L 34 AS 1050/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 190 AS 19114/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 1050/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. März 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 09. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2010 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Änderung seines Bescheides vom 20. November 2009 für Januar 2010 weitere Leistungen in Höhe von 54,00 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) unter Übernahme einer Nachforderung aus einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2008 in Höhe von 1.036,80 EUR.

Der 1948 geborene Kläger steht seit Oktober 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Während dieser Zeit bewohnte er zunächst unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift eine 71 m² große Zweizimmerwohnung (Wohnung Nr. 12), für die ein monatlicher Mietzins von 550,00 EUR (Kaltmiete 350,00 EUR, Betriebskostenvorschuss 150,00 EUR, Heizkostenvorschuss 50,00 EUR) zu zahlen war. Der Beklagte legte der Leistungsbewilligung zunächst den Mietzins von 550,00 EUR – abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von 9,00 EUR - zugrunde.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2006 wies er den Kläger auf die Unangemessenheit seiner Unterkunfts- und Heizkosten hin, erläuterte ihm, dass er als angemessen für einen Einpersonenhaushalt Kosten lediglich in Höhe von 360,00 EUR ansehe, und kündigte an, die darüber hinausgehenden Kosten nur noch bis zum 30. November 2006 anzuerkennen. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Für den Fall eines beabsichtigten Wohnungswechsels sind die oben genannten Richtwerte für eine neue Unterkunft einzuhalten. Vor Anmietung neuen Wohnraums ist beim Träger der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Zusicherung zur Kostenübernahme für diese neue Unterkunft einzuholen. "

Zum 01. November 2006 mietete der Kläger daraufhin im selben Haus eine 50 m² große – möblierte - Wohnung (Nr. 18) an, für die eine Bruttowarmmiete in Höhe von 413,00 EUR (Kaltmiete 281,74 EUR, Betriebskosten 101,26 EUR, Heizkostenvorschuss 30,00 EUR) zu zahlen war. Die Wohnung befindet sich in einem Haus mit einer Wohnfläche von 952,57 m². Die Wärmeversorgung und Warmwasseraufbereitung erfolgen zentral über eine Ölheizung. Eine vorherige Zusicherung hatte der Kläger beim Beklagten nicht eingeholt.

Der Beklagte legte daraufhin der Leistungsbewilligung ab dem 01. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 360,00 EUR, ab dem 01. Juni 2009 in Höhe von 378,00 EUR zugrunde. Auch für den Zeitraum vom 01. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 gewährte er dem Kläger mit Bescheid vom 20. November 2009 Leistungen in Höhe von 359,00 EUR zum Lebensunterhalt sowie in Höhe von 378,00 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2009 stellte der Wohnungseigentümer dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2008 Betriebskosten in Höhe von 609,52 EUR und Heizkosten in Höhe von 427,28 EUR, insgesamt mithin 1.036,80 EUR in Rechnung und bat um Berücksichtigung bei der nächsten Mietzahlung. Ausweislich der Abrechnung war die Nachforderung auf einen höheren Verbrauch zurückzuführen; die Vorauszahlungen waren geleistet worden.

Am 28. Januar 2010 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übernahme dieser Kosten. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09. März 2010 mit der Begründung ab, dass dem Kläger bereits mit Bescheid vom 19. Oktober 2006 mitgeteilt worden sei, dass er nur noch die angemessene Miete für einen Einpersonenhaushalt erhalte, da er ohne Zustimmung des Grundsicherungsträgers umgezogen sei. Mieterhöhungen sowie Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen könnten daher keine Berücksichtigung mehr finden.

Am 14. April 2010 legte der Kläger hiergegen "Widerspruch nach § 44 SGB X" ein und behauptete davon ausgegangen zu sein, sich nur dann vor der Neuanmietung einer Wohnung an den Beklagten wenden zu müssen, wenn die neue Wohnung im Vergleich zur vorherigen höhere Kosten verursache. Im Übrigen sei er sehr krank und habe schwere Depressionen. Er wohne seit elf Jahren in dem Haus und habe sein soziales Umfeld dort.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2010 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig, da verspätet.

Am 16. Juni 2010 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben und geltend gemacht, dass er den Bescheid vom 09. März 2010 erst am 15. März 2010 erhalten habe. Weiter hat er darauf verwiesen, dass ihm aufgrund seines Gesundheitszustandes Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich gewesen seien.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. April 2012 vor dem Sozialgericht hat der Kläger schließlich erklärt, seit fünf bis sechs Jahren an Panikattacken zu leiden und deshalb in psychologischer Behandlung zu sein. Diese blitzartigen Panikattacken führten dazu, dass er – wenn sie aufträten – so schnell wie möglich nach Hause müsse. Ihm sei dann ganz schlecht. Kostensenkungsmaßnahmen seien ihm daher im Jahre 2008 nicht zumutbar gewesen, weil er aufgrund der psychischen Erkrankung auf sein direktes Wohnumfeld angewiesen gewesen sei.

Das Sozialgericht hat daraufhin Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M hat in seinem Befundbericht vom 31. Mai 2012 angegeben, den Kläger vom 20. September 2005 bis zum 25. März 2008 behandelt zu haben. Nach einem Termin am 09. Januar 2007 habe der Kläger ihn lange Zeit nicht aufgesucht. Bei seinem nächsten Besuch am 25. März 2008 habe er sich notiert "Letztes Jahr (Alkohol)Rückfall, dann lange (auf) Mallorca – trocken, keine Ängste, ). Der Allgemeinmediziner Dr. A B hat unter dem 11. Juni 2012 mitgeteilt, den Kläger in den Jahren 2006 und 2007 vierteljährlich, seit 2008 nur noch gelegentlich (nicht zwischen 21. Februar und 17. Juli 2008) behandelt zu haben. Die Einnahme der verordneten Medikamente erfolge durch den Kläger bei Bedarf; die Beschwerden ließen sich befriedigend beheben. Schließlich hat die Fachärztin für Urologie Dr. L am 29. Mai 2012 ausgeführt, den Kläger erstmals im März 2011 behandelt zu haben.

