L 17 EG 1/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 EG 31/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 EG 1/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 9/14 B (Beschluss -)
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Entgegen § 2 Abs. 9 Satz 2 BEEG ist in bestimmten Ausnahmefällen die Anwendung des § 2 Abs. 9 Satz 3 BEEG (Einkommensermittlung anhand des für den nach § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG maßgebenden Veranlagungszeitraums ergangenen Steuerbescheides) auch bei Wegfall von Einkommen aufgrund von schwangerschaftsbedingten Erkrankungen nach § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG zulässig.

2) Steuerrückerstattungen sind kein Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BEEG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 EStG.

3) Ein eingetragener Steuerfreibetrag nach § 39a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aufgrund hoher Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit ist bei der Einkommensberechnung nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG zu beachten, eine rückwirkende Berücksichtigung ist nicht möglich.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des Elterngeldanspruchs der Klägerin.

Die 1968 geborene, unverheiratete Klägerin mit Wohnsitz in B ist Mutter der 2007 geborenen Tochter M E. Sie beantragte am 20. Dezember 2007 bei dem Beklagten zunächst für die ersten sechs Lebensmonate ihres Kindes Elterngeld.

Die Klägerin war ab dem 30. April 2007 bis zur Geburt ihres Kindes schwangerschaftsbedingt arbeitsunfähig krank (ärztliches Attest Dr. Rr vom 30. April 2007). Sowohl in den letzten zwölf Monaten vor ihrer Arbeitsunfähigkeit als auch im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum (hier: Kalenderjahr 2006) war sie kontinuierlich als Schauspielerin und Sprecherin abhängig beschäftigt und auch selbständig tätig. Daneben gab sie noch durchgehend in diesem Zeitraum als Lehrbeauftragte Schauspielunterricht. Ihrem Antrag auf Zahlung von Elterngeld fügte sie ihre Verdienstabrechnungen aus nichtselbständiger Arbeit für das Kalenderjahr 2006, eine Aufstellung ihrer Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Jahr 2006 und die Steuerbescheide des Finanzamtes Berlin-Charlottenburg vom 12. März 2008 (für das Jahr 2006 - Steuer-Nummer ) und vom 03. August 2006 (für das Jahr 2005) bei, die beide eine Steuerrückerstattung von zusammen 7.879,04 EUR (für das Jahr 2005) bzw von 5.441,30 EUR (für das Jahr 2006) auswiesen. Eine Erwerbstätigkeit während der hier allein streitigen ersten sechs Lebensmonate ihres Kindes übte die Klägerin nach eigenen Angaben nicht aus.

Ausgehend von den vorgelegten Bescheinigungen bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 02. April 2008 der Klägerin für die ersten sechs Lebensmonate ihres Kindes (Leistungszeitraum 27. November 2007 bis 26. Mai 2008) Elterngeld von monatlich 1.482,14 EUR. Bei der Berechnung legte er die im Steuerbescheid vom 12. März 2008 ausgewiesenen Einkünfte von 7.200,-EUR aus selbständiger Tätigkeit und ein im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2006 erzieltes Erwerbseinkommen aus abhängiger Beschäftigung von netto 19.345,82 EUR zugrunde (zusammen monatlich netto 2.212,15 EUR), wobei er sowohl die Steuerrückerstattungen für das Jahr 2005 als auch für das Jahr 2006 nicht einkommenssteigernd berücksichtigte. Der hiergegen von der Klägerin am 18. April 2008 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. März 2009).

Mit ihrer 23. April 2009 vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat sich die Klägerin dagegen gewandt, dass weder die ihr im maßgebenden Bemessungszeitraum zugeflossene Steuerrückerstattung für das Jahr 2005 (Gutschrift vom 07. August 2007) noch die für das Jahr 2006 ausgewiesene Steuerrückerstattung elterngelderhöhend berücksichtigt worden seien.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides vom 02. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2009 Elterngeld in Höhe von monatlich 1.800,- EUR zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 25. November 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe zutreffend als Bemessungszeitraum das Jahr 2006 der Elterngeldberechnung zugrunde gelegt und dabei die im Steuerbescheid vom 12. März 2008 ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigt, die Steuererstattung für dieses Jahr bleibe unberücksichtigt. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit habe der Beklagte ebenfalls zutreffend nach § 2 Abs 7 Satz 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) aus den "Lohnsteuernachweisen des Arbeitgebers" berechnet. Auch hier habe der Beklagte zutreffend die im Bemessungszeitraum zugeflossene Steuerrückerstattung für das Jahr 2005 unberücksichtigt gelassen.

Gegen die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. Dezember 2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 23. Januar 2012 bei dem erkennenden Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung. Zur Begründung hat die Klägerin weiter vorgetragen, die Nichtberücksichtigung der Steuerrückerstattung für 2006 diskriminiere Schauspielerinnen wie sie aufgrund ihrer besonderen Beschäftigungs- und Erwerbssituation. Schauspielerinnen seien in ihren Verdienstmöglichkeiten stark eingeschränkt sobald sich die bestehende Schwangerschaft "schon äußerlich abzeichne". Zudem müsse sie sich lange für eine Rolle vorbereiten, werde aber grundsätzlich (nur) pro Arbeitstag bezahlt. Dies habe zur Folge, dass für ihr in relativ kurzer Zeit erwirtschaftetes Einkommen hohe steuerliche Abgaben anfielen, die dann rückwirkend über eine entsprechend hohe Steuerrückerstattung wieder korrigiert werden. Dies berücksichtige das von dem Beklagten berechnete Elterngeld nicht. Es gehe nicht an, dass sie durch die Berechnungsmodalität des § 2 BEEG bei der Höhe ihres Anspruchs auf Elterngeld ohne die Berücksichtigung der Steuerrückerstattung gemessen an ihren tatsächlichen Einkommen um rund 20% schlechter gestellt werde. Dies sei nicht mehr mit dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren und könne auch nicht mit Verwaltungsvereinfachungsargumenten erklärt werden.

Der Senat hat von dem Beklagten eine Probeberechnung des streitigen Anspruchs auf Elterngeld eingeholt (Fax des Beklagten vom 28. Februar 2014). Unter Berücksichtigung der im Einkommenssteuerbescheid vom 12. März 2008 ausgewiesenen Steuerrückerstattung von 5.441,30 EUR würde sich danach das für die Klägerin im Bemessungszeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2006 erzielte durchschnittliche monatliche Erwerbseinkommen um diesen Betrag auf netto 31.987,12 EUR bzw auf monatlich netto 2.665,59 EUR erhöhen. Dies entspräche einem Elterngeldanspruch der Klägerin für die ersten sechs Lebensmonate ihrer Tochter von monatlich 1.785,95 EUR.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 02. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2009, zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 27. November 2007 bis zum 26. Mai 2008 (erster bis sechster Lebensmonat) monatlich weitere 303,81 EUR als Elterngeld zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die nachträglich zugeflossene Steuerrückerstattung nach § 2 BEEG nicht die im Bemessungszeitraum erzielten Einkünfte erhöhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Berlin vom 25. Februar 2012 ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG, dazu: Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung, zuletzt wohl Urteil vom 04. September 2013 – B 10 EG 18/12 R – Sozialrecht (SozR) 4-7837 § 2 Nr 23 (vorgesehen); Urteil vom 27. Juni 2013 – B 10 EG 8/12 R – SozR 4-7837 § 1 Nr 4) zulässig. Streitgegenstand ist, wie vom SG zutreffend angenommen, nur der Anspruch auf Elterngeld für die ersten sechs Lebensmonate der Tochter der Klägerin. Soweit der Beklagte mit Bescheid vom 05. September 2009 in der Gestalt des Teilaufhebungsbescheides vom 05. Dezember 2009 zusätzlich der Klägerin auch Elterngeld für den siebten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter bewilligt hat, sind diese Bescheide nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Zudem liegt in dem jetzt auf Vorschlag des Senats (§§ 153 Abs 1, 106 Abs 1 SGG) betragsmäßig präzisierten Berufungsantrag der Klägerin keine Klageänderung (§ 99 Abs 1 und Abs 3 Nr 2 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet, das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den am 01. Januar 2007 in Kraft getrete-nen Vorschriften des BEEG vom 05. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I, 2748) in der bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung.

Die Klägerin war, wie von dem Beklagten zu Recht festgestellt, zum Bezug von Elterngeld berechtigt. Sie erfüllte die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG, weil sie während der hier allein maßgebenden ersten sechs Lebensmonaten ihres Kindes ihren Wohnsitz in Deutschland hatte (Nr 1), mit ihrem Kind in einem Haushalt gelebt (Nr 2), ihr Kind selbst betreut und erzogen hat (Nr 3) und selbst keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat (Nr 4).

Ein höheres Elterngeld kann die Klägerin, wie vom SG zutreffend entschieden, nicht beanspruchen.

Die Höhe des Elterngeldanspruches richtet sich nach § 2 BEEG. Nach dessen Abs 1 Satz 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800,- EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen.

Die für die Ermittlung des Einkommens weiter maßgebenden Bestimmungen enthält bei nichtselbstständiger Arbeit im Prinzip § 2 Abs 7 BEEG, während bei Selbstständigen das zu berücksichtigende Einkommen nach Maßgabe des Abs 8 oder des Abs 9 des § 2 BEEG (uU in Verbindung mit einzelnen Bestimmungen des Abs 7) zu ermitteln ist.

§ 2 Abs 8 Satz 1 BEEG stellt den Grundsatz auf, dass als Einkommen aus selbständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist (sog Bemessungseinkommen). Dabei ist, wie für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit, gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG auf die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes abzustellen (Bemessungszeitraum), wobei nach § 2 Abs 7 Satz 6 BEEG Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

Abweichend von § 2 Abs 1 Satz 1 und Abs 8 BEEG bestimmt § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist, wobei nach Satz 2 Besonderheiten beim gleichzeitigen Bezug von Elterngeld für Geschwisterkinder und beim schwangerschaftsbedingten Wegfall von Einkommen bestehen.

Schließlich bestimmt § 2 Abs 9 Satz 3 Halbsatz 1 BEEG, dass dann, wenn in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum "zusätzlich" Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden ist, Satz 1 dieser Vorschrift (Zugrundelegung des letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums) nur anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind. In diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach § 2 Abs 7 BEEG das in dem Veranlagungszeitraum nach Abs 9 Satz 1 zugrunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 2 Abs 9 Satz 3 Halbsatz 2 BEEG).

Gemessen an diesen Rechtsgrundlagen ist der von der Klägerin angefochtene Verwaltungsakt nicht zu beanstanden.

Die Klägerin war sowohl in den nach § 2 Abs 7 Satz 6, Abs 8 Satz 5 BEEG maßgebenden Zwölfmonatszeitraum als auch während des gesamten letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2006 ihrer Art nach und in etwa gleichem zeitlichen Umfang als Schauspielerin, Sprecherin und Lehrbeauftragte sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig erwerbstätig.

Das "vorgeburtliche" Einkommen der Klägerin hat der Beklagte nach § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG anhand des für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums (dazu § 25 Abs 1 Einkommensteuergesetz (EStG)) vor der Geburt ihres Kindes aufgrund des ergangenen Steuerbescheides (hier für das Jahr 2006) und den eingereichten Verdienstabrechnungen der jeweiligen Arbeitgeber der Klägerin für das Jahr 2006 errechnet. Dagegen haben weder die Klägerin noch der Beklagte im laufenden Berufungsverfahren Einwände erhoben.

Anlass zu Bedenken gegen dieses Vorgehen des Beklagten bestehen auch für den Senat nicht. Zunächst hat die Klägerin im hier maßgebenden Bemessungszeitraum "zusätzlich" im Sinne des § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG zu ihren Einkommen aus selbständiger Tätigkeit Einkommen aus nichtselbständigen Tätigkeit erzielt. Hierfür reicht es mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27. Juni 2013 – B 10 EG 2/12 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 21; Urteil vom 29. August 2012 – B 10 EG 18/11 R – juris.de; Urteil vom 17. Februar 2011 – B 10 EG 1/10 R – juris.de; Urteil vom 03. Dezember 2009 – B 10 EG 2/09 RSozR 4-7837 § 2 Nr 5) aus, dass sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlassungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ein Gewinn aus selbständiger Tätigkeit ergibt, hier mithin von 7.200,- EUR.

Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG sind erfüllt: Die Klägerin hat, wovon die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend ausgegangen sind (dazu BSG, Urteil vom 18. August 2011 – B 10 EG 7/10 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 10; Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 68/07 RSozR 4-4225 § 1 Nr 1), sowohl während des hier maßgebenden Zwölfmonatszeitraums von April 2006 bis März 2007 als auch während des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums des Jahres 2006 durchgehend ihre selbständige und unselbständige Tätigkeit ausgeübt, was den Rückgriff nach § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG auf das Einkommen im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums als repräsentativ erscheinen lässt. Dieser ist auch nicht nach Satz 2 dieser Vorschrift (Geschwisterkind/maßgebende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit) ausgeschlossen (zu undifferenziert insoweit: Wiegang, BEEG, Loseblatt, Stand Oktober 2013, § 2 Rn 40; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit, 2. Auflage 2010, § 2 BEEG Rn 25, beide allerdings nur unter Hinweis auf ein fehlendes Wahlrecht der Elterngeldberechtigten in Abs 9; dazu auch: Bundestags-Drucksache (BT-Drucks, 16/2785, Seite 38, wonach ein solches Wahlrecht nur "nicht erforderlich" sei). Entgegen der früheren Rechtsprechung des BSG ist der Wortlaut des § 2 BEEG jedoch durchaus auslegungsfähig (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 – B 10 EG 10/12 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 22, mit weiteren Nachweisen (mwN)), wobei § 2 Abs 9 Satz 2 BEEG ohnehin redaktionell versehentlich auf die Sätzen 5 "und" anstatt wohl richtigerweise "oder" 6 verweist (Lenz, am angegebenen Ort (aaO), § 2 BEEG Rn 26). Wie sich aus § 2 Abs 7 Satz 6 und Abs 8 Satz 5 BEEG ergibt, wollte der Gesetzgeber bewusst Kalendermonate mit einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölfmonatszeitraums unberücksichtigt lassen (dazu BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 RSozR 4-7837 § 2 Nr 2; Urteil vom 17. Februar 2011 – B 10 EG 20/09 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 8). Genau dem wird der hier von beiden Beteiligten einvernehmlich als Bemessungszeitraum zugrunde gelegte letzte steuerliche Veranlagungszeitraum vollständig gerecht, der im Übrigen auch ohne eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung der Klägerin maßgebender Bemessungszeitraum gewesen wäre. Mit der Rechtsprechung des BSG zum rechtlich zulässigen Verzicht auf an sich begünstigende Berechnungsvorschriften des BEEG (BSG, Urteil vom 18. August 2011 – aaO), geht der erkennende Senat davon aus, dass die Beteiligten jedenfalls bei der hier gegebenen besonderen Konstellation (fast zeitlich identische Bemessungszeiträume und einer nach Art und Zeit kontinuierlichen Erwerbstätigkeit in beiden Zeiträumen) einvernehmlich auf eine aufwendige monatsgenaue Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit verzichten und von der Vereinfachungsvorschrift des § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch machen konnten. Demgemäß hat der Beklagte in Übereinstimmung mit der Klägerin nach § 2 Abs 9 Satz 3 BEEG allein auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum des Jahres 2006 abgestellt und rechnerisch zutreffend mit netto 26.545,82 EUR jährlich bzw mit monatlich netto 2.212,15 EUR das nach § 2 Abs 1 BEEG maßgebende durchschnittlich erzielte monatliche Erwerbseinkommen der Klägerin errechnet.

Die Klägerin hat, wie vom SG im Ergebnis zu Recht entschieden, keinen Anspruch auf eine elterngelderhöhende Berücksichtigung von Steuerrückerstattungen, insbesondere der hier wohl nur noch streitigen und nach Ablauf des Bemessungszeitraums erfolgten Steuerrückerstattung von 5.441,30 EUR für das Jahr 2006.

Dies ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut als auch durch eine systematische Betrachtung des § 2 Abs 7 BEEG. Diese Vorschrift enthält eine ausschließliche Regelung zur Bestimmung des – hier allein streitigen – Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit. Vom Wortlaut her stellt § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG ausdrücklich auf die "auf dieses Einkommen entfallenden Steuern" ab und erfasst damit vom Wortsinn her nur die tatsächlich entrichteten Steuern. Spiegelbildlich unterstreicht der Gesetzgeber in Satz 3 dieser Vorschrift, dass unabhängig von den hier nicht gegebenen tatsächlichen Steuervorauszahlungen, nur die (tatsächlich) "abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer" (zur Verfassungsmäßigkeit, BSG, Urteil vom 27. Juni 2013 – B 10 EG 8/12 R – SozR 4-7837 § 1 Nr 4) maßgebend sein kann. Dieses Verständnis des § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG wird bestätigt von Satz 4 dieses Absatzes, wonach Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden "monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers" sind. Diese wiesen naturgemäß nur die tatsächlich abgeführten Steuerabzüge und gerade nicht, wie von der Klägerin begehrt, die im Einkommenssteuerbescheid erst endgültig festzusetzenden Steuerbeträge aus. Auch wenn § 2 Abs 7 Satz 1 und 3 BEEG keine zeitliche Zuordnung für die Abführung der Steuern treffen, wird daraus deutlich, dass das BEEG nur auf ein unter Abzug der tatsächlich abgeführten Steuern ermitteltes Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit abstellt (wie hier: Urteil LSG NRW vom 26. August 2009 – L 13 EG 24/09 – juris.de; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Oktober 2010 – L 5 EG 4/10 – juris.de). Auch bei der Berechnung der konkreten Höhe des Elterngelds stellt § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in der hier noch anzuwendenden Fassung ausdrücklich nur auf das im Bemessungszeitraum durchschnittlich "erzielte" monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab. Aus diesem Grund konnte der Gesetzgeber auf eine Berechnungsvorschrift einmalig gezahlter Leistungen (vgl dazu zB § 47 Abs 2 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm § 23a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) im BEEG verzichten.

Systematisch und dogmatisch korrekt kann danach mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. Juni 2009 – B 10 EG 3/08 RSozR 4-7837 § 2 Nr 1; Urteil vom 17. Februar 2011 – B 10 EG 17/09 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 7; zustimmend Röhl in jurisPR-SozR 23/2009) ein Lohnsteuerklassenwechsel vor der Geburt des Kindes elterngelderhöhend zu berücksichtigen sein. Selbst wenn dieser allein zur Erzielung höheren Elterngeldes gestellt worden ist, stellt dies nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zu Recht keinen Rechtsmissbrauch dar und ist bei der Elterngeldberechnung zu beachten. Daraus folgt zugleich, dass eine Elterngeldberechtigte weitere steuerlich zulässige Gestaltungsmöglichkeiten, etwa die Eintragung eines Freibetrags nach § 39a EStG, nutzen kann, um ggf hohe Werbungskosten auszugleichen (kritisch dazu Dau in jurisPR-SozR 4/2011).

Steuerrückerstattungen sind demgegenüber bei der Berechnung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen. Sie sind kein Einkommen im Sinne des § 2 Abs 1 Sätze 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 4 EStG. Ihr Zufluss wird nicht besteuert und prägt damit auch nicht im Sinne des § 2 Abs 1 BEEG das Einkommen aus Erwerbstätigkeit im maßgebenden Bemessungszeitraum. Dies hat das BSG zu Recht bereits bezogen auf Sozialleistungen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2011, aaO (Kran-kengeld); Urteil vom selben Tag – B 10 EG 21/09 R – juris.de Rn 64 (Arbeitslosengeld) und zum Verletztengeld mit Urteil vom 18. August 2013 – B 10 EG 8/10 R – juris.de) entschieden. Davon abzugrenzen ist (nur) der - hier nicht vorliegende - Sachverhalt, dass zum elterngeldrechtlich ermittelten Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit noch Einkommen hinzutritt, dass zwar im Bemessungszeitraum erarbeitet worden ist, jedoch erst nach Ablauf dieses Zeitraums dem Berechtigten tatsächlich zugeflossen ist (dazu BSG, Urteil vom 30. September 2010 – B 10 EG 19/09 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 6; Urteil vom 18. August 2011 – B 10 EG 5/11 R – SozR 4-7837 § 2 Nr 11, sog modifizierte Zuflusstheorie). Systematisch korrekt ist in diesen Fällen des reinen Zahlungsverzugs der Elterngeldanspruch neu zu berechnen (vgl dazu entsprechend zum Arbeitslosengeld I § 151 Abs 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), zum Krankengeld BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 – B 1 KR 19/03 RSozR 4-2500 § 47 Nr 2).

Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte das im maßgebenden Bemessungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Erwerbseinkommen der Klägerin rechtsfehlerfrei ohne die tatsächlich festgesetzten Steuerrückerstattungen für die Jahre 2005 und 2006 berechnet. Die Klägerin hat von der Möglichkeit eines Freibetrages nach § 39a EStG auf ihrer Steuerkarte keinen Gebrauch gemacht, so dass das gezahlte Elterngeld im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben als begrenzte Einkommensersatzleistung (dazu BSG, Urteil vom 05. April 2012 – B 10 EG 2/09 RSozR 4-7837 § 2 Nr 5; Beschluss vom 13. Mai 2013 – B 10 EG 20/12 B – juris.de) das mit der Geburt tatsächlich weggefallene Einkommen aus dem maßgebenden Bemessungszeitraum hier durchaus zutreffend wiederspiegelt. Bei anerkannten Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit von 12.876,- EUR (im Jahr 2005) bzw von 8.847,- EUR (im Jahr 2006) wäre es für die Klägerin möglich gewesen, ihr monatliches und damit elterngeldrelevantes Einkommen aus ihrer nichtselbständigen Tätigkeit durch Eintragung eines Freibetrages nach § 39a Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG betragsmäßig deutlich zu erhöhen. Tatsächlich war jedoch im Bemessungszeitraum des Jahres 2006 ihr regelmäßig verfügbares Einkommen von den hohen Aufwendungen für ihre nichtselbständige Tätigkeit geprägt. Dies beruhte nicht, wie die Klägerin vorgetragen hat, auf den Besonderheiten ihres Schauspielberufes, sondern auf der von ihr selbst vorgegebenen steuerlichen Behandlung ihrer Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Für die Nichteintragung eines Freibetrags nach § 39a Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG mag es durchaus gute Gründe gegeben haben, nach dem dargestellten Sinn und Zweck des § 2 Abs 7 BEEG ist es dem Beklagten allerdings nachträglich verwehrt, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten rückwirkend quasi im Wege einer Optimierungsberechnung elterngeldsteigernd einfach zu unterstellen.

Soweit die Klägerin hierin einen Verfassungsverstoß sieht, vermag ihr der Senat unter Berücksichtigung des Nichtannahmeschlusses des BVerfG vom 09. November 2011, aaO, und der Entscheidungen des BSG (Urteil vom 27. Juni 2013, aaO; Beschluss vom 04. September 2013 – B 10 EG 14/13 B – juris.de) nicht zu folgen. Das Gleiche gilt, soweit sie behauptet hat, als Schauspielerin mit einer sich "schon äußerlich abzeichnenden Schwangerschaft" weniger Rollenangebote erhalten und damit weniger Einkommen erzielt zu haben. Dem brauchte der Senat hier nicht weiter nachzugehen, denn angesichts des hier allein maßgebenden Bemessungszeitraums vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2006 dürfte dies bei einem Geburtstermin am 27. November 2007 biologisch bereits ausgeschlossen gewesen sein.

Schließlich hat der Beklagte, was auch von der Klägerin nicht bestritten wird, zutreffend nach § 2 Abs 1 BEEG den Elterngeldanspruch der Höhe nach berechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 und 193 SGG und berücksichtigt das Ergebnis der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs 1 Nr 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved