Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 208 KR 1632/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 262/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Ausschluss der Familienversicherung einer Ehefrau, die Gesellschafterin und (Mit-)Geschäftsführerin zweier GmbH ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2011 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 wird aufgehoben, soweit er die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 13. Juni 2007 betrifft. Es wird festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 13. Juni 2007 bei der Beklagten familienversichert war. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die am 1. Januar 1962 geborene Klägerin seit 2001 bei der Beklagten familienversichert ist.
Ihr Ehemann, der seit 1984 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen freiwillig versicherte Beigeladene zu 1), gründete im Herbst 1991 die G Garten- und Landschaftsbau GmbH (im Folgenden: GmbH) und war zunächst ihr einziger Gesellschafter und Geschäftsführer. § 7 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass Beschlüsse der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit erfordert. Je 100.- DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Nachdem die Klägerin Ende 1997 unentgeltlich die Hälfte der GmbH-Anteile von ihrem Ehemann erhalten hatte, wurde sie im Laufe des Jahres 1998 als ebenfalls alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen. Am 31. Mai 2001 beschlossen die Eheleute, "aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und des deutlich verminderten Geschäftsumfangs" den bis dahin bestehenden Anstellungsvertrag mit der Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 2001 aufzuheben. Das Büro der GmbH liegt im Keller der von der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrem Sohn bewohnten Doppelhaushälfte.
Im Rahmen ihrer bis zum 31. Mai 2001 bei der Beklagten bestehenden freiwilligen Krankenversicherung hatte die Klägerin unter dem 26. September 2000 gegenüber der Beklagten angegeben, dass sie seit dem 1. Januar 2000 in ihrer selbständigen Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ein monatliches Gehalt von 3.000 DM erhalte. Im Zusammenhang mit der ab 1. Juni 2001 bei der Beklagten durchgeführten Familienversicherung gab die Klägerin auf den entsprechenden Vordrucken jeweils an, dass sie weder in einem Arbeitsverhältnis stehe noch eine selbständige Tätigkeit ausübe und auch keinerlei Einkommen erziele.
Bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1998 hatten Frau S Er und die Klägerin die K Auto- & Motorrad-Ausstattungs GmbH (im Folgenden: K GmbH) gegründet, deren einzige Geschäftsführerin zunächst ebenfalls die Klägerin war. Der Unternehmensgegenstand dieser GmbH war der Handel mit Ersatzteilen, Zubehör und sonstiger Ausstattung für Autos und Motorräder aller Art im Einzel- und Großhandel sowie im Im- und Export sowie ab 2001 auch das Betreiben von gastronomischen Betrieben und die Beteiligung an diesen. Im November 2000 erhielt die K GmbH die unbefristete Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Betreiben einer Schank- und Speisewirtschaft im Berliner Stadtteil S. Mit Wirkung zum 1. Januar 2008 änderte die Klägerin, nunmehr Alleingesellschafterin, den Namen dieser Gesellschaft in "K Sitz Komfort GmbH" und verkaufte die Hälfte der GmbH-Anteile zu einem Preis von 50.000 Euro an Herrn M E; mit Wirkung ebenfalls zum 1. Januar 2008 wurde Herr E zum weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt und erhielt das Gewinnbezugsrecht (notarielle Beurkundungen vom 4. September 2007). Bereits am 28. Februar 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung der K GmbH, Herrn E mit Wirkung zum 1. Januar 2008 als Geschäftsführer abzuberufen. Spätestens seit Mai 2009 war die Klägerin wieder Alleingesellschafterin.
Die Einkommensteuerbescheide der Klägerin und ihres Ehemannes für die Jahre 2002 bis 2010 weisen für die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zwischen 408 Euro (2007) und 7.667 Euro (2005) sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. jeweils 110 Euro in den Jahren 2002 und 2003 aus.
Bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft (Gartenbau-BG) bzw. der Berufsgenossenschaft der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als deren Rechtsnachfolgerin besteht seit April 1992 für die Klägerin eine Unternehmerpflichtversicherung. Am 14. Juni 2007 erlitt die Klägerin bei einem Sturz Verletzungen, welche in der Folgezeit auf Kosten der Gartenbau-BG medizinisch versorgt wurden. Nach den Angaben im Durchgangsarztbericht der Rettungsstelle des V H-Klinikums vom 15. Juli 2007 - war die Klägerin im Betrieb ihres Ehemannes seit dem 1. Januar 1984 als Angestellte beschäftigt; - ereignete sich der Unfall um 14:30 Uhr, als die Klägerin "im Büro mit Akten in der Hand eine Treppe herabgelaufen", "dabei gestürzt" und "mit dem Kopf aufgeschlagen" sei; - begann die Arbeitszeit der Klägerin an diesem Tag um 7 Uhr und endete um 17 Uhr. Nach der gegenüber der Gartenbau-BG erfolgten Unfallanzeige der GmbH vom 18. Juni 2007 war die Klägerin als "Unternehmer" bzw. "Gesellschafter/Geschäftsführer" bei einer Arbeitszeit von 7 Uhr bis 16.30 Uhr ständig im Büro tätig. Nach dem Durchgangsarztbericht der Rettungsstelle der Charitè vom 15. Juli 2007 ist die Klägerin bei einer Arbeitszeit von 7 Uhr bis 16 Uhr am 14. Juni 2007 "selbständig mit der" GmbH. Nach dem Zwischenbericht des Durchgangsarztes Dr. L vom 17. September 2007 war die Klägerin bei der GmbH als "Angestellte" beschäftigt. Für den Zeitraum 14. Juni bis 20. August 2007 erhielt die Klägerin von der Gartenbau-BG Verletztengeld i.H.v. insgesamt 7.151,96 Euro.
Nachdem die Beklagte im September 2007 von diesem Unfallereignis erfahren hatte, teilte sie dem Ehemann der Klägerin mit, dass die Familienversicherung für die Klägerin am 13. Juni 2007 geendet habe, weil sie hauptberuflich selbständig sei (Schreiben vom 19. Oktober 2007). Die Klägerin und ihr Ehemann erwiderten hierauf, dass sie in keiner Weise hauptberuflich selbständig, sondern als Geschäftsführerin für die GmbH unentgeltlich tätig sei. Durch ihre "freiwillige Unfallversicherung" bei der Berufsgenossenschaft sei es wohl zu einem Missverständnis gekommen. Im Zuge weiterer Ermittlungen der Beklagten gab die Klägerin dieser gegenüber an, dass sie für die K GmbH "als alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin weder körperlich noch geistig tätig" sei, so dass es auch keinen Geschäftsführervertrag gebe (Schreiben vom 18. Januar 2008). Später gab die Klägerin an, sie leiste für die K GmbH keine nennenswerte körperliche oder geistige Tätigkeit und "ohne Anspruch auf Vergütung". Zu Gewinnausschüttungen komme es in absehbarer Zeit nicht, weil diese GmbH erst seit kurzem marginale Gewinne erziele, welchen weitaus höhere Verlustvorträge gegenüberstünden. Für die GmbH sei sie seit dem 1. Juli 2001 als Mitgeschäftsführerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden unentgeltlich tätig (Schreiben vom 6. Juni 2008). Sie nehme, sofern keine Mitarbeiter im Büro seien, Telefongespräche entgegen, da diese in die privaten Wohnräume weitergeleitet würden. Daher habe sich die Angabe der Arbeitszeit auf die Anwesenheit in der Privatwohnung bezogen. Sie bringe monatlich – und wenn im Rahmen von Prüfungen erforderlich – Akten dem Steuerberater, im Notfall auch Werkzeuge auf Baustellen. Sie sei somit in nachgeordneter und nicht in leitender Funktion und folglich auch nicht selbständig tätig. Von April 1984 bis Mai 2001 sei sie täglich im Büro der GmbH tätig gewesen, seither "im Rahmen gelegentlicher Familienhilfe im Backoffice". Die Geschäfte der K GmbH würden tatsächlich von Herrn S K geführt, diesem sei auch Bankvollmacht eingeräumt worden.
Nach Anhörung der Eheleute stellte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 18. März 2009 gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann fest, dass diese ab dem 1. Juni 2001 nicht im Rahmen der Familienversicherung über ihren Ehemann kranken- und pflegeversichert sei, weil die von ihr eingereichten Unterlagen nicht geeignet seien, die Annahme einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit zu widerlegen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2009 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin behauptet, die Beklagte habe mit einem am 1. November 2001 eingegangenem Schreiben von Oktober 2001 ihre neue AOK-Card übersandt und mitgeteilt, dass sich ihr Versicherungsverhältnis geändert habe. Hierauf habe sie vertraut, so dass die Beklagte die Familienversicherung nicht rückwirkend stornieren dürfe. Ihr Ehemann verfüge als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebes notwendigen Kenntnisse. Da sie keine Berufsausbildung habe und ihre Schulbildung in der Türkei bereits nach der 5. Klasse geendet habe, lägen die Voraussetzungen, Geschäftspolitik zu betreiben, offensichtlich nicht vor. Vor dem 1. Juli 2001 sei die GmbH größer gewesen, es habe mehrere Baustellen und deshalb mehr zu tun gegeben. Büromäßig habe sie damals auch nicht mehr gemacht als jetzt. Bis Mai 2001 habe sie 25 Stunden die Woche gearbeitet, heute vielleicht 5 Stunden. Als sie in der Unfallanzeige Arbeitszeiten von 7 bis 16:30 Uhr angegeben habe, habe sie sich nichts weiter dabei gedacht; wenn man vor Ort wohne, sei man eben immer da.
