichtigt.
Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. D. und Dr. H. von niemandem im Bereich der Körperpflege oder beim An- und Ausziehen im häuslichen Bereich unterstützt wird, setzt der Senat auch insoweit in Übereinstimmung mit Dr. D. einen Sollhilfebedarf an.
Dass der Kläger Hilfebedarf im Bereich des An- und Entkleidens hat, ist angesichts der geschilderten Schwierigkeiten beim Zuknöpfen des Hemdes, beim Einschlüpfen in die Jeanshose, beim Anlegen von Socken und Schuhen wegen des mühsamen Bückens schlüssig und überzeugend. Für diese Teilhilfen erscheint der angesetzte Hilfebedarf von 6 Min./pro Tag für Hilfe beim An- und Entkleiden ausreichend. Höhergradige Einschränkungen von grober Kraft und Feinmotorik oder wesentliche Beeinträchtigungen durch Gelenkentzündungen oder die vom Kläger angegebenen "Lähmungen" der Arm- und Beingelenke haben die Sachverständigen nicht feststellen können, auch wenn der Nackengriff etwas mühsam und die Beweglichkeit von Hüft- und Kniegelenken teilweise eingeschränkt war mit unvollständigem bzw. mühsamen Bücken. Es ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Kurzzeitpflege im September 2013 ausweislich der Unterlagen beim An- und Entkleiden keine regelmäßige Hilfe in Anspruch genommen wurde.
Ferner ist der Hilfebedarf beim Duschen und beim Waschen des Unterkörpers an den Tagen, an denen nicht geduscht wird, in Form von Teilübernahme nachvollziehbar. Allerdings kann der Kläger einen Großteil seines Körpers noch selbst waschen, so dass sich der Hilfebedarf auf Rücken, Unterkörper (Unterleib, Beine und Füße) beschränkt. Der Ansatz von etwa 5 Min. für die Teilwäsche des Unterkörpers erscheint ausreichend und angemessen und entspricht dem zeitlichen Ansatz der Seniorenresidenz in der Kurzzeitpflege.
Für die Hilfe beim Duschen in Form von Vor- und Nachbereitung sowie Teilübernahme erscheint der von der Seniorenresidenz gewählte Ansatz von 20 Min. pro Vorgang zu hoch, zumal nach den Orientierungswerten der Begutachtungsrichtlinien für eine volle Übernahme des Duschens ein Zeitrahmen von 15-20 Minuten vorgesehen ist. Vielmehr erscheint dem Senat der Ansatz des Dr. D. von 11-12 Min. für die Teilhilfen beim Duschen pro Duschvorgang einschließlich (nicht erfolgter) Teilübernahme ausreichend und angemessen.
Auch die von der Seniorenresidenz angesetzten 5 Min. für die Teilwäsche des Oberkörpers - nämlich des Rückens - erscheinen dem Senat zu hoch; außerdem ist ein täglicher Bedarf auch an Tagen, an denen geduscht wird, nicht ersichtlich. Allerdings würde selbst bei Ansatz eines um fünf Minuten höheren Grundpflegebedarfs im Bereich der Körperpflege noch nicht das Ausmaß der Pflegestufe I erreicht.
Zutreffend hat Dr. D. berücksichtigt, dass der Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ab Mitte 2012 gestiegen ist, weil angesichts der Verschlechterung der Restharnproduktion eine zunehmende körperliche Schwäche und schnellere Erschöpfbarkeit plausibel ist. Dr. D. hat zum Teil einen Sollbedarf berücksichtigt, denn der Kläger hat ansonsten Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne Fremdhilfe geschildert. Dem Senat erscheint nachvollziehbar, dass der Kläger nunmehr für den Transfer zur Dialyse, der teilweise mit dem Rollstuhl von der Dialysepraxis zum Taxi und vom Taxi zum Haus erfolgt, einen Hilfebedarf von 8 Min. im Tagesdurchschnitt hat. Die Fahrt selbst kann der Kläger mit dem Taxi selbstständig zurücklegen; eine Begleitung ist insoweit nicht erforderlich. Auch ist nach Auskunft von Dr. N. während der fünfstündigen Dialyse die Anwesenheit einer Begleitperson nicht notwendig.
Soweit der Kläger Einschränkungen beim Gehen außerhalb des häuslichen Bereichs beim Einkaufen geltend macht, ist dies der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen und nicht dem Grundpflegebedarf.
Dr. D. hat ferner schlüssig dargelegt, dass angesichts zunehmender körperlicher Schwäche je nach Tagesverfassung Unterstützung bei Transfers wie beim Aufstehen erforderlich ist, den er mit durchschnittlich 1 Min./Tag angesetzt hat. Das erscheint plausibel, da nach den vorliegenden Gutachten bei den Untersuchungen durch Dr. H. und Dr. D. dem Kläger das Aufstehen aus Sitzen und Liegen mit Festhalten an den Möbeln sowie das Gehen und Stehen innerhalb der Wohnung noch selbstständig möglich war, trotz des beklagten "Linksdralls" und Gleichgewichtsstörungen, auch wenn das Gangbild langsam und - wie der Kläger beschreibt - schlurfend war. Soweit der Kläger selbst über schwere Atemnot bzw. Kurzatmigkeit nach 20-50 Metern bzw. im April 2013 bereits bei 30 Metern beim Gang zur Bushaltestelle geklagt hatte, spricht dies dafür, dass er kurze Wege innerhalb der Wohnung - ggf. mit kurzen Unterbrechungen oder mit Gehhilfen wie dem Rollator - regelmäßig noch selbstständig zurücklegen kann.
Soweit der Kläger auf zwei bis drei Stürze in den letzten Monaten hingewiesen hat, nämlich ein Sturz im Garten am 08.06.2013, ein Sturz vor Aufnahme zur Kurzzeitpflege am 03.09.2013 und ein Sturz zu einem nicht genau genanntem Zeitpunkt im Krankenhaus A-Stadt, hat Dr. D. in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass gelegentliche Stürze wegen Schwindelanfällen, wegen dekompensierter Herzinsuffizienz über einige Tage oder durch einen grippalen Infekt noch nicht zu einem regelmäßigen und dauerhaften Grundpflegebedarf im Sinne einer Begleitung beim Gehen führen. Auch in der Pflegedokumentation der Seniorenresidenz ist kein regelmäßiger Hilfebedarf des Klägers beim Gehen genannt; vielmehr hat der Kläger danach kürzere Strecken selbstständig bewältigt und ist z.B. selbstständig zur Toilette gegangen.
