S 17 (10) Kr 70/91

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 (10) Kr 70/91
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit dem Jahre 1975 als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL). Durch Bescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen vom 17.02.1987, geändert durch Bescheid vom 17.10.1988, war ihm mit Wirkung ab dem 06.12.1986 eine Witwerrente zuerkannt worden. Ein Rentenzahlbetrag ergab sich jedoch ledig-lich für die Zeit vom 06.12.1986 bis zum 30.06.1987; ab dem 01.07.1987 ruhte der Anspruch in Anwendung der Vorschrift des § 1281 Reichsversicherungsordnung (RVO) in voller Höhe. Mit Ablauf des Monats Mai entfiel der Rentenanspruch auf-grund der Wiederverheiratung des Klägers.

Im Jahre 1990 erhielt die Beklagte Kenntnis davon, daß der Kläger außerlandwirtschaftliches Arbeitseinkommen in Form von Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielte, dessen Höhe sie ab dem 01.07.1987 mit DM 1.932,17, ab dem 01.01.1988 mit DM 2.270,08 und ab dem 01.01.1989 mit DM 2.263,61 monatlich ermittelte. Durch Bescheid vom 06.02.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.1991 erhob die Beklagte für die Zeit vom 01.07.1987 bis zum 31.05.1989 aus diesem Einkommen Beiträge nach dem allgemeinen halben Beitragssatz in Höhe von insgesamt DM 3.413,74.

Hiergegen hat der Kläger am 23.05.1991 Klage erhoben.

Er meint, die Beklagte habe Beiträge aus dem erzielten außerlandwirtschaftlichen Einkommen deshalb nicht erheben dürfen, weil ihm in dem hier in Rede stehenden Zeitraum eine Rente nicht gezahlt worden sei. Soweit sich die Beklagte zur Begründung auf § 39 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (n.F.) (KVLG) berufe, stelle diese Vorschrift ebenso wie § 67 a Abs. 3 KVLG (a.F.) für die Beitragsbemessung darauf ab, daß tatsächlich eine Rente gezahlt werde/worden sei. Dies ergebe sich auch daraus, daß in § 39 KVLG (n.F.) auf §§ 227 bis 229 Sozialgesetzbuch V (SGB V) verwiesen werde.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 06.02.1991 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 02.05.1991 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die im Anschluß an ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid darauf abstellt, daß Ruhenszeiten allgemein als Bezugszeiten gälten, trägt ergänzend vor, die beitragspflichtigen Einnahmen versicherungspflichtiger Rentner in der allgemeinen Krankenversicherung seien in § 237 SGB V aufgeführt. Nach Satz 1 Nr. 3 dieser Vorschrift werde das Arbeitseinkommen der Beitragsbemessung zugrundegelegt. Ein Zusatz, wie i § 39 Abs.1 Nr. 4 KVLG 1989 (n.F.) enthalte, wonach Arbeitseinkommen nur dann der Beitragsbemessung zugrundezulegen sei, wenn es entweder neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder neben Versorgungsbezügen erzielt werde, sei in der Vorschrift des § 237 Satz 1 Nr. 3 SGB V nicht enthalten. Hieraus ergebe sich zweifelsfrei, daß das Arbeitseinkommen selbst dann beitragspflichtig sei, wenn die Krankenversicherung der Rentner gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V durchgeführt werde, obwohl die Rente wegen anrechenbaren Einkommens in voller Höhe ruhe. Es könne nicht der Wille des Gesetzgebers sein, Rentenbezieher mit Arbeitseinkommen in der allgemeinen Krankenversicherung anders zu behandeln als bei Durchführung einer Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes müsse daher vielmehr nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes entschieden werden. Wenn also in der allgemeinen Krankenversicherung Beitragspflicht aus Arbeitseinkommen bei Ruhen der Rente bestehe, könne dies in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht anders sein.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts im übrigen einschließlich des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streit- und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid vom 06.02.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.1992 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten ( § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ).

Zu Recht hat die Beklagte Beiträge für die Zeit vom 01.07.1987 bis zum 31.05.1989 aus dem Arbeitseinkommen des Klägers nacherhoben. Daß das außerhalb der Land- und Forstwirtschaft erzielte Arbeitseinkommen des Klägers der Beitragsbemessung unterliegt, ergibt sich für die Zeit bis zum 31.12.1988 aus § 67 a Abs. 3 KVLG 1987 (a.F.), für die Zeit ab dem 01.01.1989 aus § 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 (n.F.). Denn nach § 67 a Abs. 3 KVLG (a.F.) hatten u.a. versicherungspflichtige Landwirte, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhielten, von Arbeitseinkommen mit Ausnahme von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft Beiträge zu entrichten, soweit sich aus § 67 Abs. 4 KVLG (a.F.) nichts abweichendes ergab. Danach waren Beiträge nur zu entrichten, soweit sie zusammen mit dem Betrag des Unternehmerbeitrags und den Beiträgen nach § 67 a Abs. 2 KVLG (a.F.) den Beitrag der höchsten Beitragsklasse nicht überstiegen. Ab dem 01.01.1989 wird gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG (n.F.) Arbeitseinkommen aus außerland- und außerforstwirtschaftlicher Tätigkeit der Beitragsbemessung zugrundegelegt, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird; §§ 227 bis 229 SGB V gelten entsprechend.

