Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VG 1506/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 1852/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. März 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen einer anerkannten Impfschädigung streitig.
Die am 12. August 1960 geborene Klägerin wurde ihren eigenen Angaben zufolge im Alter von 12 Jahren gegen Pocken geimpft. Eine Dokumentation zu dieser oder einer vorangegangenen Pockenimpfung oder anderen Impfungen konnte sie nicht vorlegen, an ihrem Oberarm befindet sich indessen eine typische Pockenimpfnarbe (Gutachten Dr. H.). Vom 16. bis 29. Oktober 1972 wurde sie erstmals stationär in der Universitäts-Kinderklinik G. unter der Diagnose einer rheumatoiden Arthritis behandelt, nachdem sie zehn Tage vor Aufnahme beide Hände nicht mehr zur Faust schließen konnte, seit sechs Wochen nicht mehr in der Lage war, die Strümpfe alleine anzuziehen und seit einem halben Jahr nicht mehr in der Schule mitturnte. Danach wurde sie erneut vom 14. Februar bis 9. März 1973 wegen einer seit Oktober 1972 bestehenden Steifheit der Gelenke und der Muskulatur stationär unter der Diagnose Dermatomyositis behandelt (Bl. 52, 53 V-Akte Band II). Bei der Nachuntersuchung am 7. Februar 1974 zeigte sich ein seit einem Jahr gutes Befinden, so dass die Dermatomyositis für die richtige Diagnose gehalten wurde. Einschränkungen bestanden noch bei der Beugung und Streckung beider Hände. Am 1. April 1974 war der Befund unverändert; am 17. Dezember 1974 wurden keine weiteren Routinekontrollen veranlasst.
In dem stationären Rehabilitationsverfahren zu Lasten der Rentenversicherung 1996 wurde erneut der Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis geäußert, wobei die Rheumaserologie unauffällig war. Die Therapie führte zu einer Besserung. In dem weiteren Heilverfahren 1998 waren die Befunde (Blutsenkungsreaktion, Rheumafaktoren, Antistreptolysintiter) im Normbereich. Nach zunächst erfolgter Ablehnung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit verpflichtete sich der Rentenversicherungsträger, der Klägerin aufgrund eines eingeholten nervenärztlich-psychosomatischen Fachgutachtens von Dr. K.-H. 2001 (Hinzutreten einer Angststörung) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Dezember 2000 zu gewähren.
Am 5. November 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden. Zu den Gesundheitsstörungen gab sie an, der Faustschluss der linken Hand sei nicht mehr möglich, der rechten Hand kaum; außerdem leide sie an Rücken- und Muskelschwäche sowie Erschöpfung nach einer 1972 stattgehabten Pockenimpfung. Ihr Impfpass sei bei einem Umzug verloren gegangen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2003 lehnte der damalige Beklagte, das Land Baden-Württemberg, zunächst den Antrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des Nachweises der Impfung fehlten. Dieser schädigende Vorgang müsse aber voll bewiesen werden.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Pockenimpfnarbe am rechten Arm sei beweisend, legte hierzu eine Bescheinigung von Dr. Z. vom 15. April 2003 vor und verwies auf die Pockenimpfungen dreier anderer Mädchen mit Impfdatum. Ferner legte sie die Unterlagen der stationären Behandlungen 1972 und 1973 vor.
Nachdem Dr. W. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme ausführte, wahrscheinlich sei die Impfung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt, jedoch lägen keinerlei Unterlagen über Impfreaktionen vor, die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) enthielten auch keinerlei Hinweise auf eine rheumatoide Arthritis als möglichen Pockenimpfschäden, wies der damalige Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2003 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin erstmals am 22. Dezember 2003 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie u.a. schriftliche Erklärungen ihrer Schwester, ihrer Mutter, ihrer Cousine sowie eines S. H. über die stattgehabte Pockenschutzimpfung in der damaligen Grundschule sowie das Impfbuch ihrer Mitschülerin vorlegte.
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 lud das SG zunächst das Land Niedersachsen (der jetzige Beklagte) zum Rechtsstreit bei und ließ die Klägerin zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten.
Der Sachverständige Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2006 aus, die im Anschluss an die Pockenimpfung sich langsam entwickelte autoimmune Erkrankung mit Beteiligung der Gelenke, der Muskeln und der Haut wie die später diagnostizierte Fibromyalgie seien mit Wahrscheinlichkeit durch die Pockenimpfung ausgelöst. Die Klägerin weise eine typische Impfnarbe von ca. 1,5 cm Durchmesser am rechten Oberarm auf. Im Bereich beider Hände fänden sich Anzeichen arthrotischer Veränderungen ohne akute Anzeichen einer Entzündung. Die derzeitige Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei 80, da der Allgemeinzustand massiv reduziert und die Beweglichkeit dauerhaft stark eingeschränkt sei. Ergänzend führte der Sachverständige am 20. Januar 2007 aus, durch die akute Entzündung komme es zu einer Schmerzfehlverarbeitung im Gehirn, er gehe von einer späten Erstimpfung der Klägerin aus.
Mit Vergleich vom 9. Juli 2007 anerkannte der Beklagte daraufhin, dass bei der Klägerin infolge einer Schädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ein "rheumatisches Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" anzuerkennen sei; über die Höhe der MdE und eine eventuell hieraus resultierende Beschädigtenversorgung werde durch gesonderten rechtsmittelfähigen Bescheid entschieden, wobei als Datum der Antragstellung der 3. September 2002 gelte.
In ihrer darauf angeforderten versorgungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. R. aus, es könne nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Pockenimpfung die in den Jahren 1972 bis 1974 beschriebene juvenile Dermatomyositis im Kindesalter ausgelöst habe. Zum jetzigen Zeitpunkt bestünden aber keinerlei Hinweise auf ein entzündlich-rheumatisches Geschehen mehr, auch keinerlei Anzeichen einer Dermatomyositis. Dies sei letztlich auch durch die gutachterliche Untersuchung von Dr. H. bestätigt worden, der keine Hinweise auf gravierende Funktionsstörungen der Wirbelsäule oder der Gelenke und insbesondere auch keine Anzeichen einer rheumatischen Erkrankung wie Überwärmungen, Schwellungen oder Bewegungseinschränkungen der Gelenke gefunden habe. Ganz im Vordergrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen stehe vielmehr eine psychische Erkrankung im Sinne einer Angststörung mit Panikattacken sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit nahezu ubiquitären Beschwerden des Bewegungsapparates und eine Persönlichkeitsstörung mit asthenischen Zügen wie emotionaler Unreife. Dies allein habe auch eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit begründet. Die von Dr. H. in diesem Zusammenhang geäußerte Vermutung, dass als Ursache eines Fibromyalgie-Syndroms durch die Anfang der siebziger Jahre durchgemachte rheumatische Erkrankung es zu einer Veränderung der Schmerzverarbeitung im Gehirn gekommen sei, sei nicht wahrscheinlich. Denn bereits Ende des Jahres 1974 habe auch ohne entsprechende Behandlung eine komplette Beschwerdefreiheit von Seiten des rheumatischen Leidens bescheinigt werden können, ohne dass sich ein Schmerzsyndrom ausgebildet habe. Wiederum fehlten über viele Jahre eindeutig nachgewiesene Brückensymptome. Es werde deswegen keine rentenberechtigende MdE erreicht. Nachdem sich der Internist Dr. R. in seiner ärztlichen Stellungnahme der Auffassung von Dr. R. anschloss, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2008 fest, dass als Schädigungsfolgen ein "rheumatisches Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" anerkannt werde, die Schädigungsfolgen aber keinen rentenberechtigenden Grad der Schädigungsfolgen (GdS) um mindestens 25 bedingten. Eine Rente könne daher nicht gewährt werden, wohl aber Heilbehandlung ab 3. September 2002.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der GdS müsse mindestens 70 betragen, und legte hierzu ärztliche Stellungnahmen des Orthopäden Berberich (schwere Coxarthrose, Dystrophie der Muskulatur erheblichen Ausmaßes, Bewegungseinschränkung der Hände mit inkomplettem Faustschluss, Schlüsselgriff eingeschränkt, Einschränkung in der Beweglichkeit der Handgelenke und Fibromyalgie) sowie des Allgemeinmediziners Dr. Z. (Impffolgen: Muskeldystrophie, rheumatische Beschwerden der Gelenke, Muskelschwäche und -schmerzen, Infektanfälligkeit, schnelle Ermüdbarkeit, allgemeine erhebliche körperliche Schwäche, GdS 80) vor.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. (kein Hinweis auf eine persistierende rheumatische Erkrankung, die Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen seien vielmehr degenerativer Natur), wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2008 als unbegründet zurück. Die unstrittig vorliegende deutliche gesundheitliche Beeinträchtigung sei Folge aus Erkrankungen, die aus innerkörperlicher Ursache entstanden seien und sich unabhängig von der rheumatischen Erkrankung im Kindesalter, die zum jetzigen Zeitpunkt als ausgeheilt zu betrachten sei, entwickelt hätten.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Mai 2008 erneut Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung sie auf das Gutachten von Dr. H. verwiesen hat. Ihres Erachtens ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. K.-H., dass auch das psychiatrische Krankheitsbild Folge der rheumatischen Erkrankung sei.