Lediglich nach Durchführung der Dialyse wurde vom Pflegepersonal eine Unsicherheit des Klägers wahrgenommen, so dass eine Mobilisierung im zeitlichen Umfang von ca. 5 Min. erforderlich war. Nach der BSG-Rechtsprechung kann ausgehend vom Gesetzeszweck des SGB XI das Gehen, Stehen und Treppensteigen bei der Bemessung des Zeitaufwands für die notwendige Pflege nur insoweit berücksichtigt werden, als diese Verrichtungen im Zusammenhang mit den anderen in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen im häuslichen Bereich erforderlich werden (vgl. BSG vom 29.04.1999 - B 3 P 7/98 R - Juris RdNr. 21; BSG vom 10.10.2000 - B 3 P 15/99 R - Juris). Soweit die Mobilisierung im Rahmen verrichtungsbezogenen Gehens im Zusammenhang mit einer Verrichtung der Grundpflege erfolgte, ist ein entsprechender Hilfebedarf danach zwar zu berücksichtigen. Auch dann würde aber kein Grundpflegebedarf in Höhe von mind. 46 Min. im Tagesdurchschnitt erreicht, weil sich der Grundpflegebedarf nur um 2 Min./Tag erhöhen würde (3 x 5 Min.= 15, geteilt durch 7 Tage = ca. 2 Min./Tag).
Der Sachverständige Dr. D. hat mit Blick auf die nach seinem Hausbesuch erfolgten Untersuchungen des Klägers und dessen eingegangener Schreiben überzeugend dargelegt, dass angesichts der im Arztbrief des Universitätsherzzentrums Bad K. vom 15.05.2013 beschriebenen akuten kardialen Dekompensation bei Herzinsuffizienz infolge koronarer 3-Gefäßerkrankung zwar für einige Tage ein höherer Hilfebedarf in der Grundpflege anzunehmen sei, aber nach erfolgter Therapie kein dauerhaft erhöhter Grundpflegebedarf besteht. Gemäß § 14 Abs. 1 SGB XI setzt Pflegebedürftigkeit aber voraus, dass der Hilfebedarf auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße im Sinne von § 15 SGB XI besteht.
Auch aus den aktuellen Problemen des Shuntarms ergibt sich kein dauerhaft erhöhter Grundpflegebedarf, wie Dr. D. schlüssig ausgeführt hat. Denn angesichts der Auftreibungen des Shuntarms ist eine operative Maßnahme (evtl. in Form einer Neuanlage) in absehbarer Zeit anzunehmen, ohne dass daraus aber eine Änderung seitens der Dialysehäufigkeit, des Gesundheitszustandes und der daraus erwachsenden Leistungsfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit zu erwarten ist.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere eine nochmalige Untersuchung des Klägers im Wege des Hausbesuchs, hält der Senat nicht für erforderlich. Insbesondere lassen sich keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung bzw. eine Erhöhung des Grundpflegebedarfs aus den Unterlagen der Seniorenresidenz anlässlich der Kurzzeitpflege im September 2013 entnehmen.
Vor diesem Hintergrund lässt sich ein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten pro Tag in der Grundpflege nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) nicht hinreichend objektivieren. Erst recht liegen damit nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe II gemäß 15 Abs.1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI vor. Die objektive Beweislast für eine entsprechende Pflegebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch trägt nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Kläger, der sich darauf beruft.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung hat.
Der 1938 geborene und bei der Beklagten in der sozialen Pflegeversicherung versicherte Kläger leidet insbesondere an einer schweren Herzerkrankung mit fortgeschrittener koronarer Dreigefäßerkrankung und Koronararteriosklerose, Zustand nach (Z.n.) Vorder- und Hinterwandinfarkten, Z.n. mehrfachen Interventionen am Herzen wie Dreifach-Bypass-Operation (11/2005) und Fünffach-Stent-Implantation 08/2011, zunehmender Herzinsuffizienz mit Belastungsdyspnoe, einer terminalen, dialysebedürftigen Niereninsuffizienz (seit 2000), renaler Hypertonie und Anämie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Schwindel, phasenweisem Kopfschmerz, zunehmender Gangunsicherheit, Z.n. nach cerebralem Insult (01.03.2009) und Prostatakarzinom (Erstdiagnose 10/2001) mit Z.n. antihormoneller Therapie und Strahlentherapie (2004). Seit Februar 2012 ist die Restharnproduktion eingeschränkt, seit September 2012 bestehen Sensibilitätsstörungen beider Beine. Er wohnt in einer Erdgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses. Das Bad ist mit dem Rollstuhl befahrbar und mit WC, Waschbecken und einer Dusche mit ebenerdigen Einstieg ausgestattet.
Die Beklagte hatte zuvor bereits den Antrag des Klägers vom April 2009 auf Pflegegeld mit Bescheid vom 13.10.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2009 abgelehnt, weil nach Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 09.10.2009 kein Hilfebedarf in der Grundpflege bestand.
Mit Schreiben vom 17.12.2010, bei der Beklagten eingegangen am 20.12.2010, stellte der Kläger den streitgegenständlichen Antrag auf Pflegegeld wegen Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II. Sein Hauptproblem sei das Herz, das sich durch die fortwährende Dialyse verschlechtere. Nach schwersten Herzattacken betrage die Herzleistung nur noch ca. 30 %. Einkaufen und Haushaltsführung seien so gut wie unmöglich. Eine Person zur persönlichen Lebensunterstützung stehe bereit, es sei aber finanzielle Hilfe nötig.
Die Beklagte holte ein Gutachten des MDK vom 25.01.2011 ein, das nach Hausbesuch am 24.01.2011 erstellt wurde. Der Kläger gab an, dass er appetitlos, sehr schwach und hilfebedürftig sei, sich nur noch mühsam waschen und ankleiden und den Haushalt nicht mehr bewältigen könne. Funktionelle Einschränkungen der oberen Extremitäten bestanden nicht. Das Gehen und Stehen war selbstständig möglich bei langsamen Gangbild, das Aufstehen mit Festhalten an Möbeln. Der Kläger schilderte Atemnot bei geringer Belastung. Er fahre mit dem Bus dreimal wöchentlich zur Dialyse und kehre mit dem Taxi zurück. Die Gutachterin verneinte einen Grundpflegebedarf bei Hilfebedarf im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Min. täglich.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26.01.2011 ab.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte der Kläger ein Gutachten des Internisten Dr. E. vom 09.11.2009 vor, das für das Amtsgericht A-Stadt erstellt worden war. Darin wurde dem Kläger eine eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit in einer laufenden Strafsache bescheinigt, so dass nach 60 Minuten Gerichtssitzung eine 30-minütige Verhandlungspause gewährt werden sollte. Aufgrund der schweren Herz- und Gefäßerkrankung bestünde eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit für moderate und mittlere körperliche Belastung; weitgehend beschwerdefrei könne nur eine leichte körperliche Belastung wie Gehen in der Ebene durchgeführt werden. Auf die vorgelegten ärztlichen Unterlagen (z.B. Befunde des Herzkatheter-Labors des Städtischen Krankenhaus F., Kurzarztbrief des Klinikum F. über die Behandlung vom 30.11.-01.12.2010, Bericht der Asklepiosklinik A-Stadt vom 24.07.2010 über Sturz vom Fahrrad mit Hüftprellung, Bescheinigungen von Dr. N. vom 24.11.2010 und 11.08.2011, Arztbrief des Herzzentrums Bad K. über den Aufenthalt vom 09.11. bis 22.11.2005) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 05.02.2011 wies der Kläger darauf hin, dass seine Herzleistung nur noch 25 bis 30 % betrage mit Funktionsstörungen am ganzen Körper. Die Dialyse führe unweigerlich durch Plaquesablagerungen zum Tod und sei die schwerste Form der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2011 zurück. Es bestehe nach dem Gutachten kein Hilfebedarf bei den vom Gesetzgeber definierten Verrichtungen im Bereich der Grundpflege.
