Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2591/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 98/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von weiterem Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus, maximal bis zur Aussteuerung (frühestens Ende September 2009).
Die 1966 geborene Klägerin war als Küchenhilfe/Imbissverkäuferin in einer Metzgerei beschäftigt. Dort erlitt sie am 19.03.2008 einen Arbeitsunfall, bei dem sie auf einer Treppe stürzte. Sie zog sich eine Schädelprellung mit commotio cerebri, eine Thoraxprellung sowie eine Beckenprellung zu. Während des an den Arbeitsunfall anschließenden Krankenhausaufenthaltes vom 19.03.2008 bis 27.03.2008 hatte die Klägerin ausweislich des Zwischenberichts der Klinik am E. vom 27.03.2008 von einer rezidivierenden Schwindelsymptomatik berichtet, welche seit Monaten bestehe. In Folge des Arbeitsunfalls war die Klägerin ab dem 19.03.2008 arbeitsunfähig. Sie bezog ab dem 01.05.2008 Krankengeld in Höhe von 19,41 EUR kalendertäglich.
Die Klägerin stellte sich am 13.05.2008 bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. B. vor und klagte über anhaltende, massive Schwindelattacken. Dr. B. veranlasste ein kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule, die ein diskretes subchondrales Spongiosaödem in HWK 2 und 3, mutmaßlich als Folge des erlittenen Traumas und Ausdruck einer Stauchung im Bereich der Wirbelsäulenachse ergab. Neurologische Ausfälle bestanden nicht. Am 14.07.2008 stellte Dr. B. der Klägerin ein Attest über ihre Reise- und Urlaubsfähigkeit für eine Reise in die T. vom 25.07. bis 15.08.2008 aus.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. hatte der Klägerin zunächst am 23.06.2008 und am 07.07.2008 Auszahlscheine für Krankengeld bis zuletzt am 17.07.2008 ausgestellt. Er stellte der Klägerin sodann am 17.07.2008 einen weiteren Auszahlschein für Krankengeld aus, in dem er von einer voraussichtlich bis zum 18.08.2007 (gemeint 2008, Anm. d. Senats) bestehenden Arbeitsunfähigkeit ausging.
Nach Beratung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) beendete die Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2008 die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 21.07.2008. Ein am 18.07.2008 erstatteter Befundbericht des Chirurgen Dr. B. äußerte den dringenden Verdacht auf eine massive Überlagerungsymptomatik mit psychischer Überlastung und Depression. Bezüglich einer Schwindelproblematik sei das Computertomogramm ohne pathologischen Befund gewesen. Mit Auszahlschein vom 20.08.2008 schloss sich Dr. B. der Einschätzung der Beklagten an und datierte den letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auf den 21.07.2008.
Weitere Auszahlscheine mit Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab dem 20.08.2008 erfolgten durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. U. sowie ab dem 01.09.2008 durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A., der jedoch im Diagnoseteil der Auszahlscheine keine näheren Angaben machte.
Mit weiteren Bescheiden vom 03.09.2008 sowie vom 19.09.2008 stellte die Beklagte das Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut auf 21.07.2008 fest.
Am 13.10.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.09.2008 und stellte am 30.10.2008 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bezüglich des Bescheids vom 03.09.2008. Sie machte geltend, der Unfall sei Folge der Schwindelanfälle gewesen. Zu einem Behandlungserfolg sei es diesbezüglich nicht gekommen, da die Ursache der Drehschwindelanfälle nicht habe festgestellt werden können. Sie sei weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben. In der Folge (bis 30.09.2009) legte die Klägerin weitere von Dr. A. ausgestellte Auszahlscheine vor, die jedoch ebenfalls keine Diagnosen enthielten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 zurück.
Am 21.07.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm, zu deren Begründung sie insbesondere auf die bestehenden Schwindelerscheinungen verwies, die über den 21.07.2008 zur weiteren Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Sie legte eine am 10.03.2010 erstellte Aufstellung der Tage mit Schwindel vor, beginnend am 18.11.2009. Dr. A. bestätigte Schwindelanfälle aufgrund der Angaben der Klägerin ab dem 13.03.2010.
Das Sozialgericht befragte den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. sowie den Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. J. als sachverständige Zeugen. Dr. A. teilte in seiner Auskunft vom 15.10.2009 mit, bei der Klägerin bestehe eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS und der BWS sowie eine Lumboischialgie. Unter den weiteren Diagnosen nannte er auch Schwindel und chronische Kopfschmerzen. Aus der beigefügten Aufstellung über die Praxisbesuche der Klägerin ergab sich, dass im Zeitraum vom 13.05.2008 bis 06.10.2009 nur am 24.10.2008 und am 12.03.2009 Schwindel erwähnt wird. Dr. J. gab in seiner Auskunft vom 31.10.2009 an, die Klägerin in der Zeit vom 30.10.2008 bis zum 30.03.2008 behandelt zu haben. Sie habe über einen seit einem halben Jahr bestehenden Drehschwindel zwei- bis dreimal pro Woche für mehrere Stunden mit Übelkeit geklagt. Die Vorstellungen seien jeweils in anfallsfreien Intervallen erfolgt, so dass krankhafte Befunde bezüglich der Innenohrfunktion nicht hätten erhoben werden können. An der Diagnose Morbus Meniere könne aber kein Zweifel bestehen.
Dr. B. vertrat in dem hierzu von der Beklagten vorgelegten MDK-Gutachten vom 23.12.2009 die Auffassung, aus den vorgelegten Unterlagen könne eine medizinische Begründung für Arbeitsunfähigkeit über den 21.07.2008 nicht nachvollzogen werden. Den fachärztlichen Befundberichten seien über die von der Klägerin geklagten Beschwerden hinaus keine zuordenbaren Befunde für die angegebene Symptomatik zu entnehmen.
