Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 SF 293/14 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 1.200,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer für das Verfahren L 2 SF 3694/12 EK in Höhe von 1.200,00 EUR.
Am 27.08.2012 beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer für das Verfahren L 7 SO 5974/09, am 10.09.2012 erhob er in dieser Sache Entschädigungsklage. Gegen die Eingangsbestätigung stellte er mit Schreiben vom 06.10.2012 Befangenheitsantrag, ebenso gegen das Schreiben des Vorsitzenden des 2. Senats vom 10.10.2012, der ua darauf hingewiesen hatte, dass der Senat Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers hege und eine persönliche Anhörung des Klägers beabsichtigt sei. Mit Beschluss vom 12.11.2012 wies der 2. Senat die Ablehnungsgesuche gegen die Urkundsbeamtin und den Vorsitzenden zurück. Den für den 19.12.2012 bestimmten Termin zur persönlichen Anhörung des Klägers hob der 2. Senat wieder auf, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, er werde diesen nicht wahrnehmen. Ein weiteres Befangenheitsgesuch des Klägers gegen die Mitglieder des 2. Senats verwarf dieser mit Beschluss vom 12.12.2012 als unzulässig. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Klägers und ein neuerliches Ablehnungsgesuch wurden mit Beschluss vom 28.01.2013 als unzulässig verworfen. Unter dem 26.02.2013 wurde sodann Prof Dr T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt zur Klärung der Prozessfähigkeit des Klägers. Den deswegen erneut gestellten Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden des 2. Senats wies der 2. Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 zurück.
Nachdem der Kläger sich doch zu einer persönlichen Anhörung bereit erklärt hatte, erfolgte eine Ladung des Klägers auf den 17.04.2013. Der Kläger teilte daraufhin mit, er sei nur zu einer Anhörung in der JVA U. bereit. Mit weiterem Schreiben vom 08.04.2013 stellte er klar, den Termin am 17.04.2013 nicht wahrzunehmen. Dieser wurde daraufhin aufgehoben.
Unter dem 08.07.2013 erstattete Prof Dr T. sein Gutachten, in dem er zu der Einschätzung gelangte, aufgrund der verkrusteten und verhärteten Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei dessen Fähigkeit zur freien Willensbestimmung aufgehoben, so dass er nicht imstande sei, den Prozess zu führen. Er sei prozessunfähig. Weitere Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden und die Anhörungsrüge gegen die Beauftragung des Gutachters verwarf der 2. Senat mit Beschluss vom 23.07.2013 als unzulässig.
Der Kläger beantragte die Bestellung von RA A. als besonderen Vertreter. Nachdem der 2. Senat mit Schreiben vom 30.08.2013 mitteilte, dass dessen Bestellung beabsichtigt sei, lehnte der Kläger mit Schreiben vom 03.09.2013 die Bestellung ab, da das Vertrauensverhältnis zerstört sei. Es solle W Sch. beigeordnet werden. RA Sch. lehnte die Bestellung ab. Der 2. Senat teilte dem Kläger sodann mit Schreiben vom 11.09.2013 mit, dass die Bestellung von RA´in G.-T. beabsichtigt sei. Der Kläger lehnte dies ab und wies darauf hin, dass das Vertrauensverhältnis zu W Sch. fortbestehe, lediglich mit RA C Sch. habe es Streit gegeben. Mit Beschluss vom 02.10.2013 wurde RA´in G.-T. zur besonderen Vertreterin bestellt. Dagegen erhob der Kläger Beschwerde, Gehörsrüge und stellte Befangenheitsanträge. Das Befangenheitsgesuch gegen den Vorsitzenden wurde als unzulässig verworfen und das gegen den Gutachter zurückgewiesen (Beschluss vom 18.11.2013). Nachdem auch RA´in G.-T. um ihre Entpflichtung gebeten hatte, hob der 2. Senat ihre Bestellung mit Beschluss vom 20.11.2013 wieder auf und verwarf mit Beschluss vom gleichen Tag die Anhörungsrüge und als Gegenvorstellung ausgelegte Beschwerde des Klägers. Nachdem auch W Sch. auf Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt hatte, für eine Bestellung als besonderer Vertreter nicht zur Verfügung zu stehen und weitere vom Kläger benannte Personen ebenfalls nicht bereit waren, bestellte der 2. Senat mit Beschluss vom 14.01.2014 RA R. vom Sozialgericht (SG) Ulm als besonderen Vertreter.
Am 20.01.2014 hat der Kläger sodann Klage erhoben und Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wegen einer Entschädigung in Höhe von 1.200,00 EUR betreffend die Verzögerung im Verfahren L 2 SF 3694/12. Anstatt den entscheidungsreifen Prozess zügig abzuschließen, habe das Gericht eine absurde Diskussion über die Prozessfähigkeit des Klägers losgetreten. Der vom Vorsitzenden eingekaufte Gutachter habe dann am 08.07.2013 ein falsches Gutachten abgegeben. Das seit 2012 entscheidungsreife Verfahren werde mit strafbarem Vorsatz verschleppt.