Am 29.03.2011 ist bei der Beklagten ein gegen den Widerspruchsbescheid gerichteter "Einspruch" des Klägers vom 13.03.2011 eingegangen. Auf Nachfrage der Beklagten hat der Kläger geantwortet, es solle "Einspruch und Klageschrift" zugleich sein. Diese Antwort ist bei der Beklagten am 06.04.2011 eingegangen, die daraufhin den "Einspruch" gemäß § 91 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Klage mit Schreiben vom 26.04.2011 an das Sozialgericht Augsburg (SG) weitergeleitet hat (Eingang am 28.04.2011). Der Kläger hat ausgeführt, die Beklagte solle sich schämen. Eine schäbige Clique von Ärzten lehne den Fall wegen des Geldes ab. Auf einen Arztfehlerprozess in den Jahren 2000 bis 2004 hat der Kläger hingewiesen.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. N. und Dr. T. eingeholt und die Schwerbehindertenakte des Klägers beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Augsburg (ZBFS) beigezogen. Auf die vorgelegten ärztlichen Unterlagen, insbesondere den Kurzarztbrief des Klinikums F. über den Aufenthalts des Klägers vom 19.07. bis 20.07.2011 (einschließlich Befunde des Herzkatheterlabors) und den Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 10.08.2011, wird Bezug genommen.
In weiteren Schreiben hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, er müsse eine Bypass-Operation mit drei Bypässen verkraften; die 11-jährige Dialyse und fortlaufende Spritzen bei Zahnarztbehandlungen würden ihn ermatten. Oft könne er sich kaum bewegen. Er lebe allein; Hilfe stehe nicht zur Verfügung. Eine Haushaltsführung sei nicht mehr möglich. Er leide unter Luftnot, könne nur noch in der Wohnung "herumschlürfen" und sich kaum mehr selbst versorgen. Nach ca. 20 Meter Laufen leide er an schwerer Atemnot. Ein zweiter Schlaganfall am 01.03.2009 habe Folgen hinterlassen; er habe schwere Fahrradstürze erdulden müssen und laufe nunmehr "wackelig". Im Pflegetagebuch vom 20.09. bis 15.10.2011 hat der Kläger ferner ausgeführt, dass er wegen Gelenkentzündungen nur schwerfällig bzw. schlürfend laufen könne; einkaufen sei so gut wie unmöglich. Für das Reinigen der Wohnung komme eine Hilfe.
Eine erneute Begutachtung durch den MDK, die die Beklagte angeboten hat, hat der Kläger abgelehnt. Daraufhin hat das SG ein Gutachten des Internisten, Rheumatologen, Endokrinologen und Diabetologen Dr. H. eingeholt, das dieser nach Hausbesuch beim Kläger am 24.01.2012 unter dem Datum vom 26.01.2012 erstellt hat. Der Kläger hat dem Gutachter häufigen Harndrang schon bei geringen Harnmengen geschildert. Die Fähigkeit, Wasser zu halten, sei etwas eingeschränkt; statt Vorlagen würde Toilettenpapier verwendet. Ferner hat der Kläger Kurzatmigkeit nach Gehstrecken von 20 bis 50 Metern, Gleichgewichtsstörungen, einen "Linksdrall", immer wieder auftretende "Herzbeklemmungen" sowie wiederkehrende Schmerzen im linken Bein geschildert. Beim Hausbesuch ist der Kläger selbstständig mit etwas Mühe auch aus tiefem Sitz aufgestanden. Gehen im Wohnbereich ist langsam, aber frei und ohne Hilfsmittel möglich gewesen. Höhergradige Einschränkungen von grober Kraft und Feinmotorik haben nach Feststellungen des Sachverständigen nicht bestanden bei mühsamen Nackengriff; Umgang mit Schreibgerät und Besteck ist dem Kläger möglich gewesen. Entzündungszeichen der Gelenke bei endgradiger Einschränkung von Hüft- und Kniegelenksbeweglichkeit hat der Sachverständige nicht feststellen können.
Dr. H. hat Hilfebedarf im Bereich Grundpflege von vier Min. im Tagesdurchschnitt angesetzt (Körperpflege: 2 Min.; Ernährung 0 Min., Mobilität: 2 Min.). Für das Waschen und Abtrocknen sowie Eincremen der Füße sei dreimal wöchentlich Hilfe von je fünf Minuten erforderlich, damit im Tagesdurchschnitt zwei Min. Da das Ankleiden von Socken, Unterhosen und Hosen nur mit Mühe gelinge, sei der Einsatz einer Greifzange oder personelle Hilfe im Umfang von zwei Minuten pro Tag erforderlich. Für den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf hat Dr. H. 15 Minuten / Tag veranschlagt.
Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 26.01.2012 gegen das Auftreten des Gutachters im Rahmen der Begutachtung gewandt. Nicht die Krankheitsakte, sondern das Durchleuchten des Tagesablaufs wie Zähneputzen, Toilettengänge u.v.m. hätten im Vordergrund gestanden. Diese Fragen seien vom Kläger aber im Fragebogen beantwortet worden. Der Kläger hat ein Attest von Dr. N. vom 30.01.2012 vorgelegt worden, wonach der Kläger dreimal wöchentlich ein Dialysezentrum zu Dialysebehandlungen aufsuchen müsse. Die Behandlungen würden jeweils mehrere Stunden dauern. Der Kläger benötige hierzu Hin- und Rückfahrten. Die Rückfahrt könne in der Regel aufgrund von dialysebedingten Komplikationen nicht selbstständig durchgeführt werden. Ein Transport mit Taxi bzw. Krankentransport sei erforderlich. Außerdem müsse der Kläger diätetische Besonderheiten beachten, die mit erhöhtem Aufwand verbunden seien.
Ferner hat der Kläger erklärt, dass das Gutachten wertlos sei, weil es im Auftrag der Pflegekasse und des Sozialgerichts erfolgt sei; es liege deshalb eine "totale Befangenheit" vor. Das SG hat den Befangenheitsantrag nach Einholung einer Stellungnahme des Sachverständigen mit Beschluss vom 19.04.2012 abgelehnt.
Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid des ZBFS vom 23.03.2012 vorgelegt, wonach sein Grad der Behinderung (GdB) weiterhin 100 beträgt und die Voraussetzunge für die Merkzeichen G und B vorliegen. Es stehe ihm zumindest die Pflegestufe II zu.
Die im Schreiben vom 31.03.2012 erhobene Klage auf Schmerzensgeld gegen das SG hat der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2012 zurückgenommen.
Das SG hat nach Ankündigung und Gelegenheit zur Äußerung mit Gerichtsbescheid vom 29.05.2012, dem Kläger zugestellt am 01.06.2012, die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach den vorliegenden Gutachten erreiche der Hilfebedarf des Klägers in der Grundpflege nicht den für Pflegestufe I erforderlichen Umfang von mehr als 45 Minuten täglich. Erst recht seien die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht erfüllt. Die vom Kläger mit Schreiben vom 07.04.2012 geschilderte, seit fünf bis sechs Monaten bestehende Verschlechterung der Beweglichkeit der Arm- und Beingelenke sei bereits im Gutachten von Dr. H. berücksichtigt und führe zu einem Hilfebedarf von vier Minuten in der Grundpflege. Soweit für die Hin- und Rückfahrt des Klägers von der Dialyse Begleitung erforderlich sei, seien als Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung angesichts der einfachen Fahrzeit von ca. acht Minuten nur 48 Minuten pro Woche und damit sieben Minuten pro Tag anzusetzen. Das SG habe zwar Verständnis für die gesundheitlich schlechte Situation des Klägers; eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGG XI könne aber nur eingeräumt werden, wenn im Rahmen der im Gesetz genau bezeichneten Verrichtungen im Tagesablauf Hilfebedarf besteht und dieser Hilfebedarf in der Grundpflege mindestens 46 Minuten betrage. Allein eine umfangreiche Krankenakte und gravierende Diagnosen wie beim Kläger könnten hingegen nicht zu einer Einstufung in eine Pflegestufe führen.
Dagegen hat der Kläger am 11.06.2012 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Die 45-Minuten-Regelung sei menschenunwürdig. Er erwäge, dieses Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzuprangern. Ein Dialysepatient habe die höchste Krankheitsstufe zuerkannt bekommen. Die schweren Schlaganfälle, das Herzgutachten und die Operationen seien nicht berücksichtigt worden. Mit 20 % Herzleistung könne man keine Bewegungsabläufe darstellen. Er habe keine Kraft, benötige dringend Hilfe. Außerdem habe das "Wasserlassen" aufgehört; ca. 4-5 Liter Wasser müssten deshalb besonders bei der Montagsdialyse herausgefiltert werden. Dies belaste das Herz. Er könne sich nicht bewegen und komme nachts nicht aus dem Bett. Die zynische Sparpolitik der Pflegekasse sei unerträglich. Der Transport zur Dialyse und zurück erfolge seit Jahren mit dem Taxi, wobei der Taxifahrer ihn bei Bedarf mit dem Rollstuhl bis an das Krankenbett fahre. Der Transport werde von der Krankenkasse gezahlt. Die Gleichgewichtsstörungen hätten zugenommen. Er sehe häufig verschwommen. Wegen starker Gelenkschmerzen könne er nachts kaum aufstehen.
Mit weiteren Schreiben teilte der Kläger mit, er leide seit 12-13 Monaten an einer sehr schmerzhaften Gürtelrose, die im Zusammenhang mit den Machenschaften der Pflegekasse stehe. Unverhofft bekomme er Schwindelanfälle und müsse sich unverzüglich setzen. Niemand helfe ihm, weil er allein lebe. Am 20.08.2012 habe er nach eine Zahnarztbehandlung versucht, die steile Anfahrt zum L. Krankenhaus zu begehen und sei zusammengebrochen.
Im Attest von Dr. N. vom 05.08.2011 für das Amtsgericht K. wird aufgrund der Schwere der Vorerkrankungen mit Einschränkung der Herzleistung, des allgemeinen alterbedingtem Abbaus mit deutlich respiratorisch bedingter Bewegungseinschränkung eine Haftfähigkeit des Klägers verneint.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.09.2012 darauf hingewiesen, dass seine Beine plötzlich gefühllos sind, so dass er sich schnell hinsetzen müsse, um nicht hinzufallen. Er müsse täglich viel Chemie "fressen".
Das LSG hat Befundberichte von Dr. C. (einmalige Vorstellung am 31.07.2012) und Dr. N. vom 03.12.2012 eingeholt und die Schwerbehindertenakten des Klägers beigezogen. Dr. N. hat u.a. ausgeführt, dass die Befunde und Symptomatik des Klägers auf niedrigem Niveau stabil seien. Die Restausscheidung sei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Das schaffe Probleme, insbesondere im Hinblick auf die Trinkmengenbegrenzung; ansonsten seien keine wesentlichen Veränderungen aufgetreten. Wegen arthrotischer Veränderungen der Hüfte sei der Kläger geröntgt worden. Auf die beigefügten Unterlagen (u.a. Schreiben des Universitätsklinikum M. vom 15.10.2012, Arztbrief Dr. G., C., H. vom 05.07.2012) wird verwiesen.
Auf Nachfrage des LSG, ob der Kläger zu einer Begutachtung durch einen vom LSG beauftragten Sachverständigen im Wege des Hausbesuchs einverstanden ist, hat der Kläger zunächst mitgeteilt, dass er eine erneute Begutachtung ablehne. Mit Schreiben vom 11.02.2013 hat das LSG darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung wegen der Ablehnung einer Begutachtung nur nach Aktenlage erfolgen könne und dass für die Leistungen der Pflegeversicherung nicht allein der Gesundheitszustand, sondern vor allem die Auswirkung auf die eigenständigen Verrichtungen im Bereich Körperpflege, Ernährung und Mobilität von Bedeutung seien. Sofern nicht bis 18.02.2013 Einverständnis mit einer Begutachtung mitgeteilt werde, werde in einer der nächsten Sitzungen über die Berufung entschieden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 28.02.2013 vorgetragen, er benötige für 30 Meter Fußweg zur Bushaltestelle ca. 20 Minuten, könne Schuhe nur unter erschwerten Umständen anziehen, kaum noch laufen und bekomme Schmerzen in der Brust. Die Wohnung könne er nicht mehr in Ordnung halten. Auf den übersandten vorläufigen Entlassbericht des Universitätsklinikums M. vom 22.02.2013 über den Aufenthalt vom 19.02. bis 23.02.2013 wird verwiesen.
