Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 5228/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3491/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40 geltend.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 20.01.2010 hatte das Landratsamts A. zuletzt den GdB der 1951 geborenen Klägerin mit 40 seit 03.12.2009 festgestellt. Hierbei stützte es sich auf die gutachtliche Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes vom 21.12.2009, in welchem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde gelegt worden waren: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Versteifung von Wirbelsäulen-Abschnitten, Nervenwurzelreizerscheinungen GdB 20 Postthrombotisches Syndrom linksseitig GdB 10 Knorpelschäden an beiden Kniegelenken GdB 10 Depression GdB 30. Eine beginnende Hüftgelenksarthrose rechts bedinge keinen GdB, eine Migräne sei nicht nachgewiesen.
Den am 03.12.2010 gestellten Erhöhungsantrag der Klägerin lehnte das Landratsamt A. nach Auswertung der vorgelegten medizinischen Unterlagen (Bericht der Klinik Dr. B. vom 11.08.2009 über eine stationäre Behandlung vom 16.06. bis 28.07.2009, Arztbriefe des ZFP Klinikums Nordschwarzwald vom 26.06.2009, 27.01.2010 und 28.10.2010, Entlassbericht des Klinikums A. vom 19.02.2010 über eine stationäre Behandlung vom 15.02.2010 bis 19.02.2010, Arztbrief des Chirurgen Dr. C. vom 23.08.2010, Arztbrief des Orthopäden Dr. D. vom 19.07.2010, des Orthopäden Dr. E. vom 07.12.2010, des Internisten Dr. F. vom 26.11.2010), auf die Bezug genommen wird, mit Bescheid vom 09.03.2011 ab.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Beiziehung eines Arztbriefes von Dr. G., Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum A., vom 22.09.2011, auf den Bezug genommen wird, mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2011 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.12.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeuge gehört. Der Arzt für Orthopädie und Chirotherapie Dr. H. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 09.03.2012 mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt am 30.09.2010 untersucht und hierbei keine Änderung gegenüber der Voruntersuchung in Jahr 2009 feststellen können.
Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. I., Oberärztin am ZFP Klinikum Nordschwarzwald A., hat unter dem 19.04.2012 mitgeteilt, die Klägerin habe sich zuletzt am 09.06.2011 in der psychiatrischen Institutsambulanz vorgestellt. Unter psychopharmakologischer Medikation habe sich der psychische Zustand der Klägerin gegen Mai/Juni 2011 langsam gebessert. Sie habe sich danach noch am 29.09.2011, 08.12.2011 und 03.02.2012 vorgestellt, wobei eine Besserung eingetreten sei. Die Klägerin leide an einer chronisch-rezidivierenden Erkrankung, bei der es jederzeit bei ungünstigen Situationen zu einer psychischen Dekompensation kommen könne.
Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sachsenmaier hat unter dem 26.04.2012 die Diagnosen chronisch-degeneratives LWS-Syndrom mit Blockierungen, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig-mittelgradige Episode, Verdacht auf CTS rechts, Dranginkontinenz, Zustand nach Bandscheibenprothese L5/L6 und ventraler Plattenosteosynthese HWK 6/7 (2005) sowie HWS-Blockade genannt. Die letzte Behandlung sei am 21.09.2011 erfolgt.
Fachärztin für Neurologie Dr. J. hat unter dem 07.05.2012 ausgeführt, bei einer einmaligen Untersuchung der Klägerin am 21.02.2012 habe sie keine neurologischen Defizite feststellen können. Die Klägerin sei an die rheumatologische Sprechstunde des Sana-Rheumazentrums Bad Wildbad überwiesen worden wegen des Verdachts auf Fibromyalgie bzw. Polyarthritis.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens durch den Facharzt für Orthopädie Dr. K ... Im Gutachten vom 16.02.2013 hat dieser ausgeführt, auf orthopädischem Fachgebiet bestünden folgende Gesundheitsstörungen:
- mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule nach Spondylodese C 6/7 und In- plantation einer Bandscheibenprothese bei C 5/6; Osteochondrose und Begleitspondylose der Nachbarsegmente (C 4/5 bis C 7/TH 1) ohne segmentale sensomotorische Ausfälle an den oberen Extremitäten; - Funktionseinschränkung der rechten Hand/Finger aufgrund degenerativer und - bisher aller- dings noch nicht zweifelsfrei nachgewiesener - entzündlicher Veränderungen; - anamnestisch Knorpelschäden Grad II an beiden Kniegelenken, ohne Einschränkung der Knie- gelenksfunktion, derzeit ohne gravierenden klinischen Befund.
Die Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule sei mit einem GdB von 20, die Funktionsbeeinträchtigungen an den Kniegelenken bzw. der rechten Hand/Finger mit einem GdB von jeweils 10 zu bewerten.
Die Klägerin hat sodann einen Arztbrief von Dr. G. vom 22.02.2013 vorgelegt, in welchem u. a. ausgeführt wird, wie bereits im Jahr 2011 habe ein Karpaltunnelsyndrom neurographisch nicht nachgewiesen werden können, so dass es sich bei dem Taubheitsgefühl am 2. und 3. Finger der rechten Hand wohl um eine cervikale Wurzelirritation bei Zustand nach Bandscheibenersatz im Jahr 2005 handle. Die von der Klägerin geklagten, für einige Stunden auftretenden migränoiden Kopfschmerzen mit einer Frequenz von einmal monatlich könnten symptomatisch mit ASS und Paracetamol behandelt werden.
In der sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2013 hat Dr. G. ausgeführt, er halte die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule mit Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 20 für zu niedrig.
Mit Urteil vom 19.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Wirbelsäulenleiden sei mit einem GdB von 20 zutreffend bewertet. Bei der Klägerin lägen weder Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, nachdem der Sachverständige Dr. K. hinsichtlich Brust- und Lendenwirbelsäule allenfalls endgradige Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben habe. Für die Funktionseinschränkung an der Hand und den Fingern rechts sei kein höherer GdB als 10 zu rechtfertigen, da ein Karpaltunnelsyndrom nicht nachgewiesen sei und Dr. K. die von der Klägerin angegebenen stärkeren Bewegungseinschränkungen auch an den Handgelenken nicht bestätigt habe. An den Kniegelenken bestünden zwar nachweislich Knorpelschäden, die Beweglichkeit sei jedoch funktionell frei, so dass hierfür ein GdB von 10 festzusetzen sei. Die Depression sei mit einem GdB von 30 eher großzügig bewertet, nachdem Dr. I. über eine zwischenzeitliche Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes auf nervenärztlichem Fachgebiet berichtet habe. Die Schmerzzustände seien nicht gesondert zu berücksichtigen, da Dr. I. über Migräne oder sonstige ("Kopf-") Schmerzen nicht berichtet und Dr. G. lediglich in monatlichen Abständen auftretende "migränoide Kopfschmerzen" beschrieben habe, wobei eine spezielle Migränemedikation oder Therapie nicht durchgeführt werde. Selbst unter Berücksichtigung dieser Beschwerden sei hierfür allenfalls ein GdB von 10 festzustellen.
Gegen das am 29.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.08.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie eine von Dr. B. am 19.10.2009 ausgestellte ärztliche Bescheinigung über eine Behandlung vom 16.06.2009 bis 18.11.2009 sowie einen Arztbrief des ZfP A. vom 11.02.2005 über eine stationäre neurologische Behandlung vom 21.01.2005 bis 28.01.2005 vorgelegt. Die Klägerin trägt vor, entsprechend der Beurteilung der behandelnden Ärzte Dr. G. und Dr. B. sei der GdB mit mindestens 50 festzustellen. Die Funktionsbeeinträchtigungen wegen des Schmerzsyndroms und der Migräne seien nicht ausreichend gewürdigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Dezember 2011 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 03. Dezember 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt vor, die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen aus den Jahren 2005 und 2009 enthielten keine neuen Gesichtspunkte. Im Bereich der psychischen Beeinträchtigung sei eher eine Besserung bzw. Stabilisierung als eine Verschlechterung eingetreten. Auch ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom bzw. ein echtes Migräneleiden sei bisher nicht nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil des SG sowie der Bescheid des Beklagten vom 09.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.12.2011 sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.
Das SG hat den rechterheblichen Sachverhalt hinreichend dargestellt, die für die Feststellung des GdB maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend wiedergegeben und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei hat es überzeugend begründet, weshalb es der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Carstens für die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet gefolgt ist, weshalb für die Depression kein höherer GdB als 30 und für die Schmerzzustände kein Einzel-GdB festzustellen ist. Es hat auch den Gesamt-GdB frei von Rechtsfehlern gebildet. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab, zumal die Klägerin im Berufungsverfahren nichts wesentlich Neues vorgetragen hat.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen aus den Jahren 2005 bzw. 2009 bereits aktenkundig waren und sowohl bei der Entscheidung des Beklagten als auch im angefochtenen Urteil berücksichtigt worden sind.
Das SG hat zutreffend für die Migräne keinen GdB festgestellt, da das Vorliegen einer Migräne bei der Klägerin nicht nachgewiesen ist. In der Karteikarte von Dr. Sachsenmaier wird zwar die Diagnose Migräne (G 43.9 G) unter dem 25.10.2011 und 12.04.2012 aufgeführt, in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 26.04.2012 hat Dr. Sachsenmaier diese Erkrankung jedoch nicht genannt. Zudem hat Dr. Sachsenmaier angegeben, die letzte hausärztliche Sprechstunde habe am 21.09.2011 stattgefunden, danach seien lediglich die Ausstellung von Wiederholungsrezepten bzw. die Überweisung zu Fachärzten erfolgt. Gegenüber Dr. G. hat die Klägerin im Januar 2013 einmal im Monat auftretende, für einige Stunden anhaltende migränoide Kopfschmerzen angegeben. Dr. G. hat hierzu ausgeführt, diese könnten symptomatisch mit ASS oder Paracetamol behandelt werden. Diese Behandlung stellt keine spezifische Migränetherapie dar. Auch hat Dr. G. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2013 seine Befürwortung eines höheren GdB maßgeblich darauf gestützt, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet höher zu bewerten seien. Die Feststellung eines GdB wegen einer Migräne hat er nicht erwogen.
Soweit in der Berufungsbegründung weiter ausgeführt worden ist, bereits im Jahr 2005 sei im Krankenhausentlassungsbericht des Klinikums Ludwigsburg bzw. dem Entlassungsbericht der Schwarzwald-Klinik über eine Anschluss-Heilbehandlung auf rezidivierende Dysästhesien in den Fingern 2 und 3 links hingewiesen worden, trifft dies zwar zu, entsprechende Beschwerden konnten in der Folgezeit und insbesondere aktuell jedoch nicht mehr festgestellt werden. Im Arztbrief des Neurologen Dr. L. vom 04.06.2009 (Bl 28 SG-Akten) wird anamnestisch ein intermittierend auftretendes Taubheitsgefühl der Finger 2 und 3 der linken Hand angegeben. Im Arztbrief der Rommelklinik vom 27.02.2012 wird dann ausgeführt, die Klägerin berichte über Schmerzen in der rechten Hand seit einigen Jahren. Morgens beim Aufstehen sei die Hand ganz dick, so dass sie diese nicht schließen könne, es bestehe dabei auch manchmal Taubheitsgefühl in der Handfläche im Bereich der stärksten Schmerzen. An der linken Hand trete die Schwellung auch auf, der Faustschluss sei aber besser möglich als rechts, sie habe dort mehr Kraft. Sowohl Dr. L. als auch die behandelnden Ärzte der Rommelklinik haben danach weder die Schwellung noch die Schmerzzustände selbst befundet. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. K. hat die Klägerin lediglich Beschwerden in der rechten Hand vor allem im Mittelfinger angegeben. Sie hat weiter ausgeführt, mit dem Operationsergebnis an der Halswirbelsäule sei sie insoweit zufrieden, als hierdurch die Schmerzen in der linken Hand beseitigt worden seien, seither bestehe eine Bewegungseinschränkung mit ständiger Verspannung in der Nacken-Schultermuskulatur. Dies rechtfertigt keine Feststellung eines höheren GdB.
Auch die Erkrankung der Klägerin an einer Depression rechtfertigt zwischenzeitlich allenfalls noch die Feststellung eines Einzel-GdB von 30, nachdem sich ihr psychischer Zustand unter psychopharmakologischer Medikation seit dem Jahr 2011 gebessert hat, wie der von Dr. I. am 19.04.2012 im Klageverfahren erstatteten sachverständigen Zeugenaussage entnommen werden kann. Soweit Dr. I. weiter ausgeführt hat, bei der chronisch-rezidivierenden Erkrankung der Klägerin könne es jederzeit bei ungünstigen Situationen zu einer psychischen Dekompensation kommen, wirkt sich allein deren Möglichkeit nicht auf die Höhe des GdB aus. Denn nach Teil A Nr. 2 h der als Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 erlassenen Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) sind Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, beim GdB nicht zu berücksichtigen. Innerhalb des streitigen Zeitraums, d.h. bis zur Entscheidung des Senats, haben Dekompensationen nicht vorgelegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40 geltend.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 20.01.2010 hatte das Landratsamts A. zuletzt den GdB der 1951 geborenen Klägerin mit 40 seit 03.12.2009 festgestellt. Hierbei stützte es sich auf die gutachtliche Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes vom 21.12.2009, in welchem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde gelegt worden waren: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Versteifung von Wirbelsäulen-Abschnitten, Nervenwurzelreizerscheinungen GdB 20 Postthrombotisches Syndrom linksseitig GdB 10 Knorpelschäden an beiden Kniegelenken GdB 10 Depression GdB 30. Eine beginnende Hüftgelenksarthrose rechts bedinge keinen GdB, eine Migräne sei nicht nachgewiesen.
Den am 03.12.2010 gestellten Erhöhungsantrag der Klägerin lehnte das Landratsamt A. nach Auswertung der vorgelegten medizinischen Unterlagen (Bericht der Klinik Dr. B. vom 11.08.2009 über eine stationäre Behandlung vom 16.06. bis 28.07.2009, Arztbriefe des ZFP Klinikums Nordschwarzwald vom 26.06.2009, 27.01.2010 und 28.10.2010, Entlassbericht des Klinikums A. vom 19.02.2010 über eine stationäre Behandlung vom 15.02.2010 bis 19.02.2010, Arztbrief des Chirurgen Dr. C. vom 23.08.2010, Arztbrief des Orthopäden Dr. D. vom 19.07.2010, des Orthopäden Dr. E. vom 07.12.2010, des Internisten Dr. F. vom 26.11.2010), auf die Bezug genommen wird, mit Bescheid vom 09.03.2011 ab.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Beiziehung eines Arztbriefes von Dr. G., Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum A., vom 22.09.2011, auf den Bezug genommen wird, mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2011 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.12.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeuge gehört. Der Arzt für Orthopädie und Chirotherapie Dr. H. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 09.03.2012 mitgeteilt, er habe die Klägerin zuletzt am 30.09.2010 untersucht und hierbei keine Änderung gegenüber der Voruntersuchung in Jahr 2009 feststellen können.
Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. I., Oberärztin am ZFP Klinikum Nordschwarzwald A., hat unter dem 19.04.2012 mitgeteilt, die Klägerin habe sich zuletzt am 09.06.2011 in der psychiatrischen Institutsambulanz vorgestellt. Unter psychopharmakologischer Medikation habe sich der psychische Zustand der Klägerin gegen Mai/Juni 2011 langsam gebessert. Sie habe sich danach noch am 29.09.2011, 08.12.2011 und 03.02.2012 vorgestellt, wobei eine Besserung eingetreten sei. Die Klägerin leide an einer chronisch-rezidivierenden Erkrankung, bei der es jederzeit bei ungünstigen Situationen zu einer psychischen Dekompensation kommen könne.
Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sachsenmaier hat unter dem 26.04.2012 die Diagnosen chronisch-degeneratives LWS-Syndrom mit Blockierungen, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig-mittelgradige Episode, Verdacht auf CTS rechts, Dranginkontinenz, Zustand nach Bandscheibenprothese L5/L6 und ventraler Plattenosteosynthese HWK 6/7 (2005) sowie HWS-Blockade genannt. Die letzte Behandlung sei am 21.09.2011 erfolgt.
Fachärztin für Neurologie Dr. J. hat unter dem 07.05.2012 ausgeführt, bei einer einmaligen Untersuchung der Klägerin am 21.02.2012 habe sie keine neurologischen Defizite feststellen können. Die Klägerin sei an die rheumatologische Sprechstunde des Sana-Rheumazentrums Bad Wildbad überwiesen worden wegen des Verdachts auf Fibromyalgie bzw. Polyarthritis.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens durch den Facharzt für Orthopädie Dr. K ... Im Gutachten vom 16.02.2013 hat dieser ausgeführt, auf orthopädischem Fachgebiet bestünden folgende Gesundheitsstörungen:
- mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule nach Spondylodese C 6/7 und In- plantation einer Bandscheibenprothese bei C 5/6; Osteochondrose und Begleitspondylose der Nachbarsegmente (C 4/5 bis C 7/TH 1) ohne segmentale sensomotorische Ausfälle an den oberen Extremitäten; - Funktionseinschränkung der rechten Hand/Finger aufgrund degenerativer und - bisher aller- dings noch nicht zweifelsfrei nachgewiesener - entzündlicher Veränderungen; - anamnestisch Knorpelschäden Grad II an beiden Kniegelenken, ohne Einschränkung der Knie- gelenksfunktion, derzeit ohne gravierenden klinischen Befund.
Die Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule sei mit einem GdB von 20, die Funktionsbeeinträchtigungen an den Kniegelenken bzw. der rechten Hand/Finger mit einem GdB von jeweils 10 zu bewerten.
Die Klägerin hat sodann einen Arztbrief von Dr. G. vom 22.02.2013 vorgelegt, in welchem u. a. ausgeführt wird, wie bereits im Jahr 2011 habe ein Karpaltunnelsyndrom neurographisch nicht nachgewiesen werden können, so dass es sich bei dem Taubheitsgefühl am 2. und 3. Finger der rechten Hand wohl um eine cervikale Wurzelirritation bei Zustand nach Bandscheibenersatz im Jahr 2005 handle. Die von der Klägerin geklagten, für einige Stunden auftretenden migränoiden Kopfschmerzen mit einer Frequenz von einmal monatlich könnten symptomatisch mit ASS und Paracetamol behandelt werden.
In der sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2013 hat Dr. G. ausgeführt, er halte die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule mit Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 20 für zu niedrig.
Mit Urteil vom 19.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Wirbelsäulenleiden sei mit einem GdB von 20 zutreffend bewertet. Bei der Klägerin lägen weder Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, nachdem der Sachverständige Dr. K. hinsichtlich Brust- und Lendenwirbelsäule allenfalls endgradige Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben habe. Für die Funktionseinschränkung an der Hand und den Fingern rechts sei kein höherer GdB als 10 zu rechtfertigen, da ein Karpaltunnelsyndrom nicht nachgewiesen sei und Dr. K. die von der Klägerin angegebenen stärkeren Bewegungseinschränkungen auch an den Handgelenken nicht bestätigt habe. An den Kniegelenken bestünden zwar nachweislich Knorpelschäden, die Beweglichkeit sei jedoch funktionell frei, so dass hierfür ein GdB von 10 festzusetzen sei. Die Depression sei mit einem GdB von 30 eher großzügig bewertet, nachdem Dr. I. über eine zwischenzeitliche Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes auf nervenärztlichem Fachgebiet berichtet habe. Die Schmerzzustände seien nicht gesondert zu berücksichtigen, da Dr. I. über Migräne oder sonstige ("Kopf-") Schmerzen nicht berichtet und Dr. G. lediglich in monatlichen Abständen auftretende "migränoide Kopfschmerzen" beschrieben habe, wobei eine spezielle Migränemedikation oder Therapie nicht durchgeführt werde. Selbst unter Berücksichtigung dieser Beschwerden sei hierfür allenfalls ein GdB von 10 festzustellen.
Gegen das am 29.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.08.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie eine von Dr. B. am 19.10.2009 ausgestellte ärztliche Bescheinigung über eine Behandlung vom 16.06.2009 bis 18.11.2009 sowie einen Arztbrief des ZfP A. vom 11.02.2005 über eine stationäre neurologische Behandlung vom 21.01.2005 bis 28.01.2005 vorgelegt. Die Klägerin trägt vor, entsprechend der Beurteilung der behandelnden Ärzte Dr. G. und Dr. B. sei der GdB mit mindestens 50 festzustellen. Die Funktionsbeeinträchtigungen wegen des Schmerzsyndroms und der Migräne seien nicht ausreichend gewürdigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juli 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Dezember 2011 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 03. Dezember 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt vor, die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen aus den Jahren 2005 und 2009 enthielten keine neuen Gesichtspunkte. Im Bereich der psychischen Beeinträchtigung sei eher eine Besserung bzw. Stabilisierung als eine Verschlechterung eingetreten. Auch ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom bzw. ein echtes Migräneleiden sei bisher nicht nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil des SG sowie der Bescheid des Beklagten vom 09.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.12.2011 sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.
Das SG hat den rechterheblichen Sachverhalt hinreichend dargestellt, die für die Feststellung des GdB maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend wiedergegeben und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei hat es überzeugend begründet, weshalb es der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Carstens für die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet gefolgt ist, weshalb für die Depression kein höherer GdB als 30 und für die Schmerzzustände kein Einzel-GdB festzustellen ist. Es hat auch den Gesamt-GdB frei von Rechtsfehlern gebildet. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab, zumal die Klägerin im Berufungsverfahren nichts wesentlich Neues vorgetragen hat.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen aus den Jahren 2005 bzw. 2009 bereits aktenkundig waren und sowohl bei der Entscheidung des Beklagten als auch im angefochtenen Urteil berücksichtigt worden sind.
Das SG hat zutreffend für die Migräne keinen GdB festgestellt, da das Vorliegen einer Migräne bei der Klägerin nicht nachgewiesen ist. In der Karteikarte von Dr. Sachsenmaier wird zwar die Diagnose Migräne (G 43.9 G) unter dem 25.10.2011 und 12.04.2012 aufgeführt, in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 26.04.2012 hat Dr. Sachsenmaier diese Erkrankung jedoch nicht genannt. Zudem hat Dr. Sachsenmaier angegeben, die letzte hausärztliche Sprechstunde habe am 21.09.2011 stattgefunden, danach seien lediglich die Ausstellung von Wiederholungsrezepten bzw. die Überweisung zu Fachärzten erfolgt. Gegenüber Dr. G. hat die Klägerin im Januar 2013 einmal im Monat auftretende, für einige Stunden anhaltende migränoide Kopfschmerzen angegeben. Dr. G. hat hierzu ausgeführt, diese könnten symptomatisch mit ASS oder Paracetamol behandelt werden. Diese Behandlung stellt keine spezifische Migränetherapie dar. Auch hat Dr. G. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 25.04.2013 seine Befürwortung eines höheren GdB maßgeblich darauf gestützt, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet höher zu bewerten seien. Die Feststellung eines GdB wegen einer Migräne hat er nicht erwogen.
Soweit in der Berufungsbegründung weiter ausgeführt worden ist, bereits im Jahr 2005 sei im Krankenhausentlassungsbericht des Klinikums Ludwigsburg bzw. dem Entlassungsbericht der Schwarzwald-Klinik über eine Anschluss-Heilbehandlung auf rezidivierende Dysästhesien in den Fingern 2 und 3 links hingewiesen worden, trifft dies zwar zu, entsprechende Beschwerden konnten in der Folgezeit und insbesondere aktuell jedoch nicht mehr festgestellt werden. Im Arztbrief des Neurologen Dr. L. vom 04.06.2009 (Bl 28 SG-Akten) wird anamnestisch ein intermittierend auftretendes Taubheitsgefühl der Finger 2 und 3 der linken Hand angegeben. Im Arztbrief der Rommelklinik vom 27.02.2012 wird dann ausgeführt, die Klägerin berichte über Schmerzen in der rechten Hand seit einigen Jahren. Morgens beim Aufstehen sei die Hand ganz dick, so dass sie diese nicht schließen könne, es bestehe dabei auch manchmal Taubheitsgefühl in der Handfläche im Bereich der stärksten Schmerzen. An der linken Hand trete die Schwellung auch auf, der Faustschluss sei aber besser möglich als rechts, sie habe dort mehr Kraft. Sowohl Dr. L. als auch die behandelnden Ärzte der Rommelklinik haben danach weder die Schwellung noch die Schmerzzustände selbst befundet. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. K. hat die Klägerin lediglich Beschwerden in der rechten Hand vor allem im Mittelfinger angegeben. Sie hat weiter ausgeführt, mit dem Operationsergebnis an der Halswirbelsäule sei sie insoweit zufrieden, als hierdurch die Schmerzen in der linken Hand beseitigt worden seien, seither bestehe eine Bewegungseinschränkung mit ständiger Verspannung in der Nacken-Schultermuskulatur. Dies rechtfertigt keine Feststellung eines höheren GdB.
Auch die Erkrankung der Klägerin an einer Depression rechtfertigt zwischenzeitlich allenfalls noch die Feststellung eines Einzel-GdB von 30, nachdem sich ihr psychischer Zustand unter psychopharmakologischer Medikation seit dem Jahr 2011 gebessert hat, wie der von Dr. I. am 19.04.2012 im Klageverfahren erstatteten sachverständigen Zeugenaussage entnommen werden kann. Soweit Dr. I. weiter ausgeführt hat, bei der chronisch-rezidivierenden Erkrankung der Klägerin könne es jederzeit bei ungünstigen Situationen zu einer psychischen Dekompensation kommen, wirkt sich allein deren Möglichkeit nicht auf die Höhe des GdB aus. Denn nach Teil A Nr. 2 h der als Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 erlassenen Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) sind Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, beim GdB nicht zu berücksichtigen. Innerhalb des streitigen Zeitraums, d.h. bis zur Entscheidung des Senats, haben Dekompensationen nicht vorgelegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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