Die Klägerin legte ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes Prof. Dr. M. vom 31.12.2010 vor, das in dem Rentenverfahren der Klägerin erstattet worden war. Dieses Verfahren ist derzeit in der Berufungsinstanz unter dem Az: L 2 R 4574/13 anhängig. Bei Prof. Dr. M. hatte die Klägerin zwei bis vier Schwindelattacken pro Monat mit Erbrechen, anhaltend über 2-3 Tage angegeben. Prof. Dr. M. diagnostizierte beidseitige Schwerhörigkeit sowie einen Meniere-Symptomkomplex, bestehend mindestens seit März 2008. Das Sozialgericht zog die Gerichtsakte des Rentenverfahrens (vormals S 3 R 4108/09, später S 11 R 1435/12) bei, in dem bereits ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. W. vom 19.10.2010 erhoben worden war. Die Klägerin hatte im Rahmen dieser Begutachtung angegeben, seit dem Arbeitsunfall immer wieder Schwindelanfälle gehabt zu haben, zunächst einmal im Monat, aktuell zwei bis dreimal im Monat. Dr. W. führte aus, die HNO-ärztliche diagnostizierte Morbus Meniere-Erkrankung führe sicher immer wieder zu Phasen der Arbeitsunfähigkeit, eine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit sei daraus aber nicht zu erkennen.
Aus einer von der Beklagten vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers vom 23.03.2011 ging hervor, dass die Klägerin - soweit lesbar - seit dem 01.02.2000 als Imbissverkäuferin beschäftigt ist. Die Klägerin habe seit ihrem Unfall kein Lebenszeichen von sich gegeben.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 28.11.2011 ab. Die Bescheide vom 18.07.2008, 03.09.2008 und 19.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2009 seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus. Das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin über den 21.07.2008 hinaus durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Zwar könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Klägerin an einem anfallsartigen Drehschwindel in Gestalt eines Morbus Meniere leide. Der genaue Beginn, das Ausmaß und die gegebenenfalls zeitliche Verschlimmerung dieser Erkrankung blieben jedoch unklar. Bis heute habe sich die Klägerin nur an anfallsfreien Tagen bei behandelnden Ärzten bzw. Gutachtern vorgestellt. Das heiße jedoch auch, dass alle Ärzte, welche die Arbeitsunfähigkeit aus dem vorliegenden Drehschwindel ableiten würden, für die Häufigkeit und die jeweilige Dauer der Drehschwindelanfälle lediglich den Bericht der Klägerin zugrunde legen könnten. Ein "Schwindel-Tagebuch" habe die Klägerin erst ab 18.11.2009 geführt. Eine durchgehende über den 21.07.2008 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit lasse sich daraus jedenfalls nicht ableiten, zumal auch von einer Verschlimmerung des Ausmaßes und der Häufigkeit auch aus ihren eigenen Berichten erst ab 2009 ausgegangen werden könne. Diese Einschätzung finde eine Bestätigung in der rentenrechtlichen Begutachtung der Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. W ... Dort habe die Klägerin angegeben, dass seit dem Arbeitsunfall ca. einmal im Monat ein Schwindelanfall aufgetreten sei, zum Zeitpunkt der Begutachtung sei die Frequenz auf zwei- bis dreimal im Monat angewachsen. Dr. W. leite aus dieser Schwindelsymptomatik lediglich immer wiederkehrende Phasen der Arbeitsunfähigkeit ab, jedoch keine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Dem schloss sich das Sozialgericht an. Der Nachweis einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit über den 21.07.2008 sei damit nicht geführt.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 09.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.01.2012 Berufung eingelegt. Sie macht weiterhin geltend, auch über den 21.07.2008 hinaus wegen der Schwindelerkrankung arbeitsunfähig gewesen zu sein. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. M ... Der Schwindel sei bei ihr auch nicht nur einmal im Monat aufgetreten. Insoweit müsse es sich um ein Missverständnis bei Dr. W. gehandelt haben. Der Schwindel sei schon von Anfang an des Öfteren im Monat aufgetreten. Da sie ihre Arbeit ständig stehend und gehend ausgeübt habe, könne sie diesen Arbeitsplatz nicht mehr einnehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.11.2011 und die Bescheide der Beklagten vom 18.07.2008, 03.09.2008 und 19.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus bis zur Aussteuerung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat darauf hingewiesen, dass das Rentenverfahren ruhend gestellt worden sei im Hinblick auf eine von der Deutschen Rentenversicherung gewährte medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10.05.2012 mitgeteilt, sie habe die Reha-Maßnahme nicht antreten können, da die von ihr gewünschte Teilnahme einer Begleitperson abgelehnt worden sei.