Am Tag der mündlichen Verhandlung vom 13.3.2013 ist beim LSG ein Fax des Klägers eingegangen, mit dem er die Untersuchung seines kompletten Gesundheitszustandes durch einen Vertrauensarzt oder Gerichtsarzt begehrt hat. Daraufhin hat der Senat die mündliche Verhandlung vertagt und den Sachverständigen Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Untersuchung des Klägers im Wege des Hausbesuchs beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.04.2013 ausgeführt, dass verschiedene Personen hauswirtschaftliche Arbeiten wie Waschen, Spülen, Abtrocknen, Aufräumen und Gießen der Pflanzen übernähmen. Das Einkaufen gelinge dem Kläger meist mit dem Taxi bei Rückfahrt von der Dialyse noch selbstständig. Ein ambulanter Pflegedienst sei nicht eingebunden. Der Sachverständige hat den Grundpflegebedarf auf 23 Min. /Tag geschätzt (Körperpflege 8 Min.; Mobilität 15 Min./Tag). Im Bereich der Körperpflege falle Hilfebedarf bei der Teilwäsche Unterkörper, beim Duschen, Ankleiden gesamt, Entkleiden gesamt und Stehen (Transfer) an.
Seit Mitte 2012 sei mit acht statt vorher drei Minuten eine höherer Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung anzusetzen. Der Kläger benötige auf dem Weg zum und vom Taxi für die Fahrten zur Dialyse sowie beim Ein- und Aussteigen begleitende Hilfe beim Gehen bzw. alternativ müsse er im Rollstuhl geschoben werden. Dabei sei angesichts der Verschlechterung der Restharnproduktion, die im Februar 2012 zum Erliegen gekommen sei, der Hilfebedarf wegen plausibler zunehmender körperlicher Schwäche und schneller Erschöpfbarkeit gestiegen. Zum Teil sei ein Sollbedarf berücksichtigt worden, da der Kläger angegeben habe, sonst mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Fremdhilfe zu fahren. Schwierigkeiten bestünden beim Zuknöpfen des Hemdes, beim Einschlüpfen in die Jeanshose, beim Anlegen von Socken und Schuhen; das Bücken gelinge mit Mühe. Deswegen benötige der Kläger teilweise Hilfe beim An- und Ausziehen. Ferner benötige er je nach Tagesverfassung Unterstützung bei Transfers wie beim Aufstehen. Bei der Untersuchung hat der Kläger selbstständig mit Abstützen vom Sofa aufstehen und mit Anhalten an Gegenständen oder Stühlen, kürzere Strecken auch freihändig gehen können. Ein Rollator habe zur Verfügung gestanden.
Der Faustschluss und der Nackengriff seien beidseits vollständig möglich gewesen, das Bücken im Sitzen sei dem Kläger nur mit Mühe möglich gewesen. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Waschen und Duschen bestehe Hilfebedarf im Wesentlichen für die unteren Extremitäten, u.a. für die Teilwäsche des Unterkörpers an den Tagen, an denen nicht geduscht werde.
Die Voraussetzungen für Pflegestufe I seien im gesamten Zeitraum nicht erfüllt; eine eingeschränkte Alltagskompetenz gemäß § 45 a des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestehe nicht.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 14.04.2013 Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Dr. D. gestellt wegen Eigensucht, falscher Fragstellungen und enormer Überheblichkeit. Richtig wäre es gewesen, 90 % der Besprechung seinen schweren innerlichen Krankheiten zu widmen. Dr. D. sei nicht einmal von der Haustür des Klägers die ca. 30 m zur Bushaltestelle gelaufen, schon dort hätte er die gesundheitliche Misere des Klägers feststellen können. Er bekomme keine Luft; das Herz pumpe zu wenig Sauerstoff zum Kopf. Im letzten Entlassungsbericht von der Herzklinik Bad K. sei über den erschreckenden Zustand seines Herzens berichtet worden; darin sei über den Antrag bei der Pflegeversicherung gesprochen worden. Er benötige dringend Hilfe.
Mit weiteren Schreiben vom 25.04.2013 und 12.05.2013 hat sich der Kläger gegen die "Seriosität des Gutachtens" gewandt und weitere Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Mit Schreiben vom 22.5.2013 hat der Kläger einen Arztbrief des Herzzentrums Bad K. vom 15.05.2013 übersandt und dringenden Hilfebedarf geschildert.
Dr. D. hat in seiner Stellungnahme vom 27.05.2013 ausgeführt, dass er den Arztbrief des Herzzentrums vom 25.03.2013 zitiert und berücksichtigt habe. Der Schwerpunkt der Begutachtung habe auf der Ermittlung des Hilfebedarfs in der Grundpflege - Körperpflege, Ernährung und Mobilität - gelegen. Es sei unzutreffend, dass keine körperlichen Untersuchungen stattgefunden hätten. Abgestellt worden sei auf pflegerelevante Befundungen wie die Funktion von Händen und Armen, das Geh- und Bückvermögen, das Aufstehen, das Sehvermögen und die orientierende körperliche Belastbarkeit. Weitere körperliche oder psychopathologischen Untersuchungen seien im Rahmen des Pflegegutachtens nicht geboten gewesen. Ob der Kläger zur Bushaltestelle laufen könne, sei unerheblich, weil dies nicht mit Tätigkeiten der Grundpflege verknüpft sei. Der Hilfebedarf für die Dialysefahrten sei im Gutachten berücksichtigt worden; diese erfolgten mit dem Taxi und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dass der Begriff Pflegebedürftigkeit 14-mal auftauche, könne keine Pflegebedürftigkeit begründen, da sich im Gutachten die klare Aussage finde, dass Pflegebedürftigkeit nicht vorliegt. Sofern Nebenwirkungen zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder gar Geistesfunktion führten, sei die funktionelle Einschränkung bei Erhebung des Hilfebedarfs im Tagesablauf ohnehin erfasst. Der Sachverständig habe lediglich die Verdachtsdiagnose einer leichtgradigen Schwerhörigkeit geäußert, weil der Kläger manchmal habe nachfragen müssen. Kochen sei der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen; im Bereich Ernährung sei nur Hilfebedarf bei mundgerechter Zubereitung und Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung zu berücksichtigen. Im Bericht von Bad K. sei nur Antragstellung auf Zuerkennung einer Pflegestufe genannt, aber nicht festgestellt worden, dass eine Pflegestufe vorliegt. Darüber hinaus würde die Postulierung einer Pflegestufe nicht ausreichen, ohne dass eine Begutachtung nach qualitätsgesicherten Maßstäben unter Berücksichtigung der Begutachtungsrichtlinien stattgefunden habe.