Wird danach - auch nach Auffassung des Klägers - das (außerland- und außerforstwirtschaftliche) Arbeitseinkommen ganz für die Beitragsbemessung herangezogen, wenn dem Versicherten tatsächlich eine Rente gezahlt wird, gilt dies in gleicher Weise auch für den Fall, daß sich aus dem Rentenanspruch ein Zahlbetrag wegen Eingreifens eines Ruhenstatbestandes (hier: Anrechnung anderen Einkommens nach § 1281 RVO) nicht ergibt. Denn abgesehen von dem von der Beklagten bereits angeführten Argument, daß Ruhenszeiten auf die Bezugszeiten angerechnet werden (vgl. auch etwa Hauck Haines, Sozialgesetzbuch SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Loseblatt-Ausgabe, Stand August 1991, K § 5 Rd.-Nr. 315), folgt dies auch und insbesondere aus dem Regelungsgehalt der §§ 67 a Abs. 3 KVLG (a.F.), 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG (n.F.). Diese Vorschriften unterwerfen nicht die Rente selbst der Beitragsbemessung, sondern regeln die Frage, in welchem Umfang und in welcher Reihenfolge verschiedenartige Einkünfte für die Bemessung der Beiträge herangezogen werden. Erscheint es sachgerecht, die Beitragslast aus der Rente selbst - wie es der Gesetzgeber in § 67 a Abs. 1 KVLG (a.F.) und § 39 Abs. 1 Nr. 2 KVLG (n.F.) getan hat - an den Rentenzahlbetrag zu knüpfen, gilt dies doch sinnfällig nicht bei der Bemessung verschiedener Einkunftsarten. Hier hat der Gesetzgeber gerade nicht auf den "Zahlbetrag" (der Rente) abgestellt, weil dieser von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten abhängig sein kann, insbesondere hier im Hinblick auf die vom Rentenversicherungsträger angewandte Vorschrift des § 1281 RVO davon, in welchem Umfang anderweitiges Einkommen erzielt wird. Insofern ist nämlich zu beachten, daß sowohl in der allgemeinen Krankenversicherung wie auch in der KVdL Arbeitseinkommen, das von versicherungspflichtigen Beschäftigten bzw. Versicherungspflichtigen im Sinne des § 2 Abs. 1 KVLG (n.F.) neben ihrer Tätigkeit, die den Anknüpfungspunkt für ihre Pflichtmitgliedschaft bildet, erzielt wird, grundsätzlich nur dann bis zur Beitragsbemessungsgrenze bzw. nach Maßgabe des § 40 Abs. 7 KVLG (n.F.) berücksichtigt wird, "soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird". Hat aber ein Versicherter dieses Personenkreises dem Grunde nach Anspruch auf eine Rente (oder Versorgungsbezüge) und kommt es nur oder auch wegen der Anrechnung der anderen Einkommensarten nicht zur Rentenzahlung, wären diese Versicherten denjenigen Versicherten gegenüber ungerechtfertigt besser gestellt, deren Einkommen zu niedrig ist, um den Anspruch auf Zahlung einer Rente in vollem Umfang zum Ruhen zu bringen. Es widerspräche dem die gesetzliche Krankenversicherung prägenden Solidaritätsgrundsatz, wenn bei gleicher Ausgangslage im Hinblick auf die verschiedenen Einkunftsarten der "Besserverdienende" deshalb weniger Beiträge zu zahlen hätte als der "Schlechterverdienende" , weil die Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Ruhen des Anspruchs auf Rente geführt hat.

Die oben dargelegten Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen versicherungspflichtiger Rentner. Insofern ist der von der Beklagten aufgezeigte Unterschied in § 237 Satz 1 Nr. 3 SGB V einerseits und § 39 Abs. 1 Nr. 4 KVLG (n.F.) andererseits nur ein scheinbarer, da § 39 KVLG (n.F.) die Beitragsberechnung für versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer regelt und es im Falle versicherungspflichtiger Rentner des Zusatzes "soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird" deshalb nicht bedarf, weil der Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits zur Begründung der Mitgliedschaft geführt hat. Diese Mitgliedschaft - darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen - hängt aber nicht davon ab, daß die Rente tatsächlich ausgezahlt wird. Auch bei einem Ruhen der Rente bestand und besteht Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner.

Daß die Beklagte für den hier in Rede stehenden Zeitraum Beiträge der Höhe nach zu Unrecht fordere, hat der Kläger nicht geltend gemacht; ein Fehler in der Beitragsberechnung ist auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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