Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 4691/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3381/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zeiten der Bereitschaftspflege iS des § 33 SGB VIII können nicht als
Kindererziehungszeit oder Berücksichtigungszeit wegen
Kindererziehung anerkannt werden (HessLSG 02.07.2013, L 2 R 90/13).
Kindererziehungszeit oder Berücksichtigungszeit wegen
Kindererziehung anerkannt werden (HessLSG 02.07.2013, L 2 R 90/13).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Altersrente der Klägerin. Die Klägerin begehrt eine Berücksichtigung von Zeiten der Bereitschaftspflege als Kindererziehungszeiten bzw Anrechnungszeiten wegen Kindererziehung.
Die Klägerin ist 1946 geboren. Am 30.12.2010 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung der Regelaltersrente und stellte gleichzeitig den Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (Bl 12 Verwaltungsakte). Neben ihren drei leiblichen Kindern habe sie auch das Pflegekind K. T. (K), geboren 1996, betreut und erzogen.
Mit Schreiben vom 11.02.2011 bescheinigte das Jugendamt der Stadt K., dass K in Vollzeitpflege von 08.01.1998 bis voraussichtlich 2018 im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung in häuslicher Gemeinschaft mit den Pflegepersonen E. und K.-D. S. (Klägerin und Ehemann) befunden habe bzw sich befinde (Bl 34 Verwaltungsakte). K ist seit dem 06.07.1998 unter der Adresse der Klägerin gemeldet (Bl 36 Verwaltungsakte).
Eine Rückfrage der Beklagten bei der kontoführenden Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg ergab, dass im Versicherungskonto der leiblichen Mutter des K bis zum 06.07.1998 Kindererziehungszeiten berücksichtigt sind. Die DRV Baden-Württemberg teilte mit Schreiben vom 03.03.2011 (Bl 72 Verwaltungsakte) mit, dass sowohl die leibliche Mutter als auch K selbst vom 29.11.1996 bis 06.07.1998 unter der gleichen Anschrift gemeldet gewesen seien. Eine Haushaltsaufnahme des Kindes bei den Pflegeeltern sei nicht erkennbar. Die Vormerkung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sei daher bis zum 06.07.1998 bei der Kindesmutter erfolgt.
Eine Rücksprache von der Beklagten bei der Stadt K. (Jugendamt) ergab, dass K erst ab dem 07.07.1998 bei der Klägerin als Pflegekind untergebracht war. Vom 08.01.1998 bis 06.07.1998 habe lediglich Bereitschaftspflege bestanden (Bl 79 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 11.03.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.02.2011 eine monatliche Regelaltersrente iHv 534,60 EUR mit einem Auszahlungsbetrag iHv 480,35 EUR. Im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 01.08.1998 bis 30.11.1999 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 28.11.2006 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (Bl 50, 51 Rs Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 18.04.2011 Widerspruch. Sie habe über einen Zeitraum von 15 Jahren ca 50 Kinder erzogen und stehe trotzdem schlechter als diejenigen Mütter, deren Kinder sie betreut habe. Die Beklagte könne nicht auf eine rein formale Anmeldebestätigung abstellen. Die Nichtanerkennung von Bereitschaftspflegezeiten akzeptiere sie nicht. Infolge ihrer Tätigkeit für das Jugendamt der Stadt Karlsruhe müsse eine angemessene Bewertung ihrer beruflichen Tätigkeit erfolgen, zumal es sich um eine entlohnte berufliche Tätigkeit für einen öffentlichen Arbeitgeber gehandelt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2011 (Bl 95 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Zeiten der Bereitschaftspflege würden nicht die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses erfüllen. Im Zeitraum vom 08.01.1998 bis 31.07.1998 könnten für das Pflegekind K keine Kindererziehungszeiten bzw Kinderberücksichtigungszeiten anerkannt werden. Bei der Bereitschaftspflege handle es sich um eine von vornherein zeitlich befristete und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen sei, sei die Unterbringung jedenfalls am Beginn auf eine vorübergehende Zeit angelegt. Falls ein Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert werde, könne bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ab diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, nicht aber rückwirkend, vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses ausgegangen