Der Beklagte ist der Klage unter Vorlage u. a. einer gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. D. entgegengetreten. Dieser hat ausgeführt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handele es sich bei der Impfnarbe am rechten Oberarm der Klägerin um den Nachweis einer Pockenerstimpfung im Kleinkindalter. Denn kein deutscher Arzt habe im Jahr 1972 bei einer Zwölfjährigen eine Pockenerstimpfung im Rahmen einer Reihenimpfung durchgeführt. Demgegenüber bestehe kein Zweifel, dass es bei der Klägerin Ende 1972/Anfang 1973 zu einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises gekommen sei, die laut Epikrise abschließend als juvenile Dermatomyositis aufgefasst worden sei. Die Nachkontrollen über diese Erkrankung seien Ende 1974 durch die Poliklinik der Kinderklink eingestellt worden. Durch Pockenschutzimpfungen komme es vordergründig zu Komplikationen der Haut und des Nervensystems, die in einem Intervall von vier Wochen zur Impfung aufträten; Fallberichte über Gelenkbeteiligungen fänden sich sehr selten. Komplikationen der Pockenerstimpfung träten 5 bis 25 mal häufiger als nach Wiederimpfung auf. Hierbei müsse die Pustelreaktion als wesentliche Voraussetzung einer nachfolgenden Komplikation angenommen werden. Zusammengefasst könne sicher ausgeschlossen werden, dass die Erkrankung von 1972/73 in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer in Betracht gezogenen Pockenimpfung stehe. Es handele sich um ein eigenständiges Krankheitsbild. Dessen ungeachtet lägen keinerlei Beweise dafür vor, dass es sich bei dem jetzigen Krankheitsbild um Folgeerkrankungen der im Kindesalter durchgemachten juvenilen Dermatomyelitis handele. Dr. H. gehe insofern von völlig ungerechtfertigten Grundannahmen aus.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin nach Einholung verschiedener Arztberichte von Amts wegen und auf eigenes Kostenrisiko dreimalig begutachten lassen.
In dem radiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. C. hat dieser dargestellt, dass sich bildmorphologisch keine Nachweise zeigten, welche eine Impfschädigung vermuten ließen. Insbesondere bestünden im Bereich der untersuchten Skelettabschnitte keine arthritistypischen, sondern nur diskrete arthrotische Veränderungen, welche jedoch nicht über das Altersmaß hinaus gingen (Bl. 205 ff. SG-Akte).
Der Internist/Infektiologe Dr. B., Universitätsklinikum Tübingen, hat in Zusammenarbeit mit Dr. A. in seinem internistischen Gutachten ausgeführt, dass bei der Klägerin einerseits Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Gelenke, andererseits eine allgemeine körperliche Schwäche bestünden. Zum aktuellen Zeitpunkt liege keine entzündliche Aktivität einer in der Vorgeschichte vermuteten Arthritis vor. Radiologisch fänden sich trotz langjährigem Verlauf keine arthritischen Läsionen und es zeigten sich keine typischen Gelenkfehlstellungen. Somit könne kein Zusammenhang zwischen den aktuellen Beschwerden und der vorbeschriebenen Verdachtsdiagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis erkannt werden. Bezüglich des ausgeprägten Schmerzsyndroms könne differentialdiagnostisch an ein Fibromyalgie-Syndrom ebenso wie an die von Dr. K.-H. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung gedacht werden. Die Bewegungseinschränkungen der Gelenke ließen sich bei radiologisch nur diskret nachweisbaren Veränderungen nicht erklären, lediglich die beiderseitige Coxarthrose höheren Ausmaßes spreche für Schmerzen in diesem Bereich. Ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke sei aber für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch. Deswegen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Hüftbeschwerden Folge einer vor Jahren vermuteten juvenilen idiopathischen Arthritis seien. Die allgemeine körperliche Schwäche sei sicherlich multifaktoreller Genese, einerseits bedingt durch mangelnde Bewegung infolge der Schmerzen, darüber hinaus durch die Eisenmangelanämie und das Untergewicht der Klägerin. Auch hier bestehe kein klar erkennbarer Zusammenhang mit der anamnestisch vermuteten rheumatischen Erkrankung. Insgesamt könne daher kein GdB (gemeint: GdS) in Bezug auf die anerkannte Schädigungsfolge festgestellt werden.
Die Klägerin ist dem Gutachten unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. H. entgegengetreten, wonach autoimmune Reaktionen in seltenen Fällen durch Impfungen ausgelöst werden könnten, welches in der medizinischen Wissenschaft bekannt und belegt und bei der Klägerin anerkannt sei. Die Hinweise auf eine Anämie und der erhöhte Wert für die Gamma-Globuline sprächen für ein aktives immunologisches Geschehen, ohne für eine spezielle Erkrankung typisch zu sein. Hierauf seien die Sachverständigen nicht eingegangen, obwohl sie die zentral wichtige Diagnose einer Fibromyalgie selbst bestätigt hätten. Wodurch diese Krankheit entstehe, sei nicht bekannt. Seines Erachtens sei das jetzige Krankheitsbild nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand durch die autoimmune impfbedingte Erkrankung mit nachfolgender sekundärer Fibromyalgie hinreichend zu erklären, wobei der GdS 60 bis 70 betrage.
In ihrer ergänzenden Stellungnahme haben Dr. B./Dr. A. ausgeführt, dass zwar eine Arthrose mehrerer Gelenke, also kein rheumatisches Krankheitsbild, habe diagnostiziert werden können, jedoch keine Arthritis, für die es weder laborchemisch noch radiologisch einen Anhalt gebe. Die mäßig erhöhte Gamma-Globulin-Impfreaktion sowie der Nachweis von nicht weiter zu spezifizierenden antinukleären Antikörpern sei zu unspezifisch, um damit alleine die Diagnose einer Arthritis zu stellen, zumal spezifische klinische und radiologische Zeichen fehlten und auch keine laborchemischen Entzündungszeichen, Rheumafaktoren oder Anti-CCP-Antikörper nachweisbar gewesen seien. Die Arthrose selber stelle kein rheumatisches Krankheitsbild dar, sie könne jedoch als Folge einer Arthritis auftreten. Bei der Klägerin bestehe allerdings kein Anhalt dafür, dass die arthrotischen Veränderungen Folge einer vor Jahrzehnten vermuteten juvenilen idiopathischen Arthritis seien. Bei einem Fibromyalgie-Syndrom, welches auch als ausgeprägtes Schmerz-Syndrom bezeichnet werde, handele es sich um ein in der Ursache unklares Krankheitsbild mit komplexer Symptomatik und eine Erkrankung, die den Ausschluss anderer Erkrankungen voraussetze. Außerdem zähle es nicht zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Behauptung von Dr. H. entbehre daher jeder Grundlage.
In dem daraufhin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Internisten/Rheumatologen Prof. Dr. L. hat dieser ebenso dargelegt, dass er die aufgezeigte Kausalverbindung zwischen Impfung, einem "rheumatologischen Krankheitsbild" und letztlich der Fibromyalgie nicht nachvollziehen könne. Ganz ohne Zweifel bestehe ein ganz ausgeprägtes chronifiziertes Fibromyalgie-Syndrom, dessen Ursache unbekannt sei und welches als Musterbeispiel einer "nicht entzündlichen" rheumatischen Erkrankung der Weichteile international akzeptiert werde. Bei der Klägerin fehlten aber Merkmale für das Vorliegen einer entzündlichen Erkrankung. Demgegenüber seien sowohl eine Fehlhaltung der Wirbelsäule (möglicherweise als Ausdruck einer fehlenden muskulären Stütze) sowie zusätzlich degenerative Veränderungen im Bereich der Hüften, der Hand- und einzelner Fingergelenke röntgenologisch dokumentiert. Diese Merkmale schlössen die Fibromyalgie nicht aus, müssten jedoch bei der Wertung des Krankheitsbildes zusätzlich berücksichtigt werden. Bei der Klägerin fehle es im radiologischen Befund ebenso wie bei der Blutuntersuchung an Merkmalen für eine entzündliche Erkrankung oder einer persistierenden rheumatoiden Arthritis oder Polimyositis. Sehr auffällig sei die ausgeprägte Anämie, deren Ursache bisher nie untersucht worden sei. Dass Dr. H. die nachgewiesene Gamma-Globulin-Fraktion als Indikator einer fortführenden immunologisch-entzündlichen Reaktion werte, sei ein grundsätzliches Missverständnis. Wenn nämlich der Albumin-Gehalt prozentual sinke, müsse rein mathematisch der Gamma-Globulin-Anteil als der zweithöchste Partner der Serum-Eiweiße in seinem Prozentsatz vom Gesamt-Eiweiß steigen; das sei somit kein Ausdruck eines immunologischen Problems. Die wirkliche Diagnose der in Göttingen seinerzeit diagnostizierten rheumatologischen Erkrankung sei durchaus fragwürdig, denn die spezifischen serologischen Indikatoren würden weder für eine rheumatoide Arthritis noch für eine Dermatomyositis existieren. Vielmehr können die Krankheitsbilder auf eine "allergene" Reaktion auf einen Streptokokken-Infekt mühelos reduziert werden, wodurch sich die vorübergehenden Rezidive ebenso erklären ließen wie die in der Zwischenzeit stets unauffälligen Entzündungsparameter. Außerdem fehle es an sicheren Brückensymptomen für eine Persistenz des "Impfschadens". Der Sachverständige ist insgesamt zu der Einschätzung gelangt, dass es keine Hinweise für eine chronisch-entzündliche rheumatologische Grunderkrankung oder Autoimmunerkrankung gebe, wohl aber arthrotische Veränderungen, insbesondere der Hüftgelenke, sowie ein erhebliches Untergewicht und eine weitgehende Atrophie der gesamten Muskulatur, eine ausgeprägte Eisenmangelanämie sowie im Vordergrund eine chronifizierte hochgradige Fibromyalgie. Sollte es dagegen tatsächlich zu einer Impfschädigung gekommen sein, so seien die damaligen "rheumatologischen Beschwerden" zwischenzeitlich ausgeheilt, die jetzt nach 20 Jahren neu aufgetretenen Beschwerden könnten nicht auf brückenbildende Gesundheitsstörungen in den dazwischen liegenden 20 Jahren bezogen werden. Vielmehr seien die Gesundheitsstörungen nach Pocken-Impfung als ausgeheilt anzusehen, so dass er einen schädigungsbedingten GdS nicht empfehlen könne. Er hat die Röntgenbefunde vom 13. Oktober 2010 und 14. November 2011 beigefügt.
