L 6 KR 615/11

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 155/08
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 615/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für eine Selbständigkeit spricht nicht, dass ein Kläger in seinem Zuständigkeitsbereich eigenverantwortlich tätig ist oder er durch eine Bürgschaft, Darlehen oder Schuldbeitritt ein wirtschaftliches Interesse an dem Arbeitgeber hat.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 25. Januar 2011 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2010 bei der Beigeladenen zu 1. versicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1997 Mitglied der Beklagten, seit dem 1. Januar 1998 freiwilliges Mitglied. Die Beigeladene zu 1. ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die im August 2012 mit der L. M. & C. GmbH (nachfolgend ebenfalls Beigeladene zu 1.) verschmolz. Diese wurde mit notariellem Vertrag vom 7. August 1991 gegründet. Das Stammkapital betrug zunächst 192.000 DM, wovon die Hälfte auf die L. C./C. Systeme GmbH mit Sitz in H. entfiel. Der Kläger sowie fünf weitere Personen waren mit einem Anteil von jeweils 16.000 DM (ca. 8,33 v.H.) beteiligt. Der Kläger wurde nicht zum Geschäftsführer bestellt. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 8. Januar 1992 und zuletzt am 22. Februar 2000 neu gefasst. Das Stammkapital betrug nunmehr 98.168,04 EUR, der Kläger war mit einem Anteil von 8.027,28 EUR (ca. 8,17 v.H.) beteiligt. Mehrheitsgesellschafterin war die L. L. & E. AG mit einem Anteil von 50.004,36 EUR (ca. 50,98 v.H.), an welcher der Kläger als Kleinaktionär beteiligt war. In allen abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen war festgelegt, dass Beschlüsse der einfachen Mehrheit bedürfen, in ausdrücklich aufgeführten Einzelfällen war eine Mehrheit von 75 v.H. der Stimmen erforderlich. Darüber hinaus war in jedem der Gesellschaftsverträge geregelt, dass Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, soweit sie das Gesellschaftsverhältnis betreffen, zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Dies galt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.

Der Kläger übernahm zugunsten der Beigeladenen zu 1. eine Höchstbetragsbürgschaft über 16.760 DM und gewährte ihr ein Darlehen in Höhe von 8.800 DM. Er erklärte darüber hinaus 1999 und 2007 jeweils einen öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt neben die Beigeladene zu 1. über 36.216,34 EUR bzw. 42.499,89 EUR.

Die Beigeladene zu 1. und der Kläger schlossen am 1. August 1991 einen Arbeitsvertrag. Der Kläger sollte als Ingenieur im Bereich Entwicklung und Erprobung eingesetzt werden, die Beigeladene zu 1. behielt sich aber das Recht vor, den Kläger an anderer vergleichbarer Stelle einzusetzen. Eine Wochenarbeitszeit wurde nicht vereinbart, der Kläger war aber verpflichtet, alle Kraft in die Dienste der Beigeladenen zu 1. zu stellen und keine andere Tätigkeit auszuüben. Es wurde eine feste monatliche Vergütung vereinbart und es finden sich Regelungen über eine Weihnachtsgratifikation. Der Kläger erhielt jährlich 25 Tage Erholungsurlaub nebst zusätzlicher Urlaubsvergütung sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Außerdem verpflichtete sich die Beigeladene zu 1., die Sozialversicherungsversicherungsbeiträge an die zuständige Krankenkasse abzuführen (was auch geschah). Vertragsänderungen oder sonstige Absprachen bedurften der Schriftform.

Die Beklagte stellte im Rahmen einer versicherungsrechtlichen Beurteilung vom 24. Oktober 2005, dem Kläger zugegangen am 9. Mai 2006, fest, dass dieser seit dem 1. August 1991 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und damit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Sie wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 zurück. Es könne allerdings nur für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 eine Entscheidung getroffen werden, weil erst ab diesem Zeitpunkt die Beklagte die zuständige Krankenkasse sei. Ab dem 1. Januar 1998 bestehe keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, weil der Kläger die Jahresentgeltgrenze überschritten habe und ab diesem Zeitpunkt freiwillig bei der Beklagten krankenversichert sei. Im Übrigen sei eine Versicherungspflicht aber festzustellen.