Der Senat hat die Akten des Rentenverfahrens S 11 R 1435/12 beigezogen. Das Sozialgericht hatte am 10.05.2013 ein nervenärztliches Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. D. eingeholt. In der Untersuchung am 07.05.2013 hatte die Klägerin gegenüber Dr. D. angegeben, seit dem Arbeitsunfall ungefähr zweimal im Monat unter Drehschwindel zu leiden. Dieser trete zum Teil auch nachts auf und halte für zwei oder drei Tage an. Der Schwindel sei seit dem Unfall unverändert. Sie habe den Drehschwindel nach wie vor ein- bis zweimal im Monat. Sie sei zuletzt im Jahr 2012 in der T. im Urlaub gewesen. Sie traue sich wegen des Schwindels nicht ins Wasser. Da sie als Kind nicht schwimmen gelernt habe, habe sie große Angst vor dem Wasser und mache derzeit einen Schwimmkurs für erwachsene Frauen. Sie hoffe, dass sie dadurch die Angst vor dem Wasser verliere. Dr. D. diagnostizierte einen Morbus Meniere, eine sekundäre phobische Entwicklung mit unsystematischem Schwindel und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten bei ängstlich vermeidender Persönlichkeitsstruktur sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne neuromuskuläres Defizit. Das Verhalten der Klägerin, die durchaus auch alleine sei und auch alleine Spaziergänge in die Stadt unternehme, sei angesichts ihrer Angabe, sie leide unter plötzlich und unvermittelt auftretenden Schwindelattacken, nicht ganz nachvollziehbar. Ebenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum sie gerade jetzt, wo eine zusätzliche Angst vor Schwindelattacken bestehe, versuche, ihre Angst vor dem Wasser zu überwinden, während sie keinerlei Anstrengungen unternehme, die phobische Angst im Zusammenhang mit dem Schwindel zu überwinden. Das Verhalten der Klägerin deute darauf hin, dass sie zumindest zeitweise in der Lage sei, ihre phobische Angst aus eigener Willenskraft zu überwinden, wenn die äußere Notwendigkeit gegeben sei. Das Verharren in einer regressiven Schonhaltung sei durch die Gesundheitsstörung allein nicht erklärbar. Es spielten auch sekundäre Faktoren im Sinne eines Krankheitsgewinns, Zuneigung und Aufmerksamkeit durch die Familie und Versorgungswünsche eine Rolle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts S 8 KR 2591/09 und des Senats sowie auf die beigezogenen Rentenakten S 11 R 1435/12 und L 2 R 4574/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG- bei einem Krankengeldtagessatz von 19,41 EUR vom 22.07.2008 bis zur Aussteuerung (weitere 56 Wochen) statthaft und zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Fortzahlung von Krankengeld über den 21.07.2008 hinaus zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch, denn sie hat eine über diesen Zeitpunkt hinaus bestehende (durchgehende) Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen.
I.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) die nach § 10 SGB V Versicherten; das sind Personen in der Zeit, für die sie über die Familienversicherung mitversichert sind.
Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.05.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen (zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Senatsurteil vom 03.08.2011, -L 5 KR 1056/10 -) und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber).
Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).
II.
Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin eine über den 21.07.2008 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen. Die Klägerin war über diesen Zeitpunkt hinaus nicht mehr aufgrund des Arbeitsunfalls vom 19.03.2008 arbeitsunfähig. Ein von Dr. B. veranlasstes CT der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis Göppingen vom 15.05.2008 hatte keinen pathologischen Befund ergeben. Ausweislich eines Zwischenberichts der BG Unfallklinik Tübingen vom 13.06.2008 bestanden zu diesem Zeitpunkt keine unfallbedingten Folgen mehr. Allerdings bestünden unfallunabhängig seit einem Jahr ätiologisch ungeklärte Schwindelattacken, und eine Angststörung seit der Jugend nach zwei Autounfällen, aktuell liege eine Dekompensation vor. Diese Angaben stehen im Einklang mit den Angaben von Dr. B., der gegenüber der Beklagten am 18.07.2008 mitgeteilt hatte, es bestehe ein dringender Verdacht auf massive Überlagerungssymptomatik/Depression. Dr. B. hatte der Klägerin zwar mittels Auszahlschein am 20.08.2008 rückwirkend zum 21.07.2008 ein Ende der Arbeitsunfähigkeit attestiert. Zuvor hatte er ihr am 14.07.2008 jedoch Reisefähigkeit in die T. für den Zeitraum vom 25.07. bis zum 15.08.2008 bestätigt. Auch der MDK hatte mit nicht näher begründeter Stellungnahme vom 18.07.2008 Arbeitsfähigkeit der Klägerin angenommen.
Zwar war der Klägerin von Dr. A. am 17.07.2008 ein weiterer Auszahlschein für Krankengeld bis zum 18.08.2008 ausgestellt worden. Für einen Nachweis weiter fortbestehender Arbeitsunfähigkeit reicht dies angesichts der dagegen sprechenden Anhaltspunkte allerdings nicht aus. Die Klägerin beruft sich ausschließlich darauf, wegen der fortbestehenden Schwindelsymptomatik auch weiterhin arbeitsunfähig gewesen zu sein. Insbesondere das Attest des Dr. B. über die Reisefähigkeit der Klägerin vom 14.07.2008 spricht aber gegen eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit aus diesem Grund. Wer an anfallsartigen Schwindelattacken in der von der Klägerin - zumindest teilweise - behaupteten Häufigkeit von zwei- bis dreimal pro Woche mit Übelkeit leidet, ist für eine Fern- und Flugreise nicht reisefähig. Zudem erweisen sich die Angaben der Klägerin zu der behaupteten Schwindelproblematik als so inkonsistent, dass für die Zeit nach dem 21.08.2008 jedenfalls nicht von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Schwindelanfällen ausgegangen werden kann.
Eine HNO-ärztliche Behandlung hat die Klägerin erst im Oktober 2008 bei Dr. J. begonnen, der - allerdings allein aufgrund der Angaben der Klägerin - eine Meniere-Erkrankung diagnostiziert hat. Die Klägerin war bei ihm auch lediglich bis zum März 2009 in Behandlung. Sie hatte bei Dr. J. angegeben, die Schwindelattacken seien seit einem halben Jahr aufgetreten. Ebenso hat sie bei Dr. W. bei dessen Begutachtung für das Rentenverfahren am 19.10.2010 angegeben, seit dem Arbeitsunfall an Schwindelattacken zu leiden. Schwindel vor dem Arbeitsunfall hat sie gegenüber Dr. W. ausdrücklich verneint. Auch der Gutachter Dr. D. hat die Angaben der Klägerin so verstanden, dass der Arbeitsunfall durch einen erstmals aufgetretenen Schwindelanfall verursacht worden sei. Dagegen hat die Klägerin ausweislich des Zwischenberichts der BG-Unfallklinik vom 13.06.2008 bei einer Vorstellung am 05.06.2008 angegeben, sie leide bereits seit einem Jahr unter ungeklärten Schwindelattacken. Zu einer andauernden Arbeitsunfähigkeit hatten die Schwindelattacken bis dahin nicht geführt.
