L 8 R 296/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 7 R 116/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 296/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.1.2010 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob hinsichtlich der von der Klägerin seit dem 1.1.2005 bis zum 30.6.2008 ausgeübten Tätigkeit als Buchführungshilfe für den Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

Die am 00.00.1964 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Steuerfachgehilfin absolviert. Sie war bis zum 31.12.2004 bei dem Beigeladenen zu 1) als Buchführungshelferin abhängig beschäftigt. Klägerin und Beigeladener zu 1) vereinbarten mündlich, dass die Klägerin für den Beigeladenen zu 1) ab dem 1.1.2005 nunmehr als selbständige Mitarbeiterin tätig sein solle. Sie verrichtete Arbeiten, die sie auch zuvor schon ausgeübt hatte. Sie bearbeitete einen festen zugewiesenen Mandantenstamm, wozu auch die Aufrechterhaltung des telefonischen Kontakts z.B. zur Klärung von Rückfragen hinsichtlich der Buchhaltung gehörte. Nach Eingang der Unterlagen der von ihr betreuten Mandanten in der Kanzlei des Beigeladenen zu 1) wurde sie unter Mitteilung einzuhaltender Fristen verständigt. Diese betrugen in der Regel etwa einen Monat, damit die Termine für die Umsatzsteuervoranmeldungen eingehalten werden konnten. Sie wurde dann auch gebeten, einen Termin für die Erledigung der Buchhaltung anzumelden, damit ihr ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden konnte. Hierzu führte die Ehefrau des Beigeladenen zu 1) einen Mitarbeiterkalender, in den der betreffende Termin als belegt eingetragen wurde, wenn der betreffende freie Mitarbeiter sich angemeldet hatte. Tätig war sie nach von der Auftragslage abhängigen Anforderungen des Beigeladenen zu 1), die regelmäßig zweimal wöchentlich erfolgten. Regelmäßig arbeitete sie an zwei Nachmittagen pro Woche und zwar ausschließlich im Büro des Beigeladenen zu 1) unter Nutzung der von diesem verwendeten Buchhaltungssoftware "Agenda", über die die Klägerin selbst nicht verfügte. Die von den Mandanten für die Buchführung hereingereichten Unterlagen kontierte sie, gab sie ein und wertete sie aus, stellte sie danach in einen Schrank und verständigte den Mandanten über die Erledigung des Auftrags. Bei telefonischen Mandantenkontakten teilte sie mit, dass sie für den Beigeladenen zu 1) anrief, in dessen Auftrag dies auch geschah. Eine Ersatzkraft durfte die Klägerin nicht stellen. Über ihre Tätigkeit stellte sie dem Beigeladenen zu 1) monatliche Rechnungen. Neben ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) war die Klägerin für weitere Auftraggeber tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) beschäftigte sie keinen Arbeitnehmer.

Sie erhielt im Streitzeitraum vom Beigeladenen zu 1) folgende Netto-Entgelte, d.h. Vergütungen ohne Umsatzsteuer:

2005
Januar 455,00 EUR
Februar 406,00 EUR
März 448,00 EUR
April 448,00 EUR
Mai 413,00 EUR
Juni 392,00 EUR
Juli 308,00 EUR
August 511,00 EUR
September 525,00 EUR
Oktober 462,00 EUR
November 420,00 EUR
Dezember 399,00 EUR

2006
Januar 392,00 EUR
Februar 413,00 EUR
März 462,00 EUR
April 399,00 EUR
Mai 504,00 EUR
Juni 455,00 EUR
Juli 56,00 EUR
August 567,00 EUR
September 441,00 EUR
Oktober 448,00 EUR
November 497,00 EUR
Dezember 336,00 EUR

2007
Januar 448,00 EUR
Februar 448,00 EUR
März 441,00 EUR
April 448,00 EUR
Mai 553,00 EUR
Juni 441,00 EUR
Juli 399,00 EUR
August 504,00 EUR
September 434,00 EUR
Oktober 504,00 EUR
November 448,00 EUR
Dezember 336,00 EUR

2008
Januar 497,00 EUR
Februar 448,00 EUR
März 336,00 EUR
April 504,00 EUR
Mai 392,00 EUR
Juni 441,00 EUR

Am 16.12.2004 beantragte die Klägerin die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Hierzu gab sie an, sie sei als Buchführungshelferin tätig, ihre Arbeit bestehe in der Erfassung und Eingabe von Finanzbuchhaltungen und Abstimmung von Auswertungen, der Vorbereitung und Erstellung von Einkommensteuererklärungen. Ihre Tätigkeit übe sie nicht nur für den Beigeladenen zu 1), sondern auch für eine selbständige Buchhalterin aus. Daneben sei geplant, für die vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. selbständig im Rahmen eines Beratervertrages tätig zu sein. Die Klägerin gab ferner an, sie besitze ein eigenes Büro mit vorhandenem Computer und den dazu gehörigen Geräten. Kopierer, Fax und Auto würden ebenfalls von ihr eingesetzt. Sie stelle das erforderliche Büromaterial. Die Arbeiten führe sie selber durch. Für den Kläger und die weitere Auftraggeberin, die selbständige Buchhalterin, erledige sie die Arbeiten fast ausschließlich in den jeweiligen Büros. Im Verhältnis zum Beigeladenen zu 1) trage sie alleine die Verantwortung für alle ihre steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten.

Mit Schriftsatz vom 27.5.2005 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zur Absicht an, in einem Bescheid das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) festzustellen. In Ihrer Stellungnahme vom 4.6.2005 führte die Klägerin aus, die Aufträge würden nicht nur am Betriebssitz des Auftraggebers ausgeführt, sondern auch in ihrem eigenen Büro. Hier erledige sie vorbereitende Arbeiten (z.B. Kontierung, Abstimmung, Schreibarbeiten etc.). Die Entgegennahme und Fertigstellung der Aufträge erfolge am Betriebssitz des Auftraggebers. PC-Arbeiten würden dort vorgenommen, um das umständliche Überspielen von Daten etc. zu vermeiden. Sie sei, was die Arbeitszeit sowie die Anwesenheit im Betrieb des Beigeladenen zu 1) anbelange, vollkommen unabhängig. Die Anwesenheit hänge von der Menge der vorhandenen Arbeit und der Auftragslage von Seiten ihrer zwei weiteren Auftraggeber ab. Sie besitze einen eigenen Pkw und bekomme für die gefahrenen Kilometer keine Fahrtkostenerstattung. Sie trage z.B. bei Erkrankung das Risiko des Honorarausfalls selbst. Sie werbe um weitere Auftraggeber. Sie stehe am Anfang ihrer Existenzgründung, von daher könne sie noch nicht mit einer großen Zahl von Aufträgen rechnen. Sie habe eine Werbeaktion durchgeführt, um weitere Auftraggeber zu gewinnen.

Der Beigeladene zu 1) führte in seiner Stellungnahme vom 10.6.2005 aus, bis zum 31.12.2004 habe ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Klägerin bestanden. Durch einen Aufhebungsvertrag sei dieses im gegenseitigen Einvernehmen beendet worden. Hintergrund sei einerseits das Interesse der Klägerin gewesen, ihre Tätigkeit und damit ihren Verdienst auszudehnen, was er ihr zur Zeit aber nicht habe bieten können, und andererseits sein Interesse, die Klägerin als Mitarbeiterin zu behalten, wenn auch auf anderer rechtlicher Grundlage. Für die freie Mitarbeit ab dem 1.1.2005 seien Verhandlungen zu neuen Vertragsbedingungen zwischen ihm und der Klägerin geführt worden. Danach sei es der Klägerin gestattet gewesen, weitere Aufträge von anderen Auftragnehmern entgegenzunehmen. Eine freie Zeiteinteilung sei vereinbart worden verbunden mit der Möglichkeit, die Übernahme von Aufträgen, insbesondere dann, wenn die Überarbeitung mit den Verpflichtungen aus anderen Auftragsverhältnissen kollidiere, abzulehnen. Das Aushandeln eines Honorarsatzes, der erheblich über dem Stundensatz aus der vorherigen nicht selbständigen Arbeit liege, sei verbunden mit dem Wegfall von Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall und der Gewährung von bezahltem Urlaub gewesen. Der Klägerin sei ferner freigestellt, wo sie die von ihm erteilten Aufträge erledige, es sei denn, aus Sachgesichtspunkten ergebe sich zwingend ein bestimmter Ort. Zweckmäßig sei es auch, dass die Klägerin im Allgemeinen die Eingabe der Finanz- oder Lohnbuchführung an seinen, des Beigeladenen zu 1), Datenverarbeitungseinrichtungen vornehme. So würden zusätzliche Arbeitszeit und Kosten durch Zwischenspeicherung u.a. gespart. Deshalb habe die Klägerin die Möglichkeit, die Aufträge andernorts zu erledigen, noch nicht in Anspruch genommen. Sowohl er, der Beigeladene zu 1), als auch die Klägerin seien von einem neuen Rechtsverhältnis im Zusammenhang mit der Auflösungsvereinbarung ausgegangen, weil das nunmehrige Auftragsverhältnis in wesentlichen Vertragspunkten nicht mit den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen übereinstimme. Mit Erklärung vom 5.7.2005 stimmte die Klägerin einem Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zu. Gegen das finanzielle Risiko von Krankheit sei sie ohne Anspruch auf Krankengeld abgesichert.

Mit Bescheiden vom 13.7.2005 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als Adressaten fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Buchführungshilfe für den Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit der Aufnahme der Tätigkeit beginne. Sie unterliege in der Zeit seit dem 1.1.2005 dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Gegen diese Bescheide legten sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1) jeweils am 8.8.2005 Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) bemängelte, in dem angefochtenen Bescheid sei eine Auseinandersetzung mit der von ihm abgegebenen Darstellung des Vertragsverhältnisses nicht erfolgt. Auch habe eine Überprüfung der zugrundeliegenden tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses nicht stattgefunden.

Die Klägerin machte zur Begründung ihres Widerspruches geltend, nach den ihr vorliegenden Informationen werde in einem Statusfeststellungsverfahren eine allgemeine Feststellung vorgenommen. Wenn man alle drei festen Auftraggeber daraufhin prüfen würde, wäre es kein Wunder, wenn sie bei jedem sozialversicherungspflichtig sei. Sie könne nicht nachvollziehen, dass allein der Nachweis von mehreren Auftraggebern nicht ausreiche. Sie sei gegenüber keinem ihrer Auftraggeber hinsichtlich des zeitlichen Umfanges noch, was die Arbeit selber anbelange, weisungsgebunden. Sämtliche benötigten Arbeitsgeräte seien vorhanden. Im nächsten Quartal stehe die Anschaffung eines neuen Computers an, auf den z.B. von ihrem Auftraggeber in L die Datev-Programme aufgespielt würden, so dass sie fast ausschließlich nur noch zum Daten- und Belegaustausch dort hinfahren werde.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19.6.2006 zurück. Sie führte zur Begründung aus: Im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens werde ausschließlich das im Statusantrag angegebene Auftragsverhältnis geklärt. Seien im Antrag auf Statusfeststellung mehrere Auftragsverhältnisse angegeben worden, sei für jedes Auftragsverhältnis rechtlich getrennt festzustellen, ob der Auftragnehmer abhängig beschäftigt sei. Falls ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei, schließe diese Tatsache das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgegners folge. Auch Arbeitnehmer hätten vor Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis anzunehmen bzw. abzulehnen, die Modalitäten auszuhandeln und zu kündigen, sollte kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit bestehen. Sozialversicherungsrechtlich relevant seien die Umstände ab Annahme des Einzelauftrages, insbesondere bei der tatsächlichen Leistungserbringung. Das Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers sei wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es erlaube dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag meist nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht nach Art, Zeit und Ort zu konkretisieren. Es sei dabei nicht entscheidend, dass das Weisungsrecht laufend ausgeübt werde. Es genüge vielmehr, dass der Beschäftigende nach der jeweiligen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit habe, die Durchführung der Beschäftigung entscheidend zu bestimmen. Der Klägerin würden Weisungen erteilt, die zu einer Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu 1) führten. Die Tätigkeit als Buchführungshelferin werde am Betriebssitz des Beigeladenen zu 1) ausgeübt. Eine ordentliche Ausübung der der Klägerin übertragenden Aufgaben sei ihr auch nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) nur an seinem Betriebssitz möglich. Ebenso sei davon auszugehen, dass sie bestimmte Arbeits-/Anwesenheitszeiten einzuhalten habe, auch wenn diese einvernehmlich vereinbart worden seien. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei der Klägerin nur scheinbar eine Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt worden. Die freie Entscheidung über den zeitlichen Rahmen der Tätigkeit erfahre durch die vom Beigeladenen zu 1) vorgegebenen Geschäftszeiten eine zeitliche Begrenzung. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit sei zwar nicht exakt nach Tagen, Stunden oder Minuten bestimmt, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der Rechtsprechung zur persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Die Übernahme eines solchen Risikos z.B. durch den Einsatz von eigenem Kapital oder Arbeitsmaterial sei nicht nachgewiesen. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolge. Die Vergütung werde somit erfolgsabhängig gezahlt. Die Bezahlung lediglich nach dem Erfolg der Arbeit sei nach der Rechtsprechung des BSG kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg des Auftragnehmers von dessen beruflicher Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Dieses Risiko des Einkommens sei von dem bei einem selbständigen Beruf typischen Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Die Klägerin setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Die Selbständigkeit eines Dienstverpflichteten werde nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen, Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernehme, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgingen. Es seien kaum Unterschiede zur vorherigen Beschäftigung der Klägerin erkennbar. Die Aufgabenbereiche hätten sich nicht verändert. Es ergäben sich lediglich Änderungen, die den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit beträfen. Vergleichbar sei die nunmehr ausgeübte Tätigkeit derjenigen als Buchführungshelferin mit einer Teilzeitbeschäftigung.

Mit Ihrer am 18.7.2006 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.

Der Beigeladene zu 1) erhob seinerseits am 21.7.2006 zum SG Düsseldorf Klage (Aktenzeichen - Az. - S 5 R 119/06). Seine Klage wies hat das SG Köln mit Urteil vom 4.6.2008 ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen. Im Berufungsverfahren L 16 R 51/08 nahm der Beigeladene zu 1) im Hinblick auf das Streitverfahren der Klägerin die Klage im Erörterungstermin am 30.10.2008 zurück.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin zunächst auf ihr Vorbringen sowie das Vorbringen des Beigeladenen zu 1) im Vorverfahren verwiesen. Sie hat ergänzend vorgetragen, dass der Buchführungshelfer ein eigenständiger anerkannter freier Beruf sei. Hierzu hat sie das Merkblatt "Fragen zum Thema Buchführungshelfer und Buchhalter (Steuerberatungsgesetz)" der Industrie- und Handelskammer zu L (Stand: März 2008) vorgelegt. Ihre Wahl, aus der abhängigen Beschäftigung in die Selbständigkeit als Buchführungshelferin zu wechseln, sei von Artikel 12 und 2 Grundgesetz (GG) geschützt. Sie habe sich so die Möglichkeit eröffnet, für eine Vielzahl von Auftraggebern tätig zu sein. Dieses Ziel habe sie auch erreicht. Die Anzahl der Auftraggeber habe sich über die Jahre entwickelt. Jeder, der in eine Selbständigkeit wechsele, bedürfe einer gewissen Anlaufzeit, bis das Gewerbe floriere. Sie sei so dem Risiko entgangen, aus betriebsbedingten Gründen als abhängig Beschäftigte gekündigt zu werden und zwingend in die Arbeitslosigkeit zu wechseln. Seit Mai 2008 beschäftige sie auch eine eigene Angestellte auf 400-Euro-Basis. Zur Erledigung ihrer selbständigen Tätigkeit als Buchführungshelferin verfüge sie über die Buchführungsprogramme "DATEV" und "Lexware". Dies sei notwendig, da die verschiedenen Auftraggeber auch mit verschiedenen Buchführungsprogrammen arbeiteten. Der Beigeladene zu 1) arbeite mit dem Buchführungsprogramm "Agenda". Dieses Programm besitze sie nicht. Deswegen sei es schon notwendig gewesen, dass sie ihre selbständige Tätigkeit als Buchführungshelferin am PC des Beigeladenen zu 1) ausübe. Im Übrigen sei es völlig normal, dass ein selbständiger Buchführungshelfer in den Räumlichkeiten des Auftraggebers arbeite. Dies sei charakteristisch für dieses Berufsbild. Häufig seien die Auftraggeber nicht bereit, die Unterlagen, die für die Buchführung notwendig seien, herauszugeben. Dies sei auch wirtschaftlich unzweckmäßig. Warum solle ein Buchführungshelfer die Unterlagen sämtlich wegtransportieren, um sie dann später wieder zurückzubringen, wenn die Buchführungstätigkeit auch in den Räumlichkeiten des Auftraggebers durchgeführt werden könne. Sie trage ein eigenes unternehmerisches Risiko. Dieses sei schon dann zu bejahen, wenn der Tätige das Risiko des Lohnausfalls durch mangelnde Aufträge bzw. Krankheit trage, wie dies bei ihr gegeben sei. Allein schon der hier eingeräumte zeitliche Spielraum bei der Ausführung ihrer Tätigkeit spricht gegen eine Weisungsabhängigkeit vom Beigeladenen zu 1) bzw. gegen eine Eingliederung in dessen Betrieb. Auch die Tatsache, dass sie jederzeit einen Auftrag durch den Beigeladenen ablehnen könne, auch wenn sie dies bisher nicht getan haben möge, spreche klar gegen eine abhängige Beschäftigung. Der Umstand, dass sie bei dem Beigeladenen zu 1) aufgrund dessen Auftragsvorgabe eine bestimmte Tätigkeit ausführe, führe nicht zu einer Weisungsgebundenheit. Auftragsvorgaben und Weisungsgebundenheit seien stark zu unterscheiden. Sie habe aus Praktikabilitätsgründen und aus Gründen der Kostenersparnis am Computer des Beigeladenen zu 1) gearbeitet. Dies bedeute allerdings nicht, dass sie nicht auch dieselbe Tätigkeit zu Hause habe ausführen dürfen. Wichtig sei auch die Tatsache, dass sie für mehrere Auftraggeber tätig werde. Schon das Gesetz gehe in § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) davon aus, dass sich Selbständigkeit durch das Tätigwerden für mehrere Auftraggeber auszeichne. Gerade der Umstand, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, erfordere von ihr, weisungsungebunden und zeitlich frei zu sein. Ihre Tätigkeit habe sie mit den verschiedenen Auftraggebern jeweils zeitlich und örtlich frei vereinbart. In der Beziehung zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 1) fehle jede Regelung zu einer Vergütung während des Urlaubs bzw. während einer Erkrankung. Auch dies spreche klar für eine selbständige Tätigkeit. Dies sei zwischen von ihr und dem Beigeladenen zu 1) auch klar gewollt und vereinbart gewesen. Sie habe sich beruflich verändern und erweitern wollen. Aufgrund der Auftragslage und der vorhandenen personellen Ausstattung der umsatzmäßig kleinen Kanzlei habe der Beigeladene zu 1) eine weitergehende Beschäftigung auf Dauer nicht bieten können. Deshalb hätten beide auch extra eine höhere Stundenvergütung vereinbart. Dies deshalb, damit diese nur selber ihre notwendigen Sozialabgaben zahlen könne.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.1.2010 hat die Klägerin wie folgt vorgetragen: Sie sei zunächst bei dem Beigeladenen zu 1) als Vollzeitkraft tätig gewesen, und zwar seit 1990. Sie hätten ein ausgesprochen gutes Verhältnis gehabt, das sie als Vertrauensverhältnis bezeichnen würde. Dann habe sie im Laufe der Jahre durch ihre Familienplanung die Tätigkeit etwa in den Jahren 1999/2000 auf halbtags reduziert. Sie habe für den Beigeladenen zu 1) Buchhaltertätigkeiten verrichtet. Die Halbtagsbeschäftigung habe so ausgesehen, dass sie 1 ½ Tage im Büro des Beigeladenen zu 1) tätig gewesen sei. Da es ihr ihre Familie anschließend ermöglicht habe, in größerem Umfang tätig zu sein, habe sie sich an den Beigeladenen zu 1) gewandt und ihm dieses vorgetragen. Für ihn habe allerdings zum damaligen Zeitpunkt im Jahre 2004 keine Möglichkeit bestanden, ihre Tätigkeit wieder auszudehnen, weil er anderweitig disponiert gehabt habe. Aufgrund ihres vertrauensvollen Verhältnisses hätten sie vereinbart, dass sie evtl. für mehrere Auftraggeber als freie Mitarbeiterin tätig sein solle. Sie habe zum 1.1.2005 auch angefangen, ihre selbständige Tätigkeit aufzubauen. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt noch zwei weitere Auftraggeber gehabt. Sie habe zu Hause in ihrem Haus mit Beginn der Selbständigkeit ein eigenes Büro eingerichtet. Sie habe stundenweise für den Beigeladenen zu 1) gearbeitet, und zwar nicht an einem festen Wochentag, sondern nach freier Gestaltung. Sie habe natürlich auch alle Aufträge für ihre anderen Auftraggeber koordinieren müssen. Sie meine, sie habe jeweils für zwei Nachmittage für den Beigeladenen zu 1) gearbeitet, genau wisse sie das nicht mehr. Sie habe hauptsächlich die Arbeiten im Büro des Beigeladenen zu 1) ausgeführt und dort auch den PC und das Computerprogramm genutzt. Ihrer Erinnerung nach habe ihr ursprünglicher Verdienst bis zum 31.12.2004 800,00 bis 900,00 EUR brutto betragen. Sie hätten dann im Hinblick auf ihre selbständige Tätigkeit einen höheren Stundensatz vereinbart, wohl 450,00 EUR bis 600,00 EUR monatlich an Honorar gezahlt worden zzgl. Mehrwertsteuer. Sie habe jeweils bestimmte Mandanten zugewiesen bekommen. Sie habe ihrem Wissen nach keine Aufträge abgelehnt. Es sei nie in der streitigen Zeit zu einem Konflikt mit anderen Auftraggebern gekommen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 13.7.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass aus einer abhängigen Beschäftigung keine selbständige Tätigkeit werde, wenn man lediglich seine Arbeitszeit reduziere, diese flexibel einteilen könne und nebenher für andere Vertragspartner selbständig tätig sei. Die Klägerin habe für den Beigeladenen zu 1) tatsächlich ausschließlich vor Ort, in seinen Betriebsräumen gearbeitet. Sie habe kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Der von ihr angeschaffte Computer werde für die streitgegenständliche Tätigkeit nicht benötigt. Sämtliche Arbeitsmittel seien ihr am Betriebssitz des Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt worden. Die Klägerin fülle die Stelle aus, die sie zuvor inne gehabt habe und sei weiterhin in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu 1) eingegliedert und unterliege hinsichtlich Ort sowie Art und Weise der Tätigkeit dessen Weisungen. Die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren angegeben, dass ihre Anwesenheit vor Ort von der vorhandenen Arbeit abhängig sei. Die Arbeitszeit richte sich somit, wie auch bei jedem Beschäftigten, nach den Belangen des Arbeitgebers. Im Übrigen hat die Beklagte inhaltlich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG Düsseldorf vom 4.6.2008 in dem Verfahren S 5 R 119/06 des Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließe. Die Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei vielmehr erst dann anwendbar, wenn zuvor festgestellt worden sei, dass kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vorliege. Andernfalls wäre die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV (Zusammenrechnung mehrere geringfügiger Beschäftigungen) und § 22 SGB IV (Entstehen der Beitragsansprüche bei Zusammentreffen mehrerer Versicherungsverhältnisse) entbehrlich. Mithin könne ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber als abhängig Beschäftigter tätig sein.

Das SG Köln hat mit Urteil vom 12.1.2010 den Bescheid der Beklagten vom 13.7.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006 aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihr am 27.1.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.2.2010 Berufung eingelegt.

Mit Bescheiden vom 26.4.2010 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass in der vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 ausgeübten Beschäftigung der Klägerin als Buchführungshilfe bei dem Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -), der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -), der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -) bestanden hat.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Klägerin sei - wie bisher auch - zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Eine Ersatzkraft habe sie nicht stellen dürfen. Tatsächlich habe sie weiterhin Buchführungsarbeiten für einen festen Mandantenstamm ausschließlich im Büro des Auftraggebers und unter Nutzung des dortigen speziellen Computerprogramms ausgeführt und dafür im Ergebnis einen Stundenlohn erhalten. Sie habe - unabhängig vom Erfolg - weiterhin lediglich das Tätigwerden als Buchführungshilfe, und zwar ohne die bei Werkvertragsleistungen üblichen Abzüge bzw. Gewährleistungsverpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber bei etwaigen Schlechtleistungen, geschuldet. Der Auftraggeber habe sie bedarfsweise regelmäßig zweimal wöchentlich angefordert. Aufträge habe die Klägerin nach eigenen Angaben tatsächlich nie abgelehnt. Im Ergebnis sei das bisherige Arbeitsverhältnis inhaltlich unverändert beibehalten worden. Die einzige Änderung habe sich aus der möglichen flexibleren Einteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ergeben. Dabei sei die Klägerin aber weiterhin regelmäßig zweimal wöchentlich für den Auftraggeber tätig gewesen und habe die Arbeitsleistung auch weiterhin bis zu einem bestimmten Termin zu erbringen gehabt. Größere Gestaltungsfreiheiten in Bezug auf die zu erbringende Arbeitsleistung hätten sich für die Klägerin ab 1.1.2005 nicht ergeben, Inhalt, Ort und zeitlicher Rahmen seien ihr tatsächlich vorgegeben gewesen. Die weisungsgebundene Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers habe somit fortbestanden. Lohnfortzahlungen und bezahlter Urlaub in Höhe der gesetzlichen Mindestansprüche seien beim Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht abdingbar. Entgegen der Auffassung des SG hätten fehlende Vereinbarungen der Beteiligten hierzu die Beschäftigteneigenschaft der Klägerin nicht aufgehoben. Der Umstand, dass die Klägerin schon aus technischen Gründen gezwungen gewesen sei, auf das nur im Büro des Auftraggebers zur Verfügung stehende Computerprogramm zurückzugreifen, zeige hingegen gerade deutlich, dass bezogen auf das zu beurteilende Auftragsverhältnis die tatsächlichen Verhältnis für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprächen. Auch habe die Klägerin kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Vielmehr habe sie darauf verzichtet, ein eigenes Computerprogramm anzuschaffen. Dass sie zu Hause über einen Arbeitsplatz verfügt habe, an dem sie Aufträge für weitere Auftraggeber ausgeführt habe, sei in Bezug auf das zu beurteilende Auftragsverhältnis irrelevant, da jedes einzelne Auftragsverhältnis separat zu beurteilen sei. Dem SG müsse widersprochen werden, wenn es die Tatsache, dass die Klägerin nebenher für weitere Auftraggeber tätig gewesen sei, als Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ansehe. Von der Möglichkeit der Ausübung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse gehe das Gesetz selbst aus; anderenfalls wären die Regelungen der §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 SGB IV entbehrlich. In seiner Entscheidung vom 23.2.1988, 12 RK 43/87 (USK 8804) gehe das BSG sogar soweit, dass derjenige, der Arbeitnehmer im geringfügigen Umfang beschäftige, regelmäßig damit rechnen müsse, dass diese Arbeitnehmer früher oder später daneben weitere Beschäftigungen aufnähmen. Dem SG könne auch nicht gefolgt werden, wenn es feststelle, die Tatsache, dass die Klägerin jederzeit einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) habe ablehnen können, spreche gegen eine abhängige Beschäftigung. Da kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden sei, seien die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Danach habe die Klägerin nach den in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben nie einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) abgelehnt. Das Recht, einzelne Aufträge abzulehnen, stehe auch einer Eingliederung in den Betrieb nicht entgegen. Das BSG habe in seinem Urteil zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Ausbeinern (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, USK 98135) insoweit festgestellt, die Ausbeiner hätten zwar darüber entscheiden können, ob sie eine von der dortigen Klägerin angebotenen Tätigkeit übernehmen wollten oder nicht. Nach Bereiterklärung seien sie aber dem dortigen Weisungsrecht der dortigen Klägerin unterworfen gewesen. Das sich das Weisungsrecht regelmäßig lediglich auf allgemeine organisatorische Fragen bezogen habe und fachliche Einzelanweisungen nicht geboten gewesen seien, entspreche der Typik bei fachlich qualifizierten Personal. Im Übrigen verweist die Beklagte erneut auf das Urteil des SG Düsseldorf in dem Verfahren S 5 R 119/06 des Beigeladenen zu 1).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.1.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Sie trägt ergänzend vor, dass Urteil des SG Düsseldorf, auf das sich die Beklagte wiederum beriefe, habe keinen Bestand und dürfe daher keine Berücksichtigung finden. Falsch sei auch die Darstellung der Beklagten, dass sie, die Klägerin, zu einer höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen sei und keine Ersatzkraft für die Ausübung ihrer Tätigkeit bei dem Beigeladenen zu 1) habe stellen dürfen. Solche Feststellungen seien im hiesigen zur Entscheidung stehenden Verfahren nicht getroffen worden. Die Beklagte greife hier in unzulässiger Weise auf falsche Erkenntnisse aus dem Verfahren vor dem SG Düsseldorf zurück. Das Arbeitsverhältnis zwischen ihr, der Klägerin, und dem Beigeladenen zu 1) sei auch nicht, wie die Beklagte glaubhaft machen wolle, inhaltlich unverändert beibehalten worden. Konkret habe sich ihre Arbeitszeit geändert. Diese sei nun frei eingeteilt worden. Sie habe diese jederzeit verändern können und habe hiervon auch Gebrauch gemacht. Sonst hätte sie nicht für ihre anderen Auftraggeber hätte tätig werden können. Eine Absprache der einzelnen Auftraggeber untereinander habe es ja nicht gegeben. Auch habe sie ein höheres Stundenhonorar erhalten. Es werde noch einmal explizit der Vortrag aus der ersten Instanz wiederholt, dass der Buchführungshelfer ein anerkannter freier Beruf sei. Für diesen Beruf sei es geradezu charakteristisch, dass man in den Räumlichkeiten des Auftraggebers an dessen EDV-Anlage seine Arbeit verrichte. Nach der Auffassung der Beklagten wäre der Wechsel eines angestellten Buchführungshelfers in die Tätigkeit eines selbständigen Buchführungshelfers nie möglich. Dies wäre verfassungswidrig und würde gegen Art. 12 GG verstoßen. Das von der Beklagten weiter aufgeführte Argument, sie, die Klägerin, habe tatsächlich nie einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sei rechtlich und sachlich unerheblich. Kaum ein selbständig Tätiger lehne einen Auftrag ab. Im Übrigen seien die von der Beklagten an das Unternehmerrisiko gestellten Anforderungen weit überspannt.

Der Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Klägerin voll inhaltlich angeschlossen.

Der Senat hat Aufstellungen der an die Klägerin gezahlten Vergütung für die Jahre 2005 bis 2008 sowie einen Auszug aus dem Lohnkonto für das Jahr 2004 und die Einkommensteuerbescheide der Klägerin der Jahre 2005 bis 2008 beigezogen. Die Beklagte hat zur Frage der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorgetragen, die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts sei vorausschauend bei Beginn der Beschäftigung bzw. erneut bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen vorzunehmen. Das gelte auch dann, wenn die Entscheidung über die Feststellung der Versicherungsfreiheit auch erst im Nachhinein getroffen werden solle. Es komme dann für die Prognose auf den damaligen Erkenntnisstand an. Würden keine gleichbleibenden Bezüge gewährt, sei eine Schätzung des Arbeitsentgelts vorzunehmen. Als Schätzungszeitraum gälten der Monat der Prüfung und die folgenden elf Monate. Im vorliegenden Fall sei nach ihrer Auffassung eine Prognose, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt unter 400,00 EUR liege und damit Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorliege, nicht angezeigt gewesen. Insoweit sei eine geringfügige Tätigkeit auch nicht für einzelne Monate festzustellen. Die sich später ergebenen tatsächlichen Entgelte hätten auf die versicherungsrechtliche Beurteilung keinen Einfluss mehr, selbst wenn sie von der vorausschauenden Schätzung abwichen. Die Beklagte hat ergänzend einen Versicherungsverlauf vom 13.9.2013 betreffend die Klägerin beigebracht.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 4.12.2013 die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) ergänzend gehört. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärungen beider Beteiligter wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Streitakten S 5 R 119/06 des SG Düsseldorf (L 16 R 51/08, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da diese mit den ordnungsgemäß zugestellten Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Bezüglich des Bescheides vom 26.4.2010, der gem. §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, entscheidet der Senat auf Klage.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn die Beklagte hat zu Recht die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchführungshilfe vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 beim Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt, da die Klägerin diese Tätigkeit auch seit dem 1.1.2005 bis zum 30.6.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

1. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) und Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 SGB III) der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr. 4 Rdnr. 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rdnr. 14 m.w.N.; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 19 S. 69 f., Nr 13 S 31 f. und Nr. 4 S. 13, jeweils m.w.N.; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5 S. 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17; ebenso Urteil v. 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125 = Juris Rdnr. 17; ferner auch BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 ihre Tätigkeit als Buchführungshilfe beim Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat, da die für eine abhängige Beschäftigung typischen Merkmale deutlich überwiegen. Anknüpfungspunkt für diese Gesamtabwägung ist die einzelne konkrete Tätigkeit bzw. Vertragsbeziehung.

a) Vertragliche Regelungen zur Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) ab dem 1.1.2005 existieren nicht in schriftlicher Form. Mündlich wurde nur vereinbart, dass die Klägerin ab dem 1.1.2005 ihre Tätigkeit als Buchführungshelferin im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausüben solle. Aus dem Umstand, dass die Klägerin regelmäßig an zwei Nachmittagen pro Woche für den Beigeladenen zu 1) tätig war und einen festen Mandantenstamm bearbeitete, folgt, dass die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) als Dauerschuldverhältnis gewollt war und gelebt wurde. Mangels weiterer vertraglicher Regelungen ist daher die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin maßgeblich. Diese weist weit überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchführungshelferin für den Beigeladenen zu 1) auf.

b) Die Tätigkeit der Klägerin ist dadurch geprägt, dass sie in einen fremden Betrieb, den der Steuerberatungskanzlei des Beigeladenen zu 1), und dessen organisatorische Strukturen in erheblichem Umfang eingegliedert war und einem entsprechenden Weisungsrecht unterlag.

aa) Dies gilt zunächst für den Ort der Arbeitsleistung, da sie ausschließlich in den Räumen des Beigeladenen zu 1) tätig war. Zudem war sie in die von dem Beigeladenen zu 1) vorgegebene Betriebsorganisation eingebunden. Sie erhielt von diesem die zu bearbeitenden Unterlagen der Mandanten, arbeitete mit den von ihm zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln, insbesondere Hard- und Software, z.B. dem Buchführungsprogramm "Agenda", nutzte dessen Telefonanlage und stimmte ihre Termine mit der Ehefrau des Beigeladenen zu 1) ab. Auch in zeitlicher Hinsicht war die Klägerin weitgehend in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Da sie für ihre Tätigkeit auf die Betriebsräume und -mittel des Beigeladenen zu 1) angewiesen war, konnte sie nur zu den Zeiten arbeiten, zu denen ihr vom Beigeladenen zu 1) ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wurde. Die Klägerin konnte nicht nach eigener freier Entscheidung auf einen Arbeitsplatz zurückgreifen, da dieser Arbeitsplatz von mehreren Mitarbeitern des Beigeladenen zu 1) genutzt wurde. Sie musste also Rücksprache mit der Kanzlei des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes halten und konnte dort nur nach Absprache entsprechend der bei Inanspruchnahme durch mehrere Mitarbeiter eingeschränkten zeitlichen Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes tätig werden. Hinsichtlich der Art ihrer Tätigkeit war sie ebenfalls vollständig in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert, da sie Tätigkeiten für Mandanten des Beigeladenen zu 1) und nicht für eigene Mandanten vornahm.

bb) Sie unterlag zudem in erheblichem Maße einem Weisungsrecht des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Ort, Zeit, Dauer und Art ihrer Tätigkeit. Hinsichtlich des Ortes ergibt sich dies bereits daraus, dass sie ihre Tätigkeit mit dem vom Beigeladenen zu 1) verwendeten Buchführungsprogramm "Agenda" verrichten musste. Daraus folgte zwangsläufig, dass die Arbeiten in den Betriebsräumen und mit Betriebsmitteln des Beigeladenen zu 1) ausgeübt werden mussten, da die Klägerin selbst über dieses Programm nicht verfügte. In zeitlicher Hinsicht war die Klägerin ebenfalls in erheblichem Maße weisungsgebunden. Wegen der Abhängigkeit vom Arbeitsplatz beim Beigeladenen zu 1) und dessen betriebsorganisatorischer Entscheidung, für mehrere Mitarbeiter nur einen Arbeitsplatz vorzuhalten, bestimmte er im Wesentlichen den zeitlichen Rahmen des Tätigwerdens der Klägerin für ihn. Weitere Einschränkungen für die Klägerin gab es durch den Umfang der ihr vom Beigeladenen zu 1) zugewiesenen Arbeit, die zum Teil auch fristgebunden war. In der praktischen Umsetzung erforderte dies ein regelmäßiges Tätigwerden der Klägerin an zwei Nachmittagen pro Woche. In Bezug auf die Art der Tätigkeit bestimmte der Beigeladene zu 1), welche Mandate die Klägerin zu bearbeiten hatte. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin das Recht hatte, einzelne Mandate abzulehnen, da eine Ablehnung durch sie nie vorkam.

c) Die für eine selbständige Tätigkeit typischen Merkmale sind nicht in erheblichem Umfang vorhanden. Die Klägerin verfügte im Hinblick auf ihre Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) weder über eine eigene Betriebsstätte, noch über eigene Betriebsmittel. Sie konnte nicht im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen. Sie unterlag auch keinem nennenswerten unternehmerischen Risiko.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. BSG, Urteil v. 28.5.2008, juris, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Arbeitseinsatzes und der tatsächlichen persönlichen Mittel also ungewiss ist. Eine solche Ungewissheit ist jedoch nicht erkennbar.

So wurde von der Klägerin schon kein eigenes Kapital in nennenswertem Umfang eingesetzt. Sie musste weder Räumlichkeiten vorhalten, da ihr diese von dem Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt wurden. Sie lief also nicht Gefahr, z.B. Zahlungen für angemietete Räumlichkeiten frustriert aufzuwenden. Auch sonstige Anschaffungen, z.B. für das Buchführungsprogramm "Agenda", wurden von der Klägerin nicht getätigt. Sämtliche Betriebsmittel wurden ihr vielmehr von dem Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt. Auch beschäftigte die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) nicht selbst Arbeitnehmer mit dem damit verbundenen risikobehafteten Kapitaleinsatz.

Ein Vergütungsrisiko war mit Ausnahme des auch von jedem abhängigen Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr konnte sich die Klägerin darauf verlassen, dass die von ihr erbrachten Arbeiten auch vergütet wurden. Da sie einen festen Mandantenstamm zu bearbeiten hatte, konnte sie mit einer gewissen, zwar Schwankungen unterworfenen aber doch regelmäßigen Vergütung rechnen. Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen hingegen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nämlich nur dann ein Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer weiteren Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, jeweils Juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.

Die Klägerin konnte ihre Arbeitszeit nicht im Wesentlichen frei bestimmen. Sie war hinsichtlich des Umfangs vollständig an die Vorgaben des Beigeladenen zu 1) gebunden, da dieser bestimmte, welche Mandanten sie zu betreuen hatte. Im Hinblick auf die Lage ihrer Arbeitszeit unterlag sie den dargestellten Einschränkungen infolge der eingeschränkten Verfügbarkeit ihres Arbeitsplatzes beim Beigeladenen zu 1) und der teilweisen Fristengebundenheit der übertragenen Arbeiten. Aufgrund der in erheblichem Maß gegebenen Eingliederung und Weisungsgebundenheit war es der Klägerin nicht möglich, ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten.

Kein für Selbständigkeit sprechender Gesichtspunkt stellt das Tätigwerden für mehrere Auftrag- bzw. Arbeitgeber dar. Es ist nach den gesetzgeberischen Wertungen sowohl möglich, dass bei der Tätigkeit für nur einen Auftraggeber Selbständigkeit gegeben ist (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI), als auch bei parallelen Tätigkeiten für mehrere Arbeitgeber abhängige Beschäftigungen vorliegen (vgl. §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Demzufolge können natürlich auch abhängige Beschäftigungen neben selbständigen Tätigkeiten ausgeübt werden.

d) Insgesamt überwiegen deutlich die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung und Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen sprechen.

Bei der Beurteilung kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die von der Klägerin ab dem 1.1.2005 verrichtete Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) ohne wesentliche Unterschiede bis zum 31.12.2004 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde. Der einzige nennenswerte Unterschied bestand in einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Im Übrigen bestand die bereits zuvor vorhandene Eingliederung und Weisungsgebundenheit der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fort. Auch ergaben sich ab dem 1.1.2005 weiterhin keine typischen Merkmale für eine selbständige Tätigkeit.

Für ihre Rechtsauffassung kann die Klägerin keine Gesichtspunkte aus dem beigebrachten Merkblatt der IHK L herleiten. In diesem Merkblatt kommt zum Ausdruck, dass ein Buchführungshelfer selbständig tätig sein darf. Dem Merkblatt ist allerdings nichts dazu zu entnehmen, welche rechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen für Selbständigkeit in Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung vorliegen müssen. Maßgeblich bleiben die oben dargestellten Abgrenzungskriterien, wie sie aus der ständigen Rechtsprechung des BSG herzuleiten sind. Hiermit stimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) überein. Es sind danach durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen die Ausübung des Berufs des Buchführungshelfers im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit - bei dem Vorliegen einer eigenen Betriebsstätte, eines Unternehmerrisikos, einer Tätigkeit im eigenen Betrieb, eines eigenen Mandantenstammes etc. - erfolgt (vgl. BGH, Urteil v. 14.10.2010, I ZR 95/09, juris).

Die Klägerin ist durch die Feststellung der Beklagten auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gewerbefreiheit und Unternehmensfreiheit im Sinne der freien Gründung und Führung von Unternehmen nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Verfassungsgerichtlich ist geklärt, dass die im Rahmen des § 7 SGB IV nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien vorzunehmende Abgrenzung verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Der Gesetzgeber bedient sich der Rechtsfigur des Typus, der durch die äußeren Merkmale des vom Gesetzgeber als bekannt vorausgesetzten Normalfalls einer "nichtselbstständigen Tätigkeit" bestimmt ist. Aus den prägenden Indizien des Einzelfalls entsteht ein Gesamtbild, das diesem Typus weithin entspricht. Abgrenzungsschwierigkeiten in Rand- und Übergangsbereichen der abhängigen Beschäftigung zur selbstständigen Tätigkeit, zu denen vorliegender Fall jedoch nicht gehört, sind verfassungsrechtlich nicht bedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 1). Gerade der Verwendung der Rechtsfigur des Typus ist es zu verdanken, dass die Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht trotz ihres Festhaltens an Begriffen wie u.a. Arbeitsverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis in Verbindung mit ihrer Konkretisierung durch Rechtsprechung und Literatur über Jahrzehnte hinweg auch bei geänderten sozialen Strukturen ihren Regelungszweck erfüllen und insbesondere die Umgehung der Versicherungs- und Beitragspflicht zum Nachteil abhängig beschäftigter Personen, z.B. durch der Realität nicht entsprechender, einseitig bestimmter Vertragsgestaltungen, verhindern konnten (vgl. BVerfG a.a.O.). Selbst wenn danach anknüpfend an die Feststellung der Versicherungspflicht manche "Dienstleistungen" praktisch nur in der Form einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden können, würde dadurch ein Grundrecht der Klägerin nicht verletzt (vgl. BSG, Beschluss v. 11.5.1993, 12 BK 62/91, juris).

Die selbständige Ausübung der Tätigkeit als Buchführungshelferin wird entgegen der Auffassung der Klägerin auch bei Anwendung der verfassungsrechtlich unbedenklichen Abgrenzungskriterien nicht generell verhindert. Ausschlaggebend ist allein die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung, die von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe der für eine selbständige Tätigkeit typischen Merkmale hätte vorgenommen werden können, aber nicht wurde. Nur diese im Hinblick auf eine Selbständigkeit fehlgeschlagene Ausgestaltung führt zu dem Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Gesamtabwägung und statusrechtlichen Beurteilung.

3. Es besteht keine Versicherungsfreiheit wegen Entgeltgeringfügigkeit gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in den im Streitzeitraum geltenden Fassungen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der vorzunehmenden vorausschauenden Betrachtungsweise die Klägerin ab Januar 2005 monatliche Entgelte von regelmäßig weniger als 400 Euro erhalten würde. In dem vorgenannten Zeitraum hat die Klägerin tatsächlich ausgehend von den Entgelten in den Kalenderjahren 2005 bis 2008 nicht regelmäßig im Monat weniger als 400 Euro erhalten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 Abs. 1, 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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