Im Klageverfahren hat der Kläger angegeben, dass sich die sechs Personen, die neben der L. L. & E. AG an der Beigeladenen zu 1. beteiligt sind, einig waren, dass alle Gesellschafterbeschlüsse einstimmig erfolgen sollten. Eine schriftliche Vereinbarung gebe es aber nicht bzw. sei nicht mehr auffindbar. Da die Beigeladene zu 1. schwarze Zahlen geschrieben habe, habe die L. L. & E. AG die übrigen Gesellschafter bei dem Geschäftsbetrieb in Ruhe gelassen

Zum 31. Dezember 2010 ist der Kläger als Gesellschafter aus der Beigeladenen zu 1. ausgeschieden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. Januar 2011 abgewiesen. Für die Zeit vor dem 1. Januar 1997 sei die Beklagte nicht zuständig gewesen, ab 1. Januar 1998 liege Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Im Übrigen bestehe aber ab dem 1. Januar 1997 eine Versicherungspflicht, weil der Kläger nicht als Selbständiger sondern als abhängig Beschäftigter einzustufen sei. Es liege ein schriftlicher Arbeitsvertrag vor, die Beigeladene zu 1. habe immer die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Der Kläger habe keine Möglichkeit gehabt, Weisungen an ihn zu verhindern.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass er in seinem Bereich von Gründung an ausschließlich bestimmend war, es habe keinen über ihm angesiedelten Weisungsgeber gegeben. Es habe eine mündliche Stimmrechtsbindung hinsichtlich einer gemeinschaftlichen Machtausübung bestanden, wodurch keine Entscheidung gegen den Willen des Klägers getroffen werden konnte. Im Übrigen enthalte der Vertrag zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1. kein Weisungsrecht. Weiterhin trage er durch die Bürgschaft, das Darlehen und die Schuldbeitritte ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Letztlich hätte auch eine teilweise Kostenerstattung erfolgen müssen, da die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung wegen Unzuständigkeit teilweise aufgehoben habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 25. Januar 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2007 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung und in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend. Der Kläger habe keine Sperrminorität besessen, er habe somit Beschlüsse gegen seinen Willen nicht verhindern können.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger unterlag in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung und in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2010 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung, weil er als Beschäftigter einzustufen ist. Der Senat nimmt hierbei nach § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz Bezug. Unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung weist er ergänzend auf Folgendes hin:

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Frage der Einstufung als Selbständiger oder Beschäftigter zunächst auf das Vertragsverhältnis der Beteiligten abzustellen, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer erlebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16). Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Vertragsbeziehungen des Kläger und der Beigeladenen zu 1. bestimmen sich im streitigen Zeitraum nach dem Arbeitsvertrag vom 1. August 1991 sowie den Gesellschaftsverträgen.

Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. erlaubt unter Zugrundelegung des Arbeitsvertrages vom 1. August 1991 eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung. Der Kläger durfte keine andere Tätigkeit wahrnehmen und erhielt eine feste monatliche Vergütung mit Sonderzahlungen. Ihm standen die typischen Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Erholungsurlaub zu. Es wurde auch ausdrücklich vereinbart, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Aus diesem Arbeitsvertrag folgt entgegen der Auffassung des Klägers unmittelbar das Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1., wie nunmehr § 106 der Gewerbeordnung (GewO) klarstellt. Dass ein solches Weisungsrecht bestand, zeigt sich auch in der Regelung, dass die Beigeladene zu 1. den Kläger auch an anderer Stelle einsetzten kann.

Die Gesellschaftsverträge vom 7. August 1991, 8. Januar 1992 und 22. Februar 2000 führen nicht dazu, den Kläger als Selbständigen einzustufen. Es fehlt an der Möglichkeit der Einflussnahme. Der Kläger ist immer nur mit einer Minderheit an der Beigeladenen zu 1. bzw. an der L. L. & E. AG beteiligt. Er konnte allein keine Weisung und keine Entscheidung der Beigeladenen zu 1. herbeiführen oder verhindern.

