Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 977/13 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 10/14 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eilverfahren bei Beitragsnachforderungen
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 19.735,71 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 78.972,82 Euro einschließlich Säumniszuschläge aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 07.01.2008 bis 03.03.2011.
Der Antragsteller betreibt in A-Stadt ein Einzelunternehmen, das er beim Ordnungsamt der Stadt A-Stadt als Gewerbe des Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerks angemeldet hat. Als weitere Tätigkeiten sind aufgeführt Malerarbeiter und Tapezierarbeiten, Trockenbau sowie die Montage von vorgefertigten Teilen (z. B. Türen, Fenster, Zargen) sowie Spachtelarbeiten. Für den Antragsteller war u.a. Herr B. L. (B.L.) tätig, der bei der Stadt A-Stadt seit dem 10.12.2007 ebenfalls ein Gewerbe im Bereich Trockenbau angemeldet hat. Der Antragsteller sowie B. L. hatten ursprünglich als Betriebsstätte K-Straße12 in A-Stadt angegeben. B. L. wurde im Rahmen der Ermittlungen in einer Bußgeldsache wegen Ausübung einer Beschäftigung ohne gültige Arbeibeitsgenehmigung EU vom Hauptzollamt A-Stadt am 16.03.2012 vernommen. Dort gab er an, zunächst in Deutschland ein Gewerbe angemeldet zu haben, da man z. Zt. seiner Ankunft in Deutschland nur als Selbstständiger Arbeiten ausführen durfte. Er habe sich bei Bekannten in A-Stadt umgehört, die ihm dann den Antragsteller empfohlen hatten. Dort habe er dann auch begonnen zu arbeiten. Den tatsächlichen Lebensmittelpunkt habe er in Polen. B. L. machte umfangreiche Angaben zur Ausgestaltung seiner Tätigkeit für den Antragsteller. Insbesondere teilte er mit, dass der Antragsteller alle notwendigen Werkzeuge zur Verfügung gestellt habe und ihn auch mit dem Firmenbus mit auf die Baustelle gefahren und abends wieder nach Hause gebracht habe. Die Aufmaße habe der Antragsteller gemacht. Er habe auch die Baupläne gehabt. Die Arbeiten seien vom Antragsteller kontrolliert worden. Im Auftrag des Antragstellers habe er auch weiter Arbeiter angeworben, die dann wiederum eine Rechnung an B. L. geschrieben haben. Diese Arbeiter seien jedoch ebenfalls vom Antragsteller angewiesen worden. Die Gewährleistung für die Arbeit sowohl des B. L. als auch der weiteren angeworbenen Arbeiter habe der Antragsteller übernommen. B. L. rechnete mit dem Antragsteller entweder pauschal oder nach geleisteten Stunden ab, nachdem der Inhalt der Rechnung jeweils zuvor mit dem Antragsteller abgestimmt worden sei. Im Jahr 2008 wurde B. L. ebenso wie 2009 und 2010 zur Einkommensteuer veranlagt mit Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Die Angaben des B. L. stimmen insoweit überein mit den Angaben des Antragstellers selbst bei seiner Vernehmung am 26.03.2012 vor dem Hauptzollamt in A-Stadt zum Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, ohne dass diese in Besitz der erforderlichen Arbeitsgenehmigung EU waren. Der Antragsteller gab dort zwar an, dass er keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, er habe nur große Aufträge angenommen und kleine Aufträge verteilt. Es habe mit B. L. keine schriftlichen Verträge gegeben. Vereinbart sei ein Stundenlohn in Höhe von 20,00 Euro gewesen oder bei kleineren Aufträgen ein Pauschalpreis. Er, der Antragsteller, habe selbst immer mitgearbeitet auf den Baustellen. Andererseits habe er den Subunternehmern auch das Werkzeug geben müssen, damit diese ihre Arbeit verrichten konnten. Deshalb habe er auch mehr verdienen müssen. Er habe auch die Abrechnung machen müssen und die Umsatzsteuer bezahlt. Außerdem habe er sich schließlich um die Arbeit für die anderen Leute gekümmert. Er habe immer mit Subunternehmern