Nach Vertagung der ersten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2012 hat das SG ein weiteres internistisch-rheumatologisches Gutachten bei Dr. F. eingeholt. Dieser hat ausgeführt, die Klägerin nehme an Selbsthilfegruppen nicht teil, biete aber ihre Mithilfe bei Sozialverbänden an. Sie könne sich noch selbst und auch ihren Haushalt selbständig versorgen. Die Pflegestufe I sei anerkannt. An Hobbies habe sie angegeben, Schach zu spielen, Glasmalerei auszuüben, zu lesen, gern zu diskutieren und sich sozial zu engagieren. Insgesamt hätten sich eher leichtgradige Ausprägungen von Begleitsymptomen eines Fibromyalgie-Syndroms bei normalgewichtigem Ernährungszustand gezeigt. Die Klägerin sei in der Lage, eine Wegstrecke von ca. 100 Metern mit einem Rollator in einer Zeit von 140 Sekunden zurückzulegen. Ein komplett freies Gangbild ohne Hilfsmittel sei nicht möglich. An- und Auskleiden gelinge ihr betont demonstrativ verlangsamt. Der Faustschluss sei beidseits komplett, die Handkraft beidseits fortgeschritten reduziert demonstriert. Nach dem von ihm erhobenen Blutbild liege ein niedrigtitrig nachweisbarer Rheumafaktor sowie ein grenzwertiger Eisenmangel vor, die übrigen Parameter lägen im Bereich der Norm. Die Klägerin leide daher an einer Rheumafaktor-positiven rheumatoiden Arthritis mit passagerer Monarthritis des Kniegelenks, aktuell in Remission, sekundären Coxarthrosen beidseits, einem Impingementsyndrom beider Schultergelenke, einem chronischen Schmerzsyndrom im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms, einer incipienten arteriellen Hypertonie sowie einer fortgeschrittenen zystischen Läsion der Schilddrüse bei peripherer Euthyreose. Die aufgetretenen Myalgien und Arthralgien seien als initialer Schmerzgenerator zu werten. Die Ausbildung der Monarthritis könne aber seines Erachtens nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückgeführt werden, sie sei schicksalhaft. Die inaktive rheumatoide Arthritis sei lediglich hinsichtlich der sekundärarthrotischen Veränderungen der Hüftgelenke - auch unter Einbeziehung des Fibromyalgie - mit einem GdS von 20 bis allenfalls 30 zu berücksichtigen. Soweit alleine die rheumatische Erkrankung bewertet werde, so begründe diese angesichts der Remission ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen nur einen GdS von 10 bis 20. Auf Nachfrage hat der Sachverständige den GdS dahingehend präzisiert, dass allein die rheumatische Erkrankung, nämlich die Ausbildung der sekundären Coxarthrosen, mit einem GdS von 20 zu berücksichtigen sei.
Der Beklagte hat hierzu eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vorgelegt, in welcher diese ausgeführt hat, Dr. F. habe nicht begründet, warum die sekundärarthrotischen Veränderungen der Hüftgelenke als Schädigungsfolge entstanden seien. Bei einem schädigungsfreien Intervall der Schmerzen von mindestens 15 Jahren und der rheumatischen Gelenkentzündung von 40 Jahren könne kein ursächlicher Zusammenhang mehr konstruiert werden.
Mit Urteil vom 13. März 2013 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, zwar sei unstreitig durch die Formulierung des Vergleichs und des ausführenden Bescheides ein rheumatisches Krankheitsbild bei der Klägerin in Form einer rheumatoiden Arthritis bzw. Dermatomyositis erfasst. Diese Krankheitsbilder seien jedoch im Wesentlichen ausgeheilt und daher werde ein GdS im rentenberechtigenden Grad nicht erreicht. Dies hätten übereinstimmend die Gutachter Dr. B./Dr. A. und Prof. L. wie auch Dr. F. vertreten. Dass die Coxarthrose, wie Dr. F. ausgeführt habe, sekundäre Folge der durchgemachten Arthritis sei, werde durch das Gutachten von Dr. B./Dr. A. widerlegt. Denn danach sei ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch. Dies gelte umso mehr, als diese Hüftbeschwerden 1972 nicht bzw. nur nebenbei genannt würden. Die mit einem GdS von 80 eingeschätzten Beschwerden einer "Fibromyalgie" würden nicht zu einer Rente führen, weil diese nicht zu den anerkannten Schädigungsfolgen zähle. Zwar sei das sogenannte "Weichteilrheuma" im weitesten Sinne eine "rheumatische Erkrankung", dies sei jedoch eine rein formale Betrachtungsweise aufgrund allgemeiner und medizinisch äußerst strittiger Begrifflichkeiten. Insoweit müsse aber auf die Vergleichsformulierung zurückgegriffen werden, die nur die rheumatische Arthritis habe umfassen sollen. Die Fibromyalgie habe auch nach dem Gutachten von Prof. W., welches der Beklagte zum Abschluss des Vergleichs noch eingeholt habe, nicht anerkannt, somit hätten lediglich die Folgen der rheumatoiden Arthritis bzw. der Dermatomyositis berücksichtigt werden sollen.
Gegen das am 28. März 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. April 2013 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorgetragen hat, das SG habe verkannt, dass es nach dem Vergleichsabschluss nur noch darauf ankomme, wie hoch der GdS sei, denn der Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und der dauernden Gesundheitsstörung sei ausdrücklich festgestellt worden. Deswegen komme es auch nicht darauf an, ob sie noch an einer akuten rheumatischen Erkrankung leide. Jedenfalls die Coxarthrose müsse, wie von Dr. F. bewertet, berücksichtigt werden. Auch die Fibromyalgie sei GdS-erhöhend vom Vergleich umfasst. Die Klägerin hat noch den ärztlichen Kurzbericht des Internisten Dr. M. vom 16. April 2013 (aktuell geringe Aktivität mit leicht erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit und leicht erhöhtem Rheumafaktor) sowie das Laborblatt vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß) ,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. März 2013 sowie die Bescheide vom 16. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Versorgungsrente nach einem GdS von 80 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres Sachverständigengutachten zur Höhe des GdS und der Berücksichtigung der Hüfterkrankung einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist unter Vorlage einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. der Auffassung, dass die akute Beschwerdesymptomatik, nämlich die beidseitige degenerative Hüftgelenksveränderung und die Fibromyalgie, nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge stehe. Die Bezeichnung "Weichteilrheuma" sei falsch; diese Ansicht vertrete auch der Bundesverband Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung e.V., welches man der Homepage (www.fibromyalgie-fmf.de) entnehmen könne.
Dr. R. ist in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass Jahrzehnte bis zum erstmaligen Nachweis des Fibromyalgie-Syndroms ins Land gegangen seien, so dass die anerkannten Schädigungsfolgen nicht dessen Ausbildung erklären könnten. Dies könne allenfalls bei einem nachgewiesenermaßen engen zeitlichen Zusammenhang diskutiert werden. Deswegen hätten die internistisch-rheumatologischen Fachärzte die Schlussfolgerung des Dr. H., der kein Internist oder Rheumatologe sei, nicht nachvollziehen können. Chronisch langandauernde rheumatische Entzündungsprozesse könnten in der Tat Gelenke zerstören. Insoweit werde aber verkannt, dass die rheumatische Erkrankung nur zwischen Oktober 1972 und Mai 1974 bestanden habe und niemals röntgenologisch sichtbare arthritistypische Gelenkveränderungen hätten objektiviert werden können. Soweit heute Arthrosen der Hüftgelenke, der Radio-Karpal-Gelenke, der Daumensattelgelenke und der Handgelenke als Schädigungsfolgen geltend gemacht würden, so seien diese Gelenke nicht von der rheumatischen Erkrankung betroffen gewesen. Denn insoweit seien lediglich Bewegungseinschränkungen der Fingergrundgelenke, der Kniegelenke und der Ellenbogengelenke mitgeteilt worden, jeweils ohne röntgenologische Auffälligkeiten. Ab Mai 1974 sei die Klägerin unter einer entsprechenden Behandlung beschwerdefrei und ohne klinische Symptomatik gewesen. Erst 15 Jahre später aus den vorgelegten Behandlungsunterlagen aus den späten achtziger Jahren und der Mitte der neunziger Jahre hätten sich Hinweise auf unspezifische Gelenkbeschwerden gefunden, eine laborchemisch nachweisbare Entzündungsaktivität habe hingegen nicht bestanden. Auch bei den späteren Gutachten hätten sich keine Hinweise auf typische Symptome einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis wie z.B. Rötungen, Überwärmungen, Schwellungen oder Entzündungszeichen gefunden. Wie deswegen Dr. H. zur Diagnose einer Autoimmunerkrankung komme, lasse sich nicht nachvollziehen. Eine Autoimmunerkrankung entstehe nämlich aufgrund einer überschießenden Reaktion des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe, die zu schweren Entzündungsreaktionen und Schädigungen der betroffenen Organe führe, welches alles bei der Klägerin nicht nachweisbar sei.
Die Vorsitzende hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 24. Juli 2013 erörtert. Die Beteiligten sind dabei darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Sie haben hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Beklagte hat sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt.
Die Klägerin hat hierauf einen Arztbericht der Klinik S. vom 10. November 2008 vorgelegt, wonach die Diagnose einer Migräne accompanies (zerebrales Anfallsleiden nicht ausgeschlossen) gestellt worden ist. Die Klägerin habe damals ihre Beschwerden auf die durchgeführte Pockenimpfung zurückgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und damit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden und musste nicht dem zuletzt gestellten Beweisantrag nachkommen. Der Sachverhalt ist umfangreich aufgeklärt worden, die Klägerin hat auch ihr Antragsrecht nach § 109 SGG ausgeschöpft. Der Senat hat sich auch nicht gedrängt gefühlt, die Klägerin erneut von Amts wegen begutachten zu lassen. Vielmehr liegen ausreichende medizinische Äußerungen durch die Gutachten Prof. Dr. C., Dr. B./Dr. A., Prof. Dr. L., Dr. F. und nicht zuletzt Dr. H. vor, die sich jeweils zu der Höhe des GdS und der Hüfterkrankung geäußert und dem Senat dadurch die erforderliche Sachkunde zur Entscheidung des Rechtsstreits vermittelt haben.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen als Folge einer Pockenschutzimpfung ist § 60 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), wer durch diese Maßnahme eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Nach § 31 BVG muss der durch den Impfschaden begründete GdS mindestens 30 betragen, damit eine Beschädigten-Grundrente gewährt wird. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG wird der GdS nach Zehnergraden bemessen, wobei ein bis zu 5 Grad geringerer GdS vom höheren Zehnergrad mit umfasst wird.
Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die von der Klägerin begehrte Versorgungsrente somit der folgenden Voraussetzungen (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 6 VJ 1702/12 - Juris):
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem BSeuchG, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59). Ferner muss dieser Impfschaden einen GdS von mindestens 25 bedingen.
Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausa-litätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
"Die beim R.-K.-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar.
Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 f IfSG durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte."
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a. a. O.).
Ausgehend hiervon ist nach dem Vergleich vom 9. Juli 2007 nur noch die Höhe des GdS bzw. ob Versorgungsrente zu gewähren ist streitig, denn der Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und der dauerhaften gesundheitlichen Schädigung, dem Impfschaden, nämlich dem "rheumatischen Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" ist ausdrücklich festgestellt worden.
Das SG hat unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Ermittlungen zutreffend ausgeführt, dass kein Rentenanspruch der Klägerin besteht. Dieser ausführlichen Begründung schließt sich der Senat nach eigener Würdigung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
In Auswertung der vom SG eingeholten Gutachten hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich (§ 61 Satz 1 IfSG), dass es sich bei dem jetzigen Krankheitsbild um Folgeerkrankungen der im Kindesalter durchgemachten juvenilen Dermatomyelitis handelt. Vielmehr haben insbesondere Dr. B./Dr. A. und Prof. Dr. L. noch nicht einmal die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen den aktuellen Beschwerden der Klägerin und der vorbeschriebenen Verdachtsdiagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis gesehen, denn die damaligen, durch den Vergleich allein anerkannten rheumatologischen Beschwerden sind zwischenzeitlich ausgeheilt. Die nach 20 Jahren neu aufgetretenen Beschwerden können somit nicht auf brückenbildende Gesundheitsstörungen in den dazwischen liegenden 20 Jahren bezogen werden. Ein solcher Zusammenhang kann auch nicht durch den zuletzt vorgelegten Entlassungsbericht 1982 der Klinik S. konstruiert werden, denn allein die Klägerin hat damals ihre Beschwerden auf die Pockenimpfung zurückgeführt, wohingegen PD. Dr. V. die Diagnose einer Migräne, also keiner rheumatischen Erkrankung, gestellt hat.
Maßgebend dafür ist, dass alle Sachverständigen weder eine entzündlich-rheumatische Aktivität wie Rheumafaktoren und ein erhöhtes CRP noch arthritische Läsionen oder typische Gelenkfehlstellungen oder sogar Gelenkzerstörungen feststellen, sie vielmehr sogar röntgenologisch ausschließen konnten, was der Senat insbesondere dem radiologischen Gutachten von Prof. Dr. C. entnimmt. Denn es zeigten sich danach bildmorphologisch keine Nachweise für eine aktuelle, einen GdS begründende Impfschädigung, insbesondere bestanden im Bereich der untersuchten Skelettabschnitte keine arthritistypischen, sondern nur diskrete arthrotische, nicht über das Altersmaß hinausgehende Veränderungen. Insofern geht die Klägerin fehl, wenn sie Ansprüche allein aufgrund des durch Vergleich festgestellten Impfschadens herleiten möchte. Eine rentenberechtigende Schädigung kann nur bei entsprechenden funktionellen Einschränkungen angenommen werden (VersMedV Teil A, Nr. 2a, f), deswegen kommt es sehr wohl darauf an, ob sie noch an einer akuten rheumatischen Erkrankung leidet.
In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass nach Einschätzung der Universitäts-K. G. die Erkrankung bereits im Jahr 1974 ausgeheilt war, die Klägerin war danach ab Mai 1974 beschwerdefrei und ohne klinische Symptomatik, was der Senat den damaligen Arztbriefen entnimmt. Die Richtigkeit dieser Beurteilung wird dadurch gestützt, dass die Klägerin auch danach jahrzehntelang beschwerdefrei war, worauf Dr. R. zu Recht hingewiesen hat. Das hat zuletzt auch Prof. Dr. L. bestätigt, demgegenüber die Klägerin von erstmals wieder auftretenden Beschwerden 1995 berichtete, die dann erst ab 2000 ständig zunahmen. Dies deckt sich mit ihrem Versicherungsverlauf, Insoweit ist die Schlussfolgerung, dass es keinen Zusammenhang zwischen den jetzigen Erkrankungen der Klägerin und dem anerkannten Impfschaden gibt, auch für den Senat nachvollziehbar, denn es fehlt es an sicheren Brückensymptomen für eine Persistenz des "Impfschadens".
Dass die Anämie und der erhöhte Wert für die Gamma-Globuline für ein aktives immunologisches Geschehen sprechen, wie Dr. H. meint, ist zuletzt eindrucksvoll durch den Sachverständigen Prof. Dr. L. auch zur Überzeugung des Senats widerlegt worden. Bereits Dr. B./Dr. A. haben darauf hingewiesen, dass die mäßig erhöhte Gamma-Globulin-Impfreaktion sowie der Nachweis von nicht weiter zu spezifizierenden antinukleären Antikörpern zu unspezifisch ist, um damit alleine die Diagnose einer Arthritis zu stellen, zumal spezifische klinische und radiologische Zeichen fehlen und auch keine laborchemischen Entzündungszeichen, Rheumafaktoren oder Anti-CCP-Antikörper nachweisbar waren.
Selbst wenn man in Abweichung von sämtlichen Vorbefunden unter Zugrundelegung des Kurz-Attests von Dr. Michael vom 16. April 2013 jetzt von einer aktuell geringen Rheuma-Aktivität mit leicht erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit und leicht erhöhtem Rheumafaktor ausgehen müsste und diese als Schädigungsfolge der Impfung anerkennen würde, obwohl es weiter an Rötungen, Überwärmungen, Schwellungen oder Entzündungszeichen bzw. dem typischen Gelenkbefall fehlt, so wäre über die erforderliche Dauerhaftigkeit dieses einmaligen Befundes noch keine Aussage möglich, er wäre angesichts der geringen Ausprägung und der Krankheitsaktivität auch nur mit einem GdS von 10 zu bewerten (VersMedV Teil B, Nr. 18.2.1) und damit jedenfalls nicht rentenberechtigend.
Das Fibromyalgie-Syndrom oder die Schmerzstörung ist ein in der Ursache unklares Krankheitsbild mit komplexer Symptomatik und eine Erkrankung, die den Ausschluss anderer Erkrankungen voraussetzt, wie dies nicht zuletzt sogar der Bundesverband Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung e.V. auf seiner Homepage (www.fibromyalgie-fmf.de) vertritt. Außerdem zählt es nicht zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wie dies auch der insoweit beschlagene Sachverständige Prof. Dr. L. dargelegt hat, so dass bereits deswegen die Schlussfolgerungen des Dr. H., dessen Bewertung ohnehin zwischen einem GdS von 60 und 80 schwankt, widerlegt sind. Auch das haben die erstinstanzlich gehörten Sachverständigen übereinstimmend dargelegt. Deswegen kann, wie es das SG zu Recht dargelegt hat, dem ausdrücklichen Wortlaut des Vergleichs vom 9. Juli 2007 auch nicht entnommen werden, dass die Fibromyalgie als Gesundheitsstörung von dem Beklagten anerkannt worden ist, denn es handelt sich dabei eben nicht um eine rheumatische Erkrankung.
Ein rentenberechtigender GdS wird nicht durch die Veränderungen der Hüftgelenke begründet, selbst wenn man dem Sachverständigen Dr. F. folgen wollte, der seinerseits nur einen GdS von 20 für angemessen erachtet hat. Die Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke sind aber nicht Folge des anerkannten Impfschadens und daher nicht zu berücksichtigen. Denn ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke ist für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch, was insbesondere Dr. B./Dr. A. nachvollziehbar dargelegt haben. Deswegen konnte sich der Senat von der Richtigkeit der allein abweichenden Einschätzung von Dr. F. nicht überzeugen. Das gilt aus Sicht des Senats umso mehr, als sich aus den verfügbaren Unterlagen der Universitäts-K. G. aus den Jahren 1972 bis 1974 keinerlei Hinweise auf Hüftbeschwerden ergeben, was der Senat den vorliegenden Arztberichten entnimmt und worauf Dr. R. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu Recht hingewiesen hat.
Auch die allgemeine körperliche Schwäche der Klägerin hat multifaktorelle Ursachen, wie dies insbesondere Dr. B./Dr. A. nachvollziehbar dargelegt haben, nämlich einerseits bedingt durch mangelnde Bewegung infolge der Schmerzen, darüber hinaus durch die Eisenmangelanämie und das Untergewicht der Klägerin. Auch hier besteht kein klar erkennbarer Zusammenhang mit der anerkannten rheumatischen Erkrankung, d.h. noch nicht einmal die Möglichkeit.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen einer anerkannten Impfschädigung streitig.