Die Vereinbarungen weichen letztlich auch nicht von den tatsächlichen Verhältnissen mit der Folge ab, dass letzteren der Vorrang einzuräumen wäre. Das BSG hat zwar ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R, nach juris Rn. 27). Jedoch hat es diese Aussage nachfolgend präzisiert: Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 21/06 R, nach juris Rn. 17). Im Hinblick auf die Rechtsbeziehung ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört also unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16). Eine Abbedingung des Arbeitsvertrages ist offensichtlich nicht erfolgt, die Beigeladene zu 1. hat die an den Kläger gezahlte Vergütung als Betriebsausgabe verbucht und die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Weitere Änderungen wurden nicht vorgenommen und hätte im Übrigen auch schriftlich erfolgen müssen, was hier nicht geschehen ist. Es liegt auch keine Abänderung der Gesellschaftsverträge dergestalt vor, dass dem Kläger eine Sperrminorität oder ein sonstiger maßgeblicher Einfluss zugebilligt wurde. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus einer mündlichen Stimmrechtsbindung zur gemeinschaftlichen Machausübung. Es ist schon mehr als zweifelhaft, ob tatsächlich eine bindende Vereinbarung vorlag oder lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung, Entscheidungen möglichst gemeinsam zu treffen im Sinne einer kollegialen Zusammenarbeit. Unabhängig davon bestimmen alle drei Gesellschaftsverträge, dass nicht nur Verträge mit der Gesellschaft, sondern auch Verträge unter den Gesellschaftern, die das Gesellschaftsverhältnis betreffen, der Schriftform bedürfen. Bei dem hier in Frage stehenden Stimmrechtsbindungsvertrag handelt es sich um einen solchen Vertrag unter den Gesellschaftern, zur Wirksamkeit hätte er schriftlich abgeschlossen werden müssen. Dies ist nicht der Fall, zumindest konnten entsprechende Unterlagen nicht vorgelegt werden.

Selbst wenn es nie zu einer Weisung an den Kläger gekommen ist, führt dies nicht dazu, dass kein Weisungsrecht mehr bestanden hat. Aus der bloß faktischen Nichtwahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsrechten durch die dazu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe, hier des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1, kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass dadurch die ihnen zugrundeliegenden Rechte und Pflichten abbedungen worden sind. Aufgrund der umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Verfahrens- und Formvorschriften ist eine "stillschweigende" Änderung der grundlegenden rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R, nach juris Rn. 25).

Es verbleibt damit dabei, dass der Kläger auch aufgrund der tatsächlich praktizierten Verhältnisse nicht die für eine selbständige Tätigkeit sprechende Rechtsmacht hatte. Er hatte weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 25).

Der Umstand, dass der Kläger in seinem Zuständigkeitsbereich eigenverantwortlich tätig war, spricht nicht gegen die Einschätzung als abhängig Beschäftigten. Die Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R, nach juris Rn. 15). So war es auch hier, der Kläger hat als Leiter des Bereichs Entwicklung Dienste höherer Art geleistet, dies macht ihn aber noch nicht zu einem Selbständigen.

Für eine Selbständigkeit spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger durch die Bürgschaft, das Darlehen und die Schuldbeitritte ein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Beigeladenen zu 1. hat. Ein für Selbständigkeit sprechendes "typisches Unternehmerrisiko" wird hierdurch nicht begründet, weil es keinen Zusammenhang mit den laut Arbeitsvertrag geschuldeten Diensten gibt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 29). Die Bürgschaft, das Darlehen und die Schuldbeitritte waren für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung liegen vielmehr außerhalb der Beschäftigung. Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm ausweislich des Arbeitsvertrages vom 1. August 1991 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf monatliche Vergütung zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist.

Eine andere Bewertung ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der Rechtsprechung einiger Senate des BSG - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts -, wonach auch für den Fall, dass ein Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet wurde, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 31 mit weiteren Nachweisen). Dies scheidet hier schon deswegen aus, weil der Kläger nicht als Geschäftsführer tätig war und keine enge familiäre Bindung vorliegt. Im Übrigen ist der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse größere Bedeutung beizumessen ist. Entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung ist auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine solche "Schönwetterselbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 32).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine teilweise Erstattung aufgrund der Änderung des Ausgangsbescheids im Widerspruchsverfahren kommt nicht in Betracht, denn der Kläger war auch insoweit nicht erfolgreich. Sein Ziel war nicht die bloße Beseitigung der Feststellung der Beklagten, dass eine versicherungspflichtige Tätigkeit vorlag. Er begehrte die positive Feststellung durch die Beklagte und später durch die Sozialgerichte, dass eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht vorlag. Dies hat der Kläger weder im Widerspruchsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren erreicht. Dass er ab 1998 aus anderen Gründen nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung war, stellt zwar ein Obsiegen im Widerspruchsverfahren dar, war aber unter Berücksichtigung des eigentlichen Streitgegenstandes so geringfügig, dass eine Kostenquote nicht in Betracht kommt.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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