zusammengearbeitet. Die Baupläne habe immer er, der Antragsteller, gehabt. Es habe noch einen Bauleiter von Seiten des Auftraggebers gegeben, von dem er selbst auch die Aufträge erhalten habe. Die Subunternehmer hätten vom Antragsteller ihre Aufträge bekommen, nachdem dieser die Baupläne eingesehen hatte. Das Baumaterial sei von dem Auftraggeber gestellt worden und auf der Baustelle bereit gelegen. Das Werkzeug habe der Antragsteller den Subunternehmern zur Verfügung gestellt. Dafür mussten die Subunternehmer nichts bezahlen. In der Regel habe man so von 7.00 Uhr bis 19:00 Uhr gearbeitet. Man habe sich den anderen Arbeitern auf der Baustelle angepasst. Genaue Erledigungsabschnitte und Terminvereinbarungen seien mit den Subunternehmern nicht getroffen worden, auch keine Vereinbarungen hinsichtlich einer Konventionalstrafe. Für eventuelle Mängelansprüche sei der Antragsteller haftbar geblieben. Der Antragsteller kontrolliere die Arbeit während des ganzen Tages. Er selbst werde vom Bauleiter des Auftraggebers kontrolliert. Die Subunternehmer könnten ohne den Antragsteller und ohne das Firmenfahrzeug und ohne die Werkzeuge nicht auf der Baustelle arbeiten. Er selbst gab an, dass er keinen Unterschied sehe zwischen der Tätigkeit eines Subunternehmers und der Tätigkeit eines Arbeitnehmers. Auf die Frage, weshalb er Subunternehmer und keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, gab er an, dass er der Auffassung sei, dies sei den polnischen Staatsangehörigen nicht erlaubt. Er habe eine Gewerbeanmeldung seit 2005, weil er nur so in Deutschland legal arbeiten könne.
Das Hauptzollamt A-Stadt leitete die Rechnungsunterlagen sowie Vernehmungsprotokolle an die Antragsgegnerin zur Auswertung weiter. Diese gelangte zu der Feststellung, dass B. L. seine Tätigkeit für den Antragsteller im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Auf das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 03.05.2012 entgegnete der Antragsteller, dass die erfolgten Zahlungen an B. L. weder in zeitlicher Hinsicht noch nach der Höhe regelmäßig gewesen seien. B. L. habe ausschließlich Spachtelarbeiten ausgeführt. Somit beschränkte sich sein Werkzeug auf einen Eimer, eine Spachtel und eine Kelle. Diese Werkzeuge seien Eigentum des B. L. gewesen. Üblicherweise sei die Spachtelmasse auf der Baustelle vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Die gemeinsamen Phasen des Antragstellers und des B. L. zwischen Unterkunft und Arbeitsstätte seien darauf zurückzuführen, dass viele Baustellen sich in anderen Städten befanden und Antragsteller sowie B. L. eine gemeinsame Unterkunft hatten, so dass es wirtschaftlich sinnvoller gewesen sei, wenn nicht jeder mit einem eigenen Pkw gefahren sei. Eine gewisse Kontrolle durch den Antragsteller habe sich nur daraus ergeben, dass dieser als Hauptauftragnehmer gegenüber den Auftraggebern verpflichtet gewesen sei. Letztlich habe der Antragsteller unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt, so dass zumindest von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen sei.
Am 16.07.2012 erließ die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid für den Prüfzeitraum vom 07.01.2008 bis 03.03.2011. Sie forderte darin insgesamt 78.942,82 Euro, darin enthalten sind Säumniszuschläge in Höhe von 19.653,00 Euro.
Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Antrag vom 15.10.2012 begehrte der Antragsteller die Überprüfung des Bescheides vom 16.07.2012. Er trug vor, dass B. L. nach wie vor als Selbstständiger tätig sei und der Antragsteller ihm gegenüber keine Weisungsbefugnis gehabt habe. Letztlich habe B. L. die Aufträge des Antragstellers jederzeit ablehnen können. Auch habe B. L. kein Festgehalt bekommen, die monatlichen Zahlungen seien extremen Schwankungen unterlegen.
Mit Bescheid vom 29.10.2012 entschied die Antragsgegnerin, dass sie den Bescheid vom 16.07.2012 nicht zurücknehme. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch mit Schreiben vom 29.11.2012, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 zurückgewiesen wurde. Die Antragsgegnerin betonte nochmals das fehlende Unternehmerrisiko des B. L. und die Weisungsunterworfenheit des B. L. sowie die Entlohnung nach Stunden.
Hiergegen richtet sich die Klage vor dem Sozialgericht Nürnberg vom 12.03.2013. Zugleich hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15.11.2013 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12.03.2013 abgelehnt. In seiner Begründung stützt sich das Sozialgericht im Wesentlichen darauf, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten würde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 06.01.2014.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.11.2013 aufzuheben und die Vollziehung des Bescheides vom 16.07.2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss der Klage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die Akten der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch nicht begründet. Die Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 16.07.2012 ist nicht aufgrund der Klage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 auszusetzen.
Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013. Darin hat die Beklagte entschieden, dass sie den Bescheid vom 16.07.2012, mit dem sie eine Beitragsnachforderung in Höhe von 78.942,82 Euro nachgefordert hat, nicht zurücknimmt. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist entsprechend dem Rechtsschutzziel des Antragstellers dahingehend auszulegen, dass er die Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids vom 16.07.2012 begehrt.
Anlass der Klage war der Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X, mit dem die Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 16.07.2012 abgelehnt hat. Die Überprüfungsentscheidung selbst unterfällt nicht dem Katalog des § 86 a Abs. 2 SGG. Daraus folgt, dass die Klage gegen den Überprüfungsbescheid selbst aufschiebende Wirkung entfaltet. Diese aufschiebende Wirkung erstreckt sich jedoch wegen des Streitgegenstandes nicht auf den bestandskräftigen Beitragsnachforderungsbescheid vom 16.07.2012. Das Rechtschutzziel des Antragstellers ist damit auf den Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG gerichtet, die verhindern soll, dass der Beitragsbescheid vom 16.07.2012 vollzogen wird. Dieser Antrag ist zulässig trotz Bestandskraft des Ausgangsbescheides ( Bayer. LSG, Beschluss vom 18.02.2010 - L 5 R 43/10 B ER, juris).
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt allein eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung einer aktuellen Notlage notwendig sind. Der Antrag ist jedoch nur dann begründet, wenn sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund vorliegen. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, der Anordnungsgrund hingegen auf die Eilbedürftigkeit. Der Anordnungsanspruch und die Dringlichkeit der einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden ein bewegliches System: Je größer das Gewicht des einen, umso geringer sind die Anforderungen an den anderen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer, SGG, 10. Aufl., §86 b Rn. 7). Dabei sind die Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen, insbesondere auch mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz, wiegen (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die zu beurteilenden Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitraum der gerichtlichen Eilentscheidung.
Mit dem Bescheid vom 16.07.2012 forderte die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge nach in Höhe von 78.942,82 Euro aufgrund der Tätigkeit des B. L. für den Antragsteller. Dieser Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtsschutz angezeigten summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 hat derzeit keine Erfolgsaussichten. Bereits unter alleiniger Zugrundelegung der Aussagen des Antragstellers selbst anlässlich der Vernehmung durch das Hauptzollamt am 26.03.2012 in Anwesenheit einer Dolmetscherin ergibt sich, dass B. L. für den Antragsteller im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. Insoweit bedarf es derzeit keiner zusätzlichen Angaben des B. L., zumal dieser im Hauptsacheverfahren notwendig beigeladen ist und daher als Zeuge nicht zur Verfügung steht. Eine weitere Einvernahme von Zeugen ist jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erforderlich, da sich allein aus den Angaben des Antragstellers selbst ergibt, dass B. L. für ihn in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV tätig geworden ist. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des B. L. spricht insbesondere, dass er auf Grundlage eines Stundenlohnes von 20,00 Euro bezahlt worden ist bzw. nach Pauschalpreisen bei kleineren Aufträgen. Weiter spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass der Antragsteller das notwendige Werkzeug zur Verfügung gestellt hat sowie auch den B. L. zu der Baustelle gebracht und dort wieder abgeholt hat (auch wenn dies nicht stets der Fall gewesen sein sollte). Für eine Einbindung in die Arbeitsorganisation des Antragstellers spricht der Umstand, dass B.L. oft von dem Antragsteller in dessen Fahrzeug zu den Baustellen mitgenommen wurde und sie abends auch wieder gemeinsam zurückfuhren. Zudem ist der Antragsteller aufgrund der Auftragskonstellation derjenige gewesen, der gegenüber dem Hauptauftraggeber verantwortlich war. Dies folgt auch daraus, dass er Anweisungen gab, wo welche Trockenbauarbeiten aufgrund des Planes auszuführen waren und die Arbeiten des B. L. regelmäßig kontrollierte. Die Pläne hatte er nicht B. L. oder anderen Mitarbeitern übergeben. Der Antragsteller hat auch selbst regelmäßig auf den Baustellen mitgearbeitet. Er hat selbst ausgeführt, dass er keinen Unterschied sehe zwischen Arbeitnehmern und den sog. "Subunternehmern". Auf die Akte der Antragsgegnerin Bl. 8 bis 13 wird insoweit Bezug genommen.
Für eine selbstständige Tätigkeit des B. L. spricht, dass er selbst ein Gewerbe angemeldet hatte und seine Tätigkeit selbst durch Rechnungsstellung abgerechnet hat. Auch hatte er offenbar keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Er hatte eine private Krankenversicherung sowie eine Lebensversicherung abgeschlossen und wurde zur Einkommensteuer aufgrund Gewerbebetrieb veranlagt. Unter Abwägung aller Umstände überwiegen jedoch diejenigen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Insbesondere die Tatsache, dass B.L. im Verhältnis zum Antragsteller kein unternehmerisches Risiko trug, da er nach geleisteten Stunden entlohnt wurde, spricht für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV.
Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin, die ausgehend von den dokumentierten Rechnungen die Beiträge errechnet hatte, die Nachforderung in unzutreffender Höhe geltend gemacht hätte. Zudem sind in Bezug auf die korrekt berechneten Säumniszuschläge keinen Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hätte, er habe ohne Verschulden die Beitragsabführung für B.L. unterlassen (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Das Verschulden beurteilt sich nämlich analog § 276 BGB und umfasst alle Grade der Fahrlässigkeit (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 24 SGB IV, Rn 60). Dass der Antragsteller vorträgt, er habe ohne Vorsatz gehandelt, ist daher unerheblich. Die bloße Behauptung des Antragstellers, er habe die Sozialversicherungspflicht des B.L. nicht gekannt, erfüllt die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB IV ebensowenig. Der Antragsteller nimmt mindestens seit 2005 am Baugewerbe in wesentlichem Umfang teil. Er hatte somit weiten Umgang sowohl mit Arbeitnehmern als auch Unternehmern. Es wäre ihm damit jedenfalls der Vorwurf zu machen, er hätte sich in Anbetracht der dargelegten Umstände gedrängt fühlen müssen, gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des B.L. herbeizuführen sowie die Möglichkeit eines Anfrageverfahrens gem. § 7a SGB IV zu nutzen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R, Rn 20 - zitiert nach juris).
Damit ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, d. h. dass die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten nach summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden sind.
Darüber hinaus besteht jedoch auch kein Anordnungsgrund. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, weshalb der Vollzug des Bescheides vom 16.07.2012 für den Antragsteller mit der Gefahr verbunden sein könnte, die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers zu vereiteln oder wesentlich zu erschweren. Ebenso wenig ist ersichtlich, welcher wesentliche Nachteil abzuwenden wäre. Abgesehen von einer Darstellung der aktuellen Einkommenssituation vom I. Quartal 2014 ist seine gesamte Vermögenssituation nicht dargestellt. Sie erschließt sich auch sonst nicht. Daher erscheint es zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt der des Sozialgerichts, § 52 Abs. 1, 3, § 47 GKG.
