L 10 U 2463/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 6160/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2463/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25.04.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme eines die Gewährung einer Verletztenrente ablehnenden Bescheides der Beklagten nach einem Arbeitsunfall der Klägerin im Jahr 2005.

Die 1976 geborene Klägerin arbeitete als Verkäuferin in einem Möbelhaus. Am 24.10.2005 oder am 25.10.2005 (von letzterem Zeitpunkt ist aus Vereinfachungs- und Verständlichkeitsgründen auszugehen, so der Senat bereits im Urteil vom 17.02.2011, L 10 U 3969/09, S. 9) blieb sie beim Vorführen einer Couch mit dem Absatz hängen und verdrehte sich ihr rechtes Knie. Der Hausarzt Dr. L. , den die Klägerin am 25.10.2005 notfallmäßig aufsuchte, bezeichnete das rechte Knie als diffus geschwollen und druckschmerzhaft (Bl. 70-1 VA), Arbeitsunfähigkeit trat zunächst nicht ein. Erst auf der Grundlage einer Arthroskopie im W. Medicum in R. am 13.03.2006 (Bl. 22-2 Rs. VA) wurde bei der Klägerin eine vordere Kreuzbandruptur am rechten Kniegelenk diagnostiziert. Im Mai 2006 erfolgte in derselben Klinik eine Kreuzbandersatzplastik.

Die Beklagte lehnte, nachdem die Klägerin ihre Krankenkasse auf das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im September 2005 hingewiesen und die Krankenkasse diesen Sachverhalt der Beklagten gemeldet hatte (Bl. 4 VA), die Gewährung einer Verletztenrente mit Bescheid vom 06.06.2007 (Bl. 95-1 VA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2007 (Bl. 115-1 VA) ab. Die auf Feststellung von Unfallfolgen (Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes) und Gewährung einer Verletztenrente erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG) Freiburg (S 20 U 4117/07) mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2009 ab. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg wies die mit identischem prozessualen Begehren eingelegte Berufung mit Urteil vom 17.02.2011 (L 10 U 3969/09) und der Begründung zurück, es habe wegen fehlender länger andauernder Unfallfolgen im Bereich des rechten Kniegelenks kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente bestanden, da die bereits vor dem Unfallereignis am 26.09.2005 festgestellte Knorpelschädigung eindeutig vorbestehend sei (S. 8 des Urteils) und insbesondere die - erst im März 2006 festgestellte - Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei (S. 9 ff. des Urteils). Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin (Bl. 183-1 Rs. VA) gegen das Urteil des LSG zum Bundessozialgericht (BSG) blieb erfolglos (BSG, Beschluss vom 26.05.2011, B 2 U 71/11).

Mit Schreiben vom 06.07.2011 beantragte die Klägerin - gestützt auf § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - die Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 06.06.2007 und die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 25.10.2005 (Bl. 188-1 VA). Sie begründete ihren Antrag mit einer Kopie aus der Patientendokumentation von Dr. L. , der unter dem Datum 26.10.2005 auf starke Schmerzen im rechten Knie hingewiesen habe (Bl. 188-2 VA). Diese Schmerzentwicklung sei typisch im Zusammenhang mit Traumen wie dem erlittenen Kreuzbandriss. Angesichts dessen sei der Kausalzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Kreuzbandverletzung neu zu prüfen (Bl. 188-1 VA). Die Beklagte lehnte die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 06.06.2007 mit Bescheid vom 05.10.2011 unter Hinweis darauf ab, die Auskunft Dr. L. s sei bereits seit Oktober 2006 bekannt; ein Kausalzusammenhang zwischen der Kreuzbandverletzung und dem Unfall lasse sich daraus jedoch nicht herleiten (Bl. 189-1 VA). Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2011 zurück (Bl. 199-1 VA).