werden. Dieser Zeitpunkt sei vorliegend erst mit der Haushaltsaufnahme am 06.07.1998 eingetreten, weshalb die Kindererziehungszeit ab dem Folgemonat August 1998 berücksichtigt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie habe für die Betreuung von K von der Stadt K. Bereitschaftspflegegeld erhalten. Dies werde nur bezahlt, wenn ein Kind nachweislich betreut und erzogen werde. Die Betreuung sei bei ihr zuhause erfolgt und habe eine anderweitige berufliche Tätigkeit als Erzieherin unmöglich gemacht. Die Zeiten auch der Bereitschaftspflege seien daher als Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, wenn schon aufgrund der Nichtabführung von Beiträgen durch die Stadt Karlsruhe eine Anrechnung als Versicherungszeit nicht in Betracht komme. Sie hat außerdem eine Bescheinigung der Stadt Karlsruhe vom 21.03.2012 vorgelegt (Bl 30 SG-Akte). Danach hat die Klägerin zwischen 1998 und 2010 54 Kinder als Bereitschaftspflegeperson in ihrem Haushalt betreut.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die leibliche Mutter des K habe die Kindererziehung bis zum 06.07.1998 ausgeübt. Daher sei die Zeit bis einschließlich Juli 1998 als Kindererziehungszeit bei der leiblichen Kindesmutter zu berücksichtigen. Der Monat Juli 1998 könne nicht mehrfach als Kindererziehungszeit vergeben werden.
Mit Urteil vom 27.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Zeiten der Bereitschaftspflege könnten nicht als Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung angesehen werden. Bereitschaftspflege sei grundsätzlich nicht auf längere Dauer angelegt. Das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern sei daher im Rahmen der Bereitschaftspflege nicht dauerhaft gelöst.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04.07.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 30.07.2012 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und darüber hinaus vorgetragen, dass sie neben K noch für weitere 31 Kinder zwischen den Jahren 2000 bis 2010 die Bereitschaftspflege übernommen habe, teilweise nur für einige Tage, teilweise für einige Wochen, teilweise für einige Monate. K sei nach der Bereitschaftspflege ab dem 06.07.1998 in Vollzeitpflege bei ihr gewesen. Alle anderen Kinder seien danach in Vollzeitpflege bei anderen Familien gewesen bzw durch Adoption zu anderen Familien gekommen oder auch in ihre Herkunftsfamilien zurückgegangen. Auch die Zeiten der Bereitschaftspflege müssten als Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden. Auch Bereitschaftspflegeeltern seien Vollzeitpflegeeltern. Das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern ende faktisch auch bei einer übergangsweisen Unterbringung im Rahmen einer Bereitschaftspflege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2011 zu verurteilen, ihr eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung der in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2010 zurückgelegten Bereitschaftspflegeverhältnisse als Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und auf die Urteilsgründe des SG Bezug. Es sei zwar unstreitig, dass die Klägerin eine Vielzahl von Kindern in Bereitschaftspflegeverhältnissen aufgenommen habe. Diese Zeiten würden aber gerade nicht die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erfüllen. Der Begriff der Pflegemutter im Sinne dieser Vorschrift setze Pflegekinder voraus. Erforderlich sei ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis, häusliche Gemeinschaft und familiäre Bindung der Pflegeeltern mit dem Kind. Auf längere Dauer sei ein Pflegeverhältnis erst dann angelegt, wenn das Kind aus dem Obhuts- und Erziehungsverhältnis der leiblichen Eltern ausgeschieden und in die alleinige Fürsorge der Pflegeeltern übergetreten sei. Dies sei bei der Bereitschaftspflege regelmäßig nicht der Fall.
In einem Erörterungstermin am 26.04.2013 hat der Berichterstatter die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung von Zeiten der Bereitschaftspflege als Kindererziehungszeiten bzw Anrechnungszeiten wegen Kindererziehung.
Nach § 56 Abs 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleich steht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, so ist die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs 2 SGB VI). Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (§ 57 SGB VI).
Bei der Klägerin lagen in den hier geltend gemachten Zeiten die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit nicht vor. Bereitschaftspflege nach § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) begründet kein Pflegeverhältnis, weshalb die Klägerin nicht als Elternteil nach § 56 SGB VI gilt.
Zur Definition des Begriffs "Elternteil" verweist § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI auf § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach sind Eltern im Sinne des § 56 SGB VI auch Pflegeeltern. Pflegekinder sind nach § 56 Abs 2 Nr 2 SGB I Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Das Pflegeverhältnis stellt ein tatsächliches familienähnliches Verhältnis von einer solchen Intensität dar, wie es zwischen Kindern und Eltern üblich ist; der Pflegeperson obliegen Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsaufgaben (Personensorge) sowie die Vermögenssorge. Die Beurteilung, ob das Pflegeverhältnis auf längere Dauer angelegt ist, richtet sich nach einer Prognose mit vorausschauender Betrachtung (ex-ante-Sicht). Das Verhältnis ist auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet ist (vgl Seewald in Kasseler Kommentar, § 56 SGB I, Rn 13). Für die Annahme einer längeren Dauer des Pflegeverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass es auf unabsehbare Zeit oder gar bis zur Volljährigkeit begründet sein muss. Ausreichend ist es insoweit, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblichen Zeitraum umfasst. Bei der Begründung eines Pflegeverhältnisses im Säuglingsalter ist dafür ein Zeitraum von etwa drei Jahren ausreichend. Denn innerhalb der ersten drei Lebensjahre entwickelt sich ein Kind typischerweise so weit, dass es aus der ständigen häuslichen Betreuung entlassen werden und zB in den Kindergarten gehen kann (BSG 23.04.1992, 5 RJ 70/90, SozR 3-1200 § 56 Nr 5).
Bereitschaftspflege ist hingegen die zeitlich begrenzte Unterbringung eines Kindes in einer besonders ausgewählten und geschulten Pflegefamilie mit dem Ziel, diese Übergangszeit zu nutzen, um die weiteren Zukunftsperspektiven für das Kind klären zu können. Ob die Unterbringung für eine Übergangszeit angelegt ist, beurteilt sich ebenfalls nach einer Prognose (ex-ante-Sicht). Die Bereitschaftspflege ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention nach § 33 SGB VIII. Sie dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie der Abklärung des Hilfebedarfs in drohenden oder akuten Gefährdungssituationen (vgl Schmid-Oberkirchner in Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl 2011, § 33 Rn 46). Unterbringungsgründe sind dabei zB Verwahrlosung, Misshandlung, die Schaffung einer Übergangssituation für die Suche nach einer langfristigen Unterbringung, eine Suchtproblematik oder auch psychische Erschöpfung bzw Erkrankung der oder des Erziehungsberechtigten. Die zeitlich begrenzte Unterbringungsform versteht sich als Übergangslösung bis das Kind in seine (Herkunfts-) Familie zurückgeführt werden kann oder nach Entscheidung über eine Fremdunterbringung als Folgehilfe im Rahmen einer Dauerpflege eine geeignete Familie gefunden ist. Die Zeit in der Bereitschaftspflege dient zudem auch dazu, rechtliche Fragen zu klären, die Situation der (Herkunfts-) Familie zu eruieren und ggf durch zB therapeutische oder ärztliche Maßnahmen zu verbessern, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und für es eine passende Pflegefamilie bzw ein Heim zu finden (vgl Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13 [juris]).
Wird ein Kind zur Bereitschaftspflege in eine Pflegefamilie gegeben, handelt es sich – unabhängig der sich rückschauend ergebenden Dauer – nicht um ein Pflegeverhältnis im Sinne des § 56 Abs 2 Nr. 2 SGB I (ebenso Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13). Die Anerkennung einer Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung scheidet daher aus, dies gilt sowohl für K für die Zeit vor dem 01.08.1998 als auch für die anderen von der Klägerin in Bereitschaftspflege betreuten Kinder.