Diese Entscheidung beendet das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, § 177 SGG.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 19.735,71 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 78.972,82 Euro einschließlich Säumniszuschläge aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 07.01.2008 bis 03.03.2011.
Der Antragsteller betreibt in A-Stadt ein Einzelunternehmen, das er beim Ordnungsamt der Stadt A-Stadt als Gewerbe des Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerks angemeldet hat. Als weitere Tätigkeiten sind aufgeführt Malerarbeiter und Tapezierarbeiten, Trockenbau sowie die Montage von vorgefertigten Teilen (z. B. Türen, Fenster, Zargen) sowie Spachtelarbeiten. Für den Antragsteller war u.a. Herr B. L. (B.L.) tätig, der bei der Stadt A-Stadt seit dem 10.12.2007 ebenfalls ein Gewerbe im Bereich Trockenbau angemeldet hat. Der Antragsteller sowie B. L. hatten ursprünglich als Betriebsstätte K-Straße12 in A-Stadt angegeben. B. L. wurde im Rahmen der Ermittlungen in einer Bußgeldsache wegen Ausübung einer Beschäftigung ohne gültige Arbeibeitsgenehmigung EU vom Hauptzollamt A-Stadt am 16.03.2012 vernommen. Dort gab er an, zunächst in Deutschland ein Gewerbe angemeldet zu haben, da man z. Zt. seiner Ankunft in Deutschland nur als Selbstständiger Arbeiten ausführen durfte. Er habe sich bei Bekannten in A-Stadt umgehört, die ihm dann den Antragsteller empfohlen hatten. Dort habe er dann auch begonnen zu arbeiten. Den tatsächlichen Lebensmittelpunkt habe er in Polen. B. L. machte umfangreiche Angaben zur Ausgestaltung seiner Tätigkeit für den Antragsteller. Insbesondere teilte er mit, dass der Antragsteller alle notwendigen Werkzeuge zur Verfügung gestellt habe und ihn auch mit dem Firmenbus mit auf die Baustelle gefahren und abends wieder nach Hause gebracht habe. Die Aufmaße habe der Antragsteller gemacht. Er habe auch die Baupläne gehabt. Die Arbeiten seien vom Antragsteller kontrolliert worden. Im Auftrag des Antragstellers habe er auch weiter Arbeiter angeworben, die dann wiederum eine Rechnung an B. L. geschrieben haben. Diese Arbeiter seien jedoch ebenfalls vom Antragsteller angewiesen worden. Die Gewährleistung für die Arbeit sowohl des B. L. als auch der weiteren angeworbenen Arbeiter habe der Antragsteller übernommen. B. L. rechnete mit dem Antragsteller entweder pauschal oder nach geleisteten Stunden ab, nachdem der Inhalt der Rechnung jeweils zuvor mit dem Antragsteller abgestimmt worden sei. Im Jahr 2008 wurde B. L. ebenso wie 2009 und 2010 zur Einkommensteuer veranlagt mit Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Die Angaben des B. L. stimmen insoweit überein mit den Angaben des Antragstellers selbst bei seiner Vernehmung am 26.03.2012 vor dem Hauptzollamt in A-Stadt zum Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, ohne dass diese in Besitz der erforderlichen Arbeitsgenehmigung EU waren. Der Antragsteller gab dort zwar an, dass er keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, er habe nur große Aufträge angenommen und kleine Aufträge verteilt. Es habe mit B. L. keine schriftlichen Verträge gegeben. Vereinbart sei ein Stundenlohn in Höhe von 20,00 Euro gewesen oder bei kleineren Aufträgen ein Pauschalpreis. Er, der Antragsteller, habe selbst immer mitgearbeitet auf den Baustellen. Andererseits habe er den Subunternehmern auch das Werkzeug geben müssen, damit diese ihre Arbeit verrichten konnten. Deshalb habe er auch mehr verdienen müssen. Er habe auch die Abrechnung machen müssen und die Umsatzsteuer bezahlt. Außerdem habe er sich schließlich um die Arbeit für die anderen Leute gekümmert. Er habe immer mit Subunternehmern zusammengearbeitet. Die Baupläne habe immer er, der Antragsteller, gehabt. Es habe noch einen Bauleiter von Seiten des Auftraggebers gegeben, von dem er selbst auch die Aufträge erhalten habe. Die Subunternehmer hätten vom Antragsteller ihre Aufträge bekommen, nachdem dieser die Baupläne eingesehen hatte. Das Baumaterial sei von dem Auftraggeber gestellt worden und auf der Baustelle bereit gelegen. Das Werkzeug habe der Antragsteller den Subunternehmern zur Verfügung gestellt. Dafür mussten die Subunternehmer nichts bezahlen. In der Regel habe man so von 7.00 Uhr bis 19:00 Uhr gearbeitet. Man habe sich den anderen Arbeitern auf der Baustelle angepasst. Genaue Erledigungsabschnitte und Terminvereinbarungen seien mit den Subunternehmern nicht getroffen worden, auch keine Vereinbarungen hinsichtlich einer Konventionalstrafe. Für eventuelle Mängelansprüche sei der Antragsteller haftbar geblieben. Der Antragsteller kontrolliere die Arbeit während des ganzen Tages. Er selbst werde vom Bauleiter des Auftraggebers kontrolliert. Die Subunternehmer könnten ohne den Antragsteller und ohne das Firmenfahrzeug und ohne die Werkzeuge nicht auf der Baustelle arbeiten. Er selbst gab an, dass er keinen Unterschied sehe zwischen der Tätigkeit eines Subunternehmers und der Tätigkeit eines Arbeitnehmers. Auf die Frage, weshalb er Subunternehmer und keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, gab er an, dass er der Auffassung sei, dies sei den polnischen Staatsangehörigen nicht erlaubt. Er habe eine Gewerbeanmeldung seit 2005, weil er nur so in Deutschland legal arbeiten könne.
Das Hauptzollamt A-Stadt leitete die Rechnungsunterlagen sowie Vernehmungsprotokolle an die Antragsgegnerin zur Auswertung weiter. Diese gelangte zu der Feststellung, dass B. L. seine Tätigkeit für den Antragsteller im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Auf das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 03.05.2012 entgegnete der Antragsteller, dass die erfolgten Zahlungen an B. L. weder in zeitlicher Hinsicht noch nach der Höhe regelmäßig gewesen seien. B. L. habe ausschließlich Spachtelarbeiten ausgeführt. Somit beschränkte sich sein Werkzeug auf einen Eimer, eine Spachtel und eine Kelle. Diese Werkzeuge seien Eigentum des B. L. gewesen. Üblicherweise sei die Spachtelmasse auf der Baustelle vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Die gemeinsamen Phasen des Antragstellers und des B. L. zwischen Unterkunft und Arbeitsstätte seien darauf zurückzuführen, dass viele Baustellen sich in anderen Städten befanden und Antragsteller sowie B. L. eine gemeinsame Unterkunft hatten, so dass es wirtschaftlich sinnvoller gewesen sei, wenn nicht jeder mit einem eigenen Pkw gefahren sei. Eine gewisse Kontrolle durch den Antragsteller habe sich nur daraus ergeben, dass dieser als Hauptauftragnehmer gegenüber den Auftraggebern verpflichtet gewesen sei. Letztlich habe der Antragsteller unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt, so dass zumindest von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen sei.
Am 16.07.2012 erließ die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid für den Prüfzeitraum vom 07.01.2008 bis 03.03.2011. Sie forderte darin insgesamt 78.942,82 Euro, darin enthalten sind Säumniszuschläge in Höhe von 19.653,00 Euro.
Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Antrag vom 15.10.2012 begehrte der Antragsteller die Überprüfung des Bescheides vom 16.07.2012. Er trug vor, dass B. L. nach wie vor als Selbstständiger tätig sei und der Antragsteller ihm gegenüber keine Weisungsbefugnis gehabt habe. Letztlich habe B. L. die Aufträge des Antragstellers jederzeit ablehnen können. Auch habe B. L. kein Festgehalt bekommen, die monatlichen Zahlungen seien extremen Schwankungen unterlegen.
Mit Bescheid vom 29.10.2012 entschied die Antragsgegnerin, dass sie den Bescheid vom 16.07.2012 nicht zurücknehme. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch mit Schreiben vom 29.11.2012, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 zurückgewiesen wurde. Die Antragsgegnerin betonte nochmals das fehlende Unternehmerrisiko des B. L. und die Weisungsunterworfenheit des B. L. sowie die Entlohnung nach Stunden.
Hiergegen richtet sich die Klage vor dem Sozialgericht Nürnberg vom 12.03.2013. Zugleich hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15.11.2013 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12.03.2013 abgelehnt. In seiner Begründung stützt sich das Sozialgericht im Wesentlichen darauf, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten würde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 06.01.2014.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.11.2013 aufzuheben und die Vollziehung des Bescheides vom 16.07.2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss der Klage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die Akten der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch nicht begründet. Die Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 16.07.2012 ist nicht aufgrund der Klage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 auszusetzen.
Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013. Darin hat die Beklagte entschieden, dass sie den Bescheid vom 16.07.2012, mit dem sie eine Beitragsnachforderung in Höhe von 78.942,82 Euro nachgefordert hat, nicht zurücknimmt. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist entsprechend dem Rechtsschutzziel des Antragstellers dahingehend auszulegen, dass er die Aussetzung der Vollziehung des Nachforderungsbescheids vom 16.07.2012 begehrt.
Anlass der Klage war der Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X, mit dem die Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 16.07.2012 abgelehnt hat. Die Überprüfungsentscheidung selbst unterfällt nicht dem Katalog des § 86 a Abs. 2 SGG. Daraus folgt, dass die Klage gegen den Überprüfungsbescheid selbst aufschiebende Wirkung entfaltet. Diese aufschiebende Wirkung erstreckt sich jedoch wegen des Streitgegenstandes nicht auf den bestandskräftigen Beitragsnachforderungsbescheid vom 16.07.2012. Das Rechtschutzziel des Antragstellers ist damit auf den Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG gerichtet, die verhindern soll, dass der Beitragsbescheid vom 16.07.2012 vollzogen wird. Dieser Antrag ist zulässig trotz Bestandskraft des Ausgangsbescheides ( Bayer. LSG, Beschluss vom 18.02.2010 - L 5 R 43/10 B ER, juris).
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt allein eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung einer aktuellen Notlage notwendig sind. Der Antrag ist jedoch nur dann begründet, wenn sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund vorliegen. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, der Anordnungsgrund hingegen auf die Eilbedürftigkeit. Der Anordnungsanspruch und die Dringlichkeit der einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden ein bewegliches System: Je größer das Gewicht des einen, umso geringer sind die Anforderungen an den anderen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer, SGG, 10. Aufl., §86 b Rn. 7). Dabei sind die Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen, insbesondere auch mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz, wiegen (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die zu beurteilenden Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitraum der gerichtlichen Eilentscheidung.
Mit dem Bescheid vom 16.07.2012 forderte die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge nach in Höhe von 78.942,82 Euro aufgrund der Tätigkeit des B. L. für den Antragsteller. Dieser Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtsschutz angezeigten summarischen Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 29.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 hat derzeit keine Erfolgsaussichten. Bereits unter alleiniger Zugrundelegung der Aussagen des Antragstellers selbst anlässlich der Vernehmung durch das Hauptzollamt am 26.03.2012 in Anwesenheit einer Dolmetscherin ergibt sich, dass B. L. für den Antragsteller im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. Insoweit bedarf es derzeit keiner zusätzlichen Angaben des B. L., zumal dieser im Hauptsacheverfahren notwendig beigeladen ist und daher als Zeuge nicht zur Verfügung steht. Eine weitere Einvernahme von Zeugen ist jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erforderlich, da sich allein aus den Angaben des Antragstellers selbst ergibt, dass B. L. für ihn in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV tätig geworden ist. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des B. L. spricht insbesondere, dass er auf Grundlage eines Stundenlohnes von 20,00 Euro bezahlt worden ist bzw. nach Pauschalpreisen bei kleineren Aufträgen. Weiter spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass der Antragsteller das notwendige Werkzeug zur Verfügung gestellt hat sowie auch den B. L. zu der Baustelle gebracht und dort wieder abgeholt hat (auch wenn dies nicht stets der Fall gewesen sein sollte). Für eine Einbindung in die Arbeitsorganisation des Antragstellers spricht der Umstand, dass B.L. oft von dem Antragsteller in dessen Fahrzeug zu den Baustellen mitgenommen wurde und sie abends auch wieder gemeinsam zurückfuhren. Zudem ist der Antragsteller aufgrund der Auftragskonstellation derjenige gewesen, der gegenüber dem Hauptauftraggeber verantwortlich war. Dies folgt auch daraus, dass er Anweisungen gab, wo welche Trockenbauarbeiten aufgrund des Planes auszuführen waren und die Arbeiten des B. L. regelmäßig kontrollierte. Die Pläne hatte er nicht B. L. oder anderen Mitarbeitern übergeben. Der Antragsteller hat auch selbst regelmäßig auf den Baustellen mitgearbeitet. Er hat selbst ausgeführt, dass er keinen Unterschied sehe zwischen Arbeitnehmern und den sog. "Subunternehmern". Auf die Akte der Antragsgegnerin Bl. 8 bis 13 wird insoweit Bezug genommen.