Auch die Angaben zur Häufigkeit und Intensität der Schwindelanfälle divergieren erheblich. Bei Dr. J. hat die Klägerin angegeben, zwei- bis dreimal pro Woche über einige Stunden an Drehschwindel mit Übelkeit zu leiden. Bei einer neurologischen Untersuchung durch Dr. H. am 17.10.2008 hat die Klägerin von Drehschwindelattacken ein- bis zweimal pro Woche mit Übelkeit ohne Erbrechen berichtet. Bei der Begutachtung durch den HNO-Arzt Dr. M. für das Rentenverfahren am 15.12.2010 hat die Klägerin von zwei bis vier Schwindelattacken pro Monat, anhaltend über zwei bis drei Tage mit Erbrechen gesprochen, wobei der Gutachter allerdings den Zeitraum des Auftretens nicht näher eingegrenzt hatte. Allerdings hatte die Klägerin auch in der Begutachtung durch Dr. W. vom 19.10.2010 von Schwindelanfällen (seit dem Arbeitsunfall) zunächst einmal im Monat, dann zunehmend auf zwei- bis dreimal im Monat berichtet. Bei Dr. D. hat sie in der Untersuchung am 07.05.2013 ausdrücklich angegeben, seit dem Unfall habe sich der Schwindel nicht verändert, er trete ein- bis zweimal im Monat auf. Ferner hat die Klägerin bei Dr. W. ein haltungsabhängiges Auftreten des Schwindels beschrieben, Dr. H. hatte hingegen im seinem Befundbericht vom 17.10.2008 ausgeführt, dass sich ein lagerungsabhängiger Schwindel nicht habe auslösen lassen. Dr. J. hat darauf hingewiesen, dass die Vorstellungen bei ihm in anfallsfreien Intervallen erfolgt seien, so dass krankhafte Befunde, insbesondere bezüglich der Innenohrfunktion nicht hätten erhoben werden können. Er stützt letztlich sogar die Diagnose Morbus Meniere allein auf die Angaben der Klägerin. Auch hat keiner der Gutachter oder der behandelnden Ärzte das Auftreten einer Schwindelattacke konkret beobachtet. Einer längerfristigen Beobachtung ihres Gesundheitszustandes im Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung hat sich die Klägerin nicht unterzogen, obwohl sie im Rahmen des Rentenverfahrens dazu die Möglichkeit gehabt hätte.
Soweit Dr. A. der Klägerin bis September 2009 praktisch durchgehend Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, hilft dies nicht weiter, weil Dr. A. bei sämtlichen Krankschreibungen keine Diagnose mitgeteilt hat. Die Gründe für seine Krankschreibungen sind somit nicht ersichtlich; auch seine Aussage gegenüber dem SG vom 15.10.2009 und die Auskunft gegenüber dem Rentenversicherungsträger vom 03.05.2010 schaffen insoweit keine Klarheit. Gegenüber dem Rentenversicherungsträger hat er sogar den Schwerpunkt der Leiden der Klägerin auf dem orthopädischen und neurologischen Fachgebiet gesehen. Angesichts dieser Unklarheiten überzeugt es den Senat, wenn Dr. B. in dem MDK-Gutachten vom 23.12.2009 eine medizinische Begründung für die geltend gemacht Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht zu finden vermochte.
Schließlich zeigt auch Dr. D. noch weitere Ungereimtheiten im Verhalten der Klägerin auf, die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung zu der Schwindelsymptomatik aufwerfen. So sah sich die Klägerin ungeachtet der angeblich bestehenden Schwindelerkrankung weder daran gehindert, im Jahr 2012 ein weiteres Mal in die T. zu fliegen, noch daran Schwimmen zu lernen, obwohl sie sich angeblich wegen des Schwindels nicht ins Wasser traue - was durchaus nachvollziehbar wäre. Auch ihre Schilderungen bei Dr. D., sie unternehme alleine Spaziergänge und gehe allein in die Stadt, die 15 Minuten zu Fuß entfernt sei, erscheinen, worauf auch Dr. D. ausdrücklich hingewiesen hat, in Anbetracht der behaupteten plötzlich und unvorhersehbar auftretenden Schwindelattacken, wegen derer sie sich hinlegen müsse, als nicht nachvollziehbar und unerklärlich. Bei Dr. W. hatte sie noch angegeben, sie traue sich nicht mehr alleine über die Straße. Dort hatte sie auch von wiederholten Stürzen gesprochen, bei Dr. D. hat sie hingegen von lediglich einem Sturz sechs Monate nach dem Arbeitsunfall gesprochen. Letztlich spricht dieses erheblich widersprüchliche Aussageverhalten der Klägerin wohl vor allem dafür, dass sie einem massiven Einfluss von Faktoren des sekundären Krankheitsgewinns unterliegt und in hohem Maße Versorgungswünsche hegt.
Allein aufgrund der Angaben der Klägerin vermag der Senat aber die Feststellung einer fortbestehenden durchgehenden Arbeitsunfähigkeit nach dem 21.07.2008 nicht zu treffen. Dem steht entgegen, dass diese - wie dargestellt - völlig widersprüchlich und inkonsistent sind. Selbst wenn aber vom Vorliegen einer Schwindelerkrankung bereits in der Zeit vor dem Arbeitsunfall und auch darüber hinaus ausgegangen werden müsste, so könnte eine solche Erkrankung keine durchgehende, länger andauernde Arbeitsunfähigkeit begründen. Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. W. an, dass es im Falle des Auftretens einzelner Schwindelattacken allenfalls zu kurzfristigen Phasen von Arbeitsunfähigkeit gekommen sein könnte, nicht aber zu einer über Wochen und Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit, die einen weiteren Anspruch auf Krankengeld begründen würde. Einzelne Tage der Arbeitsunfähigkeit sind indes nicht konkret nachgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von weiterem Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus, maximal bis zur Aussteuerung (frühestens Ende September 2009).