Zeiten der Bereitschaftspflege können nicht als Kindererziehungszeiten bzw Be-rücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung angesehen werden. Die Klägerin ist insoweit nicht als Elternteil der betreuten Kinder anzusehen. Als Eltern in diesem Sinne sind neben den leiblichen Eltern nur Stief- und Pflegeeltern anzusehen (§ 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 3 Nr 2 und 3 SGB I). Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin Pflegekinder ungeachtet der polizeilichen Meldung im Rahmen der Bereitschaftspflege tatsächlich und mitunter für längere Zeiten in ihrem Haushalt betreut hat, fehlt es insoweit an einem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis. Denn Bereitschaftspflegeverhältnisse sind, wie aufgezeigt, ihrer Natur nach nicht auf Dauer, sondern nur auf einen vorübergehenden Zeitraum angelegt.
Ungeachtet dessen, dass dieser vorübergehende Zustand im Einzelfall mehrere Monate oder gar, wie bei K ein Jahr und länger angehalten hat, standen die Bereitschaftspflegeverhältnisse - wie die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG auch erläutert hat - jederzeit unter dem Vorbehalt ihrer - ggf kurzfristigen - Beendigung. Wenn die Klägerin aufgrund des Umfangs und der Dauer der Betreuungsverhältnisse im Einzelfall tatsächlich ein enges Band zu den betreuten Kindern aufgebaut hat, ändert dies nichts an dem von Anfang an nur vorübergehenden Charakter des Betreuungspflegeverhältnisses. Dieses ist - ungeachtet der praktischen Handhabung durch die zuständigen Jugendbehörden - grundsätzlich nicht auf längere Dauer angelegt. Umgekehrt ist das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern bei einer grundsätzlich nur übergangsweisen (vgl § 42 Abs 4 Nr 1 SGB VIII) Unterbringung im Rahmen der Bereitschaftspflege nicht dauerhaft gelöst (vgl. zur Lösung des Erziehungsverhältnisses mit den Eltern BSG 28.11.1990, 5 RJ 64/89, SozR 3-1200 § 56 Nr 2, juris Rn 25 mwN; Lebich, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand 2011, § 56 Rn 14).
Die Entscheidung der Klägerin, Bereitschaftspflegeverhältnisse zu übernehmen und nicht in ihrem Beruf als Erzieherin zu arbeiten und entsprechende Pflichtbeitragszeiten zurückzulegen kann nicht durch eine erweiternde Auslegung der §§ 56, 57 SGB VI korrigiert werden, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Die dort geregelten Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sind neben leiblichen Eltern und Stiefeltern ausschließlich Pflegeltern in einem von vornherein auf längere Dauer angelegten Pflegekindschaftsverhältnis vorbehalten. Anderes gilt auch nicht dann, wenn wie hier das Bereitschaftspflegeverhältnis in ein Vollzeitpflegeverhältnis auf Dauer umgewandelt wird. Wenn die Bereitschaftspflege in eine Dauerpflege umgewandelt wird, findet zwar formal wie auch vom zeitlichen Ansatz her eine Zäsur insoweit statt, als für alle Beteiligten klar eine längere und nicht mehr ad hoc beendbare Betreuung des Kindes stattfinden soll. Jedoch kann erst ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) in einem solchen Fall bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden (so zutreffend Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13). Die spätere Umwandlung ändert den zunächst vorübergehenden Charakter der Bereitschaftspflege nicht. Als Kindererziehungszeit bzw Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ist daher auch in diesem Fall nur die Vollzeitpflege anzusehen.
Es ist nach alledem nicht zu beanstanden, dass die Beklagte hinsichtlich des K erst ab dem Folgemonat August 1998 entsprechende rentenrechtliche Zeiten anerkannt und im Übrigen dieses bei den anderen in Bereitschaftspflege befindlichen Kindern abgelehnt hat. Insbesondere entspräche auch eine gleichzeitige Anrechnung von Versicherungszeiten wegen Kindererziehungszeiten bei mehreren Versicherten, hier der Klägerin und der leiblichen Kindesmutter des K, nicht dem in § 56 Abs 2 Sätze 2 und 5 SGB VI zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen (vgl BT-Drucks 10/2677, S. 29: "Für denselben Zeitraum der Erziehung ist nur ein Elternteil versichert.").