Mit Urteil vom 22. Juli 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2008 (gemeint 2009) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 aufgehoben und (antragsgemäß) festgestellt, dass die Klägerin seit dem 1. Juli 2001 bei der Beklagten familienversichert sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Klägerin als Selbständige anzusehen sei, könne dahinstehen, da es schon am Merkmal der Hauptberuflichkeit fehle. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei eng und wie das gleichlautende Merkmal in § 5 Abs. 5 SGB V auszulegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten führe allein die Tatsache, dass die GmbH Arbeitnehmer beschäftige, deren Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschreite, nicht dazu, die Hauptberuflichkeit der Klägerin zu bejahen. Entscheidend sei, ob die in Rede stehende selbständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung der Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gebe. Neben einem gewissen zeitlichen Einsatz des Betroffenen seien grundsätzlich auch Einnahmen zu verlangen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts wesentlichen beitrügen. Eine selbständige Erwerbstätigkeit werde in der Regel jedenfalls dann hauptberuflich ausgeübt, wenn der mit ihr verbundene Zeitaufwand den Betroffenen mehr als halbtags in Anspruch nehme. Vor dem Hintergrund des persönlichen Eindrucks, den sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin habe machen können, erschienen ihre Ausführungen, wie es zur Angabe einer täglichen Arbeitszeit im Büro von 7 Uhr bis 16:30 Uhr in der Unfallanzeige gekommen sei, glaubhaft. Der von der Klägerin glaubhaft geschilderte Tätigkeitsumfang fülle keine Halbtagstätigkeit aus. Die Angaben der Klägerin gegenüber der Berufsgenossenschaft entsprächen nach Überzeugung der Kammer nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Es stehe auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin auf unabsehbarer Zeit den Lebensunterhalt nicht aus den Gewinnen der GmbH bestreiten könne.
Gegen dieses ihr am 4. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 2. September 2011, die sie wie folgt begründet: Die von den Sozialversicherungsträgern entwickelten Kriterien zur Beurteilung der Hauptberuflichkeit (mindestens ein Arbeitnehmer) sei praktikabel und in allen Versicherungszweigen anwendbar. Ebenso wie in ihrer Unfallanzeige gegenüber der Gartenbau-BG vom 18. Juli 2007 habe die Klägerin zwischen Oktober 2007 und Juni 2008 im hiesigen Verfahren wiederholt angegeben, auch über den 31. Mai 2001 hinaus mehr als halbtags für die GmbH tätig zu sein. Das Sozialgericht habe die Vorschriften der §§ 103 und 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Klägerin und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zum zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die GmbH wäre es unabdingbar gewesen, ihren Ehemann zu befragen. Dass die Klägerin für ihre Tätigkeit in der GmbH kein Entgelt erhalten habe und auch eine Gewinnausschüttung an sie nicht erfolgt sei, trete hinter die deutlich gewichtigeren Gesichtspunkte der Beschäftigung von Arbeitnehmern sowie des zumindest halbtäglichen Umfangs der Arbeitszeit zurück.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Sie fungiere seit 2001 weder als Geschäftsführerin weiterer Gesellschaften als den beiden o.g. GmbH noch sei sie an weiteren Gesellschaften beteiligt.
Die vom Senat eingeleiteten Ermittlungen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts haben folgendes ergeben:
Anfang Mai 2009 gründeten die durch die Klägerin vertretene K GmbH und eine tschechische Gesellschaft die T Deutschland Stühle und Tische GmbH (im Folgenden: T GmbH). Unternehmensgegenstand waren Vertrieb, Montage, Handel und individuelle Anpassung von Möbeln sowie "verwandte Nebengeschäfte, die zur Erreichung des Firmenzwecks geeignet sind." Zugleich wurde die Klägerin zur alleinigen Geschäftsführerin dieser GmbH bestellt. Im Juni 2011 erwarb die tschechische Gesellschaft auch die bislang von der K GmbH gehaltenen Geschäftsanteile; die Klägerin wurde als Geschäftsführerin abberufen.
Die Klägerin macht in den Jahren 2009 bis 2011 drei weitere Arbeitsunfälle geltend. Hierbei wurden u.a. folgende Angaben gemacht:
- Nach dem Durchgangsarztbericht von Dr. L erlitt die seit Januar 1984 als Selbständige tätige Klägerin am 18. September 2009 während ihrer Arbeitszeit zwischen 11 und 13 Uhr einen Unfall ("bei der Arbeit beim Laufen gestolpert und mit dem li. auf einen Stein gefallen.") In der Unfallanzeige vom 22. September 2009 gab die GmbH an, die Klägerin ("Unternehmer" "Gesellschafter/Geschäftsführer") sei seit Mai 1984 als Büro- und Baustellenangestellte beschäftigt und ständig in den Unternehmensteilen "Büro und Baustellen" tätig. Die Arbeitszeit dauere von 9 bis 14 Uhr. Im Auftrag der Gartenbau-BG erstattete die Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. B unter dem 11. Februar 2010, u.a. auf der Grundlage einer klinischen Untersuchung der Klägerin am Vortag, eine fachchirurgische Stellungnahme. Darin heißt es u.a., die Klägerin sei "seit 1984 in der unfallbringenden Firma angestellt" und "vorwiegend im Außendienst tätig (Botengänge zu Baustellen) und teilweise auch im Büro". Nach einem von der Gartenbau-BG veranlassten Zwischenbericht zweier Ärzte der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaft Berlin e.V. vom 6. Mai 2010 gab die Klägerin bei ihrer Vorstellung am Vortag an, dass sie mit der Arbeitsbelastungserprobung nicht beginnen könne, da sie keine schweren Gegenstände heben oder tragen könne, was "täglich in ihrer beruflichen Tätigkeit vorkommen würde." Für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 28. Juni 2010 erhielt die Klägerin von der Gartenbau-BG Verletztengeld in Höhe von insgesamt 42.103,53 Euro.
- In einer weiteren Unfallanzeige vom 2. September 2010 bezüglich eines zwei Tage zuvor erlittenen Unfalls "bei einer Baustellenbegehung" wiederholte die GmbH die o.g. Angaben zur Tätigkeit der Klägerin, ohne jedoch Beginn und Ende der Arbeitszeit mitzuteilen.
- In einem weiteren Durchgangsarztbericht vom 24. Januar 2011 wegen eines am 30. November 2010 erlittenen Unfalls ("beim Abladen von Werkzeugen ist der Vers. eine Brechstange auf den li. Fuß gefallen.") gab der Durchgangsarzt Dr. L erneut an, die Klägerin sei als Selbständige beschäftigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der ehemaligen Gartenbau-BG, die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage insgesamt stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nur teilweise rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Familienversicherung der Klägerin nach § 10 SGB V liegen zwar für die Zeit ab dem 1. Juli 2001 nicht mehr vor, weil die Klägerin hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist (hierzu unter B). Da die Beklagte aber durch ihren Bescheid vom 19. Oktober 2007 zumindest konkludent auch eine Familienversicherung der Klägerin bis zum 13. Juni 2007 festgestellt hat, ist sie mangels aufhebender Entscheidung hieran gebunden. In diesem Umfang hat die Klage Erfolg (hierzu unter C).
A. Streitgegenstand ist neben den vom Sozialgericht ausdrücklich aufgehobenen Bescheiden vom 18. März 2009 und 23. September 2009 auch der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2007. Indem die Beklagte im Schreiben von diesem Tag dem Beigeladenen zu 1) mitteilte, die Familienversicherung ende zum 13. Juni 2007, traf sie eine Regelung i.S.v. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), sodass das Schreiben einen Verwaltungsakt i.S. dieser Vorschrift darstellt. Im hierauf reagierenden Schreiben der Eheleute vom 26. Oktober 2007 liegt ein Widerspruch i.S.v. § 78ff SGG. Dieser ist zulässig, weil der an den Stammversicherten gerichtete, eine Familienversicherung ablehnende Bescheid von dem betroffenen Familienangehörigen angefochten werden kann (BSG, Urteil vom 18. März 1999 - B 12 KR 8/98 -, juris).
Nicht mehr Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerin auch in der Zeit vom 1. bis 30. Juni 2001 familienversichert war. Denn ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht durch ihre Rechtsanwältin gestellter Klageantrag umfasste diesen Zeitraum nicht, sodass das Sozialgericht hierüber auch nicht entscheiden musste.
B. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung der Klägerin liegen seit dem 1. Juli 2001 nicht mehr vor.
I. Im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V sind nach dessen Abs. 1 Satz 1 versichert u.a. Ehegatten von Mitgliedern, wenn sie 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 2. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, 3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht, 4. nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und 5. kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin seit dem 1. Juli 2001 nur teilweise vor.
II. Der Beigeladene zu 1) war und ist aufgrund einer freiwilligen Versicherung Mitglied der Beklagten. Die Klägerin hat(te) ihren Wohnsitz in Berlin. Sie war und ist weder versicherungsfrei noch von der Versicherungspflicht befreit und erzielt(e) kein Gesamteinkommen i.S.v. § 16 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV – dieses stieg von 327,28 EUR im Jahre 2001 auf 385.- EUR im Jahre 2013 – überschritt oder überschreitet.
Sie unterlag und unterliegt keinem der in § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V aufgeführten Versicherungspflichttatbestände, insbesondere war und ist sie nicht gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. Denn nicht beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV ist, wer – wie die Klägerin – als Gesellschafter-Geschäftsführer mindestens die Hälfte der Gesellschaftsanteile hält und aufgrund dessen Weisungen an sich jederzeit verhindern kann (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 12 KR 34/00 R –, juris).
III. Die Klägerin war und ist jedoch hauptberuflich selbständig erwerbstätig i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V.
1. Selbstständig erwerbstätig ist, wer als natürliche Person selbst mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft, in einem Gewerbebetrieb oder einer sonstigen insbesondere freiberuflichen Arbeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausübt. Die Gewinnerzielungsabsicht, auf die die selbstständige Tätigkeit gerichtet sein muss, stellt dabei auf das sozialrechtlich relevante Arbeitseinkommen ab. Dieses ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit; es umfasst neben den steuerrechtlich maßgeblichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 18 Einkommenssteuergesetz – EStG –) auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 ff. EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15 ff. EStG). Die selbstständige Erwerbstätigkeit umfasst daher alle durch den Arbeitseinkommensbegriff in Bezug genommenen und auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Handlungen. Das bedeutet, dass die Tätigkeit lediglich (subjektiv) darauf gerichtet sein muss, positive Einnahmen zu erzielen. Dagegen wird nicht verlangt, dass Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Tätigkeiten, die nur aus Liebhaberei oder zum Zeitvertreib verrichtet werden, werden hingegen nicht zu Erwerbszwecken ausgeübt.
Tätigkeiten in Ausübung von Gesellschafterrechten (z.B. als Gesellschafter einer GmbH) sind keine selbständigen Erwerbstätigkeiten, wenn diese sich allein dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zuordnen lassen. Insofern stellt sich auch der aus dem Halten von Gesellschaftsanteilen erzielte Gewinn nicht als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundene Einkunftsart dar. Werden daneben jedoch auf der Grundlage zusätzlich bestehender Rechtsbeziehungen Tätigkeiten erbracht – schon die Vereinbarung einer Vergütung macht grundsätzlich einen zusätzlichen Vertragsschluss erforderlich –, kommt dagegen eine selbstständige Tätigkeit, insbesondere im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses, oder bei persönlicher Abhängigkeit die Annahme einer abhängigen Beschäftigung in Betracht.
Organwalter juristischer Personen (z.B. die Geschäftsführerin einer GmbH), die neben der gesellschaftsrechtlichen Verbindung in einer weiteren Beziehung zur juristischen Person stehen und dabei Tätigkeiten ausüben, die nicht allein dem körperschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen sind, oder die Aufgaben wahrnehmen, die hinsichtlich ihres Umfangs oder ihrer Art nach über das hinausgehen, was Satzung, Vertrag, Beschlüsse der Organe und allgemeine Übung an Arbeitsverpflichtungen festlegen, oder eine Vergütungsvereinbarung getroffen haben, üben grundsätzlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus (so zutreffend Ziffer 2.2 des Gemeinsamen Rundschreibens des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 11. Juni 2013 ("Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit"), veröffentlicht u.a. unter http://www.tk.de/centau-rus/servlet/contentblob/590212/Datei/114902/Hauptberuflich-Selbststaendig.pdf, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R – und vom 4. Juni 2009 – B 12 KR 3/08 R –, juris, jeweils m.w.N.).
Hieran gemessen war und ist die Klägerin selbständig erwerbstätig.
a. Dass die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin und/oder Gesellschafterin der K GmbH bzw. der T GmbH über die gesellschaftsrechtlichen Aufgaben einer GmbH-Geschäftsführerin bzw. -Gesellschafterin hinausgeht, lässt sich mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht feststellen. Dies gilt hingegen nicht für die Tätigkeit der Klägerin für die GmbH. Insoweit überschritt und überschreitet der persönliche Einsatz der Klägerin ihre gesellschaftsrechtlichen Aufgaben bei weitem.
aa. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin (auch) in der Zeit nach dem 30. Juni 2001 zumindest mehr als 20 Stunden wöchentlich für die GmbH tätig war und ist.
(1) Diese Feststellung lässt sich allerdings nur sehr bedingt auf die klägerischen Angaben stützen. Denn zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ihrer Wahrheitspflicht nicht genügt, indem sie auf ausdrückliche Nachfrage des Senats mitteilte (Schriftsatz vom 18. Februar 2013), seit 2001 sei sie an weiteren Gesellschaften als der GmbH bzw. der K GmbH nicht beteiligt (gewesen), und hierbei ihre zwei Jahre dauernde Funktion als (Allein-)Geschäftsführerin der T GmbH verschwieg. Darüber hinaus sind die Angaben der Klägerin zu ihrer Tätigkeit für die GmbH, aber auch im Übrigen vielfach so widersprüchlich, dass sie nicht als glaubhaft angesehen werden können: - Die Angaben der Klägerin zum wöchentlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die GmbH schwanken zwischen 30 und 5 Stunden (Schreiben vom 6. Juni 2008 einerseits; mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht andererseits). - Im Zusammenhang mit ihrem am 14. Juni 2007 erlittenen Arbeitsunfall hat die Klägerin – wie aus dem Tatbestand ersichtlich – insgesamt drei unterschiedliche Angaben zu ihrer Arbeitszeit an diesem Tag gemacht (7 bis 17 Uhr, 7 bis 16.30 Uhr, 7 bis 16 Uhr). In diesem Rahmen hat der Senat berücksichtigt, dass z.B. die in den ärztlichen Berichten enthaltenen Angaben gegenüber der Gartenbau-BG nicht unmittelbar von der Klägerin stammen; gleichwohl sind nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte erkennbar, warum die Verfasser dieser Berichte die von der Klägerin anlässlich der ärztlichen Behandlungen gemachten Angaben verfälscht haben sollten. - Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 bezeichnete sich die Klägerin als "alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin" der K GmbH, obwohl durch entsprechende Vereinbarungen bereits vom 4. September 2007 Herr E mit Wirkung zum 1. Januar 2008 als weiterer Gesellschafter und Geschäftsführer in diese Gesellschaft eingetreten war. Im gleichen Schreiben gab sie an, für diese Gesellschaft "weder körperlich noch geistig tätig" zu sein, kurze Zeit später (Schreiben vom 6. Juni 2008), beschrieb sie diese Tätigkeit hingegen als nicht "nennenswert". - Die Stellung einer (Mit-)Geschäftsführerin verträgt sich angesichts der gesetzlich GmbH-Geschäftsführern zugewiesenen Aufgaben weder mit einer Tätigkeit "in nachgeordneter Stellung", wie die Klägerin im Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2008 im Hinblick auf die GmbH behauptet, noch mit dem Ausschluss jeglicher Tätigkeit, wie die Klägerin bezüglich der K GmbH zunächst vorgebracht hat.
(2) Zum selben Ergebnis – Tätigkeit der Klägerin für die GmbH im Umfang von mindestens 20 Stunden wöchentlich – gelangt man indes auch, wenn man die nicht interessegeleiteten Angaben der Klägerin zugrunde legt, d.h. insbesondere diejenigen Aussagen, die sie gegenüber Personen getätigt hat, die – wie z.B. die behandelnden Ärzte – nicht über ihre Sozialleistungsansprüche zu entscheiden hatten. Danach hat die Klägerin nicht nur körperliche schwere Arbeiten verrichtet (ärztliche Stellungnahme vom 6. Mai 2010), sondern auch mehrere Stunden werktäglich für die GmbH gearbeitet (wie den Durchgangsarztberichten bzw. den Unfallmeldungen der GmbH zu entnehmen ist). Dies wiederum deckt sich mit ihrem Schreiben an die Beklagte vom 6. Juni 2008, wonach sie "über den 31.05.2001 hinaus [ ] für die [ ] GmbH [ ] rd. 30 Std. in der Woche" tätig gewesen sei.
bb. Die von der Klägerin ausgeübten Verrichtungen gingen und gehen auch erheblich über ihre gesellschaftsrechtlichen Aufgaben hinaus.
(1) Nach den gesetzlichen Vorgaben unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter nach § 46 Nr. 1 und 5 des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) insbesondere die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses und die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern. Mit der Stellung als GmbH-Geschäftsführer sind neben eher formalen Aufgaben – Anmeldungen zum Handelsregister (§ 78 GmbHG), Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 49 Abs. 1 GmbHG), Buchführung (§ 41 GmbHG), Vorlage von Jahresabschluss und Lagebericht (§ 42a GmbHG) – vor allem gestaltende Tätigkeiten in der Unternehmensleitung (wie Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Personalwesen, Beziehungen zu Geschäftspartnern) verbunden.
(2) Die Tätigkeiten, die die Klägerin nach ihren Angaben für die GmbH ausübte, wichen und weichen davon erheblich ab. Insbesondere hat sie nach eigener Darstellung keinerlei unternehmensleitende Tätigkeiten, sondern untergeordnete Hilfsarbeiten ausgeführt. Wiederholt hat sie angegeben, sie habe im Wesentlichen einfache Büroarbeiten und Botengänge verrichtet. Diese zählen gerade nicht zu den charakteristischen Aufgaben einer Geschäftsführerin. Der Senat verkennt nicht, dass – insbesondere in einer familiengeführten oder umsatzschwachen GmbH – hin und wieder auch untergeordnete Hilfsarbeiten (wie z.B. Reinigung der Geschäftsräume, Botengänge) von einem Geschäftsführer übernommen werden. Anders als im Falle der Klägerin geben solche Verrichtungen der Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers aber nicht das Gepräge.
b. Diese ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten bei weitem überschreitende Tätigkeit der Klägerin für die GmbH beruht auf einer gesonderten Rechtsbeziehung.
aa. Ob eine solche auch in der ehelichen Beistandspflicht (Palandt-Brudermüller, BGB, § 1356 Rd. 7 m.w.N.) liegen kann, muss der Senat nicht entscheiden. Denn die Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit auf familienrechtlicher Grundlage liegen nicht vor. Nachdem mit der gesetzlichen Neuregelung durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts mit Wirkung zum 1. Juli 1977 die gesetzliche Pflicht der Ehefrau zur Mitarbeit im Beruf und Geschäfts des Ehemannes aufgehoben wurde (vgl. Roth, in: Münchener Kommentar zur BGB, 6.A., § 1356 Rd. 19f), ist eine sich aus der ehelichen Beistandspflicht und der wechselseitigen Verantwortung füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB) resultierende Mitarbeitspflicht auf extreme Ausnahmen beschränkt (Palandt a.a.O.). Sofern wirtschaftliche Schwierigkeiten des vom Ehemann geführten Betriebs teilweise als Anlass für eine solche ex-treme Ausnahme bejaht werden (Roth, a.a.O., Rd. 21), bleibt die Pflicht zur Mitarbeit auf einen engen Zeitraum begrenzt (Roth, a.a.O.). Eine zwischenzeitlich über 12 Jahre andauernde Tätigkeit – wie im Falle der Klägerin – wird hiervon nicht erfasst.
bb. Einer gesonderten Rechtsbeziehung im o.g. Sinne liegt typischerweise ein zivilrechtlicher Vertrag (§ 145ff Bürgerliches Gesetzbuch) zugrunde, welcher formfrei, d.h. insbesondere nicht schriftlich, und bereits durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann (Palandt-Heinrichs/Ellenberger, BGB, vor § 116 Rd. 6, m.w.N.; für Dienstverträge: Palandt-Weidenkaff, BGB, § 611 Rd. 2). Im vorliegenden Fall liegt darin, dass die Klägerin im Einverständnis mit der GmbH Verrichtungen für diese ausübt, die über ihre gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Aufgaben als Gesellschafterin und Geschäftsführerin erheblich hinausgehen, ein konkludent abgeschlossener Vertrag.
c. Die Klägerin übt(e) ihre über die gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen hinausgehende Tätigkeit für die GmbH auch mit Gewinnerzielungsabsicht aus.
aa. Keine Anhaltspunkte bestehen dafür, dass die Klägerin diese Dienste gegen eine Vergütung i.S.v. § 612 BGB erbringt.
bb. Eine Gewinnerzielungsabsicht resultiert hingegen aus dem Umstand, dass die Klägerin durch ihren außergewöhnlichen Einsatz für die GmbH eine Steigerung des an sie als Gesellschafterin auszuschüttenden Gewinns herbeiführen kann.
(1) Die sozialrechtlich relevanten Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit ("Arbeitseinkommen"), auf deren Erzielung eine derartige Tätigkeit gerichtet sein muss, sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV identisch mit dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind Gewinn in diesem Sinne jeweils die steuerrechtlich maßgeblichen Einkünfte nicht nur aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 18 EStG), sondern auch aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13ff EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15ff EStG).Der Begriff der "selbständigen Tätigkeit" in § 15 SGB IV umfasst deshalb alle durch diesen Begriff des Gewinns in Bezug genommenen und auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Handlungen. Andererseits ist der Anwendungsbereich von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV allein auf die hiernach relevanten Einkünfte gerade aus derartigen typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeiten beschränkt und umfasst nicht etwa "jegliches" Einkommen aus selbständiger (nicht abhängiger) Tätigkeit. Alle aus anderen Quellen stammenden Einkommen, wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG) und Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG) werden damit sozialversicherungsrechtlich grundsätzlich nicht erfasst und nicht durch eine selbständige Tätigkeit erzielt. Allerdings hat das BSG insoweit unter Hinweis auf § 20 Abs. 3, § 21 Abs. 3 EStG entschieden, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§§ 21, 21a (aF) EStG) und sonstige Einkünfte i.S.v. § 22 EStG (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) dann sozialversicherungsrechtliches Arbeitseinkommen sein können, wenn sie – anders als hier – ihrerseits den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2009 – B 12 KR 3/08 R –, juris, m.w.N.).
(2) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich auch Gewinnanteile. Der aus Anteilen erzielte Gewinn kann mithin in der Regel nicht als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundene Einkunftsart, das auf seine Erzielung gerichtete Handeln nicht als Ausdruck einer rechtlich relevanten Absicht, Gewinne i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu erzielen, gesehen werden. Dies gilt aber nur, solange der Gesellschafter/Geschäftsführer – anders als die Klägerin – ausschließlich die mit seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundenen notwendigen Aufgaben wahrnimmt. Die Klägerin ist hingegen umfangreich für die GmbH nach außen hin aufgetreten und hat sich hierdurch weit über ihre gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen hinaus für die GmbH engagiert. Insofern haben sich – wie die Klägerin selbst bestätigt hat – durch die Aufhebung ihres Anstellungsvertrags zum 31. Mai 2001 keine Änderungen im Hinblick auf den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit ergeben. Aber auch die Absicht der Klägerin, durch ihr Engagement für die GmbH zu deren Erfolg beizutragen, welcher letztlich in Gewinnausschüttungen auch an sie als Gesellschafterin mündet, bestand fort. Denn eine diesbezügliche Änderung des Gesellschaftsvertrags haben die Klägerin und ihr Ehemann gerade nicht beschlossen. Angesichts dessen ist in der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Gewinnausschüttung entgegen der grundsätzlichen steuerrechtlichen Wertung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) eine verdeckte Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit enthalten (vgl. zu dieser Wertung: BSG a.a.O.). Diese Vergütung stellt Gewinn aus selbständiger Tätigkeit, mithin Arbeitseinkommen i.S.v. 15 Abs. 1 SGB IV dar.
cc. Eine Gewinnerzielungsabsicht setzt – dies macht schon der Begriff deutlich – nicht die Erwirtschaftung eines tatsächlichen Gewinns voraus; die "Absicht" genügt. Dies ist auch sachgerecht, da andernfalls der Status von solchen unternehmerisch tätigen Familienversicherten stets davon abhinge, ob die GmbH im jeweiligen Jahr einen Gewinn an seine Gesellschafter ausgeschüttet hat oder nicht. Dass an die Klägerin – nach eigenen Angaben – durch die GmbH seit 2001 kein Gewinn ausgeschüttet wurde, steht ihrer Gewinnerzielungsabsicht demzufolge nicht entgegen.
2. Die Klägerin übt(e) diese selbständige Erwerbstätigkeit auch hauptberuflich aus.
Die Bedeutung des Tatbestandselements "hauptberuflich" erschöpft sich nicht in der gewichtenden Abgrenzung gegenüber parallel ausgeübten Beschäftigungen, wie sie für die Frage des Ausschlusses der grundsätzlich an eine solche Beschäftigung anknüpfenden eigenen Versicherungspflicht in § 5 Abs. 5 SGB V im Vordergrund steht. Auch für eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit i.S.v. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V wird nicht auf die (alleinige) Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit, sondern auf deren Umfang abgestellt. Dem ist auch für das Merkmal "hauptberuflich" i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zu folgen, das in Ermangelung einer eindeutigen Wortbedeutung der Auslegung zugänglich ist. Allerdings führt nicht jede selbständige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, bereits nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zum Ausschluss von der Familienversicherung. Anderenfalls liefe die Regelung der Nr. 5 in Bezug auf Arbeitseinkommen leer. Gleichzeitig ist aus der gesonderten Festlegung einer Einkommensgrenze in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zu folgern, dass es für die Hauptberuflichkeit einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht (jedenfalls nicht allein) auf die Höhe des damit erzielten Einkommens ankommen kann, da § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V ohnehin nur Tätigkeiten betreffen kann, bei denen das Einkommen unterhalb der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V genannten Schwelle von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße liegt (BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R –, juris). So spricht auch die Gesetzesbegründung davon, dass die in Nr. 4 genannten Angehörigen ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Einkommens von der Versicherung ausgeschlossen seien (BT-Drucks 11/2237, S. 161). Vor diesem Hintergrund kann das Merkmal "hauptberuflich" nur eine bestimmte Qualität der Tätigkeit und/oder deren Umfang betreffen. Ein solches Verständnis liegt auch § 10 Abs. 1 S 2 SGB V zugrunde, der sicherstellen soll, dass Nebenerwerbsbäuerinnen, die ihre Arbeitszeit überwiegend auf die Haushaltsführung verwenden und deshalb im Regelfall nicht wegen hauptberuflich selbständiger Erwerbstätigkeit aus der Familienversicherung ausscheiden (BT-Drucks 11/3480, S. 49), nicht aufgrund der Fiktion des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte hiervon ausgeschlossen werden (BSG, a.a.O.). Eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V ist daher jedenfalls dann gegeben, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit – wie im Falle der Klägerin – mehr als halbtags ausgeübt wird (so zu § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V: BSG, Urteil vom 10. März 1994 - 12 RK 3/94 -, juris). Welches Einkommen die Klägerin hieraus erzielt, ist indes irrelevant.
C. Soweit der Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis 13. Juni 2007 betroffen ist, hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Zwar lagen – wie bereits festgestellt – auch in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nicht vor. Die Beklagte ist allerdings an ihre anderslautende Feststellung in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2007 gebunden.
I. Dieses Schreiben stellt einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X dar, da es zur Regelung eines Einzelfalls – Familienversicherung der Klägerin – erlassen wurde. Es beinhaltet zwei Verfügungssätze: In der Aussage, dass die Familienversicherung der Klägerin am 13. Juni 2007 geendet habe, liegt zum einen die Feststellung, dass die Klägerin ab dem 14. Juni 2007 nicht mehr familienversichert ist. Zum anderen wird damit zugleich konstatiert, dass bis zum 13. Juni 2007 eine Familienversicherung der Klägerin bestanden habe.
II. Diese Feststellung ist zwar – wie sich aus dem unter B. Gesagten ergibt – rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung schon ab dem 1. Juli 2001 nicht mehr vorlagen. Weil der Bescheid vom 19. Oktober 2007 insoweit in Bestandskraft erwachsen ist, ist er für alle Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG).
III. Dieser Bescheid wurde von der Beklagten auch nicht rechtmäßig aufgehoben.
1. Es fehlt allerdings nicht bereits an einer Aufhebungsentscheidung der Beklagten. Indem sie mit dem Bescheid vom 18. März 2009 festgestellt hat, dass die Klägerin schon ab dem 1. Juni 2001 nicht mehr familienversichert sei, hat sie konkludent die im Bescheid vom 19. Oktober 2007 enthaltene zeitliche Beschränkung (fehlende Familienversicherung erst ab dem 13. Juni 2007) beseitigt und diesen Bescheid insoweit aufgehoben.
2. Die gesetzlichen Anforderungen an eine rechtmäßige Aufhebungsentscheidung sind jedoch nicht erfüllt.
a. Die Rechtgrundlage für die Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte (Rücknahme) findet sich in § 45 SGB X. Nach dessen Abs. 1 gilt: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
b. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Dahin stehen kann, ob sich die Klägerin unter Hinweis auf § 45 Abs. 2 SGB X auf Vertrauen berufen könnte. Selbst wenn ihr dies verwehrt wäre, hätte die Beklagte das ihr durch Abs. 1 der Vorschrift eingeräumte Ermessen ("darf") ausüben müssen. Ermessenserwägungen sind den Bescheiden der Beklagten vom 18. März 2009 und 23. September 2009 indes nicht zu entnehmen. Es ist noch nicht einmal erkennbar, dass die Beklagte sich überhaupt eines Ermessensspielraums bewusst war (zu diesem Gesichtspunkt: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/Steinwedel, § 45 SGB X, Rd. 56). Die Beklagte hat – was grundsätzlich zulässig ist (Steinwedel, a.a.O., Rd. 62) – Ermessenserwägungen auch nicht während des Gerichtsverfahrens mit heilender Wirkung nachgeholt. Darüber hinaus sind auch keine Umstände dargetan oder anderweitig ersichtlich, die eine Ermessensreduzierung auf Null rechtfertigen könnten.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die am 1. Januar 1962 geborene Klägerin seit 2001 bei der Beklagten familienversichert ist.
Ihr Ehemann, der seit 1984 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen freiwillig versicherte Beigeladene zu 1), gründete im Herbst 1991 die G Garten- und Landschaftsbau GmbH (im Folgenden: GmbH) und war zunächst ihr einziger Gesellschafter und Geschäftsführer. § 7 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass Beschlüsse der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, soweit nicht das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit erfordert. Je 100.- DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Nachdem die Klägerin Ende 1997 unentgeltlich die Hälfte der GmbH-Anteile von ihrem Ehemann erhalten hatte, wurde sie im Laufe des Jahres 1998 als ebenfalls alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen. Am 31. Mai 2001 beschlossen die Eheleute, "aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und des deutlich verminderten Geschäftsumfangs" den bis dahin bestehenden Anstellungsvertrag mit der Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 2001 aufzuheben. Das Büro der GmbH liegt im Keller der von der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrem Sohn bewohnten Doppelhaushälfte.
Im Rahmen ihrer bis zum 31. Mai 2001 bei der Beklagten bestehenden freiwilligen Krankenversicherung hatte die Klägerin unter dem 26. September 2000 gegenüber der Beklagten angegeben, dass sie seit dem 1. Januar 2000 in ihrer selbständigen Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ein monatliches Gehalt von 3.000 DM erhalte. Im Zusammenhang mit der ab 1. Juni 2001 bei der Beklagten durchgeführten Familienversicherung gab die Klägerin auf den entsprechenden Vordrucken jeweils an, dass sie weder in einem Arbeitsverhältnis stehe noch eine selbständige Tätigkeit ausübe und auch keinerlei Einkommen erziele.
Bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1998 hatten Frau S Er und die Klägerin die K Auto- & Motorrad-Ausstattungs GmbH (im Folgenden: K GmbH) gegründet, deren einzige Geschäftsführerin zunächst ebenfalls die Klägerin war. Der Unternehmensgegenstand dieser GmbH war der Handel mit Ersatzteilen, Zubehör und sonstiger Ausstattung für Autos und Motorräder aller Art im Einzel- und Großhandel sowie im Im- und Export sowie ab 2001 auch das Betreiben von gastronomischen Betrieben und die Beteiligung an diesen. Im November 2000 erhielt die K GmbH die unbefristete Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Betreiben einer Schank- und Speisewirtschaft im Berliner Stadtteil S. Mit Wirkung zum 1. Januar 2008 änderte die Klägerin, nunmehr Alleingesellschafterin, den Namen dieser Gesellschaft in "K Sitz Komfort GmbH" und verkaufte die Hälfte der GmbH-Anteile zu einem Preis von 50.000 Euro an Herrn M E; mit Wirkung ebenfalls zum 1. Januar 2008 wurde Herr E zum weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt und erhielt das Gewinnbezugsrecht (notarielle Beurkundungen vom 4. September 2007). Bereits am 28. Februar 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung der K GmbH, Herrn E mit Wirkung zum 1. Januar 2008 als Geschäftsführer abzuberufen. Spätestens seit Mai 2009 war die Klägerin wieder Alleingesellschafterin.
Die Einkommensteuerbescheide der Klägerin und ihres Ehemannes für die Jahre 2002 bis 2010 weisen für die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zwischen 408 Euro (2007) und 7.667 Euro (2005) sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. jeweils 110 Euro in den Jahren 2002 und 2003 aus.
Bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft (Gartenbau-BG) bzw. der Berufsgenossenschaft der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als deren Rechtsnachfolgerin besteht seit April 1992 für die Klägerin eine Unternehmerpflichtversicherung. Am 14. Juni 2007 erlitt die Klägerin bei einem Sturz Verletzungen, welche in der Folgezeit auf Kosten der Gartenbau-BG medizinisch versorgt wurden. Nach den Angaben im Durchgangsarztbericht der Rettungsstelle des V H-Klinikums vom 15. Juli 2007 - war die Klägerin im Betrieb ihres Ehemannes seit dem 1. Januar 1984 als Angestellte beschäftigt; - ereignete sich der Unfall um 14:30 Uhr, als die Klägerin "im Büro mit Akten in der Hand eine Treppe herabgelaufen", "dabei gestürzt" und "mit dem Kopf aufgeschlagen" sei; - begann die Arbeitszeit der Klägerin an diesem Tag um 7 Uhr und endete um 17 Uhr. Nach der gegenüber der Gartenbau-BG erfolgten Unfallanzeige der GmbH vom 18. Juni 2007 war die Klägerin als "Unternehmer" bzw. "Gesellschafter/Geschäftsführer" bei einer Arbeitszeit von 7 Uhr bis 16.30 Uhr ständig im Büro tätig. Nach dem Durchgangsarztbericht der Rettungsstelle der Charitè vom 15. Juli 2007 ist die Klägerin bei einer Arbeitszeit von 7 Uhr bis 16 Uhr am 14. Juni 2007 "selbständig mit der" GmbH. Nach dem Zwischenbericht des Durchgangsarztes Dr. L vom 17. September 2007 war die Klägerin bei der GmbH als "Angestellte" beschäftigt. Für den Zeitraum 14. Juni bis 20. August 2007 erhielt die Klägerin von der Gartenbau-BG Verletztengeld i.H.v. insgesamt 7.151,96 Euro.
Nachdem die Beklagte im September 2007 von diesem Unfallereignis erfahren hatte, teilte sie dem Ehemann der Klägerin mit, dass die Familienversicherung für die Klägerin am 13. Juni 2007 geendet habe, weil sie hauptberuflich selbständig sei (Schreiben vom 19. Oktober 2007). Die Klägerin und ihr Ehemann erwiderten hierauf, dass sie in keiner Weise hauptberuflich selbständig, sondern als Geschäftsführerin für die GmbH unentgeltlich tätig sei. Durch ihre "freiwillige Unfallversicherung" bei der Berufsgenossenschaft sei es wohl zu einem Missverständnis gekommen. Im Zuge weiterer Ermittlungen der Beklagten gab die Klägerin dieser gegenüber an, dass sie für die K GmbH "als alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin weder körperlich noch geistig tätig" sei, so dass es auch keinen Geschäftsführervertrag gebe (Schreiben vom 18. Januar 2008). Später gab die Klägerin an, sie leiste für die K GmbH keine nennenswerte körperliche oder geistige Tätigkeit und "ohne Anspruch auf Vergütung". Zu Gewinnausschüttungen komme es in absehbarer Zeit nicht, weil diese GmbH erst seit kurzem marginale Gewinne erziele, welchen weitaus höhere Verlustvorträge gegenüberstünden. Für die GmbH sei sie seit dem 1. Juli 2001 als Mitgeschäftsführerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden unentgeltlich tätig (Schreiben vom 6. Juni 2008). Sie nehme, sofern keine Mitarbeiter im Büro seien, Telefongespräche entgegen, da diese in die privaten Wohnräume weitergeleitet würden. Daher habe sich die Angabe der Arbeitszeit auf die Anwesenheit in der Privatwohnung bezogen. Sie bringe monatlich – und wenn im Rahmen von Prüfungen erforderlich – Akten dem Steuerberater, im Notfall auch Werkzeuge auf Baustellen. Sie sei somit in nachgeordneter und nicht in leitender Funktion und folglich auch nicht selbständig tätig. Von April 1984 bis Mai 2001 sei sie täglich im Büro der GmbH tätig gewesen, seither "im Rahmen gelegentlicher Familienhilfe im Backoffice". Die Geschäfte der K GmbH würden tatsächlich von Herrn S K geführt, diesem sei auch Bankvollmacht eingeräumt worden.
Nach Anhörung der Eheleute stellte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 18. März 2009 gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann fest, dass diese ab dem 1. Juni 2001 nicht im Rahmen der Familienversicherung über ihren Ehemann kranken- und pflegeversichert sei, weil die von ihr eingereichten Unterlagen nicht geeignet seien, die Annahme einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit zu widerlegen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2009 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin behauptet, die Beklagte habe mit einem am 1. November 2001 eingegangenem Schreiben von Oktober 2001 ihre neue AOK-Card übersandt und mitgeteilt, dass sich ihr Versicherungsverhältnis geändert habe. Hierauf habe sie vertraut, so dass die Beklagte die Familienversicherung nicht rückwirkend stornieren dürfe. Ihr Ehemann verfüge als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Betriebes notwendigen Kenntnisse. Da sie keine Berufsausbildung habe und ihre Schulbildung in der Türkei bereits nach der 5. Klasse geendet habe, lägen die Voraussetzungen, Geschäftspolitik zu betreiben, offensichtlich nicht vor. Vor dem 1. Juli 2001 sei die GmbH größer gewesen, es habe mehrere Baustellen und deshalb mehr zu tun gegeben. Büromäßig habe sie damals auch nicht mehr gemacht als jetzt. Bis Mai 2001 habe sie 25 Stunden die Woche gearbeitet, heute vielleicht 5 Stunden. Als sie in der Unfallanzeige Arbeitszeiten von 7 bis 16:30 Uhr angegeben habe, habe sie sich nichts weiter dabei gedacht; wenn man vor Ort wohne, sei man eben immer da.
Mit Urteil vom 22. Juli 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2008 (gemeint 2009) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 aufgehoben und (antragsgemäß) festgestellt, dass die Klägerin seit dem 1. Juli 2001 bei der Beklagten familienversichert sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Klägerin als Selbständige anzusehen sei, könne dahinstehen, da es schon am Merkmal der Hauptberuflichkeit fehle. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei eng und wie das gleichlautende Merkmal in § 5 Abs. 5 SGB V auszulegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten führe allein die Tatsache, dass die GmbH Arbeitnehmer beschäftige, deren Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze überschreite, nicht dazu, die Hauptberuflichkeit der Klägerin zu bejahen. Entscheidend sei, ob die in Rede stehende selbständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung der Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gebe. Neben einem gewissen zeitlichen Einsatz des Betroffenen seien grundsätzlich auch Einnahmen zu verlangen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts wesentlichen beitrügen. Eine selbständige Erwerbstätigkeit werde in der Regel jedenfalls dann hauptberuflich ausgeübt, wenn der mit ihr verbundene Zeitaufwand den Betroffenen mehr als halbtags in Anspruch nehme. Vor dem Hintergrund des persönlichen Eindrucks, den sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin habe machen können, erschienen ihre Ausführungen, wie es zur Angabe einer täglichen Arbeitszeit im Büro von 7 Uhr bis 16:30 Uhr in der Unfallanzeige gekommen sei, glaubhaft. Der von der Klägerin glaubhaft geschilderte Tätigkeitsumfang fülle keine Halbtagstätigkeit aus. Die Angaben der Klägerin gegenüber der Berufsgenossenschaft entsprächen nach Überzeugung der Kammer nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Es stehe auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin auf unabsehbarer Zeit den Lebensunterhalt nicht aus den Gewinnen der GmbH bestreiten könne.
Gegen dieses ihr am 4. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 2. September 2011, die sie wie folgt begründet: Die von den Sozialversicherungsträgern entwickelten Kriterien zur Beurteilung der Hauptberuflichkeit (mindestens ein Arbeitnehmer) sei praktikabel und in allen Versicherungszweigen anwendbar. Ebenso wie in ihrer Unfallanzeige gegenüber der Gartenbau-BG vom 18. Juli 2007 habe die Klägerin zwischen Oktober 2007 und Juni 2008 im hiesigen Verfahren wiederholt angegeben, auch über den 31. Mai 2001 hinaus mehr als halbtags für die GmbH tätig zu sein. Das Sozialgericht habe die Vorschriften der §§ 103 und 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Klägerin und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zum zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die GmbH wäre es unabdingbar gewesen, ihren Ehemann zu befragen. Dass die Klägerin für ihre Tätigkeit in der GmbH kein Entgelt erhalten habe und auch eine Gewinnausschüttung an sie nicht erfolgt sei, trete hinter die deutlich gewichtigeren Gesichtspunkte der Beschäftigung von Arbeitnehmern sowie des zumindest halbtäglichen Umfangs der Arbeitszeit zurück.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Sie fungiere seit 2001 weder als Geschäftsführerin weiterer Gesellschaften als den beiden o.g. GmbH noch sei sie an weiteren Gesellschaften beteiligt.
Die vom Senat eingeleiteten Ermittlungen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts haben folgendes ergeben:
Anfang Mai 2009 gründeten die durch die Klägerin vertretene K GmbH und eine tschechische Gesellschaft die T Deutschland Stühle und Tische GmbH (im Folgenden: T GmbH). Unternehmensgegenstand waren Vertrieb, Montage, Handel und individuelle Anpassung von Möbeln sowie "verwandte Nebengeschäfte, die zur Erreichung des Firmenzwecks geeignet sind." Zugleich wurde die Klägerin zur alleinigen Geschäftsführerin dieser GmbH bestellt. Im Juni 2011 erwarb die tschechische Gesellschaft auch die bislang von der K GmbH gehaltenen Geschäftsanteile; die Klägerin wurde als Geschäftsführerin abberufen.
Die Klägerin macht in den Jahren 2009 bis 2011 drei weitere Arbeitsunfälle geltend. Hierbei wurden u.a. folgende Angaben gemacht:
- Nach dem Durchgangsarztbericht von Dr. L erlitt die seit Januar 1984 als Selbständige tätige Klägerin am 18. September 2009 während ihrer Arbeitszeit zwischen 11 und 13 Uhr einen Unfall ("bei der Arbeit beim Laufen gestolpert und mit dem li. auf einen Stein gefallen.") In der Unfallanzeige vom 22. September 2009 gab die GmbH an, die Klägerin ("Unternehmer" "Gesellschafter/Geschäftsführer") sei seit Mai 1984 als Büro- und Baustellenangestellte beschäftigt und ständig in den Unternehmensteilen "Büro und Baustellen" tätig. Die Arbeitszeit dauere von 9 bis 14 Uhr. Im Auftrag der Gartenbau-BG erstattete die Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. B unter dem 11. Februar 2010, u.a. auf der Grundlage einer klinischen Untersuchung der Klägerin am Vortag, eine fachchirurgische Stellungnahme. Darin heißt es u.a., die Klägerin sei "seit 1984 in der unfallbringenden Firma angestellt" und "vorwiegend im Außendienst tätig (Botengänge zu Baustellen) und teilweise auch im Büro". Nach einem von der Gartenbau-BG veranlassten Zwischenbericht zweier Ärzte der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaft Berlin e.V. vom 6. Mai 2010 gab die Klägerin bei ihrer Vorstellung am Vortag an, dass sie mit der Arbeitsbelastungserprobung nicht beginnen könne, da sie keine schweren Gegenstände heben oder tragen könne, was "täglich in ihrer beruflichen Tätigkeit vorkommen würde." Für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 28. Juni 2010 erhielt die Klägerin von der Gartenbau-BG Verletztengeld in Höhe von insgesamt 42.103,53 Euro.
- In einer weiteren Unfallanzeige vom 2. September 2010 bezüglich eines zwei Tage zuvor erlittenen Unfalls "bei einer Baustellenbegehung" wiederholte die GmbH die o.g. Angaben zur Tätigkeit der Klägerin, ohne jedoch Beginn und Ende der Arbeitszeit mitzuteilen.
- In einem weiteren Durchgangsarztbericht vom 24. Januar 2011 wegen eines am 30. November 2010 erlittenen Unfalls ("beim Abladen von Werkzeugen ist der Vers. eine Brechstange auf den li. Fuß gefallen.") gab der Durchgangsarzt Dr. L erneut an, die Klägerin sei als Selbständige beschäftigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der ehemaligen Gartenbau-BG, die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage insgesamt stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nur teilweise rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Familienversicherung der Klägerin nach § 10 SGB V liegen zwar für die Zeit ab dem 1. Juli 2001 nicht mehr vor, weil die Klägerin hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist (hierzu unter B). Da die Beklagte aber durch ihren Bescheid vom 19. Oktober 2007 zumindest konkludent auch eine Familienversicherung der Klägerin bis zum 13. Juni 2007 festgestellt hat, ist sie mangels aufhebender Entscheidung hieran gebunden. In diesem Umfang hat die Klage Erfolg (hierzu unter C).
A. Streitgegenstand ist neben den vom Sozialgericht ausdrücklich aufgehobenen Bescheiden vom 18. März 2009 und 23. September 2009 auch der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2007. Indem die Beklagte im Schreiben von diesem Tag dem Beigeladenen zu 1) mitteilte, die Familienversicherung ende zum 13. Juni 2007, traf sie eine Regelung i.S.v. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), sodass das Schreiben einen Verwaltungsakt i.S. dieser Vorschrift darstellt. Im hierauf reagierenden Schreiben der Eheleute vom 26. Oktober 2007 liegt ein Widerspruch i.S.v. § 78ff SGG. Dieser ist zulässig, weil der an den Stammversicherten gerichtete, eine Familienversicherung ablehnende Bescheid von dem betroffenen Familienangehörigen angefochten werden kann (BSG, Urteil vom 18. März 1999 - B 12 KR 8/98 -, juris).
Nicht mehr Streitgegenstand ist die Frage, ob die Klägerin auch in der Zeit vom 1. bis 30. Juni 2001 familienversichert war. Denn ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht durch ihre Rechtsanwältin gestellter Klageantrag umfasste diesen Zeitraum nicht, sodass das Sozialgericht hierüber auch nicht entscheiden musste.
B. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung der Klägerin liegen seit dem 1. Juli 2001 nicht mehr vor.
I. Im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V sind nach dessen Abs. 1 Satz 1 versichert u.a. Ehegatten von Mitgliedern, wenn sie 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 2. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind, 3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht, 4. nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und 5. kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin seit dem 1. Juli 2001 nur teilweise vor.
II. Der Beigeladene zu 1) war und ist aufgrund einer freiwilligen Versicherung Mitglied der Beklagten. Die Klägerin hat(te) ihren Wohnsitz in Berlin. Sie war und ist weder versicherungsfrei noch von der Versicherungspflicht befreit und erzielt(e) kein Gesamteinkommen i.S.v. § 16 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV – dieses stieg von 327,28 EUR im Jahre 2001 auf 385.- EUR im Jahre 2013 – überschritt oder überschreitet.
Sie unterlag und unterliegt keinem der in § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V aufgeführten Versicherungspflichttatbestände, insbesondere war und ist sie nicht gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. Denn nicht beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV ist, wer – wie die Klägerin – als Gesellschafter-Geschäftsführer mindestens die Hälfte der Gesellschaftsanteile hält und aufgrund dessen Weisungen an sich jederzeit verhindern kann (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 12 KR 34/00 R –, juris).
III. Die Klägerin war und ist jedoch hauptberuflich selbständig erwerbstätig i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V.
1. Selbstständig erwerbstätig ist, wer als natürliche Person selbst mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft, in einem Gewerbebetrieb oder einer sonstigen insbesondere freiberuflichen Arbeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausübt. Die Gewinnerzielungsabsicht, auf die die selbstständige Tätigkeit gerichtet sein muss, stellt dabei auf das sozialrechtlich relevante Arbeitseinkommen ab. Dieses ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit; es umfasst neben den steuerrechtlich maßgeblichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 18 Einkommenssteuergesetz – EStG –) auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 ff. EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15 ff. EStG). Die selbstständige Erwerbstätigkeit umfasst daher alle durch den Arbeitseinkommensbegriff in Bezug genommenen und auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Handlungen. Das bedeutet, dass die Tätigkeit lediglich (subjektiv) darauf gerichtet sein muss, positive Einnahmen zu erzielen. Dagegen wird nicht verlangt, dass Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Tätigkeiten, die nur aus Liebhaberei oder zum Zeitvertreib verrichtet werden, werden hingegen nicht zu Erwerbszwecken ausgeübt.
Tätigkeiten in Ausübung von Gesellschafterrechten (z.B. als Gesellschafter einer GmbH) sind keine selbständigen Erwerbstätigkeiten, wenn diese sich allein dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zuordnen lassen. Insofern stellt sich auch der aus dem Halten von Gesellschaftsanteilen erzielte Gewinn nicht als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundene Einkunftsart dar. Werden daneben jedoch auf der Grundlage zusätzlich bestehender Rechtsbeziehungen Tätigkeiten erbracht – schon die Vereinbarung einer Vergütung macht grundsätzlich einen zusätzlichen Vertragsschluss erforderlich –, kommt dagegen eine selbstständige Tätigkeit, insbesondere im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses, oder bei persönlicher Abhängigkeit die Annahme einer abhängigen Beschäftigung in Betracht.
Organwalter juristischer Personen (z.B. die Geschäftsführerin einer GmbH), die neben der gesellschaftsrechtlichen Verbindung in einer weiteren Beziehung zur juristischen Person stehen und dabei Tätigkeiten ausüben, die nicht allein dem körperschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen sind, oder die Aufgaben wahrnehmen, die hinsichtlich ihres Umfangs oder ihrer Art nach über das hinausgehen, was Satzung, Vertrag, Beschlüsse der Organe und allgemeine Übung an Arbeitsverpflichtungen festlegen, oder eine Vergütungsvereinbarung getroffen haben, üben grundsätzlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus (so zutreffend Ziffer 2.2 des Gemeinsamen Rundschreibens des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 11. Juni 2013 ("Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit"), veröffentlicht u.a. unter http://www.tk.de/centau-rus/servlet/contentblob/590212/Datei/114902/Hauptberuflich-Selbststaendig.pdf, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R – und vom 4. Juni 2009 – B 12 KR 3/08 R –, juris, jeweils m.w.N.).
Hieran gemessen war und ist die Klägerin selbständig erwerbstätig.
a. Dass die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin und/oder Gesellschafterin der K GmbH bzw. der T GmbH über die gesellschaftsrechtlichen Aufgaben einer GmbH-Geschäftsführerin bzw. -Gesellschafterin hinausgeht, lässt sich mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht feststellen. Dies gilt hingegen nicht für die Tätigkeit der Klägerin für die GmbH. Insoweit überschritt und überschreitet der persönliche Einsatz der Klägerin ihre gesellschaftsrechtlichen Aufgaben bei weitem.
aa. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass die Klägerin (auch) in der Zeit nach dem 30. Juni 2001 zumindest mehr als 20 Stunden wöchentlich für die GmbH tätig war und ist.
(1) Diese Feststellung lässt sich allerdings nur sehr bedingt auf die klägerischen Angaben stützen. Denn zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ihrer Wahrheitspflicht nicht genügt, indem sie auf ausdrückliche Nachfrage des Senats mitteilte (Schriftsatz vom 18. Februar 2013), seit 2001 sei sie an weiteren Gesellschaften als der GmbH bzw. der K GmbH nicht beteiligt (gewesen), und hierbei ihre zwei Jahre dauernde Funktion als (Allein-)Geschäftsführerin der T GmbH verschwieg. Darüber hinaus sind die Angaben der Klägerin zu ihrer Tätigkeit für die GmbH, aber auch im Übrigen vielfach so widersprüchlich, dass sie nicht als glaubhaft angesehen werden können: - Die Angaben der Klägerin zum wöchentlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die GmbH schwanken zwischen 30 und 5 Stunden (Schreiben vom 6. Juni 2008 einerseits; mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht andererseits). - Im Zusammenhang mit ihrem am 14. Juni 2007 erlittenen Arbeitsunfall hat die Klägerin – wie aus dem Tatbestand ersichtlich – insgesamt drei unterschiedliche Angaben zu ihrer Arbeitszeit an diesem Tag gemacht (7 bis 17 Uhr, 7 bis 16.30 Uhr, 7 bis 16 Uhr). In diesem Rahmen hat der Senat berücksichtigt, dass z.B. die in den ärztlichen Berichten enthaltenen Angaben gegenüber der Gartenbau-BG nicht unmittelbar von der Klägerin stammen; gleichwohl sind nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte erkennbar, warum die Verfasser dieser Berichte die von der Klägerin anlässlich der ärztlichen Behandlungen gemachten Angaben verfälscht haben sollten. - Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 bezeichnete sich die Klägerin als "alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin" der K GmbH, obwohl durch entsprechende Vereinbarungen bereits vom 4. September 2007 Herr E mit Wirkung zum 1. Januar 2008 als weiterer Gesellschafter und Geschäftsführer in diese Gesellschaft eingetreten war. Im gleichen Schreiben gab sie an, für diese Gesellschaft "weder körperlich noch geistig tätig" zu sein, kurze Zeit später (Schreiben vom 6. Juni 2008), beschrieb sie diese Tätigkeit hingegen als nicht "nennenswert". - Die Stellung einer (Mit-)Geschäftsführerin verträgt sich angesichts der gesetzlich GmbH-Geschäftsführern zugewiesenen Aufgaben weder mit einer Tätigkeit "in nachgeordneter Stellung", wie die Klägerin im Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 30. Oktober 2008 im Hinblick auf die GmbH behauptet, noch mit dem Ausschluss jeglicher Tätigkeit, wie die Klägerin bezüglich der K GmbH zunächst vorgebracht hat.
(2) Zum selben Ergebnis – Tätigkeit der Klägerin für die GmbH im Umfang von mindestens 20 Stunden wöchentlich – gelangt man indes auch, wenn man die nicht interessegeleiteten Angaben der Klägerin zugrunde legt, d.h. insbesondere diejenigen Aussagen, die sie gegenüber Personen getätigt hat, die – wie z.B. die behandelnden Ärzte – nicht über ihre Sozialleistungsansprüche zu entscheiden hatten. Danach hat die Klägerin nicht nur körperliche schwere Arbeiten verrichtet (ärztliche Stellungnahme vom 6. Mai 2010), sondern auch mehrere Stunden werktäglich für die GmbH gearbeitet (wie den Durchgangsarztberichten bzw. den Unfallmeldungen der GmbH zu entnehmen ist). Dies wiederum deckt sich mit ihrem Schreiben an die Beklagte vom 6. Juni 2008, wonach sie "über den 31.05.2001 hinaus [ ] für die [ ] GmbH [ ] rd. 30 Std. in der Woche" tätig gewesen sei.
bb. Die von der Klägerin ausgeübten Verrichtungen gingen und gehen auch erheblich über ihre gesellschaftsrechtlichen Aufgaben hinaus.
(1) Nach den gesetzlichen Vorgaben unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter nach § 46 Nr. 1 und 5 des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) insbesondere die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses und die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern. Mit der Stellung als GmbH-Geschäftsführer sind neben eher formalen Aufgaben – Anmeldungen zum Handelsregister (§ 78 GmbHG), Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 49 Abs. 1 GmbHG), Buchführung (§ 41 GmbHG), Vorlage von Jahresabschluss und Lagebericht (§ 42a GmbHG) – vor allem gestaltende Tätigkeiten in der Unternehmensleitung (wie Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Personalwesen, Beziehungen zu Geschäftspartnern) verbunden.
(2) Die Tätigkeiten, die die Klägerin nach ihren Angaben für die GmbH ausübte, wichen und weichen davon erheblich ab. Insbesondere hat sie nach eigener Darstellung keinerlei unternehmensleitende Tätigkeiten, sondern untergeordnete Hilfsarbeiten ausgeführt. Wiederholt hat sie angegeben, sie habe im Wesentlichen einfache Büroarbeiten und Botengänge verrichtet. Diese zählen gerade nicht zu den charakteristischen Aufgaben einer Geschäftsführerin. Der Senat verkennt nicht, dass – insbesondere in einer familiengeführten oder umsatzschwachen GmbH – hin und wieder auch untergeordnete Hilfsarbeiten (wie z.B. Reinigung der Geschäftsräume, Botengänge) von einem Geschäftsführer übernommen werden. Anders als im Falle der Klägerin geben solche Verrichtungen der Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers aber nicht das Gepräge.
b. Diese ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten bei weitem überschreitende Tätigkeit der Klägerin für die GmbH beruht auf einer gesonderten Rechtsbeziehung.
aa. Ob eine solche auch in der ehelichen Beistandspflicht (Palandt-Brudermüller, BGB, § 1356 Rd. 7 m.w.N.) liegen kann, muss der Senat nicht entscheiden. Denn die Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit auf familienrechtlicher Grundlage liegen nicht vor. Nachdem mit der gesetzlichen Neuregelung durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts mit Wirkung zum 1. Juli 1977 die gesetzliche Pflicht der Ehefrau zur Mitarbeit im Beruf und Geschäfts des Ehemannes aufgehoben wurde (vgl. Roth, in: Münchener Kommentar zur BGB, 6.A., § 1356 Rd. 19f), ist eine sich aus der ehelichen Beistandspflicht und der wechselseitigen Verantwortung füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB) resultierende Mitarbeitspflicht auf extreme Ausnahmen beschränkt (Palandt a.a.O.). Sofern wirtschaftliche Schwierigkeiten des vom Ehemann geführten Betriebs teilweise als Anlass für eine solche ex-treme Ausnahme bejaht werden (Roth, a.a.O., Rd. 21), bleibt die Pflicht zur Mitarbeit auf einen engen Zeitraum begrenzt (Roth, a.a.O.). Eine zwischenzeitlich über 12 Jahre andauernde Tätigkeit – wie im Falle der Klägerin – wird hiervon nicht erfasst.
bb. Einer gesonderten Rechtsbeziehung im o.g. Sinne liegt typischerweise ein zivilrechtlicher Vertrag (§ 145ff Bürgerliches Gesetzbuch) zugrunde, welcher formfrei, d.h. insbesondere nicht schriftlich, und bereits durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann (Palandt-Heinrichs/Ellenberger, BGB, vor § 116 Rd. 6, m.w.N.; für Dienstverträge: Palandt-Weidenkaff, BGB, § 611 Rd. 2). Im vorliegenden Fall liegt darin, dass die Klägerin im Einverständnis mit der GmbH Verrichtungen für diese ausübt, die über ihre gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Aufgaben als Gesellschafterin und Geschäftsführerin erheblich hinausgehen, ein konkludent abgeschlossener Vertrag.
c. Die Klägerin übt(e) ihre über die gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen hinausgehende Tätigkeit für die GmbH auch mit Gewinnerzielungsabsicht aus.
aa. Keine Anhaltspunkte bestehen dafür, dass die Klägerin diese Dienste gegen eine Vergütung i.S.v. § 612 BGB erbringt.
bb. Eine Gewinnerzielungsabsicht resultiert hingegen aus dem Umstand, dass die Klägerin durch ihren außergewöhnlichen Einsatz für die GmbH eine Steigerung des an sie als Gesellschafterin auszuschüttenden Gewinns herbeiführen kann.
(1) Die sozialrechtlich relevanten Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit ("Arbeitseinkommen"), auf deren Erzielung eine derartige Tätigkeit gerichtet sein muss, sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV identisch mit dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind Gewinn in diesem Sinne jeweils die steuerrechtlich maßgeblichen Einkünfte nicht nur aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 18 EStG), sondern auch aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13ff EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15ff EStG).Der Begriff der "selbständigen Tätigkeit" in § 15 SGB IV umfasst deshalb alle durch diesen Begriff des Gewinns in Bezug genommenen und auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Handlungen. Andererseits ist der Anwendungsbereich von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV allein auf die hiernach relevanten Einkünfte gerade aus derartigen typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeiten beschränkt und umfasst nicht etwa "jegliches" Einkommen aus selbständiger (nicht abhängiger) Tätigkeit. Alle aus anderen Quellen stammenden Einkommen, wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG) und Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG) werden damit sozialversicherungsrechtlich grundsätzlich nicht erfasst und nicht durch eine selbständige Tätigkeit erzielt. Allerdings hat das BSG insoweit unter Hinweis auf § 20 Abs. 3, § 21 Abs. 3 EStG entschieden, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§§ 21, 21a (aF) EStG) und sonstige Einkünfte i.S.v. § 22 EStG (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) dann sozialversicherungsrechtliches Arbeitseinkommen sein können, wenn sie – anders als hier – ihrerseits den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 2009 – B 12 KR 3/08 R –, juris, m.w.N.).
(2) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich auch Gewinnanteile. Der aus Anteilen erzielte Gewinn kann mithin in der Regel nicht als typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundene Einkunftsart, das auf seine Erzielung gerichtete Handeln nicht als Ausdruck einer rechtlich relevanten Absicht, Gewinne i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu erzielen, gesehen werden. Dies gilt aber nur, solange der Gesellschafter/Geschäftsführer – anders als die Klägerin – ausschließlich die mit seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung verbundenen notwendigen Aufgaben wahrnimmt. Die Klägerin ist hingegen umfangreich für die GmbH nach außen hin aufgetreten und hat sich hierdurch weit über ihre gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen hinaus für die GmbH engagiert. Insofern haben sich – wie die Klägerin selbst bestätigt hat – durch die Aufhebung ihres Anstellungsvertrags zum 31. Mai 2001 keine Änderungen im Hinblick auf den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit ergeben. Aber auch die Absicht der Klägerin, durch ihr Engagement für die GmbH zu deren Erfolg beizutragen, welcher letztlich in Gewinnausschüttungen auch an sie als Gesellschafterin mündet, bestand fort. Denn eine diesbezügliche Änderung des Gesellschaftsvertrags haben die Klägerin und ihr Ehemann gerade nicht beschlossen. Angesichts dessen ist in der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Gewinnausschüttung entgegen der grundsätzlichen steuerrechtlichen Wertung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) eine verdeckte Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit enthalten (vgl. zu dieser Wertung: BSG a.a.O.). Diese Vergütung stellt Gewinn aus selbständiger Tätigkeit, mithin Arbeitseinkommen i.S.v. 15 Abs. 1 SGB IV dar.
cc. Eine Gewinnerzielungsabsicht setzt – dies macht schon der Begriff deutlich – nicht die Erwirtschaftung eines tatsächlichen Gewinns voraus; die "Absicht" genügt. Dies ist auch sachgerecht, da andernfalls der Status von solchen unternehmerisch tätigen Familienversicherten stets davon abhinge, ob die GmbH im jeweiligen Jahr einen Gewinn an seine Gesellschafter ausgeschüttet hat oder nicht. Dass an die Klägerin – nach eigenen Angaben – durch die GmbH seit 2001 kein Gewinn ausgeschüttet wurde, steht ihrer Gewinnerzielungsabsicht demzufolge nicht entgegen.
2. Die Klägerin übt(e) diese selbständige Erwerbstätigkeit auch hauptberuflich aus.
Die Bedeutung des Tatbestandselements "hauptberuflich" erschöpft sich nicht in der gewichtenden Abgrenzung gegenüber parallel ausgeübten Beschäftigungen, wie sie für die Frage des Ausschlusses der grundsätzlich an eine solche Beschäftigung anknüpfenden eigenen Versicherungspflicht in § 5 Abs. 5 SGB V im Vordergrund steht. Auch für eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit i.S.v. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V wird nicht auf die (alleinige) Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit, sondern auf deren Umfang abgestellt. Dem ist auch für das Merkmal "hauptberuflich" i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zu folgen, das in Ermangelung einer eindeutigen Wortbedeutung der Auslegung zugänglich ist. Allerdings führt nicht jede selbständige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, bereits nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V zum Ausschluss von der Familienversicherung. Anderenfalls liefe die Regelung der Nr. 5 in Bezug auf Arbeitseinkommen leer. Gleichzeitig ist aus der gesonderten Festlegung einer Einkommensgrenze in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zu folgern, dass es für die Hauptberuflichkeit einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht (jedenfalls nicht allein) auf die Höhe des damit erzielten Einkommens ankommen kann, da § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V ohnehin nur Tätigkeiten betreffen kann, bei denen das Einkommen unterhalb der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V genannten Schwelle von einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße liegt (BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 4/10 R –, juris). So spricht auch die Gesetzesbegründung davon, dass die in Nr. 4 genannten Angehörigen ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Einkommens von der Versicherung ausgeschlossen seien (BT-Drucks 11/2237, S. 161). Vor diesem Hintergrund kann das Merkmal "hauptberuflich" nur eine bestimmte Qualität der Tätigkeit und/oder deren Umfang betreffen. Ein solches Verständnis liegt auch § 10 Abs. 1 S 2 SGB V zugrunde, der sicherstellen soll, dass Nebenerwerbsbäuerinnen, die ihre Arbeitszeit überwiegend auf die Haushaltsführung verwenden und deshalb im Regelfall nicht wegen hauptberuflich selbständiger Erwerbstätigkeit aus der Familienversicherung ausscheiden (BT-Drucks 11/3480, S. 49), nicht aufgrund der Fiktion des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte hiervon ausgeschlossen werden (BSG, a.a.O.). Eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V ist daher jedenfalls dann gegeben, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit – wie im Falle der Klägerin – mehr als halbtags ausgeübt wird (so zu § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V: BSG, Urteil vom 10. März 1994 - 12 RK 3/94 -, juris). Welches Einkommen die Klägerin hieraus erzielt, ist indes irrelevant.
C. Soweit der Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis 13. Juni 2007 betroffen ist, hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Zwar lagen – wie bereits festgestellt – auch in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nicht vor. Die Beklagte ist allerdings an ihre anderslautende Feststellung in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2007 gebunden.
I. Dieses Schreiben stellt einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X dar, da es zur Regelung eines Einzelfalls – Familienversicherung der Klägerin – erlassen wurde. Es beinhaltet zwei Verfügungssätze: In der Aussage, dass die Familienversicherung der Klägerin am 13. Juni 2007 geendet habe, liegt zum einen die Feststellung, dass die Klägerin ab dem 14. Juni 2007 nicht mehr familienversichert ist. Zum anderen wird damit zugleich konstatiert, dass bis zum 13. Juni 2007 eine Familienversicherung der Klägerin bestanden habe.
II. Diese Feststellung ist zwar – wie sich aus dem unter B. Gesagten ergibt – rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung schon ab dem 1. Juli 2001 nicht mehr vorlagen. Weil der Bescheid vom 19. Oktober 2007 insoweit in Bestandskraft erwachsen ist, ist er für alle Beteiligten bindend geworden (§ 77 SGG).
III. Dieser Bescheid wurde von der Beklagten auch nicht rechtmäßig aufgehoben.
1. Es fehlt allerdings nicht bereits an einer Aufhebungsentscheidung der Beklagten. Indem sie mit dem Bescheid vom 18. März 2009 festgestellt hat, dass die Klägerin schon ab dem 1. Juni 2001 nicht mehr familienversichert sei, hat sie konkludent die im Bescheid vom 19. Oktober 2007 enthaltene zeitliche Beschränkung (fehlende Familienversicherung erst ab dem 13. Juni 2007) beseitigt und diesen Bescheid insoweit aufgehoben.
2. Die gesetzlichen Anforderungen an eine rechtmäßige Aufhebungsentscheidung sind jedoch nicht erfüllt.
a. Die Rechtgrundlage für die Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte (Rücknahme) findet sich in § 45 SGB X. Nach dessen Abs. 1 gilt: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
b. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Dahin stehen kann, ob sich die Klägerin unter Hinweis auf § 45 Abs. 2 SGB X auf Vertrauen berufen könnte. Selbst wenn ihr dies verwehrt wäre, hätte die Beklagte das ihr durch Abs. 1 der Vorschrift eingeräumte Ermessen ("darf") ausüben müssen. Ermessenserwägungen sind den Bescheiden der Beklagten vom 18. März 2009 und 23. September 2009 indes nicht zu entnehmen. Es ist noch nicht einmal erkennbar, dass die Beklagte sich überhaupt eines Ermessensspielraums bewusst war (zu diesem Gesichtspunkt: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/Steinwedel, § 45 SGB X, Rd. 56). Die Beklagte hat – was grundsätzlich zulässig ist (Steinwedel, a.a.O., Rd. 62) – Ermessenserwägungen auch nicht während des Gerichtsverfahrens mit heilender Wirkung nachgeholt. Darüber hinaus sind auch keine Umstände dargetan oder anderweitig ersichtlich, die eine Ermessensreduzierung auf Null rechtfertigen könnten.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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