Die 1966 geborene Klägerin war als Küchenhilfe/Imbissverkäuferin in einer Metzgerei beschäftigt. Dort erlitt sie am 19.03.2008 einen Arbeitsunfall, bei dem sie auf einer Treppe stürzte. Sie zog sich eine Schädelprellung mit commotio cerebri, eine Thoraxprellung sowie eine Beckenprellung zu. Während des an den Arbeitsunfall anschließenden Krankenhausaufenthaltes vom 19.03.2008 bis 27.03.2008 hatte die Klägerin ausweislich des Zwischenberichts der Klinik am E. vom 27.03.2008 von einer rezidivierenden Schwindelsymptomatik berichtet, welche seit Monaten bestehe. In Folge des Arbeitsunfalls war die Klägerin ab dem 19.03.2008 arbeitsunfähig. Sie bezog ab dem 01.05.2008 Krankengeld in Höhe von 19,41 EUR kalendertäglich.
Die Klägerin stellte sich am 13.05.2008 bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. B. vor und klagte über anhaltende, massive Schwindelattacken. Dr. B. veranlasste ein kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule, die ein diskretes subchondrales Spongiosaödem in HWK 2 und 3, mutmaßlich als Folge des erlittenen Traumas und Ausdruck einer Stauchung im Bereich der Wirbelsäulenachse ergab. Neurologische Ausfälle bestanden nicht. Am 14.07.2008 stellte Dr. B. der Klägerin ein Attest über ihre Reise- und Urlaubsfähigkeit für eine Reise in die T. vom 25.07. bis 15.08.2008 aus.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. hatte der Klägerin zunächst am 23.06.2008 und am 07.07.2008 Auszahlscheine für Krankengeld bis zuletzt am 17.07.2008 ausgestellt. Er stellte der Klägerin sodann am 17.07.2008 einen weiteren Auszahlschein für Krankengeld aus, in dem er von einer voraussichtlich bis zum 18.08.2007 (gemeint 2008, Anm. d. Senats) bestehenden Arbeitsunfähigkeit ausging.
Nach Beratung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) beendete die Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2008 die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 21.07.2008. Ein am 18.07.2008 erstatteter Befundbericht des Chirurgen Dr. B. äußerte den dringenden Verdacht auf eine massive Überlagerungsymptomatik mit psychischer Überlastung und Depression. Bezüglich einer Schwindelproblematik sei das Computertomogramm ohne pathologischen Befund gewesen. Mit Auszahlschein vom 20.08.2008 schloss sich Dr. B. der Einschätzung der Beklagten an und datierte den letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auf den 21.07.2008.
Weitere Auszahlscheine mit Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ab dem 20.08.2008 erfolgten durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. U. sowie ab dem 01.09.2008 durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A., der jedoch im Diagnoseteil der Auszahlscheine keine näheren Angaben machte.
Mit weiteren Bescheiden vom 03.09.2008 sowie vom 19.09.2008 stellte die Beklagte das Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut auf 21.07.2008 fest.
Am 13.10.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.09.2008 und stellte am 30.10.2008 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bezüglich des Bescheids vom 03.09.2008. Sie machte geltend, der Unfall sei Folge der Schwindelanfälle gewesen. Zu einem Behandlungserfolg sei es diesbezüglich nicht gekommen, da die Ursache der Drehschwindelanfälle nicht habe festgestellt werden können. Sie sei weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben. In der Folge (bis 30.09.2009) legte die Klägerin weitere von Dr. A. ausgestellte Auszahlscheine vor, die jedoch ebenfalls keine Diagnosen enthielten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 zurück.
Am 21.07.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm, zu deren Begründung sie insbesondere auf die bestehenden Schwindelerscheinungen verwies, die über den 21.07.2008 zur weiteren Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Sie legte eine am 10.03.2010 erstellte Aufstellung der Tage mit Schwindel vor, beginnend am 18.11.2009. Dr. A. bestätigte Schwindelanfälle aufgrund der Angaben der Klägerin ab dem 13.03.2010.
Das Sozialgericht befragte den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. sowie den Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. J. als sachverständige Zeugen. Dr. A. teilte in seiner Auskunft vom 15.10.2009 mit, bei der Klägerin bestehe eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS und der BWS sowie eine Lumboischialgie. Unter den weiteren Diagnosen nannte er auch Schwindel und chronische Kopfschmerzen. Aus der beigefügten Aufstellung über die Praxisbesuche der Klägerin ergab sich, dass im Zeitraum vom 13.05.2008 bis 06.10.2009 nur am 24.10.2008 und am 12.03.2009 Schwindel erwähnt wird. Dr. J. gab in seiner Auskunft vom 31.10.2009 an, die Klägerin in der Zeit vom 30.10.2008 bis zum 30.03.2008 behandelt zu haben. Sie habe über einen seit einem halben Jahr bestehenden Drehschwindel zwei- bis dreimal pro Woche für mehrere Stunden mit Übelkeit geklagt. Die Vorstellungen seien jeweils in anfallsfreien Intervallen erfolgt, so dass krankhafte Befunde bezüglich der Innenohrfunktion nicht hätten erhoben werden können. An der Diagnose Morbus Meniere könne aber kein Zweifel bestehen.
Dr. B. vertrat in dem hierzu von der Beklagten vorgelegten MDK-Gutachten vom 23.12.2009 die Auffassung, aus den vorgelegten Unterlagen könne eine medizinische Begründung für Arbeitsunfähigkeit über den 21.07.2008 nicht nachvollzogen werden. Den fachärztlichen Befundberichten seien über die von der Klägerin geklagten Beschwerden hinaus keine zuordenbaren Befunde für die angegebene Symptomatik zu entnehmen.