Es folgten weitere Schreiben des Klägers mit Einwendungen gegen den Sachverständigen bzw. das Gutachten und Schilderungen seiner gesundheitlichen Situation. Er hat u.a. ausgeführt, dass sich sein Shunt-Arm aufblähe; er könne platzen, ein Verbluten wäre unweigerlich. Dadurch könne er so gut wie überhaupt nicht laufen und müsse nach ein paar Metern stehen bleiben. Sein Haushalt sei zusammengebrochen.
Das LSG hat den Befangenheitsantrag des Klägers gegen Dr. D. mit Beschluss vom 02.09.2013 als unbegründet abgelehnt und eine ergänzende Stellungnahme von diesem eingeholt, ob angesichts der weiteren Schreiben des Klägers und der Probleme mit dem Shuntarm eine Änderung der gutachterlichen Einschätzung der Pflegebedürftigkeit oder eine ergänzende Untersuchung erforderlich seien. Dieser hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.09.2013 ausgeführt, dass eine abweichende Einschätzung des Pflegebedarf oder weitere ergänzende Untersuchungen nicht erforderlich seien, da keine Änderung des pflegerelevanten Sachverhaltes auf Dauer nach seiner Untersuchung vom 11.04.2013 anzunehmen sei.
Eine dauerhafte Dialyse viermal pro Woche über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus sei nicht ersichtlich. Angesichts der im Arztbrief des Universitätsherzzentums Bad K. im Arztbrief vom 15.05.2013 beschriebenen akuten kardialen Dekompensation bei Herzinsuffizienz infolge koronarer 3-Gefäßerkrankung sei für einige Tage eine höherer Hilfebedarf in der Grundpflege anzunehmen. Von einem dauerhaft erhöhten Hilfebedarf sei nach erfolgter Therapie nicht auszugehen. Ein einmaliger Sturz oder gelegentliche Stürze wegen dekompensierter Herzinsuffizienz über einige Tage führten nicht zu einem anrechenbaren grundpflegerischen Hilfebedarf. In Anbetracht der Auftreibungen des Shuntarms sei anzunehmen, das entweder eine operative Revision des Shunts in absehbarer Zeit erforderlich werden könnte oder eine komplette Neuanlage. Eine Änderung seitens der Dialysehäufigkeit, des Gesundheitszustandes und der daraus erwachsenden Leistungsfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit sei allein aus der Shunt-Thrombose nicht zu erwarten.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 21.09.2013 den Beschluss vom 03.09.2013 die Ausführten von Dr. D. über den Shuntarm zurückgewiesen und Einwendungen vorgebracht. Mit diesem Schreiben und Schreiben vom 29.09.2013 hat er ausgeführt, er sei in seiner Wohnung gestürzt. Das L. Krankenhaus habe einen Eilantrag an die Pflegekasse gesendet, die Sozialstation A-Stadt habe einen Antrag an die Pflegekasse geschickt zur Bestätigung einer Pflegestufe. Der Kläger hat eine Bestätigung der B. in B-Stadt vorgelegt, wonach er vom 03.09. bis 19.09.2013 zur Kurzzeitpflege aufgenommen worden war.
Die Beklagte hat einen Neuantrag des Klägers vom 04.09.2013 übersandt und beantragt, diesen zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Eine zusätzliche rechtsbehelfsfähige Entscheidung sei weder beabsichtigt noch erforderlich. Mit dem beigefügten Antrag, unterschrieben am 22.09.2013, begehrt der Kläger häusliche Pflegehilfe als Sachleistung für den Sozialen Pflegedienst A-Stadt sowie anteiliges Pflegegeld. Eine Pflegeperson sei derzeit nicht vorhanden.
Das LSG hat die B. telefonisch und per Fax um Übersendung der Pflegedokumentation und Mitteilung des Hilfebedarfs des Klägers gebeten. Die Pflegedienstleiterin Frau J. teilte mit, dass der Kläger im Bereich Grundpflege z.T. notwendige Hilfen durch das Pflegepersonal nicht zugelassen bzw. in Anspruch genommen habe, z.B. bei der Intimpflege. Die Aufnahme sei auf Anregung der Sozialstation A-Stadt erfolgt, weil der Kläger auf dem Boden liegend aufgefunden worden war.
Mit Fax vom 02.10.2013 hat Frau J. mitgeteilt, dass der Kläger einmal täglich Anleitung und Unterstützung bei der Teilwäsche des Oberkörpers im Umfang von 5 Min., Unterstützung bei der Teilwäsche des Unterkörpers täglich im Umfang von 5 Min., und Unterstützung zweimal wöchentlich beim Duschen in Form von Vor- und Nachbereitung von 20 Min. benötigt habe. Ansonsten habe der Kläger im Bereich Körperpflege keine Hilfe in Anspruch genommen. Im Bereich Mobilität habe der Kläger nur nach der Dialyse Hilfe in Anspruch genommen und sei ca. 5 Min. mit Rollstuhl mobilisiert worden. Hilfe beim Ankleiden habe er nicht in Anspruch genommen.
Laut Pflegedokumentation hat der Kläger bei Aufnahme über Gleichgewichtsstörungen geklagt. Während kurze Strecken im Zimmer gut gingen, sei er bei längeren auf Mobilisierung angewiesen. Für das An- und Auskleiden sowie Duschen (3 x wöchentlich) benötige er Hilfe. Nach Dialyse am 04.09. sei er "wackelig" gewesen und habe mobilisiert werden müssen. Am 11.09. ist ausgeführt, er sei mobiler und traue sich wieder mehr zu. Geleistete Hilfen bei Teilwäschen im Bereich Rücken, Hände/ Gesicht sowie in Form der Beaufsichtigung im Bereich Zahnpflege und Kämmen sind nicht täglich erfolgt. Regelmäßige Hilfe beim An- und Ausziehen wird nicht genannt.
In der mündlichen Verhandlung am 07.10.2013 hat die Beklagte mitgeteilt, dass im Rahmen des Neuantrags vom 04.09.2013 eine Begutachtung durch den MDK durchgeführt worden sei; eine Pflegestufe habe sich danach nicht ergeben. Der Antrag sei bislang noch nicht verbeschieden. Auf die Niederschrift der Sitzung wird verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.05.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab Antragstellung Leistungen der Pflegestufe II, hilfsweise der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Beklagten- und Schwerbehindertenakten sowie die Akte des SG und LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Die Klage wurde zwar zulässig eingelegt. Insbesondere gilt die Klagefrist gemäß § 91 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als gewahrt, weil innerhalb der Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides bei der Beklagten als Sozialversicherungsträger am 06.04.2011 mit dem klarstellenden Schreiben des Klägers in Verbindung mit dem Schreiben vom 13.03.2011 eine Klageschrift vorlag und diese an das SG weitergeleitet worden war.