Im weiteren Verfahrensverlauf des Verfahrens L 2 SF 3694/12 wurden weitere Gutachten über den Kläger beigezogen (Gutachten S. vom 11.06.2012 zur Klärung der Schuldfähigkeit im Verfahren KLs 91 Js 13476/10 16 AK 18/11 Landgericht Karlsruhe; Gutachten Sp./S. vom 29.06.2012 zur Klärung der Prozessfähigkeit im Verfahren 1 O 982/10 (2) Landgericht Regensburg). Der Gutachter Prof Dr T. wurde ergänzend zum Zeitpunkt des Eintritts der von ihm angenommenen Prozessunfähigkeit befragt (ergänzende Stellungnahme vom 12.02.2014). Der Rechtsstreit ist für den 30.04.2014 zur mündlichen Verhandlung terminiert.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen der Dauer des Verfahrens L 2 SF 3694/12 EK eine Entschädigung von 1.200,00 EUR zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es könne dahinstehen, ob die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung auf Mutwillen beruhe und daher schon aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Die Entschädigungsklage erweise sich jedenfalls als unbegründet. Es fehle schon an einer wirksamen Verzögerungsrüge iSv § 198 Abs 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). In der Klage selbst könne eine Verzögerungsrüge nicht gesehen werden. Die Verzögerungsrüge solle dem Ausgangsgericht das Gebot der Verfahrensbeschleunigung vor Augen führen. Die Rügeobliegenheit sei Ausfluss des Grundsatzes des Vorrangs des Primärrechtsschutzes. Nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 198 Abs 1 Satz 1 GVG sei demjenigen eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens einen Nachteil erleide. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer hänge insbesondere von der Schwierigkeit des Verfahrens ab. Die Besonderheiten des hier jedenfalls mindestens durchschnittlich schwierigen Verfahrens ergäben sich schon daraus, dass zu klären sei, ob in einem anderen, außerordentlich komplexen, schwierigen und umfangreichen Verfahren unangemessene Verzögerungen aufgetreten seien. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger mit einer Vielzahl von ausnahmslos erfolglosen Beschwerden, Eingaben und Befangenheitsanträgen das Verfahren massiv blockiert habe. Das Verfahren sei vom Landessozialgericht (LSG) in jedem Stadium angemessen und zügig gefördert worden, Fehlleistungen im gerichtsorganisatorischen Bereich seien auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten und die Akte L 2 SF 3694/12 EK Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage des Klägers hat keinen Erfolg, sie ist bereits wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) maßgebend. Für die Entscheidung über die Klage ist das LSG zuständig. Nach § 200 Satz 2 GVG haftet der Bund für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen den Bund ist nach § 201 Abs 1 Satz 2 GVG der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) diese Regelung dahin, dass die Vorschriften der §§ 198 bis 201 GVG mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das LSG, an die Stelle des BGH das Bundessozialgericht (BSG) und an die Stelle der Zivilprozessordnung (ZPO) das SGG tritt. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft.
Zunächst hat der Senat keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers. Es ist dem Senat aus dem Verfahren L 11 SF 293/14 EK bekannt, dass der Sachverständige Prof Dr T. in seinem im Auftrag des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Verfahren L 2 SF 3694/12 erstatteten nervenfachärztlichen Gutachten vom 08.07.2013 zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger sei aufgrund seiner krankhaften Persönlichkeitsstruktur prozessunfähig. Aus den im Verfahren L 11 SF 293/14 EK beigezogenen Akten L 2 SF 3694/12 ist das weitere zur Frage der Prozessfähigkeit über den Kläger erstellte Gutachten von PD Dr Sp./S. für das Landgericht (LG) Regensburg (1 O 982/10 (2)) vom 29.06.2012 zu entnehmen, in welchem in der Gesamtwürdigung die Prozessfähigkeit bejaht wird. Dieses Gutachten überzeugt den Senat.
Danach ist beim Kläger von einer ausgeprägt querulatorischen Entwicklung auszugehen, die sich insbesondere in einer Vielzahl von inzwischen über 1.800 sozialgerichtlichen Verfahren niederschlägt. Prof Dr T., der sein Gutachten allein nach Aktenlage erstellt hat, hat in seinem Gutachten schon keine medizinische Diagnose gestellt, die sich in die anerkannte Klassifikation von Krankheiten nach ICD-10 einordnen ließe. Dagegen haben die Gutachter Sp./S. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F 61.0) diagnostiziert. Zudem standen diesen Gutachtern die Ergebnisse früherer Begutachtungen aus den Jahren 1994 und 2002 zur Verfügung, zumindest eine kurze Exploration war möglich und der Gutachter S. konnte den Kläger im Rahmen der gegen ihn in der Zeit vom 25.04. bis 18.06.2012 geführten Hauptverhandlung vor dem LG Karlsruhe beobachten. Das Gutachten Sp./s. ist daher auf einer überlegenen Tatsachenbasis erstellt worden. Nach alledem hat der Senat - auch im Hinblick auf die sonstigen bereits vor dem Senat geführten Verfahren des Klägers - keine Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Klägers anhand vernünftiger Überlegungen Entscheidungen zu treffen, grundlegend beeinträchtigt wäre. Der Kläger ist vielmehr ohne weiteres in der Lage, seine Auffassung mit der gebotenen Deutlichkeit zu formulieren. Die vom Kläger geführte Vielzahl von über 1.800 allein in der Sozialgerichtsbarkeit geführten Verfahren spricht nicht dagegen, denn es erscheint nach dem gerichtsbekannten Prozessverhalten des Klägers durchaus naheliegend, dass der Kläger bewusst vielfach unzulässige und unbegründete Anträge stellt, um Behörden und Justiz zu beschäftigen (ebenso Oberlandesgericht Stuttgart 08.01.2014, 4 W 53/13).
Indes setzt jede Rechtsverfolgung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Ein Rechtsbehelf kann in extremen Ausnahmefällen - wie hier - wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig sein. Hierfür ist es prägend, dass der Rechtsbehelfsführer mit seinem Rechtsbehelf verfahrensfremde Gründe verfolgt (vgl BSG 10.12.2010, B 4 AS 97/10 B, juris). Rechtsmissbräuchlich ist das Ausnutzen einer von der Rechtsordnung an sich gegebenen Rechtsschutzmöglichkeit oder einer prozessualen Befugnis zu einem der einschlägigen Norm widersprechenden Zweck (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 21.08.2001, 2 BvR 282/00, juris). Eine Gesamtbetrachtung des Verhaltens ist für die Frage, ob missbräuchliches Verhalten vorliegt, nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BGH 07.11.1991, 4 StR 252/91, BGHSt 38; 111). Wesentliche inhaltliche Voraussetzung ist jedoch das Vorliegen eines zweckwidrigen Einsatzes von Rechten. Daher muss auch negativ eine Abgrenzung dahingehend erfolgen, dass der Verfahrensbeteiligte die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten nicht zur Wahrung seiner Belange, sondern gezielt zu verfahrensfremden und verfahrenswidrigen Zwecken verfolgt, etwa um den Antragsgegner zu schädigen oder das Gericht zu belästigen (BVerfG 21.08.2001, aaO).
So liegt der Fall hier. Bei dem Kläger liegt, wie oben ausgeführt, eine ausgeprägte querulatorische Entwicklung vor. Er führt eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Prozessen, die er - wie im zugrunde liegenden Fall L 2 SF 3694/12 EG deutlich erkennbar - häufig noch mit wiederholten unzulässigen oder jedenfalls unbegründeten prozessualen Anträgen aufbläht. Am 20. und 27.01.2014 hat der Kläger insgesamt 139 Klagen auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer erhoben, unabhängig von der jeweiligen Verfahrensdauer. Daneben hat er am 27.01.2014 weitere 127 Wiederaufnahmeklagen bei verschiedenen Senaten des LSG erhoben. Die in die Zuständigkeit des 2. Senats fallenden 138 Entschädigungsklagen hat dieser mit Beschluss vom 03.03.2014 als unbeachtliche Begehren auf sonstige Weise austragen lassen, da sie offensichtlich haltlos seien und nicht ansatzweise ein berechtigtes Interesse erkennen ließen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren zur Begründung ausgeführt, die Entschädigungsklage vor dem 2. Senat werde mit Vorsatz verschleppt; es sei eine abwegige Diskussion über seine Prozessfähigkeit losgetreten worden. Erkennbar ist er mit dem Ergebnis der Begutachtung durch Prof Dr T. nicht einverstanden. Darum geht es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht, sondern allein um die Frage der Angemessenheit der Dauer des Verfahrens. Ein sachliches Anliegen verfolgt der Kläger insoweit mit der hier erhobenen Entschädigungsklage nicht ernsthaft. Es geht ihm allein darum, wie in den zeitgleich erhobenen 138 weiteren Entschädigungsklagen auch, das Gericht unlauter für seine Zwecke der Selbstdarstellung in Anspruch zu nehmen. Die Verfahren dienen allein dazu, den Minderwertigkeitskomplex des Klägers (basal unsichere Persönlichkeit, so Prof Dr Sp./S.) dadurch zu kompensieren und sein Selbstwertgefühl zu steigern, indem er auf vermeintlicher "Augenhöhe" mit einer Vielzahl von Gerichten kommuniziert (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.03.2014, L 2 SF 265/14 EK, L 2 SF 266/14 EK, L 2 SF 608/14 bis 743/14 EK). Damit nimmt er die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten gezielt zu verfahrensfremden und -widrigen Zwecken in Anspruch. Die Entschädigungsklage ist wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
Im Übrigen wäre die unzulässige Klage auch unbegründet, denn eine unangemessene Verfahrensdauer liegt nicht vor. Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 198 Abs 1 bis 4 GVG. Nach § 198 Abs 1 GVG wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Gemäß § 198 Abs 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 EUR für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs 3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge. Nach § 198 Abs 4 ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
Eine Entschädigung kann der Kläger nach § 198 Abs 3 GVG schon deshalb nicht beanspruchen, weil er im gesamten Verfahren L 2 SF 3694/12 EK keine Verzögerungsrüge erhoben hat, bevor er am 20.01.2014 Entschädigungsklage erhoben hat. In der umfangreichen Korrespondenz findet sich nicht einmal ein Hinweis dazu, dass der Kläger mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden ist. Im Klageschriftsatz, der im Verfahren L 2 SF 3694/12 eingereicht worden ist, kann nicht auch zugleich die Erhebung einer Verzögerungsrüge gesehen werden. Die Erhebung der Verzögerungsrüge ist eine materielle Anspruchsvoraussetzung (BSG 27.06.2013, B 10 ÜG 9/13 B, SozR 4-1710 Art 23 Nr 1). Die Koppelung des Entschädigungsanspruchs an eine Rügeobliegenheit hat einer doppelte Funktion: Sie soll zum einen dem bearbeitenden Richter als Vorwarnung dienen und die Möglichkeit einer beschleunigten Verfahrensführung eröffnen. Zum anderen soll sie im Ausgangsverfahren gegenüber dem Betroffenen einen Ausschluss der Möglichkeit zum "Dulde und liquidiere" bewirken (BT-Drucks 17/3802 S 20). Dahinter steht der Gedanke eines Vorrangs des Primärrechtsschutzes (vgl Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG RdNr 174). Aus diesen Gründen kommt es hier nicht in Betracht, den Klageschriftsatz zugleich als Verzögerungsrüge zu deuten. Der Kläger behauptet nunmehr zwar, er habe wiederholt Verzögerungsrüge erhoben, nennt jedoch keinen einzigen Schriftsatz seiner umfangreichen Korrespondenz, der eine Verzögerungsrüge enthalten haben soll. Soweit er darüber hinaus unterstellt, die Akte S 2 SF 3694/12 EK sei entsprechend "bereinigt" worden, gibt es dafür nicht nur keinerlei Anhaltspunkte, sondern diese verleumderische Behauptung könnte durchaus auch strafrechtlich relevant sein.
Hat die fehlende Erhebung der Verzögerungsrüge damit Ausschlusswirkung für eine Geldentschädigung, gilt dies jedoch nicht für eine Wiedergutmachung in sonstiger Weise. Ist eine Verzögerungsrüge unterblieben, kommt nach § 198 Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG die Feststellung in Betracht, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG RdNr 122). Eine derartige Feststellung scheidet im vorliegenden Verfahren indes aus, denn die Dauer des Verfahrens war nicht unangemessen.
Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. § 198 Abs 1 Satz 2 GVG benennt die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind, nur beispielhaft ("insbesondere") und ohne abschließenden Charakter (BT-Drucks 17/3802 S 18). Weitere gewichtige Beurteilungskriterien sind die Verfahrensführung durch das Gericht sowie die zur Verfahrensbeschleunigung gegenläufigen Rechtsgüter (Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit von Entscheidungen, Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit und des gesetzlichen Richters). Erforderlich ist eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände (BSG 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL, SozR 4-1720 § 198 Nr 1; BSG 16.12.2013, B 10 ÜG 13/13 B, juris; BGH 14.11.2013, III ZR 376/12, NJW 2014, 220; 23.01.2014, III ZR 37/13, juris).
Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die aus Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG) und Art 19 Abs 4 GG sowie Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist (BGH 14.11.2013, aaO). Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG definierte Gesamtverfahrensdauer (vgl Ott, aaO § 198 GVG RdNr 78). Dabei muss die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen, es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus (BGH 13.02.2014, III ZR 311/13, juris). Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben besteht ein Ermessen des verantwortlichen Richters hinsichtlich der Verfahrensgestaltung. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Dementsprechend wird die Verfahrensführung des Richters im nachfolgenden Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (BGH 13.02.2014, aaO).
Vorliegend beträgt die Verfahrenslaufzeit im Verfahren L 2 SF 3694/12 EK vom 27.08.2012 bis 30.04.2014 insgesamt 20 Monate. Bearbeitungslücken sind im vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt eingetreten, die Verfahrensdauer beruht zum einen darauf, dass die Prozessfähigkeit des Klägers gutachtlich untersucht worden ist. Die insoweit vorgenommene tatrichterliche Ermittlung ist keinesfalls als unvertretbar zu bezeichnen. Angesichts der bis 2012 vom Kläger bereits in der Sozialgerichtsbarkeit geführten Verfahren von mehr als 1.800 konnten durchaus unter dem Gesichtspunkt der Querulanz Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers aufkommen. Eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine vertretbare Verfahrensleitung begründen auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (BGH 05.12.2013, III ZR 73/13, juris). Daneben beruht allerdings die Dauer des Verfahrens in erster Linie maßgeblich auf dem eigenen Verhalten des Klägers, der das gesamte Verfahren unter jedem denkbaren Ansatzpunkt torpediert hat mit zahllosen Befangenheitsanträgen, Beschwerden, Anhörungsrügen etc, widersprüchlichem Verhalten (Verweigerung einer persönlichen Anhörung, Beantragung einer solchen, erneute Absage) und unzutreffenden Angaben etwa über die Bereitschaft der von ihm benannten Personen zur Übernahme der besonderen Vertretung. Nach alledem kann von einer unangemessenen Verfahrensdauer keine Rede sein.
Dem Hilfsantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen, kann nicht entsprochen werden. Der Kläger führt hierzu aus, er stütze die Forderung hilfsweise auf § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Insoweit wird jedoch nicht lediglich eine weitere Begründung für einen geltend gemachten Anspruch eingeführt, sondern ein völlig neuer Streitgegenstand (Steinbeiß-Winkelmann in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, aaO, Einführung RdNr 384 ff mwN). Eine derartige Klageänderung ist unzulässig, denn sie ist offensichtlich schon nicht sachdienlich (§ 99 Abs 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a, 183 Satz 6 SGG.
Der Streitwert war in Höhe der geforderten Entschädigung mit 1.200,00 EUR festzusetzen (§ 52 Abs 1 und 3 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 1.200,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer für das Verfahren L 2 SF 3694/12 EK in Höhe von 1.200,00 EUR.
Am 27.08.2012 beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer für das Verfahren L 7 SO 5974/09, am 10.09.2012 erhob er in dieser Sache Entschädigungsklage. Gegen die Eingangsbestätigung stellte er mit Schreiben vom 06.10.2012 Befangenheitsantrag, ebenso gegen das Schreiben des Vorsitzenden des 2. Senats vom 10.10.2012, der ua darauf hingewiesen hatte, dass der Senat Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers hege und eine persönliche Anhörung des Klägers beabsichtigt sei. Mit Beschluss vom 12.11.2012 wies der 2. Senat die Ablehnungsgesuche gegen die Urkundsbeamtin und den Vorsitzenden zurück. Den für den 19.12.2012 bestimmten Termin zur persönlichen Anhörung des Klägers hob der 2. Senat wieder auf, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, er werde diesen nicht wahrnehmen. Ein weiteres Befangenheitsgesuch des Klägers gegen die Mitglieder des 2. Senats verwarf dieser mit Beschluss vom 12.12.2012 als unzulässig. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Klägers und ein neuerliches Ablehnungsgesuch wurden mit Beschluss vom 28.01.2013 als unzulässig verworfen. Unter dem 26.02.2013 wurde sodann Prof Dr T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt zur Klärung der Prozessfähigkeit des Klägers. Den deswegen erneut gestellten Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden des 2. Senats wies der 2. Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 zurück.
Nachdem der Kläger sich doch zu einer persönlichen Anhörung bereit erklärt hatte, erfolgte eine Ladung des Klägers auf den 17.04.2013. Der Kläger teilte daraufhin mit, er sei nur zu einer Anhörung in der JVA U. bereit. Mit weiterem Schreiben vom 08.04.2013 stellte er klar, den Termin am 17.04.2013 nicht wahrzunehmen. Dieser wurde daraufhin aufgehoben.
Unter dem 08.07.2013 erstattete Prof Dr T. sein Gutachten, in dem er zu der Einschätzung gelangte, aufgrund der verkrusteten und verhärteten Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei dessen Fähigkeit zur freien Willensbestimmung aufgehoben, so dass er nicht imstande sei, den Prozess zu führen. Er sei prozessunfähig. Weitere Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden und die Anhörungsrüge gegen die Beauftragung des Gutachters verwarf der 2. Senat mit Beschluss vom 23.07.2013 als unzulässig.
Der Kläger beantragte die Bestellung von RA A. als besonderen Vertreter. Nachdem der 2. Senat mit Schreiben vom 30.08.2013 mitteilte, dass dessen Bestellung beabsichtigt sei, lehnte der Kläger mit Schreiben vom 03.09.2013 die Bestellung ab, da das Vertrauensverhältnis zerstört sei. Es solle W Sch. beigeordnet werden. RA Sch. lehnte die Bestellung ab. Der 2. Senat teilte dem Kläger sodann mit Schreiben vom 11.09.2013 mit, dass die Bestellung von RA´in G.-T. beabsichtigt sei. Der Kläger lehnte dies ab und wies darauf hin, dass das Vertrauensverhältnis zu W Sch. fortbestehe, lediglich mit RA C Sch. habe es Streit gegeben. Mit Beschluss vom 02.10.2013 wurde RA´in G.-T. zur besonderen Vertreterin bestellt. Dagegen erhob der Kläger Beschwerde, Gehörsrüge und stellte Befangenheitsanträge. Das Befangenheitsgesuch gegen den Vorsitzenden wurde als unzulässig verworfen und das gegen den Gutachter zurückgewiesen (Beschluss vom 18.11.2013). Nachdem auch RA´in G.-T. um ihre Entpflichtung gebeten hatte, hob der 2. Senat ihre Bestellung mit Beschluss vom 20.11.2013 wieder auf und verwarf mit Beschluss vom gleichen Tag die Anhörungsrüge und als Gegenvorstellung ausgelegte Beschwerde des Klägers. Nachdem auch W Sch. auf Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt hatte, für eine Bestellung als besonderer Vertreter nicht zur Verfügung zu stehen und weitere vom Kläger benannte Personen ebenfalls nicht bereit waren, bestellte der 2. Senat mit Beschluss vom 14.01.2014 RA R. vom Sozialgericht (SG) Ulm als besonderen Vertreter.
Am 20.01.2014 hat der Kläger sodann Klage erhoben und Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wegen einer Entschädigung in Höhe von 1.200,00 EUR betreffend die Verzögerung im Verfahren L 2 SF 3694/12. Anstatt den entscheidungsreifen Prozess zügig abzuschließen, habe das Gericht eine absurde Diskussion über die Prozessfähigkeit des Klägers losgetreten. Der vom Vorsitzenden eingekaufte Gutachter habe dann am 08.07.2013 ein falsches Gutachten abgegeben. Das seit 2012 entscheidungsreife Verfahren werde mit strafbarem Vorsatz verschleppt.
Im weiteren Verfahrensverlauf des Verfahrens L 2 SF 3694/12 wurden weitere Gutachten über den Kläger beigezogen (Gutachten S. vom 11.06.2012 zur Klärung der Schuldfähigkeit im Verfahren KLs 91 Js 13476/10 16 AK 18/11 Landgericht Karlsruhe; Gutachten Sp./S. vom 29.06.2012 zur Klärung der Prozessfähigkeit im Verfahren 1 O 982/10 (2) Landgericht Regensburg). Der Gutachter Prof Dr T. wurde ergänzend zum Zeitpunkt des Eintritts der von ihm angenommenen Prozessunfähigkeit befragt (ergänzende Stellungnahme vom 12.02.2014). Der Rechtsstreit ist für den 30.04.2014 zur mündlichen Verhandlung terminiert.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen der Dauer des Verfahrens L 2 SF 3694/12 EK eine Entschädigung von 1.200,00 EUR zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es könne dahinstehen, ob die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung auf Mutwillen beruhe und daher schon aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Die Entschädigungsklage erweise sich jedenfalls als unbegründet. Es fehle schon an einer wirksamen Verzögerungsrüge iSv § 198 Abs 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). In der Klage selbst könne eine Verzögerungsrüge nicht gesehen werden. Die Verzögerungsrüge solle dem Ausgangsgericht das Gebot der Verfahrensbeschleunigung vor Augen führen. Die Rügeobliegenheit sei Ausfluss des Grundsatzes des Vorrangs des Primärrechtsschutzes. Nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 198 Abs 1 Satz 1 GVG sei demjenigen eine angemessene Entschädigung zuzusprechen, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens einen Nachteil erleide. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer hänge insbesondere von der Schwierigkeit des Verfahrens ab. Die Besonderheiten des hier jedenfalls mindestens durchschnittlich schwierigen Verfahrens ergäben sich schon daraus, dass zu klären sei, ob in einem anderen, außerordentlich komplexen, schwierigen und umfangreichen Verfahren unangemessene Verzögerungen aufgetreten seien. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger mit einer Vielzahl von ausnahmslos erfolglosen Beschwerden, Eingaben und Befangenheitsanträgen das Verfahren massiv blockiert habe. Das Verfahren sei vom Landessozialgericht (LSG) in jedem Stadium angemessen und zügig gefördert worden, Fehlleistungen im gerichtsorganisatorischen Bereich seien auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten und die Akte L 2 SF 3694/12 EK Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage des Klägers hat keinen Erfolg, sie ist bereits wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) maßgebend. Für die Entscheidung über die Klage ist das LSG zuständig. Nach § 200 Satz 2 GVG haftet der Bund für Nachteile, die aufgrund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen den Bund ist nach § 201 Abs 1 Satz 2 GVG der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) diese Regelung dahin, dass die Vorschriften der §§ 198 bis 201 GVG mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das LSG, an die Stelle des BGH das Bundessozialgericht (BSG) und an die Stelle der Zivilprozessordnung (ZPO) das SGG tritt. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft.
Zunächst hat der Senat keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers. Es ist dem Senat aus dem Verfahren L 11 SF 293/14 EK bekannt, dass der Sachverständige Prof Dr T. in seinem im Auftrag des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg im Verfahren L 2 SF 3694/12 erstatteten nervenfachärztlichen Gutachten vom 08.07.2013 zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger sei aufgrund seiner krankhaften Persönlichkeitsstruktur prozessunfähig. Aus den im Verfahren L 11 SF 293/14 EK beigezogenen Akten L 2 SF 3694/12 ist das weitere zur Frage der Prozessfähigkeit über den Kläger erstellte Gutachten von PD Dr Sp./S. für das Landgericht (LG) Regensburg (1 O 982/10 (2)) vom 29.06.2012 zu entnehmen, in welchem in der Gesamtwürdigung die Prozessfähigkeit bejaht wird. Dieses Gutachten überzeugt den Senat.
Danach ist beim Kläger von einer ausgeprägt querulatorischen Entwicklung auszugehen, die sich insbesondere in einer Vielzahl von inzwischen über 1.800 sozialgerichtlichen Verfahren niederschlägt. Prof Dr T., der sein Gutachten allein nach Aktenlage erstellt hat, hat in seinem Gutachten schon keine medizinische Diagnose gestellt, die sich in die anerkannte Klassifikation von Krankheiten nach ICD-10 einordnen ließe. Dagegen haben die Gutachter Sp./S. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F 61.0) diagnostiziert. Zudem standen diesen Gutachtern die Ergebnisse früherer Begutachtungen aus den Jahren 1994 und 2002 zur Verfügung, zumindest eine kurze Exploration war möglich und der Gutachter S. konnte den Kläger im Rahmen der gegen ihn in der Zeit vom 25.04. bis 18.06.2012 geführten Hauptverhandlung vor dem LG Karlsruhe beobachten. Das Gutachten Sp./s. ist daher auf einer überlegenen Tatsachenbasis erstellt worden. Nach alledem hat der Senat - auch im Hinblick auf die sonstigen bereits vor dem Senat geführten Verfahren des Klägers - keine Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Klägers anhand vernünftiger Überlegungen Entscheidungen zu treffen, grundlegend beeinträchtigt wäre. Der Kläger ist vielmehr ohne weiteres in der Lage, seine Auffassung mit der gebotenen Deutlichkeit zu formulieren. Die vom Kläger geführte Vielzahl von über 1.800 allein in der Sozialgerichtsbarkeit geführten Verfahren spricht nicht dagegen, denn es erscheint nach dem gerichtsbekannten Prozessverhalten des Klägers durchaus naheliegend, dass der Kläger bewusst vielfach unzulässige und unbegründete Anträge stellt, um Behörden und Justiz zu beschäftigen (ebenso Oberlandesgericht Stuttgart 08.01.2014, 4 W 53/13).
Indes setzt jede Rechtsverfolgung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Ein Rechtsbehelf kann in extremen Ausnahmefällen - wie hier - wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig sein. Hierfür ist es prägend, dass der Rechtsbehelfsführer mit seinem Rechtsbehelf verfahrensfremde Gründe verfolgt (vgl BSG 10.12.2010, B 4 AS 97/10 B, juris). Rechtsmissbräuchlich ist das Ausnutzen einer von der Rechtsordnung an sich gegebenen Rechtsschutzmöglichkeit oder einer prozessualen Befugnis zu einem der einschlägigen Norm widersprechenden Zweck (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 21.08.2001, 2 BvR 282/00, juris). Eine Gesamtbetrachtung des Verhaltens ist für die Frage, ob missbräuchliches Verhalten vorliegt, nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BGH 07.11.1991, 4 StR 252/91, BGHSt 38; 111). Wesentliche inhaltliche Voraussetzung ist jedoch das Vorliegen eines zweckwidrigen Einsatzes von Rechten. Daher muss auch negativ eine Abgrenzung dahingehend erfolgen, dass der Verfahrensbeteiligte die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten nicht zur Wahrung seiner Belange, sondern gezielt zu verfahrensfremden und verfahrenswidrigen Zwecken verfolgt, etwa um den Antragsgegner zu schädigen oder das Gericht zu belästigen (BVerfG 21.08.2001, aaO).
So liegt der Fall hier. Bei dem Kläger liegt, wie oben ausgeführt, eine ausgeprägte querulatorische Entwicklung vor. Er führt eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Prozessen, die er - wie im zugrunde liegenden Fall L 2 SF 3694/12 EG deutlich erkennbar - häufig noch mit wiederholten unzulässigen oder jedenfalls unbegründeten prozessualen Anträgen aufbläht. Am 20. und 27.01.2014 hat der Kläger insgesamt 139 Klagen auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer erhoben, unabhängig von der jeweiligen Verfahrensdauer. Daneben hat er am 27.01.2014 weitere 127 Wiederaufnahmeklagen bei verschiedenen Senaten des LSG erhoben. Die in die Zuständigkeit des 2. Senats fallenden 138 Entschädigungsklagen hat dieser mit Beschluss vom 03.03.2014 als unbeachtliche Begehren auf sonstige Weise austragen lassen, da sie offensichtlich haltlos seien und nicht ansatzweise ein berechtigtes Interesse erkennen ließen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren zur Begründung ausgeführt, die Entschädigungsklage vor dem 2. Senat werde mit Vorsatz verschleppt; es sei eine abwegige Diskussion über seine Prozessfähigkeit losgetreten worden. Erkennbar ist er mit dem Ergebnis der Begutachtung durch Prof Dr T. nicht einverstanden. Darum geht es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht, sondern allein um die Frage der Angemessenheit der Dauer des Verfahrens. Ein sachliches Anliegen verfolgt der Kläger insoweit mit der hier erhobenen Entschädigungsklage nicht ernsthaft. Es geht ihm allein darum, wie in den zeitgleich erhobenen 138 weiteren Entschädigungsklagen auch, das Gericht unlauter für seine Zwecke der Selbstdarstellung in Anspruch zu nehmen. Die Verfahren dienen allein dazu, den Minderwertigkeitskomplex des Klägers (basal unsichere Persönlichkeit, so Prof Dr Sp./S.) dadurch zu kompensieren und sein Selbstwertgefühl zu steigern, indem er auf vermeintlicher "Augenhöhe" mit einer Vielzahl von Gerichten kommuniziert (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.03.2014, L 2 SF 265/14 EK, L 2 SF 266/14 EK, L 2 SF 608/14 bis 743/14 EK). Damit nimmt er die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten gezielt zu verfahrensfremden und -widrigen Zwecken in Anspruch. Die Entschädigungsklage ist wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
Im Übrigen wäre die unzulässige Klage auch unbegründet, denn eine unangemessene Verfahrensdauer liegt nicht vor. Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 198 Abs 1 bis 4 GVG. Nach § 198 Abs 1 GVG wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Gemäß § 198 Abs 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 EUR für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs 3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge. Nach § 198 Abs 4 ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
Eine Entschädigung kann der Kläger nach § 198 Abs 3 GVG schon deshalb nicht beanspruchen, weil er im gesamten Verfahren L 2 SF 3694/12 EK keine Verzögerungsrüge erhoben hat, bevor er am 20.01.2014 Entschädigungsklage erhoben hat. In der umfangreichen Korrespondenz findet sich nicht einmal ein Hinweis dazu, dass der Kläger mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden ist. Im Klageschriftsatz, der im Verfahren L 2 SF 3694/12 eingereicht worden ist, kann nicht auch zugleich die Erhebung einer Verzögerungsrüge gesehen werden. Die Erhebung der Verzögerungsrüge ist eine materielle Anspruchsvoraussetzung (BSG 27.06.2013, B 10 ÜG 9/13 B, SozR 4-1710 Art 23 Nr 1). Die Koppelung des Entschädigungsanspruchs an eine Rügeobliegenheit hat einer doppelte Funktion: Sie soll zum einen dem bearbeitenden Richter als Vorwarnung dienen und die Möglichkeit einer beschleunigten Verfahrensführung eröffnen. Zum anderen soll sie im Ausgangsverfahren gegenüber dem Betroffenen einen Ausschluss der Möglichkeit zum "Dulde und liquidiere" bewirken (BT-Drucks 17/3802 S 20). Dahinter steht der Gedanke eines Vorrangs des Primärrechtsschutzes (vgl Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG RdNr 174). Aus diesen Gründen kommt es hier nicht in Betracht, den Klageschriftsatz zugleich als Verzögerungsrüge zu deuten. Der Kläger behauptet nunmehr zwar, er habe wiederholt Verzögerungsrüge erhoben, nennt jedoch keinen einzigen Schriftsatz seiner umfangreichen Korrespondenz, der eine Verzögerungsrüge enthalten haben soll. Soweit er darüber hinaus unterstellt, die Akte S 2 SF 3694/12 EK sei entsprechend "bereinigt" worden, gibt es dafür nicht nur keinerlei Anhaltspunkte, sondern diese verleumderische Behauptung könnte durchaus auch strafrechtlich relevant sein.
Hat die fehlende Erhebung der Verzögerungsrüge damit Ausschlusswirkung für eine Geldentschädigung, gilt dies jedoch nicht für eine Wiedergutmachung in sonstiger Weise. Ist eine Verzögerungsrüge unterblieben, kommt nach § 198 Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG die Feststellung in Betracht, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (Marx in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG RdNr 122). Eine derartige Feststellung scheidet im vorliegenden Verfahren indes aus, denn die Dauer des Verfahrens war nicht unangemessen.
Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. § 198 Abs 1 Satz 2 GVG benennt die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind, nur beispielhaft ("insbesondere") und ohne abschließenden Charakter (BT-Drucks 17/3802 S 18). Weitere gewichtige Beurteilungskriterien sind die Verfahrensführung durch das Gericht sowie die zur Verfahrensbeschleunigung gegenläufigen Rechtsgüter (Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit von Entscheidungen, Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit und des gesetzlichen Richters). Erforderlich ist eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände (BSG 21.02.2013, B 10 ÜG 1/12 KL, SozR 4-1720 § 198 Nr 1; BSG 16.12.2013, B 10 ÜG 13/13 B, juris; BGH 14.11.2013, III ZR 376/12, NJW 2014, 220; 23.01.2014, III ZR 37/13, juris).
Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die aus Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG) und Art 19 Abs 4 GG sowie Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist (BGH 14.11.2013, aaO). Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG definierte Gesamtverfahrensdauer (vgl Ott, aaO § 198 GVG RdNr 78). Dabei muss die durch die lange Verfahrensdauer verursachte Belastung einen gewissen Schweregrad erreichen, es reicht nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung aus (BGH 13.02.2014, III ZR 311/13, juris). Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben besteht ein Ermessen des verantwortlichen Richters hinsichtlich der Verfahrensgestaltung. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Dementsprechend wird die Verfahrensführung des Richters im nachfolgenden Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (BGH 13.02.2014, aaO).
Vorliegend beträgt die Verfahrenslaufzeit im Verfahren L 2 SF 3694/12 EK vom 27.08.2012 bis 30.04.2014 insgesamt 20 Monate. Bearbeitungslücken sind im vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt eingetreten, die Verfahrensdauer beruht zum einen darauf, dass die Prozessfähigkeit des Klägers gutachtlich untersucht worden ist. Die insoweit vorgenommene tatrichterliche Ermittlung ist keinesfalls als unvertretbar zu bezeichnen. Angesichts der bis 2012 vom Kläger bereits in der Sozialgerichtsbarkeit geführten Verfahren von mehr als 1.800 konnten durchaus unter dem Gesichtspunkt der Querulanz Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers aufkommen. Eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine vertretbare Verfahrensleitung begründen auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (BGH 05.12.2013, III ZR 73/13, juris). Daneben beruht allerdings die Dauer des Verfahrens in erster Linie maßgeblich auf dem eigenen Verhalten des Klägers, der das gesamte Verfahren unter jedem denkbaren Ansatzpunkt torpediert hat mit zahllosen Befangenheitsanträgen, Beschwerden, Anhörungsrügen etc, widersprüchlichem Verhalten (Verweigerung einer persönlichen Anhörung, Beantragung einer solchen, erneute Absage) und unzutreffenden Angaben etwa über die Bereitschaft der von ihm benannten Personen zur Übernahme der besonderen Vertretung. Nach alledem kann von einer unangemessenen Verfahrensdauer keine Rede sein.
Dem Hilfsantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen, kann nicht entsprochen werden. Der Kläger führt hierzu aus, er stütze die Forderung hilfsweise auf § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Insoweit wird jedoch nicht lediglich eine weitere Begründung für einen geltend gemachten Anspruch eingeführt, sondern ein völlig neuer Streitgegenstand (Steinbeiß-Winkelmann in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, aaO, Einführung RdNr 384 ff mwN). Eine derartige Klageänderung ist unzulässig, denn sie ist offensichtlich schon nicht sachdienlich (§ 99 Abs 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a, 183 Satz 6 SGG.
Der Streitwert war in Höhe der geforderten Entschädigung mit 1.200,00 EUR festzusetzen (§ 52 Abs 1 und 3 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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