Zur Begründung ihrer am 21.11.2011 beim SG Freiburg erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. ein Attest des Dr. L. vom März 2012 vorgelegt; nach dessen Ansicht ist das Sturzereignis an der damaligen Arbeitsstätte am 25.10.2005 das einzige Trauma des rechten Kniegelenks, das zu einer Kreuzbandverletzung habe führen können. Weitere Unfallereignisse seien nach seinen Unterlagen nicht eingetreten (Bl. 34 Rs. SG-Akte; wortgleich auch das Attest vom 22.08.2012, Bl. 53 SG-Akte).

Der Sachverständige Dr. H. hat in dem - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlassten - orthopädischen Gutachten nach Untersuchung im Juni 2012 festgestellt, dass sich die Frage, ob die Ruptur des vorderen Kreuzbandes durch den Unfall vom 25.10.2005 entstanden sei, nicht eindeutig beantworten lasse (Bl. 40 SG-Akte). Der Unfall vom 25.10.2005 "könne" - so der Sachverständige - die Ursache der vorderen Kreuzbandruptur gewesen sein, da sich das Knie der Klägerin zu diesem Zeitpunkt in einem Reizzustand befunden habe, so dass auch ein geringes Trauma zu einer massiven Schädigung (Ruptur) habe führen können. Denn bereits ein relativ harmloses Trauma genüge, um gereizte Strukturen in einem Gelenk zu schädigen (Bl. 41 SG-Akte). Aus dem Bericht der Kernspintomographie vom 28.10.2005, bei der das vordere Kreuzband - bei erhaltener Kontinuität - deutlich signalangehoben und verbreitert gewirkt habe, hat der Sachverständige geschlossen, dass damals bereits - in welcher Form auch immer - eine Läsion des vorderen Kreuzbandes vorgelegen haben müsse (Bl. 41 SG-Akte). In einer späteren weiteren Stellungnahme hat Dr. H. bekräftigt, die Wahrscheinlichkeit sei sehr hoch, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes durch den Arbeitsunfall vom 25.10.2005 verursacht worden sei, nachdem kein anderes Trauma in der Zeit nach Oktober 2005 stattgefunden habe (Bl. 50). Als Unfallfolgen im Bereich des rechten Kniegelenks hat der Sachverständige einen Z.n. vorderer Kreuzbandruptur mit Kreuzbandersatzplastik und verbliebener Bewegungseinschränkung sowie einen Knorpelschaden des medialen Femurcondylus mit autologer Knorpeltransplantation und verbliebenem Reizkniegelenk diagnostiziert (Bl. 40 f., 42 SG-Akte). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die gesamten Unfallfolgen hat der Sachverständige - in Bestätigung des klägerischen Vortrags - auf 30 v.H. geschätzt (Bl. 50 SG-Akte), nachdem er sie in seinem Gutachten noch mit 10 v.H. bewertet hatte (Bl. 42 SG-Akte).

Auf einen weiteren Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X vom 21.03.2012 - ebenfalls mit dem Ziel der Rücknahme des Bescheides vom 06.06.2007 (Bl. 34 SG-Akte) - hat die Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2012 eine derartige erneute Entscheidung abgelehnt (Bl. 35, 37 SG-Akte).

Das SG Freiburg hat die Klage mit Urteil vom 25.04.2013 abgewiesen; dabei hat es insbesondere darauf hingewiesen, die weiteren medizinischen Ermittlungen hätten keine wesentlichen neuen Erkenntnisse erbracht. Es verbleibe bei den bereits im rechtskräftigen Urteil des LSG Baden-Württemberg dargelegten gleichwertigen Möglichkeiten, wonach sich die Kreuzbandruptur entweder bereits vor dem 25.10.2005 oder durch den Arbeitsunfall am 25.10.2005 oder durch ein Ereignis nach dem 25.10.2005 ereignet habe.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17.05.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.06.2013 Berufung eingelegt und insbesondere darauf verwiesen, dass es nach dem 25.10.2005 bis zum Nachweis eines Kreuzbandrisses im März 2006 jedenfalls kein Ereignis gegeben habe, das geeignet gewesen wäre, einen Kreuzbandriss zu verursachen.

