L 1 KR 85/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2020/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 85/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht (noch) die Bewilligung einer Psychotherapie in Form einer Kurzzeittherapie.

Der 1951 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger leidet u. a. Morbus Menière, Asthma Bronchiale, einem chronischem Schmerzsyndrom mit Fatigue, einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowie eine koronaren Herzkrankheit. Er erhält eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Die Pflegestufe II ist beantragt.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger für die Zeit ab 10. März 2009 eine Psychotherapie in Form einer Kurzzeittherapie von 25 Sitzungen bei dem Dipl.-Psychologen M N. Die Therapie wurde ab Oktober 2010 auf Antrag des Klägers in Form einer Langzeittherapie mit 45 Sitzungen fortgesetzt.

Der Kläger beantragte im August 2011 eine (weitere) Psychotherapie in Form einer Kurzzeittherapie/Verhaltenstherapie beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O L. Dieser gab zur Antragsbegründung an, die Kurzzeittherapie solle zur Überprüfung einer Indikationsstellung zur Langzeittherapie durchgeführt werden. Der Kläger leide an einer schweren depressiven Lebenskrise mit PTBS. Die Therapie solle helfen, die Krise zu überwinden. Weil der Kläger weiterhin beim Psychologen N in Therapie war, erteilte die Beklagte einen Auftrag zur Begutachtung des Antrags des Klägers auf Psychotherapie bei Dr. L an Frau Prof. Dr. W. Diese führte in ihrer Stellungnahme auf einem Formblatt (PTV5) aus, dass die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Beklagten nicht erfüllt seien. Das Feld für die Begründung des Gutachtens ist geschwärzt. Es findet sich folgende handschriftliche Ergänzung auf dem Formblatt: "Es werden keine Angaben zum Störungsbild und zum methodischen Vorgehen gemacht". Weiterhin ist ausgeführt, dass die Ablehnungsgründe dem Therapeuten persönlich mitgeteilt würden.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme unter Berufung auf die Stellungnahme der Frau Prof. Dr. W ab. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 14. Oktober 2011.

Weiter hat er am 18. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und zunächst begehrt, das Gutachten der Prof. Dr. W herauszugeben.

Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2012 zurückgewiesen. Die Therapie sei abzulehnen gewesen. Über die Ablehnungsgründe im Einzelnen würde die Beklagte aufgrund der geltenden Psychotherapie-Richtlinien und der Psychotherapie-Vereinbarung nicht informieren. Das Formblatt PTV5 enthalte lediglich eine Kurzbegründung.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgebracht mehrere Ärzte hätten bei ihm die Erkrankung PTBS diagnostiziert. Er habe viele Anläufe unternehmen müssen, um überhaupt einen Psychotherapeuten zu finden, der ihn behandele. Die Schmerztherapie bei Herrn N habe nichts mit der Trauma-Therapie zu tun. Sein vorrangiges Anliegen sei es, die Ablehnungsgründe, die Dr. L offenbart worden sei, kennen zu lernen. Außerdem stelle er den Antrag auf beide Therapien. Das Gericht solle es einem Psychotherapeuten überlassen, ob beides nebeneinander gehe.

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Dr. L und des Herrn N angefordert. Dr. L weist in seinem Befundbericht vom 7. Mai 2012 daraufhin, dass er erst nach Beantragung der Therapie von der Beklagten auf die bereits laufende Therapie bei Herrn N hingewiesen worden sei. Wenn eine Langzeitverhaltenstherapie laufe, sei es Aufgabe des behandelnden Psychotherapeuten, alle Aspekte der notwendigen Behandlungsmaßnahmen aufeinander abzustimmen. Auch die Behandlung von Traumafolgen gehöre hierzu. Der Kläger habe sich von ihm vor allem behandeln lassen wollen, um die Symptomatik der Traumfolgestörungen zu bessern, da er - Dr. L - über besondere Qualifikationen diesbezüglich verfüge. Wenn die bereits laufende Therapie diese Behandlung nicht ermögliche, könne es zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein, sich der Sache anzunehmen, aber nicht parallel, da hier zu viele verschiedene therapeutische Einflussfaktoren zum Tragen käme und es nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus psychotherapeutischer Sicht sogar schaden oder überfordern könne, wenn hier ohne gegenseitige Enge Abstimmungen parallel an derselben Symptomatik gearbeitet werde.

Das SG hat ferner eine Stellungnahme der Ärztekammer Berlin eingeholt.

Es hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Februar 2013 abgewiesen. Die Verurteilung der Beklagten zur Einsichtnahme hin das Gutachten der Frau Prof. Dr. W sei bereits unzulässig. Dabei könne dahingestehen, ob die Klage bereits mangels fähiger Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig sei, weil bislang ein Verwaltungsakt fehle. Denn der Zulässigkeit stehe jedenfalls ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Denn die Beklagte habe erklärt, grundsätzlich keine Bedenken gegen die Vorgehensweise habe, dass der Kläger über sie einen Antrag auf Einsichtnahme in das Gutachten stelle. Lediglich während des laufenden Gerichtsverfahrens habe sie einen Schriftwechsel unmittelbar mit dem Kläger für nicht zielführend gehalten. Soweit der Kläger die Kostenübernahme für eine Psychotherapie begehre, sei die Klage unbegründet. Ausweislich des Befundberichts des Prof. Dr. L sei dieser nicht bereit, parallel neben der Verhaltenstherapie bei Herrn N die beantragte Kurzzeittherapie durchzuführen. Auch seien dessen Ausführungen in der Sache nachvollziehbar und schlüssig, so dass gegenwärtig auch die medizinische Notwendigkeit der Durchführung einer parallelen Verhaltenstherapie nicht ersichtlich sei. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem Befundbericht des Herrn N, der zwar allgemein ausführe, dass bei Vorliegen traumatische Erfahrungen eine spezielle Trauma-Therapie erforderlich sein könne.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 15. März 2013 gewandt. Der Sachverhalt sei entgegen der Ansicht des SG nicht geklärt. Es hätte ein sogenanntes Obergutachten eingeholt werden müssen. Die Rechtslage sei schwierig. Ihm werde auf der Nase herumgetanzt. Er sei Opfer eines Terroranschlages. Erst nach ca. einem Jahr gewähre die Beklagte nun gnädig Einsichtnahme in das Gutachten. Dr. L habe eine chronifizierte PTBS diagnostiziert. Bei diesem Psychotherapeuten sei die Krankenkasse das Problem. Auf privater Basis hätte Dr. L ihn ohne weiteres behandelt.

Im Protokoll des Erörterungstermin am 20. Dezember 2013 hat der Berichterstatter den Kläger daraufhin gewiesen, dass eine stationäre Behandlung seiner chronifizierten PTBS nach Aktenklage bislang ärztlich nicht verordnet und auch nicht abgelehnt worden sei. Der Berichterstatter hat weiter darauf hingewiesen, dass die Beklagte die hier streitgegenständliche ambulante Therapie nicht abgelehnt habe, weil es sich um die zweite handele, sondern der Behandler Dr. L die Behandlung selbst nicht mehr durchführen wollte.

Daraufhin hat der Kläger mitgeteilt, er selbst habe Dr. L abgelehnt. Die Beklagte sei bislang nicht aufrichtig gewesen. Er beantrage nochmals die erforderliche Traumatherapie zu Lasten der Beklagten unter der Beachtung des Umstands, dass er lebenslang chronischer Schmerzpatient sein werde. Er sei auch mit einem stationären Krankenhausaufenthalt einverstanden und hielte dies – wie Dr. L – für vorteilhaft. Einem Gerichtsbescheid in schriftlicher Form stimme er zu.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2012 zu verurteilen, die Kosten einer Psychotherapie zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie werde eine Verordnung stationärer Behandlung prüfen.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und die erwähnten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Mit Zustimmung der Beteiligten konnte ferner im schriftlichen Verfahren entschieden werden, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt.

Der Berufung bleibt Erfolg versagt.

Diese richtet sich ausweislich des Vorbringens nur noch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die begehrte ambulante Psycho(trauma)therapie.

Das SG hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Gerichtsbescheid nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Ergänzend ist nur noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die begehrte Psychotherapie nicht generell abgelehnt hat, insbesondere weil es sich um die zweite handeln würde, sondern weil der beantragte Behandler Dr. L die Behandlung selbst nicht mehr durchführen will. Mit einer stationären Psychotherapie musste sie sich bislang nicht befassen, da eine Krankenhauseinweisung nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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