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Altersrente der Klägerin. Die Klägerin begehrt eine Berücksichtigung von Zeiten der Bereitschaftspflege als Kindererziehungszeiten bzw Anrechnungszeiten wegen Kindererziehung.
Die Klägerin ist 1946 geboren. Am 30.12.2010 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung der Regelaltersrente und stellte gleichzeitig den Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (Bl 12 Verwaltungsakte). Neben ihren drei leiblichen Kindern habe sie auch das Pflegekind K. T. (K), geboren 1996, betreut und erzogen.
Mit Schreiben vom 11.02.2011 bescheinigte das Jugendamt der Stadt K., dass K in Vollzeitpflege von 08.01.1998 bis voraussichtlich 2018 im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung in häuslicher Gemeinschaft mit den Pflegepersonen E. und K.-D. S. (Klägerin und Ehemann) befunden habe bzw sich befinde (Bl 34 Verwaltungsakte). K ist seit dem 06.07.1998 unter der Adresse der Klägerin gemeldet (Bl 36 Verwaltungsakte).
Eine Rückfrage der Beklagten bei der kontoführenden Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg ergab, dass im Versicherungskonto der leiblichen Mutter des K bis zum 06.07.1998 Kindererziehungszeiten berücksichtigt sind. Die DRV Baden-Württemberg teilte mit Schreiben vom 03.03.2011 (Bl 72 Verwaltungsakte) mit, dass sowohl die leibliche Mutter als auch K selbst vom 29.11.1996 bis 06.07.1998 unter der gleichen Anschrift gemeldet gewesen seien. Eine Haushaltsaufnahme des Kindes bei den Pflegeeltern sei nicht erkennbar. Die Vormerkung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sei daher bis zum 06.07.1998 bei der Kindesmutter erfolgt.
Eine Rücksprache von der Beklagten bei der Stadt K. (Jugendamt) ergab, dass K erst ab dem 07.07.1998 bei der Klägerin als Pflegekind untergebracht war. Vom 08.01.1998 bis 06.07.1998 habe lediglich Bereitschaftspflege bestanden (Bl 79 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 11.03.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.02.2011 eine monatliche Regelaltersrente iHv 534,60 EUR mit einem Auszahlungsbetrag iHv 480,35 EUR. Im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 01.08.1998 bis 30.11.1999 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 28.11.2006 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (Bl 50, 51 Rs Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 18.04.2011 Widerspruch. Sie habe über einen Zeitraum von 15 Jahren ca 50 Kinder erzogen und stehe trotzdem schlechter als diejenigen Mütter, deren Kinder sie betreut habe. Die Beklagte könne nicht auf eine rein formale Anmeldebestätigung abstellen. Die Nichtanerkennung von Bereitschaftspflegezeiten akzeptiere sie nicht. Infolge ihrer Tätigkeit für das Jugendamt der Stadt Karlsruhe müsse eine angemessene Bewertung ihrer beruflichen Tätigkeit erfolgen, zumal es sich um eine entlohnte berufliche Tätigkeit für einen öffentlichen Arbeitgeber gehandelt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2011 (Bl 95 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Zeiten der Bereitschaftspflege würden nicht die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses erfüllen. Im Zeitraum vom 08.01.1998 bis 31.07.1998 könnten für das Pflegekind K keine Kindererziehungszeiten bzw Kinderberücksichtigungszeiten anerkannt werden. Bei der Bereitschaftspflege handle es sich um eine von vornherein zeitlich befristete und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen sei, sei die Unterbringung jedenfalls am Beginn auf eine vorübergehende Zeit angelegt. Falls ein Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert werde, könne bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ab diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, nicht aber rückwirkend, vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses ausgegangen werden. Dieser Zeitpunkt sei vorliegend erst mit der Haushaltsaufnahme am 06.07.1998 eingetreten, weshalb die Kindererziehungszeit ab dem Folgemonat August 1998 berücksichtigt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie habe für die Betreuung von K von der Stadt K. Bereitschaftspflegegeld erhalten. Dies werde nur bezahlt, wenn ein Kind nachweislich betreut und erzogen werde. Die Betreuung sei bei ihr zuhause erfolgt und habe eine anderweitige berufliche Tätigkeit als Erzieherin unmöglich gemacht. Die Zeiten auch der Bereitschaftspflege seien daher als Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, wenn schon aufgrund der Nichtabführung von Beiträgen durch die Stadt Karlsruhe eine Anrechnung als Versicherungszeit nicht in Betracht komme. Sie hat außerdem eine Bescheinigung der Stadt Karlsruhe vom 21.03.2012 vorgelegt (Bl 30 SG-Akte). Danach hat die Klägerin zwischen 1998 und 2010 54 Kinder als Bereitschaftspflegeperson in ihrem Haushalt betreut.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die leibliche Mutter des K habe die Kindererziehung bis zum 06.07.1998 ausgeübt. Daher sei die Zeit bis einschließlich Juli 1998 als Kindererziehungszeit bei der leiblichen Kindesmutter zu berücksichtigen. Der Monat Juli 1998 könne nicht mehrfach als Kindererziehungszeit vergeben werden.