Mit Urteil vom 15. März 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage zwar zulässig, nicht jedoch begründet sei. Da der Beklagte den Zugang des Ablehnungsbescheides nicht nachweisen könne, sei davon auszugehen, dass der Widerspruch rechtzeitig erfolgt sei. Dem Kläger stehe jedoch kein Anspruch auf Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung zu. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides messe sich an § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) und § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Die danach erforderlichen Voraussetzungen für eine weitergehende Leistungsgewährung lägen nicht vor. Mit der Geltendmachung der Betriebs- und Heizkostennachforderung durch die Vermieterin sei keine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. Dem Kläger stehe weder nach Satz 1 noch nach Satz 3 des § 22 Abs. 1 SGB II ein Anspruch auf Kostenübernahme zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlung zu. Eine Übernahme nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II scheide aus, da die Kosten nicht angemessen seien. Entscheidend sei materiell-rechtlich insoweit nicht der Januar 2010. Vielmehr beurteile sich die Rechtslage nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist. Ob die Aufwendungen für die Wohnung angemessen gewesen seien, sei nicht anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gem. § 22 SGB II des Beklagten (AV-Wohnen) zu bestimmen. Angemessen gewesen sei im fraglichen Zeitraum vielmehr unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Grundlage des gewichteten B Mietspiegels vom 11. Juli 2007 eine Bruttokaltmiete in Höhe von 305,50 EUR [= 50 m² x (4,67 EUR Nettokaltmiete + 1,44 EUR Betriebskosten)]. Der Grenzwert, bis zu dem Heizkosten übernommen werden müssten, habe ausgehend von einer mit Öl betriebenen, eine Gebäudefläche von mehr als 1.000 m² Wohnfläche beheizenden Anlage nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" für das Jahr 2008 – auf der Basis der Vergleichswerte aus 2007 - 53,75 EUR betragen. Es ergebe sich danach eine abstrakte maximal angemessene monatliche Bruttowarmmiete von 359,25 EUR. Die so bestimmten abstrakt angemessenen Kosten seien auch konkret angemessen. Da der Beklagte im Jahr 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung bereits in Höhe von monatlich 360,00 EUR erbracht habe, käme eine weitergehende Leistungsbewilligung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht in Betracht. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch auf Übernahme der unangemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu. Dem Kläger seien Kostensenkungsmaßnahmen durch Umzug in eine andere Wohnung objektiv wie subjektiv möglich gewesen. Soweit der Kläger geltend mache, aufgrund von Panikattacken auf das direkte soziale Umfeld in dem Mehrfamilienhaus angewiesen gewesen zu sein, spiegele sich der Leidensdruck aus den Befundberichten nicht wider. Auch führe der Umzug innerhalb eines Bezirks wie B-N nicht zum Verlust des sozialen Umfeldes.

Gegen dieses ihm am 09. April 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. April 2013 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Sowohl die Wohnungsgröße als auch die Kosten der Unterkunft und Heizung im Jahre 2008 seien im Einzelfall angemessen. Es sei verfahrensfehlerhaft, dass das Sozialgericht kein Sachverständigengutachten über die subjektive Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen eingeholt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 09. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Nachzahlung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahr 2008 in Höhe von 1.036,80 EUR zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 14. und 19. März 2014 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

Die statthafte und im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 173 SGG) Berufung des Klägers ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang begründet. Das Sozialgericht ist in sachgerechter Auslegung des durch die Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrages, den Beklagten zur Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahr 2008 in Höhe von 1.036,80 EUR zu verurteilen, davon ausgegangen, dass der Kläger die Bewilligung höherer Leistungen nur für die Kosten der Unterkunft und Heizung im Januar 2010 begehrt. Denn zum einen ist dem formulierten Antrag in der gebotenen Deutlichkeit eine – jedenfalls im damaligen Zeitraum – zulässige Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Höhe der Leistungen für die Unterkunft und Heizung zu entnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R – Rn. 12). Zum anderen gehören Nachforderungen von Heiz- und Betriebskosten, die nach regelmäßiger Übernahme der Vorauszahlungen und Abschläge entstehen, als einmalig geschuldete Zahlungen in der Regel zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (vgl. BSG, Urteile vom 22.03.2010 – B 4 AS 62/09 R – Rn. 13, 06.04.2011 – B 4 AS 12/10 R – Rn. 15, 07.07.2011 – B 14 AS 154/10 R – Rn. 14, 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R – Rn. 14, jeweils zitiert nach juris). Ob der Kläger die Nachforderung tatsächlich im Januar 2010 beglichen hat, ist dabei unerheblich. Denn allein der Umstand, dass der Hilfebedürftige die Nachforderung nicht innerhalb der ihm vom Vermieter gesetzten Frist befriedigt hat, führt nicht dazu, dass es sich - allein durch Zeitablauf - bei den nachgeforderten Heiz- und Betriebskosten nicht mehr um einen aktuellen Bedarf, sondern (nur noch) um nach § 22 Abs. 8 (bzw. früher 5) Satz 1 SGB II durch Darlehen auszugleichende Schulden handelt (BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 62/09 R – zitiert nach juris, Rn. 17).

Allerdings kann der Kläger mit seinem Begehren nur in sehr geringem Umfang Erfolg haben.

Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 09. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2010 misst sich – wie bereits das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat – an § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs. 1 SGB X. Denn mit Bescheid vom 20. November 2009 hatte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. In diesen Bewilligungsabschnitt fällt die Fälligkeit der Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 19. Dezember 2009.

Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt – hier der den Zeitraum vom 01. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 betreffende Bewilligungsbescheid vom 20. November 2009 – mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X). Wegen § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend. Haben sich Veränderungen in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen ergeben, die dazu führen, dass der Verwaltungsakt dem Grunde oder der Höhe nach so nicht mehr ergehen dürfte, so liegt eine wesentliche Änderung vor. Eine Änderungswirkung zugunsten des Berechtigten liegt vor, wenn die Änderung nach objektiver Betrachtungsweise "per saldo" einen Vorteil bewirkt.

