L 9 U 5253/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 5604/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5253/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall sowie eines Tinnitus als dessen Unfallfolge streitig.

Der 1982 geborene Kläger ist bei der Fa. F. GmbH, B., als Baumaschinenführer beschäftigt. Er suchte am 09.12.2011 den Hals-Nasen-Ohren-(HNO)-Arzt Dr. R. auf und gab bei diesem an, er habe am 23.11.2011 im Rahmen seiner Tätigkeit für die F. GmbH mit einer Asphaltsäge gearbeitet, dabei Oropax getragen und nach etwa 2,5 Stunden Arbeit einen Tinnitus bemerkt. Dr. R. diagnostizierte einen Tinnitus infolge eines Lärmtraumas. In der Unfallanzeige an die Beklagte vom 02.02.2012 gab der Arbeitgeber des Klägers an, dieser habe am 23.11.2011 trotz einer Erkältung gearbeitet. Bei Asphalt-Sägearbeiten habe sich ein Ohrgeräusch eingestellt, was später vom Arzt als Tinnitus diagnostiziert worden sei. Nach Auffassung des Klägers habe die Erkältung mit zum Tinnitus beigetragen.

Unter dem 08.02.2012 teilte die A. der Beklagten mit, ihr lägen keine Vorerkrankungen des Klägers bezüglich Tinnitus vor dem 23.11.2011 vor. Es liege ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst für die Zeit vom 13.12.-19.12.2011 vor.

Die Präventionsabteilung der Beklagten führte unter dem 17.03.2012 aus, zum Arbeitsverfahren und den begleitenden Umständen sei eine Befragung des Klägers erfolgt. Dieser habe angegeben, am 23.11.2011 den Auftrag gehabt zu haben, die Asphaltdecke einer Straße aufzutrennen, um Kanalisationsarbeiten durchzuführen. Die Asphaltdecke habe eine Stärke von 12 cm gehabt. Die Gesamtlänge der Schnittfugen habe etwa 20 laufende Meter betragen. Um diese Schnitte auszuführen, sei eine Wacker BTS 1035 eingesetzt worden. Es handle sich um einen benzingetriebenen Trennschneider. Der Zeitaufwand, um die Arbeiten durchzuführen, habe etwa 1,5 Stunden betragen. Dabei habe der Kläger nach eigenen Angaben einen Gehörschutz getragen. Der Schallleistungspegel der Maschine werde mit 110 dB(A) angegeben. Der verwendete Hörschutz habe einen Mindestdämmwert von 8,4 dB. Der Kläger habe angegeben, dass er nach dem Abschalten der Maschine ein Pfeifen in den Ohren bemerkt habe. Der Präventionsdienst kam zum Ergebnis, es habe nicht ermittelt werden können, ob der Schallpegel in Verbindung mit der Expositionsdauer ausreiche, um einen Tinnitus auszulösen.

Der von der Beklagten hierzu befragte Beratungsarzt Prof. Dr. J. führte unter dem 04.05.2012 aus, bei der ersten Vorstellung des Klägers beim HNO-Arzt Dr. R. habe sich beim Audiogramm eine Hochtonsenke bei 6 kHz und 60 dB nur rechts dargestellt. Im Tief- und Mittelfrequenzbereich liege jedoch beidseits eine geringgradige Schwerhörigkeit von 10-20 dB vor. Ein Tinnitus sei nicht objektiviert worden, ebenso nicht bei den folgenden Kontrollen am 13. und 19.12.2011; bei der ersten Kontrolle am 13.12.2011 sei das Hörvermögen bereits wieder seitengleich gewesen. Die Schallenergie beim Arbeiten mit der Asphaltsäge des Typs Wacker BTS 4035 mit einem Pegel von 110 dB(A), der der Kläger am 23.11.2011 für 1 1/2 Stunden ausgesetzt gewesen sei, reiche nicht aus, um ein akutes Schalltrauma zu verursachen. Da Knall- und Explosionstraumen von der Geräuschquelle her ausschieden, sei allein das sogenannte akute Lärmtrauma zu diskutieren, bei dem Schallstärken zwischen 130 und 160 dB über die Dauer einiger Minuten einwirkten, eine Form also, für die die Schallstärke im vorliegenden Fall nicht ausreiche und bei der die Schwerhörigkeit aussähe wie bei einer chronischen Schwerhörigkeit, was hier auch nicht vorliege. Es spreche daher alles dafür, dass der Kläger eine ihm möglicherweise bisher nicht bekannte endogen bedingte Schwerhörigkeit in der Form des Tonaudiogramms vom 13.12.2011 habe, wahrscheinlich mit einem Tinnitus, der ihm bisher nicht bewusst gewesen sei und er am 23.11.2011 einen Hörsturz rechts erlitten habe, dessen Folgen sich nach der eingeleiteten Infusionstherapie ab 09.12.2011 innerhalb von vier Tagen gebessert hätten. Einen Zusammenhang der Hörsensationen in Form einer Hochtonsenke rechts und eines Tinnitus beidseits mit der am 23.11.2011 verrichteten Arbeit könne er nicht sehen.

Mit Bescheid vom 24.05.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab mit der Begründung, zwischen dem Tinnitus des Klägers und dem Ereignis vom 23.11.2011 bestehe kein ursächlicher Zusammenhang. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2012 zurückgewiesen.

Am 12.10.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und dazu ausgeführt, er mache ein akutes Schalltrauma, das er am 23.11.2011 erlitten habe, für seinen beidseitigen Tinnitus verantwortlich. Ihm seien am Unfalltag die Ohrgeräusche während der Mittagspause, als er im Auto saß, belastend bewusst geworden. Vor dem 23.11.2011 habe er mit seinem Hörvermögen nie Probleme gehabt und sei deshalb nie in ärztlicher Behandlung gewesen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat zur Begründung eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 11.02.2013 (gegenüber der F. GmbH) vorgelegt, wonach für die Beurteilung, ob eine arbeitsbedingte Lärmschwerhörigkeit vorliege, bzw. welcher Lärmbelastung der Kläger ausgesetzt gewesen sei, in der Vergangenheit verschiedene Messungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen vorgenommen worden seien. Die Immissionswerte hätten dabei zwischen 96 und 110 dB(A) betragen, unabhängig vom Baujahr des Trennschneiders. Der Schallleistungspegel liege bei 111 dB(A). Nach den Datenblättern betrage der höchste Emissionsschalldruckpegel, der in den technischen Daten der Geräte angegeben sei, 102 dB(A) für das Modell Stihl TS 760. Nach Aussage des Magazinverwalters der Fa. F. seien die Trennschnitte zum Schädigungszeitpunkt mit einer Trennsäge Wacker BTS 1035 ausgeführt worden, bei welcher der Schallleistungspegel 110 dB (A) betrage. Selbst wenn der Kläger mit einer älteren Trennsäge gearbeitet hätte, würde sich kein höherer Wert ergebe. Welcher Schallpegel am Unfalltag erreicht worden sei, sei im Nachhinein nicht zweifelsfrei zu ermitteln. Die Dauer der Exposition habe gemäß Unfalluntersuchungsbericht etwa 1,5 Stunden betragen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.10.2013 abgewiesen und sich zur Begründung den Ausführungen Beklagten und denen von Prof. Dr. Prof. Dr. J. angeschlossen. Es liege weder ein akutes Lärmtrauma noch ein akustischer Unfall vor.

Gegen das ihm am 08.11.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.12.2013 Berufung eingelegt und hierzu ergänzend ausgeführt, auch für den behandelnden HNO-Arzt Dr. R. sei die Spekulation, der Kläger habe eine möglicherweise endogen bedingte Schwerhörigkeit, wahrscheinlich mit einem Tinnitus, der ihm bislang nicht bewusst gewesen sei, nicht nachvollziehbar, zumal er keine diesbezüglichen Vorerkrankungen vor dem Ereignis gehabt habe.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2012 aufzuheben und festzustellen, dass er am 23. November 2011 einen Arbeitsunfall mit der Unfallfolge "Tinnitus" erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die ergangene erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung des genannten Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Unfallfolge "Tinnitus" hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Vorsitzende hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 24.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2012, mit dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hat, weil zwischen dem Tinnitus und dem Ereignis vom 23.11.2011 kein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Das Begehren auf Feststellung, dass ein bestimmtes Geschehen als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu qualifizieren ist, kann Gegenstand einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage sein (s. zur isolierten Feststellungsklage in dieser Konstellation, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 2). Auch das Begehren auf Feststellung von Unfallfolgen kann zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) verfolgt werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -, m.w.N. (juris)).

Nach § 102 SGB VII haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge (oder eines Versicherungsfalls), wenn ein Gesundheitsschaden durch den Gesundheitserstschaden eines Versicherungsfalls rechtlich wesentlich verursacht wird. Der Gesundheitsschaden muss sicher feststehen (Vollbeweis) und durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (z. B. ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden (so auch BSG a.a.O.).

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls, der hier vom Kläger für den 23.11.2011 geltend gemacht wird, ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein (Vollbeweis, siehe oben). Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17= BSGE 96, 196-209).

Bei der Überzeugungsbildung des Tatsachengerichts genügt für die Feststellung des naturwis-senschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr., BSG, Urteile vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38 S. 105 f., vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1 S. 3 f. und vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - (Juris)). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, Rn. 20; BSG vom 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 3).

Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wis-senschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat der Kläger weder Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 23.11.2011 als Arbeitsunfall noch auf die begehrte Feststellung des Tinnitus als Unfallfolge. Zwar war er zur Zeit des Ereignisses vom 23.11.2011 Beschäftigter i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Auch handelt es sich bei den mit den Arbeiten mit der Asphaltsäge verbundenen Geräuschemissionen um ein zeitlich begrenztes, mittels der entstehenden Schallwellen von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Der Senat hält es jedoch in Übereinstimmung mit dem SG nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Ereignis vom 23.11.2011 wesentlich zu dem beim Kläger am 09.12.2011 festgestellten Gesundheitsschaden (Hochtonsenke rechts, geringgradige Schwerhörigkeit im Tief- und Mittelfrequenzbereich beidseits) beigetragen hat.

Bezüglich der hier als Ursache eines Gesundheitsschadens in Rede stehenden akuten akustischen Traumen wird zwischen Knall-, Explosionstrauma, akustischem Unfall und akutem Lärmtrauma unterschieden (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 323 ff.; Feldmann, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes, 4. Aufl., S. 132 ff.). Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommen hier nur ein akustischer Unfall bzw. ein akutes Lärmtrauma in Betracht. Beide liegen jedoch auch zur Überzeugung des Senats nicht vor.

Das SG hat in der angegriffenen Entscheidung hierzu ausgeführt: "Ein akutes Lärmtrauma setzt exzessiv hohe Schallstärken über die Dauer einiger Minuten zwischen 130 bis 160 dB voraus, die zu einer ein- oder doppelseitigen akuten Schwerhörigkeit führen, ohne dass eine besondere Empfindlichkeit des Gehörs vorliegt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 325). Dabei muss die Hörstörung sofort nach Beenden der Lärmexposition vorhanden sein. Der Befund entspricht dem einer fortgeschrittenen Lärmschwerhörigkeit. Eine spätere Progredienz der Innenohrschädigung kann sich ergeben (Schönberger, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nach den durchgeführten Ermittlungen der Beklagten auch für die Kammer eindeutig nicht vor. So hat die Präventionsabteilung der Beklagten festgestellt, dass für den benzinbetriebenen Trennschneider Wacker BTS 1035 ein Schallleistungspegel von 110 dB(A) angegeben werde. Unter Berücksichtigung des vom Kläger am 23.11.2011 nach eigenen Angaben verwendeten Hörschutzes mit einem Mindestdämmwert von 8,4 dB steht für die Kammer fest, dass die Voraussetzungen für ein akutes Lärmtrauma, ebenso, worauf beratungsärztlich Prof. Dr. J. überzeugend und nachvollziehbar hinweist, für ein Knall-und Explosionstrauma, schon von der Geräuschquelle her nicht vorliegen. Darüber hinaus stellt die beim Kläger durch Dr. R. beschriebene geringgradige Schwerhörigkeit von 10 bis 20 dB im Tief- und Mittelfrequenzbereich kein Krankheitsbild dar, das dem einer chronischen Lärmschwerhörigkeit entspricht, worauf Prof. Dr. J. sachkundig hinweist. Der von Dr. R. am 09.12.2011 erhobene Befund ist darüber hinaus am 13.12.2011 nicht mehr erhoben worden. Bei dem Kontrolltermin ist das Hörvermögen des Klägers bereits wieder seitengleich vorhanden gewesen. Ein Tinnitus konnte weder am 09.12.2011 noch bei den Kontrollterminen am 13. und 19.12.2011 objektiviert werden.

Daneben sind auch die Voraussetzungen eines akustischen Unfalls nicht gegeben. Als solcher wird das Auftreten einer einseitigen, oft hochgradigen Schwerhörigkeit bezeichnet, die Symptome eines Hörsturzes aufweist. Ursächlich ist eine Minderdurchblutung des Ohres in Verbindung mit gleichzeitiger Lärmbelastung von mindestens 90 dB(A) (Schönberger a.a.O.). Für den akustischen Unfall erfordert der ursächliche Zusammenhang einen Schallpegel von mindestens 90 dB(A), ein Verdrehen des Kopfes in einer Zwangshaltung (Halswirbelsäulen-Fehlbelastung), ein akutes Auftreten der Hörstörung in dieser Situation (nicht Stunden später) und ein einseitiges Auftreten der Hörstörung. Auch die Voraussetzungen eines akustischen Unfalls sind hier nicht gegeben. Selbst wenn ein Schallpegel von 110 dB(A) vorgelegen hat, so fehlt es an einer Halswirbelsäulen-Fehlbelastung und dem akuten Auftreten der Hörstörung in dieser Situation. Beides hat der Kläger weder geschildert noch behauptet. Eine einseitig aufgetretene Hörstörung konnte im eigentlichen Sinn durch Dr. R. ebenfalls nicht festgestellt werden. Im Audiogramm vom 09.12.2011 stellt sich zwar eine Hochtonsenke bei 6 kHz und 60 dB nur rechts dar, im Tief- und Mittelfrequenzbereich liegt jedoch beidseits eine geringgradige Schwerhörigkeit von 10 bis 20 dB vor. Aus diesen Gründen vermag die Kammer mit Prof. Dr. J., der sich in seiner Stellungnahme schon gar nicht mit dem akustischen Unfall befasst, die Voraussetzungen eines solchen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen."

Der erkennende Senat teilt diese Ausführungen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Damit fehlt es zur Überzeugung des Senats bereits am Nachweis eines geeigneten akustischen Traumas als auslösendem Unfallereignis. Zudem teilt der Senat die Auffassung, dass die geltend gemachten gesundheitlichen Folgen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dem Ereignis vom 23.11.2011 als hierdurch wesentlich verursacht zuzuordnen sind. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren, wonach in den Unterlagen der A. keine Vorerkrankung bzgl. des Tinnitus dokumentiert ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere begründet (allein) der Umstand, dass der Kläger nach seinem Vorbringen im Vorfeld des Ereignisses eine entsprechende Störung nicht hatte, nicht ohne Weiteres die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verursachung durch das konkret angeschuldigte Ereignis, zumal vorliegend offenbar auch andere Ursachen, wie das Arbeiten trotz Erkältung, für die Hörsensationen verantwortlich sein können. Vielmehr ergibt sich auch für den Senat im Anschluss an die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. J., dass beim Kläger am ehesten eine endogen bedingte Schwerhörigkeit, möglicherweise mit einem ihm bisher nicht bewussten Tinnitus vorgelegen und sich diese nach wenigen Tagen wieder zurückgebildet hat. Ein kausaler Zusammenhang zwischen den Hörsensationen (mit Hochtonsenke rechts und einem nicht objektivierten Tinnitus beidseits) und der versicherten Tätigkeit am 23.11.2011 ist jedenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich. Qualifizierte ärztliche Äußerungen oder sonstige Erkenntnisse, die diese Einschätzung in Zweifel ziehen, liegen nicht vor, sodass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst sind.

Die Berufung des Klägers ist damit als unbegründet zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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