Mit Urteil vom 27.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Zeiten der Bereitschaftspflege könnten nicht als Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung angesehen werden. Bereitschaftspflege sei grundsätzlich nicht auf längere Dauer angelegt. Das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern sei daher im Rahmen der Bereitschaftspflege nicht dauerhaft gelöst.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04.07.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 30.07.2012 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und darüber hinaus vorgetragen, dass sie neben K noch für weitere 31 Kinder zwischen den Jahren 2000 bis 2010 die Bereitschaftspflege übernommen habe, teilweise nur für einige Tage, teilweise für einige Wochen, teilweise für einige Monate. K sei nach der Bereitschaftspflege ab dem 06.07.1998 in Vollzeitpflege bei ihr gewesen. Alle anderen Kinder seien danach in Vollzeitpflege bei anderen Familien gewesen bzw durch Adoption zu anderen Familien gekommen oder auch in ihre Herkunftsfamilien zurückgegangen. Auch die Zeiten der Bereitschaftspflege müssten als Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden. Auch Bereitschaftspflegeeltern seien Vollzeitpflegeeltern. Das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern ende faktisch auch bei einer übergangsweisen Unterbringung im Rahmen einer Bereitschaftspflege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2011 zu verurteilen, ihr eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung der in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2010 zurückgelegten Bereitschaftspflegeverhältnisse als Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und auf die Urteilsgründe des SG Bezug. Es sei zwar unstreitig, dass die Klägerin eine Vielzahl von Kindern in Bereitschaftspflegeverhältnissen aufgenommen habe. Diese Zeiten würden aber gerade nicht die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erfüllen. Der Begriff der Pflegemutter im Sinne dieser Vorschrift setze Pflegekinder voraus. Erforderlich sei ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis, häusliche Gemeinschaft und familiäre Bindung der Pflegeeltern mit dem Kind. Auf längere Dauer sei ein Pflegeverhältnis erst dann angelegt, wenn das Kind aus dem Obhuts- und Erziehungsverhältnis der leiblichen Eltern ausgeschieden und in die alleinige Fürsorge der Pflegeeltern übergetreten sei. Dies sei bei der Bereitschaftspflege regelmäßig nicht der Fall.
In einem Erörterungstermin am 26.04.2013 hat der Berichterstatter die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung von Zeiten der Bereitschaftspflege als Kindererziehungszeiten bzw Anrechnungszeiten wegen Kindererziehung.
Nach § 56 Abs 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleich steht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, so ist die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs 2 SGB VI). Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (§ 57 SGB VI).
Bei der Klägerin lagen in den hier geltend gemachten Zeiten die Voraussetzungen für eine Kindererziehungszeit nicht vor. Bereitschaftspflege nach § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) begründet kein Pflegeverhältnis, weshalb die Klägerin nicht als Elternteil nach § 56 SGB VI gilt.