Die am 12. August 1960 geborene Klägerin wurde ihren eigenen Angaben zufolge im Alter von 12 Jahren gegen Pocken geimpft. Eine Dokumentation zu dieser oder einer vorangegangenen Pockenimpfung oder anderen Impfungen konnte sie nicht vorlegen, an ihrem Oberarm befindet sich indessen eine typische Pockenimpfnarbe (Gutachten Dr. H.). Vom 16. bis 29. Oktober 1972 wurde sie erstmals stationär in der Universitäts-Kinderklinik G. unter der Diagnose einer rheumatoiden Arthritis behandelt, nachdem sie zehn Tage vor Aufnahme beide Hände nicht mehr zur Faust schließen konnte, seit sechs Wochen nicht mehr in der Lage war, die Strümpfe alleine anzuziehen und seit einem halben Jahr nicht mehr in der Schule mitturnte. Danach wurde sie erneut vom 14. Februar bis 9. März 1973 wegen einer seit Oktober 1972 bestehenden Steifheit der Gelenke und der Muskulatur stationär unter der Diagnose Dermatomyositis behandelt (Bl. 52, 53 V-Akte Band II). Bei der Nachuntersuchung am 7. Februar 1974 zeigte sich ein seit einem Jahr gutes Befinden, so dass die Dermatomyositis für die richtige Diagnose gehalten wurde. Einschränkungen bestanden noch bei der Beugung und Streckung beider Hände. Am 1. April 1974 war der Befund unverändert; am 17. Dezember 1974 wurden keine weiteren Routinekontrollen veranlasst.
In dem stationären Rehabilitationsverfahren zu Lasten der Rentenversicherung 1996 wurde erneut der Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis geäußert, wobei die Rheumaserologie unauffällig war. Die Therapie führte zu einer Besserung. In dem weiteren Heilverfahren 1998 waren die Befunde (Blutsenkungsreaktion, Rheumafaktoren, Antistreptolysintiter) im Normbereich. Nach zunächst erfolgter Ablehnung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit verpflichtete sich der Rentenversicherungsträger, der Klägerin aufgrund eines eingeholten nervenärztlich-psychosomatischen Fachgutachtens von Dr. K.-H. 2001 (Hinzutreten einer Angststörung) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Dezember 2000 zu gewähren.
Am 5. November 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden. Zu den Gesundheitsstörungen gab sie an, der Faustschluss der linken Hand sei nicht mehr möglich, der rechten Hand kaum; außerdem leide sie an Rücken- und Muskelschwäche sowie Erschöpfung nach einer 1972 stattgehabten Pockenimpfung. Ihr Impfpass sei bei einem Umzug verloren gegangen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2003 lehnte der damalige Beklagte, das Land Baden-Württemberg, zunächst den Antrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des Nachweises der Impfung fehlten. Dieser schädigende Vorgang müsse aber voll bewiesen werden.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Pockenimpfnarbe am rechten Arm sei beweisend, legte hierzu eine Bescheinigung von Dr. Z. vom 15. April 2003 vor und verwies auf die Pockenimpfungen dreier anderer Mädchen mit Impfdatum. Ferner legte sie die Unterlagen der stationären Behandlungen 1972 und 1973 vor.
Nachdem Dr. W. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme ausführte, wahrscheinlich sei die Impfung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt, jedoch lägen keinerlei Unterlagen über Impfreaktionen vor, die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) enthielten auch keinerlei Hinweise auf eine rheumatoide Arthritis als möglichen Pockenimpfschäden, wies der damalige Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2003 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin erstmals am 22. Dezember 2003 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie u.a. schriftliche Erklärungen ihrer Schwester, ihrer Mutter, ihrer Cousine sowie eines S. H. über die stattgehabte Pockenschutzimpfung in der damaligen Grundschule sowie das Impfbuch ihrer Mitschülerin vorlegte.
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 lud das SG zunächst das Land Niedersachsen (der jetzige Beklagte) zum Rechtsstreit bei und ließ die Klägerin zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten.
Der Sachverständige Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2006 aus, die im Anschluss an die Pockenimpfung sich langsam entwickelte autoimmune Erkrankung mit Beteiligung der Gelenke, der Muskeln und der Haut wie die später diagnostizierte Fibromyalgie seien mit Wahrscheinlichkeit durch die Pockenimpfung ausgelöst. Die Klägerin weise eine typische Impfnarbe von ca. 1,5 cm Durchmesser am rechten Oberarm auf. Im Bereich beider Hände fänden sich Anzeichen arthrotischer Veränderungen ohne akute Anzeichen einer Entzündung. Die derzeitige Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei 80, da der Allgemeinzustand massiv reduziert und die Beweglichkeit dauerhaft stark eingeschränkt sei. Ergänzend führte der Sachverständige am 20. Januar 2007 aus, durch die akute Entzündung komme es zu einer Schmerzfehlverarbeitung im Gehirn, er gehe von einer späten Erstimpfung der Klägerin aus.
Mit Vergleich vom 9. Juli 2007 anerkannte der Beklagte daraufhin, dass bei der Klägerin infolge einer Schädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ein "rheumatisches Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" anzuerkennen sei; über die Höhe der MdE und eine eventuell hieraus resultierende Beschädigtenversorgung werde durch gesonderten rechtsmittelfähigen Bescheid entschieden, wobei als Datum der Antragstellung der 3. September 2002 gelte.
In ihrer darauf angeforderten versorgungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. R. aus, es könne nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Pockenimpfung die in den Jahren 1972 bis 1974 beschriebene juvenile Dermatomyositis im Kindesalter ausgelöst habe. Zum jetzigen Zeitpunkt bestünden aber keinerlei Hinweise auf ein entzündlich-rheumatisches Geschehen mehr, auch keinerlei Anzeichen einer Dermatomyositis. Dies sei letztlich auch durch die gutachterliche Untersuchung von Dr. H. bestätigt worden, der keine Hinweise auf gravierende Funktionsstörungen der Wirbelsäule oder der Gelenke und insbesondere auch keine Anzeichen einer rheumatischen Erkrankung wie Überwärmungen, Schwellungen oder Bewegungseinschränkungen der Gelenke gefunden habe. Ganz im Vordergrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen stehe vielmehr eine psychische Erkrankung im Sinne einer Angststörung mit Panikattacken sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit nahezu ubiquitären Beschwerden des Bewegungsapparates und eine Persönlichkeitsstörung mit asthenischen Zügen wie emotionaler Unreife. Dies allein habe auch eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit begründet. Die von Dr. H. in diesem Zusammenhang geäußerte Vermutung, dass als Ursache eines Fibromyalgie-Syndroms durch die Anfang der siebziger Jahre durchgemachte rheumatische Erkrankung es zu einer Veränderung der Schmerzverarbeitung im Gehirn gekommen sei, sei nicht wahrscheinlich. Denn bereits Ende des Jahres 1974 habe auch ohne entsprechende Behandlung eine komplette Beschwerdefreiheit von Seiten des rheumatischen Leidens bescheinigt werden können, ohne dass sich ein Schmerzsyndrom ausgebildet habe. Wiederum fehlten über viele Jahre eindeutig nachgewiesene Brückensymptome. Es werde deswegen keine rentenberechtigende MdE erreicht. Nachdem sich der Internist Dr. R. in seiner ärztlichen Stellungnahme der Auffassung von Dr. R. anschloss, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 2008 fest, dass als Schädigungsfolgen ein "rheumatisches Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" anerkannt werde, die Schädigungsfolgen aber keinen rentenberechtigenden Grad der Schädigungsfolgen (GdS) um mindestens 25 bedingten. Eine Rente könne daher nicht gewährt werden, wohl aber Heilbehandlung ab 3. September 2002.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der GdS müsse mindestens 70 betragen, und legte hierzu ärztliche Stellungnahmen des Orthopäden Berberich (schwere Coxarthrose, Dystrophie der Muskulatur erheblichen Ausmaßes, Bewegungseinschränkung der Hände mit inkomplettem Faustschluss, Schlüsselgriff eingeschränkt, Einschränkung in der Beweglichkeit der Handgelenke und Fibromyalgie) sowie des Allgemeinmediziners Dr. Z. (Impffolgen: Muskeldystrophie, rheumatische Beschwerden der Gelenke, Muskelschwäche und -schmerzen, Infektanfälligkeit, schnelle Ermüdbarkeit, allgemeine erhebliche körperliche Schwäche, GdS 80) vor.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. (kein Hinweis auf eine persistierende rheumatische Erkrankung, die Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen seien vielmehr degenerativer Natur), wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2008 als unbegründet zurück. Die unstrittig vorliegende deutliche gesundheitliche Beeinträchtigung sei Folge aus Erkrankungen, die aus innerkörperlicher Ursache entstanden seien und sich unabhängig von der rheumatischen Erkrankung im Kindesalter, die zum jetzigen Zeitpunkt als ausgeheilt zu betrachten sei, entwickelt hätten.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Mai 2008 erneut Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung sie auf das Gutachten von Dr. H. verwiesen hat. Ihres Erachtens ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. K.-H., dass auch das psychiatrische Krankheitsbild Folge der rheumatischen Erkrankung sei.