Die Klägerin beantragt (Schriftsatz vom 13.06.2013),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25.04.2013 abzuändern, die Bescheide der Beklagten vom 05.10.2011 und 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06.06.2007 zurückzunehmen und als Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 25.10.2005 ab Antragstellung eine Teilrente in Höhe von 50 v.H. der Vollrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten des SG Freiburg im Verfahren S 20 U 4117/07 und die Prozessakten des LSG Baden-Württemberg im Verfahren L 10 3969/09 verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Soweit das Sozialgericht die Klage gegen den im Verlauf des Klageverfahrens ergangenen und von der Klägerin als nach § 96 SGG einbezogen angesehenen Bescheid vom 29.05.2012 abgewiesen hat, ist dies schon aus prozessualen Gründen nicht zu beanstanden. Denn diese Klage ist unzulässig, die Berufung damit unbegründet. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung (Bl. 29 LSG-Akte) ist der Bescheid vom 29.05.2012, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, in Bezug auf den neuerlichen Antrag der Klägerin, eine erneute Entscheidung nach § 44 SGB X zu treffen (Bl. 35 SG-Akte), nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 05.10.2011 weder abgeändert noch ersetzt hat. Vielmehr hat die Beklagte es gerade abgelehnt, eine neue Entscheidung nach § 44 SGB X zu treffen, also inhaltlich gerade nicht über eine Rücknahme des Bescheides vom 06.06.2007 entschieden. Folgen für den vorliegenden Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht, also für das eigentliche prozessuale Begehren der Klägerin auf Verletztenrente, ergeben sich aus dieser Entscheidung im Übrigen nicht.

Zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits ist dagegen der Bescheid vom 05.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2011, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Verletztenrente ablehnenden bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 06.06.2007 ablehnte. Dieser Bescheid der Beklagten vom 05.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 25.04.2013 zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Rücknahme des eine Verletztenrente ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 06.06.2007 (§ 44 SGB X) und auf Gewährung von Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII) dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Indessen liegen die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht vor. Denn der Bescheid vom 06.06.2007, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ablehnte, ist rechtmäßig. Für den Senat sind auch weiterhin keine mindestens sechs Monate andauernden Gesundheitsstörungen ersichtlich, die mit dem Arbeitsunfall vom 25.10.2005 im Zusammenhang stehen. Eine rentenberechtigende MdE um wenigstens 20 v.H. lag demnach im Anschluss an den Arbeitsunfall mangels fortbestender Unfallfolgen nicht vor, so dass die Gewährung einer Verletztenrente nicht in Betracht kommt. Der Beurteilung von Dr. H. , der in seinem Gutachten zunächst eine MdE um 10 v.H. (Bl. 42 SG-Akte), später dann ohne weitergehende sozialmedizinische Begründung um 30 v.H. (Bl. 50 SG-Akte) angenommen hat, kann nicht gefolgt werden.

Soweit der Sachverständige Dr. H. ohne weitergehende Begründung auch die Knorpelschäden des rechten Kniegelenks auf das Unfallereignis zurückführt (Bl. 42 i.V.m. Bl. 40 f. SG-Akte), ist dieser Beurteilung bereits auf der Grundlage der medizinischen Ermittlungen im Ausgangsverfahren nicht zu folgen. Danach wurden die Knorpelschäden in Gestalt einer tiefen Chondromalazie dritten Grades nachweislich bereits am 26.09.2005 im Rahmen der arthroskopischen Operation im KH Achern festgestellt (Bl. 6 SG-Akte S 20 U 4117/07); sie lagen also eindeutig bereits vor dem angeschuldigten Unfallereignis am 25.10.2005 vor und können demnach naturgemäß von diesem auch nicht verursacht worden sein.

Auf einen Riss des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie kann sich die Klägerin zur Begründung eines Anspruches auf Verletztenrente von vornherein nicht berufen. Dem steht die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 17.02.2011 im Verfahren L 10 U 3969/09 entgegen. Damals blieb der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat u.a. gestellte Antrag auf gerichtliche Feststellung, dass die Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes Folge des Arbeitsunfalls vom 25.10.2005 ist, ohne Erfolg. Mit der Abweisung einer Feststellungsklage steht - auch im sozialgerichtlichen Verfahren - das Gegenteil der begehrten Feststellung fest (s. hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 16.02.2012, L 10 U 3886/10 m.w.N. u.a. auf BSG, Urteil vom 28.06.1984, 2 RU 64/83, alle in juris). Mit der Abweisung einer Klage auf Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen steht damit fest, dass diese Gesundheitsstörungen keine Unfallfolgen sind (BSG, a.a.O.). Diese Rechtskraftwirkung ist - anders als bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Leistungsklagen - nicht durch §§ 44 ff. SGB X "eingeschränkt". Denn mit der Feststellungklage wird nicht über den Regelungsgegenstand eines (mit Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage zum Erlass begehrten) Verwaltungsaktes über Ansprüche (z.B. auf bestimmte Leistungen) entschieden, dessen Bestandkraft nach den § 44 ff. SGB X durchbrochen werden kann, sondern über das Rechtsverhältnis als solches. Dem entsprechend stellt sich die Rechtsposition der Beteiligten wegen der Rechtskraftwirkung gerichtlicher Feststellungsurteile im Gegensatz zur durchbrechungsfähigen Bindungswirkung feststellender oder eine Feststellung ablehnender Verwaltungsakte - was ihre Durchbrechungsfähigkeit anbelangt - anders dar (BSG, Urteil vom 27.04.2010, B 2 U 23/09 R und Urteile vom 09.11.2010, B 2 U 6/10 R und B 2 U 14/10 R, alle u.a. in juris, für Fälle der Stattgabe der Feststellungsklage). Der Hinweis des Klägers, § 44 SGB X könne im Falle einer kombinierten Feststellungs- und Leistungsklage auch die rechtskräftig abgelehnte Feststellung von Unfallfolgen durchbrechen (Bl. 28 LSG-Akte), geht somit fehl.

Im Hinblick auf die vom Sozialgericht durchgeführte Sachaufklärung weist der Senat aber ergänzend darauf hin, dass entgegen der Annahme durch den Sachverständigen Dr. H. (Bl. 42 i.V.m. Bl. 40 f. SG-Akte) insbesondere auch weiterhin nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass der Riss des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie durch den Arbeitsunfall am 25.10.2005 verursacht worden ist. Denn der Senat hält es auch weiterhin nicht für wahrscheinlich, dass das Verdrehen des Knies am 25.10.2005 naturwissenschaftliche Ursache für die Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes war. Der Senat hält dies weiterhin nur für möglich. Für genauso möglich erachtet es der Senat jedoch, dass das Kreuzband kurz vor dem 10.10.2005 oder nach dem 25.10.2005 rupturierte. Die bloße Möglichkeit, dass die Ruptur durch den Vorfall vom 25.10.2005 verursacht wurde, reicht für die Berücksichtigung der aus der Kreuzbandruptur resultierenden Gesundheitsstörungen zur Gewährung einer Verletztenrente nicht aus. Mit Blick auf die medizinischen Ermittlungen im Ausgangsverfahren verweist der Senat auf die ausführliche Begründung und Beweiswürdigung in seinem rechtskräftigen Urteil vom 17.02.2011 (L 10 3969/09, dort S. 11 ff.). Daran ändert auch das Vorbringen der Klägerin und das Gutachten von Dr. H. nichts.

Dies betrifft zum einen den Hinweis der Klägerin im Rahmen der Antragstellung auf die am 26.10.2005 in der - bereits im Ausgangsverfahren bekannten (Bl. 54 LSG-Akte L 10 3969/09) -Patientendokumentation des Dr. L. dokumentierten starken Schmerzen der Klägerin (Bl. 188-2 Rs. VA). Ein damals vorliegender und auf den Arbeitsunfall am 25.10.2005 zurückzuführender Riss des vorderen Kreuzbandes ist mit dieser Dokumentation gerade nicht wahrscheinlich zu machen, zumal die Art der Schmerzen den damals erstbehandelnden Dr. L. veranlasst hat, eher an eine Meniskusverletzung zu denken.

Kein anderes Ergebnis ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Gutachten des orthopädischen Sachverständigen Dr. H. , der die Klägerin auch im Anschluss an den Arbeitsunfall behandelt hatte und noch unter dem 15.12.2005 - also nach dem Unfallereignis - als Befund erhoben hatte, die Seitenbänder seien medial gelockert und die Kreuzbänder fest (Bl. 57-1 VA). Später hat er in seinem Gutachten gegenüber dem Sozialgericht erläutert, es lasse sich gerade nicht eindeutig klären, ob die Ruptur des vorderen Kreuzbandes durch den Unfall am 25.10.2005 entstanden sei (Bl. 40 SG-Akte). An anderer Stelle hat er dann festgestellt, der Unfall vom 25.10.2005 "könne" die Ursache der Kreuzbandruptur gewesen sein (Bl. 41 SG-Akte). Mehr als die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs ist diesen Ausführungen nicht zu entnehmen.

Auch soweit Dr. H. aus dem Bericht der Kernspintomographie vom 28.10.2005, bei der das vordere Kreuzband - bei erhaltener Kontinuität - deutlich signalangehoben und verbreitert gewirkt habe, schließt, dass damals bereits eine Läsion des vorderen Kreuzbandes vorgelegen haben müsse ("in welcher Form auch immer", Bl. 41 SG-Akte), vermag dies nicht zu überzeugen, zumal Dr. H. dies - bei fehlender Feststellung eines Rupturnachweises - ohne weitergehende Begründung behauptet. Auch diesbezüglich hat der Senat bereits im Urteil vom 17.02.2011 (L 10 3969/09, dort S. 13) dargestellt, dass das MRT vom 28.10.2005 eine damals bestehende Kreuzbandruptur gerade nicht belegen kann; eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs ist nicht zu begründen.

Soweit Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme nach Erstattung seines Gutachtens dann die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs zwischen Kreuzbandruptur und Unfallereignis vom 25.10.2005 als "sehr hoch" bezeichnet, stützt er sich allein darauf, dass in dem genannten Zeitraum kein anderes Trauma stattgefunden habe (Bl. 50 SG-Akte). In diese Richtung argumentiert auch Dr. L. in seinem Attest vom 19.03.2012 (Bl. 38 Rs. SG-Akte), wenn er feststellt, das einzige Trauma des rechten Kniegelenks, das zu einer Kreuzbandverletzung habe führen können, sei das Sturzereignis vom 25.10.2005 gewesen; denn weitere Unfallereignisse seien - jedenfalls seinen Unterlagen zufolge - nicht eingetreten.

Aus dem fehlenden Hinweis auf ein weiteres Unfallereignis kann jedoch gerade nicht zwingend auf die Ursächlichkeit des behaupteten Unfallereignisses geschlossen werden; auch darauf hat der Senat bereits im Urteil vom 17.02.2011 (L 10 3969/09, dort S. 14) unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) hingewiesen. In der dort zitierten Entscheidung des BSG heißt es, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss (BSG, a.a.O., juris Rdnr. 20 m.w.N.). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt jedoch nur dann vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, a.a.O., juris Rdnr. 20 m.w.N.). Für eine Einschränkung der Feststellung eines hinreichend wahrscheinlichen positiven Ursachenzusammenhangs - wie von Seiten der Klägerin in der Berufungsbegründung behauptet (Bl. 20 LSG-Akte) - gibt es keine Veranlassung. Denn gemäß den Ausführungen des BSG gibt es gerade keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist; denn dies führte bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr, für die keine rechtliche Grundlage zu erkennen ist (BSG, a.a.O., juris Rdnrn. 20 m.w.N., 39).

Soweit die Klägerin im Weiteren in ihrer Berufungsbegründung außerdem darauf hingewiesen hat (Bl. 20, 23 LSG-Akte), Prof. Dr. Weber habe 2007 in seinem Gutachten ausgeschlossen, dass es durch normale Verrichtungen des täglichen Lebens zu einem Kreuzbandriss kommen könne (Bl. 87-4 Rs. VA), hat sich der Senat bereits in seinem Urteil vom 17.02.2011 dagegen gewandt, dieser Einschätzung zu folgen (L 10 3969/09, S. 14 des Urteils). Schließlich nannte Prof. Dr. Weber in seinem Gutachten selbst ausdrücklich Beispielsfälle, bei denen auch alltägliche Belastungen zu einer Kreuzbandruptur führen können, etwa das Vorliegen einer schwergradigen Gonarthrose oder einer Gelenkentzündung (Bl. 87-5 VA). Auf die aus der Traumatologie bekannte Möglichkeit, dass ein relativ harmloses Trauma genüge, um gereizte Strukturen in einem Gelenk zu schädigen, weist im Übrigen ausdrücklich auch der Sachverständige Dr. H. hin (Bl. 41 SG-Akte), so dass sich der Senat - entgegen dem Vorwurf der Klägerin (Bl. 21, 23 LSG-Akte) - für die Annahme der möglichen Verursachung eines Kreuzbandrisses auf Grund einer normalen Verrichtung des täglichen Lebens gerade nicht auf eigene medizinische Sachkunde beruft. Dass die Klägerin seit Sommer 2005 tatsächlich an einem entzündlichen Reizzustand (Gonarthritis) infolge eines schwergradigen Knorpelschadens an der inneren Oberschenkelrolle des rechten Knies gelitten hat und dieser Zustand auch nach der Kniegelenksarthroskopie vom 26.05.2005 fortbestanden hat, wird von Prof. Dr. Weber in seinem Gutachten positiv als gesichert festgestellt (Bl. 87-4, 87-4 Rs., 87-5 VA; auch Dr. M. Bl. 39 f. LSG-Akte L 10 U 3969/09) und im Übrigen durch den Sachverständigen Dr. H. in seinem Gutachten nicht in Frage gestellt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin (Bl. 11 f. LSG-Akte) sind vor diesem Hintergrund auch nicht die Ärzte Dr. W. und Dr. L. ergänzend als sachverständige Zeugen zu befragen, die die Klägerin damals vor und nach dem Arbeitsunfall im KH Achern behandelten (Bl. 81-1 VA). Für den Fall, dass die genannten Ärzte das Vorliegen einer Kreuzbandruptur am 10.10.2005 bestätigen würden, wäre schon auf Grund der zeitlichen Abfolge mit Sicherheit nachgewiesen, dass diese keine Unfallfolge ist. Sollten die Ärzte jedoch feststellen, dass am 10.10.2005 mit Sicherheit noch keine Kreuzbandruptur vorgelegen hat, dann spricht - unter Berücksichtigung der Ausführungen zur fehlenden Alternativursache und Annahme der möglichen Verursachung eines Kreuzbandrisses auf Grund einer normalen Verrichtung des täglichen Lebens - immer noch nicht mehr dafür als dagegen, dass sich die Ruptur des vorderen Kreuzbandes gerade beim Arbeitsunfall am 25.10.2005 ereignete und nicht etwa vorher oder nachher. Darauf weist zu Recht auch die Beklagte in ihrer Stellungnahme hin (Bl. 16 LSG-Akte). Der entsprechende Beweisantrag der Klägerin wird daher abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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