Eine derartige Änderung ist vorliegend eingetreten. Mit der Geltendmachung der Betriebs- und Heizkostennachforderung durch den Vermieter ist eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten, da die nach § 22 Abs. 1 SGB II zu gewährenden Leistungen nicht nur die laufenden, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung umfassen. Auch ist diese Änderung wesentlich, da die mit Bescheid vom 20. November 2009 für Januar 2010 erfolgte Leistungsbewilligung nicht mehr in der ursprünglichen Form hätte erfolgen dürfen, dem Kläger vielmehr weitere 54,00 EUR hätten bewilligt werden müssen.

Der Kläger, der sowohl im Zeitraum der Entstehung der Betriebs- und Heizkosten im Jahre 2008 als auch bei ihrer Fälligkeit im Januar 2010 Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II war, nämlich zwar das 15. Lebensjahr vollendet, nicht aber die Altersgrenze des § 7a erreicht hatte (Nr. 1), seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (Nr. 4), erwerbsfähig (Nr. 2) und unstreitig auch hilfebedürftig war (Nr. 3), kann nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II weitere 54,00 EUR beanspruchen. Weder steht ihm jedoch gemäß dieser Vorschrift noch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ein Anspruch auf Gewährung darüber hinausgehender Leistungen zu.

In welchem Umfang Hilfebedürftigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren sind, bestimmt sich nach § 22 Abs. 1 SGB II. Nach Satz 1 dieser Vorschrift werden sie in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Den angemessenen Umfang übersteigende Kosten können – gemäß Satz 3 – so lange berücksichtigt werden, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Bzgl. der damit vorrangig zu klärenden Frage, ob die dem Kläger tatsächlich entstandenen Kosten angemessen sind, kommt es hier nicht auf den Januar 2010 an, auch wenn die Kosten erst in diesem Monat fällig waren. Vielmehr beurteilt sich die Rechtslage bzgl. der Angemessenheit der Kosten nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist. Denn allein in diesem Zeitraum ist der Leistungsberechtigte in der Lage, die Unterkunfts- und Heizungskosten im Sinne seiner Obliegenheit zu beeinflussen (BSG, Urteile vom 06.04.2011 – B 4 AS 12/10 R – Rn. 17 und vom 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R – Rn. 15 f., zitiert jeweils nach juris). Entscheidend ist damit, ob unter Berücksichtigung der dem Kläger bereits für das Jahr 2008 für die Unterkunft und Heizung entstandenen Kosten die zusätzlich angefallenen, in der Betriebs- und Heizkostennachforderung vom Dezember 2009 bezifferten Kosten als angemessen anzusehen sind. Dies ist lediglich in geringem Umfang der Fall. Die bei dem Kläger im Laufe des Jahres 2008 angefallenen Kosten für Unterkunft und Heizung waren nicht angemessen. Allerdings ist der vom Beklagten als angemessen angesehene Höchstbetrag für die monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 360,00 EUR um 4,50 EUR zu niedrig angesetzt (vgl. hierzu zu I.). Einen weitergehenden Anspruch kann der Kläger jedoch auch auf der Grundlage der Bestandsschutzregel des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht erfolgreich geltend machen (vgl. hierzu zu II.).

I. Soweit der Beklagte davon ausgegangen ist, dass dem Kläger im Jahr 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich nicht mehr als 360,00 EUR zustehen und eine Übernahme darüber hinausgehender Kosten nicht in Betracht kommt, trifft dies nicht zu. Allerdings ist dieser zur Übernahme lediglich weiterer 54,00 EUR (für den gesamten Zeitraum), nicht aber der von dem Kläger geforderten 1.036,80 EUR verpflichtet.

Soweit der Beklagte sich bei der Festsetzung der als angemessen angesehenen Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die AV-Wohnen vom 07. Juni 2005 in der Fassung vom 30. Mai 2006 gestützt hat, können diese hier nicht maßgebend sein (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 26, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 26 und – B 14 AS 2/10 R – Rn. 20). Denn zum einen stellen sie auf eine Bruttowarmmiete ab, auf die es tatsächlich nicht ankommt (vgl. BSG, Urteile vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R – Rn. 19, vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 26, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 26 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 20, zitiert jeweils nach juris). Zum anderen ist nicht erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten ein schlüssiges Konzept zugrunde liegt (BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 26, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 26 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 20, zitiert jeweils nach juris). Die Angemessenheitsprüfung setzt vielmehr eine Einzelfallprüfung voraus und hat für die Unterkunftskosten (vgl. hierzu im Folgenden zu 1.) und die Heizkosten (vgl. hierzu im Folgenden zu 2.) getrennt zu erfolgen (vgl. BSG, Urteile vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R – Rn. 19 sowie vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 26, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 26 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 20, nunmehr nochmals vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – Rn. 17 ff., alle zitiert nach juris).

1. Entscheidend für die Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat sich anschließt, die so genannte Produkttheorie. Danach ist zunächst die maßgebliche Wohnungsgröße zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landes-rechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, muss angemessen und es müssen tatsächlich Wohnungen, die den genannten Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein (grundlegend: BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R -, zitiert nach juris, Rn. 17 ff.).

a) Wie bereits das Sozialgericht Berlin hält auch der Senat für eine alleinstehende Person – wie den Kläger - Wohnraum von bis zu 50 m² für angemessen (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R – Rn. 22, - B 14 AS 2/10 R – Rn. 17 und - B 14 AS 32/09 R – Rn. 16 ff., jeweils zitiert nach juris).

Bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße ist auf die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße abzustellen (vgl. BSG, grundlegendes Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R - zitiert nach juris, Rn. 19). Da das Land Berlin zu § 10 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) keine Ausführungsvorschriften erlassen hat und zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) n.F. und § 27 WoFG nur unveröffentlichte Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 vorliegen, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen, ist die Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 (Amtsblatt für Berlin, 1995, 4462) maßgeblich. Dabei sind weder Differenzierungen nach der Raumzahl (BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 22 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 17, beide zitiert nach juris) noch die (unterschiedlichen) Wohnungsgrößen in den (zum 31.12.1999) außer Kraft getretenen Richtlinien der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen für die Förderung der Neuschaffung von Wohnraum im sozialen Wohnungsbau (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 vom 16.07.1990 i.d.F. der Änderungsvorschriften vom 13.12.1992) und die Richtlinien über die Förderung von eigen genutztem Wohneigentum (Eigentumsförderungssätze 1999 vom 25.05.1999) bedeutsam (BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 22, - B 14 AS 65/09 R – Rn. 23 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 17, alle zitiert nach juris).

b) In einem zweiten Schritt ist die angemessene Nettokaltmiete je Quadratmeter festzustellen.

Dabei ist zunächst auf Wohnungen abzustellen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen und keinen gehobenen Standard aufweisen (BSG, Urteile vom 02.07.2009 – B 14 AS 32/07 R – Rn. 24, vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R – Rn. 17 und – B 14 AS 65/08 R – Rn. 16, vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – Rn. 15 und – B 4 AS 50/09 R – Rn. 15, vom 18.02.2010 – B 14 AS 73/08 R – Rn. 26, vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 25, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 25 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 19 sowie vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R – Rn. 23, alle zitiert nach juris). Die Wohnungen müssen im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteile vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – Rn. 20 und vom 02.07.2009 – B 14 AS 33/08 R – Rn. 18, jeweils zitiert nach juris). Als maßgeblicher Vergleichsraum ist in Berlin aufgrund der verkehrstechnischen Verbundenheit und der einheitlichen Infrastruktur das gesamte Stadtgebiet heranzuziehen, für das auch ein einheitlicher und nicht nach Bezirken getrennter Mietspiegel existiert (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – Rn. 24, – B 14 AS 65/09 R – Rn. 24 und - B 14 AS 2/10 R – Rn. 18).

Zur Ermittlung der für eine entsprechende Wohnung üblicherweise zu zahlenden Miete pro Quadratmeter Wohnfläche kann – wie ausgeführt – nicht auf die AV-Wohnen zurückgegriffen werden. Vielmehr sind die maßgeblichen Mietobergrenzen auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Legt der Träger der Grundsicherung keine Daten und/oder Auswertungen vor, muss das Gericht auf bereits vorhandene Datengrundlagen wie den Berliner Mietspiegel bei der Bestimmung eines angemessenen Referenzwertes zurückgreifen, bevor es die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz heranzieht (BSG, Urteile vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R – Rn. 22 und vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – Rn. 25, jeweils zitiert nach juris).

Grundlage für die Bestimmung der maßgeblichen Mietobergrenze ist daher der Berliner Mietspiegel, bei dem es sich um einen qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handelt, für den gemäß § 558 Abs. 3 BGB die gesetzliche Vermutung gilt, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Mit Blick auf den streitgegenständlichen Zeitraum – hier das Jahr 2008 - hat der Senat den B Mietspiegel 2007 vom 11. Juli 2007 (Amtsblatt von Berlin 2007, S. 1797 ff.) zur Grundlage seiner Prüfung gemacht, obwohl dieser auf in den Vorjahren erhobenen Daten basiert. Denn Grundlage für die Beurteilung der maßgeblichen Nettokaltmiete kann stets nur ein in dem fraglichen Zeitraum bereits veröffentlichter Mietspiegel sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – zitiert nach juris, Rn. 21). Ergänzend hat er die Grundlagendaten zum Mietspiegel 2007, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durch die GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH ermittelt wurden (GEWOS-Endbericht), herangezogen.

Diese Grundlagendaten enthalten keine Angaben, die den Schluss zulassen, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist, dass sie einen einfachen Standard nachvollziehbar abbildet. Denn die Daten des GEWOS-Endberichts beziehen sich stets auf das gesamte Land Berlin, nicht jedoch auf die einzelnen Bezirke (vgl. insbesondere die Tabellen 25 bis 32b). Differenziert wird in einigen Tabellen des GEWOS-Endberichts lediglich zwischen den "westlichen" und den "östlichen" Bezirken (vgl. die Tabellen 13, 14b, 15b, 19b, 20b, 32b). Daher hat der Senat im Anschluss an eine von Richtern des Sozialgerichts Berlin entwickelte (Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2011, S. 28-42) und vom Bundessozialgericht gebilligte Methode (Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 85/09 R – zitiert nach juris, Rn. 28) einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach der Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Baualtersklassen gebildet, da ein solcher Mittelwert gewährleistet, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt einfließt.

Ausgangspunkt für die Bildung des arithmetischen Mittelwerts sind die Daten für Wohnungen mit einer Größe von 40 bis unter 60 m² in einfachen Wohnlagen, wie sie in Zeile D der Mietspiegeltabelle angegeben werden. Zur Gewichtung hat der Senat zunächst festgelegt, welche der in der Zeile D der Mietspiegeltabelle erfassten Wohnungen er überhaupt als berücksichtigungsfähig ansieht, und sodann deren Verteilung auf die einzelnen Spalten beachtet. So hat er in seine Berechnungen keine Werte für Wohnungen der Baualtersklassen 1973 bis 1983 West (Spalte 8) und 1973 bis 1990 West (Spalte 9) einfließen lassen, da für diese mangels genügender Zahl von Mietwerten keine verlässliche Aussage möglich war. Dementsprechend weist die Mietspiegeltabelle in den Spalten 8 und 9 auch keine Werte aus. Weiter hat der Senat die Werte der Spalten 1 und 3, die für die Bauklassen einerseits bis 1918 und andererseits 1919 bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad [Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne (Dusch-)Bad] ausweisen, unberücksichtigt gelassen, da Hilfebedürftige auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – zitiert nach juris, Rn. 23 f.). Ebenso hat er Wohnungen, die zwischen 1950 und 1955 bezugsfertig geworden sind und über einen gleichermaßen nur niedrigen Ausstattungsgrad verfügen, soweit sie zahlenmäßig erfasst sind, nicht in die Bewertung einfließen lassen. Dementsprechend wurden auf der Grundlage der Tabelle 1 "Fortschreibung der Grundgesamtheit zum Berliner Mietspiegel 2007" des GEWOS-Endberichts für die Spalte 2 40.500 Wohnungen, für die Spalte 4 20.500, für die Spalte 5 8.600, für die Spalte 6 14.800, für die Spalte 7 2.800, für die Spalte 10 27.600 und für die Spalte 11 4.300 Wohnungen in die Gewichtung einbezogen, sodass insgesamt 119.100 Wohnungen Berücksichtigung fanden. Die verwendeten Werte basieren daher auf einer ausreichend großen und repräsentativ ermittelten Datenbasis.

Weiter hat der Senat die Summe der auf die einzelnen Kaltmietwerte entfallenden Wohnungen ins Verhältnis zur Summe der insgesamt zu berücksichtigenden Wohnungen gesetzt, die so ermittelten Quotienten mit den jeweiligen Kaltmietwerten multipliziert und die einzelnen sich errechnenden Produkte addiert. Dabei hat er für die Kaltmietwerte auf die Mittel- und nicht die Spannenoberwerte abgestellt (BSG, Urteile vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R – Rn. 28 und vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R – Rn. 27, jeweils zitiert nach juris). Ferner hat er die aus den Fußnoten zur Mietspiegeltabelle ersichtlichen geringeren Werte (Spalten 5 und 6) für Neubauwohnungen, die zwischen 1950 und 1955 sowie zwischen 1956 und 1964 bezugsfertig geworden sind und die einen besonders niedrigen Ausstattungsgrad [Wohnungen ohne Sammelheizung oder ohne (Dusch-)Bad] aufweisen, unberücksichtigt gelassen. Es ergibt sich danach folgende Berechnung:

Spalte Anzahl der Wohnungen Gesamtzahl der Wohnungen Quotient Mittelwert EUR/m² Nettokaltmiete EUR/m² 2 40.500: 119.100 0,3401 x 4,35 = 1,479435 4 20.500: 119.100 0,1721 x 4,77 = 0,820917 5 8.600: 119.100 0,0722 x 4,43 = 0,319846 6 14.800: 119.100 0,1243 x 4,41 = 0,548163 7 2.800: 119.100 0,0235 x 4,56 = 0,10716 10 27.600: 119.100 0,2317 x 4,96 = 1,149232 11 4.300: 119.100 0,0361 x 6,70 = 0,24187 insgesamt 119.100: 119.100 1 4,666624 EUR/m², d.h. 4,67 EUR/m²

c) Schließlich waren die kalten Betriebskosten je Quadratmeter zu ermitteln. Der Senat hat hierzu auf die durch die GEWOS GmbH für das Land Berlin und nicht z.B. auf die vom Deutschen Mieterbund e.V. für die gesamte Bundesrepublik ermittelten Betriebskostenwerte abgestellt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat sich anschließt, sind im Ausgangspunkt örtliche Übersichten maßgeblich, da auf die sich bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergebenden regional deutlichen Unterschiede Rücksicht genommen werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R- juris, Rn. 29). Soweit das Bundessozialgericht in diesem Zusammenhang weiter dargelegt hat, dass eine weitergehende Gewichtung nicht vorzunehmen sei, weil nicht erkennbar sei, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten ließen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R- juris, Rn. 29), sieht sich der Senat nicht daran gehindert, auch hinsichtlich der kalten Betriebskosten einen gewichteten arithmetischen Mittelwert zu bilden. Denn das Bundessozialgericht hat weiter deutlich gemacht, dass die "Vergröberung", die sich dadurch ergebe, dass die Durchschnittswerte aus allen Mietverhältnissen herangezogen würden, lediglich erforderlich sei, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment – auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment – eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden sei (BSG, Urteile vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – Rn. 27 und vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – Rn. 31, jeweils zitiert nach juris). Da eine entsprechend differenzierte Datenlage nicht vorliege und eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheide, sei es hinzunehmen, dass dies zu einem Wert führe, der – weil er den gesamten Mietmarkt erfasse – in der Tendenz höher liege als dies bei der Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen seien. Für Berlin ist allerdings zu beachten, dass die dem GEWOS Endbericht zu entnehmenden Daten hinsichtlich der Durchschnittswerte für die kalten Betriebskosten zwar tatsächlich keine Differenzierungen nach Wohnlagen und Wohnfläche aufweisen, sodass diesbezüglich insbesondere auch auf die Werte zurückzugreifen ist, die für Wohnungen nicht nur in einfachen, sondern auch besseren Wohnlagen erhoben wurden. Umgekehrt ist jedoch ohne weiteres ersichtlich, für welche Baualtersklassen welche Werte erhoben wurden und wie viele Wohnungen je Baualtersklasse Eingang in die Erhebung gefunden haben. Da zugleich die von der GEWOS GmbH für die einzelnen Baualtersklassen ermittelten Betriebskosten eine Spanne von 1,23 EUR/m² bis 1,82 EUR/m² und damit nicht unerhebliche Schwankungen aufweisen und in die einzelnen Mittelwerte je nach Baualtersklasse die Kosten von 12.900 bis zu 281.900 Wohnungen eingeflossen sind, erscheint es dem Senat durchaus sachgerecht, konsequenterweise auch hier eine Gewichtung vorzunehmen. Denn dem mit der Gewichtung verfolgten Zweck, einzelne Werte für bestimmte Baualtersklassen nur entsprechend ihrer tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in die Prüfung einfließen zu lassen, wird nur dann Genüge getan, wenn auch bzgl. der kalten Betriebskosten eine Gewichtung erfolgt. Dem Gebot, bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abzubilden (BSG, Urteile vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – Rn. 27 und vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – Rn. 31, zitiert jeweils nach juris), wird damit entsprochen.

In die Gewichtung sind innerhalb der einzelnen berücksichtigungsfähigen Spalten sämtliche Wohnungen unabhängig von ihrer Größe und Lage einzubeziehen und ausgehend von der Tabelle 1 "Fortschreibung der Grundgesamtheit zum Berliner Mietspiegel 2007" des GEWOS-Endberichts wiederum diejenigen Spalten, in denen die Wohnungen mit (weit) unterdurchschnittlicher Ausstattung enthalten sind, d.h. die Spalten vor 1, 1, vor 3, 3 und vor 5 gar nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen sind für die Spalte 2 281.900 Wohnungen, für die Spalte 4 154.700, für die Spalte 5 77.900, für die Spalte 6 149.100, für die Spalte 7 65.700, für die Spalte 8 19.200, für die Spalte 9 12.900, für die Spalte 10 204.400 und für die Spalte 11 56.900 Wohnungen in die Gewichtung einzubeziehen, sodass insgesamt 1.022.700 Wohnungen Berücksichtigung finden. Auf der Grundlage der Tabelle 5 "Durchschnittliche kalte Betriebskosten zum Berliner Mietspiegel 2007 in Euro/m²" des GEWOS-Endberichts sind schließlich für Wohnungen der Spalte 2 1,23 EUR/m², 1,47 EUR/m² für die der Spalte 4, 1,54 EUR/m² für die der Spalte 5, 1,56 EUR/m² für die der Spalte 6, 1,50 EUR/m² für die der Spalte 7, 1,82 EUR/m² für die der Spalte 8, 1,70 EUR/m² für die der Spalte 9, 1,46 EUR/m² für die der Spalte 10 sowie 1,53 EUR/m² für die der Spalte 11 anzusetzen. Es ergibt sich danach folgende Berechnung:

Spalte Anzahl der Wohnungen Gesamtzahl der Wohnungen Quotient Mittelwert EUR/m² Nettokaltmiete EUR/m² 2 281.900: 1.022.700 0,2756 x 1,23 = 0,338988 4 154.700: 1.022.700 0,1513 x 1,47 = 0,222411 5 77.900: 1.022.700 0,0762 x 1,54 = 0,117348 6 149.100: 1.022.700 0,1458 x 1,56 = 0,227448 7 65.700: 1.022.700 0,0642 x 1,50 = 0,0963 8 19.200: 1.022.700 0,0188 x 1,82 = 0,034216 9 12.900: 1.022.700 0,0126 x 1,70 = 0,02142 10 204.400: 1.022.700 0,1999 x 1,46 = 0,291854 11 56.900: 1.022.700 0,0556 x 1,53 = 0,085068 insgesamt 1.022.700: 1.022.700 1 1,435053 EUR/m², d.h. 1,44 EUR/m²

Ohne eine Gewichtung der Mittelwerte ergäbe sich hingegen ein Betrag von 1,53 EUR/m², der maßgeblich darauf zurückzuführen wäre, dass gerade in den - in den Spalten 8 und 9 erfassten - Wohnungen der Baualtersklassen 1973 bis 1983 West und 1984 bis 1990 West, die zahlenmäßig nur in geringem Umfang vorhanden sind, weit überdurchschnittlich hohe Betriebskosten anfallen. Diesen ungewichteten Wert zugrunde zu legen, erscheint daher nicht sachgerecht.

Es errechnet sich damit für einen Einpersonenhaushalt unter Ansatz gewichteter Betriebskosten eine angemessene monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 6,11 EUR/m² (= 4,67 EUR/m² + 1,44 EUR/m²) und damit für eine Wohnung von 50 m² Größe eine angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von insgesamt 305,50 EUR (= 6,11 EUR/m² x 50 m²). Diesen Betrag überschreitet die von dem Kläger im Jahre 2008 – selbst unter Außerachtlassung der Nachforderung für die Betriebskosten in Höhe von 609,52 EUR - in Höhe von monatlich 383,00 EUR zu zahlende Bruttokaltmiete jedoch bereits erheblich.

c) Heizkosten sind schließlich im Rahmen der Wirtschaftlichkeit im vollen Umfang abhängig von der für den Haushalt abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl zu erstatten (BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R – zitiert nach juris, Rn. 21 ff.). Zur Bestimmung der angemessenen Heizkosten sind die tatsächlich anfallenden Kosten mit einem Grenzwert abzugleichen, der kostspieliges und unwirtschaftliches Heizen indiziert. Soweit die tatsächlich anfallenden Heizkosten diesen Grenzwert nicht überschreiten, sind sie als angemessen anzusehen und vom Sozialleistungsträger zu übernehmen.

Dem Kläger sind für das Jahr 2008 Heizkosten in Höhe von insgesamt 787,28 EUR entstanden (Vorauszahlungen in Höhe von zwölfmal 30,00 EUR zzgl. Nachforderung in Höhe von 427,28 EUR), von denen für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2008 monatlich noch 6,26 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – zitiert nach juris, Rn. 46) und vom 01. Juli bis zum 31. Dezember 2008 monatlich je 6,33 EUR (vgl. BSG, Urteile vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R – Rn. 44 sowie vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – Rn. 46, zitiert jeweils nach juris), mithin insgesamt 75,54 EUR in Abzug zu bringen sind. Denn in den Heizkosten sind auch die Kosten der Warmwasserbereitung enthalten, für die bereits in dem genannten Umfang ein Betrag in der Regelleistung vorgesehen ist (vgl. Urteile des BSG vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R – Rn. 22-27, vom 22.09.2009 – B 4 AS 8/09 R – juris, Rn. 28-31 und vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R, Rn. 44, jeweils zitiert nach juris). Entscheidend ist damit, ob ein Betrag in Höhe von 711,74 EUR im Jahr und damit von monatlich 59,31 EUR noch als angemessen anzusehen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes ist es für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung möglich, die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel", hilfsweise den "Bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen (BSG, Urteile vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R – Rn. 21, 02.07.2009 – B 14 AS 33/08 R – Rn. 31, 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R – Rn. 29, 20.08.2009 – B 14 AS 65/08 R – Rn. 26, 16.04.2013 – B 14 As 28/12 R – Rn. 43, 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – Rn. 22, alle zitiert nach juris). In Berlin ist mangels eines kommunalen Heizspiegels der "Bundesweite Heizspiegel maßgeblich, der hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs sinngemäß zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheidet. Den Grenzwert der Angemessenheit bildet das Produkt aus der für den Haushalt des Leistungsberechtigten abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem Wert, ab dem bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage "extrem hohe" Heizkosten anfallen. Maßgeblich ist dabei stets der Heizspiegel, der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bereits veröffentlicht war. Den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren kommt hingegen keine Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – zitiert nach juris, Rn. 25).

Maßgeblich ist damit hier – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - nicht der erst im Januar 2009 erschienene, auf den 2007 erhobenen Daten beruhende Heizspiegel 2008, sondern der auf den 2006 erhobenen Werten basierende Heizspiegel 2007 vom August 2007, was für den Kläger hier im Übrigen günstiger ist. Denn während für eine mit Öl betriebene Heizung, über die eine Wohnfläche von 501 m² bis 1.000 m² und damit – wie im vorliegenden Fall von 952,57 m² - beheizt wird, nach dem Heizspiegel 2007 Kosten pro Quadratmeter und Jahr von bis zu 14,10 EUR als angemessen zu betrachten waren, waren dies nach dem Heizspiegel 2008 nur noch 13,40 EUR. Von unwirtschaftlichem Heizen ist danach erst dann auszugehen, wenn der Wert von 14,10 EUR/m² und Jahr, mithin von monatlich 1,18 EUR/m² und damit von 59,00 EUR im Monat überschritten wird. Dies ist hier im Umfang von monatlich 0,31 EUR der Fall.

Zwar kommt dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur dieser übernommen werden müssten. Vielmehr kann das Überschreiten des Grenzwertes lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Allerdings führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast (BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – juris, Rn. 23). Vorliegend hat der Kläger nicht ansatzweise dargetan, dass seine für die Heizung anfallenden und über dem Grenzwert liegenden Aufwendungen im Einzelfall noch als angemessen anzusehen sein könnten (vgl. hierzu insbesondere BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – juris, Rn. 26). Auch sind diesbezüglich bedeutsame Gründe, insbesondere z.B. Bettlägerigkeit oder die Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft (BSG, Urteile vom 20.08.2009 – B 14 AS 65/08 R – Rn. 28 sowie vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R – Rn. 26, jeweils zitiert nach juris) nach Aktenlage auszuschließen.

Die für den Kläger im Jahr 2008 als angemessen anzusehenden Kosten für Unterkunft und Heizung bleiben mithin deutlich hinter den ihm hierfür tatsächlich entstandenen Kosten zurück, übersteigen hingegen die ihm vom Beklagten hierfür gewährten Leistungen um 54,00 EUR = 12 x 4,50 EUR [= 50 m² x 7,29 EUR/m² (= 4,67 EUR/m² + 1,44 EUR/m² + 1,18 EUR/m²) - 360,00 EUR].

II. Auch scheidet eine Übernahme der darüber hinausgehenden – und damit unangemessenen - Aufwendungen des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage der so genannten Bestandsschutzregelung (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) aus. Dem Kläger war es sowohl objektiv möglich als auch subjektiv zumutbar, seine Aufwendungen zu senken.

Zweifel an der objektiven Möglichkeit, die im Jahr 2008 für Unterkunft und Heizung bei dem Kläger anfallenden Kosten auf das angemessene Maß zu senken, bestehen nicht. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass es zu den oben aufgezeigten Beträgen innerhalb B keinen Wohnraum gegeben hätte. Abgesehen davon, dass der Kläger dies schon selbst nicht geltend macht, kann bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten auch davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichstraum gibt; nur wenn ein Umzug (allein) wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig ist, kann diese Vermutung nicht gelten (BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R - juris, Rn. 33). Letzteres aber ist hier nicht der Fall.

Auch stand der Kostensenkung keine subjektive Unzumutbarkeit gegenüber. Weder folgt diese aus einer mangelhaften Aufklärung durch den Beklagten noch führen die bei dem Kläger bestehenden Erkrankungen dazu, dass ihm eine Kostensenkung unzumutbar war.

Zu Recht ist das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen, dass der Beklagte dem Kläger im Jahr 2008 Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch in angemessenem Umfang erbringen musste. Denn nachdem der Kläger zunächst in einer noch teureren und bei einer Bruttowarmmiete von 550,00 EUR für eine Person offensichtlich unangemessenen Wohnung gelebt hatte, hatte der Beklagte ihn unter dem 12. Mai 2006 auf die Unangemessenheit der Kosten hingewiesen, zur Kostensenkung aufgefordert und für die Zeit ab Dezember 2006 die Übernahme nur noch der als angemessen angesehenen 360,00 EUR in Aussicht gestellt. Dies hatte zu der Anmietung der mit einer Gesamtmiete von 413,00 EUR (Kaltmiete 281,74 EUR, Betriebskosten 101,26 EUR, Heizkostenvorschuss 30,00 EUR) noch immer zu teuren Wohnung geführt. Eine Pflicht, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in dieser Höhe – samt etwaiger Nachforderungen für Betriebs- und Heizkostennachforderungen - zu gewähren, folgt jedoch weder aus einer unzureichenden Belehrung des Klägers noch aus seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Dass in der ursprünglichen Kostensenkungsaufforderung lediglich auf eine durch den Beklagten für angemessen erachtete Bruttowarmmiete hingewiesen worden war, ohne zwischen Grundmiete, "kalten" Betriebskosten und Heizkosten zu differenzieren, ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum unbedeutend (vgl. vgl. BSG, Urteile vom 19.03.2008 – B 11b AS 43/06 R – Rn. 17 und vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R – Rn. 33, zitiert jeweils nach juris). Denn noch im Jahre 2009 hatte das Bundessozialgericht es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse, und hat erst 2010 eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren sei (BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris, Rn. 43).

Auch ist an dieser Stelle ohne Bedeutung, ob die Mietobergrenze, auf die der Beklagte mit seiner Kostensenkungsaufforderung hingewiesen hatte, sachlich-inhaltlich richtig war. Denn der Streit darüber, ob die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG, Urteile vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R – Rn. 34 und vom 22.03.2012 – B 4 AS 16/11 R – Rn. 19, jeweils zitiert nach juris). Die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete kann in einem Ausnahmefall nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung führen, wenn dadurch bewirkt wird, dass der Leistungsberechtigte seine Suche aufgrund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteile vom 19.03.2008 – B 11b AS 43/06 R – Rn. 15-16, vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – Rn. 40 und vom 22.03.2012 – B 4 AS 16/11 R – Rn. 19, jeweils zitiert nach juris). Dies kann hier jedoch schon mit Blick auf die nur sehr geringe Abweichung zwischen dem vom Beklagten als angemessen angesehenen Betrag und dem tatsächlich angemessenen ausgeschlossen werden.

Anderes folgt auch nicht etwa aus einer im Übrigen mangelhaften Aufklärung durch den Beklagten. Soweit der Kläger sich im Laufe des Widerspruchsverfahrens dahin eingelassen hat, er sei davon überzeugt gewesen, sich nur im Falle der Neuanmietung einer teureren als der bis dahin innegehabten Wohnung an den Beklagten wenden zu müssen, vermag dies seinen Anspruch nicht zu stützen. Der Beklagte hatte in seinem Schreiben vom 12. Mai 2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Fall eines beabsichtigten Wohnungswechsels der genannte Richtwert von 360,00 EUR für eine neue Unterkunft einzuhalten sei und vor Anmietung neuen Wohnraums beim Träger der Grundsicherung die Zusicherung zur Kostenübernahme für diese neue Unterkunft einzuholen sei. Das Risiko, dass der Grundsicherungsträger die Kosten für die – entgegen § 22 Abs. 2 SGB II – ohne vorherige Zusicherung angemietete Wohnung nicht übernehmen würde, trägt allein der Kläger.

Weiter begegnet es keinen Bedenken, dass der Beklagte den Kläger im Folgenden nicht nochmals zur Kostensenkung aufgefordert hat. Der Kläger war zum einen durch die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2006, zum anderen aufgrund der ihm im Folgenden regelmäßig nur noch in Höhe der als angemessen angesehenen Kosten gewährten Leistungen umfassend informiert.

Schließlich können die zweifelsohne bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen keine subjektive Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründen. Zwar können Krankheiten zu den Umständen gehören, die ausnahmsweise eine subjektive Unzumutbarkeit rechtfertigen. Allerdings muss dann erkennbar sein, warum die Erkrankungen und Beschwerden ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung aus medizinischen Gründen erforderlich machen bzw. einen Umzug schlechthin ausschließen sollen (BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R – zitiert nach juris, Rn. 37). Dies kann z.B. der Fall sein, weil die Wohnung mit Hilfsmitteln ausgestattet ist, die auf die spezielle gesundheitliche Situation des betreffenden Hilfebedürftigen zugeschnitten sind. Auch können andere gesundheitliche Einschränkungen etwa der Geh- und Bewegungsfähigkeit verbunden mit einem zu deren Ausgleich aufgebauten "Hilfssystem" im Umfeld dazu führen, dass die Umzugsalternative nur im eng begrenzten sozialen Umfeld zu suchen ist (BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – zitiert nach juris, Rn. 33). Vergleichbare Umstände lagen bei dem Kläger jedoch weder im Jahre 2006 noch im Jahr 2008 vor.

Den vom Sozialgericht bei den von dem Kläger benannten Ärzten eingeholten Befundberichten ist auch nicht ansatzweise zu entnehmen, dass eine der Erkrankungen einen Verbleib in der konkret bewohnten Wohnung erfordert hätte. Dem steht zum einen schon der im Jahr 2006 – wenn auch innerhalb desselben Hauses – erfolgte Umzug entgegen. Zum anderen folgt es aber auch aus dem Vortrag des Klägers selbst. Blitzartig auftretende Panikattacken, die eine schnellstmögliche Rückkehr in die eigene Wohnung erforderlich machen, mögen es als notwendig erscheinen lassen, sich nicht zu weit von der eigenen Wohnung zu entfernen. Hingegen ist es dafür unbedeutend, wo genau sich diese Wohnung befindet. Insbesondere aber hat der Senat angesichts der von den behandelnden Ärzten geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers, der Art der Behandlung und der Häufigkeit der Konsultationen durch den Kläger keinen Grund zur Annahme, dass es hier um schwerwiegende Erkrankungen ginge, die es rechtfertigen könnten, das – wenn auch durchaus nachvollziehbare - Interesse des Klägers, weiterhin in dem ihm bekannten Haus zu leben, über das Interesse der Allgemeinheit, aus Steuern finanzierte Leistungen tatsächlich nur im die Existenz sichernden Umfang zu erbringen, zu stellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass – entgegen der Ansicht des Klägers – ein Umzug nicht zwingend mit dem Verlust des sozialen Umfeldes einhergeht.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung schließlich geltend macht, das Sozialgericht hätte zur "subjektiven Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen" ein Sachverständigengutachten einholen müssen, geht dies fehl. Die Frage, ob Kostensenkungsmaßnahmen zumutbar sind, ist im Wesentlichen eine rechtliche. Soweit hierfür medizinische Aspekte eine Rolle spielen, wurde zu diesen vom Sozialgericht in dem gebotenen Umfang ermittelt. Anhaltspunkte, die weitergehende medizinische Ermittlungen – auch durch den Senat - erfordert hätten, haben sich dabei gerade – wie aufgezeigt – nicht ergeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des im Verhältnis zur geltend gemachten Forderung unbedeutenden Obsiegens des Klägers hat der Senat von einer Quotelung der Kosten abgesehen.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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