Der Beklagte ist der Klage unter Vorlage u. a. einer gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. D. entgegengetreten. Dieser hat ausgeführt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handele es sich bei der Impfnarbe am rechten Oberarm der Klägerin um den Nachweis einer Pockenerstimpfung im Kleinkindalter. Denn kein deutscher Arzt habe im Jahr 1972 bei einer Zwölfjährigen eine Pockenerstimpfung im Rahmen einer Reihenimpfung durchgeführt. Demgegenüber bestehe kein Zweifel, dass es bei der Klägerin Ende 1972/Anfang 1973 zu einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises gekommen sei, die laut Epikrise abschließend als juvenile Dermatomyositis aufgefasst worden sei. Die Nachkontrollen über diese Erkrankung seien Ende 1974 durch die Poliklinik der Kinderklink eingestellt worden. Durch Pockenschutzimpfungen komme es vordergründig zu Komplikationen der Haut und des Nervensystems, die in einem Intervall von vier Wochen zur Impfung aufträten; Fallberichte über Gelenkbeteiligungen fänden sich sehr selten. Komplikationen der Pockenerstimpfung träten 5 bis 25 mal häufiger als nach Wiederimpfung auf. Hierbei müsse die Pustelreaktion als wesentliche Voraussetzung einer nachfolgenden Komplikation angenommen werden. Zusammengefasst könne sicher ausgeschlossen werden, dass die Erkrankung von 1972/73 in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer in Betracht gezogenen Pockenimpfung stehe. Es handele sich um ein eigenständiges Krankheitsbild. Dessen ungeachtet lägen keinerlei Beweise dafür vor, dass es sich bei dem jetzigen Krankheitsbild um Folgeerkrankungen der im Kindesalter durchgemachten juvenilen Dermatomyelitis handele. Dr. H. gehe insofern von völlig ungerechtfertigten Grundannahmen aus.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin nach Einholung verschiedener Arztberichte von Amts wegen und auf eigenes Kostenrisiko dreimalig begutachten lassen.
In dem radiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. C. hat dieser dargestellt, dass sich bildmorphologisch keine Nachweise zeigten, welche eine Impfschädigung vermuten ließen. Insbesondere bestünden im Bereich der untersuchten Skelettabschnitte keine arthritistypischen, sondern nur diskrete arthrotische Veränderungen, welche jedoch nicht über das Altersmaß hinaus gingen (Bl. 205 ff. SG-Akte).
Der Internist/Infektiologe Dr. B., Universitätsklinikum Tübingen, hat in Zusammenarbeit mit Dr. A. in seinem internistischen Gutachten ausgeführt, dass bei der Klägerin einerseits Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Gelenke, andererseits eine allgemeine körperliche Schwäche bestünden. Zum aktuellen Zeitpunkt liege keine entzündliche Aktivität einer in der Vorgeschichte vermuteten Arthritis vor. Radiologisch fänden sich trotz langjährigem Verlauf keine arthritischen Läsionen und es zeigten sich keine typischen Gelenkfehlstellungen. Somit könne kein Zusammenhang zwischen den aktuellen Beschwerden und der vorbeschriebenen Verdachtsdiagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis erkannt werden. Bezüglich des ausgeprägten Schmerzsyndroms könne differentialdiagnostisch an ein Fibromyalgie-Syndrom ebenso wie an die von Dr. K.-H. diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung gedacht werden. Die Bewegungseinschränkungen der Gelenke ließen sich bei radiologisch nur diskret nachweisbaren Veränderungen nicht erklären, lediglich die beiderseitige Coxarthrose höheren Ausmaßes spreche für Schmerzen in diesem Bereich. Ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke sei aber für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch. Deswegen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Hüftbeschwerden Folge einer vor Jahren vermuteten juvenilen idiopathischen Arthritis seien. Die allgemeine körperliche Schwäche sei sicherlich multifaktoreller Genese, einerseits bedingt durch mangelnde Bewegung infolge der Schmerzen, darüber hinaus durch die Eisenmangelanämie und das Untergewicht der Klägerin. Auch hier bestehe kein klar erkennbarer Zusammenhang mit der anamnestisch vermuteten rheumatischen Erkrankung. Insgesamt könne daher kein GdB (gemeint: GdS) in Bezug auf die anerkannte Schädigungsfolge festgestellt werden.
Die Klägerin ist dem Gutachten unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. H. entgegengetreten, wonach autoimmune Reaktionen in seltenen Fällen durch Impfungen ausgelöst werden könnten, welches in der medizinischen Wissenschaft bekannt und belegt und bei der Klägerin anerkannt sei. Die Hinweise auf eine Anämie und der erhöhte Wert für die Gamma-Globuline sprächen für ein aktives immunologisches Geschehen, ohne für eine spezielle Erkrankung typisch zu sein. Hierauf seien die Sachverständigen nicht eingegangen, obwohl sie die zentral wichtige Diagnose einer Fibromyalgie selbst bestätigt hätten. Wodurch diese Krankheit entstehe, sei nicht bekannt. Seines Erachtens sei das jetzige Krankheitsbild nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand durch die autoimmune impfbedingte Erkrankung mit nachfolgender sekundärer Fibromyalgie hinreichend zu erklären, wobei der GdS 60 bis 70 betrage.
In ihrer ergänzenden Stellungnahme haben Dr. B./Dr. A. ausgeführt, dass zwar eine Arthrose mehrerer Gelenke, also kein rheumatisches Krankheitsbild, habe diagnostiziert werden können, jedoch keine Arthritis, für die es weder laborchemisch noch radiologisch einen Anhalt gebe. Die mäßig erhöhte Gamma-Globulin-Impfreaktion sowie der Nachweis von nicht weiter zu spezifizierenden antinukleären Antikörpern sei zu unspezifisch, um damit alleine die Diagnose einer Arthritis zu stellen, zumal spezifische klinische und radiologische Zeichen fehlten und auch keine laborchemischen Entzündungszeichen, Rheumafaktoren oder Anti-CCP-Antikörper nachweisbar gewesen seien. Die Arthrose selber stelle kein rheumatisches Krankheitsbild dar, sie könne jedoch als Folge einer Arthritis auftreten. Bei der Klägerin bestehe allerdings kein Anhalt dafür, dass die arthrotischen Veränderungen Folge einer vor Jahrzehnten vermuteten juvenilen idiopathischen Arthritis seien. Bei einem Fibromyalgie-Syndrom, welches auch als ausgeprägtes Schmerz-Syndrom bezeichnet werde, handele es sich um ein in der Ursache unklares Krankheitsbild mit komplexer Symptomatik und eine Erkrankung, die den Ausschluss anderer Erkrankungen voraussetze. Außerdem zähle es nicht zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Behauptung von Dr. H. entbehre daher jeder Grundlage.
In dem daraufhin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Internisten/Rheumatologen Prof. Dr. L. hat dieser ebenso dargelegt, dass er die aufgezeigte Kausalverbindung zwischen Impfung, einem "rheumatologischen Krankheitsbild" und letztlich der Fibromyalgie nicht nachvollziehen könne. Ganz ohne Zweifel bestehe ein ganz ausgeprägtes chronifiziertes Fibromyalgie-Syndrom, dessen Ursache unbekannt sei und welches als Musterbeispiel einer "nicht entzündlichen" rheumatischen Erkrankung der Weichteile international akzeptiert werde. Bei der Klägerin fehlten aber Merkmale für das Vorliegen einer entzündlichen Erkrankung. Demgegenüber seien sowohl eine Fehlhaltung der Wirbelsäule (möglicherweise als Ausdruck einer fehlenden muskulären Stütze) sowie zusätzlich degenerative Veränderungen im Bereich der Hüften, der Hand- und einzelner Fingergelenke röntgenologisch dokumentiert. Diese Merkmale schlössen die Fibromyalgie nicht aus, müssten jedoch bei der Wertung des Krankheitsbildes zusätzlich berücksichtigt werden. Bei der Klägerin fehle es im radiologischen Befund ebenso wie bei der Blutuntersuchung an Merkmalen für eine entzündliche Erkrankung oder einer persistierenden rheumatoiden Arthritis oder Polimyositis. Sehr auffällig sei die ausgeprägte Anämie, deren Ursache bisher nie untersucht worden sei. Dass Dr. H. die nachgewiesene Gamma-Globulin-Fraktion als Indikator einer fortführenden immunologisch-entzündlichen Reaktion werte, sei ein grundsätzliches Missverständnis. Wenn nämlich der Albumin-Gehalt prozentual sinke, müsse rein mathematisch der Gamma-Globulin-Anteil als der zweithöchste Partner der Serum-Eiweiße in seinem Prozentsatz vom Gesamt-Eiweiß steigen; das sei somit kein Ausdruck eines immunologischen Problems. Die wirkliche Diagnose der in Göttingen seinerzeit diagnostizierten rheumatologischen Erkrankung sei durchaus fragwürdig, denn die spezifischen serologischen Indikatoren würden weder für eine rheumatoide Arthritis noch für eine Dermatomyositis existieren. Vielmehr können die Krankheitsbilder auf eine "allergene" Reaktion auf einen Streptokokken-Infekt mühelos reduziert werden, wodurch sich die vorübergehenden Rezidive ebenso erklären ließen wie die in der Zwischenzeit stets unauffälligen Entzündungsparameter. Außerdem fehle es an sicheren Brückensymptomen für eine Persistenz des "Impfschadens". Der Sachverständige ist insgesamt zu der Einschätzung gelangt, dass es keine Hinweise für eine chronisch-entzündliche rheumatologische Grunderkrankung oder Autoimmunerkrankung gebe, wohl aber arthrotische Veränderungen, insbesondere der Hüftgelenke, sowie ein erhebliches Untergewicht und eine weitgehende Atrophie der gesamten Muskulatur, eine ausgeprägte Eisenmangelanämie sowie im Vordergrund eine chronifizierte hochgradige Fibromyalgie. Sollte es dagegen tatsächlich zu einer Impfschädigung gekommen sein, so seien die damaligen "rheumatologischen Beschwerden" zwischenzeitlich ausgeheilt, die jetzt nach 20 Jahren neu aufgetretenen Beschwerden könnten nicht auf brückenbildende Gesundheitsstörungen in den dazwischen liegenden 20 Jahren bezogen werden. Vielmehr seien die Gesundheitsstörungen nach Pocken-Impfung als ausgeheilt anzusehen, so dass er einen schädigungsbedingten GdS nicht empfehlen könne. Er hat die Röntgenbefunde vom 13. Oktober 2010 und 14. November 2011 beigefügt.