Nicht Streitgegenstand ist der Neuantrag des Klägers vom 04.09.2013, zumal über diesen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch kein Verwaltungsakt der Beklagten erlassen wurde.
Die statthafte Anfechtungs- und Leistungsklage ist jedoch unbegründet. Denn ein Anspruch des Klägers auf Leistungen wegen häuslicher Pflege in Form von Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI oder Pflegesachleistung gemäß § 36 SGB XI ist nicht nachgewiesen. Es liegen (derzeit) nicht einmal die Voraussetzungen der Pflegestufe I gemäß dem als Hilfsantrag auszulegenden Klagebegehren vor.
Auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG Augsburg zu den Voraussetzungen für Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung gemäß SGB XI wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. So erhalten Leistungen bei häuslicher Pflege in Form von Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI oder Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI nur Pflegebedürftige, soweit mindestens Pflegestufe I vorliegt.
Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I Personen die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
Dabei muss der Zeitaufwand für eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege für die Pflegestufe I wöchentlich im Tagesdurchschnitt mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen. Unter Grundpflege ist die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität i.S.v. § 14 Abs 4 Nr. 1 - 3 SGB XI zu verstehen, unter hauswirtschaftlicher Versorgung Verrichtungen gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI. Nach § 14 Abs 3 SGB XI kann die Hilfe in der vollständigen oder teilweisen Übernahme der Verrichtungen durch die Pflegeperson, in der Unterstützung sowie in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Durchführung der Verrichtungen durch den Pflegebedürftigen bestehen.
Zutreffend hat das SG dargelegt, dass die Schwere der Erkrankungen nur dann zu einer Einstufung in eine Pflegestufe führen kann, wenn diese Erkrankungen einen Hilfebedarf für die im Gesetz genannten Verrichtungen der Grundpflege von mindestens 46 Minuten im Tagesdurchschnitt zur Folge haben. Soweit der Kläger auf Bundestagsdebatten über eine beabsichtigte Änderung der rechtlichen Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB XI hingewiesen hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Reformüberlegungen bisher nicht geltendes Rechts geworden sind.
Der Senat vermag sich nach Beweiswürdigung der vorliegenden Unterlagen und Gutachten auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger Grundpflegebedarf im Umfang von mindestens 46 Minuten im Tagesdurchschnitt hat, auch wenn dieser zweifellos an einer Vielzahl schwerer Erkrankungen leidet, insbesondere die dialysepflichtige Niereninsuffizienz und die schwere Herzkrankheit mit Gefäßerkrankungen.
Der Sachverständige Dr. D. hat den Grundpflegebedarf aufgrund seiner Untersuchung am 11.04.2013 schlüssig und überzeugend auf 23 Min. /Tag geschätzt, für Körperpflege 8 Min. und für Mobilität 15 Min./Tag, Er hat dabei im Einzelnen Hilfen für die Teilwäsche Unterkörper von drei Minuten täglich, für das Duschen von fünf Minuten, für das An- und Entkleiden gesamt sechs Minuten und für Stehen eine Minute täglich angesetzt. Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wurde von ihm mit dreimal wöchentlich seit Mitte 2012 mit acht Minuten, vorher mit drei Minuten täglich berücksichtigt.
Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. D. und Dr. H. von niemandem im Bereich der Körperpflege oder beim An- und Ausziehen im häuslichen Bereich unterstützt wird, setzt der Senat auch insoweit in Übereinstimmung mit Dr. D. einen Sollhilfebedarf an.
Dass der Kläger Hilfebedarf im Bereich des An- und Entkleidens hat, ist angesichts der geschilderten Schwierigkeiten beim Zuknöpfen des Hemdes, beim Einschlüpfen in die Jeanshose, beim Anlegen von Socken und Schuhen wegen des mühsamen Bückens schlüssig und überzeugend. Für diese Teilhilfen erscheint der angesetzte Hilfebedarf von 6 Min./pro Tag für Hilfe beim An- und Entkleiden ausreichend. Höhergradige Einschränkungen von grober Kraft und Feinmotorik oder wesentliche Beeinträchtigungen durch Gelenkentzündungen oder die vom Kläger angegebenen "Lähmungen" der Arm- und Beingelenke haben die Sachverständigen nicht feststellen können, auch wenn der Nackengriff etwas mühsam und die Beweglichkeit von Hüft- und Kniegelenken teilweise eingeschränkt war mit unvollständigem bzw. mühsamen Bücken. Es ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Kurzzeitpflege im September 2013 ausweislich der Unterlagen beim An- und Entkleiden keine regelmäßige Hilfe in Anspruch genommen wurde.
Ferner ist der Hilfebedarf beim Duschen und beim Waschen des Unterkörpers an den Tagen, an denen nicht geduscht wird, in Form von Teilübernahme nachvollziehbar. Allerdings kann der Kläger einen Großteil seines Körpers noch selbst waschen, so dass sich der Hilfebedarf auf Rücken, Unterkörper (Unterleib, Beine und Füße) beschränkt. Der Ansatz von etwa 5 Min. für die Teilwäsche des Unterkörpers erscheint ausreichend und angemessen und entspricht dem zeitlichen Ansatz der Seniorenresidenz in der Kurzzeitpflege.
Für die Hilfe beim Duschen in Form von Vor- und Nachbereitung sowie Teilübernahme erscheint der von der Seniorenresidenz gewählte Ansatz von 20 Min. pro Vorgang zu hoch, zumal nach den Orientierungswerten der Begutachtungsrichtlinien für eine volle Übernahme des Duschens ein Zeitrahmen von 15-20 Minuten vorgesehen ist. Vielmehr erscheint dem Senat der Ansatz des Dr. D. von 11-12 Min. für die Teilhilfen beim Duschen pro Duschvorgang einschließlich (nicht erfolgter) Teilübernahme ausreichend und angemessen.
Auch die von der Seniorenresidenz angesetzten 5 Min. für die Teilwäsche des Oberkörpers - nämlich des Rückens - erscheinen dem Senat zu hoch; außerdem ist ein täglicher Bedarf auch an Tagen, an denen geduscht wird, nicht ersichtlich. Allerdings würde selbst bei Ansatz eines um fünf Minuten höheren Grundpflegebedarfs im Bereich der Körperpflege noch nicht das Ausmaß der Pflegestufe I erreicht.