Für eine selbstständige Tätigkeit des B. L. spricht, dass er selbst ein Gewerbe angemeldet hatte und seine Tätigkeit selbst durch Rechnungsstellung abgerechnet hat. Auch hatte er offenbar keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Er hatte eine private Krankenversicherung sowie eine Lebensversicherung abgeschlossen und wurde zur Einkommensteuer aufgrund Gewerbebetrieb veranlagt. Unter Abwägung aller Umstände überwiegen jedoch diejenigen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Insbesondere die Tatsache, dass B.L. im Verhältnis zum Antragsteller kein unternehmerisches Risiko trug, da er nach geleisteten Stunden entlohnt wurde, spricht für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV.
Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin, die ausgehend von den dokumentierten Rechnungen die Beiträge errechnet hatte, die Nachforderung in unzutreffender Höhe geltend gemacht hätte. Zudem sind in Bezug auf die korrekt berechneten Säumniszuschläge keinen Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hätte, er habe ohne Verschulden die Beitragsabführung für B.L. unterlassen (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Das Verschulden beurteilt sich nämlich analog § 276 BGB und umfasst alle Grade der Fahrlässigkeit (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 24 SGB IV, Rn 60). Dass der Antragsteller vorträgt, er habe ohne Vorsatz gehandelt, ist daher unerheblich. Die bloße Behauptung des Antragstellers, er habe die Sozialversicherungspflicht des B.L. nicht gekannt, erfüllt die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB IV ebensowenig. Der Antragsteller nimmt mindestens seit 2005 am Baugewerbe in wesentlichem Umfang teil. Er hatte somit weiten Umgang sowohl mit Arbeitnehmern als auch Unternehmern. Es wäre ihm damit jedenfalls der Vorwurf zu machen, er hätte sich in Anbetracht der dargelegten Umstände gedrängt fühlen müssen, gemäß § 28h Abs 2 S 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des B.L. herbeizuführen sowie die Möglichkeit eines Anfrageverfahrens gem. § 7a SGB IV zu nutzen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R, Rn 20 - zitiert nach juris).
Damit ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, d. h. dass die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten nach summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden sind.
Darüber hinaus besteht jedoch auch kein Anordnungsgrund. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, weshalb der Vollzug des Bescheides vom 16.07.2012 für den Antragsteller mit der Gefahr verbunden sein könnte, die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers zu vereiteln oder wesentlich zu erschweren. Ebenso wenig ist ersichtlich, welcher wesentliche Nachteil abzuwenden wäre. Abgesehen von einer Darstellung der aktuellen Einkommenssituation vom I. Quartal 2014 ist seine gesamte Vermögenssituation nicht dargestellt. Sie erschließt sich auch sonst nicht. Daher erscheint es zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts folgt der des Sozialgerichts, § 52 Abs. 1, 3, § 47 GKG.
Diese Entscheidung beendet das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, § 177 SGG.
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