Nach Vertagung der ersten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2012 hat das SG ein weiteres internistisch-rheumatologisches Gutachten bei Dr. F. eingeholt. Dieser hat ausgeführt, die Klägerin nehme an Selbsthilfegruppen nicht teil, biete aber ihre Mithilfe bei Sozialverbänden an. Sie könne sich noch selbst und auch ihren Haushalt selbständig versorgen. Die Pflegestufe I sei anerkannt. An Hobbies habe sie angegeben, Schach zu spielen, Glasmalerei auszuüben, zu lesen, gern zu diskutieren und sich sozial zu engagieren. Insgesamt hätten sich eher leichtgradige Ausprägungen von Begleitsymptomen eines Fibromyalgie-Syndroms bei normalgewichtigem Ernährungszustand gezeigt. Die Klägerin sei in der Lage, eine Wegstrecke von ca. 100 Metern mit einem Rollator in einer Zeit von 140 Sekunden zurückzulegen. Ein komplett freies Gangbild ohne Hilfsmittel sei nicht möglich. An- und Auskleiden gelinge ihr betont demonstrativ verlangsamt. Der Faustschluss sei beidseits komplett, die Handkraft beidseits fortgeschritten reduziert demonstriert. Nach dem von ihm erhobenen Blutbild liege ein niedrigtitrig nachweisbarer Rheumafaktor sowie ein grenzwertiger Eisenmangel vor, die übrigen Parameter lägen im Bereich der Norm. Die Klägerin leide daher an einer Rheumafaktor-positiven rheumatoiden Arthritis mit passagerer Monarthritis des Kniegelenks, aktuell in Remission, sekundären Coxarthrosen beidseits, einem Impingementsyndrom beider Schultergelenke, einem chronischen Schmerzsyndrom im Sinne eines Fibromyalgie-Syndroms, einer incipienten arteriellen Hypertonie sowie einer fortgeschrittenen zystischen Läsion der Schilddrüse bei peripherer Euthyreose. Die aufgetretenen Myalgien und Arthralgien seien als initialer Schmerzgenerator zu werten. Die Ausbildung der Monarthritis könne aber seines Erachtens nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückgeführt werden, sie sei schicksalhaft. Die inaktive rheumatoide Arthritis sei lediglich hinsichtlich der sekundärarthrotischen Veränderungen der Hüftgelenke - auch unter Einbeziehung des Fibromyalgie - mit einem GdS von 20 bis allenfalls 30 zu berücksichtigen. Soweit alleine die rheumatische Erkrankung bewertet werde, so begründe diese angesichts der Remission ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen nur einen GdS von 10 bis 20. Auf Nachfrage hat der Sachverständige den GdS dahingehend präzisiert, dass allein die rheumatische Erkrankung, nämlich die Ausbildung der sekundären Coxarthrosen, mit einem GdS von 20 zu berücksichtigen sei.
Der Beklagte hat hierzu eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vorgelegt, in welcher diese ausgeführt hat, Dr. F. habe nicht begründet, warum die sekundärarthrotischen Veränderungen der Hüftgelenke als Schädigungsfolge entstanden seien. Bei einem schädigungsfreien Intervall der Schmerzen von mindestens 15 Jahren und der rheumatischen Gelenkentzündung von 40 Jahren könne kein ursächlicher Zusammenhang mehr konstruiert werden.
Mit Urteil vom 13. März 2013 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, zwar sei unstreitig durch die Formulierung des Vergleichs und des ausführenden Bescheides ein rheumatisches Krankheitsbild bei der Klägerin in Form einer rheumatoiden Arthritis bzw. Dermatomyositis erfasst. Diese Krankheitsbilder seien jedoch im Wesentlichen ausgeheilt und daher werde ein GdS im rentenberechtigenden Grad nicht erreicht. Dies hätten übereinstimmend die Gutachter Dr. B./Dr. A. und Prof. L. wie auch Dr. F. vertreten. Dass die Coxarthrose, wie Dr. F. ausgeführt habe, sekundäre Folge der durchgemachten Arthritis sei, werde durch das Gutachten von Dr. B./Dr. A. widerlegt. Denn danach sei ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch. Dies gelte umso mehr, als diese Hüftbeschwerden 1972 nicht bzw. nur nebenbei genannt würden. Die mit einem GdS von 80 eingeschätzten Beschwerden einer "Fibromyalgie" würden nicht zu einer Rente führen, weil diese nicht zu den anerkannten Schädigungsfolgen zähle. Zwar sei das sogenannte "Weichteilrheuma" im weitesten Sinne eine "rheumatische Erkrankung", dies sei jedoch eine rein formale Betrachtungsweise aufgrund allgemeiner und medizinisch äußerst strittiger Begrifflichkeiten. Insoweit müsse aber auf die Vergleichsformulierung zurückgegriffen werden, die nur die rheumatische Arthritis habe umfassen sollen. Die Fibromyalgie habe auch nach dem Gutachten von Prof. W., welches der Beklagte zum Abschluss des Vergleichs noch eingeholt habe, nicht anerkannt, somit hätten lediglich die Folgen der rheumatoiden Arthritis bzw. der Dermatomyositis berücksichtigt werden sollen.
Gegen das am 28. März 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. April 2013 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorgetragen hat, das SG habe verkannt, dass es nach dem Vergleichsabschluss nur noch darauf ankomme, wie hoch der GdS sei, denn der Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und der dauernden Gesundheitsstörung sei ausdrücklich festgestellt worden. Deswegen komme es auch nicht darauf an, ob sie noch an einer akuten rheumatischen Erkrankung leide. Jedenfalls die Coxarthrose müsse, wie von Dr. F. bewertet, berücksichtigt werden. Auch die Fibromyalgie sei GdS-erhöhend vom Vergleich umfasst. Die Klägerin hat noch den ärztlichen Kurzbericht des Internisten Dr. M. vom 16. April 2013 (aktuell geringe Aktivität mit leicht erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit und leicht erhöhtem Rheumafaktor) sowie das Laborblatt vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß) ,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. März 2013 sowie die Bescheide vom 16. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Versorgungsrente nach einem GdS von 80 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres Sachverständigengutachten zur Höhe des GdS und der Berücksichtigung der Hüfterkrankung einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist unter Vorlage einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. der Auffassung, dass die akute Beschwerdesymptomatik, nämlich die beidseitige degenerative Hüftgelenksveränderung und die Fibromyalgie, nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge stehe. Die Bezeichnung "Weichteilrheuma" sei falsch; diese Ansicht vertrete auch der Bundesverband Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung e.V., welches man der Homepage (www.fibromyalgie-fmf.de) entnehmen könne.
Dr. R. ist in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass Jahrzehnte bis zum erstmaligen Nachweis des Fibromyalgie-Syndroms ins Land gegangen seien, so dass die anerkannten Schädigungsfolgen nicht dessen Ausbildung erklären könnten. Dies könne allenfalls bei einem nachgewiesenermaßen engen zeitlichen Zusammenhang diskutiert werden. Deswegen hätten die internistisch-rheumatologischen Fachärzte die Schlussfolgerung des Dr. H., der kein Internist oder Rheumatologe sei, nicht nachvollziehen können. Chronisch langandauernde rheumatische Entzündungsprozesse könnten in der Tat Gelenke zerstören. Insoweit werde aber verkannt, dass die rheumatische Erkrankung nur zwischen Oktober 1972 und Mai 1974 bestanden habe und niemals röntgenologisch sichtbare arthritistypische Gelenkveränderungen hätten objektiviert werden können. Soweit heute Arthrosen der Hüftgelenke, der Radio-Karpal-Gelenke, der Daumensattelgelenke und der Handgelenke als Schädigungsfolgen geltend gemacht würden, so seien diese Gelenke nicht von der rheumatischen Erkrankung betroffen gewesen. Denn insoweit seien lediglich Bewegungseinschränkungen der Fingergrundgelenke, der Kniegelenke und der Ellenbogengelenke mitgeteilt worden, jeweils ohne röntgenologische Auffälligkeiten. Ab Mai 1974 sei die Klägerin unter einer entsprechenden Behandlung beschwerdefrei und ohne klinische Symptomatik gewesen. Erst 15 Jahre später aus den vorgelegten Behandlungsunterlagen aus den späten achtziger Jahren und der Mitte der neunziger Jahre hätten sich Hinweise auf unspezifische Gelenkbeschwerden gefunden, eine laborchemisch nachweisbare Entzündungsaktivität habe hingegen nicht bestanden. Auch bei den späteren Gutachten hätten sich keine Hinweise auf typische Symptome einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis wie z.B. Rötungen, Überwärmungen, Schwellungen oder Entzündungszeichen gefunden. Wie deswegen Dr. H. zur Diagnose einer Autoimmunerkrankung komme, lasse sich nicht nachvollziehen. Eine Autoimmunerkrankung entstehe nämlich aufgrund einer überschießenden Reaktion des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe, die zu schweren Entzündungsreaktionen und Schädigungen der betroffenen Organe führe, welches alles bei der Klägerin nicht nachweisbar sei.
Die Vorsitzende hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 24. Juli 2013 erörtert. Die Beteiligten sind dabei darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Sie haben hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Beklagte hat sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt.
Die Klägerin hat hierauf einen Arztbericht der Klinik S. vom 10. November 2008 vorgelegt, wonach die Diagnose einer Migräne accompanies (zerebrales Anfallsleiden nicht ausgeschlossen) gestellt worden ist. Die Klägerin habe damals ihre Beschwerden auf die durchgeführte Pockenimpfung zurückgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und damit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden und musste nicht dem zuletzt gestellten Beweisantrag nachkommen. Der Sachverhalt ist umfangreich aufgeklärt worden, die Klägerin hat auch ihr Antragsrecht nach § 109 SGG ausgeschöpft. Der Senat hat sich auch nicht gedrängt gefühlt, die Klägerin erneut von Amts wegen begutachten zu lassen. Vielmehr liegen ausreichende medizinische Äußerungen durch die Gutachten Prof. Dr. C., Dr. B./Dr. A., Prof. Dr. L., Dr. F. und nicht zuletzt Dr. H. vor, die sich jeweils zu der Höhe des GdS und der Hüfterkrankung geäußert und dem Senat dadurch die erforderliche Sachkunde zur Entscheidung des Rechtsstreits vermittelt haben.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen als Folge einer Pockenschutzimpfung ist § 60 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), wer durch diese Maßnahme eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Nach § 31 BVG muss der durch den Impfschaden begründete GdS mindestens 30 betragen, damit eine Beschädigten-Grundrente gewährt wird. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG wird der GdS nach Zehnergraden bemessen, wobei ein bis zu 5 Grad geringerer GdS vom höheren Zehnergrad mit umfasst wird.
Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die von der Klägerin begehrte Versorgungsrente somit der folgenden Voraussetzungen (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 6 VJ 1702/12 - Juris):
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem BSeuchG, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59). Ferner muss dieser Impfschaden einen GdS von mindestens 25 bedingen.
Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausa-litätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
"Die beim R.-K.-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar.
Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 f IfSG durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte."
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a. a. O.).
Ausgehend hiervon ist nach dem Vergleich vom 9. Juli 2007 nur noch die Höhe des GdS bzw. ob Versorgungsrente zu gewähren ist streitig, denn der Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und der dauerhaften gesundheitlichen Schädigung, dem Impfschaden, nämlich dem "rheumatischen Krankheitsbild nach Pockenschutzimpfung" ist ausdrücklich festgestellt worden.
Das SG hat unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Ermittlungen zutreffend ausgeführt, dass kein Rentenanspruch der Klägerin besteht. Dieser ausführlichen Begründung schließt sich der Senat nach eigener Würdigung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
In Auswertung der vom SG eingeholten Gutachten hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich (§ 61 Satz 1 IfSG), dass es sich bei dem jetzigen Krankheitsbild um Folgeerkrankungen der im Kindesalter durchgemachten juvenilen Dermatomyelitis handelt. Vielmehr haben insbesondere Dr. B./Dr. A. und Prof. Dr. L. noch nicht einmal die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen den aktuellen Beschwerden der Klägerin und der vorbeschriebenen Verdachtsdiagnose einer juvenilen idiopathischen Arthritis gesehen, denn die damaligen, durch den Vergleich allein anerkannten rheumatologischen Beschwerden sind zwischenzeitlich ausgeheilt. Die nach 20 Jahren neu aufgetretenen Beschwerden können somit nicht auf brückenbildende Gesundheitsstörungen in den dazwischen liegenden 20 Jahren bezogen werden. Ein solcher Zusammenhang kann auch nicht durch den zuletzt vorgelegten Entlassungsbericht 1982 der Klinik S. konstruiert werden, denn allein die Klägerin hat damals ihre Beschwerden auf die Pockenimpfung zurückgeführt, wohingegen PD. Dr. V. die Diagnose einer Migräne, also keiner rheumatischen Erkrankung, gestellt hat.
Maßgebend dafür ist, dass alle Sachverständigen weder eine entzündlich-rheumatische Aktivität wie Rheumafaktoren und ein erhöhtes CRP noch arthritische Läsionen oder typische Gelenkfehlstellungen oder sogar Gelenkzerstörungen feststellen, sie vielmehr sogar röntgenologisch ausschließen konnten, was der Senat insbesondere dem radiologischen Gutachten von Prof. Dr. C. entnimmt. Denn es zeigten sich danach bildmorphologisch keine Nachweise für eine aktuelle, einen GdS begründende Impfschädigung, insbesondere bestanden im Bereich der untersuchten Skelettabschnitte keine arthritistypischen, sondern nur diskrete arthrotische, nicht über das Altersmaß hinausgehende Veränderungen. Insofern geht die Klägerin fehl, wenn sie Ansprüche allein aufgrund des durch Vergleich festgestellten Impfschadens herleiten möchte. Eine rentenberechtigende Schädigung kann nur bei entsprechenden funktionellen Einschränkungen angenommen werden (VersMedV Teil A, Nr. 2a, f), deswegen kommt es sehr wohl darauf an, ob sie noch an einer akuten rheumatischen Erkrankung leidet.
In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass nach Einschätzung der Universitäts-K. G. die Erkrankung bereits im Jahr 1974 ausgeheilt war, die Klägerin war danach ab Mai 1974 beschwerdefrei und ohne klinische Symptomatik, was der Senat den damaligen Arztbriefen entnimmt. Die Richtigkeit dieser Beurteilung wird dadurch gestützt, dass die Klägerin auch danach jahrzehntelang beschwerdefrei war, worauf Dr. R. zu Recht hingewiesen hat. Das hat zuletzt auch Prof. Dr. L. bestätigt, demgegenüber die Klägerin von erstmals wieder auftretenden Beschwerden 1995 berichtete, die dann erst ab 2000 ständig zunahmen. Dies deckt sich mit ihrem Versicherungsverlauf, Insoweit ist die Schlussfolgerung, dass es keinen Zusammenhang zwischen den jetzigen Erkrankungen der Klägerin und dem anerkannten Impfschaden gibt, auch für den Senat nachvollziehbar, denn es fehlt es an sicheren Brückensymptomen für eine Persistenz des "Impfschadens".
Dass die Anämie und der erhöhte Wert für die Gamma-Globuline für ein aktives immunologisches Geschehen sprechen, wie Dr. H. meint, ist zuletzt eindrucksvoll durch den Sachverständigen Prof. Dr. L. auch zur Überzeugung des Senats widerlegt worden. Bereits Dr. B./Dr. A. haben darauf hingewiesen, dass die mäßig erhöhte Gamma-Globulin-Impfreaktion sowie der Nachweis von nicht weiter zu spezifizierenden antinukleären Antikörpern zu unspezifisch ist, um damit alleine die Diagnose einer Arthritis zu stellen, zumal spezifische klinische und radiologische Zeichen fehlen und auch keine laborchemischen Entzündungszeichen, Rheumafaktoren oder Anti-CCP-Antikörper nachweisbar waren.
Selbst wenn man in Abweichung von sämtlichen Vorbefunden unter Zugrundelegung des Kurz-Attests von Dr. Michael vom 16. April 2013 jetzt von einer aktuell geringen Rheuma-Aktivität mit leicht erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit und leicht erhöhtem Rheumafaktor ausgehen müsste und diese als Schädigungsfolge der Impfung anerkennen würde, obwohl es weiter an Rötungen, Überwärmungen, Schwellungen oder Entzündungszeichen bzw. dem typischen Gelenkbefall fehlt, so wäre über die erforderliche Dauerhaftigkeit dieses einmaligen Befundes noch keine Aussage möglich, er wäre angesichts der geringen Ausprägung und der Krankheitsaktivität auch nur mit einem GdS von 10 zu bewerten (VersMedV Teil B, Nr. 18.2.1) und damit jedenfalls nicht rentenberechtigend.
Das Fibromyalgie-Syndrom oder die Schmerzstörung ist ein in der Ursache unklares Krankheitsbild mit komplexer Symptomatik und eine Erkrankung, die den Ausschluss anderer Erkrankungen voraussetzt, wie dies nicht zuletzt sogar der Bundesverband Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung e.V. auf seiner Homepage (www.fibromyalgie-fmf.de) vertritt. Außerdem zählt es nicht zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wie dies auch der insoweit beschlagene Sachverständige Prof. Dr. L. dargelegt hat, so dass bereits deswegen die Schlussfolgerungen des Dr. H., dessen Bewertung ohnehin zwischen einem GdS von 60 und 80 schwankt, widerlegt sind. Auch das haben die erstinstanzlich gehörten Sachverständigen übereinstimmend dargelegt. Deswegen kann, wie es das SG zu Recht dargelegt hat, dem ausdrücklichen Wortlaut des Vergleichs vom 9. Juli 2007 auch nicht entnommen werden, dass die Fibromyalgie als Gesundheitsstörung von dem Beklagten anerkannt worden ist, denn es handelt sich dabei eben nicht um eine rheumatische Erkrankung.
Ein rentenberechtigender GdS wird nicht durch die Veränderungen der Hüftgelenke begründet, selbst wenn man dem Sachverständigen Dr. F. folgen wollte, der seinerseits nur einen GdS von 20 für angemessen erachtet hat. Die Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke sind aber nicht Folge des anerkannten Impfschadens und daher nicht zu berücksichtigen. Denn ein vorwiegender Befall der Hüftgelenke ist für eine rheumatoide Arthritis nicht typisch, was insbesondere Dr. B./Dr. A. nachvollziehbar dargelegt haben. Deswegen konnte sich der Senat von der Richtigkeit der allein abweichenden Einschätzung von Dr. F. nicht überzeugen. Das gilt aus Sicht des Senats umso mehr, als sich aus den verfügbaren Unterlagen der Universitäts-K. G. aus den Jahren 1972 bis 1974 keinerlei Hinweise auf Hüftbeschwerden ergeben, was der Senat den vorliegenden Arztberichten entnimmt und worauf Dr. R. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu Recht hingewiesen hat.
Auch die allgemeine körperliche Schwäche der Klägerin hat multifaktorelle Ursachen, wie dies insbesondere Dr. B./Dr. A. nachvollziehbar dargelegt haben, nämlich einerseits bedingt durch mangelnde Bewegung infolge der Schmerzen, darüber hinaus durch die Eisenmangelanämie und das Untergewicht der Klägerin. Auch hier besteht kein klar erkennbarer Zusammenhang mit der anerkannten rheumatischen Erkrankung, d.h. noch nicht einmal die Möglichkeit.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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