Zutreffend hat Dr. D. berücksichtigt, dass der Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ab Mitte 2012 gestiegen ist, weil angesichts der Verschlechterung der Restharnproduktion eine zunehmende körperliche Schwäche und schnellere Erschöpfbarkeit plausibel ist. Dr. D. hat zum Teil einen Sollbedarf berücksichtigt, denn der Kläger hat ansonsten Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne Fremdhilfe geschildert. Dem Senat erscheint nachvollziehbar, dass der Kläger nunmehr für den Transfer zur Dialyse, der teilweise mit dem Rollstuhl von der Dialysepraxis zum Taxi und vom Taxi zum Haus erfolgt, einen Hilfebedarf von 8 Min. im Tagesdurchschnitt hat. Die Fahrt selbst kann der Kläger mit dem Taxi selbstständig zurücklegen; eine Begleitung ist insoweit nicht erforderlich. Auch ist nach Auskunft von Dr. N. während der fünfstündigen Dialyse die Anwesenheit einer Begleitperson nicht notwendig.
Soweit der Kläger Einschränkungen beim Gehen außerhalb des häuslichen Bereichs beim Einkaufen geltend macht, ist dies der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen und nicht dem Grundpflegebedarf.
Dr. D. hat ferner schlüssig dargelegt, dass angesichts zunehmender körperlicher Schwäche je nach Tagesverfassung Unterstützung bei Transfers wie beim Aufstehen erforderlich ist, den er mit durchschnittlich 1 Min./Tag angesetzt hat. Das erscheint plausibel, da nach den vorliegenden Gutachten bei den Untersuchungen durch Dr. H. und Dr. D. dem Kläger das Aufstehen aus Sitzen und Liegen mit Festhalten an den Möbeln sowie das Gehen und Stehen innerhalb der Wohnung noch selbstständig möglich war, trotz des beklagten "Linksdralls" und Gleichgewichtsstörungen, auch wenn das Gangbild langsam und - wie der Kläger beschreibt - schlurfend war. Soweit der Kläger selbst über schwere Atemnot bzw. Kurzatmigkeit nach 20-50 Metern bzw. im April 2013 bereits bei 30 Metern beim Gang zur Bushaltestelle geklagt hatte, spricht dies dafür, dass er kurze Wege innerhalb der Wohnung - ggf. mit kurzen Unterbrechungen oder mit Gehhilfen wie dem Rollator - regelmäßig noch selbstständig zurücklegen kann.
Soweit der Kläger auf zwei bis drei Stürze in den letzten Monaten hingewiesen hat, nämlich ein Sturz im Garten am 08.06.2013, ein Sturz vor Aufnahme zur Kurzzeitpflege am 03.09.2013 und ein Sturz zu einem nicht genau genanntem Zeitpunkt im Krankenhaus A-Stadt, hat Dr. D. in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass gelegentliche Stürze wegen Schwindelanfällen, wegen dekompensierter Herzinsuffizienz über einige Tage oder durch einen grippalen Infekt noch nicht zu einem regelmäßigen und dauerhaften Grundpflegebedarf im Sinne einer Begleitung beim Gehen führen. Auch in der Pflegedokumentation der Seniorenresidenz ist kein regelmäßiger Hilfebedarf des Klägers beim Gehen genannt; vielmehr hat der Kläger danach kürzere Strecken selbstständig bewältigt und ist z.B. selbstständig zur Toilette gegangen.
Lediglich nach Durchführung der Dialyse wurde vom Pflegepersonal eine Unsicherheit des Klägers wahrgenommen, so dass eine Mobilisierung im zeitlichen Umfang von ca. 5 Min. erforderlich war. Nach der BSG-Rechtsprechung kann ausgehend vom Gesetzeszweck des SGB XI das Gehen, Stehen und Treppensteigen bei der Bemessung des Zeitaufwands für die notwendige Pflege nur insoweit berücksichtigt werden, als diese Verrichtungen im Zusammenhang mit den anderen in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen im häuslichen Bereich erforderlich werden (vgl. BSG vom 29.04.1999 - B 3 P 7/98 R - Juris RdNr. 21; BSG vom 10.10.2000 - B 3 P 15/99 R - Juris). Soweit die Mobilisierung im Rahmen verrichtungsbezogenen Gehens im Zusammenhang mit einer Verrichtung der Grundpflege erfolgte, ist ein entsprechender Hilfebedarf danach zwar zu berücksichtigen. Auch dann würde aber kein Grundpflegebedarf in Höhe von mind. 46 Min. im Tagesdurchschnitt erreicht, weil sich der Grundpflegebedarf nur um 2 Min./Tag erhöhen würde (3 x 5 Min.= 15, geteilt durch 7 Tage = ca. 2 Min./Tag).
Der Sachverständige Dr. D. hat mit Blick auf die nach seinem Hausbesuch erfolgten Untersuchungen des Klägers und dessen eingegangener Schreiben überzeugend dargelegt, dass angesichts der im Arztbrief des Universitätsherzzentrums Bad K. vom 15.05.2013 beschriebenen akuten kardialen Dekompensation bei Herzinsuffizienz infolge koronarer 3-Gefäßerkrankung zwar für einige Tage ein höherer Hilfebedarf in der Grundpflege anzunehmen sei, aber nach erfolgter Therapie kein dauerhaft erhöhter Grundpflegebedarf besteht. Gemäß § 14 Abs. 1 SGB XI setzt Pflegebedürftigkeit aber voraus, dass der Hilfebedarf auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße im Sinne von § 15 SGB XI besteht.
Auch aus den aktuellen Problemen des Shuntarms ergibt sich kein dauerhaft erhöhter Grundpflegebedarf, wie Dr. D. schlüssig ausgeführt hat. Denn angesichts der Auftreibungen des Shuntarms ist eine operative Maßnahme (evtl. in Form einer Neuanlage) in absehbarer Zeit anzunehmen, ohne dass daraus aber eine Änderung seitens der Dialysehäufigkeit, des Gesundheitszustandes und der daraus erwachsenden Leistungsfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit zu erwarten ist.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere eine nochmalige Untersuchung des Klägers im Wege des Hausbesuchs, hält der Senat nicht für erforderlich. Insbesondere lassen sich keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung bzw. eine Erhöhung des Grundpflegebedarfs aus den Unterlagen der Seniorenresidenz anlässlich der Kurzzeitpflege im September 2013 entnehmen.
Vor diesem Hintergrund lässt sich ein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten pro Tag in der Grundpflege nach § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) nicht hinreichend objektivieren. Erst recht liegen damit nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe II gemäß 15 Abs.1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XI vor. Die objektive Beweislast für eine entsprechende Pflegebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch trägt nach allgemeinen Beweisgrundsätzen der Kläger, der sich darauf beruft.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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