Die Klägerin legte ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes Prof. Dr. M. vom 31.12.2010 vor, das in dem Rentenverfahren der Klägerin erstattet worden war. Dieses Verfahren ist derzeit in der Berufungsinstanz unter dem Az: L 2 R 4574/13 anhängig. Bei Prof. Dr. M. hatte die Klägerin zwei bis vier Schwindelattacken pro Monat mit Erbrechen, anhaltend über 2-3 Tage angegeben. Prof. Dr. M. diagnostizierte beidseitige Schwerhörigkeit sowie einen Meniere-Symptomkomplex, bestehend mindestens seit März 2008. Das Sozialgericht zog die Gerichtsakte des Rentenverfahrens (vormals S 3 R 4108/09, später S 11 R 1435/12) bei, in dem bereits ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. W. vom 19.10.2010 erhoben worden war. Die Klägerin hatte im Rahmen dieser Begutachtung angegeben, seit dem Arbeitsunfall immer wieder Schwindelanfälle gehabt zu haben, zunächst einmal im Monat, aktuell zwei bis dreimal im Monat. Dr. W. führte aus, die HNO-ärztliche diagnostizierte Morbus Meniere-Erkrankung führe sicher immer wieder zu Phasen der Arbeitsunfähigkeit, eine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit sei daraus aber nicht zu erkennen.
Aus einer von der Beklagten vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers vom 23.03.2011 ging hervor, dass die Klägerin - soweit lesbar - seit dem 01.02.2000 als Imbissverkäuferin beschäftigt ist. Die Klägerin habe seit ihrem Unfall kein Lebenszeichen von sich gegeben.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 28.11.2011 ab. Die Bescheide vom 18.07.2008, 03.09.2008 und 19.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2009 seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus. Das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin über den 21.07.2008 hinaus durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Zwar könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Klägerin an einem anfallsartigen Drehschwindel in Gestalt eines Morbus Meniere leide. Der genaue Beginn, das Ausmaß und die gegebenenfalls zeitliche Verschlimmerung dieser Erkrankung blieben jedoch unklar. Bis heute habe sich die Klägerin nur an anfallsfreien Tagen bei behandelnden Ärzten bzw. Gutachtern vorgestellt. Das heiße jedoch auch, dass alle Ärzte, welche die Arbeitsunfähigkeit aus dem vorliegenden Drehschwindel ableiten würden, für die Häufigkeit und die jeweilige Dauer der Drehschwindelanfälle lediglich den Bericht der Klägerin zugrunde legen könnten. Ein "Schwindel-Tagebuch" habe die Klägerin erst ab 18.11.2009 geführt. Eine durchgehende über den 21.07.2008 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit lasse sich daraus jedenfalls nicht ableiten, zumal auch von einer Verschlimmerung des Ausmaßes und der Häufigkeit auch aus ihren eigenen Berichten erst ab 2009 ausgegangen werden könne. Diese Einschätzung finde eine Bestätigung in der rentenrechtlichen Begutachtung der Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. W ... Dort habe die Klägerin angegeben, dass seit dem Arbeitsunfall ca. einmal im Monat ein Schwindelanfall aufgetreten sei, zum Zeitpunkt der Begutachtung sei die Frequenz auf zwei- bis dreimal im Monat angewachsen. Dr. W. leite aus dieser Schwindelsymptomatik lediglich immer wiederkehrende Phasen der Arbeitsunfähigkeit ab, jedoch keine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Dem schloss sich das Sozialgericht an. Der Nachweis einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit über den 21.07.2008 sei damit nicht geführt.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 09.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.01.2012 Berufung eingelegt. Sie macht weiterhin geltend, auch über den 21.07.2008 hinaus wegen der Schwindelerkrankung arbeitsunfähig gewesen zu sein. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. M ... Der Schwindel sei bei ihr auch nicht nur einmal im Monat aufgetreten. Insoweit müsse es sich um ein Missverständnis bei Dr. W. gehandelt haben. Der Schwindel sei schon von Anfang an des Öfteren im Monat aufgetreten. Da sie ihre Arbeit ständig stehend und gehend ausgeübt habe, könne sie diesen Arbeitsplatz nicht mehr einnehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.11.2011 und die Bescheide der Beklagten vom 18.07.2008, 03.09.2008 und 19.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 21.07.2008 hinaus bis zur Aussteuerung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat darauf hingewiesen, dass das Rentenverfahren ruhend gestellt worden sei im Hinblick auf eine von der Deutschen Rentenversicherung gewährte medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10.05.2012 mitgeteilt, sie habe die Reha-Maßnahme nicht antreten können, da die von ihr gewünschte Teilnahme einer Begleitperson abgelehnt worden sei.
Der Senat hat die Akten des Rentenverfahrens S 11 R 1435/12 beigezogen. Das Sozialgericht hatte am 10.05.2013 ein nervenärztliches Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. D. eingeholt. In der Untersuchung am 07.05.2013 hatte die Klägerin gegenüber Dr. D. angegeben, seit dem Arbeitsunfall ungefähr zweimal im Monat unter Drehschwindel zu leiden. Dieser trete zum Teil auch nachts auf und halte für zwei oder drei Tage an. Der Schwindel sei seit dem Unfall unverändert. Sie habe den Drehschwindel nach wie vor ein- bis zweimal im Monat. Sie sei zuletzt im Jahr 2012 in der T. im Urlaub gewesen. Sie traue sich wegen des Schwindels nicht ins Wasser. Da sie als Kind nicht schwimmen gelernt habe, habe sie große Angst vor dem Wasser und mache derzeit einen Schwimmkurs für erwachsene Frauen. Sie hoffe, dass sie dadurch die Angst vor dem Wasser verliere. Dr. D. diagnostizierte einen Morbus Meniere, eine sekundäre phobische Entwicklung mit unsystematischem Schwindel und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten bei ängstlich vermeidender Persönlichkeitsstruktur sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne neuromuskuläres Defizit. Das Verhalten der Klägerin, die durchaus auch alleine sei und auch alleine Spaziergänge in die Stadt unternehme, sei angesichts ihrer Angabe, sie leide unter plötzlich und unvermittelt auftretenden Schwindelattacken, nicht ganz nachvollziehbar. Ebenfalls sei nicht nachvollziehbar, warum sie gerade jetzt, wo eine zusätzliche Angst vor Schwindelattacken bestehe, versuche, ihre Angst vor dem Wasser zu überwinden, während sie keinerlei Anstrengungen unternehme, die phobische Angst im Zusammenhang mit dem Schwindel zu überwinden. Das Verhalten der Klägerin deute darauf hin, dass sie zumindest zeitweise in der Lage sei, ihre phobische Angst aus eigener Willenskraft zu überwinden, wenn die äußere Notwendigkeit gegeben sei. Das Verharren in einer regressiven Schonhaltung sei durch die Gesundheitsstörung allein nicht erklärbar. Es spielten auch sekundäre Faktoren im Sinne eines Krankheitsgewinns, Zuneigung und Aufmerksamkeit durch die Familie und Versorgungswünsche eine Rolle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts S 8 KR 2591/09 und des Senats sowie auf die beigezogenen Rentenakten S 11 R 1435/12 und L 2 R 4574/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG- bei einem Krankengeldtagessatz von 19,41 EUR vom 22.07.2008 bis zur Aussteuerung (weitere 56 Wochen) statthaft und zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Fortzahlung von Krankengeld über den 21.07.2008 hinaus zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch, denn sie hat eine über diesen Zeitpunkt hinaus bestehende (durchgehende) Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen.
I.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) die nach § 10 SGB V Versicherten; das sind Personen in der Zeit, für die sie über die Familienversicherung mitversichert sind.
Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.05.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen (zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Senatsurteil vom 03.08.2011, -L 5 KR 1056/10 -) und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber).
Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).
II.
Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin eine über den 21.07.2008 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen. Die Klägerin war über diesen Zeitpunkt hinaus nicht mehr aufgrund des Arbeitsunfalls vom 19.03.2008 arbeitsunfähig. Ein von Dr. B. veranlasstes CT der radiologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis Göppingen vom 15.05.2008 hatte keinen pathologischen Befund ergeben. Ausweislich eines Zwischenberichts der BG Unfallklinik Tübingen vom 13.06.2008 bestanden zu diesem Zeitpunkt keine unfallbedingten Folgen mehr. Allerdings bestünden unfallunabhängig seit einem Jahr ätiologisch ungeklärte Schwindelattacken, und eine Angststörung seit der Jugend nach zwei Autounfällen, aktuell liege eine Dekompensation vor. Diese Angaben stehen im Einklang mit den Angaben von Dr. B., der gegenüber der Beklagten am 18.07.2008 mitgeteilt hatte, es bestehe ein dringender Verdacht auf massive Überlagerungssymptomatik/Depression. Dr. B. hatte der Klägerin zwar mittels Auszahlschein am 20.08.2008 rückwirkend zum 21.07.2008 ein Ende der Arbeitsunfähigkeit attestiert. Zuvor hatte er ihr am 14.07.2008 jedoch Reisefähigkeit in die T. für den Zeitraum vom 25.07. bis zum 15.08.2008 bestätigt. Auch der MDK hatte mit nicht näher begründeter Stellungnahme vom 18.07.2008 Arbeitsfähigkeit der Klägerin angenommen.
Zwar war der Klägerin von Dr. A. am 17.07.2008 ein weiterer Auszahlschein für Krankengeld bis zum 18.08.2008 ausgestellt worden. Für einen Nachweis weiter fortbestehender Arbeitsunfähigkeit reicht dies angesichts der dagegen sprechenden Anhaltspunkte allerdings nicht aus. Die Klägerin beruft sich ausschließlich darauf, wegen der fortbestehenden Schwindelsymptomatik auch weiterhin arbeitsunfähig gewesen zu sein. Insbesondere das Attest des Dr. B. über die Reisefähigkeit der Klägerin vom 14.07.2008 spricht aber gegen eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit aus diesem Grund. Wer an anfallsartigen Schwindelattacken in der von der Klägerin - zumindest teilweise - behaupteten Häufigkeit von zwei- bis dreimal pro Woche mit Übelkeit leidet, ist für eine Fern- und Flugreise nicht reisefähig. Zudem erweisen sich die Angaben der Klägerin zu der behaupteten Schwindelproblematik als so inkonsistent, dass für die Zeit nach dem 21.08.2008 jedenfalls nicht von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Schwindelanfällen ausgegangen werden kann.
Eine HNO-ärztliche Behandlung hat die Klägerin erst im Oktober 2008 bei Dr. J. begonnen, der - allerdings allein aufgrund der Angaben der Klägerin - eine Meniere-Erkrankung diagnostiziert hat. Die Klägerin war bei ihm auch lediglich bis zum März 2009 in Behandlung. Sie hatte bei Dr. J. angegeben, die Schwindelattacken seien seit einem halben Jahr aufgetreten. Ebenso hat sie bei Dr. W. bei dessen Begutachtung für das Rentenverfahren am 19.10.2010 angegeben, seit dem Arbeitsunfall an Schwindelattacken zu leiden. Schwindel vor dem Arbeitsunfall hat sie gegenüber Dr. W. ausdrücklich verneint. Auch der Gutachter Dr. D. hat die Angaben der Klägerin so verstanden, dass der Arbeitsunfall durch einen erstmals aufgetretenen Schwindelanfall verursacht worden sei. Dagegen hat die Klägerin ausweislich des Zwischenberichts der BG-Unfallklinik vom 13.06.2008 bei einer Vorstellung am 05.06.2008 angegeben, sie leide bereits seit einem Jahr unter ungeklärten Schwindelattacken. Zu einer andauernden Arbeitsunfähigkeit hatten die Schwindelattacken bis dahin nicht geführt.
Auch die Angaben zur Häufigkeit und Intensität der Schwindelanfälle divergieren erheblich. Bei Dr. J. hat die Klägerin angegeben, zwei- bis dreimal pro Woche über einige Stunden an Drehschwindel mit Übelkeit zu leiden. Bei einer neurologischen Untersuchung durch Dr. H. am 17.10.2008 hat die Klägerin von Drehschwindelattacken ein- bis zweimal pro Woche mit Übelkeit ohne Erbrechen berichtet. Bei der Begutachtung durch den HNO-Arzt Dr. M. für das Rentenverfahren am 15.12.2010 hat die Klägerin von zwei bis vier Schwindelattacken pro Monat, anhaltend über zwei bis drei Tage mit Erbrechen gesprochen, wobei der Gutachter allerdings den Zeitraum des Auftretens nicht näher eingegrenzt hatte. Allerdings hatte die Klägerin auch in der Begutachtung durch Dr. W. vom 19.10.2010 von Schwindelanfällen (seit dem Arbeitsunfall) zunächst einmal im Monat, dann zunehmend auf zwei- bis dreimal im Monat berichtet. Bei Dr. D. hat sie in der Untersuchung am 07.05.2013 ausdrücklich angegeben, seit dem Unfall habe sich der Schwindel nicht verändert, er trete ein- bis zweimal im Monat auf. Ferner hat die Klägerin bei Dr. W. ein haltungsabhängiges Auftreten des Schwindels beschrieben, Dr. H. hatte hingegen im seinem Befundbericht vom 17.10.2008 ausgeführt, dass sich ein lagerungsabhängiger Schwindel nicht habe auslösen lassen. Dr. J. hat darauf hingewiesen, dass die Vorstellungen bei ihm in anfallsfreien Intervallen erfolgt seien, so dass krankhafte Befunde, insbesondere bezüglich der Innenohrfunktion nicht hätten erhoben werden können. Er stützt letztlich sogar die Diagnose Morbus Meniere allein auf die Angaben der Klägerin. Auch hat keiner der Gutachter oder der behandelnden Ärzte das Auftreten einer Schwindelattacke konkret beobachtet. Einer längerfristigen Beobachtung ihres Gesundheitszustandes im Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung hat sich die Klägerin nicht unterzogen, obwohl sie im Rahmen des Rentenverfahrens dazu die Möglichkeit gehabt hätte.
Soweit Dr. A. der Klägerin bis September 2009 praktisch durchgehend Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, hilft dies nicht weiter, weil Dr. A. bei sämtlichen Krankschreibungen keine Diagnose mitgeteilt hat. Die Gründe für seine Krankschreibungen sind somit nicht ersichtlich; auch seine Aussage gegenüber dem SG vom 15.10.2009 und die Auskunft gegenüber dem Rentenversicherungsträger vom 03.05.2010 schaffen insoweit keine Klarheit. Gegenüber dem Rentenversicherungsträger hat er sogar den Schwerpunkt der Leiden der Klägerin auf dem orthopädischen und neurologischen Fachgebiet gesehen. Angesichts dieser Unklarheiten überzeugt es den Senat, wenn Dr. B. in dem MDK-Gutachten vom 23.12.2009 eine medizinische Begründung für die geltend gemacht Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht zu finden vermochte.
Schließlich zeigt auch Dr. D. noch weitere Ungereimtheiten im Verhalten der Klägerin auf, die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung zu der Schwindelsymptomatik aufwerfen. So sah sich die Klägerin ungeachtet der angeblich bestehenden Schwindelerkrankung weder daran gehindert, im Jahr 2012 ein weiteres Mal in die T. zu fliegen, noch daran Schwimmen zu lernen, obwohl sie sich angeblich wegen des Schwindels nicht ins Wasser traue - was durchaus nachvollziehbar wäre. Auch ihre Schilderungen bei Dr. D., sie unternehme alleine Spaziergänge und gehe allein in die Stadt, die 15 Minuten zu Fuß entfernt sei, erscheinen, worauf auch Dr. D. ausdrücklich hingewiesen hat, in Anbetracht der behaupteten plötzlich und unvorhersehbar auftretenden Schwindelattacken, wegen derer sie sich hinlegen müsse, als nicht nachvollziehbar und unerklärlich. Bei Dr. W. hatte sie noch angegeben, sie traue sich nicht mehr alleine über die Straße. Dort hatte sie auch von wiederholten Stürzen gesprochen, bei Dr. D. hat sie hingegen von lediglich einem Sturz sechs Monate nach dem Arbeitsunfall gesprochen. Letztlich spricht dieses erheblich widersprüchliche Aussageverhalten der Klägerin wohl vor allem dafür, dass sie einem massiven Einfluss von Faktoren des sekundären Krankheitsgewinns unterliegt und in hohem Maße Versorgungswünsche hegt.
Allein aufgrund der Angaben der Klägerin vermag der Senat aber die Feststellung einer fortbestehenden durchgehenden Arbeitsunfähigkeit nach dem 21.07.2008 nicht zu treffen. Dem steht entgegen, dass diese - wie dargestellt - völlig widersprüchlich und inkonsistent sind. Selbst wenn aber vom Vorliegen einer Schwindelerkrankung bereits in der Zeit vor dem Arbeitsunfall und auch darüber hinaus ausgegangen werden müsste, so könnte eine solche Erkrankung keine durchgehende, länger andauernde Arbeitsunfähigkeit begründen. Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. W. an, dass es im Falle des Auftretens einzelner Schwindelattacken allenfalls zu kurzfristigen Phasen von Arbeitsunfähigkeit gekommen sein könnte, nicht aber zu einer über Wochen und Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit, die einen weiteren Anspruch auf Krankengeld begründen würde. Einzelne Tage der Arbeitsunfähigkeit sind indes nicht konkret nachgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved