S 19/4 RA 541/98

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 19/4 RA 541/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

3. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten wegen der Zulassung zur Zahlung von Beiträgen zur Höherversicherung gemäß § 234 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) für den Zeitraum ab dem 01.01.1998.

Der 1938 geborene Kläger übt seit 01.01.1968 eine Tätigkeit aus, für die von den zuständigen Einzugsstellen regelmäßig die Versicherungspflicht zur Sozialversicherung festgestellt worden ist. Die Frage der Versicherungspflicht stand dabei in der Vergangenheit im Streit, mit Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29.11.1995 (Aktenzeichen: S-9/KR-239/95) wurde festgestellt, daß aus dieser Tätigkeit weiter Pflichtbeiträge abzuführen sind. Das Urteil ist rechtskräftig. Im November 1975 hat der Kläger erstmals auch freiwillige Beiträge zur Beklagten entrichtet. Seit 01.01.1987 zahlt er Beiträge zur Höherversicherung. Durch Sonderrundschreiben der Beklagten vom 24.11.1997 wurde der Kläger darauf hingewiesen, daß durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) ab 01.01.1998 eine Zahlung von Beiträgen zur Höherversicherung nicht mehr möglich sei. Am 10.12.1997 stellte er deshalb förmlich bei der Beklagten den Antrag, weiterhin Beiträge zur Höherversicherung zuzulassen. Diesen Antrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.1998 zurück. Den hiergegen am 19.01.1998 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.1998 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die gesetzliche Möglichkeit zur Entrichtung vom Beiträgen zur Höherversicherung sei mit dem 01.01.1998 ersatzlos gestrichen worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 18.03.1998 beim Sozialgericht Gießen eingegangen Klage. Er ist der Ansicht, unter Vertrauensschutzgesichtspunkten müsse ihm weiter die Möglichkeit zur Entrichtung vom Beiträgen zur Höherversicherung eingeräumt werden. Er sei nunmehr praktisch 60 Jahre alt und habe deshalb nicht mehr die Möglichkeit, eine adäquate private Lebensversicherung aufzubauen.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 12.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1998 die Beklagte zur verurteilen, über den 31.12.1997 hinaus Beiträge zur Höherversicherung im bisherigen Rahmen zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Klage- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, sachlich aber unbegründet. Der Bescheid vom 12.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.1998 war nicht aufzuheben, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Zahlung von Beiträgen zur Höherversicherung über den 31.12.1997 hinaus.

Bis 31.12.1997 war der Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur Höherversicherung gemäß § 234 SGB VI berechtigt. Die Vorschrift lautete:

Personen, die vor dem 01.01.1992 von dem Recht der Höherversicherung Gebrauch gemacht haben, können weiterhin neben Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen Beiträge zur Höherversicherung zahlen. Dies gilt für Versicherte, die vor dem 01.01.1942 geboren sind, auch ohne eine solche Vorversicherung.

Diese Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 72 RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBI. I S. 2998) mit Wirkung vom 01.01.1998 (vgl. Art. 33 Abs. 11 RRG 1999) ersatzlos gestrichen. Zu dieser Streichung liegt folgende Gesetzesbegründung vor (vgl. BT Drucks 13/8671 S. 118):

"Die im bisherigen § 234 geregelte Möglichkeit, durch künftige Zahlung von Höherversicherungsbeiträgen Rentenansprüche in einer Höhe zu erwerben, wie dies durch die Zahlung von freiwilligen Grundbeiträgen oder Pflichtbeiträgen ausgeschlossen ist, wird beseitigt.

Das Recht zur Zahlung von Höherversicherungsbeiträgen wurde bereits mit der Rentenreform 1992 auf diejenigen begrenzt, die vor 1992 davon Gebrauch gemacht hatten oder vor 1992 bereits das 50. Lebensjahr vollendet hatten. Begründet wurde dies damit, daß die versicherungsmathematisch angelegte Höherversicherung nicht den Prinzipien des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Zwischenzeitlich hat sich das Renditeverhältnis zwischen den Beiträgen zur Höherversicherung und denen zur dynamischen Rentenversicherung deutlich zugunsten der Höherversicherung verschoben. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf die den Leistungen der Höherversicherung zugrunde liegenden Sterbetafeln vor 1953, aber auch auf die Tatsache, daß die mit der Anhebung der Altersgrenzen verbundenen Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters nicht auf die Leistungen der Höherversicherung anzuwenden sind. Eine Anpassung des Leistungsrechts aus Höherversicherungsbeiträgen scheidet aus, weil dies Eingriffe in gemachte Zusagen bedeuten würde, die nicht zu rechtfertigen wären."

Aus dieser Gesetzesbegründung geht für die Kammer überzeugend hervor, daß sich der Gesetzgeber bei der Novellierung insbesondere mit Fragen des Bestands- und Vertrauensschutzes befaßt hat und in Abwägung aller Gesichtspunkte für die Streichung der Höherversicherung entschieden hat. Diese war bis zum 31.12.1997 im übrigen nur noch für Übergangsfälle zulässig, da die grundsätzliche Möglichkeit zur Höherversicherung schon mit dem RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBI. I. S. 2261) geschlossen worden war. Eine Zulassung des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur Höherversicherung ist auch in ergänzender Auslegung der übrigen Vorschriften des SGB VI nicht möglich. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt nach Ansicht der Kammer nicht vor. Die Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Auf Antrag des Klägers und mit Genehmigung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 01.02.1999 war die Sprungrevision zuzulassen, da keine weiteren Tatsachen im Streit stehen und die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Über die von den Beteiligten angesprochene Rechtsfrage ist soweit ersichtlich obergerichtlich auch noch nicht abschließend entschieden.
Rechtskraft
Aus
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