Zur Definition des Begriffs "Elternteil" verweist § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI auf § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach sind Eltern im Sinne des § 56 SGB VI auch Pflegeeltern. Pflegekinder sind nach § 56 Abs 2 Nr 2 SGB I Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Das Pflegeverhältnis stellt ein tatsächliches familienähnliches Verhältnis von einer solchen Intensität dar, wie es zwischen Kindern und Eltern üblich ist; der Pflegeperson obliegen Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsaufgaben (Personensorge) sowie die Vermögenssorge. Die Beurteilung, ob das Pflegeverhältnis auf längere Dauer angelegt ist, richtet sich nach einer Prognose mit vorausschauender Betrachtung (ex-ante-Sicht). Das Verhältnis ist auf längere Dauer angelegt, wenn es für einen mehrjährigen Zeitraum gedacht und in der Regel unbefristet ist (vgl Seewald in Kasseler Kommentar, § 56 SGB I, Rn 13). Für die Annahme einer längeren Dauer des Pflegeverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass es auf unabsehbare Zeit oder gar bis zur Volljährigkeit begründet sein muss. Ausreichend ist es insoweit, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Pflegekindes erheblichen Zeitraum umfasst. Bei der Begründung eines Pflegeverhältnisses im Säuglingsalter ist dafür ein Zeitraum von etwa drei Jahren ausreichend. Denn innerhalb der ersten drei Lebensjahre entwickelt sich ein Kind typischerweise so weit, dass es aus der ständigen häuslichen Betreuung entlassen werden und zB in den Kindergarten gehen kann (BSG 23.04.1992, 5 RJ 70/90, SozR 3-1200 § 56 Nr 5).
Bereitschaftspflege ist hingegen die zeitlich begrenzte Unterbringung eines Kindes in einer besonders ausgewählten und geschulten Pflegefamilie mit dem Ziel, diese Übergangszeit zu nutzen, um die weiteren Zukunftsperspektiven für das Kind klären zu können. Ob die Unterbringung für eine Übergangszeit angelegt ist, beurteilt sich ebenfalls nach einer Prognose (ex-ante-Sicht). Die Bereitschaftspflege ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention nach § 33 SGB VIII. Sie dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie der Abklärung des Hilfebedarfs in drohenden oder akuten Gefährdungssituationen (vgl Schmid-Oberkirchner in Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl 2011, § 33 Rn 46). Unterbringungsgründe sind dabei zB Verwahrlosung, Misshandlung, die Schaffung einer Übergangssituation für die Suche nach einer langfristigen Unterbringung, eine Suchtproblematik oder auch psychische Erschöpfung bzw Erkrankung der oder des Erziehungsberechtigten. Die zeitlich begrenzte Unterbringungsform versteht sich als Übergangslösung bis das Kind in seine (Herkunfts-) Familie zurückgeführt werden kann oder nach Entscheidung über eine Fremdunterbringung als Folgehilfe im Rahmen einer Dauerpflege eine geeignete Familie gefunden ist. Die Zeit in der Bereitschaftspflege dient zudem auch dazu, rechtliche Fragen zu klären, die Situation der (Herkunfts-) Familie zu eruieren und ggf durch zB therapeutische oder ärztliche Maßnahmen zu verbessern, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und für es eine passende Pflegefamilie bzw ein Heim zu finden (vgl Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13 [juris]).
Wird ein Kind zur Bereitschaftspflege in eine Pflegefamilie gegeben, handelt es sich – unabhängig der sich rückschauend ergebenden Dauer – nicht um ein Pflegeverhältnis im Sinne des § 56 Abs 2 Nr. 2 SGB I (ebenso Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13). Die Anerkennung einer Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung scheidet daher aus, dies gilt sowohl für K für die Zeit vor dem 01.08.1998 als auch für die anderen von der Klägerin in Bereitschaftspflege betreuten Kinder.
