L 6 U 69/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 120/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 69/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beklagte hat der Klägerin 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die Beteiligten stritten darüber, ob die Klägerin in den Jahren 2001 bis 2008 ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieb.

Auf eine Anfrage der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Weiteren: Beklagte) teilte die Klägerin unter dem 15. November 2005 mit, dass das streitige Grundstück (Flurstücks 68, Flur 3) ausschließlich für private Zwecke als Garten genutzt werde. Sie sei seit 1994 Eigentümerin der Fläche.

Da die Klägerin auf weitere Anfragen nicht reagiert, ermittelte die Beklagte die Betriebsverhältnisse durch einen Vororttermin am 2. Mai 2006. Nach den Angaben eines Mitarbeiters der Beklagten - Herrn T. - war der Ehemann der Klägerin recht abweisend, da es sich nach seiner Auffassung um eine private Angelegenheit handele. Als ihm dann vor Ort mitgeteilt wurde, dass es sich bei der Fläche eindeutig um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handle, sei er beleidigend geworden. Herr T. führte aus, das Grundstück sei umfassend mit einem Zaun versehen und in mehrere Weidekoppeln unterteilt gewesen. Der Ehemann der Klägerin habe gleich zu Anfang des Gesprächs zu verstehen gegeben, dass er selbst Schafe halte und die Fläche von Pferden beweiden lasse. Auf dem später gefertigten Foto seien Koppelzäune und der Schafstall zu erkennen.

Die Beklagte setzte darauf mit Beitragsbescheid vom 11. Mai 2006 für die Jahre 2001 bis 2005 die Beiträge in Höhe von insgesamt von 353,97 EUR fest. Ferner erließ sie unter dem 12. Mai 2006 einen Bescheid über den Beginn ihrer Zuständigkeit ab dem
1. Januar 1994. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie in einer großen Klinik als MTA in Vollzeit beschäftigt sei. Landwirtschaft habe sie nie betrieben. Es handele sich um einen Kleingarten von 11.000 m². Sie verfüge auch weder über Pferde noch über Schafe. Zu weitergehenden Auskünften über Dritte sehe sie sich nicht veranlasst; die Beklagte möge sich direkt an diese Personen wenden.

Unter dem 19. Februar 2007 setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahr 2006 fest; auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

In einem Telefonat am 21. Juli 2007 teilte der Ehemann der Klägerin mit, es weideten für ca. zehn Tage fremde Schaf auf der Fläche; ortsansässige Pferdebesitzer nutzten seine Fläche als Auslauf und Weidefläche ohne seine Zustimmung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die beiden Widersprüche der Klägerin bezüglich der Beiträge für die Jahre 2001 bis 2005 sowie 2006 und gegen den Zuständigkeitsbescheid zurück und führte aus, nach ihren Ermittlungen betreibe die Klägerin ein landwirtschaftliches Unternehmen.

Hiergegen hat die Klägerin am 31. August 2007 Klage erhoben und zur Begründung ihren bisherigen Vortrag vertieft. Es sei allerdings zutreffend, dass für ca. zehn Tage Schafe und Pferde auf den Flächen geweidet hätten. Dies sei aber ohne ihre Zustimmung oder die ihres des Ehemanns erfolgt. Ferner hat die Klägerin die Angaben ihres Ehemannes bei dem Vor-Ort-Termin mit Nichtwissen bestritten. Sie selbst sei zu diesem Gespräch nicht eingeladen worden.

Im Weiteren setzte die Beklagte auch Beiträge für das Geschäftsjahre 2007und 2008 fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte zurück. Auch hiergegen hat die Klägerin jeweils Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. September 2009 die Klageverfahren verbunden und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. (Ehemann der Klägerin), A., K., M. und M. (Mitarbeiter der Beklagten).

Mit Urteil vom 20. Juni 2011 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben sowie den Streitwert auf 5.582,34 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus den Zeugenaussagen habe sich ergeben, dass die Klägerin das Grundstück nicht nutze und auch - abgesehen von dem Fahrweg - nicht mähe. Die Aussage des Zeugen T. sowie die dem Gericht übergebenen Fotos zeigten eindeutig eine bearbeitete und gepflegte Rasenfläche. Allerdings könne insoweit nur der Zustand am 2. Mai 2006 festgestellt werden. Das Foto zeige jedoch nicht das komplette Grundstück, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass etwa nur diese Fläche bearbeitet werde oder dieses Mähen nur einmal im Jahr erfolgt sei. Soweit ersichtlich sei keine Tierhaltung betrieben worden.

Gegen das ihr am 19. August 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. September 2011 Berufung eingelegt.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Herrn F. und Herrn T. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Nach einer Erläuterung der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen und eine Kostenentscheidung durch den Senat beantragt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.

II.

Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG; dazu unter 1.) und nicht § 197a SGG. Danach hat hier die Beklagte 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen (dazu unter 2.)

1. Gemäß § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Dies ist hier der Fall.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind, versichert. Gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VII) umfasst die landwirtschaftliche Unfallversicherung insbesondere land- und forstwirtschaftliche Unternehmen einschließlich der den Zielen des Natur- und Umweltschutz dienenden Landschaftspflege.

Die scheinbare Besonderheit im vorliegenden Fall besteht darin, dass der nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versicherte Kläger zugleich Beitragsschuldner gemäß
§ 150 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist. Grundsätzlich sind gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1
SGB VII Unternehmer für die in ihrem Unternehmen beschäftigten Versicherten beitragspflichtig. Die prinzipielle Gegenüberstellung von Versicherten einerseits und Unternehmern (Mitgliedern) andererseits macht gerade die strukturelle Besonderheit der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich zu den übrigen Sozialversicherungszweigen aus und rechtfertigt es, die Unternehmer in den Beitragsstreitigkeiten im allgemeinen nicht als Versicherte im Sinne des § 183 SGG anzusehen, weil nicht sie selbst, sondern nur ihre Arbeitnehmer die Versicherten sind. Abgrenzungsprobleme in seltenen Einzelfällen rechtfertigen nicht ohne einen sonstigen Anhaltspunkt eine Auslegung des § 183 SGG gegen seinen klaren Wortlaut. Der Begriff des Unternehmers oder des Selbständigen ist dem SGG unbekannt.

In der hier vorliegenden Konstellation ist der Unternehmer selbst gleichzeitig auch Versicherter; hier fallen die Rechtsbeziehungen in einer Person zusammen (st. Rspr. des Senats, vgl. 5.4.2011 L 6 U 99/10 B; so bereits LSG Sachsen, 22.11.2005, L 2 B 206/05 U; LSG Baden-Württemberg, 4.5.2005, L 2 U 5059/04 ER-B; LSG Bayern, 29.6.2005, L 1/3 U 291/04, LSG Hamburg, 28.6.2005, L 3 B 138/05 R; SG Dresden, 15.7.2004, S 5 U 114/04 LW, alle zitiert nach juris). Dies folgt auch mit hinreichender Deutlichkeit aus den §§ 150 Abs. 1 Satz 2, 153, 154 SGB VII.

Eine Differenzierung zwischen leistungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Angelegenheiten des Versicherten hat der Gesetzgeber nicht getroffen (vgl. Hk-SGG/Groß, § 183, Rn. 4 m.w.N.; a.A. ohne nähere Begründung BSG, 5.3.2008, B 2 U 353/07 B; BSG, 18.01.2011, B 2 U 16/10 R; LSG Niedersachsen, 4.8.2010, L 3 B 32/08 U; LSG Berlin-Brandenburg 24.3.2006, L 3 B 1099/05 U; im Ergebnis ebenso: LSG Hessen, 17.12.2004, L 3 U 78/04; LSG Brandenburg, 29.12.2004, L 7 B 124/04 U ER; alles zit. nach juris; Knittel in Hennig, SGG, § 183 Rn. 14; differenzierend Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 183 Rn. 5a; ausführlich Köhler, Das Kostenprivileg des § 183 SGG im Falle eines unfallversicherten Unternehmers, SGb 2008, 76, 79 m.w.N.).

Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine klaren Schlüsse ziehen. Die jetzige Formulierung des § 183 SGG geht zurück auf einen Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg (BR-Drs. 73/01). Dieser sah im Zusammenhang mit der Einführung einer grundsätzlichen Gerichtskostenpflicht vor, diesen (privilegierten) Personenkreis aus sozialen Gründen lediglich einer pauschalen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Eine Einschränkung für bestimmte Versicherte enthielt der Gesetzesentwurf auch nach Maßgabe der ihm beigefügten Begründung nicht. Er stellte vielmehr auf den Personenkreis derjenigen ab, "die typischerweise vor den Sozialgerichten Rechtsschutz suchen, also insbesondere Versicherte, Rentner, Kranke, Arbeitslose, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen ..." (S. 34). Diese Erleichterung sollte "insbesondere der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen auf Erwerbsersatzeinkommen und staatliche Fürsorgeleistungen, also auf Sozialleistungen, zugute kommen. Zu diesen Ansprüchen gehören aber weder Erstattungsstreitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander noch Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern oder Vertragsarztverfahren, bei denen es um die ärztliche Zulassung oder das ärztliche Honorar geht" (S. 35).

Im Entwurf eines Sechsten SGG-Änderungsgesetzes erhielt § 183 Satz 1 SGG die am 2. Januar 2002 in Kraft getretene Fassung. Neu eingefügt wurde § 197a Abs. 1 SGG, dessen Wortlaut im Gesetzgebungsverfahren ebenfalls nicht verändert wurde. Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs (BR-Drs. 132/01 S. 38 = BT-Drs. 14/5943 S. 20) heißt es dazu: "Insbesondere Versicherte, Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen sollen auch künftig nicht mit Gerichtskosten belastet werden. Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch die Sozialgerichte ohne finanzielle Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären. Die Pauschalgebührenregelung soll allerdings für solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen sie sozialpolitisch nicht mehr gerechtfertigt ist. Dies sind Verfahren, in denen nicht die oben genannten Personengruppen Kläger oder Beklagte sind. In diesen Fällen sollen Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz erhoben werden. Dies gilt z. B. für Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander oder Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern. Auch soweit es um Vertragsarztverfahren (Vertragsarztzulassung, Honorarstreitigkeiten) geht, ist eine Gebührenprivilegierung, die von ihrem Schutzzweck her auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ausgerichtet ist, nicht sachgerecht." Im Besonderen Teil wird zum Regelungszweck des § 183 SGG lediglich ausgeführt, der Grundsatz der Gebührenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens werde beibehalten (S. 59). Zu den von § 197a SGG erfassten Streitigkeiten enthält der Besondere Teil nur eine fast wörtliche Wiederholung der im Allgemeinen Teil angegebenen Begründung mit den dort genannten Beispielsfällen (S. 61).

Damit sind alle Versicherten kostenprivilegiert. Arbeitgeberin ist die Klägerin zudem nicht; dies ist bei den versicherten Unternehmern in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ungewöhnlich.

Die Versicherungspflicht der Unternehmer ist vergleichbar mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten selbstständigen Handwerkern (§ 2 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI), welche ihre Beiträge ebenfalls für ihre eigene Rentenversicherung entrichten. Diese zählt das BSG ebenfalls zu den Versicherten im Sinne des § 183 SGG (BSG, 30.10.2013, B 12 R 17/11 R, juris; anders Breitkreuz in Fichte/Breitkreuz, SGG, § 183 Rn. 11). Vielmehr ist auch bei ihnen nach allgemeiner Meinung die Eigenschaft als beitragszahlender Unternehmer und als Versicherter untrennbar miteinander verbunden (wie hier auch zu einer selbstständigen Lehrerin im Rahmen eines Beitragsverfahren gegen die gesetzliche Rentenversicherung BSG, 5.7.2006, B 12 RK 4/05 R, Juris; zur einer hauptberuflich selbständigen Kauffrau im Recht der Arbeitsförderung auch BSG, 4.9.2013, B 12 AL 2/12 R, juris).

Das gleiche gilt für Unternehmer, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auch pflichtversichert sein können. Bei diesen sind im Übrigen nach § 10 SGB V auch Dritte (Familienangehörige) unter bestimmten Bedingungen in den Versicherungsschutz einbezogen. Dies wird nach § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch auf die Pflegeversicherung übertragen. Insoweit besteht kein struktureller Unterschied hinsichtlich dieser beiden Zweige der Sozialversicherung zu den versicherten Unternehmern in der gesetzlichen Unfallversicherung, jedenfalls soweit es ausschließlich um deren Versicherung und die daraus resultierenden Beiträge geht. Es ist gleichgültig, ob die Beitragspflicht bzw. die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung als solche dem Grunde nach oder nur der Beitragshöhe nach streitig sind, in jedem Fall wird dadurch auch der Status als Versicherter berührt, weil die Beiträge gerade für die eigene Versicherung entrichtet werden sollen (LSG Hamburg, a.a.O).

Da die Beklagte die Klägerin mit den streitgegenständlichen Bescheiden als Versicherte in Anspruch genommen hat, ist die Klägerin kostenrechtlich als Versicherte zu behandeln.

2. Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG war nach der Erledigung der Hauptsache über die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden. Zu beschließen war lediglich über eine Erstattung der der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Denn die Aufwendungen der Beklagten sind nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs. 4 SGG); durch die Berufungsrücknahme ist die Entscheidung des Sozialgerichts über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz rechtskräftig geworden.

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Beendigung des Rechtsstreits durch die Rücknahme der Berufung einander Kosten zu erstatten haben, ist nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung nach sachgemäßem Ermessen zu treffen, wobei den mutmaßlichen Erfolgsaussichten Bedeutung zukommt (BSG, 16.5.2007, B 7b AS 40/06 R; Münker in Hennig, SGG, § 193 Rn. 35; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 193 Rn. 13). Allerdings sind auch die Gründe für den Anlass der Klageerhebung bzw. Berufungseinlegung i.S. des Veranlassungsprinzips zu berücksichtigen (BSG, a.a.O.; Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 12b, 13; kritisch Münker in Hennig, SGG, § 193 Rn. 36).

Hier ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin es in der Hand gehabt hätte, den Sachverhalt bereits vor Klageerhebung aufzuklären. Statt schlicht darauf hinzuweisen, dass das Grundstück - wie erst nach Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig wurde - landwirtschaftlich genutzt wird, dies aber unentgeltlich durch den Schäfer Herrn S. erfolgte, hat sie sich ausdrücklich geweigert, einen Namen anzugeben und sogar noch darauf hingewiesen, die Beklagte könne sich doch insoweit an den (nicht benannten) Dritten wenden. Zudem war ihr Vortrag unklar und widersprüchlich. Erst auf mehrfachen Vorhalt des Gerichts hat sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass bis 2006 Schafe auf dem Grundstück geweidet hatten. Daher durfte die Beklagte zunächst davon ausgehen, dass das Grundstück, das offensichtlich landwirtschaftlich (durch Abweiden) genutzt wurde, auch von der Klägerin genutzt wurde, wenn diese eine weitere Mitarbeit verweigert. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin zunächst überhaupt keine Tierhaltung erwähnt hat und sie zumindest auch die Zeugenaussage ihres Ehemannes, Tiere seien auf dem Grundstück zumindest seit 1990 nicht mehr gehalten worden und es seien dort auch keine fremden Tiere gewesen, nicht korrigiert hat. Immerhin ist auch das Sozialgericht noch davon ausgegangen, dass keine Tiere gehalten wurden und das Grundstück nicht landwirtschaftlich genutzt werde. Diese Irrtümer hat die Klägerin verursacht.

Allerdings hätte auch die Beklagte im Verwaltungsverfahren den widersprüchlichen Vortrag der Klägerin weiter aufklären bzw. sie insoweit an ihre Mitwirkungspflichten erinnern können. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die Beklagte mit der Berufung letztlich keinen Erfolg hatte, da sie dieses Rechtsmittel zurückgenommen hat. Nach Klärung des Sachverhaltes war diese auch angesichts der Rspr. des BSG aussichtslos geworden (vgl. BSG, 18.11.2011 - B 2 U 16/10 R, juris; BSG, 5.5.1998, B 2 U 30/97 R, BSGE 82, 132, 135 = SozR 3-2200 § 802 Nr. 1 S. 5).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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