Zeiten der Bereitschaftspflege können nicht als Kindererziehungszeiten bzw Be-rücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung angesehen werden. Die Klägerin ist insoweit nicht als Elternteil der betreuten Kinder anzusehen. Als Eltern in diesem Sinne sind neben den leiblichen Eltern nur Stief- und Pflegeeltern anzusehen (§ 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 3 Nr 2 und 3 SGB I). Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin Pflegekinder ungeachtet der polizeilichen Meldung im Rahmen der Bereitschaftspflege tatsächlich und mitunter für längere Zeiten in ihrem Haushalt betreut hat, fehlt es insoweit an einem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis. Denn Bereitschaftspflegeverhältnisse sind, wie aufgezeigt, ihrer Natur nach nicht auf Dauer, sondern nur auf einen vorübergehenden Zeitraum angelegt.
Ungeachtet dessen, dass dieser vorübergehende Zustand im Einzelfall mehrere Monate oder gar, wie bei K ein Jahr und länger angehalten hat, standen die Bereitschaftspflegeverhältnisse - wie die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG auch erläutert hat - jederzeit unter dem Vorbehalt ihrer - ggf kurzfristigen - Beendigung. Wenn die Klägerin aufgrund des Umfangs und der Dauer der Betreuungsverhältnisse im Einzelfall tatsächlich ein enges Band zu den betreuten Kindern aufgebaut hat, ändert dies nichts an dem von Anfang an nur vorübergehenden Charakter des Betreuungspflegeverhältnisses. Dieses ist - ungeachtet der praktischen Handhabung durch die zuständigen Jugendbehörden - grundsätzlich nicht auf längere Dauer angelegt. Umgekehrt ist das Erziehungsverhältnis zu den jeweiligen leiblichen Eltern bei einer grundsätzlich nur übergangsweisen (vgl § 42 Abs 4 Nr 1 SGB VIII) Unterbringung im Rahmen der Bereitschaftspflege nicht dauerhaft gelöst (vgl. zur Lösung des Erziehungsverhältnisses mit den Eltern BSG 28.11.1990, 5 RJ 64/89, SozR 3-1200 § 56 Nr 2, juris Rn 25 mwN; Lebich, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand 2011, § 56 Rn 14).
Die Entscheidung der Klägerin, Bereitschaftspflegeverhältnisse zu übernehmen und nicht in ihrem Beruf als Erzieherin zu arbeiten und entsprechende Pflichtbeitragszeiten zurückzulegen kann nicht durch eine erweiternde Auslegung der §§ 56, 57 SGB VI korrigiert werden, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Die dort geregelten Kindererziehungszeiten bzw Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sind neben leiblichen Eltern und Stiefeltern ausschließlich Pflegeltern in einem von vornherein auf längere Dauer angelegten Pflegekindschaftsverhältnis vorbehalten. Anderes gilt auch nicht dann, wenn wie hier das Bereitschaftspflegeverhältnis in ein Vollzeitpflegeverhältnis auf Dauer umgewandelt wird. Wenn die Bereitschaftspflege in eine Dauerpflege umgewandelt wird, findet zwar formal wie auch vom zeitlichen Ansatz her eine Zäsur insoweit statt, als für alle Beteiligten klar eine längere und nicht mehr ad hoc beendbare Betreuung des Kindes stattfinden soll. Jedoch kann erst ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) in einem solchen Fall bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden (so zutreffend Hessisches LSG 02.07.2013, L 2 R 90/13). Die spätere Umwandlung ändert den zunächst vorübergehenden Charakter der Bereitschaftspflege nicht. Als Kindererziehungszeit bzw Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ist daher auch in diesem Fall nur die Vollzeitpflege anzusehen.
Es ist nach alledem nicht zu beanstanden, dass die Beklagte hinsichtlich des K erst ab dem Folgemonat August 1998 entsprechende rentenrechtliche Zeiten anerkannt und im Übrigen dieses bei den anderen in Bereitschaftspflege befindlichen Kindern abgelehnt hat. Insbesondere entspräche auch eine gleichzeitige Anrechnung von Versicherungszeiten wegen Kindererziehungszeiten bei mehreren Versicherten, hier der Klägerin und der leiblichen Kindesmutter des K, nicht dem in § 56 Abs 2 Sätze 2 und 5 SGB VI zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen (vgl BT-Drucks 10/2677, S. 29: "Für denselben Zeitraum der Erziehung ist nur ein Elternteil versichert.").
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen.
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